Erziehung und Geschlecht - Barbara Rendtorff - E-Book

Erziehung und Geschlecht E-Book

Barbara Rendtorff

0,0

  • Herausgeber: Kohlhammer
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2006
Beschreibung

In welcher Weise - das ist die Ausgangsfrage dieses Buches - tragen Erziehungsprozesse dazu bei, die Selbst- und Weltbilder von Kindern und ihr Handeln geschlechtstypisch zu färben und zu beeinflussen? Um dies zu verstehen, müssen mehrere Ebenen bedacht werden: wie die Geschlechterordnung als politische und soziale Ordnung mit dem Denken einer Gesellschaft über sich selbst und ihr Menschenbild zusammenhängt; wie diese Geschlechterordnung in den Theoriekonzepten der Erziehungswissenschaft ihre Spuren hinterlassen hat; und wie das pädagogische Handeln mit seinen geschlechtstypisierenden Aspekten auf diesem Hintergrund verstanden werden kann. Das Buch geht in einem Dreischritt vor: Nach einer Bestandsaufnahme geschlechtstypischer Auffälligkeiten werden theoretische Grundlagen des Denkens über Geschlecht vorgestellt und zuletzt pädagogische Erwägungen zum Verhältnis von Geschlecht und Erziehung in Familien und Institutionen diskutiert.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 347

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



In welcher Weise - das ist die Ausgangsfrage dieses Buches - tragen Erziehungsprozesse dazu bei, die Selbst- und Weltbilder von Kindern und ihr Handeln geschlechtstypisch zu färben und zu beeinflussen? Um dies zu verstehen, müssen mehrere Ebenen bedacht werden: wie die Geschlechterordnung als politische und soziale Ordnung mit dem Denken einer Gesellschaft über sich selbst und ihr Menschenbild zusammenhängt; wie diese Geschlechterordnung in den Theoriekonzepten der Erziehungswissenschaft ihre Spuren hinterlassen hat; und wie das pädagogische Handeln mit seinen geschlechtstypisierenden Aspekten auf diesem Hintergrund verstanden werden kann. Das Buch geht in einem Dreischritt vor: Nach einer Bestandsaufnahme geschlechtstypischer Auffälligkeiten werden theoretische Grundlagen des Denkens über Geschlecht vorgestellt und zuletzt pädagogische Erwägungen zum Verhältnis von Geschlecht und Erziehung in Familien und Institutionen diskutiert.

PD Dr. Barbara Rendtorff lehrt an der Universität zu Köln mit dem Schwerpunkt Schulpädagogik.

Grundriss der Pädagogik/ Erziehungswissenschaft

Band 30

Herausgegeben von Werner Helsper, Jochen Kade, Christian Lüders und Frank-Olaf Radtke

Bereits erschienen:

Band 2

J. Abel/R. Möller/K.P. Treumann

Einführung in die Empirische Pädagogik

Band 3

I. Diehm/F.-O. Radtke

Erziehung und Migration

Band 11

J. Kade/D. Nittel/W. Seitter

Einführung in die Erwachsenenbildung/ Weiterbildung

Band 13

Ulrich Heimlich

Integrative Pädagogik

Band 15

Sigrid Nolda

Pädagogik und Medien

Band 16

Georg Peez

Einführung in die Kunstpädagogik

Band 17

Franz Hamburger

Einführung in die Sozialpädagogik

Band 19

Friedrich Schweitzer

Pädagogik und Religion

Band 20

Walter Herzog

Pädagogik und Psychologie

Band 21

Jörg Zirfas

Pädagogik und Anthropologie

Band 28

Harm Kuper

Evaluation im Bildungssystem

Band 32

G. Strobel-Eisele/K. Prange

Die Formen des pädagogischen Handelns

Barbara Rendtorff

Erziehung und Geschlecht

Eine Einführung

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Alle Rechte vorbehalten © 2006 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Umschlag: Data Images GmbH Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart Printed in Germany

Print: 978-3-17-018660-6

E-Book-Formate

pdf:

978-3-17-022849-8

epub:

978-3-17-027678-9

mobi:

978-3-17-027679-6

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Teil I – Bestandsaufnahmen

Kapitel 1 Geschlechtstypische Auffälligkeiten…

1. … bei Kindern

2. … im Kontext von Schule und Beruf

Kapitel 2 Erziehung und Geschlecht – Diskursansätze

1. Historische Diskurslinien und Erziehungsratgeber

2. Erste Frauenbewegung und Geistige Mütterlichkeit

3. Schulbildung und Koedukation

4. „Antisexistische Jungenarbeit“ und „parteiliche Mädchenarbeit“

Teil II – Theoretische Grundlagen

Kapitel 3 Geschlechterdimensionen in der erziehungswissenschaftlichen Theoriegeschichte

1. Weiblichkeit und Männlichkeit

2. Erziehung und Bildung – Mutter und Vater

3. Konsequenzen und weiterführende Überlegungen

Kapitel 4 Die Bedeutung von Geschlecht

1. Theoriebezüge – soziologische und psychologische Orientierungen

2. „sex“ und „gender“, Konstruktion und Phänomen

3. Die Geschlechterordnung und ihre Bedeutung

4. Differenz und Differenzen

Teil III – Erziehung und Geschlecht

Kapitel 5 Pädagogische Erwägungen

1. Care – Ethik der Sorge

2. Erziehen als Profession

3. Differenz und Dissens

Kapitel 6 Pädagogische Handlungsfelder

1. Familie

2. Kindergarten

3. Schule

4. Zusammenfassende Überlegungen

Nachbemerkung über das Studieren der Geschlechterthematik im Bereich von Erziehung/Erziehungswissenschaft

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Vorwort

Der hier vorgelegte Einführungsband stellt sich die Frage, welche Faktoren und Aspekte von Erziehungsprozessen die Selbst- und Weltbilder von Kindern und ihr Handeln in geschlechtstypisierender Weise färben und beeinflussen. Selbstverständlich ist der Prozess der Herausbildung einer Geschlechtsidentität komplexer und lässt sich nicht auf Erziehungseinflüsse allein zurückführen – doch sind die Einflüsse von erziehenden Personen und Institutionen nach allgemeiner Einschätzung äußerst wirkungsvoll, so dass es (gerade im Kontext einer Reihe zu Grundfragen der Erziehungswissenschaft) durchaus sinnvoll ist, sie als herausgehobenen Fokus zu behandeln.

Mit dem Titel „Erziehung und Geschlecht“ ist aber auch angezeigt, dass nicht alle pädagogischen Situationen, nicht alle Handlungsfelder und Teildisziplinen betrachtet werden, sondern nur diejenigen, die in einem engen Sinne mit Erziehung zu tun haben. So werden manche Bereiche (wie die Erwachsenenbildung) gar nicht diskutiert und diejenigen pädagogischen Institutionen, die einen ausdrücklichen Bildungs- und Erziehungsauftrag haben, gegenüber den sozialpädagogischen Problemstellungen oder denen der außerschulischen Jugendbildung bevorzugt betrachtet.

Dennoch ist es nicht ganz einfach, eine so komplexe Thematik wie die Frage der individuellen und gesellschaftlichen Bedeutungen und Wirkungen der Geschlechterverhältnisse einerseits sinnvoll zu begrenzen und ihr andererseits zugleich einen angemessenen Stellenwert zu geben. Debatten über Geschlecht und Geschlechterverhältnisse sind und waren meist von politischer (und alltagspsychologischer) Art, sind deshalb meist auch mit Interessen verbunden, die gleichwohl nicht immer auf den ersten Blick erkennbar sind; gleichzeitig gibt es ein großes allgemeines Interesse an der Frage, wie verschieden die Menschen in ihrer Geschlechtlichkeit seien oder welche Bedeutung sie für die individuellen Befindlichkeiten habe. Auch diese Fragen werden im vorliegenden Band nicht diskutiert, doch können die hier vorgetragenen Überlegungen sicherlich etwas zum Verständnis auch darüber hinausgehender Problemstellungen beitragen.

Geschlecht ist im Kontext von Erziehungswissenschaft und Pädagogik auf zumindest drei verschiedenen Ebenen wirksam: zum einen auf der Ebene des gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisses, verstanden als politische und soziale Ordnung wie auch als Ausdruck des Denkens einer Gesellschaft über sich selbst und ihr Menschenbild; zweitens übersetzt die Erziehungswissenschaft diese grundlegenden Auffassungen in ihre Theoriekonzepte und überträgt sie drittens in pädagogische Praxismodelle. Die Erziehungswissenschaft ist sich der Komplexität dieser Zusammenhänge aber nur wenig bewusst – bislang wurde die Geschlechterfrage ganz überwiegend im Zusammenhang mit Problematisierungen zu Koedukation diskutiert. Es ist deshalb auch ein Anliegen dieser Einführung, diese Verkürzungen zu überschreiten und der Geschlechterthematik einen größeren Diskussionsrahmen zu öffnen – zumal ich zu der Auffassung gelangt bin, dass Geschlecht als strukturierende Kategorie nicht nur die gesellschaftlichen Ordnungen, sondern auch die Grundlagen unseren Denkens mitgestaltet.

Der Text geht gewissermaßen im Zickzack vor: Ausgehend von einer Bestandsaufnahme geschlechtstypischer Auffälligkeiten und der sich darauf beziehenden pädagogischen Debatten fragt er zuerst nach dem Denken über Weiblichkeit und Männlichkeit in den erziehungswissenschaftlichen Begriffen und ihrer Theoriegeschichte. Zwar sollte eine Einführung vor allem einen Überblick über den aktuellen Wissensstand zu ihrem Thema geben – aber sie darf auch, gerade wenn sie es mit einer so komplexen Thematik zu tun hat, eine darüber hinausweisende eigene Positionierung formulieren. Diese wird insbesondere im vierten Kapitel zur Diskussion gestellt. Von dort aus wendet sich der Text dann aktuellen pädagogischen Debatten und Handlungsfeldern zu.

Wie gesagt – die Thematik ist sehr komplex, deshalb beschränkt sich der vorliegende Text hauptsächlich auf die deutschsprachige Literatur und die hierzulande geführten Diskurse. Auch erhebt er keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit – vieles wird nur angedeutet oder kursorisch gestreift. Mag er dennoch die Perspektiven der LeserInnen öffnen und Anregungen zum Weiterdenken geben.

Teil I – Bestandsaufnahmen

Kap. 1 Geschlechtstypische Auffälligkeiten …

1. … bei Kindern

2. … im Kontext von Schule und Beruf

Kap. 2 Erziehung und Geschlecht – Diskursansätze

1. Historische Diskurslinien und Erziehungsratgeber

2. Erste Frauenbewegung und Geistige Mütterlichkeit

3. Schulbildung und Koedukation

4. „Antisexistische Jungenarbeit“ und „parteiliche Mädchenarbeit“

Kapitel 1 Geschlechtstypische Auffälligkeiten…

„Unsere Erfahrungen verwandeln sich meist sehr rasch in

Urteile. Diese Urteile merken wir uns, aber wir meinen,

es seien Erfahrungen. Natürlich sind Urteile nicht so zuverlässig wie Erfahrungen. Es ist eine bestimmte

Technik nötig, die Erfahrungen frisch zu halten, sodass man immerzu aus ihnen neue Urteile schöpfen kann.

Me-ti nannte jene Art von Erkenntnis die beste, welche

Schneebällen gleicht. Diese können gute Waffen sein, aber man kann sie nicht zu lange aufbewahren. Sie halten sich auch zum Beispiel nicht in der Tasche.“

Me-ti. Buch der Wendungen1

Geschlechtstypisch, geschlechtsspezifisch, geschlechtsbezogen – in der Literatur werden eine ganze Reihe unterschiedlicher Begriffe verwendet, um Effekte der Geschlechtszugehörigkeit oder der Geschlechterverhältnisse auf das Selbstbild und Verhalten von Individuen oder auf gesellschaftliche Beziehungen zu beschreiben. Allerdings ist die Bedeutung dieser Begriffe nicht bei allen AutorInnen gleich, die darin unausgesprochen enthaltenen Ursachenverweise sind unterschiedlich und die Reichweite der Begriffe ist verschieden. Deshalb empfiehlt es sich, zumindest an einigen Punkten Klarheit zu schaffen. Mit dem Ausdruck „geschlechtstypisch“ ist angezeigt, dass eine Verhaltensweise häufig oder überwiegend bei einem Geschlecht auftritt, ohne dass es dafür eine biologischphysiologische Grundlage gibt, während im Unterschied dazu die Kennzeichnung „geschlechtsspezifisch“ auf anlagebedingte Unterschiede verweist, wie etwa Bartwuchs oder Menstruation. Geschlechtstypisierend sind dann solche Handlungen, die bei dem Gegenüber einen Zuordnungs- und Zuschreibungsprozess initiieren, der in dessen Selbstbild eingeht. Geschlechtstypisierende individuelle Akte reichen also von dem berühmten „Aber ein Junge weint doch nicht!“ bis hin zu Aufgabenstellungen im Schulunterricht, die qua Vereindeutigung eine Gewöhnung an Stereotype hervorrufen, etwa die Aufforderung „Schreibe je drei Berufe auf, die deiner Meinung nach ‚Frauenberufe‘ bzw. ‚Männerberufe‘ sind. Begründe deine Auswahl“ (Portmann 1999, 61). Solche aktiven Typisierungen lassen sich zwar relativ leicht erkennen (wenngleich auch kaum verhindern), schwieriger ist es allerdings, wenn stereotypisierende Handlungen so dezent oder subtil sind, dass sie weder dem/der Akteur/in noch dem Gegenüber unmittelbar auffallen. Und noch schwieriger ist es, zu erkennen, welche Geschlechterbilder und Strukturen diesen Handlungen zugrunde liegen und ihnen vorausgehen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!