Fachberatung auf dem Weg zur Profession? - Elke Alsago - E-Book

Fachberatung auf dem Weg zur Profession? E-Book

Elke Alsago

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Beschreibung

In der aktuellen Fachdiskussion nehmen die Fachberater:innen eine zentrale Rolle bei der Initiierung und Begleitung des Qualitätsentwicklungsprozesses in der Kita ein. Sie gelten als multifunktionale Mittler zwischen Kita, Träger, Politik und Forschung. Zugleich ist das Berufsfeld aber äußerst heterogen aufgestellt und weithin ungeregelt. Die Fachberatung ist noch auf dem Weg zu einer eigenständigen Profession mit akademisch-wissenschaftlicher Ausbildung, einem definierten Grundverständnis und einer berufsständischen Vertretung und Vernetzung. In dieser Neuausgabe wird das facettenreiche Berufsfeld der Fachberatung unter aktueller, historischer und zukünftiger Perspektive näher beleuchtet. Es fließen dabei die neuesten Forschungs- und Befragungsergebnisse mit ein.

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»Im Dialog«

herausgegeben vom

Fachberatung auf dem Weg zur Profession?

Wir gedenken den verstorbenen Autoren und Autorinnen der Erstausgabe:André Dupuis, Maria-Eleonora Karsten und Christa Preissing.

Neuausgabe 2023

Bisheriger Titel: Fachberatung im Aufbruch.

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2018

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Redaktion: Dr. Karsten Herrmann

Umschlaggestaltung: Verlag Herder

Coverbild: contrastwerkstatt/stockadobe.com

Fotos innen: S. 10: Christian Schwier / istock.com; S. 144: Jeanette Dietl / istock.com; S. 202: Woodapple / istock.com

Innengestaltung: Daniel Förster, Belgern

E-Book-Konvertierung: Newgen Publishing Europe

ISBN Print: 978-3-451-39533-8

ISBN E-Book (PDF): 978-3-451-82939-0

ISBN E-Book (EPUB): 978-3-451-82938-3

Inhalt

VORWORT

TEIL I

WISSENSCHAFTLICHE GRUNDLAGEN

Fachberatung als zentraler Schlüssel zur Qualitätsentwicklung

Christa Preissing / Karsten Herrmann

Selbstverständnis von Fachberatung

Jule Marx

Wissen, Performanz und Haltung

Petra Beitzel

Zwischen Aufbruch, Rückschritt und Stagnation

Elke Alsago

Stellenbeschreibung in Arbeit

Kirsten Fuchs-Rechlin / Anna-Katharina Kaiser / Hilke Lipowski

Fachberatung – eine homogene Berufsgruppe?

Jörg Hartwig / Kassandra Klumpe

Die Forschung zur Fachberatung im Überblick

Elke Alsago

Rechtliche Verankerung von Fachberatung auf Bundes- und Landesebene

Maria-Theresia Münch

Vernetzungsstrukturen und Vernetzungsaktivitäten von FachberaterInnen

Jörg Hartwig / Mirela Schmidt

TEIL II

PRAXISASPEKTE DER FACHBERATUNG

Die Kunst der Vermittlung

Stephanie Emmel / Thomas Bialluch

Gesucht: Flexible und kompetente Allrounder

Claudia Hruska / Katrin Lattner

Chancen und Risiken der aktuellen und zukünftigen Arbeitssituation von FachberaterInnen

Katrin Lattner / Claudia Hruska

Empfehlungen zur Gestaltung von Fachberatung durch Anstellungsträger

Mirela Schmidt

Kommunale Fachberatung zwischen Fachplanung, Organisation und Verwaltung

Anna-Marie Löbermann / Elke Mrosek / Sandra Gottwald / Ricarda Gellrich

Auf den Dialog und den Raum für Reflexion kommt es an!

Gudrun Rönsch

»Ich fühle mich oft alleine gelassen«

Karsten Herrmann / Maria Korte

TEIL III

AUS- UND WEITERBILDUNG

FachberaterIn werden

Iris Hofmann

Qualifizierung von FachberaterInnen für Kindertageseinrichtungen – Überblick und Erfahrungsbericht

Peter Keßel

AUTOREN UND AUTORINNEN

Vorwort

»Fachberatung im Aufbruch« – so hieß unser im Jahr 2018 erstmalig erschienenes Buch über die Fachberatung und für FachberaterInnen. Es beleuchtete aus unterschiedlichen Perspektiven das facettenreiche Feld der Fachberatung und war das erste dieser Art auf dem Buchmarkt. Es war geprägt von der damals deutlich spürbaren und titelgebenden Aufbruchstimmung, mit der die FachberaterInnen sich zunehmend vernetzten, sichtbar wurden und ihre Stimme in fachpolitische Debatten einbrachten.

Zudem geriet die Fachberatung verstärkt in den Fokus des wissenschaftlichen Diskurses rund um die frühkindliche Bildung und wurde als zentraler Schlüssel für die Qualitätsentwicklung in den KiTas herausgehoben – insbesondere aufgrund ihrer Schnittstellenfunktion im Gesamtsystem der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern. Fachberatung bildet so idealerweise und aus normativer Perspektive das Bindeglied zwischen KiTa und Träger, zwischen Forschung und Praxis und nicht zuletzt zwischen Praxis und Politik.

Fünf Jahre nach dem Ersterscheinen des Buches ist die Aufbruchstimmung nicht mehr ganz so gegenwärtig. Gründe dafür liegen auch in der Corona-Pandemie und vor allem der dramatischen Belastung des gesamten KiTa-Systems. Dennoch wurden erste wichtige Schritte auf dem langen Weg zu einem eigenständigen Berufsbild und der Professionalität von Fachberatung gemacht. Ob der Weg tatsächlich in eine akademische Profession mündet – mit Merkmalen wie definierten Zugangsvoraussetzungen und Qualifikationen, beruflicher Selbstorganisation oder Berufsethik – ist ein Aushandlungsprozess, welcher in vielfältigen Arenen geführt wird. Entscheidend ist jedoch, dass sich FachberaterInnen selber auf den Weg gemacht haben und ihre Professionalität, ihr professionelles Handeln und ihren Beitrag für das Gesamtsystem diskutieren.

Ein entscheidender Schritt im Hinblick auf eine eigene Berufsethik war für die Fachberatung die partizipative Formulierung eines Selbstverständnisses durch die Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit (BAG-BEK e. V.). Weitere Schritte zur Professionalisierung sind die zunehmende Vernetzung und Selbstorganisation von FachberaterInnen sowie eine Reihe von neuen wissenschaftlichen Studien und Befragungen. Es gab aber auch Rückschläge und Stillstand – so im Hinblick auf die rechtliche Verankerung im reformierten SGB VIII oder in den Landesgesetzen und entsprechend im Hinblick auf eine verbindliche (Re-)Finanzierung von Fachberatung. So ist die Fachberatung heute in mehrfacher Hinsicht noch immer das bereits vor fünf Jahren konstatierte »äußerst heterogen aufgestellte und weithin ungeregelte Feld«.

In unserer aktualisierten und erweiterten Neuauflage »Fachberatung auf dem Weg zur Profession« richten wir nun neben den weiterhin gültigen Grundlagen-Artikeln rund um die Fachberatung und deren Verortung einen besonderen Fokus auf die wichtigsten Entwicklungen seit 2018. Dabei wird deutlich, dass Fachberatung sich in einem dynamischen Prozess der Professionalisierung befindet und dass hierbei auch immer wieder mit Stillständen und Rückschlägen zu rechnen ist. Die deutlichen Zeichen der »Selbstermächtigung«, die in den letzten Jahren immer wieder spürbar waren, geben jedoch Anlass zu Optimismus.

Karsten Herrmann & Bettina Lamm für den Herausgeber

Teil I

Wissenschaftliche Grundlagen

Fachberatung als zentraler Schlüssel zur Qualitätsentwicklung

Aktuelle Verortung, Bedeutung und Perspektiven

Christa Preissing / Karsten Herrmann

Das System der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung ist in den vergangenen Jahren durch einen gravierenden Wandel gekennzeichnet. Auf der einen Seite steht hier infolge des bundesweiten Rechtsanspruchs auf einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz der massive quantitative Ausbau der Plätze für Kinder unter drei Jahren – so hat sich die Zahl der in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege betreuten Kinder innerhalb von gut zehn Jahren auf heute mehr als 750.000 fast verdreifacht. Auf der anderen Seite stehen der qualitative Anspruch und die damit in den letzten Jahren stetig gestiegenen Anforderungen an pädagogische Fachkräfte bei stagnierenden oder sich nur leicht verbessernden Rahmenbedingungen – von der Eingewöhnung über Sprachförderung, Zusammenarbeit mit Eltern oder sozialräumliche Vernetzung bis zur aktuellen Aufnahme von Kindern mit Fluchthintergrund und dem zu realisierenden Projekt der Inklusion.

Die Verantwortung für eine fachlich fundierte, qualitativ hochwertige pädagogische Praxis kann dabei nicht alleine dem pädagogischen Personal zugeschrieben werden, das die unmittelbare Arbeit mit Kindern leistet. Sie kann vielmehr nur in gemeinsamer und abgestufter Verantwortung aller im System tätigen AkteurInnen geleistet werden: Bund, Länder, Träger und ihre Verbände, Leitungskräfte und pädagogische Fachkräfte stehen damit in einer Verantwortungsgemeinschaft. Eine zentrale Rolle spielt hierbei auch eine Fachberatung, die die jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungen mit Blick auf ihre Auswirkungen für die pädagogische Praxis auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse aufbereitet, systematisiert und einer Bewertung zugänglich macht. Diese zentrale Rolle der Fachberatung wurde lange Zeit weithin unterschätzt und ist erst seit relativ kurzer Zeit (wieder) in den Fokus von Wissenschaft und Politik geraten. Ein Grund dafür dürfte die bis heute im Hinblick auf Aufgaben, Ressourcen oder strukturelle Einbettung äußerst heterogen aufgestellte und länderrechtlich kaum verankerte bzw. konkretisierte Fachberatungspraxis sein.

Im Folgenden werden nun auf der Grundlage der im Rahmen der Debatte für ein KiTa-Qualitätsgesetz für das Bundesfamilienministerium verfassten Expertise »Fachberatung im System der Kindertagesbetreuung« einerseits der Status quo der Fachberatung und zum anderen die Bedeutung der Fachberatung für das System der Kindertagesbetreuung näher beleuchtet und Schlussfolgerungen für ihre Ausgestaltung und Veränderungen gezogen werden. Das Kapitel schließt mit acht zentralen Empfehlungen zu Rahmenbedingungen und Profil von Fachberatung, mit denen diese zu einem effektiven Steuerungs- und Unterstützungsinstrument für die Qualitätsentwicklung und -sicherung in der Kindertagesbetreuung werden kann.

Status quo

Über die tatsächliche Situation der Fachberatung im System der Kindertagesbetreuung gibt es erst erstaunlich wenige gesicherte Erkenntnisse (vgl. hierzu die Darstellung des Forschungsstandes auf S. 102 ff.) und sie erscheint von außen zunächst ungeregelt und undurchschaubar. Dies hat seine Ursache sicherlich auch in ihrer mehr als hundertjährigen Geschichte, in der sie sich eher naturwüchsig im Rahmen einer sehr heterogenen Trägerlandschaft und in jeweiliger Anpassung an aktuelle Bedürfnisse entwickelt hat (vgl. hierzu die exemplarische Darstellung der Entwicklung der Fachberatung in Niedersachsen auf S. 57 ff.). So entstanden »unterschiedliche Definitionen, Formen, Ausgestaltungen und Arbeitsprinzipien […], die mit verschiedenen Arbeitsaufträgen und Arbeitskonstruktionen verbunden sind (Herrenbrück/Kägi/Karsten/Müller 2011, S. 4). Diese Entwicklung der Fachberatung wurde durch eine wissenschaftliche oder fachpolitische Auseinandersetzung weder kontinuierlich begleitet noch beeinflusst oder gar gesteuert.

Zur aktuellen strukturellen Verankerung der Fachberatung resümierte Münch 2010: »So vielfältig wie die Trägerlandschaft im Feld der Kindertagesbetreuung, so vielfältig ist auch die Verankerung der Fachberatung. Dazu kommt noch, dass je nach Zielsetzung des Trägers ganz unterschiedliche Aufgabenbereiche und Zuständigkeiten für die Fachberatung vorgesehen sind« (ebd., S. 47).

Strukturelle Verankerung

Grundsätzlich zu unterscheiden sind vier Formen der strukturellen Verankerung:

1.Fachberatung durch die öffentliche JugendhilfeDie FachberaterInnen sind hier in der Regel direkt beim Jugendamt angestellt und können auf die dort gegebenen Infra- und Kommunikationsstrukturen zurückgreifen. Primär richtet sich die Fachberatung an KiTas in eigener, kommunaler Trägerschaft, kann sich aber auch an Einrichtungen in anderer Trägerschaft richten. Grundsätzlich muss der örtliche Träger der Jugendhilfe nach § 22a Abs. 5 SGB VIII im Rahmen seiner Gesamtverantwortung alle KiTas und ihre Entwicklung im Blick haben.

2.Fachberatung durch EinrichtungsträgerIn diesem Fall sind FachberaterInnen beim jeweiligen Einrichtungsträger angestellt und so jeweils dessen konzeptionellem Profil bzw. Leitbild verpflichtet.

3.Fachberatung durch Spitzenverbände der Freien WohlfahrtspflegeFachberaterInnen sind auch bei Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege angestellt, die selber keine KiTas in ihrer Trägerschaft haben. Eine solche übergeordnete Ansiedlung erleichtert die fachliche Unabhängigkeit der Fachberatung.

4.Fachberatung durch externe AnbieterInnenInsbesondere kleine und finanziell schwache KiTa-Träger (z. B. Elterninitiativen), die keine eigene Fachberatung vorhalten können, sind auf die Dienstleistung von freien bzw. privat-gewerblichen FachberaterInnen angewiesen. Diese haben den Vorteil eines fachlich unabhängigen Blicks »von außen«. Für einzelne Themen oder aktuelle Herausforderungen werden diese FachberaterInnen teilweise von KiTas größerer Träger als punktuelle Ergänzung der internen Fachberatung in Anspruch genommen. Nur in Ausnahmefällen können externe Anbieter aber eine längerfristige Prozessbegleitung gewährleisten und so kaum Einfluss auf das System nehmen.

Rechtliche Verankerung

Grundsätzlich ist festzustellen, dass viele Bundesländer zwar Aussagen zur Bedeutung von Fachberatung und zur Notwendigkeit ihrer Inanspruchnahme durch die KiTas treffen. Allerdings nutzen nur wenige Länder die Möglichkeit, das Aufgabenprofil und die Qualifikationsvoraussetzungen der Fachberatung klarer zu umreißen, geschweige denn Aussagen zu ihrer Finanzierung zu treffen. Zur differenzierten Darstellung der (aktuellen) rechtlichen Verankerung der Fachberatung auf Bundes- und Landesebene sei an dieser Stelle auf den folgenden Beitrag (siehe S. 119 ff.) verwiesen.

Berufs- und Aufgabenprofil

Da Fachberatung bisher kein geschützter oder im Sinne eines übergreifenden Professionsverständnisses eindeutig definierter Begriff ist, stellt sich ihr Berufs- und Aufgabenprofil als äußerst vielfältig und teils sogar widersprüchlich dar. Fachberatung ist so letztlich »noch weit davon entfernt, Berufsidentität für die Ausführenden zu schaffen, so wie es andere Berufsbilder tun können« (Münch 2010, S. 47). Es wundert daher nicht, dass Anstellungsträger von Fachberatung zuweilen Schwierigkeiten haben, eine klare Stellenbeschreibung oder ein klares Aufgabenprofil zu definieren (dies spiegelt sich auch in einer aktuellen Analyse der Stellenausschreibungen für Fachberatungen auf S. 152 ff. wider). Damit drohen FachberaterInnen entweder zum beliebig einsetzbaren »Mädchen für alles« zu werden oder sie können dieses Definitionsvakuum nutzen, um die Stelle ganz nach den Bedarfen vor Ort bzw. an ihren persönlichen Vorlieben und Kompetenzen auszurichten.

Zugespitzt formuliert bewegt sich das Berufs- und Aufgabenprofil der Fachberatung derzeit zwischen den Polen von klassischer sozialpädagogischer Beratung und Prozessbegleitung einerseits und einem gezielten Qualitäts- und Organisationsmanagement andererseits. Im Zuge der anfangs dargestellten An- und Herausforderungen im Feld der frühkindlichen Erziehung, Bildung und Betreuung ist hierbei eine deutliche Verschiebung in Richtung des zweiten Poles zu verzeichnen. Auch die Trägerberatung selbst nimmt dabei einen zunehmenden Raum ein und führt dazu, dass viele Fachberatungen vermehrt das Gefühl haben, »zwischen den Erwartungen des Teams bzw. der Einrichtungsleitung und denen des Trägers hin- und hergerissen zu werden« (vgl. Sell 2011, S. 10).

Ein weiteres Spannungsfeld tut sich in der Verbindung der Fachberatung mit einer Fach- und/oder Dienstaufsicht auf. Nach den Ergebnissen einer WiFF-Studie nehmen 54 Prozent der befragten FachberaterInnen gleichzeitig eine Aufsichtsfunktion wahr. »Der Umfang, in dem diese ausgeübt wird, schwankt jedoch stark je nach Trägerschaft der Fachberatung« (Leygraf 2013, S. 17). Die Koppelung von Fachberatung mit Fach- und/oder Dienstaufsicht wird seit Langem intensiv und auch kontrovers diskutiert. Oftmals wird eine klassische sozialpädagogische Beratung als unvereinbar mit einer Dienst- und Fachaufsicht angesehen, da diese nicht mehr auf Augenhöhe, offen und im Vertrauen stattfinden könne (vgl. u. a. Kirchmeier 2011, S. 29; Asmussen 2010, S. 145 f.).

Andere sehen gerade auch in Anbetracht der notwendigen Realisierung des öffentlichen Bildungsauftrages und einer entsprechenden Qualitätsentwicklung die positiven Aspekte der mit Dienst- oder Fachaufsicht verbundenen Steuerungsmöglichkeiten (vgl. Jansen 2011, S. 25). Fachberatung kann so zu einem bewusst und gezielt eingesetzten Steuerungselement für durch Länder oder Träger vorgegebene Entwicklungen und Zielsetzungen werden – und gerät damit allerdings fast zwangsläufig in die Nähe von Vorgaben und Kontrolle.

Beide Argumentationslinien haben je nach Perspektive ihre Berechtigung. Wichtig ist bei der Verknüpfung beider Funktionen, sich jeweils die eigene Rolle in der konkreten Situation bewusst zu machen und Transparenz darüber herzustellen.

Das konkrete Aufgabenprofil von Fachberatung weist eine große Spannbreite auf und reicht von kitabezogenen Aufgaben (wie Beratung von Teams, Konzeptions- und Qualitätsentwicklung) über die Durchführung oder Koordination von Qualifizierungen der Fachkräfte, Transferaufgaben und Trägerberatung bis hin zur (Finanz-)Verwaltung (vgl. Deutscher Verein 2012).

In der WiFF-Studie zur Fachberatung wurden FachberaterInnen anhand eines vorgegebenen Aufgabenkatalogs gefragt, welche Aufgaben sie in welchem Umfang wahrnehmen. An den ersten beiden Stellen stehen hier die direkten kitabezogenen Aufgaben »Beratung und Begleitung von Leitung, Fachkräften und Teams« sowie die »Konzeptions- und Organisationsentwicklung«. Von den insgesamt 17 abgefragten Aufgabengebieten nahmen die FachberaterInnen im Durchschnitt 15 wahr. Rund ein Drittel der Befragten beklagte sich dabei über eine Belastung mit fachberatungsfernen Anforderungen, unter die für sie insbesondere »Aufsichtsfunktionen, betriebswirtschaftliche Aufgaben oder Organisationsaufgaben aus Sicht der Träger« (Leygraf 2013, S. 22) fallen.

Tabelle: Aufgabenprofil

Der Arbeitsanteil ist …

Rangfolge*

Aufgabe

sehr hoch u. hoch %

niedrig u. sehr niedrig %

nicht vorhanden %

n

Spaltennummer

(1)

(2)

(3)

(4)

(5)

(1) Kitabezogene Aufgaben im engeren Sinne

Beratung und Begleitung von Leitung, Fachkräften u. Teams

87

12

1

640

1.

Konzeptions- und Organisationsentwicklung

78

19

2

634

2.

Fallbesprechungen

30

63

7

625

15.

(2) Qualifizierung der Fachkräfte

Planung und Organisation von Weiterbildung

63

32

5

640

4.

Information und Beratung zu Weiterbildung

50

47

3

632

7.

Durchführung von eigenen Weiterbildungen für Kitas

45

45

10

643

8.

Entwicklung oder Durchführung von Projekten

33

58

9

630

14.

(3) Trägerorientierte Aufgaben und Gremienarbeit

Beratung des Trägers

59

35

6

629

5.

Organisationsaufgaben für den Träger

52

41

8

629

6.

Gremienarbeit

36

54

9

640

13.

Darstellung der Tabelle Nr. 5 der WIFF-Studie (nach Beher & Walter 2011, S. 19). Die Frage lautete: »Wie hoch ist der Arbeitsanteil, den die folgenden Aufgaben bei der Durchführung Ihrer Fachberatungstätigkeit für Kindertageseinrichtungen einnehmen?«

Kompetenzen, Ausbildung und Qualifizierung von Fachberatung

Das in der Regel sehr breite und anspruchsvolle Aufgabenspektrum von FachberaterInnen erfordert ebenso weitgefächerte personale und sozial-kommunikative Kompetenzen sowie Fach- und Methodenkompetenz und Aktivitäts- und Handlungskompetenz (siehe dazu S. 45 ff.).

Im Hinblick auf die Ausbildung für das Aufgabenfeld Fachberatung ist nach wie vor mit Irskens (1992) zu konstatieren, dass Fachberatung ein »unechter Anlernberuf« ist, für den es keine grundständige oder berufsbegleitende Ausbildung und keine dezidierten Studiengänge gibt. Als Ausnahmen könnten hier der Studiengang »Bildung und Sozialmanagement in der frühen Kindheit« an der Hochschule Koblenz und der Masterstudiengang »Beratung in kindheitspädagogischen Handlungsfeldern« an der Fachhochschule Erfurt angeführt werden, die nicht nur für (Leitungs-)Funktionen in Kindertagesstätten, Trägerorganisationen und Verbänden, sondern auch für die Fachberatung qualifizieren sollen. Ansonsten ist das Thema Fachberatung mehr oder minder stark integraler Bestandteil von Studiengängen zur Kindheitspädagogik.

So bringen FachberaterInnen »höchst unterschiedliche Qualifikations- und Qualifizierungsprofile« mit. Sie können »Erzieherinnen mit einem höheren oder niedrigeren Grad an Praxiserfahrung sein, Diplom-Pädagoginnen, Sozialpädagoginnen (FH oder Uni), sog. Quereinsteigerinnen u.v.m.« (Münch 2010, S. 54). In der WiFF-Studie gaben allerdings 82 Prozent der befragten FachberaterInnen an, über einen (nicht näher hinterfragten) Hochschulabschluss zu verfügen. 17 Prozent gaben eine ErzieherInnen-Ausbildung als höchsten Berufsabschluss an (vgl. Leygraf 2013).

Fort- und Weiterbildung

Auch in der Fort- und Weiterbildung sind dezidierte Angebote für FachberaterInnen (noch) die Ausnahme (siehe dazu S. 203 ff.). So haben FachberaterInnen grundsätzlich Probleme, bedarfsgerechte Angebote für ihren Qualifizierungsbedarf zu finden. Gut 40 Prozent der Befragten bezeichneten in der WiFF-Studie das Themenspektrum an beruflichen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen als nicht ausreichend (ebd., S. 38). Insbesondere wünschen sie sich mehr Angebote zu rechtlichen und organisatorischen Themen sowie zu Supervision und Gesprächsführung (ebd., S. 39).

Darüber hinaus weisen vielfache Erfahrungsberichte von FachberaterInnen darauf hin, dass ihre hohe zeitliche Belastung ein schwerwiegendes Hindernis für die Inanspruchnahme von Fort- und Weiterbildungen darstellt. So geben bei Leygraf rund 20 Prozent der FachberaterInnen an, in den letzten zwölf Monaten an keiner Fort- oder Weiterbildung teilgenommen zu haben (vgl. ebd., S. 37).

FachberaterInnen-KiTa-Relation

So wie der Personalschlüssel in den KiTas ein starker Faktor für die (Interaktions-)Qualität ist, so ist die Relation von FachberaterIn und zu begleitenden KiTas ein starkes Indiz für die Frequenz der Kontakte und die Intensität der Beratungs- und Qualitätsentwicklungsprozesse. Die WiFF-Studie hat gezeigt, dass es hier geradezu dramatische Unterschiede gibt und dass die Spannweite zwischen einer und 600 (!) Einrichtungen pro Fachberatungskraft liegt. Immerhin 45 Prozent der befragten FachberaterInnen geben allerdings an, nur für bis zu 25 KiTas zuständig zu sein, und weitere 20 Prozent, für bis zu 50 die Verantwortung zu tragen (vgl. ebd., S. 33). Für 100 und mehr KiTas zeigten sich in der Befragung insgesamt 14 Prozent zuständig (vgl. ebd.).

Die Fachberatungs-KiTa-Relation sagt allerdings nur wenig über die tatsächlich für die unmittelbare Arbeit mit den KiTas zur Verfügung stehende Zeit der Fachberaterin/des Fachberaters aus. Hier sind eine Vielzahl von weiteren Faktoren wie Vollzeit- oder Teilzeitstelle, Aufgabenspektrum bzw. Stadt oder Land zu berücksichtigen.

Fast die Hälfte der Befragten beklagt in der WiFF-Studie (»voll und ganz« bzw. »eher«), für zu viele KiTas zuständig zu sein. Rund 40 Prozent halten die Anzahl der zu begleitenden KiTas allerdings für angemessen (vgl. ebd., S. 34).

Fachberatung als ein Schlüssel zur Qualitätsentwicklung

Die in der fach- und bildungspolitischen Diskussion lange Zeit wenig beachtete Fachberatung kann und muss bei der Gestaltung des gravierenden Wandels und der konsequenten Qualitätsentwicklung in der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung eine zentrale Rolle einnehmen. Fachlich besteht Einvernehmen darüber, dass den gestiegenen Anforderungen an Leitung, pädagogische Fachkräfte und die gesamten KiTa-Teams nicht durch punktuelle Fortbildungen entsprochen werden kann. Notwendig ist vielmehr eine prozesshafte, kontinuierliche Begleitung, die sich an den jeweiligen Bedingungen vor Ort orientiert und KiTa-Team und Träger dabei unterstützt, den für ihre jeweilige Situation angemessenen Weg zu finden und zu gestalten: »Fachberatung trägt federführend dazu bei, neuere konzeptionelle und politisch gewünschte strukturelle Entwicklungen im Bereich der frühkindlichen Bildung und Erziehung zu unterstützen, in die Praxis zu implementieren und durchzusetzen« (Herrenbrück et al. 2011, S. 5).

Allerdings ist Fachberatung nicht schlicht die Erfüllungsgehilfin für Anforderungen von außen. Sie sollte vielmehr die Praxis dabei unterstützen, sich vor unangemessenen oder widersprüchlichen Zielen und Ansprüchen zu bewahren. In diesem Sinne nehmen FachberaterInnen auch immer eine Mittler- und Brückenfunktion zwischen (Bundes-, Landes- und/oder kommunaler) Bildungspolitik, Trägern, Wissenschaft und der KiTa-Praxis ein. Vor dem Hintergrund ihres mit den verschiedenen Akteursebenen vernetzten Fachwissens machen sie Handlungsvorschläge, die sie mit den pädagogischen Fachkräften vor Ort diskutieren und in der für die KiTa passgenauen Umsetzung begleiten. Dabei tragen sie im Idealfall auch dafür Sorge, dass durch Vernetzung und Kooperation im Stadtteil ein fruchtbarer Erfahrungsaustausch entsteht und Synergieeffekte möglich werden.

Systematische Qualitätsentwicklung ist essentiell auf die Kommunikation und Auseinandersetzung im Team angewiesen und braucht als Basis eine offene, angstfreie und konfliktfreudige Teamkultur. Dies ist ohne eine (zumindest zeitweilige) prozessbegleitende Unterstützung von außen kaum vorstellbar. Für die Verständigung über Qualitätsansprüche, die an tief verankerten Orientierungen für und Vorstellungen über die pädagogische Arbeit und das »Bild vom Kind« rühren, gilt das ganz besonders.

Grundsätzlich kann Fachberatung Leitungen und KiTa-Teams bei der (Weiter-)Entwicklung einer professionellen Haltung in der Interaktion mit Kindern und Eltern und der dafür unabdingbaren (Selbst-)Reflexion unterstützen. So soll sich die Förderung der Kinder entsprechend den Erkenntnissen von Erziehungswissenschaft, Soziologie, Neurobiologie und Entwicklungspsychologie »am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen« (SGB VIII, § 22 Abs. 3, S. 3). Eine solche individuelle Förderung kann nicht auf Rezeptwissen und »Schema F« zurückgreifen, sondern erfordert von den pädagogischen Fachkräften eine stetig fragende und forschende Haltung, um die Lebenssituationen, Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnisse der Kinder zu erkunden und ihr Handeln daran zu orientieren.

Der Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag der Kindertagesstätten kann nur in Kommunikation und Interaktion wahrgenommen werden: Verlässliche und vertrauensvolle Beziehungen zu Kindern sind zugleich Voraussetzung und Ziel pädagogischer Arbeit. Dies gilt ebenso für die Zusammenarbeit mit den Eltern der Kinder. Hier sind die pädagogischen Fachkräfte allerdings nicht selten mit unterschiedlichen Interessenlagen und Spannungen konfrontiert, die wiederum eine Reflexion der eigenen Einstellungen, Gefühle und Werte notwendig machen. Auch hier kann die Fachberatung entsprechende Reflexionsprozesse anregen und gestalten.

Angemessene Beratung darf selbstverständlich nicht als ein »Top-Down«-Prozess missverstanden werden, es geht hier nicht um ein »Meister-Lehrling«-Verhältnis. Beratung sollte vielmehr die Selbstständigkeit der Beratenen unterstützen. Sie setzt auf Eigenbeteiligung und macht lediglich Deutungs-, Erklärungs- und Handlungsangebote, die angenommen, abgelehnt oder modifiziert werden können. Fachberatung begreift die zu Beratenden als gleichberechtigte DialogpartnerInnen und kann sie dadurch in Reflexions-, Entwicklungs- und Orientierungsprozessen adäquat unterstützen.

Zusammengefasst wird Fachberatung von Trägern, Leitung und KiTa-Teams im Sinne einer konsequenten Qualitätsentwicklung gebraucht als

• »Blick von außen«, FörderIn der Selbstreflexion;

• ImpulsgeberIn für fachlich notwendige Veränderungen;

• BegleiterIn für Qualitäts-, Personal- und Organisationsentwicklungsprozesse; Coaching;

• ModeratorIn bei Konflikten;

• MittlerIn für aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und fachliche Entwicklungen;

• MittlerIn und UnterstützerIn bei der Implementierung neuer fachpolitischer oder rechtlicher Anforderungen;

• Sprachrohr der Praxis gegenüber Politik und Wissenschaft.

Empfehlungen für die Ausgestaltung der Fachberatung

Damit Fachberatung die ihr zugewiesene Schlüsselrolle bei der Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung erfüllen kann, müssen die Rahmenbedingungen stimmen und die Entwicklung der Fachberatung zu einer eigenständigen Profession vorangetrieben werden. Neben der rechtlichen Absicherung auf Bundes- und Landesebene gehören hierzu beispielsweise die Definition eines Berufs- und (Kern-)Aufgabenprofils oder die Definition von Qualifikationsvoraussetzungen.

Die abschließenden Kurzempfehlungen geben Hinweise, in welche Richtung und durch welche Maßnahmen die Rahmenbedingungen von Fachberatung verändert werden müssten, um Fachberatung zu einem effektiven Steuerungs- und Unterstützungsinstrument für die Qualitätsentwicklung und -sicherung der pädagogischen Arbeit der Kindertagesbetreuung aller Länder werden zu lassen:

1. Die rechtliche Absicherung der qualitativen und quantitativen Ausgestaltung von Fachberatung: Fachberatung für Kindertageseinrichtungen sollte als Pflichtleistung im SGB VIII verankert werden.

2. Berufsprofil und Aufgaben von Fachberatung: Die Aufgaben von Fachberatung sollten auf die Qualitätsentwicklung und -sicherung der pädagogischen Arbeit in den Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegestellen fokussiert werden. Dazu gehören die unmittelbare fachliche Beratung von Einrichtungsträgern, Leitungskräften und pädagogisch Tätigen ebenso wie der Transfer zwischen Wissenschaft und Fachpraxis sowie zwischen Fachpraxis und Politik.

3. Die bedarfsgerechte personelle Ausstattung mit Fachberatung: Eine mit voller Stundenzahl tätige Fachberatungskraft sollte grundsätzlich für nicht mehr als 20 Einrichtungen zuständig sein. Gehören auch Fach- und Dienstaufsicht zu den Aufgaben der jeweiligen Fachberatung, müssen zusätzliche Stellenanteile bereitgestellt werden, um ausreichend Zeit für die pädagogische Beratung zu gewährleisten. Gleichzeitig sind Arbeitszeitanteile für die eigene Fort- und Weiterbildung der FachberaterInnen und andere »mittelbare« Arbeitstätigkeiten (z. B. Eigenstudium, eigene Vernetzung, Mitwirkung an fachpolitischen Gremien, Aktualisierung von Arbeitsmaterialien, Dokumentationen ...) einzubeziehen. Um eine Gleichwertigkeit von Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege auch in qualitativer Hinsicht sicherzustellen, ist eine Relation von einer vollen Stelle Fachberatung pro 40 Kindertagespflegeverhältnisse erforderlich.

4. Die Wahrnehmung von Fachberatung durch die Praxis: In den Regelungen für die Personalausstattung in Kindertageseinrichtungen sind ausreichende Zeitanteile für die Wahrnehmung von Fachberatung und Fortbildung zu berücksichtigen.

5. Qualifikationsprofil und Aufgaben von Fachberatung: Ein einschlägiges Hochschulstudium und eine (mehrjährige) Berufspraxis in Leitungsfunktionen oder im Bereich der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern sollten als Eingangsvoraussetzung für die Tätigkeit als FachberaterIn gelten.

6. Die Fort- und Weiterbildungssituation von Fachberatung: Es braucht ein zwischen öffentlichen Trägern, den Trägerverbänden der freien Wohlfahrtspflege, den Ländern, dem Bund und den für die Ausbildung zuständigen Hochschulen abgestimmtes Qualifizierungskonzept für Fachberatung. Jede Fachberaterin/ jeder Fachberater sollte arbeitsvertraglich zur Wahrnehmung von Fort- und Weiterbildung verpflichtet werden.

7. Systematische und kontinuierliche Qualitätsentwicklung für die Arbeit von Fachberatung: Eine kontinuierliche Professionalisierung von Fachberatung benötigt fachlich fundierte Qualitätskriterien und darauf basierende Selbstevaluationsinstrumente, die sich nach den Aufgabenfeldern von Fachberatung gliedern. In einem Fachdiskurs zwischen FachberaterInnen mit allen im System der Kindertagesbetreuung verantwortlichen Akteursgruppen sollte unter Einbeziehung der Wissenschaft ein Qualitätsentwicklungs- und Evaluationskonzept für Fachberatung erarbeitet werden. Der Bund sollte im Nachgang zur «Nationalen Qualitätsinitiative im System der Tageseinrichtungen für Kinder» ein entsprechendes Forschungsvorhaben initiieren, das auch die Fachberatung für die Kindertagespflege einbezieht. Mit den Anstellungsträgern von FachberaterInnen sollten die für die Finanzierung von Fachberatung zuständigen Stellen Vereinbarungen treffen, die eine kontinuierliche Selbstevaluation der Fachberatung sicherstellen.

8. Die Erhebung von Daten zur Fachberatung durch die Kinder- und Jugendhilfestatistik: Es wird empfohlen, in den jährlichen Abfragen der statistischen Landesämter und des statistischen Bundesamtes mindestens folgende Grunddaten zu erheben:

• Verfügbarkeit von Fachberatung beim Träger einer Kindertageseinrichtung; Zuständigkeit einer Vollzeitstelle für wie viele Einrichtungen

• Verfügbarkeit von Fachberatung für Kindertagespflege; Zuständigkeit einer Vollzeitstelle für wie viele Kindertagespflegeverhältnisse

• Qualifikationsanforderungen an Fachberatungskräfte

Literatur

Asmussen, J. (2010): Im Spannungsfeld zwischen Anspruch und Wirklichkeit. In: M. Hense (Hrsg.): Fachberatungen für Kindertageseinrichtungen. Erfolgschancen erhöhen. Göttingen, S. 135–156.

Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. (2012): Empfehlungen des Deutschen Vereins zur konzeptionellen und strukturellen Ausgestaltung der Fachberatung im System der Kindertagesbetreuung. https://www.deutscher-verein.de/de/empfehlungen-stellungnahmen-2012-empfehlungen-des-deutschen-vereins-zur-konzeptionellen-und-strukturellen-ausgestaltungder-fachberatung-im-system-der-kindertagesbetreuung-sb1sb-1528,308,1000.html (letzter Zugriff: 11.10.2017).

Herrenbrück, S.; Kägi, S.; Karsten, M. E. & Müller, J. (2011): Fachberatung – zwischen Etablierung und Veränderungsdruck. Ein ungeregeltes Berufsbild auf der Suche nach Profil. Theorie und Praxis der Sozialpädagogik (TPS), Heft 4, 2011, S. 4–7.

Irskens, B. (1992): Fachberatung – ein Berufsfeld oder eine Sackgasse? In: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. (Hrsg.): Fachberatung zwischen Beratung und Politik. Eine kritische Bestandsaufnahme. Materialien für die sozialpädagogische Praxis (MSP) Nr. 23. Frankfurt a. M., S. 9–16.

Jansen, F. (2011): Standpunkt: Wir brauchen einen Richtungswechsel. In: Welt des Kindes, Heft 4, 2011, S. 25.

Kirchmeyer, W. (2011): »Sie müssen uns zwei Schritte voraus sein«. Theorie und Praxis der Sozialpädagogik (TPS), Heft 4, 2011, S. 26–29.

Leygraf, J. (2013): Fachberatung in Deutschland. Eine bundesweite Befragung von Fachberaterinnen und Fachberatern für Kindertageseinrichtungen: Zehn Fragen – Zehn Antworten. Eine Studie der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF). München: DJI.

Preissing, C.; Berry, G. & Gerszonowicz, E. (2015): Fachberatung im System der Kindertagesbetreuung. In: S. Viernickel et al. (Hrsg.): Qualität für alle. Wissenschaftlich begründete Standards für die Kindertagesbetreuung. Freiburg, S. 253–315.

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Sell, S. (2011): Eingeklemmt herausgefordert. Wie kann und wird sich Fachberatung in den nächsten Jahren weiterentwickeln? Theorie und Praxis der Sozialpädagogik, Heft 4, 2011, S. 8–11.

Selbstverständnis von Fachberatung

Einordnung in den Professionalisierungsdiskurs am Beispiel des »Selbstverständnis-Papiers« der Arbeitsgruppe Fachberatung der BAG-BEK e. V.

Jule Marx

Kindertageseinrichtungen und der Beitrag, den sie zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern leisten, sind ein Thema, das gesellschaftlich und politisch bewegt und über das verhandelt wird. Über die Bedeutung einer möglichst hohen Qualität der KiTas ist man sich mittlerweile einig. Obgleich dies noch längst nicht heißt, dass die für eine qualitätsvolle Arbeit in KiTas notwendigen Rahmenbedingungen bereits geschaffen wurden, ist der Diskurs aktiver denn je. Fachkundige Personen betrachten in ihren Debatten Kindertageseinrichtung als System, innerhalb dessen verschiedene AkteurInnengruppen an Bedeutung gewinnen und je einen spezifischen Beitrag leisten. Im Fokus stehen die pädagogischen Fachkräfte und KiTa-LeiterInnen. Von ihrem Handeln sind die pädagogischen Prozesse und damit das Erleben von Kindern in Kindertageseinrichtungen abhängig. Die Anforderungen an sie sind komplex. Das Gestalten einer qualitätsvollen KiTa-Praxis benötigt daher strukturelle und fachliche Unterstützung. Innerhalb eines Unterstützungssystems lässt sich das Handlungsfeld Fachberatung lokalisieren. Die Unterstützung, die Fachberatung im Kern ausmacht, wird als »qualitätsentwickelnd und qualitätssichernd« (Karsten nach Irskens 2007, S. 302) beschrieben. Es ist nicht überraschend, dass Fachberatung in den Fokus rückt, je lauter der Ruf nach Qualität wird. Mit Fachberatung wird eine qualitätssteigernde Wirkung verbunden, die sich, so die Erwartung, in einer höheren Qualität zeigt.

In der Wissenschaft ist die Relevanz von Fachberatung unumstritten. Fachberatung erfüllt eine Schlüsselfunktion, die sich in der fachlichen Unterstützung von pädagogischen Fachkräften, LeiterInnen und in der Beratung von TrägerInnen zeigt, indem sie als »personenbezogene und strukturentwickelnde soziale Dienstleistung« wirkt (Münch 2022, S. 38).

Deutlich ist, dass Fachberatung vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Voraussetzungen angeboten wird. Aufgabenprofile, Stellenbeschreibungen, Qualifikationsvoraussetzungen, Anforderungsprofile und -erwartungen sowie strukturelle Verortungen unterscheiden sich stark und schaffen unterschiedliche Bedingungen für die Ausgestaltung von Fachberatung. Daher können sehr unterschiedliche Erscheinungsformen und eine ungeregelte, unspezifische und unklare Handlungspraxis von Fachberatung beobachtet werden.

Fachpolitisch setzte der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. 2012 ein wichtiges Zeichen und veröffentlichte mit den »Empfehlungen des Deutschen Vereins zur konzeptionellen und strukturellen Ausgestaltung der Fachberatung im System der Kindertagesbetreuung« eine klare Position für die Bedeutung von Fachberatung. Formuliert wurde, dass »der Fachberatung durch ihre spezifische Rolle, ihre Aufgabenzuschnitte und ihren Einblick in die Praxis der Kindertagesbetreuung sowie in die Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung des Systems der Kindertagesbetreuung zu[kommt]« (Deutscher Verein 2012, S. 2).

Ein Katalysator für die quantitative Zunahme und Pluralität von Fachberatungshandeln ist der Qualitätsdiskurs. Mit der Bedeutung, die der frühen Bildung, Erziehung und Betreuung beigemessen wird, konkretisiert sich der Blick auf Fachberatung als Teil des Systems. Der Fokus auf Qualität in der KiTa verstärkt die Frage, wie sich Fachberatung gestalten muss, damit sie ihre Kraft als Qualitätsentwicklungsmotor entfalten kann.

Fachberatung befindet sich im Prozess der Professionalisierung, sie ist »auf dem Weg zur Profession« und nicht mehr »im Aufbruch«, wie es der Titel der Vorauflage dieses Buches feststellte. Ziel ist es, Fachberatung zu definieren, auszugestalten, stark zu machen und abzusichern. Innerhalb dieser Entwicklung muss Fachberatung ein eigenes Selbstverständnis entwickeln, um damit die Professionalisierung voranzutreiben und Fachberatung als anerkanntes und wirksames Element des Unterstützungssystems zu etablieren. Dies kann nur gelingen, wenn die Handlungspraxis von Fachberatung den Weg aus der sogenannten Blackbox findet und damit das Fachberatungshandeln sichtbar wird. Nur wenn explizit wird, wie sich Fachberatung konkret vollzieht, kann sie verstanden und entwickelt werden (vgl. Alsago et al. 2017, S. 72 ff.; Deutscher Verein 2012, S. 23).

Diese Etablierung von Fachberatung forderte die Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit e. V. (BAG-BEK) auf Initiative der Arbeitsgruppe Fachberatung bereits 2017. Sie reagierte damit auf den Ende 2016 erschienenen Zwischenbericht »Frühe Bildung weiterentwickeln und finanziell sichern« des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ 2016). Eintretend für die Berufsgruppe Fachberatung stellte die Arbeitsgruppe die Forderung auf, Fachberatung als eigenes Handlungsfeld in ein bundesweites Qualitätsgesetz aufzunehmen und so die gesetzliche Programmatik festzuschreiben (BAG-BEK 2017). Denn obgleich Fachberatung im Zwischenbericht durchgängig in ihrer Relevanz für Qualität in Kindertageseinrichtungen beschrieben und der Anspruch erhoben wird, die Rahmenbedingungen für Fachberatung zu verbessern, findet sie nur als Querschnittsthema Berücksichtigung. Die an die Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder (JFMK) und das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) zugestellte Stellungnahme blieb hinsichtlich ihrer Forderung, Fachberatung mehr eigenständige Bedeutung beizumessen, leider unberücksichtigt. Die Arbeitsgruppe Fachberatung bekräftigte deswegen 2018 in einem weiteren Papier ihre Position und forderte »[…] die stärkere Fokussierung der Fachberatung als Qualitätsentwicklungsmotor innerhalb des Systems der Kindertagesbetreuung. Nach wie vor [sehe die AG Fachberatung der BAG-BEK] die Notwendigkeit, auf diese Fokussierung hinzuweisen, da im politischen Diskurs die Fachberatung noch immer nicht die Berücksichtigung findet, die ihrer zentralen Rolle für das System gerecht wird« (BAG-BEK 2018).

Die Idee der Entwicklung eines bundesweiten Qualitätsgesetzes führte schließlich zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Verbesserung der Teilhabe in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege KiQuTG (das sogenannte Gute-KiTa-Gesetz), das 2019 in Kraft trat. Fachberatung findet im Gesetzestext keine Erwähnung und bleibt somit als »Kann-Thema« auf Länderebene zu entscheiden. Der erste Monitoringbericht zur Verwendung der Landesmittel belegt, dass eine Investition in Fachberatung qua Gesetz (bisher) nur in vier Bundesländern erfolgt ist (vgl. BMFSFJ 2020). Fachberatung als eigenständiges Handlungsfeld hat so trotz aller Bedeutung ein »Sichtbarkeitsdefizit«. Hier setzt das Papier der AG Fachberatung der BAG-BEK an, das sich mit dem »Selbstverständnis von Fachberatung« befasst und Gegenstand dieses Beitrags ist.

Berufliches Selbstverständnis und Professionalisierung

Ein wichtiger Schritt im Prozess der Professionalisierung von Fachberatung ist die Entwicklung eines gemeinsamen Selbstverständnisses. »Im Selbstverständnis kommt zum Ausdruck, wie die Agierenden sich selbst und ihr Handeln und damit einhergehend die andere Person und deren Agieren begreifen« (Schmidt 2012, S. 121). Wenn sich diese Wirkweisen auf eine berufliche Praxis beziehen, ist von einem beruflichen Selbstverständnis die Rede.

Das berufliche Selbstverständnis gibt Orientierung, ermöglicht Rückversicherungen und Begründungen für das berufliche Handeln und beeinflusst damit die berufliche Tätigkeit. Berufliches Selbstverständnis ist so verstanden sowohl Ausgangspunkt als auch Ergebnis beruflichen Handelns. Es ist eine Mischung aus in der Ausbildung und Fortbildung erworbenen theoretischen Bezügen sowie Kenntnissen von Verfahren und Methoden einerseits und Erfahrungen in der beruflichen Praxis andererseits.

Das berufliche Selbstverständnis ist als Teil der beruflichen Identität in der Person bzw. einer Personengruppe verhaftet. Es zeigt sich im Handeln, in den konkreten Tätigkeiten und in dem, was diesem Handeln motivational, kognitiv und mental zugrunde liegt. Im Kontext von beruflichem Handeln ist die Reflexion dessen, was das Handeln leitet, notwendig. Darin unterscheidet sich Alltagshandeln von beruflichem Handeln.

Professionalisierung, verstanden als kollektiver Prozess der Entwicklung eines beruflichen Handlungsfeldes, vollzieht sich als ein »Prozess der Entwicklung einer Berufsgruppe mit einer gewissen Autonomie in der Leistungskontrolle […] die gewissen einklagbaren Qualitätsstandards unterliegt« (Mieg 2006, S. 343). Professionalisierung bedeutet, »den differenzierten Umgang mit interdisziplinärem Wissen in einem bestimmten Praxisfeld [zu erwerben]« (Gieseke 2005, S. 418).

Innerhalb der Professionalisierung dienen der Orientierung unter anderem anerkannte Professionsmerkmale, wie etwa ein wissenschaftlich fundiertes Sonderwissen, theoretisch fundierte Ausbildungsgänge auf akademischem Niveau, berufsständische Normen (code of ethics), die Selbstkontrolle der Arbeitsbedingungen, eine Interessenvertretung durch Berufsverbände und die Definition der Anforderungen und Zugangswege (vgl. Kalkowski 2010, S. 2).

Ziele der Professionalisierung von Berufsgruppen sind das Herausarbeiten und Definieren klarer Indikatoren zur Bestimmung des Berufsbildes und das Aushandeln und Ausgestalten der notwendigen Rahmenbedingungen. Diese komplexe Entwicklung ist ein kollektiver Prozess, der das engagierte Zusammenwirken verschiedener AkteurInnen benötigt.

Heterogenität der Handlungspraxis und der Selbstverständnisse von Fachberatung

Wenn Preissing, Berry und Gerszonowicz Fachberatung 2015 als »unverzichtbar« beschreiben, stellen sie ihre Bedeutung für pädagogische Fachkräfte, LeiterInnen, Trägerorganisationen und für den Gesamtdiskurs von Qualität in KiTas in der gleichnamigen Veröffentlichung heraus (Preissing 2015, S. 163). Dennoch ist sie im Rahmen des Systems noch immer nicht strukturell verankert, sondern davon abhängig, ob und wie sie eingesetzt wird. Münch (2010) weist darauf hin, dass Fachberatung als fach- und berufspolitisches Thema trotz der real vielerorts stattfindenden Praxis als »unbeachtete Selbstverständlichkeit« gesehen wird (ebd., S. 45 f.). Mit den Begriffen unverzichtbar, unbeachtet und selbstverständlich wird ein Spannungsfeld aufgemacht, in dem sich Fachberatung bewegt. Einerseits soll Fachberatung im System KiTa angeboten und genutzt werden und besteht Konsens, dass das System KiTa Fachberatung braucht. Andererseits findet die Leistung von Fachberatung keinen Ausdruck in einer Festschreibung, die ihre Rahmenbedingungen absichert.

Während das Herausbilden von Handlungspraxis vergleichsweise schnell voranschreitet, hinkt die Professionalisierung aufgrund der Selbstverständlichkeit, mit der Fachberatung stattfindet, der konkreten Praxis hinterher. Fachberatung folgt einem starken Handlungsdruck von Einrichtungen und Trägern, der sie, oft als sogenannte Feuerwehr, abfordert, und sie folgt damit zunächst dem realen Bedarf im Alltag der KiTas.

Dies hat zur Folge, dass sich unterschiedliche Praktiken von Fachberatung herausgebildet haben. Die vielfältige, sich wildwüchsig entwickelnde Praxis ist gekennzeichnet von dem Fehlen eines einheitlichen Verständnisses von Didaktik, Methodik, Inhalten und Rahmenbedingungen der Tätigkeit. Die Erscheinungsformen von Fachberatung sind in ähnlicher Weise heterogen wie die KiTa-Landschaft selbst. Es bildete sich ein »Berufsprofil, das den besonderen Herausforderungen der pädagogischen Praxis sowie der Komplexität des Systems Kindertagesbetreuung und seiner Einbindung in vielfältige gesellschaftliche Bezüge Rechnung trägt« (Preissing 2015, S. 269). Dieses Berufsprofil von Fachberatung befindet sich damit in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den diversifizierten Erwartungen, die die Fachberatung beeinflussen und immer noch weitgehend bestimmen.

Um den diversifizierten Erwartungen zu entsprechen, richtet sich das berufliche Handeln stark an den Bedarfen der Praxis aus, was zu einer Unschärfe des beruflichen Handelns führt. Der Charakter von Fachberatungshandeln ist dadurch reaktiv und situativ und eher als Intervention zu beschreiben. Prozessuale Unterstützung oder konzeptionell präventives Handeln finden dagegen strukturell bedingt kaum einen Platz in der Alltagspraxis. Fachberatungshandeln orientiert sich meist an den individuellen Bedürfnissen der AdressatInnen. Insbesondere leiten die diversifizierten Erwartungen und die individuellen Herausforderungen der pädagogischen Praxis das berufliche Handeln von FachberaterInnen, sodass Fachberatung zwar für den Moment nutzbar gemacht, das Beratungsziel einer stabilisierenden Befähigung jedoch oftmals nicht erreicht wird bzw. nicht erreicht werden kann.

Fachberatung ist also bisher weitgehend Produkt eines Zuschreibungsdiskurses. Es bestehen »dezidierte Vorstellungen zum Auftrag, Profil und Verortung von Fachberatung«, die in den unterschiedlichen Tätigkeiten Ausdruck finden, die von FachberaterInnen erwartet werden (vgl. BAG-BEK 2021, S. 2). Die konkrete Praxis bestimmt im Zusammenspiel mit ihren jeweiligen Kompetenzen auch ihr berufliches Selbstverständnis.

Ebenso wenig wie es eine eindeutige Handlungspraxis gibt, kann von einem kollektiven beruflichen Selbstverständnis ausgegangen werden, sondern eher von einer Pluralität individueller Selbstverständnisse. Ein eigenständiges kollektives Selbstverständnis ist jedoch ein relevanter Ausgangspunkt für die Stärkung und Selbstsicherheit einer Berufsgruppe und für die notwendigen Aushandlungen und zunehmende Absicherung der Rahmenbedingungen im Professionalisierungsdiskurs. Somit ist es geboten, das berufliche Handlungsfeld mehrdimensional zu betrachten und herausarbeiten, wie sich die aktuell vorliegende Praxis vollzieht. Dazu gehören zusätzlich zum Erfassen struktureller Merkmale (z. B. FachberaterIn-Fachkräfte-Relation) und Aufgabenprofile insbesondere das Erfassen des konkreten Fachberatungshandelns sowie das Erfassen der beruflichen Einstellungen, Haltungen und der theoretischen Bezüge, die handlungsleitend sind.

Studien zum Selbstverständnis von Fachberatung