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Die erfahrene Trainerin zeigt, wie Sie im Bewerbungsprozess überzeugen. Lesen Sie, wie Sie Ihr Selbstbewusstsein gezielt aufbauen und Ihre Stärken und Qualifikationen zur Geltung bringen - im Bewerbungsschreiben, im Lebenslauf und im Bewerbungsgespräch. Das Buch bietet Hilfestellung speziell für Frauen, die eigenen Jobperspektiven klar zu definieren und zu verfolgen, und gibt Tipps für knifflige Themen wie Gehaltsverhandlungen oder Jobsharing. Sie erfahren alles zu den Themen Berufseinstieg, Arbeitsplatzwechsel und Wiedereinstieg nach der Babypause. Inhalte: - Der praktische Wegweiser zum Berufsein- und -aufstieg - Wie schreibt man das bloß? Ihre schriftliche Bewerbung - Vorstellungsgespräche und Gehaltsverhandlungen vorbereiten und führen - Hurra, hier bin ich wieder! Der Wiedereinstieg - Nach der Bewerbung ist vor der Bewerbung: Pflegen Sie Ihre Employability! Arbeitshilfen online: - Übungen und Checklisten
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 282
Inhaltsverzeichnis
Vorwort: Vom kleinen Unterschied
1Wann können Sie anfangen?
Wir bewerben uns oft zu spät
Selbstkritik fesselt, Reframing befreit
Was wir lieben, lässt uns los: Würdigung
Gute Gründe zu bleiben
Kennen Sie eine Frau, die Zeit hat?
Niemand isst die Salami am Stück
Das Autoritäts-Syndrom
Lass dich nicht aufhalten!
Was zu tun ist: Zwischenzeugnis
Selber schreiben!
Von Foto bis PDF
Ich suche überall nach dir!
Was willst du eigentlich?
Leben ist Bewegung
2Ein Traumjob ist besser, als perfekt zu sein
Wir bewerben uns zu selten
Frauen spielen nach anderen Regeln
Kennen Sie die richtigen Spielregeln?
Vergessen Sie die falschen Regeln!
Die oberste Spielregel lautet: Bewerben!
»So weit bin ich noch nicht!«
Das Impostor-Syndrom
Self-Appreciation: Eigenlob stimmt!
Nie wieder Bewerbungsfrust
Die legendäre Solidarität unter Frauen
Und die mangelnde männliche Solidarität
Keine Eintagsfliegen-Bewerbung!
»Wieder nichts für mich dabei!«
Self-Talk: Tu dir selber gut!
Selbstbewusstsein für Fortgeschrittene
Wieder reinkommen
Das Stehauffrauchen
3Wie schreibt man das bloß? Ihre schriftliche Bewerbung
Schreibfrust? Ganz normal
Die erste Regel: Bitte fehlerfrei
Für die Solistin
Wenn Sie überzeugt sind, überzeugen Sie auch
Der verflixte erste Satz
»Sie suchen eine …«
Wie Frauen ausgetrickst werden
Lob die Firma!
Standardformulierungen
Beantworten Sie die Frage nach dem Warum
»Kann ich 2 Jahre Mutter schreiben?«
Männerwörter, Frauenwörter
Ihre Online-Bewerbung
Rätsel im Lebenslauf: Positiv reframen!
Gehen Sie ran wie Blücher
Wie sieht die perfekte Bewerbung aus?
Frag doch mal!
Self-Coaching
Eine gute Zeit
4Spielen statt Grübeln: So bereiten Sie das Vorstellungsgespräch vor
Die Lampenfieber-Soforthilfe
Fragen nicht fürchten, sondern durchspielen
Alle Fragen dieser Welt
Fiese Fragen
Ihre fiesen Fragen
Den Worst Case denken
Das ging leider voll daneben
Nach so langer Pause?
What’s your Style?
Spielt (k)eine Rolle!
Vorbereitungsverweigerinnen
5Stark und souverän: So führen Sie das Interview
Sie können das doch!
Gesundes Selbstbewusstsein
Die Trotzkopf-Strategie
Kleidung, Make-up, Accessoires
Der erste Eindruck
Stellen Sie Rapport her
Marottenfrei
Die Bewerberin von heute traut sich was
Gespräch? Stresstest!
Sexismus und Überforderung
Assessment-Center
Systemischer Support
6Die Gehaltsverhandlung
Wie frau sich verdient, was sie verdient
Fordern lernen
Verhandeln heißt nicht streiten
Widersprechen ist nicht Verhandeln
Die Furcht der Bewerberin vor dem Gehaltswunsch
Wo liegt Ihre Schmerzgrenze?
Die Tricks der Interviewer
Eine Frage des Stils
Verhandeln für Fortgeschrittene
7Sei gut zu dir: Nach dem Gespräch
Das ist wieder mal typisch!
Und wieder: Bitte keine Selbstvorwürfe!
Ich weiß nicht, ob das der richtige Job für mich ist
Humor
Mentalhygiene
Hoffnungslos gibt es nicht!
Exkulpationssucht
Nur Absagen!
Nachfassen
Tu doch was!
8Hurra, hier bin ich wieder! Der Wiedereinstieg
Wiedersehen macht Freude?
Seien Sie nicht naiv!
Die lebenslange Babypause
Wünsche geben Kraft
Fiese Tricks
Kontakt halten
Rechnen Sie nicht mit Dankbarkeit
Rollenverständnis
Die Mutterrolle zu Hause lassen
Hör auf Mutter!
Flexibilität entscheidet
Und Gelassenheit
Überzeugungsarbeit
9Nach der Bewerbung ist vor der Bewerbung: Employability-Pflege!
Es geht nicht um Ihren Lebenstraum
Du redest nie mit mir!
Lebensfragen
Was kann ich tun?
Was meine ich, tun zu müssen?
Werden Sie besser!
Hol dir das Prestige-Projekt!
Schluss mit dem Mädchen für alles
Die Probe-Bewerbung
Netzwerkern Sie!
Bleiben Sie neugierig!
In meinem Alter?
Fordern Sie sich!
Leben heißt Lernen
Nachwort zum Lebenstraum
Die Autorin
Stichwortverzeichnis
Mit Arbeitshilfen online
Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Print: Bestell-Nr. 14040-0001 ISBN: 978-3-648-09445-7
ePub: Bestell-Nr. 14040-0100 ISBN: 978-3-648-09446-4
ePDF: Bestell-Nr. 14040-0150 ISBN: 978-3-648-09447-1
Cornelia Topf
Erfolgreich bewerben für Frauen
1. Auflage 2017
© 2017 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
www.haufe.de
Produktmanagement: Jasmin Jallad
Lektorat und Satz: Cornelia Rüping, 81245 München
Umschlag: RED GmbH, Krailling
Druck: BELTZ Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza
Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, vorbehalten.
Vorwort: Vom kleinen Unterschied
»Du hast getan, was du konntest. Als du es besser konntest, hast du es besser gemacht.«
Maya Angelou
Alle Menschen sind gleich.
Aber sie verhalten sich nicht so.
Frauen und Männer verbinden viele schöne Gemeinsamkeiten. Doch selbst der schärfsten Political Correctness dürfte nicht entgangen sein, dass Frauen sich zum Beispiel anders anziehen als Männer. Sie schminken sich (anders). Sie tragen anderen Schmuck. Dieser »kleine Unterschied« ist uns allen selbstverständlich. Leider gilt diese angenehme und vernünftige Selbstverständlichkeit ausgerechnet nicht für eine entscheidende Weichenstellung im Leben von Frau und Mann: die Bewerbung. Das ist fatal.
Dass Frauen sich während ihrer Bewerbung für den ersten, einen neuen oder einen besseren Arbeitsplatz, für den Job zum Wiedereinstieg oder (endlich) für den Traumjob, fürs Praktikum, für den Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) und das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ), eine Beförderung, das letzte Stück Kuchen auf der Platte oder für eine Team- oder Projektleitung anders verhalten als Männer, ist logisch, einsichtig, nachvollziehbar und darüber hinaus gut erforscht. Die Anzahl der Studien zum kleinen Unterschied bei der Bewerbung ist Legion. Aus ihnen wissen wir zum Beispiel, dass Männer sich »überverkaufen « und Frauen sich »unterverkaufen«. Dass Männer typischerweise (es gibt natürlich Ausnahmen) ihre Vorzüge im Bewerbungsgespräch explizit ins Rampenlicht rücken, während Frauen ihr Licht tendenziell unter den Scheffel stellen.
Frauen verlangen im Schnitt weniger Einstiegsgehalt als Männer. Sie führen seltener Bewerbungs- und Gehaltsgespräche und wenn, fordern sie weniger als Männer. Und so weiter und so fort. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind deutlich, aktenkundig und zahlreich – und bestimmt sind sie Ihnen auch schon unangenehm aufgefallen. Damit sind Sie nicht allein. In meiner Coaching-Praxis und beim Telefon-Coaching, bei Vorträgen und in Seminaren erzählen mir Frauen seit über 25 Jahren Geschichten wie die von Bettina: »Vier Bewerberinnen, ein Bewerber, ich kannte die alle vom Abschlussjahrgang, die Mädels sämtlich mindestens eine halbe Note besser als der Kollege und teilweise bereits mit Praktikumserfahrung in der Branche – und wer kriegt am Ende den Job? War ja klar. Wir hätten uns die Bewerbung sparen können. Die Jungs machen das unter sich aus.« Das ist eine mögliche Erklärung. Und wenn sie vollumfänglich zuträfe, könnten Sie und ich uns jetzt auf einen Espresso verabreden und gemeinsam Frust schieben. Der Witz ist: Diese Erklärung trifft nicht wirklich.
Sabrina trifft es schon besser. Sie ist eine der vielen Frauen, die drauf und dran sind, eines der großen Rätsel weiblicher Benachteiligung im Berufs- und gesellschaftlichen Leben zu lösen. Auch sie war im Coaching mächtig frustriert und sagte: »Ich schreibe so viele Bewerbungen, werde so oft eingeladen und kriege so viele Absagen – merken die denn nicht, wie gut ich bin?« Gute Frage. Perfekte Frage. Richtige Frage.
Schlichte und Aha-effektive Antwort: Nein. Die meisten Männer, Personalverantwortlichen, Fachabteilungsleiter, Vorgesetzten, männlichen Familienangehörigen, Verwandten und Headhunter wissen eben nicht, wie gut Sabrina und Sie sind. Und das ist schon die Antwort auf unsere zentrale Frage. Der Grund, warum Sie und ich uns in diesem Buch zusammentun. Der Grund, warum Sie sich danach sehr viel besser, deutlich erfolgreicher und mit mehr Freude bewerben werden.
! Achtung
Frauen bewerben sich anders. Viele Männer verstehen dieses »Anders« nicht und meinen, es bedeute schlechter.
Das ist höchst hinderlich – auch für Unternehmen. Was meinen Sie, wie viele hoch qualifizierte Fach- und Führungskräfte den Firmen gerade in Zeiten des Fachkräftemangels durch die Lappen gehen, bloß weil die Verantwortlichen massenhaft einen fatalen Fehler begehen: Sie halten viele Bewerberinnen fälschlicherweise, im guten Glauben und oft genug mit der Arroganz der Macht für ungeeignet, obwohl diese nicht nur tadellos geeignet sind, sondern in vielen Fällen deutlich geeigneter als viele männliche Bewerber.
Deshalb meinte jüngst ein Personalleiter auch nur halb scherzhaft: »Sie schreiben ein Buch darüber, wie Frauen sich bewerben? Will ich haben!« Er hatte nämlich schon lange das Gefühl, dass Frauen bei der Bewerbung nicht meinen, was sie sagen, und nicht sagen, was sie meinen. Zum Beispiel, wenn er sie nach der für viele Positionen nötigen Führungserfahrung fragt: »Selbst Männer, die frisch von der Uni kommen, bringen sofort an, dass sie früher mal eine halbe Saison die F-Jugend vom Fußballverein trainiert haben: Führungskompetenz! Doch selbst ehrenamtliche Jugendtrainerinnen, die Wettkampfgymnastinnen bis zum deutschen Meistertitel trainiert haben oder die seit 20 Jahren zweite Vorsitzende vom Kirchengemeinderat sind, verraten mir das nicht! Das muss ich denen aus der Nase ziehen! Die sollen gefälligst den Mund aufmachen!« Sagt er. Aber liest frau diese Aufforderung in den gängigen Bewerbungsratgebern?
Die Wahrscheinlichkeit ist erdrückend, dass sie darin wieder nur Unisex-Ratschläge findet wie: Verkaufen Sie Ihre Vorzüge offensiv! Das nützt niemandem. Dem (typischen) Mann nicht, der das ohnehin und auch ohne schriftliche Aufforderung immer schon so gemacht hat, und der (typischen) Frau nicht, die das auch nach der fünfzigsten gleichlautenden Aufforderung nicht machen wird – und vor allem nicht machen möchte, weil sie das für affig und arrogant hält. Und nur die wenigsten Frauen kommen ins Coaching und fragen: »Was heißt denn das, ›offensiv‹ verkaufen? Gilt das auch für mich als Frau? Und wie mache ich das, ohne wie die Kerle auf den Putz zu hauen? Kann ich mich erfolgreich bewerben und trotzdem eine Frau bleiben? « Das geht natürlich, mein Wort drauf. Hinweise dazu, wie das geht, finden Sie bislang nur selten. Auf jeden Fall in diesem Buch. Dafür wurde es geschrieben. Damit wir endlich damit aufhören, uns unter Wert zu verkaufen. Damit wir endlich alle unseren Traumjob angeln und das Gehalt, die Anerkennung und die Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzten, Projekte, Aufgaben und Kunden bekommen, die wir verdient haben.
In den letzten drei Jahrzehnten habe ich übrigens auch eine Menge Männer gecoacht, die exakt dasselbe Problem hatten. Auch viele Männer verkaufen sich unter Wert. Typisch sind die extrem kompetenten Ingenieure, Techniker, kaufmännischen Angestellten, Handwerker oder Naturwissenschaftler, die sehr viel mehr drauf haben als die »Lautsprecher«, die trotzdem Jahr für Jahr bei der Beförderung und bei der Verteilung attraktiver Aufgaben im Beruf den Vorzug bekommen. Wenn Sie mit so einem kompetenten und unterschätzten Mann zusammen sind oder einen solchen im Bekanntenkreis kennen, geben Sie ihm das Buch und sagen ihm, er möchte die weibliche Anrede einfach rausfiltern. Er wird sich über die Unterstützung freuen. Und Sie sind hier richtig,
■wenn Sie schon lange davon träumen, sich zu verändern, sich beruflich zu verbessern oder mit einem neuen Job Privates und Beruf besser ins Gleichgewicht zu bringen.
■wenn Sie es satt haben, die besten Jobs immer anderen zu überlassen.
■wenn Sie dringend überhaupt eine, eine neue oder eine besser bezahlte Stelle brauchen oder eine mit besserem Klima, anspruchsvolleren Aufgaben, größeren persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten oder mehr Aussichten für den Aufstieg.
■wenn Sie sich schon lange heimlich bei der aktuellen Arbeit unterfordert fühlen.
■wenn Sie sich, Ihrer Familie und der Welt zeigen wollen, was Sie alles draufhaben, wenn Sie endlich Ihren Traumjob landen wollen.
Denn: Es ist beruflich sehr viel mehr drin, als die meisten Frauen für möglich halten oder sich zutrauen. Auf den folgenden Seiten erfahren Sie mehr über die dafür nötigen Schritte. Schritte, bei denen Sie sich nicht verbiegen müssen, authentisch, ganz Frau bleiben können und sich trotzdem oder gerade deshalb genau das holen, was Sie sich wünschen, erträumen und verdient haben.
Brechen Sie auf zu ungeahnten beruflichen Möglichkeiten! Ich werde Sie dabei mit all meinem Wissen, meiner Erfahrung und den Tipps und Tricks aus einem langen Berufs- und Beraterinnenleben bestmöglich unterstützen. Das verspreche ich Ihnen.
Wollen wir?
München, im März 2017
Cornelia Topf
1Wann können Sie anfangen?
»Wenn du denkst, dass du zu klein bist, um Einfluss zu haben, dann versuch mal, mit einem Moskito ins Bett zu gehen.«
Anita Roddick
»What you won’t let be, won’t let you be.«
Debbie Ford
Wir bewerben uns oft zu spät
Lange Zeit dachte ich, die Herausforderungen bei der Bewerbung beginnen mit der Bewerbung. Viele Ratgeber meinen das auch und setzen bei Stellensuche, Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnissen an. Über die Jahre belehrten mich meine Seminarteilnehmerinnen und Coaching-Klientinnen eines Besseren – an dieser Stelle meinen ausdrücklichen Dank an Sie alle!
! Wichtig
Die Probleme mit der Bewerbung beginnen lange vor der Bewerbung. Manchmal viel zu lange vorher …
Betrachten wir ein schönes Gegenbeispiel: Jelina. Sie ist 32, hat Kind und Mann und sagt während des Telefon-Coachings: »Ich schaue mich gerade um. Es werden in der Branche interessante Stellen angeboten.« Ich gebe zu bedenken: »Aber Sie sind doch erst vor 15 Monaten befördert worden!« Jelina schweigt einen Augenblick.
Dann meint sie: »Ja und? Es schadet niemandem, wenn ich mich jobmäßig auf dem Laufenden halte. Gucken kostet nichts. Vor einem Klamottenkauf gehe ich doch auch online oder in die City zum Schaufensterbummeln! Warum also nicht beim Job?«
Wenn auch Sie dieser Meinung sind, wenn auch Sie ohne zu zögern sofort eine Bewerbung losschicken, sobald Sie ein Angebot entdecken, mit dem Sie sich verbessern können – Gratulation! Blättern Sie bitte weiter bis zum Kapitel »Was zu tun ist: Zwischenzeugnis«. Sie blättern nicht? Dann geht es Ihnen wie den meisten Frauen, die sagen:
■Eigentlich wollte ich schon lange was anderes machen!
■Ich hatte nie vor, so lange auszusetzen. Aber jetzt dauert die Familienphase bereits … Jahre!
■Manchmal frage ich mich: Warum bin ich noch hier? Ich hatte früher mal ganz andere Träume und Vorstellungen!
■Dieser Job frustriert mich schon lange!
! Übung
Was sagen, denken, fühlen Sie schon (viel zu) lange? Bitte notieren Sie den Gedanken. Ein reflektierter Gedanke wirkt stärker handlungsleitend als ein flüchtiger Gedanke – und das Aufschreiben ist eine besonders starke Form der Reflexion. Fühlen Sie sich frei für jedwede Formulierung:
Was Sie notiert haben oder denken, beschreibt ein zentrales Problem bei der Bewerbung. Auf diesen Stolperstein treffen fast alle von uns lange vor der eigentlichen Bewerbung.
! Achtung
Wir halten zu lange in Jobs, Positionen, Aufgabenbereichen oder Firmen aus, die uns eigentlich nicht entsprechen – oder uns quälen.
Andere sind immer noch in der Familienphase, obwohl das nie so geplant war. Oder hängen in einer Beziehung fest, die sie – nicht nur in der beruflichen Mobilität – einschränkt. Oder wollten nach einer Trennung, einer Scheidung oder dem Auszug der Kinder eigentlich längst wieder ins Arbeitsleben einsteigen. Haben sie das gemacht? Leider oft und lange nicht.
! Tipp
Sehen Sie sich spätestens dann nach etwas Neuem um, wenn Sie mit der aktuellen beruflichen Situation deutlich unzufrieden sind und keine Aussicht auf Besserung besteht. Das sind Sie sich schuldig. Sie sollten nicht zu lange zögern, sondern zügig aktiv werden.
Wenn das alle Frauen machen würden, wären wir nicht hier zusammengekommen. Was tun Frauen stattdessen? Wir kritisieren. Uns.
Selbstkritik fesselt, Reframing befreit
Wir halten oft zu lange aus in unbefriedigenden Jobs, quälenden Beziehungen, unerquicklichen Situationen, einseitigen Freundschaften, nervigen Vereinen, auf langweiligen Partys … Natürlich ist uns das unterschwellig bewusst! Meist mehrmals die Woche. Was machen wir dann?
Wir machen uns Vorwürfe.
Natürlich in bester Absicht! Wir wollen uns ja motivieren. Also denken wir impulsiv: Wann gebe ich mir endlich einen Ruck? Oder: Warum kriege ich einfach nicht den Hintern hoch? Was ist das? Viele halten solche Fragen für hilfreich. Erst beim zweiten Hinschauen erkennen und fühlen wir, dass sie bereits eine leise, aber fürs Selbstwertgefühl schädliche Abwertung enthalten. Wenn wir so etwas zu einer guten Freundin sagen würden, würde die säuerlich reagieren. Noch deutlicher wird die unbewusste, unabsichtliche und unreflektierte Selbstabwertung bei Gedanken und inneren Monologen wie: In meinem Alter krieg ich doch keinen Job mehr! Oder: Mit meiner Qualifikation ist eben kein Blumentopf zu gewinnen.
Vielleicht fällt uns das beim vorherrschend unsanften Umgangston in Gesellschaft, Familie, Arbeitsleben und Beziehung nicht mehr so auf – aber unser Selbstwertgefühl bemerkt es: Das alles sind abwertende Formulierungen. Sie schädigen unser Selbstwertgefühl und damit unsere Motivation. Wir schädigen damit (unabsichtlich) unser Selbstbewusstsein. Und das ist pures Gift – in jeder Lebenslage, aber insbesondere bei Bewerbungen. Je geringer Ihr Selbstwertgefühl ist, desto unwahrscheinlicher wird, dass Sie sich in nächster Zeit bewerben und dadurch tatsächlich verbessern.
! Wichtig
Für eine Bewerbung, die zum gewünschten Job führen soll, ist ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein nötig.
Unser Selbstbewusstsein bauen wir jedoch unbewusst ab, indem wir uns mit Selbstvorwürfen antreiben wollen: Jetzt stell dich nicht so an und bewirb dich endlich! Manche Frauen stellen sich daraufhin tatsächlich nicht mehr so an und verändern ihre berufliche Situation. Das ist schön, kommt aber eher selten vor. Denn viele Frauen machen sich seit Monaten oder gar Jahren Selbstvorwürfe – und das nützt ihnen rein gar nichts.
! Achtung
Selbstvorwürfe funktionieren als Motivation spätestens bei der zweiten oder dritten Wiederholung. Wenn Sie sich dagegen etwas schon x-fach oder die sprichwörtlichen hunderte Male gesagt haben und es passiert immer noch zu wenig – probieren Sie eine andere Motivationstechnik.
Es gibt deren viele. Ich möchte Ihnen das Reframing empfehlen, das Umdeuten (wörtlich: etwas in einen anderen Rahmen hängen). Auch Ute nutzte es. Monatelang ging sie ihrer Clique auf die Nerven mit ihrem ewigen: »Ich komm einfach nicht in die Gänge!« Irgendwann machten sie die Freundinnen darauf aufmerksam, dass die ständige Wiederholung dessen sie auch nicht weiterbringe. Sie war entrüstet: »Aber es stimmt doch! So ist es doch tatsächlich! « Da sprach sie ein großes Wort gelassen aus.
! Wichtig
Tatsachen sind wichtig. Einstellungen sind wichtiger.
Anders ausgedrückt: Nicht die Situation an sich bestimmt, wie Sie mit ihr umgehen. Vielmehr hängt Ihr Handeln stark davon ab, wie Sie über die Situation denken und sprechen.
! Tipp
Wir können Situationen oft nicht beeinflussen, auch nicht, wie wir uns darin fühlen. Aber wir können immer ändern, wie wir über Situationen denken und reden. Und damit ändern wir letztendlich auch unsere Gefühle.
Ich fragte Ute, was sie sich in Situationen denkt, in denen sie erfolgreich in die Gänge kommt. Spontan sagte sie: »Das ist einfach. Ich denke: Das hast du doch so oder so ähnlich alles schon mal gemacht!« Das nennt man ein Reframing, eine Umdeutung: Es geht darum, einen hinderlichen Gedanken durch einen konstruktiven zu ersetzen.
Damit sind keine Hurra-Gedanken der Marke »Tschakka! Du schaffst es!« gemeint. Konstruktiv ist ein Gedanke nur dann, wenn Sie selbst ihn für glaubwürdig halten, er Ihnen entspricht und wenn er Sie Ihrem Ziel näher bringt. Also zum Beispiel nicht: Sich mit drei Kindern wieder zu bewerben – da stellt dich doch keiner ein! Sondern: Andere Mütter haben es geschafft, also schaff ich das auch. Oder Ich schreib mal zehn Bewerbungen – erst danach habe ich Grund, mich zu beklagen. Oder ganz mutig: Wer einen Haushalt führen kann, kann auch eine Abteilung führen. Welche Formulierung passt zu Ihnen?
Machen Sie sich so lange Gedanken, bis einer davon passt. Mit der Betonung auf machen: Gedanken passieren zwar oft unbewusst, aber frau kann auch ganz bewusst nachdenken. Machen Sie sich Gedanken zur Bewerbungsmotivation! Was denken Sie bislang? Und was würden Sie reframend stattdessen lieber denken?
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Übung
Probieren Sie so lange Formulierungen aus, bis eine passt. Sie können das entweder ganz spontan und frei oder mit Unterstützung der ersten Das-kann-ich-besser-Übung machen.
Was wir lieben, lässt uns los: Würdigung
Gedanken sind starke Kräfte. Reframing wirkt erstaunlich schnell. Bei den meisten. In jedem Seminar erlebe ich jedoch auch Frauen, die berichten: »Ich versuche schon lange, mir Mut zu machen – aber das klappt irgendwie nicht. Was mache ich falsch?« Haben Sie es bemerkt? Auch das war ein versteckter Selbstvorwurf, der bitte umgehend zu reframen ist: Sie machen nichts falsch. Im Gegenteil: Sie sind sich selbst treu. Treuer als Sie vermuten.
! Achtung
Es gibt gute Gründe, in einem schlechten Job zu bleiben.
Manche lachen bei diesem Satz – weil sich die lange verdrängte Wahrheit in ihnen Bahn bricht – und sie sagen zum Beispiel:
■Ist doch klar, warum ich meine Jobsuche immer und immer wieder aufschiebe: Alle meine Freunde, Bekannten und meine Familie sind hier am Ort! Die will ich nicht durch einen Umzug verlieren!
■Irgendwie habe ich das Gefühl, ich würde die Kollegen und den Chef im Stich lassen, wenn ich gehe.
■Meine Kunden sind mir so ans Herz gewachsen. Wenn ich weggehe, kriegt die sicher einer dieser nassforschen Hardcore-Verkäufer und zieht sie über den Tisch!
■Wenn ich kündige, kriegt der Chef doch nie gleichwertigen Ersatz für mich!
■Der Job unterfordert mich – aber das Arbeitsklima ist einfach wunderbar!
■Ich kann doch meine Kinder nicht aus dem Klassenverband reißen! Die verlieren all ihre Freunde!
■Natürlich wollte ich schon längst wieder arbeiten. Doch ehrlich gesagt: Das Familienleben gibt mir mehr als der Job!
Was sind Ihre guten Gründe für den Verbleib in einer Situation, die Sie »eigentlich « verlassen sollten, müssten, wollen?
Und was machen wir dann mit all diesen guten Gründen? Wir werten sie ab: Ich bleibe in einem schlechten Job nur wegen des guten Klimas? Wie doof ist das denn?! Oder: Ich kann mich doch nicht immer hinter meinen Kindernverstecken, wenn ich Jobangebote ablehne! Es ist verständlich, dass wir uns ärgern, wenn wir uns selbst im Weg stehen. Verständlich, aber nicht hilfreich, denn in der Psychologie gilt ein »Naturgesetz«.
! Wichtig
What you resist, persists. Worüber du dich ärgerst, machst du stärker.
Je heftiger wir uns vorwerfen, dass wir uns hinter dem guten Arbeitsklima im schlechten Job verstecken, desto stärker wird der Drang, sich zu verstecken. Jedes innere Motiv, das wir bekämpfen, versorgen wir auf diese Weise mit Energie. Jede kennt das vom nächtlichen Wachliegen: Je stärker wir uns gegen das Wachliegen wehren, desto wacher werden wir. Ablehnung stärkt Affekte. Das Gegenteil davon ist Akzeptanz, Annahme, Würdigung.
Ulrike Dahm, deren Schattenarbeit (auch in Buchform) sehr zu empfehlen ist, rät zum Gegenteil: »Was wir lieben, lässt uns los.« Nicht die Ablehnung unserer tieferen Beweggründe befreit uns von ihnen, sondern ihre Akzeptanz. Oder wie die Psychologin sagt: »Du kannst nur ändern, was du annimmst.« Dieses Würdigen üben wir zum Beispiel im Seminar, aus dem Stand kann das keine.
Üben Sie doch ein wenig mit, zum Beispiel mit Belinda. Sie sagt: »Tief drin will ich gar nicht mehr arbeiten – ich bin so richtig zur Glucke geworden!« Das ist Selbstabwertung. Abwertung zementiert das innere Dilemma. Also reframe ich die »Glucke«, hole ihren Familienmensch sozusagen aus dem Schatten hervor (deshalb heißt die Schattenarbeit so) und schlage ihr vor:
»Sie sind ein überzeugter Familienmensch geworden!«
»Ja, aber ist das gut?«
»Ja, das ist es. Das weiß ich. Aber es nützt nichts, wenn ich das sage. Sagen Sie es sich.«
»Ich bin ein … Familienmensch?«
»Bitte mit etwas mehr Überzeugung.«
»Ich bin ein Familienmensch.«
»Jawoll, das sind Sie – und das ist gut.«
»Genau. Ich tue meiner Familie gut. Und mir geht es gut dabei.«
»Richtig!«
»Dafür muss ich mich doch nicht entschuldigen!«
»Aber nie im Leben!«
»Also muss mein nächster Job gefälligst auch familienfreundlich sein und damit basta.«
Bald darauf hatte Belinda eine Arbeitsstelle gefunden, nach drei Wochen Suche. Nachdem sie sich vier Jahre lang selbst blockiert hatte mit der Ablehnung ihres tieferen Beweggrundes. Warum klappte es plötzlich? Weil sie ihr Motiv, ihren guten Grund, ihre Familienfreundlichkeit endlich offen, ehrlich und absichtlich ein wenig übertrieben würdigte. Was du würdigst, macht dich frei. Und da viele Frauen diesbezüglich zur Untertreibung neigen, folgt noch der Hinweis: Frau kann nicht übertreiben bei der Würdigung ihrer Motive. Tragen Sie ruhig etwas dick auf, es lohnt sich und fühlt sich gut an.
Gute Gründe zu bleiben
Schauen Sie noch mal die obigen Äußerungen von Frauen an, die zu lange im alten Job bleiben: Sie alle wollen etwas Gutes. Sie wollen den Freundeskreis nicht durch Umzug verlieren; sie wollen Chef und Kollegen nicht im Stich lassen oder ihre Kunden; sie wollen den Vorgesetzten vor schwachem Ersatz schützen; sie schätzen das gute Klima im alten Job … und so weiter. Was hat es damit auf sich?
Das alles sind sehr gute, typisch weibliche Gründe: Frauen schätzen bei der Arbeit nicht bloß die Aufgabe (wie viele Männer), sondern auch und vor allem die Beziehungen, das Klima, das gute Miteinander, die Harmonie, das große Ganze. Sie denken nicht immer bloß an sich, sondern fast ständig an alle und alles andere. Dass sich »typische« Männer davon nicht abhalten lassen, wenn sie sich beruflich verändern wollen, liegt auf der Hand: Ihnen sind Status, Position, Sachthemen, Spezialisierung und Gehalt wichtiger als Beziehungen. Das stellt sich meist schlagartig nach einer Trennung oder Scheidung heraus. Neulich sagte ein frisch Geschiedener: »Ich habe plötzlich keine sozialen Kontakte mehr! Fiel mir früher nie so auf: Aber jede Einladung zum Essen kam aus dem Freundeskreis meiner Frau. Und die Freunde hat sie jetzt alle mitgenommen.« (Unter anderem) deshalb leben Frauen länger: Sie sind eingebettet in ein großes und tragfähiges soziales Netz. Männer sind tendenziell immer noch Einzelgänger.
Und weil Frauen ein tolles Netzwerk aufgebaut haben, beziehungsorientiert sind, ihre Familie genauso lieben wie den Job und vor einem Weggang auch daran denken, ob der Chef jemals gleichwertigen Ersatz bekommt, bleiben sie zu lange in alten Jobs oder in der Familienphase. Weil sie auch an andere, ans Unternehmen und ans große Ganze denken. Und das wollen Sie sich zum Vorwurf machen? Ernsthaft? Ganz im Gegenteil: Es ist gut, dass Frauen ans große Ganze denken. Was mit der Welt passiert, wenn allzu viele Menschen nur bis zur eigenen Nasenspitze denken, erleben wir schon viel zu lange.
! Wichtig
Sie haben jedes Recht und auch die innere Pflicht, Ihre tieferen Beweggründe für das Bleibenwollen zu würdigen: Es sind die bestmöglichen Gründe. Bestmöglich für eine bessere Welt.
Und wenn Sie schon dabei sind und sich die Selbstabwertung abgewöhnen, machen Sie das doch bitte auch im Umgang mit anderen Menschen. Sagen Sie keiner: »Hör doch auf zu jammern und schau dich endlich nach einem neuen Job um!« Das hilft nicht. Das schadet. Weil es nicht würdigt, sondern abwertet. Fragen Sie lieber nach den guten Gründen für das Verharren und wertschätzen Sie diese – Was du liebst, lässt dich los – und andere. Genau: Was uns loslässt, befreit uns. Und wer frei ist, bewirbt sich. Wenn sie Zeit dafür hat. Falls sie Zeit dafür hat. Das ist die zweite große Herausforderung vor der eigentlichen Bewerbung.
Kennen Sie eine Frau, die Zeit hat?
Die meisten von uns sind durch den Job und den großen Familien-, Freundesund Bekanntenkreis, durch Verwandtschaftspflege, Besuche und Gegenbesuche, durch Haushalt und Sport, durch ehrenamtliches und soziales Engagement vollzeitlich in Anspruch genommen. Wann sollen wir uns denn bewerben? Wenn noch nicht einmal Zeit bleibt, regelmäßig die Stellenanzeigen zu lesen! Manche Bewerbungsratgeber raten, sich jede Woche mindestens eine Stunde für die Bewerberei Zeit zu nehmen. Kennen Sie eine Frau, die diese Stunde hat?
Vergessen Sie den Vorsatz: Ich schau mich wirklich um, ehrlich! Sobald ich die Zeit dafür finde! Sie werden sie nie finden. Da können Sie noch so lange suchen. Wobei: Wir suchen ja nicht wirklich! Wir stellen fest, dass wir keine Zeit haben. Das stimmt, hilft aber nicht weiter.
! Tipp
Fragen Sie nicht: Wann habe ich denn schon Zeit? Fragen Sie sich: Wann hätte ich denn am ehesten Zeit?
Jede Frau kennt darauf die Antwort – mindestens eine, zum Beispiel:
■Am ehesten ginge es noch an den Wochenenden, wenn die Familie stundenweise mit sich selbst beschäftigt ist! – Dann sorgen Sie dafür, dass sie es ist!
■Am ehesten geht es direkt nach dem Fitnessstudio – anstatt eine Stunde an der Theke zu ratschen.
■Der Yoga-Kurs mittwochs langweilt mich sowieso. Da klicke ich lieber in die Online-Portale.
Wann geht es bei Ihnen am ehesten? Regelmäßig?
Niemand isst die Salami am Stück
Oft höre ich: »Ich bewerbe mich, sobald …« Mit den Varianten: … sobald es wieder ruhiger ist im Job, … sobald die Kinder aus dem Gröbsten raus sind, … sobald er seine Dissertation geschrieben hat, … sobald er weiß, was aus seinem Job wird … Was ist Ihr Sobald?
Einige bewerben sich tatsächlich, sobald das Sobald eintritt. Aber viele tun das nicht, weil sie merken: Es wird eigentlich nie wirklich ruhiger im Job, die Kinder brauchen die helfende Hand einer liebenden Mutter auch noch, wenn sie groß sind, nach seiner Dissertation möchte er auch noch habilitieren oder sein Job ist immer noch unsicher. Wie es so schön heißt: Es ist eigentlich immer etwas! Immer etwas, das einen davon abhält, sich zu verändern. Manchmal ist dieses Etwas einfach nur ein Hinweis darauf, dass frau es nicht so ernst meint mit der beruflichen Veränderung. Dann befreit es schon ungemein, ehrlich zu sich zu sein und zu sagen: »Fürs Erste bleibt es so, wie es ist! Basta!«
In der Regel ist Prokrastination, das ewige Aufschieben, jedoch ein Hinweis darauf, dass noch ein weiterer oder gar mehrere Hinderungsgründe vorliegen, meist innerer Natur. Dann ergründen Sie diese, reframen und/oder würdigen Sie sie. Wie das geht, haben Sie ja schon gelesen. Es kann aber auch an etwas anderem liegen.
! Achtung
Wenn Sie etwas noch nicht tun, was Sie tun möchten oder sollten, ist es meist noch zu groß.
Oft klagen Bewerberinnen: »Ich komm einfach nicht dazu, mir was Neues zu suchen. Ich muss den Lebenslauf überarbeiten, endlich ein neues Foto machen, mein Zeugnis aktualisieren lassen und mit den Anschreiben tue ich mich sowieso immer schwer!« Nicht nur damit: Wer sich so einen Packen auflädt, darf sich nicht wundern, wenn das Muli der Motivation zusammenbricht: too much!
! Tipp
Alles, was Sie noch nicht tun, ist meist noch zu groß: Zerlegen Sie es daher in viele kleine Teilaufgaben!
Das nennt man Atomisierung von Aufgaben. Wann sind die Atome klein genug? Wenn Sie die Aufgabe anpacken. Wenn Sie noch nicht beginnen, ist sie noch zu groß. Die Atomisierung ist ein tolles Rezept, mit dem auch die größten Projekte der Welt organisiert werden (beim Projektmanagement spricht man von »Arbeitspaketen«). Trotzdem nutzen viele Frauen diese Methode nicht. Was hält sie davon ab? Worauf tippen Sie?
Meist ist es der überzogene Perfektionsanspruch, der so oder ähnlich zum Ausdruck kommt:
»Ich brauche neue Fotos, aber meine Bekannte, die das so gut konnte, ist nicht mehr da. Und unser Fotograf am Ort taugt nichts und ich will nicht wegen so etwas in die City fahren …«
»Wie wäre es, wenn Sie per Internet und Rumfragen erst einmal lediglich nach einer alternativen Quelle für das Foto suchen?«
»Aber das bringt mich doch nicht weiter. Das ist doch Pipifax!«
Weil ihr das Kleine zu klein ist, packt frau auch das Große nicht an. So machen wir das oft. Wer zwingt uns denn dazu? Wir können auch anders. Wer das Mögliche anpackt, schafft bald auch das Unmögliche. Würdigen Sie Ihre innere Perfektionistin – und atomisieren Sie! Beides geht.
Das Autoritäts-Syndrom
Viele Frauen haben sehr gute Gründe, sich nicht zu bewerben, zum Beispiel:
■Wenn ich mich bewerbe, kriegt das doch sicher auch mein Chef mit. Was sage ich ihm dann bloß?
■Einige Kolleginnen habe mich schon gefragt: Du bewirbst dich um die Abteilungsleitung? Wenn du Chefin wirst, müssen wir dich dann siezen?
■Mein Vater sagt, ich solle mich lieber nicht bei dieser Firma bewerben; in dieser Branche hätten es Frauen schwer.
■Ein Freund hat mich kürzlich begrüßt mit: »Ah, da kommt Frau Managerin.«
Was verbindet diese Hinderungsgründe? Etwas, das die Soziologin »soziale Kontrolle« nennt. Wir können es auch schlicht Autorität nennen. Im ersten Fall fürchtet sich die Bewerberin in spe davor, sich vor dem eigenen Chef zu rechtfertigen, im zweiten blockiert die Autorität der Freundinnen. Dass der eigene Vater als Autorität wahrgenommen wird, ist fast selbstverständlich. So selbstverständlich, dass wir das oft gar nicht bewusst wahrnehmen. Sollten wir aber.
! Tipp
Fragen Sie sich regelmäßig: Befolge ich unreflektiert Erwartungen, von denen ich vermute, dass eine Autorität sie an mich stellt?
Dass wir in unserem Freundes- und Kollegenkreis nicht anecken oder uns nicht unbedingt mit dem Chef anlegen wollen, ist ganz normal. Wenn wir deshalb jedoch unsere Lebensträume aufschieben oder aufgeben, dann hat sich die Balance verschoben. Die Balance zwischen Ihren eigenen und den Interessen anderer. Wir können diese Balance mit einigen klugen Überlegungen wieder ins Gleichgewicht bringen. Oft reicht schon eine einzige aus, zum Beispiel:
■Wenn ich mich beruflich verbessern möchte, um wen geht es dann eigentlich – um die Kollegen oder um mich?
■Dass der Chef nicht möchte, dass ich gehe, ist mir klar. Aber was möchte ich?
■Ich werde die Wünsche anderer nicht ignorieren. Doch genauso wenig meine eigenen Wünsche.
■Der wichtigste Mensch in meinem Leben sollte eigentlich ich sein – und das hat nichts mit Egoismus zu tun!
■Nur weil ich keine Wellen schlagen möchte, verzichte ich auf meine Wünsche? Möchte ich das wirklich?
■Wenn ich nicht für meine Interessen einstehe, wer sollte es dann tun?
Sind Frauen wirklich so emotional, so bang, so zaghaft, wie es auf diesen Seiten scheint? Diesen Vorwurf höre ich manchmal. Ich finde ihn empörend. Denn selbst Vorständinnen gestehen mir: »Vor meiner letzten Bewerbung flatterten meine Nerven mächtig. Aber über Gefühle darf man im Business und leider oft auch in der Familie nicht reden!« Dass das komplette affektive Universum tabuiert wird, ist der Grund, weshalb die Welt heute so ist, wie sie ist: weitgehend dissoziiert und abgespalten von vielen grundlegenden menschlichen Gefühlsregungen (außer Häme, Neid, Scham, Zorn und Angst). Über Gefühle redet man nicht! Stimmt. Mann nicht. Frau schon. Und zwar hier. Einmal davon abgesehen, dass viele Männer uns um unseren Gefühlsreichtum beneiden …
Lass dich nicht aufhalten!
Eigentlich wollen wir uns beruflich verbessern oder wiedereinsteigen. Aber dann kommen Loyalität oder Familiensinn dazwischen, die Unlust vor einem Umzug, der chronische Zeitmangel oder das Autoritäts-Syndrom. Diese Hinderungsgründe im Vorfeld einer erfolgreichen Bewerbung haben wir diskutiert. Es gibt natürlich noch andere Gründe, beim Alten zu bleiben. Welche sind das bei Ihnen? Notieren Sie, wenn Sie mögen:
Sind das gute Gründe? Absolut. Ich bin mir dessen sicher, weil Sie eine vernünftige, intelligente Frau sind. Wenn es Ihre Gründe sind, sind es gute Gründe. Leider gilt das oft nicht dafür, wie wir damit umgehen. Wir haben die Tendenz, Hinderungsgründe zu verabsolutieren, die bekannteste Verabsolutierung ist: In meinem Alter …! Auch gerne genommen wird: Mit meinen Qualifikationen krieg ich doch nie so einen Job! Das ist falsch. Immer.
! Achtung
Absoluta sind immer absolut falsch.