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Die neue Praxis Dr. Norden - So war es nicht geplant, doch Dr. Danny Norden betrachtet es als Chance. Äußere Umstände zwingen ihn zu einem Neustart. Und diesen nimmt Danny tatkräftig in Angriff, auch, wenn er mit Abschied, Trennung, Wehmut verbunden ist. Dr. Danny Norden praktiziert jetzt in seiner neuen, modernen, bestens ausgestatteten Praxis. Mit Kompetenz, Feingefühl und Empathie geht er auf seine Patienten zu und schafft ein Klima, das die Genesung fördert: eben Dr. Danny Norden, wie er leibt und lebt, und er wird immer besser! »Tut mir leid, Sophia, ich muss los, ein Wohnungsbrand in der Beethovenstraße. Sagst du bitte Daniel Bescheid«, bat Lydia ihre Kollegin, als sie die Nachricht auf ihrem Handy erreichte, dass die Feuerwehr ausrücken musste. »Alles klar, pass auf dich auf.« »Das mache ich doch immer«, versicherte ihr Lydia. Sie eilte in das Garderobenzimmer neben der Praxisküche, holte ihre Jacke und ihre Handtasche und verließ im Laufschritt die Praxis. »Brennt's?«, fragte eine ältere Frau im grauen Kostüm, die aus dem Wartezimmer kam, auf dem Weg ins Sprechzimmer war und Lydia davoneilen sah. »Nicht hier bei uns, Frau Leinberger«, antwortete Sophia Daniels Patientin, die in der Nachbarschaft wohnte. »Wie beruhigend«, murmelte Frau Leinberger, die sich offensichtlich etwas genauere Informationen versprochen hatte. Ja, es ist beruhigend, dachte Sophia, als Frau Leinberger weiterging. Sie hatte von Lydia gelernt, niemals den Brandort preiszugeben, um den Ansturm von Neugierigen zu vermeiden. Feuer übte auf viele Menschen eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus, manche faszinierte das Feuer an sich, andere waren einfach nur sensationslüstern. Sophia war es gewohnt, dass Lydia als aktives Mitglied der Feuerwehr hin und wieder überraschend die Praxis verlassen musste. Die meisten Patienten bewunderten Lydias Engagement bei der Feuerwehr und beschwerten sich nicht, wenn es in so einem Fall mit der Rezeptausstellung oder den Blutentnahmen im Labor ein bisschen langsamer vorwärtsging. Meistens kam Lydia auch nach ihrem Einsatz wieder zurück, was an diesem Nachmittag aber nicht nötig war, da es bereits nach vier war und die Sprechstunde um fünf Uhr endete. In dem Wartezimmer mit den gelben Sesseln und dem dunklen Laminatboden, das durch eine Glaswand von der hellen Empfangsdiele mit dem modernen weißen Tresen getrennt war, saßen nur noch drei Patienten, ein junger Mann und zwei Frauen um die sechzig.
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»Tut mir leid, Sophia, ich muss los, ein Wohnungsbrand in der Beethovenstraße. Sagst du bitte Daniel Bescheid«, bat Lydia ihre Kollegin, als sie die Nachricht auf ihrem Handy erreichte, dass die Feuerwehr ausrücken musste.
»Alles klar, pass auf dich auf.«
»Das mache ich doch immer«, versicherte ihr Lydia. Sie eilte in das Garderobenzimmer neben der Praxisküche, holte ihre Jacke und ihre Handtasche und verließ im Laufschritt die Praxis.
»Brennt’s?«, fragte eine ältere Frau im grauen Kostüm, die aus dem Wartezimmer kam, auf dem Weg ins Sprechzimmer war und Lydia davoneilen sah.
»Nicht hier bei uns, Frau Leinberger«, antwortete Sophia Daniels Patientin, die in der Nachbarschaft wohnte.
»Wie beruhigend«, murmelte Frau Leinberger, die sich offensichtlich etwas genauere Informationen versprochen hatte.
Ja, es ist beruhigend, dachte Sophia, als Frau Leinberger weiterging. Sie hatte von Lydia gelernt, niemals den Brandort preiszugeben, um den Ansturm von Neugierigen zu vermeiden. Feuer übte auf viele Menschen eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus, manche faszinierte das Feuer an sich, andere waren einfach nur sensationslüstern.
Sophia war es gewohnt, dass Lydia als aktives Mitglied der Feuerwehr hin und wieder überraschend die Praxis verlassen musste. Die meisten Patienten bewunderten Lydias Engagement bei der Feuerwehr und beschwerten sich nicht, wenn es in so einem Fall mit der Rezeptausstellung oder den Blutentnahmen im Labor ein bisschen langsamer vorwärtsging. Meistens kam Lydia auch nach ihrem Einsatz wieder zurück, was an diesem Nachmittag aber nicht nötig war, da es bereits nach vier war und die Sprechstunde um fünf Uhr endete.
In dem Wartezimmer mit den gelben Sesseln und dem dunklen Laminatboden, das durch eine Glaswand von der hellen Empfangsdiele mit dem modernen weißen Tresen getrennt war, saßen nur noch drei Patienten, ein junger Mann und zwei Frauen um die sechzig.
Was ist denn jetzt los?, dachte Sophia, als die beiden Frauen aufgeregt zum Fenster stürmten und auch der junge Mann erschrocken aufblickte. Sollten die Flammen des Brandes, der ein paar Straßen weiter ausgebrochen war, schon so hochschlagen, dass sie in der Nachbarschaft zu sehen waren?
»Danke, ich hol mir dann den Hustensaft aus der Apotheke. Auf Wiedersehen, Herr Doktor!«, hörte sie gleich darauf Frau Leinberger rufen, die aus dem Sprechzimmer kam und den Gang entlang stürmte. »Es ist die Wohnung von der Greta Röder, die brennt, und der Rauch zieht in unsere Richtung. Ich muss schaun, dass alle Fenster zu sind«, ließ Frau Leinberger Sophia auf dem Weg ins Wartezimmer wissen. Sie musste noch ihre Jacke holen, die dort an der Garderobe hing. »Schaut ihr nach dem Brand, Elsbeth?!«, hörte Sophia sie in Richtung der beiden Frauen rufen, die am Fenster standen.
»Kann man das Feuer etwa auch vom Sprechzimmer aus sehen? Dann wären die Flammen ja noch viel höher, als es gerade den Anschein hat«, wunderte sich die Frau in dem blauen Dirndl, die sich zu Frau Leinberger umwandte.
»Gesehen hab ich das Feuer noch nicht. Meine Nachbarin hat mich auf dem Handy angerufen und mir gesagt, dass der Rauch in unsere Richtung zieht.«
»Wo genau brennt’s denn?«
»Die Wohnung von der Greta Röder steht in Flammen, hat meine Nachbarin gesagt. Ich muss los«, sagte Frau Leinberger und eilte davon.
»Geh, die Greta, die hat aber auch keine Ruh mehr. Erst stirbt der alte Kranich, Gott hab ihn selig, dann zieht der Sohn in die Wohnung seines Vaters und erhöht die Miete für seine einzige Mieterin, und jetzt auch noch das«, seufzte Elsbeth Gärtner, die im Seniorenheim die Küche leitete. »Wir sollten mal nach der Greta schauen, Godelinde.«
»Freilich, ich wart dann auf dich, wenn ich beim Herrn Doktor fertig bin«, versprach Godelinde Elmsbach, die als Verkäuferin in der Haushaltswarenabteilung des Kaufhauses arbeitete.
»Hoffentlich hat sich Frau Röder rechtzeitig in Sicherheit gebracht«, sagte Sophia, als Daniel zu ihr an den Tresen kam, um sich einen neuen Rezeptblock zu holen. Greta Röder, die vor kurzem 81 geworden war, gehörte zum Patientenstamm.
»Davon gehen wir einfach mal aus, dass es ihr gut geht, alles andere wäre Spekulation«, antwortete Daniel.
»Stimmt, warten wir ab, bis wir mehr wissen. Lydia wurde übrigens zu diesem Einsatz gerufen.«
»Alles klar, dann werden wir wohl allein zurechtkommen müssen.«
»Ich denke, das schaffen wir«, entgegnete Sophia lächelnd und schaute ins Wartezimmer.
»Wer ist der nächste?«, fragte Daniel.
»Frau Elmsbach«, antwortete Sophia, nachdem sie auf die Patientenliste geschaut hatte, die sie auf ihrem Computermonitor aufgerufen hatte.
»Ich übernehme das«, sagte Daniel, als Sophia sich auf den Weg zum Wartezimmer machen wollte.
»Danke«, entgegnete sie, strich den Pony ihres hellblonden Haares aus dem Gesicht und beugte sich wieder über das Keyboard des Computers. Sie hatte gerade damit begonnen, die Befunde der Fachärzte, die einige Patienten im Verlauf der Sprechstunde mitgebracht hatten, in die entsprechenden Patientenakten einzufügen, damit sie Daniel in Zukunft zur Verfügung stünden.
»Frau Elmsbach, Sie könnten jetzt zu mir kommen«, sagte Daniel, als er ins Wartezimmer kam und Frau Elmsbach ihn zunächst nicht bemerkte, weil sie sich aus dem Fenster gebeugt hatte, um die Rauchsäule am Himmel besser verfolgen zu können.
»Das Haus von der Greta Röder brennt, aber das haben Sie sicher schon gehört«, stellte Frau Elmsbach fest, als sie sich aufrichtete und sich Daniel zuwandte.
»Ja, das habe ich gehört«, bestätigte Daniel ihre Vermutung, weil er davon ausging, dass sie ihre Information von Frau Leinberger hatte, die gerade bei ihm war. »Falls Sie dann so weit wären, dann …«
»Ich komm schon, Herr Doktor«, unterbrach sie ihn. Sie zog die blaue Strickjacke mit den weißen Knöpfen glatt, die sie zu ihrer dunkelblauen Stoffhose trug, überprüfte den Sitz des Knotens, zu dem sie das dunkle Haar mit den hellgrauen Strähnen gebunden hatte, und folgte Daniel.
»Hoffentlich springt das Feuer nicht auf die Nachbarhäuser über«, zeigte sich Elsbeth Gärtner, die am Fenster stehen geblieben war, besorgt. »Was denkst du, Tobias?«, fragte sie und wandte sich dem jungen Mann zu, der als einziger neben ihr noch im Wartezimmer war.
»Die Feuerwehr ist längst vor Ort, Frau Gärtner. Das Feuer ist sicher bald unter Kontrolle«, mutmaßte Tobias.
»Mei, du hast recht, Bub, auf unsere Feuerwehr ist Verlass«, stimmte Elsbeth dem jungen Mann zu, der mit ihrem Enkel in die Schule gegangen war und den sie schon seit seiner Kindheit kannte.
Elsbeth gab ihre Beobachtung der Rauchsäule nun auch auf und setzte sich wieder in einen der gelben Ledersessel. »Hoffentlich beeilt sie sich ein bissel«, murmelte sie und schaute in Richtung Sprechzimmer. Sie hoffte, dass sie und Frau Elmsbach die Feuerwehr noch bei ihrer Arbeit vor Ort beobachten konnten.
»Dann muss ich mir also keine Sorgen machen?«, fragte Frau Elmsbach, nachdem Daniel sich den Hautausschlag an ihren Unterarmen angeschaut hatte.
»Ich gehe von einer Allergie aus. Haben Sie vielleicht das Waschmittel gewechselt?«
»Ja, schon, und zwar das Wollwaschmittel.«
»Passt das zeitlich mit dem Ausschlag zusammen?«
»Ja, allerdings, das Ganze fing an, nachdem ich dieses Waschmittel zum ersten Mal eingesetzt hatte. Ich hätt aber nicht gedacht, dass der Ausschlag davon kommt. Auf der Flasche steht doch, dass es klinisch getestet und hautverträglich sei.«
»Für die meisten Menschen mag es hautverträglich sein, aber nicht für die, die eine besonders empfindliche Haut haben.«
»Dann werde ich das Waschmittel wohl besser aussortieren.«
»Das sollten Sie auf jeden Fall tun. Dieses Mal bekommen wir den Ausschlag sicher noch mit einer Salbe in den Griff, aber jeder weitere Kontakt mit diesem Allergen könnte die Reaktion verschlimmern. Wir sollten auch einen allgemeinen Allergietest machen, um herauszufinden, ob Sie auf weitere Stoffe reagieren«, schlug Daniel ihr vor.
»Aber ich hatte bisher keine Allergien.«
»Manchmal entwickeln wir sie erst mit zunehmendem Alter.«
»Das wusste ich nicht«, gab Frau Elmsbach zu.
»Die meisten Allergien lassen sich vermeiden, Sie müssen sich keine Sorgen machen«, versicherte ihr Daniel und reichte ihr das Rezept für die Salbe.
»Danke, Herr Doktor, ich geh dann auch gleich wieder. Ich hab’s ein bissel eilig. Auf Wiedersehen«, verabschiedete sich Frau Elmsbach und verließ das Sprechzimmer.
Elsbeth Gärtner, die nach Frau Elmsbach zu ihm kam und sonst gern und lange mit ihm sprach, war ganz offensichtlich ebenfalls in Eile. Sie erzählte ihm von den Schmerzen im Ellbogen, die sie seit einigen Tagen plagten.
»Ich bin beim Fensterputzen von der Leiter gerutscht und hab mich dabei gestoßen«, sagte sie, als Daniel den Bluterguss an ihrem rechten Arm betrachtete.
Er verschrieb ihr eine Salbe und bat sie, sich eine Überweisung zum Röntgen abzuholen, sollten die Schmerzen nicht innerhalb der nächsten drei Tage deutlich zurückgehen. Sie bedankte sich bei ihm und verließ fast hastig das Sprechzimmer.
Tobias, sein letzter Patient an diesem Nachmittag, studierte im ersten Semester Wirtschaftswissenschaften und wollte sich dem Footballteam der Uni anschließen. Dazu brauchte er ein ärztliches Attest, das ihm bescheinigte, fit genug für diese Sportart zu sein. Daniel untersuchte ihn gründlich und versicherte ihm, dass auch das Ergebnis des Belastungs-EKGs vom Vortag und das Ergebnis der Blutentnahme ohne Befund waren. Nachdem Tobias die Praxis verlassen hatte, ging Daniel ins Wartezimmer und schaute aus dem Fenster. »Das sieht nicht gut aus«, stellte Sophia fest, die aus dem Labor kam, dessen Arbeitsflächen sie nach dem letzten Patienten noch einmal desinfiziert hatte.
»Hoffentlich sieht es schlimmer aus, als es ist«, sagte Daniel und schloss das Fenster. Spätestens morgen würden sie von Lydia erfahren, wie groß der Schaden war, den der Brand tatsächlich angerichtet hatte.
*
Eine Stunde später war der Brand gelöscht. Der Rauch, der aus der Wohnung über den Balkon hinausgezogen war, hatte sich verflüchtigt. Die Feuerwehrleute rollten die Schläuche wieder ein.
»Das war’s, Leute, wir können abrücken«, sagte Thomas, Lydias Freund, der diesen Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr leitete. Er und Lydia hatten sich noch einmal den Brandort abschließend angesehen und sich davon überzeugt, dass keine Gefahr mehr drohte. Genau wie Lydia nahm auch Thomas seinen Helm ab, und beide strichen sich zeitgleich das Haar aus der Stirn.
»Wir sind schon ziemlich synchronisiert«, raunte Lydia Thomas zu, weil ihr diese Übereinstimmung nicht entgangen war.
»Wir passen eben perfekt zusammen«, antwortete Thomas und sah sie mit seinen hellen Augen liebevoll an.
»Ich weiß«, sagte Lydia, legte ihre Hand kurz auf seinen Arm und wandte sich dann den Neugierigen zu, die die Arbeit der Feuerwehr verfolgt hatten. »Hat jemand inzwischen etwas von Frau Röder gehört?«, fragte sie die Nachbarn, die sich auf der Straße vor dem Zweifamilienhaus versammelt hatten.
»Bisher nicht. Ich hab auch schon bei Ela, ihrer Nichte angerufen, die in der Fußgängerzone wohnt. Sie meldet sich aber auch nicht«, sagte Frau Elmsbach, die mit Frau Leinberger und Elsbeth Gärtner in der ersten Reihe der Zuschauer stand.
»Ich glaub, sie ist zum Einkaufen in die Stadt gefahren«, meldete sich eine Frau im roten Jogginganzug zu Wort, die in der Einfahrt zur Garage des Zweifamilienhauses lehnte.
»Sag ihr bitte, dass sie sich bei uns meldet, sobald sie nach Hause kommt, Romy«, bat Lydia die Frau, die ihr braunes Haar weißblond gefärbt hatte, wie an dem nachgewachsenen Ansatz am Scheitel zu sehen war.
»Mache ich«, antwortete Romy, die Freundin von Thorsten Kranich, der das Haus vor einem halben Jahr von seinem verstorbenen Vater geerbt hatte.
Während die Nachbarn ihre Vermutungen über die Brandursache austauschten, sich Gedanken über einen möglichen Kabelbrand, eine durchgebrannte Herdplatte oder ein achtlos in den Müll geworfenes Streichholz, das noch nicht verglüht war, machten, war sich Thorsten Kranich bereits sicher, wie es zu dem Brand gekommen war.
Thorsten, Ende vierzig, in moosgrüner Jogginghose, engsitzendem weißem Hemd und gegeltem dunklem Haar, baute sich mit den Händen in den Hosentaschen vor Thomas auf und erklärte ihm, dass er keinen Zweifel daran hatte, dass Greta für den Ausbruch des Feuers verantwortlich war. »Die gute Frau stellt jeden Morgen und jeden Abend brennende Kerzen ins Küchenfenster. Ich habe sie schon mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Verhalten in ihrem Alter nicht ganz ungefährlich ist, erst recht in ihrem Zustand«, fügte er mit bedeutungsvollem Blick hinzu.
»Was heißt in ihrem Zustand?«, fragte Lydia nach, die dazu kam, weil sie Greta kannte und wissen wollte, was genau Thorsten meinte.
»Es dürfte doch wohl klar sein, was ich damit meine. Die Frau ist doch schon länger nicht mehr ganz bei sich.«
»Wieso ist sie nicht mehr bei sich?«, hakte Lydia nach.
»Dement ist sie halt, das ist ja wohl kein Geheimnis mehr. Ich meine, es ist verantwortungslos, sie in diesem Alter noch allein wohnen zu lassen. Ich habe meinen Vater schon davor gewarnt, dass mal etwas Schlimmes passieren könnte, und jetzt ist es tatsächlich geschehen. Die Alte, ich meine die alte Frau«, verbesserte er sich schnell, »sie hat die Kerzen angezündet und vergessen, sie auszumachen, bevor sie das Haus verließ.«
»Ich denke, wir sollten zuerst mit Frau Röder sprechen, bevor wir ihr unterstellen, den Brand verursacht zu haben«, entgegnete Lydia. Die Knöpfe sind ja gruselig, dachte sie, als sie auf die quadratischen goldfarbenen Knöpfe seines Hemdes schaute. Eine dieser Scheußlichkeiten hatte sich bereits verabschiedet, wie sie feststellte. Einer der vier Knöpfe, die an den Innenseiten der langen Ärmel offensichtlich nur zur Zierde angebracht waren, fehlte.
»Worüber sollte ich mit dieser Frau sprechen?«, gab sich Thorsten überrascht. »Was versprechen Sie sich denn davon? Die Frau kann sich vermutlich nicht einmal mehr erinnern, dass sie Kerzen aufgestellt hat, geschweige denn, ob sie sie gelöscht hat, bevor sie ging.«
»Ich kenne Frau Röder, ich denke nicht, dass sie dement ist«, wies Lydia Thorstens Verdacht zurück.
»Ganz davon abgesehen, was Frau Röder sagen wird, wir werden ohnehin unseren Brandexperten beauftragen, nach der Ursache des Feuers zu suchen«, mischte sich Thomas nun ein, der Lydia zunächst das Gespräch überlassen hatte.