Essenz der Götter I - Martina Riemer - E-Book
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Essenz der Götter I E-Book

Martina Riemer

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Beschreibung

**Wenn eine göttliche Bestimmung auf dich wartet…** Loreen hat nach dem Tod ihrer Eltern alles verloren. Sie wird aus ihrer vertrauten Umgebung gerissen, von ihrem Freund getrennt und in ein Waisenhaus gesteckt. Seitdem lässt das rebellische Mädchen mit den violetten Haaren niemanden mehr an sich heran. Bis sie Menschen begegnet, die so anders sind, wie sie selbst sich schon immer gefühlt hat. Zu ihnen gehört auch der geheimnisvolle und schweigsame Krieger Slash. Von ihm erfährt sie, dass sie direkt von den Göttern abstammt und eine besondere Gabe hat, welche für einen seit Jahrtausenden geführten Krieg gebraucht wird. Zuerst versucht sie, vor ihrer Bestimmung zu fliehen, doch dann erkennt Loreen, dass sie sich ihrem Schicksal stellen muss. Es könnte nur mittlerweile zu spät dafür sein… //Textauszug: Loreens Blick blieb intuitiv bei Slash hängen. Es gab keinen bestimmten Grund dafür, aber er hatte etwas an sich, wodurch sie sich ihm verbunden fühlte. Nicht sein gutes Aussehen, sondern sein machtvolles Auftreten, die Kraft, die er versprühte und vor allem seine dunklen Augen, in denen manchmal, wenn er nicht aufpasste, ein tiefer Schmerz aufblitzte. Vielleicht wollte sie in seinem Blick auch nur etwas sehen, das sie selbst fühlte.// //Alle Bände der romantischen Götter-Reihe: -- Essenz der Götter I -- Essenz der Götter II -- Essenz der Götter. Alle Bände in einer E-Box// Die »Essenz der Götter«-Reihe ist abgeschlossen.

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Im.press Ein Imprint der CARLSEN Verlag GmbH © der Originalausgabe by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2014 Text © Martina Riemer, 2014 Lektorat: Hanna Kelbert, Nicole Boske Umschlagbild: shutterstock.com / © Ase / © 4Max Umschlaggestaltung: formlabor Gestaltung E-Book-Template: Gunta Lauck Schrift: Alegreya, gestaltet von Juan Pablo del Peral

Für meinen Lebenspartner, Liebhaber, besten Freund und nun auch Mann. Du bist das Yang zu meinem Yin und auch wenn du mich nicht immer verstehst, versuchst du es. Trotz großer Skepsis hast du schließlich doch eingesehen, dass mein Schreiben nicht nur ein zeitintensives, unnötiges Hobby ist. :-)

Ich danke dir für die vielen Stunden, die du meinen Schwärmereien und Problemen zum Buch gelauscht hast – ich bin mir sicher, das war nicht immer leicht für dich.

Ich liebe dich.

Prolog

Jahrelang hat sie sich gewehrt hierher zu kommen. Zu Leuten, die behaupten, wie sie zu sein. Doch nun steht sie hier, mitten unter ihresgleichen und alle starren sie mit neugierigen Blicken an. Als sie in all die fremden Gesichter um sich herum blickt, bezweifelt sie, dass ihr viele wohlgesonnen sind. Aus ihren Augen ist das Gegenteil zu lesen. Aber das ist nicht das Schlimmste, sondern die Stimmung, die über dem Lager liegt. Loreen kann es fühlen bis ins Mark – sie trauen ihr nicht, kein bisschen. Aber wer könnte ihnen das verübeln, nachdem sie damals abgehauen ist und sie im Stich gelassen hat?

Auf keinen Fall werde ich Schwäche zeigen, das können sie sich abschminken! Unter den Argusaugen der Schaulustigen nähern sie sich dem Zentrum des Dorfes. Oder der Insel? – Was auch immer, sie hat keine Ahnung. Genau weiß sie noch nicht, wo sie sich befinden, aber das wird sie schon noch herausfinden – und zwar bald.

Damals

1. Kapitel

Loreen

Bereits seit Wochen war sie in diesem elenden Kinderheim und hielt es fast nicht mehr aus. Ihr Leben war ein einziger Scherbenhaufen und jetzt, wo alles, was sie brauchte, eine bekannte Umgebung war, hatten die Idioten von Beamten sie mitten ins Nirgendwo in ein Kinderheim geschleppt. In ein Kinderheim, verdammt nochmal! Sie war bereits siebzehn und schon lange kein Kind mehr. Ihre Kindheit hatte genau am zweiten April, einem warmen, sonnigen Tag voller Schmetterlingen und Frühlingsduft geendet. Wer hätte das gedacht? Vor sieben Monaten, sechzehn Tagen und vierzehn Stunden – seitdem war nichts mehr wie zuvor.

Sie war gerade mit Jamie Zuhause gewesen und sie hatten zusammen, neben ihnen zwei leere Pizzakartons, einen Horrorfilm geguckt, um sich die Zeit zu vertreiben, bis ihre Adoptiveltern, die sie bereits als Baby zu sich genommen hatten, von einem Tagestrip nach Hause kamen. Loreen hatte sich am Vortag mit Händen und Füßen gewehrt, mit auf die langweilige Ausstellung zu fahren, die Bilder von toten Künstlern zeigte. Ihre Mutter hatte zwar ein wenig geschmollt, als sie am Morgen alleine aufbrechen mussten, aber Loreen war zutiefst zufrieden mit sich selbst und ihrer Hartnäckigkeit gewesen. Sie hatte den Tag musizierend auf ihrer Klarinette, mit viel Lesen, Fernsehen und natürlich mit Jamie verbracht. Dann hatten sie gemeinsam auf ihre Eltern gewartet. Nur, dass diese nie mehr zurückkamen. Stattdessen hatten um Punkt zehn Uhr abends zwei Polizisten und ein Psychologe an ihrer Tür geklingelt. »Sind sie Ms Earnest, die Tochter von Jill und Howard Earnest?«

Die Männer in Uniform hatten ihr eine Nachricht überbracht, die ihr das gewohnte Leben entrissen und für immer ein paar Schattierungen dunkler gemacht hatte. An den Rest des Abends konnte sie sich nicht mehr genau erinnern. Alles danach war eine verwischte Abfolge von Bildern, Tränen und schmerzhaften Gefühlen gewesen – vor allem Gefühlen. Sie hielten ihr Herz noch immer in kalten Gliedern umklammert. Obwohl sie nicht ihre leiblichen Eltern waren, hatten sie ihr immer wieder gezeigt und gesagt, wie sehr sie sie liebten und der Schmerz ihres Verlustes wog unfassbar schwer.

Keine zwei Tage später wurde sie in das Kinderheim im verschlafenen Triptonville beim dunklen Reelfoot Lake gebracht, obwohl sie darauf bestanden hatte in der Nähe von Chicago zu bleiben. Wenn sie schon keine Familie mehr hatte, wollte sie bei der einzigen Konstante in ihrem Leben bleiben – bei ihrem Freund Jamie.

Loreen und er kannten sich bereits, seit sie noch ganz klein waren. Zuerst waren sie Nachbarskinder, dann beste Freunde und zu ihrem fünfzehnten Geburtstag hatte sie ihren ersten Kuss von ihm bekommen. Natürlich nicht vor allen anderen oder ihren Eltern. Aber als er sich am Abend vor ihrer Haustür verabschiedet hatte, hatte er sie sanft näher gezogen und bevor sie reagieren konnte, hatte sie seine Lippen gespürt. Das war ihr Anfang gewesen. Sie waren auch jetzt noch ein Paar und Loreen wünschte sich bei ihm zu sein, die jahrelange Vertrautheit zu fühlen, auch wenn sie wusste, dass sie jetzt eine andere war als noch vor einigen Monaten. Vor allem vermisste sie sein sommersprossiges Gesicht mit den blauen Augen und den sommerhaften Duft seiner strohblonden Haare.

Doch die Behörden hatten kein Ohr für eine Siebzehnjährige gehabt und schickten sie weg, ohne lange Fragen zu stellen. Nun war sie im Garten des Heimes und blickte, den Kopf auf den Arm gelehnt, Richtung See, dessen ruhige Oberfläche im Licht der Sonne schimmerte. Die glatten Haare flatterten ihr in unruhigen Bewegungen ins Gesicht, als der Herbstwind über die Wiese blies. Genervt, wie sie es seit einer Ewigkeit war, griff sie schnaubend nach den losen Strähnen und wickelte unsanft ein Gummiband darum. Es kümmerte sie nicht, dass sie dabei einige Haare ausriss. Loreen hatte ihre Haare seit jenem Abend nicht mehr gefärbt. Daher glänzten die ersten Zentimeter komplett schwarz, um nach dem Ansatz in ein leuchtendes, dunkles Violett überzugehen. Sie konnte sich nicht mehr um solch unwichtige Dinge kümmern, genauso wenig darum, ihre gebogenen Augenbrauen nachzuzupfen oder auch nur daran zu denken, ihre dunklen Mandelaugen zu schminken. Das wäre zwar eine Unart für die alte, beliebte Loreen gewesen, aber die ›Neue‹ scherte sich einen Dreck um solche Äußerlichkeiten.

Vieles hatte sich verändert, aber was ihr zumindest noch blieb, war ihre Liebe zur Musik.

Seit sie im Heim war, hatte sie mit keinem Jugendlichen Freundschaft geschlossen. Loreen ging ihnen lieber aus dem Weg und nahm nur an den Pflichtveranstaltungen teil. Die restliche Zeit verbrachte sie alleine – trauernd, lesend und vor allem musizierend. Ihre Klarinette und ihr Saxophon waren beides Dinge, die sie fast täglich in die Hand nahm. Die restlichen Sachen in ihrem Zimmer lagen oft tagelang unberührt herum. Zum Glück musste sie das Zimmer seit einigen Wochen nicht mehr teilen, nachdem Loreens Zimmergenossin mit Beginn ihrer Volljährigkeit verschwinden durfte. Seitdem spielte sie oft in ihrem Zimmer, ließ sich vollkommen auf ihre Empfindungen beim Spielen der Instrumente ein und versank in einem Strudel aus Gefühlen und Emotionen. Wenn sie hier im Freien spielte, war sie nie lange allein. Die anderen kamen, um ihrem Spiel zu lauschen und versanken oft mit ihr in der Musik und in den Gefühlen, die diese auslöste; so als ob alle im gleichen Sog der Traurigkeit gefangen wären. Doch die ständige Belagerung und der Blick in die anderen traurigen Gesichter waren Loreen zu viel gewesen. Daher beschränkte sie sich nun darauf, alleine zu spielen – weggesperrt in ihrem Zimmer.

Schweigend und nachdenklich saß sie auf der Wiese, bis es zum Mittagessen läutete. Keine fünf Minuten später rief eine Heimerzieherin ungeduldig ihren Namen. Loreen raffte sich auf und schrie lauthals zurück: »Ich komm‘ ja schon!«

***

Slash

Sie waren gerade erst angekommen und schon jetzt kam ihm hier alles bizarr vor. Slashious hatte immer wieder Kontakt mit der Welt der normalen Menschen, aber von Mal zu Mal erschien sie ihm eigenartiger. Besonders in den letzten paar Jahren. Nun liefen immer alle mit diesen Dingern durch die Gegend, die sie Handys nannten, tippten darauf herum oder redeten irgendwelches Zeug rein. Als ob das jemanden interessieren würde.

Slashious mischte sich nicht oft unter Menschen und wenn er einen Auftrag hatte, dann bestand der meist darin, sich abseits von Städten oder Siedlungen in ein Gefecht zu stürzen. Kämpfen war das, was er konnte und was ihm eine Form von Befriedigung verschaffte. Seit einiger Zeit schon, seit damals … Slashious musste die Zähne fest zusammenpressen, bis sie fast knirschten, um seine Gedanken und Gefühle hinunterzuschlucken.

Nicht jetzt, nicht hier! Am liebsten wäre er zu Hause geblieben oder hätte irgendwo gekämpft, auf Schädel eingeschlagen oder ein Messer geschwungen. Aber nein – Pure war für den Auftrag ausgewählt worden und somit saß auch er hier fest.

Ebenso wie Sky, der seinen ersten eigenständigen Auftrag ausführen durfte. Er war schon einige Male mit Pure, ihm selbst oder anderen auf Missionen gewesen und kannte sich ebenso gut in der Menschenwelt aus wie sie. Bislang war aber immer ein Aufpasser an seiner Seite gewesen, doch nun durfte er weitgehend eigenständig handeln. Sein Vorteil bei dem Auftrag war, dass er das richtige Aussehen hatte, um sich noch als Siebzehnjähriger ausgeben zu können. Das würden sie hier brauchen, um ohne Verdacht zu schöpfen bei den Jugendlichen im Heim herumschnüffeln zu können. Slash und Pure sollten von Seiten der Lehrer Ausschau halten und Sky als einer der Bewohner, um somit schneller ihr Vertrauen zu erlangen.

Sky rempelte ihn absichtlich mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht an. »Slash! Jetzt steh hier nicht so rum wie eine Vogelscheuche! Grübeln kannst du nachher auch noch. Los komm, komm, komm! Lass uns die Operation ›Heimkehrer‹ durchführen! Ich bin schon so gespannt, wie das wird.«

Sein jugendliches Gesicht erstrahlte voller Vorfreude und Skys grasgrüne Augen blitzten aufgeregt, während seine haselnussbraunen Haare leicht wippten. Slash seufzte und ein bekanntes Pochen kündigte sich in seiner Schläfe an. »Sky, beruhig dich. Erstens hat unsere Operation keinen Namen und wenn, dann bestimmt nichts so Offensichtliches wie ›Heimkehrer‹.« Seufzend schüttelte Slash den Kopf. Irgendjemand musste Skys Übermut dämpfen, um nicht alles zu gefährden. »Zweitens, konzentrier dich und hör auf, wie ein Verrückter herumzuhüpfen. Wir dürfen keine Aufmerksamkeit auf uns lenken. Verstanden?«

Sky kam wieder näher an ihn heran und umkreiste Slash. Dabei zupfte er ihn kurz, aber schmerzhaft, an einer seiner schwarzen Dreadlocks, die er mit einem Lederband locker zusammengebunden hatte und die zwischen seinen hellbraunen Schultern lagen. »Verdammt! Sky …«

Hastig schnitt Sky ihm das Wort ab. »Ja, ja, ich weiß, Kumpel. Ruhe und Konzentration. Bla bla bla … Wie oft möchtest du mir das öde Mantra noch vorbeten? Sei nicht so ein Spielverderber. Wir wollen hier auch unseren Spaß haben. Ich weiß, du wolltest lieber einen anderen Auftrag, wo du Ungeheuer töten kannst und viel Blut spritzt. Aber jetzt sind wir hier. Sieh es als eine Art Urlaub.«

Sky stellte sich vor ihn und hob eine Augenbraue, als würde er auf eine Retourkutsche von Slash warten – die er auch prompt erhielt. »Richtig, du hast es erfasst. Ruhe und Konzentration! Du kannst hier kein Theater veranstalten wie ein …«, sagte er, als im selben Moment Pure aus dem Zimmer stürmte, das sie als Lehrkraft im Heim zugeteilt bekommen hatte. Ihre eisblauen Augen schossen Blitze in ihre Richtung. »Jungs, haltet die Klappe! Ihr seid viel zu laut. Euch kann man überall hören. Konzentration und Ruhe. Und jetzt los!«

Mit schnellen Schritten marschierte sie an ihnen vorbei und eilte den Flur in Richtung Aula entlang, ohne einen Blick zurück zu werfen. Sky trottete mit eingezogenem Kopf und roten Wangen hinterher, während Slashs Hände sich zu Fäusten ballten und er leise murrend folgte: »Das Gleiche habe ich gerade gesagt.«

***

Die Kinder und Jugendlichen im Heim waren bereits ausgiebig mit ihrem Mittagessen beschäftigt, als er Pure und Sky in den Speisesaal folgte, der gleichzeitig die Aula war und somit den einzigen großen Raum für alle wichtigen Aktivitäten und Feiern darstellte. Sky bog bereits einige Tische vorher ab und suchte sich einen freien Platz unter den Jugendlichen. Sie hatten mit ihm wirklich eine geeignete Wahl getroffen; er passte gut hinein und wirkte nicht im Geringsten deplatziert. Wohingegen Slash sich wie eine verfluchte Witzfigur vorkam – in der steifen, unbequemen Hose, mit zugeschnürten Schuhen und einem braunen Pullover, der an seiner Haut kratzte. Er vermisste seine Sandalen und das weiche, offene Leder um seinen Körper.

Pure und er nahmen am Tisch der Heimleitung und Lehrer Platz. Sofort vertiefte sich Pure in ein Gespräch mit den anderen Lehrkräften. Sie ging seines Erachtens etwas zu zielstrebig an die Sache, schoss es ihm durch den Kopf, als er einen Teil ihrer Unterhaltung mithörte. »Sind in letzter Zeit viele Jugendliche aufgenommen worden?« … »Aha, wie heißen die?«

Typisch Pure. Sie sprach nicht viel, aber wenn, nahm sie nie ein Blatt vor den Mund und war so direkt, dass ihm manchmal die Spucke wegblieb. Nicht nur, weil sie ehrgeizig und stur war, sondern auch der ungeduldigste Mensch, den Slash kannte. Sogar schon als Kind. Wenn sie damals zu dritt mit ihrem Bruder Fio Verstecken gespielt hatten, hatte sie nach zwei Mal Suchen einfach aufgehört und war mit den anderen Jungs Fangenspielen oder sich gegenseitig mit Beeren abschießen gegangen. Und er und Fio hatten stundenlang in den blöden Verstecken ausgeharrt, bis sie von den Erwachsenen zum Abendessen gerufen wurden.

Wieder erreichte ihn ein Gesprächsfetzen aus Pures Richtung: »Haben Sie besonders talentierte Kinder?« … »Interessant, ist Ihnen dabei etwas ›Komisches‹ aufgefallen?«

Bei den Göttern, das war definitiv nicht die langsam herantastende Art, von der sie vorhin gesprochen hatten. Unter dem Tisch gab er ihr einen Stoß gegen das Schienbein. Als sie zu ihm herüber blickte, bedeutete er ihr unauffällig mit der Hand, dass sie etwas langsamer machen sollte. Pure verzog zwar kurz den Mund und er konnte ihren Unmut in den eisblauen Augen aufblitzen sehen, aber sie nickte leicht, so dass nur er es sehen konnte. Als sie sich wieder an ihren Gesprächspartner wandte, war von ihrem stillen Disput nichts mehr zu merken. Während Pure sich nun subtiler mit dem Kollegium austauschte, um sich Informationen zu besorgen, ließ Slash den Blick über die Menge schweifen. Irgendwo hier musste jemand sein, der so war wie sie, hier im gleichen Saal. Aber wer nur?

Es waren geschätzte dreihundert Jugendliche und einen davon mussten sie finden, ohne dass es jemand von den anderen mitbekam. Schwierig, aber nicht unmöglich. Sein Blick wanderte zu Sky hinüber, der zwischen einem molligen, blonden Mädchen und einem dunkelhaarigen, hochgewachsenen Jungen saß. Sky schüttelte leicht den Kopf und Slash schaute sich weiter um. Aus der ganzen Masse fielen ihm nur zwei Jugendliche auf. Einerseits ein blonder Junge, der in der Mitte des längsten Tisches saß und die Aufmerksamkeit der Umliegenden mit lauten Sprüchen und fuchtelnden Händen auf sich zog. Und am Ende eines Tisches, auf der anderen Seite des Raumes, saß ein Mädchen mit traurigen, schräg liegenden Mandelaugen und fein gezeichneten Gesichtszügen. Ihre Haare waren unachtsam zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Nach ein paar Zentimetern dunklen Ansatzes konnte man die leuchtend violette Farbe ihrer Haare erkennen. Sein Blick blieb an ihr haften und wollte sich nicht mehr lösen. Nicht wegen ihres extrem schönen, exotischen Gesichts und nicht, weil er glaubte, sie sei diejenige, die sie suchten, sondern weil sie eine unglaubliche Traurigkeit ausstrahlte. Er konnte den Schmerz in jeder ihrer Bewegungen sehen. Als sich ihre Blicke für einen Moment kreuzten, war es zu viel für ihn und er musste den Blick senken, weil er die quälende, auffressende Art von Schmerz nur zu gut kannte.

***

Loreen

Wie immer schlich sie sich in der letzten halben Stunde vor dem Nachmittagsunterricht noch einmal hinaus in den Garten und atmete in tiefen Zügen die frische Luft ein. Heute war es ihr im Speiseraum noch voller vorgekommen als sonst. Was nicht nur daran lag, dass ein neuer Teenager namens Sky aufgetaucht war, sondern auch daran, dass zwei neue Lehrer nach dem Essen vorgestellt worden waren. Das Irritierende dabei war die Tatsache, dass der neue männliche Lehrer sie des Öfteren hemmungslos angestarrt hatte. Außerdem war Loreen sofort aufgefallen, dass er sich in seiner Haut nicht wohlfühlte, als er den Raum betreten hatte. So wie sie selbst. Sein verkrampfter Gang und das Zupfen an den Klamotten ließen ihn fast unsicher wirken. Was sie aber nicht nachvollziehen konnte, denn er sah gut aus, richtig gut. Das sollte sie zwar nicht über einen Lehrer denken, aber er war noch jung, ungefähr dreiundzwanzig. So jung, dass sie sich schwer tat, ihn in die gleiche Schublade wie die anderen Lehrer zu stecken – alt, rundlich und meist unmotiviert oder nervig.

Nur seine Klamotten – Jeans und ein altmodischer Pullover passten nicht ganz ins Bild seiner sonst so attraktiven Erscheinung. Er war groß und muskulös, seine Haare bestanden aus zusammengebundenen schwarzen Dreadlocks und seine Haut war cappuccinofarben – Kaffee mit einem Schuss Milch. Genauso, wie sie ihn gerne trank.

***

Zwei Tage und einige Stunden später brach die letzte Unterrichtstunde vor dem Wochenende an und zugleich auch Loreens Lieblingsstunde: Musik. Auch wenn sie sich zurückhielt und dort, wie überall, im Hintergrund blieb, war ihr während der Musikstunde immer ein wenig leichter ums Herz. Musik konnte viele ihrer Stimmungen perfekt einfangen und manchmal ihre Gefühle komplett verändern, verbessern und erträglicher machen.

Das war schon immer so gewesen und daher hatte sie als Kind bald darauf bestanden, das Spielen eines Instruments zu erlernen. Ihre Mutter hatte sie zuerst zur Klarinette und später zum Saxophon überredet. Immer wenn sie auf Gitarre oder Klavier zu sprechen kamen, bei denen Loreen zusätzlich auch hätte mitsingen können, hatte ihre Mutter eine Ausrede gefunden.

Erst vor einigen Tagen war Loreen unbewusst in das Musikzimmer gestolpert. Ihre Füße hatten sie wie von selbst dorthin geführt. Im Raum hatte das große Klavier gestanden und bevor sie sich‘s versah, hatte Loreen bereits die ersten Tasten gedrückt und Musik war durch ihre Finger geflossen. Ohne dass sie es je gelernt hatte, wurde sie von den Klängen getragen. Plötzlich hatte sie nicht mehr aufhören können und mit geschlossenen Augen zu singen begonnen. Damit war es um sie geschehen: Emotionen trugen sie durch den Raum, die so vielfältig waren wie die Farben des Regenbogens. Etwas hatte sich in ihr gerührt, eine unbeschreibliche Sehnsucht, die in ihrem Innersten schlummerte. Das Sonderbarste war, dass sie beim Öffnen der Augen ein goldenes Licht gesehen hatte, das in fließenden Wellen um sie herum geströmt war. Doch als sie ihren Gesang beendet hatte, war das Leuchten sofort verschwunden. Was auch immer das gewesen war, es hatte ihr ungeheuer Angst gemacht und gleichzeitig ihre Neugierde geweckt. Bei der Erinnerung stellten sich erneut die Härchen an ihren Unterarmen auf und sie schlang die Arme um ihren Oberkörper.

***

Slash

Geschmeidig glitt Slash in das Musikzimmer und war prompt umzingelt von zwei Dutzend Schülern. Er fühlte sich in diesem Raum beengter als in einem Kampf, bei dem er sich zehn Gegnern gleichzeitig stellen musste. Er konnte zwar die einen oder anderen Dinge gut erklären, aber das tat er lieber im Zusammenhang mit sportlichen und athletischen Aufgaben – Musik genoss er nur für sich alleine. Was hätte er jetzt dafür gegeben, eine Angriffstaktik mit Messern zu erläutern. Stangenwaffen und Schwerter wären ihm auch recht oder ganz einfach ein Nahkampf ohne Waffen. Doch Pure und er mussten sich menschlich und normal benehmen. Sie hatten einige Fächer unter sich aufgeteilt und an ihm blieben Sport und Musik hängen. Mit den Fächern an sich hatte er kein Problem, aber mit seiner einengenden Rolle in diesem geschlossenen Schulzimmer.

Er wuchtete eine abgenutzte, lederne Umhängetasche auf das Lehrerpult. Slash wollte seinen Unterricht damit beginnen, dass sich alle Schüler zuerst vorstellen und ihre Beziehung zur Musik erläutern sollten. Vielleicht konnte er auf diesem Weg etwas herausfinden. Falls nicht, würde er jeden Schüler einzeln rannehmen. Und danach würde er auch jeden von ihnen etwas vorspielen oder singen lassen. Spätestens dann sollte er einen Anhaltspunkt haben oder Pure würde etwas spüren können, falls einer von den Schülern eine musikalische Gabe hatte. Pure hatte nämlich die Fähigkeit andere ihrer Art aufzuspüren, sobald diejenigen ihre Essenz einsetzten. Egal, ob es eine aktive Kraft für den Angriff war oder eine dezente, die man nicht durch funkelnde Blitze oder dergleichen sah. Dabei hoffte er, dass er mit seinem Programm in einer Stunde durchkommen würde. Ein straffer Zeitplan, aber nicht unmöglich.

Während er sich den Schülern noch einmal als neuer Lehrer vorstellte und ihnen eine erfundene Geschichte über sein Alter, seinen Namen und Werdegang auftischte, konzentrierte er sich auf die verschiedenen Augenpaare im Raum. Dabei blickte er jedem einzelnen Schüler forschend ins Gesicht. In der hintersten Reihe blieb sein Blick hängen – dort war sie wieder.

Ihre Haare trug sie heute offen und sie breiteten sich ungeniert über ihren Rücken aus. Ihre Ellbogen hatte sie auf den Tisch gestellt, während ihr Kinn auf den verschränkten Fingern ruhte. Die Stunde dürfte interessant werden. Und er sollte Recht behalten.

***

Nach seinem Unterricht, der lange und ausgiebig war, hatte er nur eine Schülerin in die engere Auswahl genommen und so ironisch es ihm auch vorkam, war es das hübsche, traurige Mädchen. Zum jetzigen Zeitpunkt war er sich noch nicht vollkommen sicher, es war eher ein Bauchgefühl – aber das hatte ihn noch nie enttäuscht. Slash würde Sky vorschicken, um einen ersten Kontakt mit ihr zu knüpfen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Er war der Bessere für solch eine Aufgabe. Sky war offen und konnte Menschen mit seiner fröhlichen Art für sich gewinnen, ganz anders als er.

Slash traf sich mit Pure und Sky im Schlafzimmer von Pure, um sie über die Eingrenzung ihrer Suche aufzuklären. Sky war ganz begierig darauf, gleich loszulegen und das Mädchen auszuhorchen. Auch Pure war über die Entwicklung äußerst erfreut. »Heute, während deines Musikunterrichts, konnte ich definitiv eine Kraft spüren. Bei meinen Jugendlichen war im Unterricht hingegen nichts zu fühlen. Damit hätten wir mit Sicherheit den Kreis auf deine Klasse eingeschränkt und es muss eine musikalische Gabe sein. Wenn wir Recht haben, dürfte es ab jetzt ein Kinderspiel sein. Das bedeutet, wir hätten es bald erledigt und könnten wieder zurück nach Hause.«

Freundschaftlich legte Slash die Hand auf ihre Schulter und drückte sie leicht. Ihr ging es wie ihm. Auch sie wollte wieder heim, doch das ging noch nicht. »Gut, aber du weißt, dass es nicht so schnell gehen wird. Wir müssen nach den Regeln vorgehen. Zuerst gehen wir an einen anderen Ort, um erste Tests durchzuführen, damit wir sicher sind.«

Pure prustete ungeduldig: »Ja, ich kenne die Vorschriften, trotzdem mag ich sie nicht. Ich will hier weg! Die vielen Menschenkinder machen mich unruhig und die Klamotten kratzen ständig – auch wenn ich weiß, dass es nicht anders geht.«

Schnell senkte sie den Blick, aber Slash konnte dennoch ein verräterisches Glitzern in ihren Augen erkennen. »Wenn Fio noch hier wäre, würden wir sofort wissen, wer es ist. Aber mit meiner mickrigen Macht …«

Während sie sprach, fiel ihr eine blonde, schulterlange Haarsträhne ins Gesicht und Slash schob sie ohne nachzudenken wieder zurück hinter ihr Ohr. Auch wenn er seit damals, als er alles verloren hatte, zu allen auf Abstand ging, war sie seit jeher seine beste Freundin. Vor vier Jahren waren sie sogar zu ›Bell-Pars‹ ernannt worden. Aber trotz all dem und ihrer Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft konnte Slash nie mehr als brüderliche Gefühle für sie entwickeln. Im Geiste war sie seine kleine Schwester. Das würde sich nie ändern, ungeachtet sämtlicher Vorschriften, die man ihnen machen wollte.

Sky räusperte sich deutlich hörbar: »Hey Freunde, ich weiß ja, wir sind in einem Schlafzimmer, die ganze ›Bell-Par‹ Geschichte und so, aber könnten wir uns vielleicht wieder auf diese Sache hier fokussieren?«

Pures Augen funkelten in seine Richtung und ein goldener Schimmer leuchtete schwach auf, der die kleinen Sprenkel ihrer Augen hervorhob – die kleinen goldenen Tupfer, die jeder Divinus ab Einsatz seiner Kräfte aufzuweisen hatte. Slash wandte sich an Sky: »Wir sind fokussiert und haben die Mission im Blick. Mach dir keine Sorgen. Du hast heute Abend freie Hand, vielleicht findest du etwas raus. Aber pass auf, dass du nichts ausplauderst, bevor wir uns sicher sind.«

Dieses Angebot konnte Sky nicht ausschlagen. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich eifrig Richtung Tür und war im nächsten Moment bereits verschwunden. Auch Slash musste raus. Er schnappte sich ein Buch und verabschiedete sich für den restlichen Abend von Pure.

Er brauchte ein wenig Ruhe in der Natur, da er es nicht gewöhnt war, so lange in Räumen eingesperrt zu sein. Wenigstens etwas frische Luft, wenn er schon nicht trainieren, laufen oder Gitarre spielen konnte, um seinen Kopf frei zu bekommen. Seine Arme vermissten das Gefühl schwere Waffen auszubalancieren, seine Lunge die tiefen Atemzüge bei starker Anstrengung und seine Finger die Berührung der Saiten, während Musik ihn umhüllte wie eine vertraute Decke.

Slashs Muskeln entspannten sich ein wenig, als er sich an den Stamm einer dicken Eiche lehnte, die sich am unteren Ende eines Hügels befand. Von hier aus konnte er gerade noch über die Hecke, die das gesamte Areal des Heimes umsäumte, auf den See blicken. Seine Beine lagen übereinander geschlagen vor ihm und er begann in einem altgriechischen Buch zu lesen.

Er musste kurz eingenickt sein, als ein Geräusch, das von hinten rasch näher kam, ihn aufschrecken ließ. Bevor er sich orientieren konnte, stolperte ein Mädchen über seine Beine und fiel in seinen Schoß. Weit aufgerissene, dunkle Augen starrten ihn an und spiegelten seine Fassungslosigkeit wider. Da war sie erneut. Das Mädchen namens Loreen – aus dem Speisesaal, aus dem Musikunterricht und jetzt lag sie genau auf ihm. Sie schüttelte den Kopf, als ob sie ihre Gedanken ordnen wollte und versuchte, sich mit hochrotem Kopf aufzurappeln, wobei sie immer wieder mit ihrer Hand im Gras ausrutschte und nicht von der Stelle kam.

Wie kann man nur so ungeschickt sein? Slash konnte nicht anders, als sanft ihre Oberarme zu umschließen, sie neben sich zu platzieren und besänftigend zu flüstern: »Ruhig, es ist nichts passiert. Alles gut.«

Dabei kam er sich ein wenig blöd vor. Er wusste nicht, warum er plötzlich das Bedürfnis verspürte sie zu trösten oder wie er es anstellen sollte, aber er wollte es. Sie wirkte komplett aufgelöst. Und trotzdem wünschte er sich gleichzeitig Sky oder Pure an seine Stelle, die wüssten, was zu tun wäre. Obwohl – doch eher Sky, der konnte besser mit emotionalen Situationen umgehen.

Mit dem Saum ihres Sweatshirts wischte sie sich ihre tränenfeuchten Wangen ab und nahm die Kopfhörer aus ihren Ohren. »Es tut mir so leid. Ich habe Sie nicht gesehen. Ich war abgelenkt, weil ich Musik gehört habe. Entschuldigung, das wollte ich nicht.«

Slash ignorierte seine Neugierde darüber, welche Musik sie wohl gehört hatte und antwortete: »Du kannst mich Slash nennen. So alt bin ich nicht.«

Etwas zögerlich nahm sie seine ausgestreckte Hand entgegen. »Danke. Mein Name ist Loreen, Loreen Earnest.«

»Ich weiß. Du warst in meinem Unterricht, wenn du dich erinnern kannst.«

Die rote Färbung ihrer Wangen wurde noch eine Spur dunkler. »Oh. Ja klar. Richtig.«

Nur widerwillig ließ er ihre Hand wieder los, aber den Blick konnte er nicht von ihrem Gesicht abwenden. Durch die Nähe erkannte Slash im Abendlicht der Dämmerung kleine, goldene Punkte in ihren ansonsten dunklen Mandelaugen, die nur eines bedeuteten – sie war eine von ihnen. Bevor er die Antworten auf seine nächsten Fragen bekam, konnte er bereits mit Gewissheit sagen, dass er die gesuchte Person gefunden hatte. Trotzdem stellte er sie. »Singst du gerne, Loreen? Wie fühlst du dich dabei und wie reagieren deine Mitmenschen darauf?«

2. Kapitel

Loreen

Am nächsten Morgen erwachte Loreen verschwitzt und mit hämmerndem Herzen aus einer unruhigen Nacht. Immer wieder hatte sie von dem Gespräch mit Slash geträumt, seinen Andeutungen und komischen Fragen, die sie zu keiner Lösung gebracht hatten. Und heute früh wollten sich Slash, Pure und Sky heimlich mit ihr treffen, um ihr etwas zu erzählen, das sie betraf und ihr seit gestern Abend Magenschmerzen bereitete. Slash hatte sich etwas kryptisch ausgedrückt und wollte nicht viel sagen, sondern hatte nur darauf bestanden, dass sie kommen sollte. Ein heimliches Meeting unten im Garten, wenn sonntagmorgens noch alle Schüler schlafend in ihren Betten lagen. Letztlich hatte sie es ihm versprochen. Loreen wusste nicht, was schlimmer war: die Angst vor dem, was sie erfahren würde oder das Warten.

In ihrem Zimmer stopfte sie sich schnell einen Müsliriegel in den Mund und zog ein schwarzes Shirt sowie ihren kuscheligen, dunkelblauen Lieblingspullover über. Nachdem sie ihre Haare gebändigt hatte, schlich sie leise durch die leeren, tristen Gänge, die aus grauen Linoleumböden und beige gestrichenen Wänden bestanden. Bald erreichte sie den Ausgang zum Garten und Loreen ließ die deprimierende Enge hinter sich zurück.

Der Morgentau schimmerte auf den Grashalmen und Baumblättern. Ein leichter Nebel lag über dem See und dem Abhang des Gartens. Unter der großen Eiche konnte sie drei Gestalten erkennen – an der gleichen Stelle, an der sie gestern über Slash gestolpert war. Als Loreen zu ihnen trat, lag eine nicht einzuordnende, kühle Stimmung über ihnen. Sie schob ihre Hände noch weiter in die Beuteltasche ihres Kapuzenpullovers. »Hallo. Ihr wolltet mit mir sprechen?«

Ein durcheinander geworfenes Gemurmel von »Hi« bis hin zu »Guten Morgen« ertönte, woraufhin wieder Stille einkehrte, bis Sky schließlich seine Hände ausbreitete. »Wollen wir uns hinpflanzen? Ich bin müde und ich denke, im Sitzen redet es sich leichter, bevor wir noch länger steif in der Gegend herum stehen.«

Ohne ein weiteres Wort ließen sie sich kollektiv auf dem feuchten Untergrund nieder und Loreen blickte ihnen erwartungsvoll entgegen. Alle drei machten ein ernstes Gesicht, was in Loreen alle Alarmglocken zum Schrillen brachte. Worauf hatte sie sich hier nur eingelassen? Aber hey, bei dem, was ich schon überstanden habe, kann nichts mehr passieren, dass mir noch den Boden unter den Füßen wegzieht, dachte Loreen verbittert. Sie biss sich auf die Unterlippe, bis sie das Schweigen nicht mehr aushielt. »Okay, was ist hier los? Warum lasst ihr mich in aller Herrgottsfrühe hierher kommen, um mich dann anzuschweigen? Slash hat gestern gesagt, dass er mir etwas über meine Familie, über meine Herkunft, erzählen will. Also bitte, raus mit der Sprache, ich halte das sonst keinen Moment länger aus.«

Gut, sie musste selber zugeben, dass sie mürrisch klang, wie ein trotziges Kind. Doch sie konnte instinktiv spüren, dass die drei nicht diejenigen waren, für die sie sich ausgaben – sie waren sicherlich keine zwei normalen Lehrer und ein einfacher Schüler. Loreen war sich sicher, dass sie etwas Wichtiges verheimlichten oder wussten – etwas über sie. Auch wenn sie ihr keine Erklärung für den Tod ihrer Eltern würden geben können. Aber vielleicht konnten sie ihr nach so langer Zeit endlich etwas Greifbares zu ihrer Abstammung sagen. Es wäre ein Anfang. Alles war besser, als das momentane Dahinvegetieren – ein Leben ohne Plan, ohne Sinn.

Einem nach dem anderen blickte sie neugierig entgegen und blieb intuitiv bei Slash hängen. Es gab keinen bestimmten Grund dafür, aber er hatte etwas an sich, wodurch sie sich ihm verbunden fühlte. Nicht sein gutes Aussehen, sondern sein machtvolles Auftreten, die Kraft, die er versprühte und vor allem seine dunklen Augen, in denen manchmal, wenn er nicht aufpasste, ein tiefer Schmerz aufblitzte. Vielleicht wollte sie in seinem Blick auch nur etwas sehen, das sie selbst fühlte. Um nicht so alleine zu sein, sondern von jemandem verstanden zu werden. Oder vielleicht lag es an der Tatsache, dass er von den dreien zuerst mit ihr gesprochen hatte. Sie wusste nicht, wie sie es erklären konnte, aber zwischen ihnen war etwas – das konnte sie nicht bestreiten.

In dem Moment richtete Slash seinen intensiven Blick auf Loreen. Es wirkte, als könne er ihre Gedanken spüren und dass sie ihn gerade unverhohlen angestarrt hatte. Statt zu antworten, riss Slash einige Grashalme aus und zupfte an seinem Pullover, als sei dieser ihm plötzlich zu eng.

»In Zeus' Namen, jetzt erklär es ihr endlich, Slash«, zischte Pure leise, aber Loreen konnte es trotzdem hören.

Slash schwieg noch einen Moment und strich sich über das Kinn. »Gut, ich sage es dir direkt.«

Er blickte ihr in die Augen und sie nickte, damit er fortfuhr. »Wir kommen nicht von hier, wir sind keine Lehrkräfte und Sky ist auch kein Schüler. Das ist unsere Tarnung.«

In der Stille, die folgte, sah sie ihn weiterhin unverwandt an. Die ›Enthüllung‹ war ehrlich gesagt nichts Neues, das hatte sie sich bisher alles selbst zusammenreimen können. Sie war zwar in Trauer, aber nicht blöd. Außerdem redete sie zurzeit nicht viel, sondern hörte zu. Und man konnte viele Dinge wahrnehmen und beobachten, wenn man ruhig im Hintergrund blieb. Slash seufzte, als fürchte er ihre Reaktion bei seinen nächsten Worten. »Glaubst du an übernatürliche Kräfte? Kannst du dir vorstellen, dass es auf der Welt mehr gibt als normale Menschen, als ein normales Leben?«

Klar konnte sie das. Daher klang ihre Antwort ganz ruhig, als sie sagte: »Sicher. Ich denke, es gibt sehr viel mehr, als wir mit bloßem Auge sehen können.«

Ihre Stimme war fest und sie meinte, was sie sagte. Verblüfft sogen Slash und Pure den Atem ein. »Das nimmst du einfach so hin?«, fragte Pure ungläubig. Als Loreen nickte, lächelte Sky schelmisch.

»Seht ihr, habe ich doch gesagt! Die Menschen sind gar nicht so skeptisch und verklemmt, wie alle immer behaupten. Ich finde Loreen cool. Außerdem gefallen mir ihre Haare«. Er zupfte an einer ihrer Strähnen, bevor er sich bequem auf die Seite lehnte und ausstreckte. Erneut versuchte Loreen es mit der direkten Art – sie war schon immer der Typ gewesen, der ein Pflaster schnell abriss, anstatt langsam das Unvermeidliche hinauszuzögern.

»Kommt schon, raus mit der Sprache – ich will alles wissen. Ihr könnt mich nicht so leicht erschrecken, nicht mehr. Glaubt mir.«

Slashs Stimme wurde eine Spur leiser. »Gut, wie du willst.«

Vielleicht hatte er Angst, dass sie belauscht wurden, auch wenn um diese frühe Stunde noch kein Mensch freiwillig durch den Garten wandern würde. Aber den Gedanken behielt Loreen für sich und wartete, dass er endlich sprach.

»Du bist kein normaler Mensch, so wie auch wir nicht. Wir gehören den ›Divinus-Kriegern‹ an. Kannst du Latein?«

Auf die Frage musste sie verneinend den Kopf schütteln.

»Kein Problem. ›Divinus‹ bedeutet ›göttlich‹. Wir sind Abkömmlinge von göttlichen Wesen. Wir tragen die Essenz der Götter in uns. Sie schenkt uns eine Gabe, die ab dem sechszehnten Lebensjahr in uns erwacht. Daher wussten wir vorher nichts von dir und konnten dich erst lokalisieren, als du deine Essenz eingesetzt hast.«

Nun hatte er wirklich kein Blatt vor den Mund genommen, das war dann doch eine Neuigkeit; ob sie es nun glauben konnte oder nicht. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, hatte sie keine großen Probleme, seine Worte ernst zu nehmen. Loreen hatte sich schon immer anders gefühlt. Seit sie klein war, liebte sie Bücher über Fantasiegeschichten und sie hatte nie verstanden, warum die Figuren in den Geschichten sich so lange nicht eingestehen konnten, dass sie anders waren. Und hatte sie nicht erst vor kurzem eine übernatürliche Erfahrung gemacht, als sie gesungen und gefühlt hatte, dass eine geheimnisvolle Macht im Spiel gewesen war? – Vielleicht war genau das diese ›Gabe‹, von der Slash gesprochen hatte? Warum sollte sie sich nun quer stellen, wenn das hier die einzige Erklärung für das beängstigende Phänomen war? Die Alternative dazu war weniger prickelnd und würde bedeuten, dass sie verrückt wurde. Oder war sie in der Zwischenzeit durch den Tod ihrer Eltern so abgestumpft, dass so eine Offenbarung sie vollkommen unbeeindruckt ließ?

Nach längerem Zögern fragte Slash sichtlich verdutzt in die Stille hinein: »Alles okay? Hast du nicht verstanden, was ich dir erklärt habe? Es ist schwer zu verstehen, aber …«

Sie musste wohl länger in Gedanken versunken gewesen sein und geschwiegen haben, als ihr bewusst war. Dennoch schnitt sie ihm erbost das Wort ab: »Danke, mir geht's gut und ich habe dich gehört. Ich bin nicht taub und auch nicht dumm, ich habe es verstanden.«

Sie hatte keine Ahnung, wo dieser Zorn herkam, doch sie konnte ihn nicht im Zaum halten. Plötzlich wollte sie sich streiten und all ihre Gefühle, die sie bisher zurückgehalten hatte, rauslassen. In diesem Moment war es pure Wut. Sie hatte sich seit Ewigkeiten nicht mehr gefetzt und nun war es das einzige, was sie tun wollte. Das Heulen war sie leid, vom stummen Herumlaufen hatte sie die Nase voll – sie wollte nur noch schreien, schreien, schreien – und um sich schlagen. Seine idiotische Frage, ob sie verstanden hatte, machte sie wütend, hatte sie angezündet, wie Flammen ein Streichholz. Jetzt brannte sie lichterloh.

Slashs Miene verfinsterte sich, aber das machte ihr keine Angst. Sie freute sich dummerweise darauf und stachelte ihn weiter an: »Was ist jetzt. Hat es dir die Sprache verschlagen, weil ich kein dummes, kleines Mädchen bin, das nicht mit der Wahrheit umgehen kann?«

»Ich … Was? Das habe ich nie behauptet! Du verhältst dich nicht, wie wir es erwartet haben, das ist alles. Ich wollte sichergehen, dass du verstanden hast …«

Wieder unterbrach sie ihn: »Ist schon gut, ich kann mir vorstellen, was ihr von mir denkt. Danke auch! Aber ich bin kein unschuldiges, kleines Kind mehr und ihr braucht mir nicht zu sagen, wie ich zu reagieren habe! Oder wie ich mich fühlen soll. Ich …«

Slash ballte seine Fäuste, blieb aber sitzen, als er verächtlich schnaubte: »Aber so verhältst du dich – wie ein kleines Kind! Was ist in dich gefahren? Wir haben dir nichts getan, wir wollen dir helfen.«

Vielleicht hatte er sogar Recht, aber Wut brauste durch ihren angespannten Körper, schoss ungebremst durch ihren Mund und entlud sich in einem Schrei: »Verdammt! Hör auf! Spar dir das! Ihr seid nur ein paar Jahre älter als ich, also sag nicht Kind zu mir! Ihr … ihr Heuchler!«

Das klang sogar in ihren Ohren lahm, aber etwas Besseres war ihr gerade nicht eingefallen. Doch es bewirkte, was sie wollte – Slash wurde noch wütender. Er schlug mit der flachen Hand auf den Boden und sprang hoch. Loreen hüpfte ebenfalls auf und als sie sich gegenüberstanden, setzte er mit kalter Stimme an: »Bei Hades! Ich bin ein Heuchler? Das ist nicht dein Ernst! In Wahrheit bin ich Dreißig! Ich habe vergessen, dass du so jung bist, wie du aussiehst!«

Das brachte Loreen nun doch zum ersten Mal an diesem grauen Morgen zum Verstummen.

In der Zwischenzeit waren auch Sky und Pure neben ihnen aufgesprungen. Während Pure mit den Worten »Beruhig dich Slash, so kenn' ich dich gar nicht«, an seinem Arm zog, um ihn wieder zum Hinsetzen zu bewegen, hob Sky beschwichtigend die Hände. Seine freundliche Stimme tat sein Übriges: »Freunde, kommt mal wieder runter. Und könnt ihr eure Lautstärke ein paar Stufen leiser stellen, da bekommt man ja Kopfschmerzen. Oder habt ihr euch das Ziel gesetzt, das ganze Heim aufzuwecken? Hey, das würde einfacher gehen. Ich habe im Musikzimmer ein Schlagzeug gesehen. Das wollte ich unbedingt mal ausprobieren.«

An Slash gewandt murmelte er: »Und du, Kumpel, könntest eine kalte Dusche gebrauchen. Mannomann.«

»Kleiner, halt die Klappe«, zischte Pure in seine Richtung. Slash hingegen knurrte nur und strafte ihn mit einem bösen Blick, den Sky sichtlich zu ignorieren versuchte, obwohl er doch ein wenig zusammenzuckte.

»Bitte Loreen. Setz dich wieder und lass uns in Ruhe weiterreden. Wir sind ab jetzt auch ganz artig und der große Brummbär ist zum Schweigen verdonnert, okay?«, bat Sky sie und legte ihr eine Hand auf den Unterarm. Sie spürte Skys Zucken, als er wegen des Aufziehens von Slash von diesem einen Schlag auf das Bein kassierte.

Die Wut war von einem Moment auf den nächsten verpufft und Loreen setzte sich mit verschränkten Armen beschämt zu Boden. Sie konnte kein einziges Mal zu Slash hinübersehen. Doch Loreen musste mehr erfahren. Was sie genau war, was das alles bedeutete und was es mit dem Alter auf sich hatte. All diese Fragen stellte sie Sky und er antwortete nun an Stelle von Slash: »Zuerst zu deiner Frage über unser Alter. Bis zu unserem sechzehnten Lebensjahr wachsen wir ganz normal auf, ohne Fähigkeit und ohne langsamer zu altern. Aber dann tritt die Essenz der Götter zu Tage und wir bekommen unsere spezielle Gabe. Außerdem altern wir ab diesem Zeitpunkt langsamer. Aber nicht linear verlaufend. Zuerst von Sechzehn bis Vierzig halb so schnell wie normale Menschen und dann alle paar Jahre immer langsamer.«

Sky rieb sich über den Nacken. »Tut mir leid, besser kann ich es auch nicht erklären, ist ziemlich schwierig in Worte zu fassen. Aber zuhause haben wir so eine bunte Grafik, da kann man es schön ablesen. Im Prinzip kannst du dir zum Beispiel einen Fünfzigjährigen vorstellen, der aber wie einunddreißig aussieht. Oder ein Achtzigjähriger hat das Aussehen eines Einundvierzigjährigen. Im Lager haben wir sogar jemanden, der mit ungefähr 300 Jahren wie 65 aussieht. Wahnsinn, oder? Und das alles aufgrund der fortschreitenden Verlangsamung.«

Loreen war das Kinn schon lange nach unten geklappt, doch Sky lachte nur über ihre Verblüffung. »Ja, ich weiß, ziemlich cool die Sache mit dem langsamen Altern. Aber es hat auch seinen Sinn, den du später noch erfahren wirst. Nun zu dem Ort, wo wir wohnen. Es gibt einen besonderen Ort – unser Lager – an dem wir leben, doch ich kann dir noch nicht genau sagen, wo es sich befindet. Wir müssen zuerst sicherstellen, dass du mit uns gehst und wir dir vertrauen können. Wir sind eine – wie soll ich das sagen, ohne dich zu verschrecken – ähm, sehr gefährdete Spezies.«

Darauf konnte Loreen nur ein »Was?« hauchen, während Slash grimmig »Na toll« flüsterte und Pure Sky anschnautzte: »Kannst du nicht mit den positiven Dingen anfangen, Kleiner?«

Eine leichte Rötung zog sich über Skys Wangen, doch er fuhr unbeirrt mit seinen Ausführungen fort, um ihr die wichtigsten Dinge zu erklären.

***

Zwei Stunden später saß Loreen in der Mensa. Sie war umringt von anderen Schülern, die lachten, aßen, redeten, aber dennoch war sie alleine. Sie hatte die anderen gebeten, eine Zeit lang in Ruhe über alles nachdenken zu können. Immerhin würde sich ihr gesamtes Leben ändern, wenn sie sich dazu entschließen sollte, mit ihnen zu gehen. Ja, sie hatten ihr die Wahl gelassen, obwohl sie fühlen konnte, dass sie gebraucht wurde und zwar für einen Krieg, der ziemlich schlecht für ihre Seite stand. Auch das hatte sie am Morgen erfahren. Nicht nur, dass sie so etwas wie eine Halbgöttin war – auch, wenn sie es anders ausdrückten – sondern, dass es noch andere Wesen gab, gegen die die Divinus Krieg führten.

Wie sollte sie sich entscheiden? Und was wollte sie mit ihrer Zukunft anfangen, die sie nach dem Tod ihrer Eltern sowieso bereits verloren hatte? Sicherlich würde sie mit ihrer Volljährigkeit auf einen Haufen Geld zugreifen können, den sie von ihren Eltern geerbt hatte. Aber bis dahin müsste sie in diesem Gefängnis – auch Jugendheim genannt – ausharren und konnte Jamie nicht besuchen. Aber wenn sie mitging, dann wäre mit ihm sowieso Schluss oder zumindest würde es darauf hinauslaufen. Wollte sie auch noch das Letzte verlieren, das ihr aus ihrem alten Leben geblieben war oder war es besser einen schnellen Schlussstrich zu ziehen, um zu versuchen, Halt in einem neuen Leben zu finden?

***

Es war bereits eine Woche vergangen, seit sie erfahren hatte, wer sie wirklich war. Nach weiteren Gesprächen hatten die anderen Loreen dazu überredet, mitzukommen, um sich an einem anderen Ort alles in Ruhe zu überlegen. Sie sagten ihr sogar, dass sie wieder zurückgehen könnte, falls sie sich doch umentscheiden sollte. Dieses Versprechen machte es Loreen leichter, mit Sack und Pack aus dem Heim auszuziehen, was nicht so schwer war, wie sie anfänglich gedacht hatte. Loreen war viel zu neugierig auf diese neue Welt und sie hatte von Anfang an eine Zugehörigkeit zu den dreien gespürt, die sie noch bei niemandem empfunden hatte – fast so, als hätte ihr Wesen schon immer nach Gleichartigen gesucht.

Zwei Tage nach ihrem Einverständnis, es zu versuchen, war alles Schlag auf Schlag gegangen. Von irgendwoher hatten die drei plötzlich gefälschte Unterlagen von einem entfernten Verwandten für die Heimleitung in den Händen, um sie problemlos mit sich nehmen zu dürfen. Nach anfänglicher allgemeiner Verwirrung – Slash musste eine Weile auf die Heimleiterin einreden hatten sie aber bald die Erlaubnis, Loreen zu dem vermeintlichen Verwandten zu fahren. Doch anstatt sie weit weg zu bringen, hatten sie Loreen in Wahrheit in ein kleines Haus gebracht, das sich nur eine halbe Stunde entfernt befand und genug Raum für sie alle bot. Es gab sogar einen Garten, der an einen See grenzte.

Das Haus war eine kleine Bruchbude – alt und etwas vermodert. Aber sie hatten es bequem und durch die Abgeschiedenheit des weitläufigen Grundstückes auch genügend Platz, um zu trainieren und Loreen zu testen. Sie hatte zwar keine Ahnung, wofür das alles gut sein sollte, aber Slash und Pure bestanden darauf, dass sie jede Aufgabe, die sie ihr stellten, mit voller Konzentration und Einsatz absolvierte. Es ging darum, festzustellen, welche Gabe genau sie von welchem Gott geerbt hatte. Dabei versuchten sie hauptsächlich, wieder ihre Essenz – die göttliche Energie – anzuzapfen, aber das fiel Loreen unter Beobachtung wesentlich schwerer. Damals im Klassenzimmer, als sie unbewusst durch Musik ihre Gabe genutzt hatte, war es reiner Instinkt gewesen, der von ihren Gefühlen geleitet gewesen war. Aber jetzt und hier, auf Befehl, bekam sie es einfach nicht hin, die gleiche Leichtigkeit zu spüren, die sie damals empfunden hatte. Da jeder eine andere Gabe besaß, wie ihr die drei erzählt hatten, musste auch jeder seinen eigenen Weg finden diese anzuzapfen. Was bei ihr partout nicht hinhauen wollte. Die Einwände und Seitenrufe von Pure, wie »jetzt mach schon was« oder »stell dich nicht so an« und »wir haben nicht ewig Zeit«, halfen auch nicht weiter. Sie beide waren sich von Anfang an nicht sympathisch gewesen, aber in Momenten wie diesen, fragte sich Loreen, ob sie ihr irgendetwas getan hatte. Die ganze Zeit beschwerte sich Pure über sie oder gluckte um Slash herum, wodurch Slash und sie nie alleine waren. Vielleicht ist sie ja eifersüchtig?, ging es Loreen durch den Kopf, nur um ihn gleich darauf vehement zu schütteln. Nein, der Gedanke war zu lächerlich.

Sky war drei Tage später hinterher gekommen und saß an den Nachmittagen am liebsten auf der Wiese und beobachtete das Treiben mit einem Apfel in der Hand. Das Obst aß er am Ende zwar jedes Mal, aber erst nachdem er es stundenlang gedreht, in die Luft geworfen und wieder gefangen hatte. Dass er dabei auch gerne mehr oder weniger hilfreiche Kommentare abgab, war keine sonderliche Überraschung.

»Du solltest versuchen dein Herz zu öffnen – das klappt immer. Oder blende alles andere aus, dann haut das schon hin. Irgendwann muss es ja funktionieren«, sagte er und kaute heftig an einem großen Stück Apfel.

Loreen rieb sich die Nasenwurzel. »Danke für den Tipp, aber wie soll ich das machen, wenn mir drei Leute zusehen und ständig blöde Tipps von sich geben.«

Ihr Kopf schmerzte, als würden kleine Nadelstiche auf ihn einhämmern. Im nächsten Moment hörte sie wieder, wie Sky geräuschvoll vom knackigen Apfel abbiss. »Und könntest du bitte mit dem Kauen aufhören.«

»Oh sorry, wolltest du auch ein Stück?«, fragte er und warf sorglos den halb gegessenen Apfel in ihre Richtung. Rechtzeitig sprang sie zur Seite und entging dem angesabberten Obst.

»Was zum Teufel?«, fluchte Slash hinter ihr und wischte sich Obstsaft und Apfelkerne von den Klamotten. Loreen hörte Sky kichern und auch Pure rang sich ein Lächeln ab. Sie erwartete schon fast, dass Slash jetzt wie eine Granate hochgehen würde, aber er verdrehte nur die Augen und zeigte mit dem ausgestreckten Finger Richtung Haus.

»Mach etwas Nützliches. Geh mit Pure trainieren oder kochen, mir egal, aber verschwinde, sonst stopf ich dir den Apfel in die Kehle.«

Anstatt zu gehorchen, fing Sky noch lauter an zu prusten und beruhigte sich erst wieder, als Pure ihn am Ärmel packte und wegzog. »Komm, Kleiner. Wir gehen. Sonst bekommst du wirklich noch Schläge.«

»Danke, Pure«, erwiderte Slash und richtete seine Aufmerksamkeit dann auf Loreen. »Gut, wir sind alleine. Entspann dich. Lass einfach los.«

Er trat einen Schritt näher und legte seine Hände auf ihre Schultern. »Schließ die Augen und versuche nach deiner Essenz zu greifen. Atme ein und aus und suche nach der Gabe. Sie ist da, du hast sie schon verwendet. Du kannst das.«

Nichts konnte sie, schon gar nicht, wenn er ihr so nah war und sein Atem ihre Nase kitzelte. Trotzdem versuchte Loreen angestrengt alles auszublenden – ihre Sorgen, Ängste und das verwirrende Prickeln in ihrem Magen und sich nur auf die Essenz zu konzentrieren. Als sie nach einer Viertelstunde noch immer nichts erreicht hatte, öffnete sie mit einem Seufzen die Augen. »Entschuldige, ich krieg es einfach nicht hin.«

Slash drückte kurz ihre Schulter, bevor er die Arme sinken ließ. »Mach dir keinen Kopf, das wird schon.«

3. Kapitel

Loreen

Loreen war froh, dass Slash und sie sich nach der unsinnigen Streiterei damals im Garten in den letzten Tagen wieder zusammengerauft hatten. Zwar hatten sie kein klärendes Gespräch geführt, aber jeden Tag gingen sie vorsichtig einen Schritt aufeinander zu. Dabei erwischte sie sich immer häufiger, wie sie ihn heimlich beobachtete. Sie redete sich ein, dass sie nur von ihrer Neugierde angetrieben wurde, aber um ehrlich zu sein, war er alles andere als hässlich und einfach schön anzusehen, was die ganze Sache verkomplizierte.

Hinzu kam, dass erst diesen Nachmittag etwas Eigenartiges zwischen ihnen vorgefallen war, was Loreen zusätzlich verwirrte. Sie waren wieder allein auf der Wiese gewesen, um zu trainieren und nach einigen Übungen setzte sie sich müde ins Gras. Die Sonne beschien sie angenehm und Loreen genoss die Wärme so sehr, dass sie unbedacht die Arme um ihre angewinkelten Knie schlang, die Augen schloss und ihr Gesicht gen Himmel richtete. Plötzlich wurde sie aus ihrer Entspannung gerissen, und sie blickte zu Slash, als seine tiefe Stimme neben ihr flüsterte: »Das Licht spiegelt sich unglaublich schön auf deinen Haaren. Hier«, und dabei fiel sein Blick auf Loreens Haarspitzen, »erinnert es an einen Krokus.«

»An Krokus?« fragte Loreen mit gerunzelter Stirn.

»Natürlich, an einen dunklen Krokus«, antwortete Slash, wobei ein kurzes Lächeln seine Lippen umspielte. Sie stieg darauf ein und genoss das unbeschwerte Zusammensein mit ihm. »Natürlich«, erwiderte Loreen mit einem Augenzwinkern. »Woran auch sonst?«

»Hortensien! Wenn ich sie aus diesem Winkel betrachte, schimmern sie wie violette Hortensien.«

Dunkler Krokus, violette Hortensien? Zuerst war Loreen nicht sicher, ob Slash sich nun einen Spaß mit ihr machte, aber ein Blick in seine Augen zeigte ihr, wie ernst er sein Kompliment meinte.

Ihr Mund wurde trocken, aber sie versuchte das Gefühl, das er in ihr auslöste, zu ignorieren. »Danke. Das ist nett von dir. Aber woher weiß ein Mann so genau wie diese Blumen aussehen oder sogar heißen?«

Spielerisch stieß sie ihn mit ihrer Schulter an. »Bist du etwa in deiner Welt ein Gärtner?«, scherzte sie, doch er zuckte nur mit den Schultern. Sein nachdenklicher Blick war noch immer auf ihre violetten Haare gerichtet, seine Hände um seine angezogenen Knie verschränkt. »Würde … würde es dir etwas ausmachen, wenn ich dein Haar berühre? Es glänzt so stark und die Farbe … das habe ich noch nie gesehen.«

Aufmerksam blickte sie Slash in die Augen und nickte dann mit angehaltenem Atem. Langsam kamen seine Finger näher und als er eine Strähne berührte und um den Finger wickelte, schien seine Miene weicher und freundlicher zu werden als sonst. In Loreens Fingern begann es zu kribbeln und es juckte sie, ebenfalls seine Dreadlocks zu berühren, um zu spüren, wie sie sich anfühlten. Aber das wäre falsch, ganz falsch.

Sie hatte einen Freund; sie war nicht so ein Mädchen. Das undefinierbare Kribbeln in ihrer Magengegend lag nur daran, dass sie schon lange nichts mehr gegessen hatte, das hatte nichts zu bedeuten. Rein gar nichts!

Während Slash ihr Haar bewunderte, hatten sich beide leicht zueinander gebeugt. Loreen war es nicht aufgefallen, aber jetzt war er ihr plötzlich so nahe, dass sie seine Wärme spüren konnte. Seine dunklen Augen blickten in ihre, Gold schimmerte für einen Moment darin auf und sie vergaß jeden zusammenhängenden Gedanken. Doch von einer Sekunde auf die andere ließ Slash ihr Haar abrupt los und wich zurück, als hätte er sich an ihr verbrannt. Er räusperte sich und sprang auf. »Danke. Ich muss los«, nuschelte er, bevor er wegging und der Moment vorbei war.

Ein weiteres Mal schüttelte Loreen ungläubig den Kopf, als sie an den irritierenden Zwischenfall mit ihm zurückdachte. Klar, es war nichts passiert, aber es hatte sie mehr durcheinander gebracht, als sie sich eingestehen wollte. Sie dachte immer, sie wäre in Jamie verliebt, dass er der Richtige für sie sei. Aber bei ihm hatte sie nie eine so intensive Lebendigkeit und aufregende Nervosität empfunden, sondern sich eher wohl und vertraut gefühlt. Er war ihre beruhigende See, während Slash ein stürmisches Meer zu sein schien. Aber es war auch egal, wie sie sich fühlte oder was hier vorging, denn sie hatte bereits einen Freund, auch wenn er sich woanders aufhielt. Sicher lag die Verwirrung, ihre Gefühle betreffend, daran, dass er so weit weg war.

Sie musste einfach öfter mit ihm telefonieren. Das letzte Mal war schon wieder einige Tage her und dabei hatte sie Jamie von ihrem neuen Aufenthaltsort aus angerufen. Außerdem hatte sie sich vorsichtig an das Thema Divinus und göttlich herangetastet. So vorsichtig es ging, hatte sie Jamie erzählt, dass sie mehr war, als sie beide bisher gedacht hatten. Jamie war darüber noch weniger schockiert gewesen, als sie selbst. Er hatte zwar im ersten Moment kurz gezögert und geschwiegen, aber dann schien es ihm sogar richtiggehend zu gefallen. Ständig sagte er ins Telefon »Ist ja krass.« oder »Das ist so was von cool.« und »Wow, ich glaub's nicht, meine Freundin ist eine Göttin!«, nur um von Loreen gemaßregelt zu werden. »Hör auf mit dem Blödsinn. Ich bin keine Göttin, sondern nur irgendsoeine Nachfahrin.«

Aber er ließ sich dadurch nicht bremsen und nannte sie seitdem am Telefon oder in seinen SMS immer hartnäckig Götterbotin.

Sie hatte soeben wieder eines ihrer abendlichen Telefonate beendet und Loreen lächelte bei dem Gedanken, auch wenn sie ›Götterbotin‹ langsam nervte. Aber sie wollte ihm den Spaß nicht nehmen, denn sie war froh, dass er so gut mit der Sache umging. In Momenten wie diesen sehnte sie sich nach ihm. Nicht nach seinen Küssen, sondern nach den Umarmungen, seinem warmen Körper und danach, sich geborgen zu fühlen. Er kannte sie, seit sie klein war und er wusste alles über sie. So eine Vertrautheit aufzubauen, dauerte Jahre und war nicht oft zu finden, das wusste Loreen. Aber würde das reichen? Sie glaubte es nicht.

Bedrückt blinzelte sie ein paar Mal, um das Brennen in den Augen zu stoppen und wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Eigentlich hatte sie heute Abend mit ihm Schluss machen wollen, so wie sie es schon im Kinderheim befürchtet hatte. Auch wenn es mies war, es über das Telefon zu tun, aber sie konnte nicht so einfach ein paar Stunden mit dem Auto fahren, um zu ihm zu gelangen. Dennoch hatte sie sich für ihr Erbe, für die Divinus-Krieger und somit gegen Jamie entschieden. In der kurzen Zeit, die sie die anderen kannte, fühlte sie sich lebendiger als in ihrem ganzen bisherigen Leben. Was wohl nicht nur allein an den dreien lag, sondern an dieser göttlichen Essenz, dieser Verbindung, ihrer Herkunft, die sie alle teilten. Loreen konnte die Macht in sich fühlen, auch wenn sie es noch nicht hinbekam, sie zum Vorschein zu bringen. Aber diese gemeinsame göttliche Essenz verband sie mit den anderen Divinus, ob sie es erklären konnte oder nicht. Zusätzlich hoffte sie, mehr über ihre leiblichen Eltern herauszufinden.

Wo oder wer war mein Vater? Warum hatten mich meine Eltern weggegeben? Die Antworten darauf konnte sie nicht in der normalen Welt finden, dazu musste sie sich auf eine neue Zukunft einlassen. Außerdem wusste Loreen, dass es das Richtige war. Bis vor dem Unfall hatte sie sich zwar nicht besonders distanziert von den Menschen, aber wenn sie ehrlich war, hatte es schon immer eine kleine, aber dafür unüberwindbare Kluft gegeben. Und nun, wie schon in den letzten Tagen, spürte sie einen Sog, der sie fortrief, wie ein unsichtbares Band, das an ihr zerrte. Doch um dem Ruf nachzugeben, musste sie zuerst mit ihrem alten Leben abschließen. Das bedeutete, auch mit Jamie, selbst wenn ihr Herz dabei blutete.

Sie konnte nicht mit den anderen gehen und dann wer weiß wann wieder auftauchen, ohne die Sache zwischen ihnen zu beenden. Das Warten, Hoffen und Bangen wollte sie Jamie nicht antun. Dafür war er ihr zu viel wert. Wie könnte sie ihn hinhalten und von ihm erwarten, dass er auf sie wartete, bis sie wiederkam, wenn sie selbst nicht wusste, was mit ihr passieren würde? Jamie hatte gespürt, dass ihr noch mehr auf dem Herzen lag, dass sie über etwas grübelte, was mit ihrem neuen Dasein zu tun hatte. Aber er hatte sie nicht gedrängt oder weitergebohrt und das liebte sie an ihm. Er war nie ein sehr neugieriger Typ gewesen, was daran lag, dass er selbst genug Geheimnisse hatte. Loreen war die Einzige, die wusste, dass sein Vater Ed des Öfteren zu tief in ein Glas Whisky guckte und seinen Frust darüber, dass seine Frau vor Jahren an einem Tumor gestorben war, an Jamie ausließ. Doch Jamie weigerte sich strikt, damit zur Polizei oder einem Erwachsenen zu gehen. Er beteuerte hartnäckig, dass er bald volljährig war und dann seinem Zuhause und seinem Dad den Rücken kehren würde. Dabei träumte er immer davon, dass sie zwei gemeinsam die Welt unsicher machten – und nun würde sie ihn im Stich lassen. Und zwar schon bald.

Denn gestern hatte sie endlich einen Erfolg verbuchen können. Sky hatte sie singen lassen, natürlich mit den Worten: »Lass alles Schlechte von dir abprallen, denk an deine Eltern, an die guten Dinge mit ihnen, die Gefühle … tja, und dann trällerst du einfach mal drauf los und versuchst die Gefühle nach außen zu tragen. Du musst einfach mal locker lassen, nicht so verbissen sein. Schalte deinen Schädel aus, hier geht's um das Herz.«

Zuerst war ihr diese Anordnung total unsinnig vorgekommen, aber sie wollte Sky nicht enttäuschen, da er so begierig war ihr zu helfen, also versuchte sie es. Und siehe da, sie konnte eine Veränderung in sich spüren. Ein leichtes Ziehen in ihrer Brust, einen Lufthauch, der von ihr ausging und um sie herum wehte. Vor Glück wollte sie grinsen, sang aber weiter in Verbundenheit mit ihrer Gabe, ihren Gefühlen und sie konnte wieder ein leichtes, goldenes Licht um sich sehen.

Genau aus diesem Grund hatten die anderen beschlossen, dass sie nur noch den morgigen Tag und die darauf folgende Nacht hier bleiben und im Morgengrauen zum Lager aufbrechen würden. Damit war der Abschied beschlossene Sache – nicht in ein paar Wochen oder Tagen, nein – schon übermorgen.

Mit schlechtem Gewissen und einem Stechen in der Brust ging sie zu Bett. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie endlich in einen traumlosen Schlaf fiel.

***

Am folgenden Abend saß Loreen auf der Wiese am Rand des Sees, nachdem sie bereits die letzten Vorkehrungen für den morgigen Aufbruch erledigt hatte. Sie horchte auf das Gezwitscher der Vögel und strich über das satte Grün, auf dem sie sich niedergelassen hatte. Die Abendsonne schien beruhigend auf die Welt herab und spiegelte sich in warmen Farben auf der Wasseroberfläche. Doch auch wenn die Welt um sie herum mit Ruhe getränkt war, wirbelten in Loreens Innerem Gefühle wild umher, wie ein unaufhörlicher Strudel.

Tief in Gedanken versunken, hörte sie ihn nicht näher kommen. Erst als er sich neben sie fallen ließ, fuhr sie aus ihrer eigenen, kleinen Welt hoch. »Oh Gott! Erschreck mich nicht so, Slash. Was machst du hier?«

Er streckte ein Bein aus, stützte den Oberkörper auf einen Ellbogen und blickte seelenruhig auf den See hinaus. Sein dunkler Bass schwang beruhigend an ihr Ohr wie das Saitenspiel eines Cellos. »Nichts. Mir war langweilig und ich wollte dir beim Träumen Gesellschaft leisten.«

Die Antwort passte so überhaupt nicht zu ihm, dass Loreen die Augen verdrehte. »Soll das ein Scherz sein? Wovon sollte ich schon träumen? Mein Leben ist beschissen!«