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Urlaubsliebe Bist du reif für die Insel? Hast du dich im Alltag verloren? Dann bist du hier richtig. Lass dich einfangen und verlocken und manchmal ein bisschen verzaubern von diesem Urlaubs-Buch für Verliebte. Es lädt dich ein mitzukommen. Es geht um einen ganz normalen Urlaub, eine Reise in den Süden, auf eine kroatische Insel, abseits von Hotelburgen und Stränden, wo die Bratlinge in der Sonne garen. Es ist keine Reise in ein exotisches Land der Phantasie, sondern in ein ganz konkretes Stückchen Erde, eine Reise, wie sie jede und jeder machen kann, gar nicht so weit weg, für jeden erschwinglich. Aber indem man ihr folgt, weiten sich die Sinne, werden offen für Erfahrungen und Perspektiven, die im Alltag untergehen. Dies Buch ist eine Suche nach dem eigentlichen, dem richtigen Leben, raus aus den stickigen Städten, den künstlichen Beleuchtungen, den verplanten Terminen, den Zwangsjacken täglicher Routine. Es ist eine Suche nach dem einfachen Leben, in offener Natur zwischen Himmel und Erde, eine Suche zugleich nach sich selbst und dem, was wirklich gut tut. Es ist ein fröhliches, poetisches, heiteres, manchmal witziges Buch, in dem man sich wiedererkennt und zugleich Lust bekommt, das Leben und Lieben neu auszuprobieren. Es wurde geschrieben für eine Geliebte und für alle Verliebten, ein Buch, besonders geeignet zum Vorlesen, sowohl in intimer Zweisamkeit wie in abendlichfröhlicher Runde beim Wein.
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Seitenzahl: 241
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für dich
Der Autor:
Wolf Ollrog, Pfarrer, Bonding-Psychotherapeut, Arbeit in freier Praxis. Veröffentlichungen unter anderem: „Nie gesagte Worte“ in: Deutschland und seine Weltkriege (2012); „Aus der Traum. 101 Vorschläge, wie man seine Partnerschaft vor die Wand fahren kann“ (2013); „Ein Quantum Leben. Woher wir die Kraft zum Leben nehmen“ (2014); „Die drei Säulen der Partnerschaft. Was Partnerschaften stabil, ebenbürtig und glücklich macht“ (2015); „Wir müssen endlich reden. Die Partner-Diade – eine einfache Gesprächshilfe für schwierige Themen“ (2016); „Ich hätte dich gebraucht. Nachkriegsgeschichten“ (2017); „Geklopfte Sprüche. Über die Welt, die Liebe und andere unflätige Dinge“ (2019).
Vorweg
Von den Listen
Loskommen
Unterwegs
Ankommen
Ein Kraftplatz
Der Atem der Natur
Nackt
Übers Essen und Genießen
Reden und Streiten
Nächtliche Geschichten
Mücken und Elefanten
Das Wasser
Verlorene und gewonnene Spiele
Bücher? Bücher!
Was für ein Land
Begegnungen
Wind und Wetter
Das singende Dalmatien
Vom Hängenlassen
Solltest du, meine Liebe, ein paar schöne Gedanken gebrauchen können? Dann bist du hier richtig. Du brauchst nur ein wenig Zeit. Komm mit mir! Geh mit mir auf Reisen, lass dich forttragen an jenen guten Ort, wo wir so gern waren, unter die lichte Sonne des Südens, wo die Pinien dufteten und die Zikaden schrillten, wo unergründlich blaues Meer auf dich wartete und nichts dich trieb, nur lockte.
Komm mit auf unsere Trauminsel, auf unsern Traumplatz, wo wir alles baumeln lassen konnten, wo unsere Haut sich wieder glättete und gesunde Bräune anzog, wo wir in der Hängematte schaukelten und dem Tag zusahen, wo wir schöne Gespräche führten, uns köstlich bekochten und mit den Rädern schweißtreibende Ausflüge unternahmen.
Lass dich wieder mitnehmen auf ein paar Ausflüge ins Land der Muße, der Wärme, der unbekümmerten Lebenslust.
Lass dich einfangen durch meine Geschichten, die ich dir erzähle und in Erinnerung rufe. Weißt du noch?
Ich werde dir vertraute Bilder malen, den Duft der Pflanzen wieder aufrühren, das Rauschen des Meeres zu dir tragen, den durch die Kiefern gehenden Wind einfangen und die Sonne auf dich werfen – komm mit!
Was für Tage! Immer draußen! Zu wissen, dass der nächste Tag wieder schön wird! Abends, ohne uns warm anziehen zu müssen, unter freiem Himmel zu sitzen, zu essen, zu klönen, Wein zu trinken! Ach, der Süden! Der Süden ist ein Zauberland. Das Licht ist intensiver, der Himmel größer, die Gerüche und Farben haben mehr Kraft.
Dies Buch ist eine Verführung zum Aufbruch in den Süden, mitten im Alltag, ein Ermunterungsbuch, eine Ansteckung zum Leben, ein Aufputsch-Elixier, wenn dich das Normale einzuschnüren beginnt. Wenn du kränkelst oder Herbsttage dich müde machen. Wenn du älter wirst. Wieder liegt ein Jahr hinter dir und ein neues steht an. Manche glauben, es käme nicht mehr viel, wenn ein bestimmtes Alter über sie kommt, wenn einiges nicht mehr so geht wie vordem. Aber wir wissen: Das stimmt nicht. Es kommt allein darauf an, wie viel Lust wir unserm Leben einhauchen, welche Träume wir haben, welche Lieder wir singen.
Es kommt darauf an, dass wir in Bewegung bleiben. Reisen setzen uns Bewegung. Reisen sind Abenteuer. Reisen sind Antreiber für die Lebensgeister. Reisen bringen unsere Phantasie zum Blühen. Reisen halten uns jung. Die Erinnerung an vergangenen Reisen ruft uns zurück, was in uns steckt. Sie sind Tankstellen für die Seele, Kraftquellen, aus denen wir nachfüllen können.
Ich erzähle dir Geschichten von unseren Reisen in den Süden. Wie ich sie erlebte. Du kannst, du wirst deine Geschichten dazutun. Lass uns zusammen auf Reisen gehen!
Eine Reise beginnt mitnichten mit dem Wegfahren. Sie beginnt mit den Listen. Das Listenschreiben ist eine Tortur, aber nötig. Auf Listen muss festgehalten werden, was alles mit soll. Auf Listen notiere ich auch, was ich auf jeden Fall noch zu erledigen habe. Was ich noch überprüfen und organisieren muss, was noch zu reparieren oder neu anzuschaffen ist. Was ich auf keinen Fall vergessen darf. Listen sollen meinen Kopf entlasten. Aber das tun sie nicht wirklich.
Dauernd denke ich an die Listen. Sie verfolgen mich bis in die Träume. Manchmal wache ich nachts auf, weil mir was eingefallen ist, was noch auf die Liste muss, dann springe ich an den Schreibtisch und kritzele es auf einen Zettel und hoffe. Dass ich es morgens lesen kann.
Die Wochen und besonders die letzten Tage vor der Abreise stehe ich unter Hochspannung. Ich lasse es mir nicht anmerken, aber meine Listen wissen es. Wenn ich am Schreibtisch oder beim Frühstück sitze oder im Haus zu tun habe, sorge ich dafür, dass immer Stift und Zettelblock in greifbarer Nähe liegen. Ich nehme gern einen Block mit verschiedenfarbigen Blättern, weil nicht alles, was ich mir merken möchte, in die gleiche Kategorie fällt. Ich unterscheide sie farblich, aber leider ohne Systematik. Manchmal greife ich mir zum Aufschreiben irgendeinen Fetzen Papier, einen Briefumschlag aus dem Papierkorb, es kann auch schon mal der abgerissene Rand einer Zeitung sein, manchmal sogar ein Stückchen Klopapier, das ist schon vorgekommen, weil, wenn ich nicht gleich notiere, was mir durch den Kopf schießt, es vom Lauf der Dinge weggespült wird – und dann kann mich das Stunden unerträglichen Grübelns kosten.
Dann laufe oder sitze ich die Wege noch mal ab, während derer mir der Einfall kam, wiederhole die gleichen Handgriffe und Verrichtungen, suche nach Eselsbrücken. Das kann mich längere Zeit lahmlegen. Ich finde das bedenklich.
So alt fühle ich mich doch gar nicht. Es fällt mir partout nicht mehr ein, was doch so wichtig war.
Jemand hat behauptet, alles Wichtige käme wieder. Das mag ja meistens zutreffen. Aber meine Geistesblitze fallen manchmal schlicht durchs Raster. Die sind eher wie einige meiner Träume. Im Traum finde ich manchmal geniale Lösungen für verwickelte Probleme. Alles löst sich ganz einfach auf. Wenn ich dann aufwache, sind sie weg und ich liege völlig entnervt da.
Zurück zu den Listen. Natürlich käme ich ohne die Zettel überhaupt nicht klar. Der Urlaub würde ein Fiasko. Letztes Jahr hatte ich ein paar ganz wichtige Sachen vergessen. Die gepolsterte Radlerhose zum Beispiel. Auch das Ladegerät für die elektrische Zahnbürste und im Jahr davor die Schwimmbrille und das Kabel zum Handy-Aufladen.
Fast immer war da noch was, ich weiß es, das wollte ich auf keinen Fall vergessen. Ich hatte es sogar aufgeschrieben!
Das weiß ich. Den Zettel hatte ich an einen sicheren Platz gelegt. Jetzt ist er unauffindbar. Das macht mich völlig kribbelig. Ich werde alt, denke ich. Alzheimer droht. Auch mit Namen habe ich manchmal schon Schwierigkeiten. Wenn das Glück es will, finde ich die Notiz irgendwann nach dem Urlaub wieder.
Wochenlang notiere ich jeden Einfall. Überall habe ich Zettel liegen. Ich erstelle Listen über Dinge, die keinen Aufschub dulden und solche, die ich noch schieben kann. Listen für sehr Wichtiges, für ziemlich Wichtiges, erst mal Zurückstellbares und für Kleinigkeiten. Am unangenehmsten sind Listen über Aufgaben, für die ich erst noch Vorarbeiten leisten muss oder die länger dauern. An bestimmte Sachen muss man sehr langfristig denken, etwa Ausweise überprüfen und gegebenenfalls verlängern, andere darf ich keinesfalls versäumen, Briefe und Emails schreiben, Geld anweisen, die Zeitung abbestellen, das Postsammeln in Auftrag geben, dafür sorgen, dass das Haus gehütet wird, dass die Blumen gegossen werden, dass die Katze versorgt wird.
Wo‘s geht, schiebe ich Unangenehmes auch gern dir zu.
Bestimmte Dinge fallen mir mehrfach ein, sie landen eventuell auf verschiedenen Zetteln. Die vielen Zettel führen zu Unübersichtlichkeiten. Wenn irgendetwas erledigt ist, streiche ich es durch. Wenn es nur halb erledigt ist, streiche ich es nur halb durch. Wenn mir noch etwas Wichtiges dazu einfällt oder wenn etwas mit einem andern Punkt zusammengehört, quetsche ich es zwischen die Zeilen oder an den Rand. Nur auf die Zettelrückseiten darf man nichts schreiben. Kommt aber vor. Manchmal schreibe ich auch mit anderer Farbe oder unterstreiche bestimmte Punkte kräftig, umrande sie, versehe sie mit Ausrufezeichen oder weise mit Pfeilen auf sie hin. Meine Zettel erzählen Ge-schichten. Sie sind nicht bloß Kritzelkladden. Sie gleichen einem Kunstwerk. Vielleicht sollte ich sie einrahmen und ausstellen, die gehen als moderne Kunst durch. Kunst muss man ja nicht verstehen. Man muss sie wirken lassen.
Ganz wichtig ist das Übertragen der Listen in neue Listen, besser sortierte Listen mit anderen Farben, um die Aufmerksamkeit hoch zu halten. Es kommt darauf an, Abgearbeitetes zu eliminieren, Neuhinzugekommenes einzuarbeiten und neue Rubriken aufzumachen. Wenn ich die alten Listen in den Papierkorb pfeffere, ist das ein echt gutes Gefühl. Andererseits zögere ich das Übertragen in neue Listen manchmal auch hinaus, weil es irgendwie besser aussieht, wenn auf einer Liste schon etliches durchgestrichen ist.
Dann kann ich mir sagen: Es geht voran. Mit einer neuen Liste fängt man quasi wieder von vorn an.
Wenn man die Merkzettel und Listen um sich ausgelegt hat, muss man aufpassen, dass im Raum kein Durchzug entsteht.
Weht ein Zettel unbemerkt unters Sofa, ist er verloren. Das kann ich nur vergleichen mit jener Katastrophe, wenn mir nach der Formulierung langer Texte der Computer abstürzt, eh ich abgespeichert habe.
Natürlich habe ich längst auf vielen Reisen zusammengetragene, sorgfältig zusammengestellte und Jahr für Jahr komplettierte Gesamtmerklisten angefertigt, die ich jedes Mal vor einer Reise penibel durchgehe und komplettiere. Es gibt dann noch Unterlisten für Urlaube in warme oder welche in eher kältere Gegenden, für Kurzurlaube, für Kofferreisen, für Flugreisen, und vor allem für die mit unserem Camper.
Jedes Jahr kommen einige Punkte auf den Listen dazu, die notwendig oder wenigstens nützlich gewesen wären und die wir das nächste Mal nicht vergessen wollen oder auch wieder streichen. Jedes Mal nehme ich mir vor, weniger mitzunehmen. Aber meine Listen haben eine versteckte Tendenz zu wachsen statt kürzer zu werden. Ich ahne, dass es irgendeinen geheimnisvollen Zusammenhang zwischen den Wörtern „List“ und „Listen“ geben muss.
Das Listenschreiben ist eine Krankheit unserer Zeit. Ich glaube, früher brauchte man keine Listen. Da reichte der Kopf. Aber unsere Welt wird immer komplizierter und unübersichtlicher. Du kannst dir einfach nicht alles merken.
Jedenfalls gilt das für mich. Mit Listen kämpfe ich dagegen an.
Ein moderner Mensch schreibt seine Listen eigentlich auf den Computer oder trägt sie ins Handy, aber ich bin davon überzeugt: das macht sie auch nicht kürzer. Und nicht überschaubarer. Und dass es Zeit sparte, ist bloß ein Werbegerücht. Es gaukelt einem Ordnung vor, wo eigentlich Chaos herrscht. Da finde ich Zettel einfach ehrlicher. Und handgreiflicher. Sie schauen mich an. Ich arbeite mich an ihnen ab. Ich führe einen offenen Kampf mit ihnen. Ich schließe sie nicht weg. Ich finde meine Zettel irgendwie menschlicher.
Mit unverhohlenem Neid habe ich miterlebt, wie unser Sohn, als er noch als Pfadfinder unterwegs war, auf Fahrt ging. Um seinen Rucksack zu packen, brauchte er kaum 20 Minuten. Einfach phantastisch. Sowohl einfach wie phantastisch. Jedenfalls unerreichbar für mich. Ich träume nur vom einfachen Leben. Die Wahrheit ist: Ich bin noch nie in Urlaub gefahren, ohne auf beiden Seiten vom Pferd zu fallen:
Ich habe zu viel dabeigehabt und irgendetwas vergessen
Jetzt schneide ich erst einmal ein ganz heikles Thema an.
Über das haben wir uns schon x-mal in die Haare bekommen. Aber ich komme nicht drum herum. Gehen wir auf Reisen, ereilt es uns wie ein unausweichliches Verhängnis.
Ich sehe es schon im Voraus auf mich zukommen. Es ist wie bei einer heraufziehenden Grippe. Ich treffe vorbeugende Maßnahmen. Ich zögere sie vielleicht hinaus. Aber dann erfasst sie mich doch. Irgendwie biete ich ihr Angriffsfläche.
Ich kann nichts machen. Das geht mir an die Substanz, und zwar jedes Mal neu, als wäre es das erste Mal. Es ist aber in Wirklichkeit das hundertste Mal. Manche mögen das lächerlich finden. Ich wundere mich, wie sie das hinbekommen.
Für uns ist das ein fettes Problem.
Also worum geht es? Ich will es mal so sagen: Für dich geht es darum, dass du unter Druck stehst und dich bedrängt fühlst. Für mich geht es um das Warten.
Klingelt da was? Ich kann hier nur für mich reden. Aber ich rufe die Welt als meinen Zeugen an: Macht doch mal selbst ein Experiment und geht mit dieser Frau auf Reisen! Ich sage euch, ihr werdet mich verstehen.
Nehmen wir mal an, wir wollten gemeinsam in unsern Sommerurlaub fahren. Das haben wir bei unserer Jahresplanung ausgemacht und mit Datum in unsere Kalender eingetragen. Nehmen wir mal an, wir hätten in unsere Terminplanung alle noch zu erledigenden Arbeiten einberechnet und vereinbart, dass wir an einem Mittwochmorgen losfahren. So war das zum Beispiel in diesem Jahr. Sagen wir um 9 oder 10 Uhr. Oder meinetwegen auch noch um halb 12 Uhr. Jedenfalls noch am Vormittag. Also der Termin steht fest. Mehrfach in den vergangenen Monaten haben wir ihn bestätigt. Wir freuen uns auf unsern Urlaub. Jeder hatte lange Zeit, sich darauf einzustellen, seine Listen zu schreiben, alle nötigen Arbeiten darauf abzustimmen. Jetzt beschreibe ich mal, wie das dann bei uns so abläuft.
Ich muss etwas ausholen. Eh wir in den Sommer aufbrechen, haben wir beide leider noch einige zeitintensive Aufgaben zu erledigen. Ich betrachte es als meine Aufgabe, alles, was den Camper betrifft, zu regeln, ihn startklar zu machen, von eventuell noch nötigen Reparaturen bis zu den erforderlichen oder vorgeschriebenen Überprüfungen (Inspektion, TÜV, Gas- und Dichtigkeitsprüfungen); von der Durchsicht, Pflege und dem Verstauen der Campingsachen bis zum Wasserauffüllen und dem Aufbocken der Fahrräder; vom Beischaffen und Kontrollieren der zahlreichen Utensilien, die man beim Campen so braucht, etwa Werkzeug, Kabel, Ersatzteile, Reparaturhilfen, aber auch Regenschirme, Lutschpastillen und CD’s, Dinge, die uns die diversen Schrankfächer füllen, bis zum Ausrüsten mit Getränken sowie Einkaufen und Verstauen der Lebensmittel. Ich bestelle die Zeitungen ab und gebe das Sammeln der Post in Auftrag. Außerdem mache ich vor dem Urlaub den Garten klar, schneide die Hecken, kürze die Ranken der Laube, mähe die Wiese. Es sind Arbeiten, die organisiert werden müssen. In Urlaub zu fahren ist garte Arbeit. Aber ich erledige sie gerne. Sie steigern meine Vorfreude.
Leider wartet aber noch eine zweite, sehr unangenehme Aufgabe auf mich: die jährliche Steuerklärung, samt Nebenkostenabrechnungen fürs Haus sowie Einordnen und Durcharbeiten verschiedener Loseblattsammlungen (insbesondere die immer neuen Steuerverordungen), das mache ich auch nur einmal im Jahr, immer vor den Ferien. Ich möchte mal sagen: Diese Arbeiten sind das negative Highlight meiner Vorurlaubswochen. Unter 4 Tagen kriege ich es nicht hin. Das Wort Steuererklärung ist mein persönliches Un-Wort des Jahres. Ich sage mir dann immer: Da musst du durch.
Jetzt du. Du bringst das Haus in Ordnung. Du regelst, wer unser Haus während unserer Abwesenheit hütet, schreibst dafür Merkzettel oder sprichst den Gebrauch bestimmter Geräte ab. Du kümmerst dich um die vielen Blumen, dass sie unsere Abwesenheit überleben. Um die Vorräte, dass nichts schlecht wird. Du kümmerst dich um die Wäsche. Du wäscht ununterbrochen, alles was Kleiderschrank und Wäschepuff noch hergeben, wenn du schon mal beim Waschen bist. Ungewaschen soll da nichts herumliegen und hängen bleiben.
Vor allem hältst du Kontakte. Schreibst Emails. SMSn. Telefonierst. Das kann auch länger dauern. Gern würdest du vor den Ferien auch noch alle möglichen Freunde besuchen, weil wir sie jetzt so lange nicht sehen werden. Dir fallen dauernd Sachen ein, die du noch mit anderen besprechen musst.
Und auch du hast nach unserer Verabredung eine parallele, nervige Aufgabe zu erledigen: die Quartals- und manchmal Halb- oder Jahres-Krankenabrechnungen. Das machst du auch nicht richtig gern. Deshalb legst du sie gern erst einmal auf Halde. Da wachsen sie an. Leider gibt es für uns schon einiges abzurechnen, eine Begleiterscheinung des Älterwerdens. Die Doppelung der Beleg-Einreichungen bei der Krankenversicherung und den für uns beide unterschiedlichen Beihilfestellen macht das Ganze zu einem komplizierten Verfahren. Jeder Fehler kann Geld kosten.
Spaß macht das nicht. Da sitzt du ebenfalls tagelang dran.
Das ist purer Stress für dich, zumal du ein ich will mal sagen etwas angegrautes Pappkarton-Ablagensystem betreibst.
Die Zeit vor dem Urlaub birgt also für dich wie für mich ihre Herausforderungen. Natürlich haben wir beide außerdem unsere persönlichen Reisevorbereitungen zu regeln, Stichwort Listen. Anders gesagt: Unsere Reizempfindlichkeit ist im Vorfeld der Reise aufgeraut.
Dabei kämpft jeder mit sich auf seine Weise. Das ist eine Frage der Organisation, der äußeren und noch mehr der inneren. Da sind die Herangehensweisen, vielleicht auch die Begabungen nun mal unterschiedlich verteilt, sehr unterschiedlich.
Was mich betrifft, setze ich alles daran, dass ich schon ein paar Tage vor der Abreise alles erledigt habe. Dass mein Schreibtisch blank ist. Ich will alles geregelt haben, alle Rechnungen angewiesen und alle Post beantwortet haben.
Zu spät dran zu sein, ist mir ein Graus. Ich brauche das.
Wenn ich verreise, muss meine Arbeit getan sein. Ich glaube, das ist ein altes Konzept in mir: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Dabei versuche ich systematisch vorzugehen.
Auch du hast den Anspruch an dich, alles zu regeln, ehe du abreist. Aber du gehst es ganz anders an. Du gehst assoziativ vor. Du folgst dem, was dir ins Auge springt, springst folglich immer mal wieder von einem wichtigen zu einem anderen wichtigen Punkt, der dir gerade noch wichtiger erscheint. Du hast bisweilen Mühe, den Überblick zu halten.
Je näher die Abreise, desto größer der Druck. Die Sachen türmen sich. Deine Listen werden gefühlt einfach nicht kürzer.
Die Zeit schreitet voran. Die letze Woche vor dem geplanten Abreisetermin bricht an. Ich frage immer mal nach: „Na, wie kommst du voran? Wie lange brauchst du noch?“ Das sind natürlich scheinheilige Fragen. Sie klingen anteilnehmend und harmlos. Das sind sie nach vielen Reiseantritten nicht mehr. Es schwingen Untertöne mit. „Ich bin mittendrin“, ist dann deine sibyllinische Antwort. Das ist nicht geeignet, mich zu beruhigen. Auf deinem Arbeitstisch liegen Haufen von Papieren, Briefen, Zetteln, Unterlagen. Wenn ich mal vorbeikomme, finde ich nicht, dass da irgendwas weniger wird und nach Urlaub aussieht.
Ein paar Tage später versuche ich es erneut: „Wie weit“, frag ich ganz zaghaft, „bisten?“ –„Das steht“, sagst du, „in meinen Listen!“ Eine listige Antwort.
Die Tage schreiten voran. Der Abfahrtstermin rückt näher.
Jeder von uns hat sein Schaff. Wir vermeiden erst einmal weitere Gespräche. Das letzte Wochenende vor der geplanten Abreise kommt und geht vorbei. Der Termin steht wie ein Menetekel an der Wand.
Ich runzele innerlich die Stirn. Ich sehe durchaus, wie du kämpfst. Du gehst sehr spät ins Bett, weil du denkst, dann passe mehr in den Tag. Das ist erklärlich, aber ein Irrtum.
Denn folglich stehst du später auf und schaffst am Tage nicht so viel. Am Montag vor der Abreise kann ich meine Unruhe nicht mehr deckeln. Ich ahne zwar, dass weitere Fragen kontraproduktiv sind, aber ich kann es nicht lassen:
„Bekommst du das hin bis Mittwochfrüh?“ frage ich. Du gibst eine undeutliche Antwort. Ich weiß ohnehin: Du bekommst es nicht hin. Der Dienstag ist schwierig. Du musst noch einmal in die Stadt. Du hast im Keller mit der Wäsche zu tun. Du sitzt am PC. Es kommen verschiedene Anrufe.
Mir schwant: Pünktlich kommen wir niemals los. Wie immer. Erneut schaffst du wieder die halbe Nacht.
Es ist Dienstagabend. Ich habe meine Sachen gepackt und im Camper verstaut. Ich habe alles erledigt. Ich bin fertig und startklar. Ich mache mich locker. Wenn ich was vergessen haben sollte, ist es eben so. Wenn’s nach mir geht, können wir wie vereinbart morgen früh losfahren. Von nun an bin ich offiziell im Wartestand. Die Stimmung zwischen uns ist labil.
Innerlich habe ich natürlich längst einen Verzögerungstag eingepreist. Für uns wäre es eigentlich viel besser, wir würden mit dem Zug fahren. Dann gäbe es kein Zuspätkommen.
Das Schmieren der Proviantbrötchen für zwei Reisetage, meine letzte Tat am Abfahrtstag, habe ich schon um einen Tag verschoben. Ich stelle mich auf Donnerstagfrüh ein.
Aber es könnte sich ohne Weiteres auch noch länger verzögern. Die Stunden dehnen sich. Du wuselst durchs Haus. Ich ziehe mich in mein Zimmer zurück, höre schöne Musik und spiele Freecell.
Am Mittwochvormittag gibst du auf meine nun dringlichen Nachfragen diffuse Pegelstandsmeldungen ab: „Ich komme gut voran“ und „Ich bin ziemlich weit“. Ich taxiere ab, ob das morgen was wird. Ich muss irgendwie Tempo in die Lage bringen. Ich besorge schon mal die Brötchen für die Reise und schmiere sie. Dann könnten wir morgen in aller Frühe loskommen.
Am Donnerstagfrüh, nach wiederum halb durchgemachter Nacht, wirst du beinah konkret: „Ich nähere mich dem Ende“, antwortest du mir. Ich regele letzte Dinge, die mir noch in den Sinn kommen, gehe noch mal alle Listen durch. Auch mir fällt noch was ein. Gegen Mittag gibst du bekannt: „Ich denke, ich brauche noch ein, zwei Stunden“. Ich muss das dann aber mindestens mit zwei oder drei multiplizieren, um einigermaßen realistische Werte zu erhalten und ziehe mich wieder auf mein Zimmer zurück. Der Abend naht. Da kommst du und meldest fröhlich, wenn auch ein bisschen gehetzt, du seist fertig. Alles sei verpackt. Es ist jetzt halb 7 Uhr.
Halleluja! Es ist geschafft! Wir können starten. Aber viel Sinn macht es nicht. Lieber gehen wir morgen früh und ausgeruht auf die Piste. Das ist dir recht. Du hast dann doch noch etliches zu tun und bist, wie ich beim nächtlichen Toilettengang mitbekomme, noch die halbe Nacht im Haus herumgegeistert.
Am Freitagmorgen müssen wir dann aber erst noch zur Apotheke und hernach zum Tapen deines in der Nacht angeknacksten Fußes in die Physio-Praxis, aber um halb 10 Uhr, glaub es oder nicht, sind wir dann auf der Autobahn. Es dauert eine Weile, bis ich es realisiere. Beim ersten Halteplatz fahren wir ab, frühstücken genüsslich die nicht mehr taufrischen geschmierten Brötchen und freuen uns auf einen ganz entspannten Urlaub.
Sooft wir auf Reisen gingen, es war, mit unterschiedlichen Nuancen, immer so. Ich schwöre es. Die Beispiele sind Legion. Mit dir kann man einfach nicht pünktlich sein. Dir fällt immer noch was ein, wenn wir gerade losgehen. Manchmal auch was wirklich Wichtiges. Ich stehe gestiefelt und gespornt, du merkst, dass du noch was anderes anziehen musst. Oder dass du noch was mitnehmen musst. Oder dass du noch mal aufs Klo musst. Oder du suchst verzweifelt nach deinen Schlüsseln. Wohlgemerkt: immer erst dann, wenn wir eigentlich gerade weggehfertig sind.
Nehmen wir zum Beispiel an (jetzt wähle ich schon mal ein paar Szenen aus dem Urlaub), wir wollen mit den Fahrrädern eine Tour machen. Nicht weit, vielleicht eine, maximal zwei Stunden. Sagen wir, wir wollen um 4 Uhr loskommen, nach der Mittagshitze. Dann erinnere ich dich um halb 4 noch mal daran, dass wir um 4 Uhr losfahren wollen. Möglichst pünktlich, weil wir nach der Rückkehr noch mal ins Wasser springen wollen. Denn ich weiß aus Erfahrung, du musst Vorbereitungen und Entscheidungen treffen.
Die richtige Kleidung muss gewählt werden, nicht zu warm, nicht zu kalt (ich ziehe immer das Gleiche an, Shorts und T-Shirt). Die Fahrradhose muss untergezogen werden. Es braucht auch die richtigen Schuhe (Leder-Sandalen, Turnschuhe oder Trecking-Sandalen?). Eine Jacke gegen möglichen Regen oder einbrechende Kälte muss vorgehalten werden (obwohl die Sonne vom wolkenlosen Himmel brennt). Es muss jedenfalls auch was Warmes zum Unterziehen mit, ein zweites T-Shirt oder ein Pullover. Und ein Halstuch. Ein Band für die Haare ist erforderlich (wo hast du das bloß wieder hingelegt?), wenn der Wind auflebt oder die Strecke schneller wird. Und Tempotaschentücher zum Austreten hinter die Büsche. Und, nach dem Eincremen, das Sonnenmittel zum Nachschmieren. Natürlich auch die Sonnenbrille sowie das Futteral dafür, wenn man sie mal ablegt. Und das Handy und die Schlüssel, na gut. Geld nimmst du nicht mit; das überlässt du mir. Aber den Plan für die Insel willst du dabei haben, falls wir uns verfahren, obwohl ich inzwischen alle Wege bestens kenne. Auch ein oder zwei Beutel müssen mit, falls wir was einpacken müssen. Und eine volle Flasche Wasser gegen das frühzeitige Verdursten.
Du willst eben für alles gerüstet sein.
Ich verpacke die Sachen in die zwei Satteltaschen, die ich an mein Rad geschnallt habe. Das füllt sie gut zur Hälfte.
Schließlich muss noch das E-Bike präpariert werden. Der manchmal klemmende Akku ist einzusetzen, ebenso das Steuergerät. Der Fahrradhelm muss aufgeschnallt werden.
Dann können wir los. Es geht auf halb 5 Uhr zu.
Man kann sich darauf verlassen: Du fährst erst los, wenn du komplett bist. Du denkst an alle Eventualitäten. Das ist eindrücklich. Ich bin da luschiger. Aber noch eindrücklicher ist für mich, dass dir die Dinge erst nach und nach einfallen.
Erst im Vollzug merkst du, was du brauchst. Ich gebe zu, dass das jetzt ironisch gemeint ist. Mehrmals sind wir abfahrbereit, aber Pustekuchen! Dann fehlt noch was. Nicht selten müssen wir noch mal umkehren. Wenn wir dann endlich so weit sind, muss noch die Nase geputzt werden.
Und auf jeden Fall musst du noch ein zweites Mal aufs Klo.
Ich denke, Hunde können ja auch immer.
Oder nehmen wir mal an (ich schildere jetzt mal eine harmlose Variante), wir wollen zusammen unser Abendbrot richten. Ich mache wie immer den Salat: die Blätter waschen, die Rohkostanteile wie Möhren, Gurken, Zucchini, Kohlrabi, Radieschen, oder was sonst gerade im Hause ist, mit der Reibe kleinraspeln, Tomaten, Äpfel und Obst kleinschneiden, dann den Knobi entblättern und in Scheibchen einstreuen, das Ganze gefällig mit Weißkäse bestreuen und mit Oliven, Kräutern und Körnern garnieren. Außerdem stehe ich dir beim Gemüsewaschen, -putzen und -schnip-peln sowie beim Knoblauch-Schälen und Kleinschneiden zur Verfügung. Ich mache die Vorarbeiten, reiche dir an. Ich mag das. Ich habe zu tun. Ich richte noch den Tisch, decke Geschirr und Besteck, sorge für Getränke. Vielleicht hole ich mir zwischendrin ein kaltes Bier aus dem Laden und süffele es nebenbei genüsslich.
Du stehst derweil im Camper am Herd, dünstest das vorbereitete Gemüse und brätst was Schönes in der Pfanne, Kartoffeln etwa oder Bratlinge oder kochst aus den Resten von gestern eine leckere Suppe. So weit, so gut.
Fast immer bin ich mit meinen Arbeiten eher fertig. Mehr gibt’s für mich nicht zu tun. Na, dann lege ich mich noch ein wenig in den Liegestuhl, schaue in die Welt und harre des Essens. Irgendwann setzen wir uns zum Essen. Aber dann fehlt doch noch der Wein. Dann müssen auch noch die Fenster im Camper geöffnet werden, damit der Dunst abzieht.
Dann fehlen auch noch ein paar Gewürze. Und dann die Kerze. Dann ziehst du dir, weil es vielleicht etwas abendkühl wird, noch schnell was Wärmeres an. Bei der Gelegenheit wählst du noch eine CD aus und stellst uns schöne Musik an. Dann steht aber der Tisch noch nicht gut, sodass wir beide in den Abendhimmel schauen können. Aber es fehlt noch die Solarleuchte, die ein so schönes Licht gibt, wenn es dunkler wird. Jetzt kann ich den Salat auftun. Halt, du brauchst noch Brot dazu, das muss noch geholt und geschnitten werden. Das regele ich schnell. Aber jetzt geht’s los. Wir heben die Weingläser und prosten uns zu. Guten Appetit!
Eine Variante muss ich noch anfügen. Nehmen wir mal an, wir sitzen endlich zum Abendbrot zusammen, nachdem alles angerichtet ist. Mein Hunger ist knurrig. Schon seit Stunden freue ich mich aufs Essen. Alles ist getan. Jetzt muss nur noch der Wein eingeschenkt werden. Da alle Gläser gebraucht und ungespült in der Abwasch-Schüssel stehen, habe ich aus Faulheit (und angesichts meines Hungers) zwei gestern genutzte Gläser hingestellt. Das geht gar nicht.
Für den richtigen Genuss benötigst du frisch gespülte Gläser. Eigentlich hast du Recht. Ich schaue schuldbewusst. Du läufst zum Waschhaus, das ist ja nicht weit, um sie zu spülen. Ich wäre zwar nicht so pienzig und würde auch mal ein gestern benutztes Glas nehmen, damit wir endlich anfangen könnten, aber diese paar Augenblicke kann ich schon noch aushalten. Ich warte und schaue in die Gegend. Mein Magen fühlt sich flau an. Ich fasse schon mal Messer und Gabel zur Probe. Das Spülen müsste eigentlich schnell gemacht sein.
Irgendwie dauert es, beginnt sich zu ziehen. Jetzt muss sie doch zurückkommen, denke ich. Aber du kommst nicht.
Frustriert und gefühlt halb verhungert fange ich ohne dich an. Dann kommst du gut gelaunt zurück. Du hast im Waschhaus jemanden getroffen und dich ein bisschen verklönt.
Ich sage mir immer: so eine ist sie. Reg dich ab. Eine andere habe ich nicht. Und eine andere will ich auch nicht. Aber einfach ist sie nicht.
Du bist mit halben Sachen nicht zufrieden. Du brauchst es, wenn nicht perfekt, so doch komplett. Du denkst an alles.
Ich bin da viel ungenauer. Ich bin aber auch viel schneller, mit allem. Ich setze Prioritäten. Ich brauche für die Dinge nicht so lange. Ich esse auch schneller als du. Du nimmst dir Zeit. Darin bist du mir wirklich voraus. Oder hinterher, wie man will.
Wer mit dir unterwegs ist, sitzt halt öfter auf der Wartebank. Ich muss zugeben: Das fordert mir einiges ab.
Manchmal habe ich das Warten einfach satt, jedenfalls wenn ich nicht weiß, wie lange es dauert. Man kann nichts machen. Ich fühle mich fremdgesteuert.