Einfach gesagt. - Diego Bernardini - E-Book

Einfach gesagt. E-Book

Diego Bernardini

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Beschreibung

Es gibt Menschen, die das Internet begreifen, aber ihre Erkenntnisse nicht in einfache Worte fassen können. Und es gibt Diego Bernardini, der sich der Aufgabe verschrieben hat, Laien zu Wissenden zu machen, ohne dabei belehrend zu wirken. Zu diesem Zweck verfasst er Kolumnen, in denen er das grenzenlose World Wide Web so anschaulich und abschließend beschreibt, als wäre es eine kleine Privatbibliothek. Als Buch zusammengefasst, entfalten die Kolumnen eine ganz neue Qualität: Sie zeigen, dass man über jedes noch so trockene Thema schreiben kann, wenn man denn schreiben kann.

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Für alle, die das Einfache mögen.

Grossen Dank an Sabine Schranz (Buchgestaltung), Daniel Schranz (Umschlag), Lukas Schmid (Klappentext) und Thomas Stichler (Lektorat).

Inhaltsverzeichnis

Iu-sa-bi-li-ti!

Und jetzt auf Deutsch, bitte.

Entrüstungssturm.

Schnell, einfach, erfolgreich.

Bilderflut.

Vertrauen.

Vertikal scrollen.

Inhalte, Inhalte, Inhalte.

Das paradoxe Beispiel.

Bitte das Internet abschalten.

Kaputtes Internet.

Von der Komplexität der Einfachheit.

Heidi, lass dein Haar herunter!

DOA: Dead-On-Arrival.

Dinosaurier.

Autopilot.

Funktioniert das noch?

Einfach falsch.

Dienstleistung? Nö!

Sex und Traffic, das Marketing und die Apps.

Herr, die Not ist gross!

Suchmaschinenfetischismus: Optimiere mich!

Und niemand interessiert sich.

Und niemand interessiert sich: Nachtrag.

Weil einfach einfach einfach ist.

Die Lösung der Suche ist das Problem.

Size matters überhaupt nicht (immer).

Schar·la·tan, Schar·la·ta·nin.

«Nö, ich will das aber so!»

Die Wählscheibe: einfach geil!

Die Schlange und ihr Schwanz.

Das Handgelenk, das Internet und die Suchmaschine.

Ist Bequemlichkeit gefährlich?

Keine Frage? Falsche Frage!

«Animierter Mist» und andere Schönheiten.

Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.

So optimiert man Websites für Suchmaschinen – Teil 1

So optimiert man Websites für Suchmaschinen – Teil 2

Kolumnen. Erregungen und Fachartikel.

Die Inhalte dieses Buches wurden zwischen 2012 und 2018 in Fachpublikationen und – jeweils in voller Länge – auf dem Blog «Einfach gesagt» (https://blog.dbx.ch) publiziert.

Es versteht sich von selbst, dass einige Meinungen und Provokationen zum Zeitpunkt der Buchpublikation inzwischen von der Realität eingeholt worden sind.

Die Texte wurden für das Buch stilistisch leicht überarbeitet.

Allen Texten ist das Anliegen gemein, komplexe Sachverhalte möglichst einfach zu erklären.

Viel Spass beim Lesen!

Iu-sa-bi-li-ti!

Dieser Anglizismus ist für die deutsche Sprache eine Frechheit sondergleichen. Noch umständlicher aber ist die Übersetzung in «Benutzerfreundlichkeit». Man stolpert in diesem beachtlichen deutschen Wort über acht Vokale und bricht sich wörtlich die Zunge daran. Die Komplexität des Ausdrucks widerspricht der Intention seiner Bedeutung.

Die Diskussionen, Konzepte, Strategien und Ausführungen um den Begriff und das Wesen der «Benutzerfreundlichkeit» oder der «Gebrauchstauglichkeit» im Web sind indes seit jeher ausgesprochen wichtig und haben im Laufe der Zeit zu besseren – weil einfacheren – Websites geführt. Dennoch geht es im Internet eben nicht nur um die Einfachheit von Webauftritten, sondern in erster Linie um die Erbringung von Dienstleistungen. Und nicht nur daran hapert es leider vielerorts.

Auf einer Baustelle in Norddeutschland las ich vor Kurzem auf einer Bautafel: «Unsere Website informiert Sie detailliert über den Baufortschritt.» Das nahm ich wörtlich und habe voller Vorfreude den abgebildeten QR-Code gescannt und mit dem Mobiltelefon die Website aufgerufen.

Und dann war ich sprachlos.

Die Seite war erstens für mobile Endgeräte optimiert, sie erklärte zweitens, was da gebaut wurde und warum, zeigte drittens den momentanen Stand der Arbeiten auf den Tag (!) aktualisiert an und stellte viertens eine Kontaktperson für weiterführende Informationen vor.

Nachdem ich die Sprache wiedergefunden hatte, klickte ich auf die Telefonnummer. Der Herr am anderen Ende der Leitung freute sich gleichermassen ob meines Anrufs wie ich mich über seine Website. Dass ich nur die Hälfte des Telefonats verstanden habe, hat einzig mit der plattdeutschen Sprache zu tun. Die ist bekanntlich alles andere als einfach.

Und jetzt auf Deutsch, bitte!

«Wir müssen … Webstandards …, weil … Semantik und Accessibility zu einer verbesserten User Experience … die Usability, welche über … Information Architecture getragen … Das würden … in Wireframes bzw. Mock-ups … und … später im Layout … Prototyping erwacht … Interaction Design … eigenem Leben … gecodet … HTML5 mit Serverside … dann Proxy-Server … Hier scrollen. Damit wir … konzepten … onsite … Search Engine Optimization und … off-site … Marketing … Folglich Social-Media … blabla …»

Mein Kunde schaute mich nach diesem unendlichen, mit gefühlten achttausend Fremdwörtern gespickten Monolog des Seminarleiters mit grossen und ungläubigen Augen entgeistert an. Weil ich ihm nicht leise helfen konnte, ohne die anderen Teilnehmer zu stören, schrieb ich auf seinen Notizblock in fetter Schrift: «Das geht einfacher. Und auf Deutsch.» Wir schmunzelten.

Warum Referenten und Manager bei Besprechungen und Präsentationen oft ausschliesslich eine komplizierte Fachsprache bemühen, ist mir ein Rätsel.

Eine Idee oder ein Konzept müssen in einem einfachen Satz und auf Deutsch zu erklären sein. Alles andere ist Blödsinn. Selbstverständlich lässt sich diese Regel nicht immer anwenden, aber der Wille zur Vereinfachung und zur eigenen Sprache sollte bei jedem Referenten vorhanden sein: der Sache und den Zuhörern zuliebe.

Wenn ich es eines Tages nicht mehr schaffe, meinen Kunden in einfacher Sprache zu erklären, wie man Internetseiten zu gestalten hat, damit diese gern besucht und schnell gefunden werden, beende ich die Beratertätigkeit und suche ein Kloster für den inneren Frieden auf.

Die deutsche Sprache ist zu schön, um sie dem Englischen zu opfern. Und die Inhalte meines Berufs sind zu faszinierend, um sie hinter Fachausdrücken zu verstecken.

Entrüstungssturm.

In der digitalen Welt heisst ein solcher Sturm «Shitstorm» – ein Begriff, der von Sascha Lobo (dem einzigen Punk des gesellschaftskritischen Internets) mit dem Zusatz «aggressives Brainstorming» versehen wurde. Es liegt nicht in meiner Natur, englische Fachwörter im Raum bzw. in der Kolumne stehen zu lassen – aber der Verlag würde mir das übersetzte Sch-Wort zu Recht mit dem Hinweis auf den Respekt gegenüber den werten Lesern streichen. Beim Brainstorming hingegen handelt es sich nach Duden um ein «Verfahren, durch Sammeln von spontanen Einfällen die beste Lösung für ein Problem zu finden».

Bleiben wir bei dem Sch-Wort und dem Respekt. Was beim Autofahren die Windschutzscheibe und damit einhergehend das Gefühl, in einer privatsphärlich geschützten Eierschale zu sitzen, ist im Internet der Bildschirm. Hinter dem Monitor zu hocken, bildet man sich gerne ein, erlaubt einem, in aggressiver Stimmung (wie beim Stinkefingerzeigen im Auto) seinem Unmut freien Lauf zu lassen – geschützt von der Eierschale.

Die Schale aber dient einem einzigen Zweck: Sie ermöglicht das Leben des Kükens und wird beim Schlüpfen zerstört; es ist folglich unumgänglich, den eigenen Schutz preiszugeben, um auf die Welt zu gelangen und zu leben.

Für uns bedeutet dies nichts weiter, als dass nur dann eine Meinung im Internet berechtigt ist, wenn sie persönlich adressiert wird und der Adressant sich zu erkennen gibt. Im Schutze einer löchrigen Anonymität zu wüten und zu «shitstormen», ist einer vermummten Demonstration gleichzusetzen.

Und das ist respektlos (und in der realen Welt im Übrigen völlig zu Recht illegal).

Schnell, einfach, erfolgreich.

Beim Siegeszug der Eisenbahn im 19. Jahrhundert warnten Wissenschaftler davor, die hohen Geschwindigkeiten seien – damals fuhren die Eisenkolosse mit rasanten 30 km/h durch die Gegend – für Passagiere gefährlich. Man sprach von der «Eisenbahnkrankheit», die zu Gehirnverletzungen oder zum Erstickungstod führen könnten. Zum Glück haben sich die Befürchtungen von damals nicht bewahrheitet.