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Das wird ja immer besser! Zuerst mutiert Deutschlands Tussi Nummer 1 zur braven Mama – und jetzt wird auch noch geheiratet! Also nix mehr Tussi – willkommen Spießer-Katze? Man darf gespannt sein. Gespickt mit intimen Einblicken und geschrieben mit der gewohnten Katzenberger-Kodderschnauze beschreibt Daniela Katzenberger den mitunter steinigen, aber aufregenden Weg zum schönsten Tag im Leben. Wer sitzt neben wem? Was gibt es zu essen? Wo wird gefeiert? Und last but für eine Daniela Katzenberger natürlich absolut not least: WAS ZIEHE ICH AN? Nur einige der Fragen, die die Katze auf dem Weg zum Traualtar beantworten muss ... Mit ihrem neuen Buch ist jeder Fan hautnah dabei.
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Seitenzahl: 206
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Daniela Katzenberger
Auf Katzenpfotenzum Traualtar
PLASSEN
VERLAG
Copyright der deutschen Ausgabe 2016:© Börsenmedien AG, Kulmbach
Coverfoto: Stephan Pick /Roba ImagesGestaltung, Satz und Herstellung: Johanna WackLektorat: Karla Seedorf
ISBN 978-3-86470-382-9
Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks,der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbankenoder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
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Hochzeit.Der Mann muss nur da sein.Die Frau muss perfekt sein.
Daniela Katzenberger
Lucas’ Liebeserklärung an Daniela:
Daniela,die letzten zweieinhalb Jahre wareneine unglaubliche Erfahrung für mich.Ich hätte nie gedacht, dass sich die Verliebtheit,die ich bei unserer ersten Begegnung verspürt habe,steigern kann, aber es ist geschehen.Und es geschieht noch.Tag für Tag wird das Gefühl stärker.Die Liebe wächst.Sie ist grenzenlos.Du hast mir ein Geschenk gemacht,das so unglaublich groß und schön ist,dass ich es immer noch nicht fassen kann.Ich kann dir das nie zurückgeben.Aber ich kann dir mich schenken.Mit Haut und Haaren.Ich bin der Deine.Für immer.Ich liebe dich.
Danielas Gedicht an Lucas:
Du,was soll ich dir sagen,wie soll ich dir sagen,was du für mich bist?Du kannst nicht meine Sonne sein,denn du bist viel wärmer.Du kannst nicht mein Sternenhimmel sein,denn du bist viel strahlender.Du kannst nicht mein Goldstück sein,denn du bist viel wertvoller.Du bist etwas,das ich mir nichtund dir nicht erklären kann.
Ich hab ja immer gesagt: „Ich will auf keinen Fall fett heiraten, aber Lucas kann mich gerne fett fragen.“ Und genau das hat er getan, der liebe Lucas – also, er hat mich gefragt, als ich fett war. Ist er selbst ja blöderweise, seitdem ich ihn kenne, nie gewesen. Ein bisschen dick vielleicht, pummelig, propper, co-schwangerrund, gut bepackt, knuddelig – ja, all das, aber niemals fett. Diese Rolle hat er gönnerhaft, ganz ohne Neid, ausschließlich mir überlassen. Und ich habe sie blöderweise erfüllt, sogar übererfüllt!
So war es auch an dem Tag, als er mich endlich, endlich fragte, ob ich denn seine Frau werden wolle. So richtig überraschend kam das jetzt nicht, obwohl es mich dann doch wiederum komplett umgehauen hat. Ja, was denn nun, werdet ihr euch fragen, Überraschung – ja oder nein? Beides. Dass er bald um meine Hand anhalten würde, war mir klar. Dafür hatte seine Oma Angeliki in letzter Zeit zu oft mit ihm am Telefon gemeckert.
Nicht, dass ich auch nur ein einziges Wort davon verstanden hätte, schließlich spricht die alte Dame nur Griechisch. Meine Kenntnisse dieser Hochkultur-Gelehrtensprache belaufen sich auf nahezu null – außer natürlich „oxi“, „ochi“ gesprochen – also „nein“, denn das ist eine Vokabel, die ich in so ziemlich jeder Sprache kann. Nein, ich will nicht. Nein, lass das sein. Nein, das mag ich nicht. Ich kann ja zugegebenermaßen für meine Umwelt eine ziemliche Plage sein, wenn mir was nicht passt …
Oma Angeliki schimpfte also mal wieder mit Lucas am Telefon und ich verstand jedes Wort – ohne dass ich ein einziges davon hätte übersetzen können. Schimpfen ist eben international. Sobald es lauter wird, ist Ärger angesagt. Einzige Ausnahme: Der Herzallerliebste steht unten und seine Angebetete mindestens drei Stockwerke höher, also die Romeo-und-Julia-Balkonszene oder, noch besser, wie Richard Gere in „Pretty Woman“ auf der Feuerleiter zu Julia Roberts klettert: Trotz seiner Höhenangst erklimmt er die Stufen mit Blumen in der einen und Regenschirm in der anderen Hand und brüllt dabei: „Ich liebe dich!“ Dann wird’s auch ohne Ärger mal richtig laut.
Aber genau diese drei Worte schrie Lucas’ Omi ihrem Enkel garantiert nicht durch den Hörer. Nein, es ging vielmehr um die ihrer Ansicht nach völlig verpfuschte Familienplanung. Irgendwas in der Reihenfolge war da ihrer Meinung nach komplett verrutscht. Erst Baby, dann Hochzeit? Bedeutet schließlich (ohne den geringsten Anflug von Restzweifel) Sex vor der Ehe, und zwar garantiert ungeschützten. Nein, also oxi – das ging nach ihren griechisch-orthodoxen Moralvorstellungen absolut gar nicht. Aber da das Kind nun schon in den Brunnen gefallen, oder, besser gesagt, Sophia schon auf die Welt geschlüpft war und sich das auch nicht mehr ändern ließ, sollte doch zumindest so schnell wie möglich Gottes Segen für diese wilde Beziehung eingeholt werden. Da der liebe Gott bekanntlich alles sieht, dürfte er uns auch beim Babymachen beobachtet haben. Aber wenn wir jetzt wenigstens schnell noch vor den Traualtar treten würden, wäre der Allmächtige vielleicht nicht ganz so sauer.
Omi Angeliki wusste im Übrigen genau, wovon sie sprach. Sehr genau sogar. Sie war die Ausnahme in der ansonsten so strenggläubigen Griechen-Sippe. Sie selbst hatte sich damals bei der Familienplanung nämlich in der Reihenfolge vertan.
Sie hatte ihren Lucas (also nicht meinen, meiner heißt nur so, weil er den Namen von seinem Opa, also vom Original-Lucas, bekommen hat) kurz kennen- und dann ganz schnell lieben gelernt. So mit allem Drum und Dran, sprich mit Küssen, Fummeln, Liebe machen, SEX. Ergebnis: Costa, der sich ankündigte, noch bevor Lucas’ Großeltern verheiratet waren. Folgeergebnis: Omi und Opi packten ihre Siebensachen und machten sich in einer Nacht- und Nebelaktion aus dem Staub, verließen ihr Dorf, um Schimpf und Schande zu entgehen. Das war in den 1940er-Jahren, da war ein uneheliches Kind kein Ausrutscher, sondern ein kleiner (manchmal auch ein großer) Weltuntergang.
Lucas’ Großeltern haben sich also genauso vom Acker gemacht wie ich mich aus Ludwigshafen. Allerdings habe ich mich nicht verdünnisiert, weil ich wegen des Babys vor der Ehe als schamlos gelte. Das war wohl aufgrund meines nicht gerade dezenten Looks schon immer so, obwohl man das eher unter Vortäuschung falscher Tatsachen verbuchen sollte. Ich bin nämlich gaaanz anders, als ich aussehe, quasi das komplette Gegenteil von dem, was die meisten glauben (und manche auch hoffen). Wer eine Frau für schamlos hält, nur weil sie sich die Haare blondiert und die Brüste machen lässt, ist nach meiner Überzeugung unverschämt. Unverschämt einfältig.
Nein, ich habe mich freiwillig aus Ludwigshafen verabschiedet. Irgendwann reicht es eben mal. Obwohl, wenn ich ehrlich bin, vielleicht war es doch nicht ganz so freiwillig. Nicht, dass mir einer Daumenschrauben angelegt hätte oder, noch viel schlimmer, mit der Schließung sämtlicher Solarien im Umkreis von 30 Kilometern gedroht hätte – das wäre schließlich einem Entzug meiner Lebensgrundlage gleichgekommen.
Nein, ich musste mich endlich von meiner Mutter befreien. Mit fast 30 Jahren kann man diesen Schritt schon mal wagen, denke ich. Ich fand mich unheimlich tapfer, als ich mich entschied, Richtung Schwarzwald zu ziehen. Neuanfang mit Baby und Bald-Ehemann. Dass der Schwarzwald nicht so ganz das Richtige war, konnte ich noch nicht ahnen, als ich meine Kartons für dem Umzug packte und mir auf einmal wahnsinnig erwachsen vorkam. Aber das ist ein anderes Thema, erzähl ich euch später.
Jetzt stehe ich also mit meinen leider gar nicht wenigen Noch-viel-zu-viel-Nach-Schwangerschafts-Kilos in unserem neuen Haus im Schwarzwald, drehe mich vor dem Spiegel und zermartere mir mein Köpfchen, wie ich das jemals wieder hinbekommen soll. Meine aktuelle Figur grenzt ja an Totalschaden. Das hat nichts mit einem kleinen Lackkratzer oder ner Mini-Delle zu tun – hier ein bisschen ausbeulen, da ein wenig drüberlackieren und schon ist alles wie neu oder zumindest wie vorher. Derzeit wüsste ich nicht einmal, um was für ein Modell, geschweige denn welchen Jahrgang es sich bei meinem Body handelt, wenn wir mal beim Bild der Autokarosserie bleiben wollen. Alles kaputt, noch nicht mal mehr als Liebhaberstück für Bastler abzugeben – sogar für Selbstabholer gratis ein garantierter Ladenhüter. Klinge ich verzweifelt? Ich bin es auch!
Ich muss heute einkaufen gehen. Ja, ich MUSS. Wer hätte gedacht, dass es jemals so weit kommt? Die Katze muss zum Mausen getragen werden. Ich meine, es geht darum, nach Straßburg zu fahren und ein paar hübsche Sachen zu shoppen – für mich, für Sophia, vielleicht etwas für Lucas. Nein, nichts für Lucas! So kurz nach der Geburt sollte man sich schön um sich selber kümmern, sich mal wieder was Hübsches gönnen. Shoppen, meine absolute Lieblingsbeschäftigung, mein wohl einziges ernst zu nehmendes Hobby, mein Seelentröster, mein Ein und Alles – das war einmal!
Was ist los mit dir, Dani? S-H-O-P-P-E-N! Wo bleiben die Glückshormone? Los, auf geht’s! Nee, nix geht gerade. Lass das bloß keine pränatale, Quatsch, meine natürlich postnatalen Wochenbett-Depression (oder wie auch immer das heißt) sein. Bitte, lieber Gott, leg den Schalter um und lass mich denken: Yeah, Schaufenster gucken gehen, hübsche Sachen anprobieren, Geld ausgeben, neue Schuhe kaufen. Hallo, Dani, neue Schuhe! SCHUHE! Eigentlich müsste ich längst im Auto sitzen. Quatsch, ich müsste schon den Schuhlöffel in der Hand haben und mir von einem Al-Bundy-Verschnitt mindestens das achte Paar Pumps anschleppen lassen – eins höher, spitzer, sexyer als das andere.
Und was mache ich? Ich stehe vor dem Spiegel und denk mit Grauen an den Einkaufsbummel, der nun mal seit Tagen geplant und jedem versprochen ist. Mein Kopf ist voll mit allem möglichen Kram: mit der dreckigen Wäsche, die sich langsam vor der Waschmaschine stapelt (wieso habe ich die eigentlich nicht schon längst in die Trommel geschmissen? Ist ja nicht so, dass ich das Zeug noch in mühsamer Handarbeit mit Kernseife auf dem Waschbrett schrubben müsste), mit Berechnungen, wann ich eigentlich zum letzten Mal Milch abgepumpt habe – ist das jetzt eine Stunde her oder doch schon zwei? So, wie meine Brüste drücken, muss es fast einen halben Tag her sein, aber das ist unmöglich. Wahnsinn, dass ein einziges Muttertier so viel Milch haben kann.
Unten im Bauch zieht es. Also jetzt nicht wie ein Windstoß, der um die Ecke zieht – nee, meinen Hosenschlitz habe ich trotz anhaltender Schwangerschaftsdemenz geschlossen. (Schneller Kontrollblick, bevor ich hier Blödsinn erzähle – ja, alles zu.) Der Kaiserschnitt macht sich noch immer deutlich bemerkbar. Wenn ich das vorher geahnt hätte! So unproblematisch die Geburt durch so einen kleinen Schnitt auch ist, danach geht es erst richtig los. Ja, es tut weh! Sogar so weh, dass ich am Anfang noch nicht mal alleine die Treppen hochgekommen bin.
Eigentlich ein Unding, dass das vorher keiner erwähnt hat. So ein bisschen unangenehm sei es danach, meinten sie. Dauert halt ne Weile, bis alles verheilt ist. Am Anfang ziept es ein wenig, musst aufpassen, wenn du dich bückst oder was heben willst, höre ich sie sagen. Lügner, alles Lügner! Oder eher Nicht-alles-Sager.
Nein, das ist nicht die Wahrheit. Es tut höllisch weh. Punkt, fertig, aus. Wenn ich jetzt, in diesem Moment, die Wahl hätte, würde ich Sophia lieber ohne Narkose in achtstündigen Wehen in einer kleinen Blockhütte egal auf welchem Kontinent bekommen und die Nabelschnur durchbeißen, bevor ich mir noch mal einen Schnitt verpassen lassen würde. Manno – nicht mal 20 Zentimeter lang ist dieser kleine Cut, aber gefühlt ist er riesig. Verdammt!
Nun gut, Zeit heilt bekanntlich ne ganze Menge, Abermillionen Frauen haben diese Art der Geburt überstanden und auch danach noch weitere Kinder per Kaiserschnitt bekommen. Also, Dani, reiß dich jetzt mal zusammen, jammere nicht, mach voran! Das mit der Geburt in der Blockhütte ist auch nur so ein total verrückter Einfall im Überschwang der gerade einsetzenden Aua-Gefühle – bei näherer Betrachtung eine meiner wirklich nicht allzu seltenen blöderen Ideen.
Zurück zur Tagesordnung – ich wollte euch ja eigentlich von meinem Antrag, also Lucas’ Antrag, also dem Antrag, den er mir gemacht hat, erzählen. Geht auch gleich los. Verplappere mich ja gerne ein bisschen – im Deutschaufsatz würde es jetzt heißen: Setzen, Sechs, Thema verfehlt! Wollte euch aber kurz einen Eindruck meiner gerade komplett verrückten Gefühlswelt geben – alles hätte ich in jenem Moment gebrauchen können, nur keinen Heiratsantrag.
Deshalb wundert es mich eigentlich heute noch, dass ich überhaupt Ja gesagt habe, in diesem Moment, wo ich nur an Schnuller, Milch, überzählige Kilos, Schlafmangel und den Sinn von Katzes Leben nachgedacht habe. Ein Wunder. Ein echtes Wunder. Sowohl, dass der Mann endlich, endlich auf die Idee gekommen ist, mich – also die für ihn heißeste Frau des gesamten Planeten – zu fragen, als auch, dass ich in einem Moment kompletter geistiger Klarheit (und das ist bekanntlich nicht mein Dauerzustand) Ja gesagt habe.
Aber eins nach dem anderen. Also ab zur Shopping-Tour nach Straßburg – dachte ich an jenem Tag zumindest. Von Papa Peter hatte ich mir seinen Motorradgurt geliehen – nun gut, ohne ihn darüber in Kenntnis zu setzen, wohl also eher stibitzt als geliehen, aber es bleibt ja in der Familie. Nicht, dass ich auf dem Zweirad gen Frankreich düsen wollte. Der Nierengurt ist der ideale Schlankmacher, er lässt jede Spanx-Drück-weg-was-geht-Unterwäsche im Regen stehen. Bei Härtefällen müssen harte Gegenmaßnahmen getroffen werden. Und bei 20 Schwangerschafts-Restkilos, also ultraharten Problemfällen, müssen rabiate Methoden eingesetzt werden. Mit dem Nierengurt presste ich mir nicht nur den Hüftspeck, sondern auch sämtliche Innereien und Därme in Form. Wow, sah gut aus! Ich drehte mich vorm Spiegel. Und so praktisch – ein paar Ösen zu und fertig!
Eine Freundin von mir schwört ja auf Frischhaltefolie, die sie sich meterweise um die Taille wickelt. Auch nicht schlecht im Ergebnis, dauert nur länger und stinkt irgendwann – das ist eine schweißtreibende Angelegenheit. Unter dem Plastik strömt es nur so runter. Macht erst ein feuchtes Höschen und dann sehr einsam. Wer hat schon Bock auf Stinker, da hilft auch nicht die schönste Wespentaillen-Figur.
Ich war also fest verzurrt und mit meinen 80 Kilo Kampfgewicht bereit. Da stand ich auf einmal vor einem Hubschrauber statt vor der nächsten Modeboutique. Die hatten sie doch nicht alle! Dass alle in meiner Familie einen Knall haben, war nicht gerade die neueste Erkenntnis, aber irgendwann reicht es doch auch mal, oder? Echt jetzt! Wozu denn der Hubschrauber? Lustig, lustig. Ich soll bestimmt einen Fallschirmsprung machen. Wahnsinnig witzig. Rein von der Schwerkraft her wäre das eine echte Herausforderung. Wollen die mir zwei Schirme umhängen oder was? Denkt denn hier niemand mehr mit? Warum steh ich hier mitten auf der grünen Wiese mit meinen 12-Zentimeter-Pumps? Extrem-Shopping mit den Dingern ist kein Problem. Jahrelang erprobt und für gut befunden. Meine persönlichen Siebenmeilenstiefel, wenn es ums Einkaufen geht. Drei oder vier Kilometer durch die Läden damit? Easy. Und damit meine ich die reine Distanz zwischen den Kleiderständern und den Umkleidekabinen. Quasi die Netto-Shopping-Tour. Die Entfernungen zwischen den Boutiquen kommen noch mal on top. Aber mit solchen Schuhen auf den Rasen? Geht gar nicht. Kann mir das mal einer vormachen?
Wessen Schnapsidee war das nun wieder? Wen konnte ich dafür anblaffen? Ich schaute mich um. Von Lucas weit und breit keine Spur. Nie ist er da, wenn man ihn braucht – na warte, Bürschchen, komm du mir nach Hause, dann gnade dir Gott – von mir hast du nämlich keine Gnade zu erwarten. Meine Mutter hatte sich mit Sophia auf dem Arm aus dem Staub gemacht. Das TV-Team stand feixend da, zuckte mit den Schultern, frei nach dem Motto: Keine Ahnung, war nicht unsere Idee. Na klar, ihr wisst wie immer von gar nichts. Wer’s glaubt …
Das Einzige, was ich in diesem Moment wusste, war, dass ich gerade ziemlich genervt war. Wenn mein Herzallerliebster, mein Ein und Alles, die Liebe meines Lebens, mein von mir so bewunderter Göttergatte, jetzt, in diesem Moment, um die Ecke gebogen wäre, ich hätte, ich hätte – ja, was hätte ich denn eigentlich?
Ah, ich weiß: mindestens zwei Tage nicht mit ihm gesprochen. So. Das hätte er davon gehabt. Obwohl, je länger ich über das Strafmaß nachdenke – vielleicht doch keine so glorreiche Idee. Funktioniert irgendwie nicht. Nicht mehr. Früher klappte das ganz gut. Aber jetzt? Wir sind Eltern. Wir haben ein Kind. Die wunderbare, herzallerliebste, glucksende, zuckersüße, einzigartige Sophia. Nicht mehr reden? Geht nicht. Leider. Spätestens wenn er mal wieder denkt, dass er dieses Wunder allein geschaffen hat und deshalb auch den alleinigen Anspruch auf dieses tollste aller Kinder hat, spätestens da müsste ich mit ihm reden: „Lucas, darf ich bitte auch mal meine Tochter haben? Meinst du, du könntest Sophia für fünf Minuten entbehren und sie mir großzügigerweise kurz überlassen? Würde es dir sehr viel ausmachen, wenn ich Sophia jetzt das Fläschchen gebe – übrigens mit der Milch, die ich soeben mühevoll aus meinen – ich wiederhole: MEINEN – Brüsten abgepumpt habe?“
Nein, nicht mit ihm reden war keine gute Idee. Während ich also über sinnvollere Bestrafungen nachdachte (Brustklemmen, heißes Kerzenwachs, sieben Tage selber kochen, Sexentzug – ach nee, entziehen kann man ja nur etwas, was man hat, davon konnte nun, drei Wochen nach der Geburt und mit diesem bösen kleinen Schnitt, nicht die Rede sein), saß ich auch schon im Hubschrauber und flog von dannen. Jetzt war mir irgendwie alles egal. Sollen sie doch machen, diese ganzen Verrückten um mich herum. Wer die Geister gerufen hat? – Das war wohl ich. Warum ziehe ich immer die Bekloppten magisch an? Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Und da ich ja immer am lautesten gerufen habe, geschah mir das alles hier, was immer da noch kommen mochte, ganz recht.
Und was kam? Lucas! Da stand er also auf der grünen Wiese, auf einem rosa Teppich in Herzform (er behauptet bis heute, dass er den selbst ausgeschnitten hätte – wer’s glaubt!) und hielt um meine Hand an.
Ein Heiratsantrag. Und zwar der erste, absolut richtige, geradezu perfekte, nicht besser zu machende Antrag. Ich weiß, wovon ich quatsche, habe schließlich schon einige erlitten, einer missglückter als der andere. Nur ungern erinnere ich mich da zum Beispiel an den von Tattoo-Horst. (Ich denke schon mit Schrecken an den Typen zurück, aber der Antrag war dann echt die Krönung an Peinlichkeit.) Der stand mit mir in einem Schuhladen und haute mich völlig aus dem Off von der Seite an: „Hey, was meinste, willst du mich heiraten?“ Da soll ich gerade die Entscheidung meines Lebens treffen, wäge alle guten gegen die schlechten Seiten ab, rechne hin und her: Lohnt es sich oder nicht? Passt er zu mir? Wie lange wird er mich wohl begleiten, bis er mich im Stich lässt? Während ich also den knallroten Pumps in meiner Hand hin und her drehe, kommt mir dieser Voll-Horst auf einmal mit so einer Frage. Ich war in dem Moment wohl genauso rot wie der Schuh (den ich damals vor lauter Schreck übrigens doch nicht gekauft habe) und habe augenblicklich meinen Kaugummi verschluckt.
Da war ich 23 Jahre alt und, glaube ich, so geplättet wie in meinem ganzen Leben nicht mehr. Die Antwort, die ich ihm gegeben habe, kennt ihr – sonst wäre das mit Lucas schließlich meine zweite Hochzeit. Nein, Horst, ich heirate dich nicht! Eher gebe ich einem ausgelatschten Turnschuh das Jawort.
Der von Horst war nicht mein einziger Antrag. Die meisten haben allerdings nicht bei mir, sondern bei meiner Mutter um meine Hand angehalten. Das hört sich jetzt wahnsinnig edel an, so nach Prinz, gutem Benehmen und super Erziehung und so. Irrtum, von dieser Sorte Mensch mit entsprechender Erziehung kenne ich nur sehr, sehr wenige. Eigentlich genauso viele, wie mir Einhörner über den Weg gelaufen sind (jetzt zählt mal – richtig, die korrekte Antwort ist leider null). Ich glaube, die Typen wollten sich das nur einfach machen und hofften, dass meine Mutter eher Ja sagt als ich. Die haben ihr auch immer was mitgebracht: Blumen, Parfüms, Pralinen. Sie kassierte fröhlich die Geschenke ein und schickte die Bewerber dann nach Hause mit den Worten: „Ich rede mal mit der Dani.“ Das war’s. Auch wenn Mama manchmal komische Anwandlungen hat und nicht immer der netteste Mensch auf Erden ist – ihre eigene Tochter zwangszuverheiraten, das brächte nicht mal sie übers Herz. Ist eben doch ne gute Mutter.
Die meisten Männer sollten froh sein, dass ich beziehungsweise meine Mutter Nein gesagt haben. Die wollten mich gar nicht – und erst recht nicht so eine Schwiegermutter! Die waren immer in eine Art Katzenberger-Illusion verliebt und hatten sich im TV in mich verguckt, aber das, was in der Flimmerkiste von mir zu sehen ist, ist ja nur ein ganz kleiner Teil von mir. Ich will jetzt nicht sagen, der allerbeste, aber doch auf jeden Fall die angenehmere Seite von mir. Was die nie geglaubt haben oder wahrhaben wollten, ist, dass es auch für mich, die glamouröse Katze, ein Leben nach der Schminke gibt. Jawohl, man stelle sich vor, es gibt mich auch abgeschminkt, pupsend, rülpsend (und zwar nicht nur, wenn ich schwanger bin) und übellaunig – Letzteres leider häufiger als gutgelaunt. Das ist jetzt mal nicht zum Lachen. Lucas kann ein Lied davon singen, ach, was rede ich – ne ganze Oper.
Obwohl Lucas weiß, was für eine unausstehliche Furie ich sein kann, obwohl kaum ein Tag vergeht, an dem er mal nicht von mir von der Seite angeblafft wird, obwohl er die ganze ungeschminkte Katzenberger-Wahrheit kennt (und die entsprechende Schwiegermutter, die er mit der Hochzeit dazubekommt – allein dafür verdient er die Tapferkeitsmedaille), obwohl, obwohl, obwohl … Trotzdem hat dieser Lucas Cordalis mich gefragt. Mich, die Liebe seines Lebens (wie er versichert), die Mutter seiner Tochter, die Frau seiner Träume.
Ja, ja, ja – und zwar schnell, schnell, schnell, habe ich geantwortet. Wer weiß, wann er wieder klar bei Verstand ist, sich seines Handelns bewusst wird und auf geistige Umnachtung plädiert. Nee, mein Freund, jetzt habe ich dich: JA.
Hätte ich allerdings gewusst, was da so alles auf mich zukommt, hätte vielleicht auch ich gezögert. Ich hatte ja nicht die leiseste Ahnung, was so eine Hochzeit bedeutet – was für einen Stress, was für einen Ärger. Gegen die Vorbereitung einer Hochzeit ist die Planung einer Brücke über den Ärmelkanal ein Kinderspiel. Die endlosen Diskussionen über die Einladungen, die Kleiderorgien, Tortenschlachten, Musikmarathons et cetera. Das Schöne ist: Am Ende, ganz am Ende, wird alles gut! Aber momentan stehe ich ganz am Anfang …
Derzeit habe ich, ehrlich gesagt, nur eine einzige Aufgabe – abgesehen von Milch abpumpen, Schnuller suchen, Fläschchen geben, Windeln wechseln, Kind beruhigen, Kind bespaßen, Kind zum Einschlafen bringen, nett zu Lucas sein, nett zu den Schwiegereltern sein, nett zu meiner Mutter sein – die allerschwierigste Aufgabe aller Zeiten, denn ihr wisst ja: Nett ist sie nun mal von Geburt an (ihrer und später auch meiner) nicht. Wie kommt es nur, dass Nettsein – im Vergleich zu Zickigsein – so extrem schwierig ist?
Vom Haarefärben, Nägelmachen oder Neue-Lipglosses-Auschecken will ich gar nicht reden. Das sind alles Kinkerlitzchen im Vergleich zur Challenge (so heißt eine große, kaum zu bewältigende Herausforderung neudeutsch in RTL-Sprech), die da schlicht lautet: Katze, du musst eine Diät finden, die satt und glücklich macht – und trotzdem eine Diät ist.
Tja, das ist mal ne echte Herausforderung, meiner Meinung nach nicht viel schwieriger als die Quadratur des Kreises, die von mir nie kapierte Relativitätstheorie oder der Satz des – wie hieß der noch, der olle Grieche? Damit kann man irgendwelche Winkel in irgendwelchen Dreiecken oder sonst was ausrechnen – wozu man das braucht, habe ich bis heute nicht verstanden und die dazugehörige Formel auch nicht. Und ich sage euch, mein Leben hat auch ohne diese ganze Rechnerei einen Sinn. Hauptsache, ich kenne die Formel für den absolut perfekten BH und weiß deshalb: Je mehr Körbchengröße und je geringer der Umfang, desto sexyer! Das ist die Formel, die einen garantiert weiterbringt im Leben!
Ebenso wie die Erfindung der erfolgreichen Satt-undglücklich-Diät, die wäre meiner Meinung nach (und sicher auch nach der von Millionen anderen Frauen) nobelpreiswürdig. Leider habe ich diese Erfindung nicht gemacht. Aber ich muss abnehmen, schließlich wiege ich noch 75 Kilo! Damit trete ich garantiert nicht vor den Traualtar. Da braucht mir keiner mit inneren Werten und wahrer Schönheit kommen. Von den 75 Kilo gehören fast 20 Kilo gar nicht zur Katze. Da heiraten dann 20 fremde Kilos mit. Nachher ist das noch Ehebetrug oder Bigamie oder so was. Von wegen, die eine, die fettere Hälfte von mir, hat gar nicht geheiratet oder so.