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Fassungslos starrt Katy ihren verwitweten Schwager Adam an. Der Ölmulti will unbedingt einen Erben! Da hat Katy eine Idee: Und wenn sie nun sein Kind austrägt? Was wird der Mann, für den sie schon lange heimlich schwärmt, zu ihrem gewagten Vorschlag sagen?
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Seitenzahl: 197
IMPRESSUM
Eine Nacht ist nicht genug erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2010 by Michelle Celmer Originaltitel: „The Tycoon’s Paternity Agenda“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARABand 319 - 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Ursula Drukarczyk
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format in 10/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733738280
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Keine Frage – der Mann war eine Zumutung.
Und trotzdem saß sie hier in ihrem Truck auf dem Besucherparkplatz von Western Oil in El Paso, während die gnadenlose texanische Nachmittagssonne auf sie herunterbrannte.
Seit der Beerdigung ihrer Schwester vor drei Jahren hatte Katherine Huntly ihren Schwager Adam Blair, Konzernchef von Western Oil, nicht mehr gesehen. Sein Anruf mit der Bitte um ein Treffen hatte sie völlig verblüfft. Dass er den Nerv besaß, ihr die zweistündige Fahrt nach Süden zuzumuten, anstatt zu ihr nach Peckins zu kommen, war allerdings typisch Adam. Schließlich war er der milliardenschwere Öl-Tycoon und sie nur eine kleine Rinderzüchterin.
Sie hatte seinem Vorschlag zugestimmt, weil sie ohnehin dringende Einkäufe zu erledigen hatte und schon lange nicht mehr auf dem Friedhof gewesen war. Heute Morgen an Rebeccas Grab war ihr wieder einmal die traurige Tatsache zu Bewusstsein gekommen, dass der Tod ihrer großen Schwester sie zum Einzelkind gemacht hatte. Es war einfach nicht fair, dass Becca schon so früh aus dem Leben gerissen worden war.
Katy warf einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass es höchste Zeit war, wenn sie pünktlich sein wollte. Sie öffnete die Fahrertür und stieg aus dem Auto in die glühende Hitze. Es war so heiß, dass die Sohlen ihrer Stiefel fast auf dem Asphalt kleben blieben. Rasch lief sie über den Parkplatz zum Vordereingang und erschauerte, als sie durch die zur Seite gleitenden Glastüren in die klimatisierte Lobby trat. Während sie auf den Metalldetektor zuschritt, machten ihr die misstrauischen Blicke des Wachpersonals deutlich, dass es nicht allzu oft mit Besucherinnen in Jeans und Arbeitskleidung konfrontiert wurde. Und natürlich lösten die Stahlkappen ihrer Sicherheitsstiefel den Alarm aus.
„Bitte leeren Sie Ihre Taschen“, befahl einer der Wachleute.
Gerade als sie erklären wollte, dass ihre Taschen bereits leer waren, erklang eine sonore Stimme: „Sie kann passieren!“
Sie sah auf und entdeckte direkt hinter der Sicherheitsschleuse ihren Schwager.
Ex-Schwager, besser gesagt.
Ohne weitere Fragen winkte der Wachmann sie durch, und Adam trat zur Begrüßung zu ihr.
„Schön, dich zu sehen, Katy.“
„Hallo.“ Sie überlegte kurz, ob sie ihn umarmen sollte, entschied sich dann aber für einen kurzen Händedruck. Als seine Hand sich um ihre Finger schloss, fragte sie sich, ob er wohl die Schwielen, ihre raue Haut und ihre kurz geschnittenen, unlackierten Fingernägel bemerkte. Schließlich war er den Umgang mit Frauen gewohnt, die – wie Rebecca es getan hatte – Stunden in Kosmetikstudios verbrachten, um Maniküre, Pediküre und alle möglichen anderen Behandlungen zu genießen, für die Katy weder Zeit noch Interesse hatte.
Natürlich war es völlig gleichgültig, was er von ihren Nägeln hielt – dennoch verbarg sie nach der Begrüßung ihre Hände in den Taschen ihrer Jeans.
Adam dagegen verkörperte in jeder Hinsicht den milliardenschweren Firmenchef. Sie hatte ganz vergessen, wie hochgewachsen und durchtrainiert er war. Nur wenige Männer überragten Katy, die immerhin knapp einen Meter achtzig groß war, doch Adam maß bestimmt mindestens einen Meter neunzig.
Er trug sein dunkles Haar noch immer so kurz wie früher, doch inzwischen mischten sich an den Schläfen einige graue Strähnen hinein. Das ließ ihn wie alle Männer seines Schlages noch distinguierter wirken. Außerdem entdeckte Katy feine Fältchen um seine Augen und auf seiner Stirn.
Doch für einen Mann von vierzig Jahren war er ungemein attraktiv.
Katy war erst siebzehn gewesen, als ihre Schwester Adam vor zehn Jahren heiratete, und obwohl sie es nie einer Menschenseele verraten hatte, hatte sie doch ein wenig für ihren umwerfenden Schwager geschwärmt.
„Wie war die Fahrt?“, fragte er.
Sie zuckte mit den Schultern. „Wie immer.“
„Darf ich dir eine Tasse Kaffee anbieten?“ Er wies zu dem Coffeeshop am anderen Ende der Lobby.
„Gerne. Warum nicht?“
Die Gäste im Café trugen Business-Kleidung, und die meisten von ihnen saßen vor ihrem Laptop oder hatten das Handy am Ohr. Doch als Adam eintrat, hielten sie alle für einen Moment inne, um ihm zuzunicken oder ihn zu grüßen.
Lieber Himmel! Welch gebieterisches Auftreten! Aber natürlich war er der Boss, und offensichtlich wurde er respektiert – oder gefürchtet.
Sie folgte ihm zur Theke, wo er ein kompliziert klingendes Getränk bestellte, um dann Katy nach ihren Wünschen zu fragen.
„Einfach schwarzen Kaffee, bitte“, antwortete sie. Sie hielt nichts von all den neumodischen Mischungen und Geschmacksrichtungen.
Mit den Getränken in der Hand dirigierte er sie zu einem Tisch nach ganz hinten. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass er sie mit in sein Büro nehmen würde, aber hier war die Atmosphäre zumindest etwas weniger förmlich und einschüchternd. Noch immer wusste sie nicht, was er von ihr wollte.
„Wie geht es deinen Eltern?“, fragte Adam, als sie Platz genommen hatten. „Und wie läuft die Ranch? Ich nehme an, das Geschäft floriert?“
„Es geht uns gut. Vielleicht hast du es ja gehört, seit zwei Jahren haben wir komplett auf Bio umgestellt.“
„Großartig. Das ist der Weg der Zukunft.“
Sie nippte an ihrem Kaffee, der genau so war, wie sie ihn mochte – heiß und stark. „Aber du hast mich sicherlich nicht hergebeten, um mit mir über Viehzucht zu reden.“
„Nein“, gab er zu. „Ich möchte etwas mit dir besprechen. Etwas … Persönliches.“
Sie konnte sich nicht vorstellen, was das wohl sein mochte, daher zuckte sie nur mit den Schultern. „Okay.“
„Ich weiß nicht, ob Becca es dir erzählt hat, aber ehe ihre Krankheit diagnostiziert wurde, waren wir wegen unseres Kinderwunsches in Behandlung. Der Arzt schlug damals eine In-vitro-Befruchtung vor, und Becca unterzog sich gerade einer Hormontherapie, als der Krebs entdeckt wurde.“
„Das hat sie mir gesagt.“ Katy wusste, wie sehr ihre Schwester darunter gelitten hatte, nicht auf normalem Weg schwanger zu werden. Es hatte sie geradezu in Panik versetzt, Adam zu enttäuschen, denn ihr ganzes Leben schien sich nur darum zu drehen, ihm alles recht zu machen. Becca verbrachte so viel Zeit und Energie damit, die perfekte High-Society-Gattin zu sein, dass sie kaum noch Zeit für ihre Familie hatte. Adams Terminkalender war so voll gewesen, dass sie es im Jahr, bevor sie krank wurde, nicht einmal zu einem Weihnachtsbesuch geschafft hatten.
Katy hätte an ihrer Stelle vehement darauf bestanden, ihre Familie zu sehen. Auch wenn sie Weihnachten dann ohne ihren Ehemann verbringen müsste. Aber natürlich hätte sie auch nie einen Mann wie Adam geheiratet, der so fordernd und egoistisch war. Und schon gar nicht jemanden, der ihre Liebe zur Ranch nicht teilte. Becca dagegen hatte sich schon von klein auf ein kultiviertes Leben in der Stadt gewünscht.
„Sie war sich so sicher, dass sie die Krankheit besiegen würde“, fuhr Adam fort. „Wir dachten, wir könnten dann eine Leihmutter für das Baby finden. Doch leider durchkreuzte das Schicksal unsere Pläne.“
„Auch das hat sie mir erzählt.“ Katy versuchte, die Bitterkeit zu verdrängen, die in ihr aufstieg. Während die Eizellen heranreiften, hatte Becca die Chemotherapie aussetzen müssen, und das hatte sie vielleicht das Leben gekostet. Katy hatte sie damals angefleht, die Chemo fortzusetzen. Adam und Becca hätten doch später auch ein Kind adoptieren können, doch Becca wusste, wie sehr sich Adam ein eigenes Kind wünschte. Und wie immer hatte sie alles getan, um ihn glücklich zu machen.
Es wäre so einfach gewesen, Adam die Schuld an ihrem Tod zu geben, doch letztlich war es Beccas Entscheidung gewesen. Eine Entscheidung, die ihre Schwester teuer bezahlt hatte.
„Und was hat das mit mir zu tun?“, fragte Katy.
„Ich finde, du solltest wissen, dass ich beschlossen habe, die eingefrorenen Embryos von einer Leihmutter austragen zu lassen.“
Er sagte dies, als sei es die natürlichste Sache der Welt.
Katy brauchte ein paar Sekunden, bis sie den Sinn seiner Worte begriff. Wollte er tatsächlich eine Fremde anheuern, die das Kind ihrer Schwester austragen sollte?
Sie war so geschockt, dass es ihr die Sprache verschlug. Wie konnte er nur?
Sie bemerkte, dass ihr Mund vor Überraschung offen stand, und schloss ihn so energisch, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen. Adam sah sie erwartungsvoll an.
„Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll“, stammelte sie schließlich.
„Nur zu deiner Information: Ich bitte dich nicht um Erlaubnis oder um deine Zustimmung. Aber anstandshalber, weil es ja auch um Rebeccas Kind geht, dachte ich, ich sollte dich informieren.“
Er war nicht der Typ Mann, der Dinge „anstandshalber“ tat. Er tat nichts, was nicht von Vorteil für ihn war. Vermutlich hatte er vorher einen Anwalt konsultiert, der ihm den Rat gegeben hatte, Beccas Familie zu kontaktieren.
„Ich dachte auch, du könntest mir vielleicht ein paar Tipps geben, wie ich es am besten deinen Eltern beibringe“, fügte Adam hinzu.
Katy war zu perplex, um zu antworten. Als wäre es nicht schwer genug für ihre Eltern gewesen, die Tochter zu verlieren. Jetzt sollten sie auch noch mit dem Wissen leben, dass es da ein Enkelkind gab, dessen Vater schon für einen kurzen Weihnachtsbesuch zu beschäftigt gewesen war? Wie konnte er es wagen, ihnen das anzutun? Und sie sollte ihm dabei auch noch helfen?
„Ich würde dir raten, es nicht zu tun“, erwiderte sie.
„Es ihnen nicht sagen?“ Adam wirkte perplex.
„Verwende die Embryos nicht.“ Vor lauter Ärger zitterte ihre Stimme. „Haben meine Eltern denn nicht schon genug durchgemacht? Ich kann nicht glauben, dass du derart egoistisch bist. Dass du auch nur dran denkst, ihnen das zuzumuten.“
„Ich würde ihnen ein Enkelkind schenken. Ihre Tochter würde in diesem Kind weiterleben. Ich könnte mir vorstellen, dass sie darüber glücklich wären.“
„Ein Enkelkind, das sie nie zu Gesicht bekommen? Du glaubst wirklich, das würde sie glücklich machen?“
„Warum sollten sie das Baby nicht sehen?“
Wollte er sie auf den Arm nehmen? „In den letzten drei Jahren eurer Ehe habt ihr beide, du und Becca, uns vielleicht fünf Mal besucht. Höchstens. Du hattest ja immer so viel zu tun.“
Die neugierigen Blicke, die sich auf sie richteten, machten ihr bewusst, dass ihre Stimme fast hysterisch laut geworden war. Also atmete sie tief durch und zwang sich, leiser zu sprechen. „Warum heiratest du nicht einfach wieder und bekommst ein Baby mit deiner neuen Frau? Du bist reich und attraktiv. Sicher stehen die Frauen Schlange, die sich darum reißen, dich zu heiraten. Oder du adoptierst ein Kind. Aber lass meine Familie aus dem Spiel.“
Adam blieb erstaunlich ruhig. „Wie schon gesagt, ich bitte dich nicht um Erlaubnis, sondern wollte dich aus reiner Höflichkeit informieren.“
„Schwachsinn“, murmelte sie.
Adam hob eine Augenbraue. „Bitte?“
„Ich bin kein kleines, dummes Mädchen vom Land, Adam. Also bitte beleidige meine Intelligenz nicht, indem du mich wie eine Idiotin behandelst. Du hast mich hergebeten, weil dein Anwalt dich vermutlich davor gewarnt hat, dass meine Eltern gegen dein Vorhaben gerichtlich vorgehen könnten. Und dem willst du vorbeugen.“
Seine Miene verdunkelte sich, und ihr wurde klar, dass sie den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. „Deine Familie hat keinen Rechtsanspruch auf die Embryos.“
„Das mag stimmen, aber falls wir vor Gericht gingen, könnte sich die Sache über Jahre hinziehen, hab ich recht?“
Er runzelte die Stirn und beugte sich vor. „Dafür fehlen euch die finanziellen Mittel.“
So leicht ließ Katy sich nicht einschüchtern. „Mit Sicherheit gibt es irgendwo da draußen einen Anwalt voller Ideale, der sich einer solchen Sache liebend gern annimmt.“
Er zuckte nicht mit der Wimper. Durchschaute er ihren Bluff? Weder kannte sie einen solchen Anwalt, noch würden ihre Eltern jemals gerichtlich gegen Adam vorgehen. Sie wären zwar todunglücklich, würden sich aber mit den Tatsachen abfinden.
„Ich denke, wir sollten auf dem Boden der Tatsachen bleiben“, bemerkte Adam ruhig und vernünftig.
„Du hast nicht die geringste Ahnung, was es bedeutet, Vater zu sein“, blaffte sie ihn an. „Du hättest doch nicht einmal Zeit für ein Kind. Kannst du dir vorstellen, was auf dich zukommen würde? Windeln wechseln und mitten in der Nacht die Flasche geben. Oder willst du jemand einstellen, der das Kind für dich großzieht? Und ihm die Drecksarbeit überlassen?“
„Du weißt überhaupt nichts von mir“, antwortete er.
„Sehr traurig, wenn man bedenkt, dass du sieben Jahre lang mit meiner Schwester verheiratet warst.“
Er atmete tief durch. „Ich glaube, wir kommen vom Thema ab.“
Im Grunde hatte sie nur das Kräfteverhältnis zu ihren Gunsten verschoben. Nur so konnte man mit Männern wie ihm umgehen. Ein Trick, den Becca offensichtlich nie gelernt hatte.
„Glaub mir, dass ich viel darüber nachgedacht habe, und ich bin letztendlich zu dem Schluss gekommen, dass ich es tun muss. Und ich versichere dir, dass sowohl du wie auch deine Eltern das Baby sehen werden. Meine Eltern leben beide nicht mehr, sodass ihr außer mir die einzige Familie des Kindes sein werdet. Und diese Familie werde ich ihm nicht vorenthalten.“
„Und das soll ich dir glauben?“
„Es bleibt dir wohl nichts anderes übrig. Denn wir wissen beide, dass die Chancen, einen Anwalt zu finden, der euch kostenlos vertritt, gegen null gehen. Ich bin seit vielen Jahren Geschäftsmann und falle nicht so leicht auf einen Bluff herein.“
Katy biss sich auf die Unterlippe.
„Ich möchte niemanden verletzen, Katy. Ich möchte einfach nur ein Kind.“
Doch warum musste es ausgerechnet Beccas Kind sein? „Vielleicht sind wir nicht so vermögend wie du, aber wir können uns trotzdem dagegen wehren.“
„Ihr würdet nur verlieren.“
Ja, das stimmte. Sie würde einen Riesenzirkus in Gang setzen, ihre Eltern im Prozess durch die Hölle gehen lassen, und sie alle finanziell ruinieren.
Sie hatte keine andere Wahl, als es zu akzeptieren – das war die traurige Wahrheit. Sie musste darauf vertrauen, dass er sein Wort hielt und sie das Baby sehen würden.
„Darf ich fragen, wer die Leihmutter sein wird?“
Er war so gnädig, sich angesichts ihrer offensichtlichen Kapitulation nicht vor Schadenfreude die Hände zu reiben. „Das ist noch nicht sicher. Mein Anwalt überprüft gerade einige mögliche Kandidatinnen.“
„Woher willst du wissen, dass sie vertrauenswürdig sind?“
„Sie müssen ein sehr strenges Auswahlverfahren durchlaufen, und ihre Vergangenheit wird akribisch durchforstet.“
Doch eine hundertprozentige Sicherheit würde es nie geben. Was war, wenn die Frau während der Schwangerschaft rauchte oder Drogen nahm? Oder andere Risiken einging, die dem Baby schadeten? Oder wenn sie schließlich beschloss, das Kind zu behalten?
Oder schlimmer noch, sie könnte einfach auf Nimmerwiedersehen mit Rebeccas Kind verschwinden. Für ihre Eltern – und wahrscheinlich auch für Adam – wäre das dann, als würden sie Rebecca noch einmal verlieren.
„Was ist, wenn du die Frau für vertrauenswürdig hältst, dich aber irrst?“, fragte sie und fühlte sich von Sekunde zu Sekunde unbehaglicher.
„Das wird nicht geschehen“, versicherte ihr Adam.
Katy trank einen großen Schluck Kaffee und verbrannte sich dabei die Zunge. Wenn sie der Sache ihren Lauf ließ, standen ihr neun Monate äußerster Anspannung bevor, in denen sie um die Sicherheit ihrer Nichte oder ihres Neffen bangen müsste. Es gab nur eine einzige Person, die vertrauenswürdig genug war, um das Baby ihrer Schwester auszutragen. Es war völlig verrückt, aber es war die einzige Lösung. Die einzige gute Lösung. Und sie würde alles Menschenmögliche tun, um Adam davon zu überzeugen.
„Ich wüsste, wer die perfekte Leihmutter ist“, sagte sie.
„Wer?“
„Ich.“
Adam hatte mit allen möglichen Reaktionen gerechnet, doch er hätte sich nicht im Traum vorstellen können, dass Katy sich selbst als Leihmutter vorschlagen würde. Was für ihn allerdings keine Option darstellte.
Er hatte sich zuerst an sie gewandt, weil er glaubte, sie sei leicht zu manipulieren, aber die süße, kleine Katy hatte sich verändert. Sie war nicht mehr so naiv wie früher. Und sie hatte ins Schwarze getroffen mit ihrer Vermutung über den Rat seines Anwalts. In einem Rechtsstreit über die Verwendung der Embryos würde er gewinnen, doch bis zu einem Urteil konnten Jahre vergehen. So lange wollte er nicht warten. Wenn er Katy Beccas Kind austragen ließe, würde er zwar den von ihrer Familie zu erwartenden Widerstand umgehen, es würden sich aber eine ganze Reihe anderer Probleme ergeben.
„Das kann ich nicht von dir verlangen“, sagte er.
„Das hast du nicht. Ich habe es angeboten.“
„Ist dir auch nur ansatzweise klar, welche Opfer, physisch und psychisch, du bringen müsstest?“
„Ich weiß genau, worauf ich mich einlasse. Ich habe die Schwangerschaften von einigen meiner Freundinnen miterlebt.“
„Ob man nun jemanden kennt, der schwanger ist, oder ob man selbst ein Kind erwartet, ist vermutlich nicht das Gleiche.“
„Ich möchte es aber, Adam.“
Ihm fiel ein anderes Argument ein, um sie von ihrer Idee abzubringen. „Was würde wohl dein Lebensgefährte dazu sagen?“
„Das wäre kein Problem. Ich bin hin und wieder mit Willy Jenkins zusammen, aber ich würde ihn nicht als meinen Lebensgefährten bezeichnen. Wir sind eher lose befreundet … falls du verstehst, was ich meine.“
Das tat er, und aus irgendeinem lächerlichen Grund hätte er sich diesen Jenkins am liebsten einmal zur Brust genommen. Für ihn würde Katy immer Rebeccas kleine Schwester bleiben.
Doch sie war inzwischen eine erwachsene Frau – sieben- oder achtundzwanzig Jahre alt, wenn er sich recht erinnerte. Es ging ihn wahrlich nichts an, mit wem sie eine Affäre hatte.
Oder warum.
„Die ganze Sache würde ein Jahr lang dauern“, gab er zu bedenken. „Oder auch länger, falls es nicht beim ersten Mal klappt. Was, wenn du in der Zwischenzeit jemanden kennenlernst?“
„Wer sollte das schon groß sein? Peckins hat achthundert Einwohner. Die meisten Männer kenne ich schon seit dem Kindergarten. Wenn es mein Schicksal wäre, mich unsterblich in einen von ihnen zu verlieben, wäre das längst passiert.“
„Hast du an die körperlichen Beschwerden einer Schwangerschaft gedacht?“
„Schau mich an“, sagte sie und wies auf ihre legere Kleidung und ihr zu einem Pferdeschwanz gebundenes aschblondes Haar. „Ich bin nicht wie Rebecca. Ich würde mir keine Gedanken über mein Gewicht oder Dinge wie Schwangerschaftsstreifen machen. Und du wirst niemanden finden, der so verantwortungsvoll ist wie ich. Ich rauche nicht und nehme keine Drogen, nicht einmal rezeptfreie Schmerzmittel. Ich trinke hin und wieder mal ein Bier, aber es macht mir nichts aus, darauf zu verzichten. Außerdem bin ich kerngesund, und mein Arzt sagt mir jedes Mal beim jährlichen Gesundheitscheck, dass ich den idealen Körper zum Kinderkriegen habe.“
Den hatte sie bestimmt. Sie hatte die Figur eines Pin-up-Girls der Fünfzigerjahre. Damals hatten die Frauen noch wie Frauen ausgesehen. In seinen Augen war Rebecca immer viel zu sehr auf ihr Gewicht und ihr Aussehen bedacht gewesen. Sogar während der Chemo hatte sie sich aus dem Bett gequält, um sich zu schminken. Und als sie das Bett nicht mehr verlassen konnte, hatte eine Pflegerin es für sie tun müssen.
Beim Gedanken an Becca fühlte er wie immer den vertrauten schmerzhaften Stich im Herzen.
Überraschenderweise beugte sich Katy über den Tisch und griff nach seiner Hand. Noch mehr überraschte ihn jedoch das leichte Kribbeln, das er spürte, als sich ihre Finger berührten. Ihre Hände waren rau von der Rancharbeit, doch ihre Haut fühlte sich warm an. Ihre Nägel waren unlackiert, aber sauber und gut manikürt. Alles an ihr wirkte sehr … natürlich.
„Adam, du weißt genau, dass du niemanden finden wirst, der so vertrauenswürdig ist wie ich.“
Widerwillig musste er zugeben, dass sie recht hatte. Natürlich würde Katy nie etwas tun, das dem Kind ihrer Schwester schaden könnte. Doch möglicherweise würde sie die Gelegenheit nutzen, um ihn zu manipulieren, und er würde sich nie freiwillig in eine Lage begeben, in der er nicht die Oberhand hatte. Beruflich nicht und schon gar nicht privat.
Doch sie diskutierten hier über das Wohlergehen seines Kindes. War es nicht seine Pflicht als Vater, das Wohl seines Kindes an die erste Stelle zu setzen?
Katy drückte seine Hand so fest, dass seine Finger schon gefühllos wurden und seine Angestellten neugierige Blicke zu ihnen herüberwarfen.
Sanft entzog er ihr seine Hand. „Schau, Katy …“
„Bitte, Adam. Bitte lass es mich machen.“ Sie sah ihn flehentlich an und fuhr fort: „Becca hätte es so gewollt, das weißt du.“
Autsch! Dieser Schlag hatte gesessen. Und das Schlimmste war, dass es stimmte. War er es Rebecca nicht schuldig, dass er Katy dies für sie tun ließ? Hatte er nicht in der Tat Schuld daran, dass Becca den Kontakt mit ihrer Familie hatte abreißen lassen?
„Obwohl ich es besser wissen sollte und gern erst mit meinem Anwalt darüber sprechen würde, ehe ich eine definitive Antwort gebe … so bin ich doch geneigt, Ja zu sagen.“
Erleichterung und Dankbarkeit zeigten sich auf ihrem Gesicht. „Danke, Adam, ich verspreche dir, du wirst es nicht bereuen.“
Unmöglich, denn er bereute es jetzt schon.
Katy brach bald danach auf, und Adam eilte voller zwiespältiger Gefühle zurück in sein Büro.
Einerseits erkannte er klar die Vorteile, wenn Katy als Leihmutter fungierte. Theoretisch war es die ideale Lösung. Doch aus Erfahrung wusste er, dass sich die Dinge nicht immer nach Plan entwickelten. Was heute „ideal“ schien, konnte morgen schon ein Desaster sein.
Vor einer endgültigen Entscheidung musste er mit seinem Anwalt sprechen.
Seine Sekretärin Bren hielt ihn auf, als er an ihrem Schreibtisch vorbei in sein Büro gehen wollte. „Mr Suarez möchte Sie sprechen, sobald Sie Zeit haben.“
„Sagen Sie ihm, jetzt würde es mir passen.“ Wahrscheinlich konnte er sich ohnehin nicht auf die Arbeit konzentrieren – zu viele Gedanken gingen ihm im Kopf herum.
Er betrat sein Büro und schenkte sich an der Bar einen Scotch ein, ehe er sich an den Schreibtisch setzte und den PC einschaltete.
„Hallo, Boss.“
Emilio Suarez, Finanzchef von Western Oil, stand in der Tür.
Als Adam Western Oil von seinem Vater erbte, befand sich der Konzern in einer ernsten Finanzkrise, doch dank Emilios Geschick konnte der Ruin abgewendet werden. Obwohl er aus einer bescheidenen puerto-ricanischen Familie stammte, hatte er mithilfe von Stipendien sein Studium als Jahrgangsbester abgeschlossen und war so Adam aufgefallen, als dieser sein Team von Managern zusammenstellte. Inzwischen war Emilio ein unverzichtbarer Angestellter – und guter Freund – und jeden Penny seines abstrus hohen Gehalts wert.
Adam winkte ihn herein. „Du wolltest mich sprechen?“
Emilio schloss die Tür hinter sich und schenkte sich ebenfalls einen Drink ein. „Ich erhielt heute einen interessanten Anruf von meinem Bruder.“
„Vom Generalbundesanwalt, von dem in Europa oder von deinem anderen Bruder?“
Der „andere“ Bruder war das schwarze Schaf der Familie. Ein Weltenbummler, der sich nur meldete, wenn er etwas brauchte – meistens Geld zum Wetten oder um Schulden zu bezahlen.
„Vom Generalbundesanwalt“, erwiderte Emilio und nahm Adam gegenüber Platz. „Und falls dich jemand fragt … die Information ist nicht von mir.“
„Natürlich.“
„Du kennst doch Leonard Betts?“
„Nur dem Namen nach.“ Er war ein Finanzgenie und Forbes zufolge einer der reichsten Männer von Texas. Man sagte ihm nach, dass er alles in Gold verwandeln konnte, was er anfasste.
„Laut Alejandro ermittelt die Börsenaufsicht gegen ihn, und es sieht so aus, als würden er und seine Frau wegen eines Pyramidenspiels verhaftet.“
Adam schüttelte ungläubig den Kopf. „Seine Frau auch?“
„Und ihre Eltern … oder wenigstens ihre Mutter, denn ihr Vater starb ja vor einigen Jahren.“
„Eine Familiengeschichte also.“