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In seinem Handbüchlein der Moral gibt Epiktet klare und praktische Anleitungen für ein Leben in innerer Freiheit und Gelassenheit. Die stoische Philosophie des Autors bietet präzise Werkzeuge, um widrigen äußeren Umständen mit Abstand und Vernunft zu begegnen. Epiktet, der selbst zahlreiche Krisen in seinem Leben überwand, zeigt, wie wir durch die bewusste Kontrolle unserer Gedanken und Handlungen innere Ruhe finden können. Seine Einsichten können in vielen Lebensbereichen angewandt werden: in zwischenmenschlichen Beziehungen beim Umgang mit persönlichen Verlusten, aber auch bei Herausforderungen im Berufsalltag.
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Seitenzahl: 74
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Epiktet
Handbüchlein der stoischen Moral
Die Anwendung des Stoizismus in alltäglichen Situationen
Copyright © 2024 Novelaris Verlag
ISBN: 978-3-68931-106-3
ERSTER TEIL
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ZWEITER TEIL
1 Worüber wir gebieten und worüber wir nicht gebieten
2 Begehren und Meiden
3 Bedenke das eigentliche Wesen der Dinge
4 Ärger meiden, Haltung bewahren
5 Die Dinge und die Meinungen darüber sind nicht dasselbe
6 Falscher und echter Stolz
7 Der Ruf des Steuermanns
8 Nicht mein Wille
9 Kein Hindernis für dich
10 Gegenkräfte in dir
11 Es gibt keinen Verlust
12 Gleichmut hat seinen Preis
13 Entweder -- oder
14 Falsches und richtiges Wollen
15 Warte, bis du an die Reihe kommst
16 Mitleiden, aber mit Vorbehalt
17 Das Leben ein Schauspiel
18 Über Vorzeichen
19 Der Weg zur Freiheit
20 Beleidigungen treffen dich nicht
21 Meditatio mortis
22 Trotze dem Spott
23 Bleib deiner Maxime treu
24 Helfen ja, aber nicht um jeden Preis
25 Ehren haben ihren Preis
26 Duldsamkeit -- auch wenn es dich trifft
27 Vom Bösen
28 Liefere dich keinem anderen aus
29 Bedenke die Voraussetzungen und Folgen
30 Tu immer deine Pflicht
31 Frömmigkeit
32 Mißbrauche das Orakel nicht
33 Wichtige Lebensregeln
34 Die Herausforderung sinnlicher Lust
35 Tue recht und fürchte niemanden
36 Übe Zurückhaltung
37 Überfordere dich nicht
38 Hüte dich vor seelischem Schaden
39 Zügle deine Ansprüche
40 Die Ehre der Frauen
41 Körper und Geist
42 Wem Beleidigungen schaden
43 Jedes Ding hat zwei Henkel
44 Fehlschlüsse
45 Urteile nicht voreilig
46 Handeln statt reden
47 Bilde dir nichts ein
48 Kennzeichen eines Fortschreitenden
49 Theorie und Praxis
50 Von der Treue zur Philosophie
51 Entscheide dich jetzt
52 Das Wichtigste: die Praxis
53 Kernsätze
Cover
Table of Contents
Text
Einige Dinge stehen in unserer Macht, andere hingegen nicht. In unserer Macht sind Urteil, Bestrebung, Begier und Abneigung, mit einem Wort alles das, was Produkt unseres Willens ist. Nicht in unserer Macht sind unser Leib, Besitz, Ehre, Amt, und alles was nicht unser Werk ist. Was in unserer Macht ist, ist seiner Natur gemäß frei, kann nicht verboten oder verhindert werden; was aber nicht in unserer Macht steht, ist knechtisch, kann verwehrt werden, gehört einem anderen zu.
Deshalb bedenke, daß du Hinderung erfahren, in Trauer und Unruhe geraten, ja sogar Götter und Menschen anklagen wirst, wenn du das von Natur Dienstbare für frei und das Fremde für dein eigen ansiehst. Hältst du dagegen für dein Eigentum nur, was wirklich dein eigen ist, und betrachtest das Fremde als fremd, so wird dich niemand jemals zwingen oder hindern; du wirst niemanden anklagen oder beschimpfen, und nicht das geringste mit Widerwillen tun; niemand kann dir schaden; du wirst keinen Feind haben, und nichts, was dir nachteilig sein könnte, wird dir begegnen.
Willst du nun aber nach so großartigen Dingen trachten, so bedenke, daß du sie nicht bloß mit mittelmäßigem Ernste angreifen, sondern manches gänzlich aufgeben, anderes einstweilen hintansetzen mußt. Wenn du jene Dinge erstrebst, gleichzeitig aber in hohen Ämtern stehen oder reich sein willst, so wirst du wahrscheinlich diese letzteren Güter nur um so weniger erreichen, weil du eben zugleich nach den ersteren begehrst. Ganz sicher aber wirst du dasjenige ganz verfehlen, woraus allein Glück und Freiheit entsteht.
Bemühe dich daher, jedem unangenehmen Gedanken damit zu begegnen, daß du sagst: »Du bist nicht das, was du zu sein scheinst (etwas Reelles), sondern bloß ein Gedankending (eine Einbildung).« Alsdann prüfe nach den von dir angenommenen Grundregeln, besonders nach der ersten, ob es zu den in unserer Macht stehenden Dingen gehöre oder nicht. Gehört es zu den nicht in unserer Macht stehenden, so halte dies Wort bereit: »Es berührt mich nicht.«
Mache dir klar, daß die Begierde das Erlangen desjenigen verspricht, was man begehrt, die Abneigung aber nicht in das hineingeraten will, was verabscheut wird, und daß der, welchen seine Begierde täuscht, unglücklich ist, noch unglücklicher aber der, welcher in das gerät, was er nicht leiden kann.
Wenn du nun bloß das verabscheust, was denjenigen Dingen zuwider ist, welche in deiner Macht stehen, so wird dir nichts, was du verabscheuen müßtest, begegnen können. Verabscheust du aber die Krankheit, oder den Tod, oder die Armut, so wirst du unglücklich werden. Gestatte dir daher keine Abneigung gegen alles, was nicht in unserer Macht ist, und laß sie nur gegen das walten, was der Natur der in unserer Macht stehenden Dinge zuwider ist.
Der Begierde aber enthalte dich vorderhand gänzlich. Denn begehrst du etwas, was nicht in unserer Macht ist, so mußt du notwendig das Glück vermissen; von dem aber, was in unserer Macht ist und was zu begehren sich ziemt, weißt du einstweilen noch nichts. Bei allem Begehren und Verabscheuen wende dich nur sanft und gelassen ab und zu.
Bei allen erfreulichen, nützlichen und daher von dir geliebten Dingen unterlaß nie, dir klar zu machen, wie sie beschaffen sind, und fange hierbei bei den kleinsten Gütern an. Siehst du einen Krug, so sage dir, daß du einen Krug siehst; dann wirst du nicht in Unruhe geraten, wenn er bricht. Umarmst du dein Kind oder Weib, so sage dir, daß du einen Menschen küssest, so wird dir nicht ungelassen werden, wenn er stirbt.
Beginnst du irgendein Werk, so bedenke genau, von welcher Art es sei. Willst du baden gehen, so erwäge zuvor bei dir selbst, was sich alles im Bade zu ereignen pflegt, daß einige sich herausdrängen, andere ungestüm hineinstürzen, einige schimpfen, andere stehlen. Daher wirst du mit größerer Sicherheit die Sache unternehmen, wenn du dir von vornherein sagst: »Ich will baden und dabei meine vernunftgemäßen Entschlüsse behaupten.«
So verfahre bei jedem Werke. Dann hast du, wenn sich während des Badens irgendetwas Hinderndes ereignet, sogleich den Gedanken bei der Hand: »Nicht bloß dieses (baden z. B.) wollte ich, sondern auch meinen freien Willen und Charakter bewahren. Ich würde ihn aber nicht behaupten, wenn ich über das, was hier vorgeht, ungehalten sein wollte.«
Nicht die Dinge selbst, sondern die Meinungen über dieselben beunruhigen die Menschen. So ist der Tod an und für sich nichts Schreckliches, sonst wäre er auch dem Sokrates so vorgekommen; vielmehr ist die vorgefaßte Meinung von ihm, daß er etwas Schreckliches sei, das Schreckhafte. Wir wollen daher, wenn wir von etwas gehindert, beunruhigt oder betrübt werden, niemals andere anklagen, sondern uns selber, nämlich unsere Meinung davon. Seines Unglücks wegen andere anklagen, ist die Art der Ungebildeten, sich selbst, die der Anfänger, noch sich, die der gebildeten und vollständig erzogenen.
Sei nicht stolz auf einen Vorzug, der nicht dein eigen ist. Wenn ein Pferd in stolzer Selbsterhebung sagen würde: »Ich bin schön«, so wäre dies erträglich; wenn du aber mit Stolz sprächest: »Ich habe ein schönes Pferd«, so bist du stolz auf des Pferdes Vorzug. Was gehört dir dabei? Die Denkungsart. Mit Recht wirst du dann stolz sein können, wenn du darin richtig handelst, denn dann bist du auf eine gute Eigenschaft stolz, die wirklich dir angehört.
Bist du auf einer Seereise, wenn das Schiff zeitweise in einem Hafen vor Anker liegt und du aussteigst, um Wasser zu holen, auf dem Wege etwa auch ein Müschelchen oder ein Zwiebelchen auflesen magst, dabei aber stets deine Gedanken auf das Schiff gerichtet haben und fortwährend zurückschauen mußt, ob nicht etwa der Steuermann rufe, und wenn er ruft, alles verlassen mußt, um nicht sonst wie die Schafe gebunden (gleich einem ungehorsamen oder entlaufenen Sklaven) in das Schiff geworfen zu werden, so magst du auch im Leben, wofern dir ein Frauchen oder Kindchen gegeben ist, dich daran freuen; wenn aber der Steuermann ruft, so eile zum Schiffe, verlaß alles, schaue dich nach nichts um.
Bist du schon ein Greis, so entferne dich überhaupt nie mehr weit vom Schiffe, damit du nicht zurückbleibst, wenn der Steuermann ruft.