Eine Wienerin in Sachsen - Manuela Miebach - E-Book

Eine Wienerin in Sachsen E-Book

Manuela Miebach

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Beschreibung

Eine Wienerin in Sachsen - Impressionen über Land und Leute! Nach erfolgreicher Veröffentlichung von Lyrik, Prosa, Theaterstücken und einer Beethovenbiografie präsentiert die Autorin nun ihr neuestes Werk, "Eine Wienerin in Sachsen" - Impressionen über Land und Leute. Hier ein bunter Mix aus Eindrücken entstanden ist, wo selbst die Geschichte Sachsens nicht als trockene Theorie, sondern sehr lebendig - humorvoll - und unterhaltsam beschrieben wird. Ein Buch, das wohlgemixt - eine Art Liebeserklärung an Land und Leute ist! Somit die Autorin in Wort und Schrift ihre Eindrücke - aber ebenso auch ihre Theatererlebnisse in Erzählung von Anekdoten noch einmal Revue passieren lässt.

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Manuela Miebach

Eine Wienerin in Sachsen

Impressionen über Land und Leute

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Prolog

 Es war kein Zufall dass im Mai 2017 ausgerechnet im Lutherjahr meine Wege in dieses wunderschöne Sachsenland führten. Waren doch meine Urahnen väterlicherseits Protestanten, deren Geschlecht nachweislich bis ins 15.Jahrhundert zurückführte, und hugenottischer Abstammung waren, die aus Frankreich vertrieben in das benachbarte Rheinland flüchteten, und wo sich Generationen zu Generation aus unserer Linie ansiedelten. Andererseits waren auch mein Filmauftrag in Leipzig ein Wink des Schicksals, als auch darauffolgende Recherchen über das sehr geschichtsträchtige Sachsenland, welches mich anhielt für längere Zeit meinen Wohnsitz in der ehemaligen Karl Marxstadt, in Chemnitz aufzunehmen. Die Lage war günstig, denn nur sechseinhalb Stunden von Wien, eine Stunde bis Leipzig, Meißen oder Dresden, etwas über eine Stunde in die Goethestadt, und nur knappe vierzig Minuten von Zwickau entfernt, erschien mir Chemnitz als der ideale Ausgangspunkt um überall schnell hinzugelangen. Abgesehen davon dass das wunderschöne Erzgebirge nur zwanzig Minuten von meiner Haustür entfernt, ich neben der sächsischen Schweiz und der Lausitz, in eines der schönsten Gegenden Sachsens, meine so große Wanderleidenschaft fortsetzen konnte. Diese pittoreske Umgebung allein inspirierte mich, über Sachsens Geschichte und Kultur, über Menschen und Natur ein Buch zuschreiben.

 

Mögen vielleicht die Westdeutschen das Sachsenland und insbesondere die sächsische Sprache immer wieder belächeln, so ist sie doch keineswegs ordinär, und es gab durchaus Zeiten als das Sächsische als eine vorzügliche Sprache galt. Denn auch Frau Rat Goethe schickte seinerzeit ihren Sohn Wolfgang nach Leipzig, damit er hier gutes Deutsch erlerne. Viele große Gelehrte und Dichter sächsischer Herkunft schrieben ein vorbildliches Hochdeutsch. Luther hat die Bibel in die „sächsische Kanzleisprache“ übersetzt. Karl May, der eigentlich ein Freiburger war, schrieb literarische Geschichte, und zählt unumstritten zu den bedeutenden Schriftstellern in der Jugendliteratur. Nicht zu vergessen Hegel, Uhland, Lessing, Hauff, Nietzsche und Richter, als auch der Dresdner Erich Kästner, der mit seinem Gedichte „Herz auf Taille“ wohl im sächsischem Sinne ebenso empfand, hier die Treue zu seinem Vaterland prägte, so wie bei allen seinen Dichterkollegen. Des Weiteren sind große Namen der Musikgeschichte mit Sachsen untrennbar verbunden. Heinrich Schütz, Bach, Händel, Wagner, Schuhmann, Carl Maria von Weber und Mendelsohn - Bartholdy prägten die musikalische Welt Sachsens. Zu erwähnen wäre hier auch Christian Gottlob Neefe, der am 5.Februar 1748 in Chemnitz geboren und am 26.Januar 1798 in Dessau verstarb. Neefe wurde schon zu Lebzeiten als Komponist von vielen hoch geachtet und verehrt, und zählte während seiner Bonner Zeit, wohl zu den bedeutendsten Lehrern des jungen Beethovens, dessen Einfluss nicht nur musikalisch, sondern auch geistig und moralisch den großen Meister der deutschen Tonkunst geprägt hatte. Weitere Größen der sächsischen Musikgeschichte aufzuzählen bedarf es einer endlos langen Liste. Dabei ist es nicht die Literatur, die Musik und Kunst allein, die gleiche, ähnliche Maßstäbe gesetzt hat, es finden sich so manche Ebenbürtigkeiten. Der sächsische „Tüftler“ Friedrich Emil Kraus, der die Waschmaschine und viele andere Geräte volksnahe schaffte, steht neben dem schwäbischen Robert Bosch im gleichen Glanz. Und die Leipziger Verleger waren große Leute und bis hinaus in die Welt bekannt. Außerdem zählte Leipzig, Halle und Erfurt, um nur einige zu nennen, durch Jahrhunderte hindurch, zu den bedeutenden Universitätsstädten Sachsens. Zu erwähnen wäre vielleicht auch noch Kanena, welches bei Halle liegt und dem Ort Dieskau gehört, und erst durch den großen Bariton Dietrich Fischer - Dieskau berühmt wurde, dessen Vorfahren den sonst recht geläufigen Namen zur besseren Unterscheidung mit dem Herkunftsort koppelten. Ebenso ein ganz berühmter Schauspieler mit Weltkarriere wie Gert Fröbe wurde im Sachsenland am 25.02.1913 in Planitz, bei Zwickau geboren. Das Sachsenland war also immer schon ein Nährboden des deutschen und des europäischen Geistes - und Kunstlebens. Wo auch bei dem Wort Dresden ich unweigerlich immer wieder ins Schwärmen gerate, allein bei dem Anblick der Brühlschen Terrasse am Elbegestade, und der Zwinger in seiner meisterlichen Architektur, als auch die Oper wie auch viele andere Bauten dieser Stadt, wo man sich zwischen Manierismus und Klassizismus in eine archetektonische Zeitreise begibt. Um noch Naumburg zu erwähnen, zählt es für mich zu eines der schönsten mittelalterlichen Städtchen. Und allein der Dom und die vielen mittelalterlichen Häuser aus dem 14. und 15.Jahrhundert verdeutlichen eine so unbeschreibliche architektonische Pracht, wie sie wohl kaum neben Zittau und Görlitz heute noch zu erleben sind. Alle diese Baudenkmäler wie auch Moritzburg, Augustusburg, als auch das Schloss Pillnitz noch unter August dem Starken erbaut, wie alle anderen nicht erwähnten Schlösser, Burgen und Kirchen sind von unschätzbarem kulturellen Wert, und vermitteln eine Zeitreise durch die verschiedensten Jahrhunderte. Dazu kommt die liebliche sächsische Landschaft, deren Städte sanft eingebettet zwischen Hügeln, Wiesen, Feldern, Weingärten, Flüssen und Seen, und von einer so ungeheueren Schönheit sind, sodass man sein Auge kaum von dieser prachtvollen Landschaft lassen kann, und einem immer wieder die Wege in diese Gegenden zurückführen. Das es das heutige Sachsen nicht mehr sein kann, was es einmal war, ist außerordentlich zu bedauern. Indessen, daran sind nicht die Sachsen schuld, sondern ein Österreicher war es, der unverantwortlich als Preuße eingebürgert wurde, und dann ein nicht wieder gutzumachendes Unglück über Deutschland brachte. Hier auch durch den Krieg Dresden und andere Städte wie Leipzig total zerstört, aber doch naturgetreu nach alten architektonischen Vorlagen zum großen Teil wieder aufgebaut wurden.

 

Ja, es ist ein unheimliches Wunder um dieses Sachsen, und zählt es doch für mich zu den schönsten Kulturlandschaften in Europa. Auch die Leute sind hier sehr gutmütig, zuvorkommend, hilfsbereit, und ein ausgesprochenes fleißiges und tüchtiges Volk. Wo man mir hier als „Zugereiste“ durchaus freundlich begegnet. Natürlich gibt es auch hier Nörgler und Unzufriedene, aber deren Menschlichkeit ist nicht viel geringer als sonst wo auf der Welt. Viele Kriegswirren und politische Machenschaften haben dieses wunderschöne Land durch Jahrhunderte hindurch in Beschlag und in Geiselhaft genommen, und doch schaffte es Sachsen immer wieder seine Freiheit und Eigenständigkeit zu erlangen. Um über die Geschichte Sachsens ausführlicher zu schreiben bedürfte es eines über 3000 tausend seitenlangen Buches. Deshalb habe ich mich darauf beschränkt, in meinem kurzen zusammengefassten Buch über meine Eindrücke zu schreiben. Wo mich insbesondere Figuren und deren Schicksale, wie zum Beispiel über Johann Peter Eckermann, Verehrer und Adlatus von Goethe, über Karl Stülpner, Wildschütz im sächsischem Hochgebirge, als auch über die Gräfin Cosel, die Mätresse des Kurfürsten von Sachsen zu schreiben. Alle diese Figuren verschiedenster Herkunft, Erziehung und Standes, als auch ihre schweren Schicksale haben mich derart bewegt, sodass sie nicht nur eine Inspirationsquelle waren, um hier nicht nur über Glanz und Gloria, als über die Schönheiten Sachsen zu schreiben, sondern über menschliche Schicksale die nicht nur als Einzelfall zu verstehen sind, sondern tausende von Menschen hier erlebt haben. Zu diesen Prolog, Essays und der Prosa sind außerdem auch wieder einige Gedichte entstanden, um der Schönheit der Natur in Wort und Schrift meinen Ausdruck zu verleihen. Alle diese in den letzten Monaten entstandenen Arbeiten sind eine Art Liebeserklärung an dieses wunderschöne Sachsenland, und mögen mir einige Größen und Persönlichkeiten dieses Landes verzeihen wenn ich sie in meinem Buch nicht erwähnt habe.

 

 

 

 

 

Kennen Sie Eckermann?

Die Stadtbibliothek in Chemnitz wurde mein zweites Zuhause und das für ganze zwanzig Euro im Jahr. Meine Spurensuche nach vergessenen und verborgenen literarischen Schätzen versetzte mich nicht nur ins Erstaunen, sondern ließ mich oft sogar ins Schwärmen geraten. Als ich das kleine Büchlein über Johann Peter Eckermann, übrigens dessen „Verbindung mit Goethe“ überaus lebendig und brillant von dem Autor Bernd Dietzel beschrieben wurde, in meinen Händen hielt, war ich von der Figur Eckermann derart begeistert, sodass ich mir erlaube nicht nur den Verfasser zu zitieren, sondern auch den Menschen Johann Peter Eckermann meinen Lesern ein wenig näher zu erläutern. Eckermann ein in sich Zerrissener, aber ein durchaus ehrgeiziger junger Mann, der aus ärmlichen Verhältnissen stammte, und in dem kleinen Nest Winsen an der Luhe, südlich von Hamburg am 21.September 1792 geboren wurde, wuchs in eine Zeit hinein, aus der bedeutende Literaten, Komponisten und Wissenschaftler hervorgegangen sind. Hier dessen beruflicher Werdegang über ein Jurastudium und kleineren Advokatengeschäfte, bis zu wenigen literarischen Publikationen keiner großen Bedeutung beizumessen war. Zunächst versuchte er sich in mehreren Kunstrichtungen, diente nebenbei als Bürodiener um nicht verhungern zu müssen, malte Bilder - beziehungsweise fertigte er Kopien nach berühmten holländischen Meistern an, verfasste Dramen und schrieb weiterhin Gedichte. Er las Dichtung und Wahrheit und den Faust und von seinem wenig ersparten kaufte er sich die bis 1817 schon erschienenen Titel der zwanzigbändigen Goethe - Werkausgabe. Wie sehr müssen Goethes literarische Werke den jungen Dichter in den Bann gezogen haben. Ausdauernd und mit einer gewissen Penetranz näherte er sich seinem Idol, versuchte über geknüpfte Beziehungen Kontakt zu ihm aufzunehmen, schrieb endlose Briefe, und versuchte durch das großzügige Verteilen seines Gedichtsbandes an Bekannte, die sich ihm verpflichtet fühlen sollten, sich einen Zutritt zu dem Heroen zu verschaffen. Goethe der aber eher abweisend allen jungen Dichtern gegenüber stand, manchmal sogar mit sehr abfälligen Kritiken hier bereits begonnene Karrieren vernichten konnte, stand eines neuerlichen Kennenlernens junger angehender Literaten eher skeptisch gegenüber. Doch Eckermann ließ sich nicht abschrecken von all den Vorwarnungen, die so täglich in Dichterkreisen und den literarischen Zirkeln im Umlauf waren, denn er wusste was er wollte - er wollte Goethe! Das diese erste Begegnung in Verbindung mit einem Bewerbungsgespräch für eine ausgeschriebene Stelle, wo daraufhin noch einige folgten, und Goethes vorgeschlagene Probezeit zu einer wilden platonischen Ehe mit Goethe führen sollte, war zunächst nicht vorauszusehen. Und doch gelang es Eckermann sein Idol mit seiner ergebenen und bescheidenen, beinahe naiven Art zu überzeugen. Denn Goethe duldete keinen Widerspruch, erwartete von seinen Mitarbeitern absoluten Gehorsam, ja sogar eine gewisse Unterwürfigkeit, wo Selbstbewusstsein und gar geistige Rebellion den Meister doch eher zur Weißglut gebracht hätten. Neben seinen Mitbewerbern war es Eckermann, der mit seinem überaus brauchbaren Intellekt und guter literarischer, als auch administrativer Allgemeinbildung, aber auch mit seiner Unterwürfigkeit, genau den Vorstellungen Goethes entsprach. Der erfolglose freie Schriftsteller flüchtete sich also in die Obhut Goethes und wurde zu einen Diener seines Herrn der neben niedrigen Arbeiten wie Holz sammeln und Wasser tragen in seiner ganzen Verehrung zu Goethe, sich dann wie Goethes Zauberlehrling fühlen durfte. In dieser ersten Zeit war er glücklich bis ins Euphorische. Könnte man Eckermanns Verehrung und Zuneigung zu Goethe, seine gesamte Verhaltensweise, ebenso auch mit der Anton Schindlers vergleichen, der als Adlatus von Beethoven sich in dessen Dienste auch total unterzuordnen wusste, und die Launen und Wutausbrüche des Meisters geduldig, und in totaler Unterwürfigkeit unentgeltlich erduldete ohne jeglichen Widerspruchs. Der Diener seines Herrn wie Eckermann verstand es ebenso sich unterzuordnen und ohne großen Widerspruch die Anforderungen und Wünsche seines Ideals und Vorbilds zu erfüllen. Der Künstler Eckermann wusste Goethes Kunst zu schätzen, ohne es mit seiner eigenen Kunst zu etwas zubringen. Aber auch Goethe erkannte die vielen Talente und Vorzüge dieses jungen Mannes, indem er ihn mit archivarischen und geschäftlichen Aufgaben vertraut machte, die ihn selbst aufgrund seines bereits hohen Alters überfordert hatten. Mit all diesen Aufgaben sollte Eckermann bis zu Goethes Tod und darüber hinaus gut zu tun und wenig zu verdienen haben. Eckermann wurde des Weiteren von Goethe aufgefordert, für die Zeitschrift Kunst und Alterthum Rezensionen zu schreiben, die neueste Literaturentwicklung zu verfolgen, und über Neuerscheinungen und ihre Autoren zu informieren. Außerdem riet er ihn Englisch zu lernen, um die nach Weimar reisenden Engländer deutsche Literatur und Stil zulehren. Und obwohl er gut dotierte Angebote erhielt, für ausländische Zeitschriften zu arbeiten, um über Weimar und die deutsche Literaturszene zu berichten, so war es doch Goethe der ihn davon abriet und er möge sich doch nicht verzetteln, natürlich in dem Eigennutz den Diener seines Herrn in seiner Nähe zuhaben. Und Eckermann gehorchte, denn er war der Sohn der sich, um geliebt zu werden, gern und jederzeit zum Instrument seines so verehrungswürdigen Geistvaters machen ließ. Er ließ sich auf Goethes Anforderung sogar die Haare scheiden und akzeptierte alle Skurrilitäten des alten Greises, indem er bevor er das Zimmer Goethes betrat schnell die Brille abnahm, denn Goethe mochte keine Brillen. Schon gar nicht, wenn sie jemand im Gesicht trug. Denn Goethe selbst brauchte zeitlebens keine Brille da er an Anisometropie litt und demnach auch bei anderen keine Brille duldete. Eckermann vom Schicksal nicht überreich beschenkt worden, mit einem beinahe „weiblich anschmiegsamen“ Charakter der schon lang am Rockzipfel des Geheimrates sich in die Abhängigkeit Goethes begeben hatte, war fleißig und ehrgeizig, und er war glücklich darüber wenn er von seinem Herrn und Meister ein Lächeln dafür erntete. Er erhielt Brotsamen, um nicht zu verhungern, aber kein Gehalt, und doch entschädigte ihn die Nähe zu Goethe für vieles. Und wenn Eckermann in seiner bescheidenen Wohnung saß, wo seine einzigen Wegbegleiter, die bunten Vögel die in den Käfigen zwitschernd unruhig hin - und herflatterten, während er die Tisch - und Arbeitsgespräche zwischen ihn und Goethe niederschrieb, so konnte sich der Heroen zumindest darüber freuen, dank Eckermann auch nach seinem Tod veröffentlicht zu werden.

 

Goethe wusste, wie weit er gehen konnte, um Eckermann zu benutzen, ohne dass er sich benutzt vorkam, denn umgekehrt wurde Eckermann auch von Goethe protegiert. Hier zeigte er sich fair mit einem gesunden Egoismus. Denn die Beziehung Goethe - Eckermann war nicht nur eine Zweckgemeinschaft, in der auf der einen Seite ein Jünger seinen Meister huldigte, auf der anderen Seite ein Meister das Gefühl genoss, angebetet zu werden. Die Zweckgemeinschaft war auch - wie so oft unter Männern eine Trinkgemeinschaft. Aber auch Ruhe und Besinnung fanden beide indem sie mit der Kutsche ausfuhren, um sich den Wind um die Nase wehen zulassen und es genossen, dem kleinstädtischen Treiben in Weimar entfliehen zu können. Hier konnten beide sich zurücklehnen, was im Haus am Frauenplan sonst nur dem Meister erlaubt war. Beide, Goethe und Eckermann, wurden alt und älter, und Eckermann glich sich seinem wortgewaltigen „Freund“ immer mehr an, bis zu Goethes Tod und darüber hinaus. Nach Goethes Tod verfasste Eckermann die berühmten Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, die unser Goethebild bis heute prägen. Erwähnte aber in seinen Schriften über Goethe in keiner Weise das dieser besonders mit zunehmendem Alter häufig an depressiven Zuständen litt, und das auch er trübe Stunden hatte, oft übelgelaunt war, und aus nichtigen Gründen Streit anfing und zu Wutausbrüchen neigte. Der Goethepapagei wie einige böse Zungen ihn bezeichneten hielt es mit der Wahrheit nicht sehr genau. Für Eckermann war Goethe ein Gott und Heiliger zugleich - ein Heiliger der ohne Makel und reinen Herzens und Verstande war. Zwei Jahre später nach Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens veröffentlichte Eckermann ebenso über Brockhaus einen Gedichtsband der 1838 erschienen, aber kein Erfolg wurde. Sehr treffend war hier auch die Aussage von Raoul Auernheimer, der Wiener Autor und Neffe von Theodor Herzl der schrieb: zu den seltener gewürdigten verdiensten Goethes um die deutsche Literatur, das er Eckermann auf die behaglichste Weise am Dichten hinderte.

 

Was wäre aus Eckermann geworden wenn Goethe nicht gewesen wäre? Eckermann eine tragische Figur der immer im Schatten Goethes stand. Er der sein ganzes Leben lang alles richtig gemacht zuhaben glaubte und am Ende einsam und verkannt war. Ob hinter diesen durch Fleiß und Ehrgeiz getriebenen Emporkömmling nicht ein größeres literarisches Potential gesteckt haben mag, oder ob er nur der Diener am Text - als autorisierter Gedankenchronist, der sich als Goethes zweite Hand und drittes Auge verdient gemacht hatte, dies wäre noch zu erforschen.

 

Doch Wenn man von Goethe nicht mehr spricht welches in der heutigen Zeit immer mehr zu beobachten ist - denn wer liest heute noch Goethe - wo die Gesellschaft doch weit entfernt vom kulturell geistigen Niveau des 19.und 20.Jahrhundert. Wer kennt also schon Eckermann, wenn man heute nicht einmal mehr Goethe liest und sich mit dessen ruhmreichen Leben niemals auseinander gesetzt hat. Ich muss gestehen, dass ich den jungen vom Schicksal Gequälten selbst aus meinen Gedanken verdrängt hatte, und erst durch Zufall in der Chemnitzer Bibliothek Eckermann mir wieder ins Gedächtnis gerufen wurde. Damals berührte mich sein Schicksal weniger als heute - denn ich kenne die ganzen Demütigungen junger Autoren gegenüber. Und selbst wenn ich Eckermann literarisch neu gebäre um ein Buch über ihn zuschreiben - es würde kein Mensch lesen - in dieser verdammt gottlosen, geistlosen und schnelllebigen Welt!

 

 

 

 

Johann Peter Eckermann

 

 

Dresden - das Elbflorenz Sachsen

Sachsen ist nahe am Wasser gebaut, obwohl selbiges immer wieder einmal über die Ufer tritt. Es ist das Land der vielen Flüsse, wo geschmeidig die Elbe an Dresden vorüber gleitet, die sich zuvor durch die Sächsische Schweiz windet, was sowohl Canaletto als auch Caspar David Friedrich zum Malen inspiriert haben. Zunächst passiert die Elbe Bad Schandau, dann das entzückende kleine Städtchen Pirna, deren Landschaft und Umgebung nicht minder pittoresk, wo sich dann in Dresden, Prießnitz und Weißeritz mit der Elbe vereinigen. Von der fünfhundert Meter langen, und wohl berühmtesten Flaniermeile Dresdens haben wir einen traumhaft schönen Blick auf die Elbe. Der Brühlsche Garten, auf der Terrasse ist mein Lieblingsplatz. Schon Goethe soll, über die Aussicht vom „schönsten Balkon Europas“ begeistert gewesen sein. Mächtige Platanen wiegen sich hier sanft im Wind und im Delphinebrunnen plätschern Wasserfontänen. Ein Denkmal aus Edelstahl ehrt den Maler Caspar David Friedrich, dessen Meisterwerke unweit im Albertinum zu bewundern sind. Wiesen und weiße Strände des Flussufers entlang laden zum Verweilen ein. Im Sommer ist es hier besonders schön, wenn man von hier aus die Flussschiffe, die über das Wasser sanft dahin gleiten, beobachten kann. Italienisches Flair ist hier überall spürbar – ebenso als ich mit Ehrfurcht vor das Opernhaus von Gottfried Semper trete, welches in den Jahren 1871 – 1878 ganz im Stil der italienischen Hochrenaissance gebaut wurde. Weiter flaniere ich von dem Theaterplatz hinüber zum Zwinger, wo ich in der barocken Hofanlage, vorbei an dem französischen Pavillon, über eine Freitreppe hinaus, in das Nymphenbad gelange, welches bei den Touristen weniger bekannt, aber einen Betrachter durchaus ins Erstaunen versetzt. Bei glühender Hitze ist es hier besonders angenehm, da durch die diversen Fontänen des barocken Brunnens mir hier ein wenig Abkühlung verschafft wird. Es ist eine ganz eigene Welt der ich hier begegne, verträumt und verspielt, wo ich meine Seele baumeln lassen kann, weit entrückt von dieser Welt. Freundlich hell erstrahlen die Nymphen im Sonnenlicht. Schöne Frauen in Sandstein gehauen, flankieren das Badebecken. Rechts in den Nischen entledigen sich acht steinerne Damen anmutig ihrer Gewänder. Links stehen ihnen acht weitere Nymphen gegenüber, die bereits gebadet haben und sich graziös in Tüchern hüllen. Welch eine Anmut - die hier durch die künstlerische Hand des Bildhauers Balthasar Permoser entstanden ist. Der Meister seiner Kunst hier ebenso auch für die über 600 Putten im Zwinger verantwortlich war, die zwischen 1709 – 1732 in seiner Werkstatt entstanden sind. Was für eine barocke Kunst - in seinen Skulpturen wird der Schwerpunkt weiblicher Sinnlichkeit verdeutlicht sodass man ins Schwärmen gerät. Über hundert Jahre lag das Nymphenbad in einem sogenannten Dornröschenschlaf, mit Rosenhecken und Ranken zugewuchert, bevor es Anfang des 20.Jahrhunderts wieder freigelegt wurde. Denn es galt in der Biedermeierzeit als nicht schicklich, Frauen im öffentlichen Raum nackt darzustellen - was für eine Prüderie! Eine Stunde verweile ich hier an dem ruhigen sinnlichen Ort, als es mich eines guten Kaffees dürstet, und ich mich in das Café alte Meister begebe, welches gleich durch die Glastüre der Gemäldegalerie zu betreten ist. Hier hört man so gut wie keine Straßengeräusche, wenn man sich in dem Außenbereich in der warmen Jahreszeit, zwischen sonnigen Plätzen und schattiger Kühle unter Sonnenschirmen begibt. Auch hier ist alles besinnlich und anschaulich, und Gedanken schwirren mir durch den Kopf, wie es wohl Carl Maria von Weber in dieser wunderschönen Stadt ergangen sein muss. Dessen Statue sich unmittelbar des Theaterplatzes befindet, und der hier zehn schöpferische Jahre als Komponist und Kapellmeister in diesen so heiligen Hallen des Opernhauses gewirkt hat. Mag es ihn auch ein schwacher Trost gewesen sein, dass seine Oper Der Freischütz als letzte vor der Kriegszerstörung (13.Februar 1944) und wieder als erste Vorstellung bei der Neueröffnung (13.Februar 1985) aufgeführt wurde. Wie viele Theatergrößen haben diesen Musentempel in den letzten Jahrhunderten betreten? Diese alle aufzuzählen, abgesehen von Richard Wagner und Felix Mendelsohn Bartholdy, sind hier in diesen kurz zusammengefassten Impressionen über Land und Leute, wo ich meine Reiseerlebnisse, doch eher zusammengefasst, auch über Sachsens so glorreiche Geschichte erzähle, es also auch kaum möglich gewesen wäre, aufgrund meines relativ kurzen Aufenthalts, weitere Recherchen zu betreiben. Denn um dieses wunderschöne Sachsenland und insbesondere auch Dresden zu erforschen, bedarf es vieler Jahre. Doch zu meiner Beruhigung haben schon zahlreiche Forscher und Autoren mehrere Bücher darüber veröffentlicht, dessen es meiner mühsam wäre hier weitere Aspekte zu erläutern. Somit bleibe ich doch dem Erlebten treu, um meinen Leser und Leserinnen das Sachsenland ein wenig näher zubringen.