Er war wie Stahl - Frank Callahan - E-Book

Er war wie Stahl E-Book

Frank Callahan

0,0

Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Rock Dunning verhält seinen prächtigen Rappen und schiebt seinen verbeulten Armeehut in den Nacken. Erst vor wenigen Wochen hat man den ehemaligen Captain der Südarmee entlassen, und jetzt ist er auf dem Wege in seine Heimat, von langer Gefangenschaft zermürbt und müde von tagelangem Reiten. Er hat einen harten Gesichtsausdruck, mag etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein, ging durch viele Kämpfe und erlebte den Krieg in seiner ganzen Härte und Grausamkeit. Doch das liegt hinter ihm – so hofft er wenigstens. Jetzt sehnt er sich nach Ruhe, nach der Geborgenheit des Elternhauses. Er denkt an die kleine elterliche Ranch, die er übernehmen und erweitern will, denkt an Mabel Clark und fragt sich, wie so oft in all den Jahren, ob sie auf ihn gewartet hat. Er hofft es mit dem festen Glauben des Mannes, der sich seine aufrichtige Liebe den ganzen Krieg hindurch bewahrt hat. Sanft streicht er seinem Pferd über den geschmeidigen Hals. »Noch fünfzehn Meilen, Black«, murmelt er frohbewegt dem Tier ins Ohr, »dann haben wir es endlich geschafft. Für mich ein weiches Bett, die Geborgenheit meines Heimes, meiner Familie und meiner Freunde und für dich eine extra Portion Hafer …« Er spricht mit seinem Pferd wie mit einem guten Kameraden. So ist es vielen Reitern eigen, die oft tage- und wochenlang mit ihrem vierbeinigen Freund unterwegs sind und währenddem kaum Menschen begegnen. Rock tätschelt seinem Hengst noch einmal kurz den Hals, und nach einem leichten Schenkeldruck hell aufwiehernd, trabt das Pferd weiter. Der Heimkehrer dreht sich mit geübten Fingern eine Zigarette, steckt sie in Brand und blickt dabei auf den kümmerlichen Rest in seinem Tabaksbeutel. ›Es wird Zeit, dass wir ans Ende dieses Trails kommen‹, denkt er. ›Alles muss doch einmal ein Ende haben und wie oft habe ich diesen Tag herbeigesehnt. Er lehnt sich im Sattel zurück und schließt die Augen, um weiter zu grübeln. Seine Gedanken schweifen voraus. Was wohl Mam und Daddy sagen mögen?

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 138

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Die großen Western – 318 –

Er war wie Stahl

Frank Callahan

Rock Dunning verhält seinen prächtigen Rappen und schiebt seinen verbeulten Armeehut in den Nacken.

Erst vor wenigen Wochen hat man den ehemaligen Captain der Südarmee entlassen, und jetzt ist er auf dem Wege in seine Heimat, von langer Gefangenschaft zermürbt und müde von tagelangem Reiten. Er hat einen harten Gesichtsausdruck, mag etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein, ging durch viele Kämpfe und erlebte den Krieg in seiner ganzen Härte und Grausamkeit.

Doch das liegt hinter ihm – so hofft er wenigstens.

Jetzt sehnt er sich nach Ruhe, nach der Geborgenheit des Elternhauses.

Er denkt an die kleine elterliche Ranch, die er übernehmen und erweitern will, denkt an Mabel Clark und fragt sich, wie so oft in all den Jahren, ob sie auf ihn gewartet hat. Er hofft es mit dem festen Glauben des Mannes, der sich seine aufrichtige Liebe den ganzen Krieg hindurch bewahrt hat.

Sanft streicht er seinem Pferd über den geschmeidigen Hals.

»Noch fünfzehn Meilen, Black«, murmelt er frohbewegt dem Tier ins Ohr, »dann haben wir es endlich geschafft. Für mich ein weiches Bett, die Geborgenheit meines Heimes, meiner Familie und meiner Freunde und für dich eine extra Portion Hafer …«

Er spricht mit seinem Pferd wie mit einem guten Kameraden. So ist es vielen Reitern eigen, die oft tage- und wochenlang mit ihrem vierbeinigen Freund unterwegs sind und währenddem kaum Menschen begegnen.

Rock tätschelt seinem Hengst noch einmal kurz den Hals, und nach einem leichten Schenkeldruck hell aufwiehernd, trabt das Pferd weiter.

Der Heimkehrer dreht sich mit geübten Fingern eine Zigarette, steckt sie in Brand und blickt dabei auf den kümmerlichen Rest in seinem Tabaksbeutel.

›Es wird Zeit, dass wir ans Ende dieses Trails kommen‹, denkt er. ›Alles muss doch einmal ein Ende haben und wie oft habe ich diesen Tag herbeigesehnt.‹

Er lehnt sich im Sattel zurück und schließt die Augen, um weiter zu grübeln. Seine Gedanken schweifen voraus.

Was wohl Mam und Daddy sagen mögen? Wie mag es ihnen gehen? – Er denkt an seine beiden jüngeren Brüder Jim und Tob. Sicherlich sind sie jetzt schon zu richtigen Männern geworden. Doch vor allem kreisen seine Gedanken um Mabel Clark, das Mädchen, das sein Wort besitzt.

Black trabt gleichmäßig dahin, so munter, als hätte er nicht schon unzählige Meilen hinter sich. Da wird Rock Dunning jäh aus seinen Gedanken und Zukunftsträumen gerissen.

Aus einem nahen Gebüsch springt brüllend ein Mann hervor.

Der Hengst verhält von selbst.

Rock spürt die Müdigkeit, die wie ein bleiernes Gewicht auf ihm lastet und verflucht seine Unaufmerksamkeit.

»Keine Bewegung! Streck die Hände hoch!«

Rock bewegt sich nicht. Doch aus seinem Gesicht ist jegliche Müdigkeit gewichen. Er ist jetzt wieder hart und furchtlos, seine grauen Augen blicken gefährlich und wägen seine Chancen.

Während seine Hände langsam in Schulterhöhe gleiten, richtet sich sein geschmeidiger Körper auf.

Seine Augen sind auf den Wegelagerer gerichtet, der ihm nun langsam entgegenkommt und wenige Yards vor ihm stehen bleibt …

Rock blickt in die dunkle Mündung eines abgegriffenen Colts, mustert den Banditen und erkennt sofort, dass er es mit einem gefährlichen Gegner zu tun hat. Und er übersieht nicht das geringschätzige Lächeln, das über die wulstigen Lippen des Mannes in der abgeschabten Cowboykleidung huscht.

Kein Zweifel, dieser Mann ist nichts anderes als ein Revolvermann, der sich seiner Fähigkeit des schnellen und genauen Schießens völlig bewusst ist.

»So ist es richtig, Stranger«, zischt der Wegelagerer. »Steig langsam vom Pferd, aber keine falsche Bewegung. Es könnte sonst deine letzte gewesen sein.«

»Okay.«

Kein Muskel zuckt in Rocks braun gebranntem Gesicht, als er aus dem Sattel rutscht und federnd am Boden ankommt.

»Was wollen sie?« fragt er leise, doch es ist ein gefährlicher Unterton in seiner Stimme zu hören.

»Wie ist dein Name?«

»Rock Dunning.«

Dann ist einige Sekunden Stille.

Der Revolvermann ist einen halben Schritt zurückgetreten, und sein Colt hebt sich um wenige Millimeter, ist genau auf die Brust von Rock gerichtet.

Dann bricht ein heiseres Lachen aus dem Mund des Banditen.

»Ein guter Fang. Die Dunning-Ranch soll also Verstärkung bekommen. Wir haben zwar mit einem Revolvermann gerechnet, aber der eigene Bruder … auch nicht schlecht. Deshalb nehmen Ihre Brüder das Maul so voll.«

Sein Colt macht eine bezeichnende Bewegung.

Rock Dunning zieht hörbar die Luft ein. Viel ist es nicht, was der Bandit ihm sagt, doch er ahnt, dass es seinen Brüdern und der Ranch nicht gut geht. Er wittert Verdruss, und seine Augen verengen sich zu kleinen Schlitzen.

»Ich weiß nicht, von was Sie sprechen, Fremder, doch es würde mich brennend interessieren. Sie sehen sicherlich an meiner Uniform, woher ich komme. Sie haben mich neugierig gemacht.«

Der Revolvermann geht nicht auf seine Frage ein.

»Öffne die Schnalle deines Revolvergürtels und laß ihn zu Boden fallen, aber ohne Faxen, sonst …«

Rock Dunning versteht – sehr gut sogar. Man will ihn hier fertigmachen. Er soll niemals die D-Ranch erreichen. Man will ihn ausschalten. Sie haben zwar nicht ihn erwartet, da er aber zur D-Ranch gehört, werden sie mit ihm kurzen Prozess machen. Seine Eltern und Brüder sind gewiß schwer bedroht – und er selbst schwebt jetzt in höchster Lebensgefahr. Verzweifelt sucht er nach einer Chance, die es ihm ermöglicht, aus dieser gefährlichen Situation herauszukommen.

»Was haben Sie vor«, fragt er und blickt ruhig in das höhnisch verzogene Gesicht des Banditen.

»Entweder hast du eine lange Leitung, oder …«

Weiter aber kommt der Revolvermann nicht, denn schon stürmt Rock vor und hechtet auf die Beine seines Gegners.

Der Bandit ist für den Bruchteil einer Sekunde verblüfft und erschrocken zugleich, dann schießt er, doch zu überhastet. Auch muss er seinem Colt eine andere Richtung geben.

Rock fühlt, wie eine Kugel über seine Schulter scheuert, wie eine andere seinen Hemdsärmel aufreißt, doch dann ist er über dem Mann. Ungeachtet seiner Schmerzen reißt er ihn zu Boden. Engumschlungen rollen sie über den steinigen Boden.

Sie ringen verbissen miteinander. Rock spürt plötzlich des Gegners Colt an seinen Rippen. Ein Gefühl der Panik überkommt ihn.

Er schlägt im letzten Augenblick die Hand zur Seite, da löst sich auch schon ein Schuss.

Rock schließt geblendet die Augen und ist fast taub auf beiden Ohren. Er erhebt sich schwankend und tritt auf den Revolvermann zu, der von seiner eigenen Kugel getroffen wurde. Auf dessen Brust wird ein sich schnell vergrößernder roter Fleck sichtbar.

Der Überfallene beugt sich über den Mann, der ihm noch vor wenigen Augenblicken das Leben nehmen wollte.

Jede Hilfe kommt zu spät. Das Gesicht des gequält atmenden Revolvermannes ist bereits von Totenblässe gezeichnet.

»Es ist bald vorbei, Buddy«, sagt Rock. Der Sterbende starrt ihn aus geweiteten Augen an. »Jeder findet einmal seinen Meister. Du wirst bald auf den langen Trail gehen. Bete zu Gott, denn es ist nie zu spät. Vielleicht wird er dir trotz allem eine Chance geben …«

Stöhnend bäumt sich der Bandit gegen den Tod auf. Ein furchtbarer Schrei bricht aus seinem schmerzgepeinigten Körper, der sogar dem leidgestählten Rock Dunning bis ins Mark geht.

Er, der oft im Krieg das Schreien und Wimmern Getroffener hörte, der selbst mehrmals verwundet wurde, selbst diese ganze Not erleiden musste, schweigt erschüttert.

»Yeah«, keucht jetzt der Fremde, »es musste einmal so kommen. Ich habe Angst – mir ist so kalt, Gent, gib mir – einen Schluck. – Diese Kälte – ich …«

Rock tritt zu seinem Pferd und nimmt aus der Satteltasche eine kleine Flasche Whisky.

Er hält sie dem Sterbenden an den Mund. Dieser trinkt mit hastigen und kurzen Schlucken und wird sichtlich ruhiger.

»Ich war kein guter Mensch«, stammelt er mühsam. »Ich war wild und böse, ein harter Bursche, und ich habe mir viel darauf eingebildet, aber jetzt …«

Seine Stimme wird schwächer.

»Wer wollte meinen Tod, Stranger?« fragt Rock und wirft die leere Flasche ins nahe Gebüsch. »Erleichtere dein Gewissen. Du wirst ruhiger sterben.«

Mit dem Getroffenen geht es jetzt schnell zu Ende.

Rock beugt sich an den Mund des Sterbenden.

»Hüte dich vor – Sam – Krysler – er will …«

Dann ist es vorbei.

Rock Dunning drückt dem Toten die Augen zu.

Er beginnt ein Grab zu schaufeln.

›So ist es immer‹, denkt er bitter. ›Diese Männer sind durch eine meist verzeihliche Dummheit vom rechten Weg abgekommen und finden nicht mehr zurück. Eines Tages aber begegnen sie alle ihrem Meister, und dann ist es zu spät.‹

Schweigend blickt er auf das Grab und spricht ein kurzes Gebet.

Dann untersucht er flüchtig seine Wunde. Mit Befriedigung stellt er fest, dass die Verletzung nur unbedeutend ist und bald verheilt sein wird. Er legt sich einen dürftigen Notverband an. Dann schwingt er sich auf Black. Das Tier verfällt sofort in Galopp, als wolle es möglichst rasch die Stätte dieses Kampfes verlassen, wo sein Herr mit knapper Not dem Tode entging.

Ein bitteres Gefühl ist in Rock Dunning. Froh, dem Krieg und der Gefangenschaft entronnen zu sein, musste er nun schon wieder sein Leben verteidigen.

Und als er an die elterliche Ranch, an seine Eltern und Brüder denkt, durchpeitscht ein Gefühl der Angst seinen müden Körper.

Es muss dort etwas nicht in Ordnung sein. Wer ist Sam Krysler …?

Er hat diesen Namen noch nie gehört, ist Jahre nicht in seiner Heimat gewesen. Und damals war er noch ein junger Bursche, der voller Hoffnung und mit dem Glauben der Jugend für eine bessere Zukunft in den Krieg zog.

Ungestüm spornte er Black zu einer schärferen Gangart an. Er muss bald Gewissheit haben, will noch vor Einbruch der Nacht die D-Ranch erreichen …

*

Rock Dunning ist nur wenige Meilen geritten, bis er an den kleinen Creek kommt, wo er als Junge so oft badete und Fische fing.

Black durchwatet das flache Gewässer, und als er wieder auf dem Trockenen steht, befinden sie sich auf dem Boden der D-Ranch.

Der Heimkehrer verhält einen Augenblick. Die letzten Sonnenstrahlen beleuchten den einsamen Reiter, dessen hartes und kühnes Gesicht in diesem Moment einen versonnenen, glücklichen Ausdruck angenommen hat.

Er wischt sich über die Augen und schlägt seinem Rappen leicht auf die Hinterhand.

»Los, alter Freund! Wir wollen die letzten Meilen hinter uns bringen.«

Doch nach wenigen Metern stutzt Rock.

Mit einem Satz springt er aus dem Sattel.

Er bückt sich und sieht einen Pfahl, den man umgerissen hat und an dem durchgeschnittener Stacheldraht lose baumelt.

Zehn Meter nach rechts dasselbe.

›Grenzpfähle und Stacheldraht‹, denkt er. ›Es muss schlimm um die D-Ranch stehen.‹

Die Sonne geht als feuerrote Kugel unter. Bizarre Schatten huschen über die Landschaft.

Rock schwingt sich wieder in den Sattel und treibt sein Pferd an. Eine innere Unruhe treibt ihn vorwärts, sagt ihm, dass eine Gefahr über seiner Familie schwebt.

Die Ranch ist jetzt nicht mehr weit.

Da hört er Schüsse, einzelne Abschüsse von Gewehren und das Ballern von Colts.

Greift man die D-Ranch an?

Die Ranch seiner Eltern und auch seine Ranch? Nicht nur das, auch sein Zuhause und die Geborgenheit, nach der er sich sehnt, sein Heim, das er viele Jahre lang schmerzlich vermisste?

Er rückt seinen abgegriffenen Colt zurecht und nimmt sein Gewehr in die Hand. Noch einige Hundert Yards reitet er, dann läßt er sein Pferd stehen und geht zu Fuß weiter. Schon ist sein Geburtshaus in Sicht, und er muss zu Boden, um sich ungesehen vorwärts bewegen zu können.

Das Ranchhaus liegt im Dämmerlicht. Rock stellt mit einer gewissen Erleichterung fest, dass von dort das Feuer erwidert wird.

Er sieht im Mündungsfeuer der abgegebenen Schüsse vor sich die Angreifer. Langsam pirscht er sich näher heran. Deutlich kann er jetzt einige Schatten sehen.

Plötzlich hört das Schießen der Angreifer auf.

»Gebt auf, wir bekommen euch trotzdem«, brüllt ein Mann in tiefem Bass. »Wir wollen nur Jim Dunning. Nur ihn – er hat Tom Krysler erschossen. Er bekommt auch eine ordentliche Gerichtsverhandlung. Wir geben unser Wort. Ich sage …«

Der Mann wird unterbrochen, und Rock erkennt unschwer die Stimme seiner Mutter.

»Verschwindet ihr Schufte und Banditen. Genügt es nicht, dass ihr auf Frauen schießt. Yeah, mein Sohn Jim hat den Sohn eures Ranchers im fairen Zweikampf getötet. Ihr habt kein Recht uns hier zu belagern. Wir ergeben uns nicht. Kommt doch, ihr werdet euch blutige Köpfe holen. Ihr schmutzigen Banditen …«

Die Angreifer schießen daraufhin wieder.

›Mutter‹, denkt Rock. ›Sie ist noch immer die alte raue Schale mit einem weichen Kern.‹

So müssen auch die Frauen in dieser Zeit sein. Es ist ein hartes und raues Land, in dem Frauen oft die Arbeit von Männern verrichten müssen.

»Aber warum hat Daddy nicht gesprochen? – Sollte er vielleicht …?«

Rock wagt diesen Gedanken nicht fortzusetzen.

Das Feuer der Angreifer verstärkt sich. Rock beobachtet, wie einige Gestalten sich an das Haus heranarbeiten.

Jetzt wird es ernst. Rock wird wieder einmal kämpfen müssen. Der Krieg um Volk und Land ist vorbei, nun ist sein Zuhause bedroht. Diese Gefahr erweckt in ihm seinen bewährten Kampfesmut.

Als das Gewehr- und Coltfeuer etwas nachlässt, gibt Rock einige Schüsse in die Luft ab.

Er bringt es zunächst nicht über sich, auf diese Menschen ohne Warnung zu schießen, auch wenn sie so skrupellos sind, sogar auf Frauen keine Rücksicht zu nehmen.

Man bemerkt ihn sofort.

»Ich gebe euch genau zehn Sekunden Zeit, um zu verschwinden, denn sonst wird es mächtig rau werden. Ich …«, droht Rock, und die Antwort bekommt er sofort.

Die Angreifer schießen jetzt auf ihn.

Er wirft sich ins Gras und erwidert das Feuer, sieht, wie sich ein Mann aufbäumt und vornüberfällt.

Auch im Haus hat man diesen Zwischenfall bemerkt und beginnt anscheinend Hoffnung zu schöpfen, denn das Abwehrfeuer verstärkt sich.

Rock wechselt nach jedem Schuss seinen Standort. Er will den Eindruck erwecken, dass er nicht allein ist. Doch nach wenigen Sekunden ist sein Gewehr leergeschossen. Jetzt reißt er seinen Colt heraus und stürmt vorwärts, denn nun muss er aufs Ganze gehen.

Eine Kugel zupft an seinem Kragen, eine andere reißt seinen Hut vom Kopf, und eine andere streift ihn am Arm.

Er schießt auf die Mündungslichter, schießt immer und immer wieder. Und er trifft mehr als einmal.

Plötzlich wird es dunkel um ihn. Er spürt nur noch einen wahnsinnigen Schmerz an seinem Kopf, und dann ist es ihm, als ob er in einen tiefen und endlosen Abgrund stürze.

*

Als Rock Dunning zu sich kommt, spürt er ein weiches Kissen.

Dann kommt die Erinnerung, und er fühlt einen brennenden Schmerz am Hinterkopf.

›Ein Streifschuss‹, denkt er. ›Heute hat es mich schon ganz schön erwischt. So eine Heimkehr habe ich mir nicht vorgestellt.‹

Er öffnet die Augen.

Vor ihm brennt flackernd eine Kerze.

»Er kommt zu sich«, hört er eine Frau sagen, und dann sieht er ein schmales Gesicht, in dem die großen Augen besonders bemerkenswert sind, denn sie sind von einem intensiven Blau. Dichtes blondes Haar umrahmt in Wellen ihren Kopf.

»Mabel …!«

Ein Seufzer entrinnt Rock Dunnings Kehle.

Yeah, es ist Mabel, an die Rock Dunning in all den Jahren des Krieges gedacht und für die er seine ganze Liebe und Zuneigung aufbewahrt hat.

Sie ist älter und reifer geworden, hat die Schwelle vom Mädchen zur Frau bereits überschritten.

Mabels Augen strahlen in einem glücklichen Licht, doch nur für einen Sekundenbruchteil. Dann tritt ein unsagbarer Ausdruck des Leides und des Schmerzes in ihr Gesicht. Ein paar Tränen schimmern in ihren Augenwinkeln, und ihr Mund zuckt verdächtig.

Rock versucht sich aufzurichten.

Sein Bruder Tob greift ihm kräftig unter die Arme.

Jetzt tritt auch seine Mutter heran.

Sie blicken sich für Sekunden in die Augen. Rock überkommt eine seltsame Rührung, denn seine Mutter weint.

Diese harte Frau beginnt zu weinen.

»O Sonny«, sagt sie, nachdem sie sich wieder gefasst hat, »wir freuen uns, dass du heimgekommen bist. Du kamst in schwerer Stunde. Wir wollten bereits aufgeben, unsere Ranch verlassen und woanders wieder von vorn beginnen. Doch jetzt bist du ja da, und es wird alles gut werden.«

Jim Dunning kommt herein und streckt Rock beide Hände hin.

»Willkommen, Bruder. Du hast mir sicherlich das Leben gerettet, denn Sam Kryslers Reiter sind hinter mir her. Du bist zur rechten Zeit gekommen, obwohl wir alle nicht mehr dachten, dass du noch lebst. Wir bekamen vor vielen Monaten eine Nachricht, dass du in der Gefangenschaft gestorben wärest.«

»Ich war sehr krank«, erwidert Rock, »bin nur mit knapper Not dem Tode entgangen. Ich lag in einem Lazarett, und es dauerte Wochen, bis ich wieder gesund war. Doch jetzt bin ich heimgekehrt in meine Heimat, zu meiner Familie, meinen Freunden und zu …« Er spricht es nicht aus, doch alle blicken auf Mabel, die mit leichenblassem Gesicht mitten im Zimmer steht.

Dann wenden sich alle ihm zu.

Es liegt Mitleid in ihren Blicken, und er weiß plötzlich, dass etwas nicht stimmt.

Jim Dunning tritt auf Mabel zu und legt seinen Arm um ihre Schulter.