Farbenrauschen (Sweet Lemon Agency, Band 2) - Kyra Groh - E-Book
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Farbenrauschen (Sweet Lemon Agency, Band 2) E-Book

Kyra Groh

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Beschreibung

Sie hassen sich. Bis sie zusammenarbeiten müssen. In Frankas Leben zählen drei Dinge: Freiheit, Kunst und Freundschaft. Für Felix ist nur eines wichtig: seine Arbeit. Und auch sonst scheinen die beiden nichts gemeinsam zu haben – außer eine Vorliebe für Tattoos und spitze Kommentare. Bis die Grafikdesignerin und der Texter an einem großen Projekt zusammenarbeiten müssen und einander plötzlich in mehr als einer Hinsicht unter die Haut gehen. Zwischen hitzigen Schlagabtauschen und heimlichen Office Dates kommen nicht nur ihre Gefühle füreinander an die Oberfläche, sondern auch die Geheimnisse, die sie seit Jahren unter ihrer rauen Fassade verstecken. Der zweite Band der Sweet Lemon Agency-Reihe von Kyra Groh Heiße Workplace Romance mit deepem Hintergrund: In dem zweiten Band ihrer New-Adult-Reihe mit Setting in der deutschen Werbeszene verknüpft Kyra Groh Kreativität mit ernsten Themen, tiefen Freundschaften und einer unvergesslichen Enemies-to-Lovers-Romance.

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Seitenzahl: 527

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Für dich. Weil du gelernt hast, es zu akzeptieren. Obwohl es scheißschwer war, ich weiß.

Inhalt

Playlist

Triggerwarnung

1RegelwerkFELIX

2EisprungFRANKA

3LebensverlaufFELIX

4PizzafluchFRANKA

5LippenprovokationFELIX

6HöllenknöchelFRANKA

7KelchweisheitFRANKA

8ErsatzdrogeFELIX

9SemantiksachenFRANKA

10MöbiusschleifeFELIX

11EiszeitFRANKA

12GewaltrealitätFRANKA

13BruderherzFELIX

14SupermarktsushiFRANKA

15ZerreißprobeFELIX

16KostümwechselFRANKA

17PokerfaceFELIX

18GravitationskraftFRANKA

19ProblemföhnFELIX

20AtemnotFRANKA

21SelbstgefallenFELIX

22KonfettigrinsenFRANKA

23WaffelzerstreuungFELIX

24PuzzlewahrheitFRANKA

25LiebeslebenFELIX

26KohlenhydratbarriereFRANKA

27TransfergerüchtFELIX

28Yellow PressFRANKA

29LiebesleereFELIX

30KontrollübergabeFRANKA

31EgoknacksFELIX

32BlauhakenFRANKA

33AngstphobieFELIX

34SchiffschaosFRANKA

35TeamworkFELIX

36BerlindingeFRANKA

37KopffreiheitFELIX

38PferdefotoFRANKA

39HerzzupfenFELIX

40BeweislageFRANKA

41FlaggenfarbeFELIX

42FlügeldetailsFRANKA

43SchlagzeugsoloFELIX

44SelbsthassFRANKA

45RegelbruchFELIX

46SchuldprogrammFRANKA

47TeufelskreisFELIX

48TränenschwarzFRANKA

49BruderschmerzFELIX

50LiebesillusionFRANKA

51SeitenblickFELIX

52ElternhausFRANKA

53KollateralschadenFELIX

54WeltenkollisionFRANKA

55WahnsinnFRANKA

56HundeblickFELIX

57FarbenrauschenFRANKA

Danksagung

Triggerwarnung

Play

list

Nightlife – Off With Their Heads

u turn me on (but u give me depression) – LØLØ

Tattoos – Frank Turner

Halloween – Novo Amor

Chelsea – Dragged Under

Zero Feelings – Zoe Clark

Grey – Good Boy Daisy

Swing Life Away – Rise Against

Krystalline – Alkaline Trio

Eviligo – Stand Atlantic

This Addiction – Alkaline Trio

Drink to Drown – Stand Atlantic

Heart Attack – Rock Version – Demi Lovato

Ex’s & Oh’s – Elle King

Happier Than Ever – Kelly Clarkson

Thrash Unreal – Against Me!

The Funeral – YUNGBLUD

Issues – Acoustic – Julia Michaels

Liebe Leser*innen,

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findet ihr auf der letzten Seite eine Triggerwarnung.

Achtung: Diese enthält Spoiler für die gesamte Geschichte!Wir wünschen euch das bestmögliche Lesevergnügen.

1

Regel

werk

FELIX

»Drei Regeln.« Sie hält mich eine Armeslänge auf Abstand, die Hand fest auf meine Brust gepresst, sodass ich mich ihr keinen Zentimeter nähern kann.

»Erstens«, sie hebt einen Finger, aber ich kann ihn kaum sehen, so beschissen dunkel ist es in dieser … was zum Teufel ist das hier überhaupt? »Ich mache das für mich. Es ist nicht für dich, kapiert?«

Sie spreizt nun auch den Mittelfinger ab. Bei dem Gedanken, dass sie ihre langen, spitz zulaufenden Nägel eben noch in meinen Unterarm gekrallt hat, um mich von der Party wegzuzerren, werde ich so hart, dass ich mir ein kleines bisschen Sorgen um meine Standfestigkeit mache. Fuck.

»Zweitens: Du wirst diese Sache nie wieder erwähnen. Wenn du mich am Montag in der Agentur auch nur einmal falsch anguckst, dann …«

Ich lasse sie nicht ausreden. Ich dränge sie gegen die Wand, an der Jacken oder Arbeitskleidung oder sonst was hängt, zerre ihr Kleid hoch und greife nach ihren Hüften. Sie fühlt sich so gut an. Wieso ist ihre Haut so weich und so prall und so … Shit! Ich wusste, dass es so sein würde.

»Drittens!« Gott, diese Frau kann nicht einmal beim Vögeln die Klappe halten.

»Vielleicht lässt du mich erst mal machen, bevor du irgendwelche Regeln aufstellst?« Meine Rüge geht in meinem eigenen atemlosen Keuchen unter, weil sie meinen Gürtel aufschnappen lässt und mir durch die Boxershorts hindurch geradewegs ans Allerheiligste packt. Wo sie mich – mit der Hand an meinen Eiern – von sich wegdrückt. Halleluja.

Ich beiße die Zähne aufeinander und unterdrücke ein Knurren. Ich will sie. Ich brauche sie. Gierig nach ihren Lippen, gierig nach diesem ersten Kuss, beuge ich mich zu ihr herunter. Meine Hände suchen ihre Taille, tasten nach der Haut, die sich eben unter meinen Fingern angefühlt hat wie reine Seide.

»Drittens!«, wiederholt sie schroff und zieht den Kopf weg. »Wir küssen uns nicht.«

Ich schrecke zurück. »Wie, wir küssen uns nicht?«

Sie fährt ungerührt fort, meine Hose zu öffnen, dann macht sie sich an ihrer eigenen Kleidung zu schaffen. Ihr Höschen fällt mit einem dumpfen Geräusch zu Boden. Shit.

»Was gibt es daran nicht zu verstehen? Deine Lippen, meine Lippen – wird nicht passieren.«

»Wir ficken jetzt, aber küssen ist zu viel, oder was?« Wie schläft man überhaupt miteinander, ohne sich zu küssen? Ist das ein Spiel, das ich nicht checke? Turnt es sie an?

»Wie schön, du hast es verstanden.«

Ich sehe entgeistert dabei zu, wie sie sich vor mir umdreht, ihr Kleid vollständig nach oben schiebt und beide Hände an der Wand abstützt. Holy Shit …

»Darf ich … Soll ich … wenigstens deinen Hals oder deine Schulter …?«

Sie stöhnt genervt. »Wenn es dich glücklich macht, darfst du meinen Arsch küssen.«

Gott, ich wusste es. Wusste, dass ich die Kontrolle verlieren würde – nicht nur, weil sie nie freiwillig die Oberhand abtritt, sondern weil sie mich schon jeden verdammten Tag auf der Arbeit in den Wahnsinn treibt. In dem Moment, in dem sie mich aus dem Nichts gepackt und von dieser beschissenen Kundenparty weggezerrt hat, wusste ich es. Wobei … streng genommen war es mir schon klar, als sie vor zwei Jahren im Vorstellungsgespräch vor mir gesessen und keinerlei Zweifel daran gelassen hat, dass sie sich von niemandem etwas sagen lässt, nie kampflos aufgibt und mich wegen meiner rigorosen Arbeitseinstellung abgrundtief beschissen findet. Dieses aufmüpfige, klugscheißerische, viel zu scharfe kleine Biest.

Für meinen Körper hingegen ist die Sache klar: Das hier ist der Kick, auf den er zwei Jahre gewartet hat.

Ich zerre meine Hose herunter und reiße das Kondom auf, dass sie mir auf dem Weg in diese beknackte Besenkammer zugesteckt hat. Mein Schwanz ist steinhart und das nicht einmal wegen ihres halb nackten Körpers, der bereit und offen vor mir steht. Sondern wegen ihrer Art. Wegen ihrer gespielt bocklosen, aufsässigen Attitüde, mit der sie mich seit besagtem Vorstellungsgespräch bei jeder Gelegenheit provoziert.

»Geht’s vielleicht ein bisschen schneller?« Ihr Satz klingt wie der einer entnervten Kundin an der Supermarktkasse. Alles daran ist falsch. Alles daran macht mich scharf.

»Alter! Kannst du nicht wie jeder andere Mensch Dirty Talk halten?« Ich rolle mir das Kondom über und stütze eine Hand auf ihrem unteren Rücken ab.

Mit einem zuckersüßen, gespielten Ausdruck der Lust blickt sie über die Schulter zu mir und stöhnt: »Oh Baby, ich kann’s nicht erwarten, dich in mir zu spüren.« Sie verdreht die Augen. »So besser?«

»Fuck, McDowall, musst du wirklich immer das letzte Wort haben?« Ich greife von vorn zwischen ihre Beine und erschauere. Sie ist warm und feucht und glatt und geschmeidig und … sie schreit auf, als ich ihre Mitte finde. Gott, sie stöhnt so laut, dass uns das Personal in der Küche der Eventlocation nebenan sicher hört. Ich hätte nie gedacht, dass sie mir die Genugtuung gibt, sie so inbrünstig stöhnen zu hören. Sonst ist sie sogar zu stolz, über einen Witz von mir zu lachen.

Der Moment, in dem ich in sie eindringe, ist … Ohne es überhaupt zu probieren, weiß ich, dass ich keine Worte finden werde. Und passende Worte zu finden, ist streng genommen das Einzige, was ich kann, also … Fuck.

Diese Frau hat die Fähigkeit, mir alles zu nehmen. Ich werde dieses Gefühl von ihr bei mir – ihr unter mir, mir in ihr – immer wieder haben wollen. Wieder und wieder und wieder, bis sich alles nur noch darum drehen wird. So ist es immer. Gib mir eine gute Sache und ich höre nicht auf, bis ich mich damit zerstöre.

Deshalb wird das heute das erste und letzte Mal sein, dass ich dieser immerwährenden Reibung zwischen uns nachgebe. Einmal. Und danach reden wir nie wieder darüber – dieser Regel kann ich gern folgen.

»Ja«, keucht sie.

»Na, geht doch.« Ich lege mich tiefer über ihren gebeugten Rücken, umgreife durch den Stoff ihres Kleides ihre Brust und spüre, wie sie mich vollständig in sich aufnimmt. »Du kannst ja doch normalen Kram stöhnen.«

»Nein, ich meine nur … Ja, ich werde das letzte Wort haben. Immer!«

2

Ei

sprung

FRANKA

Ein Monat später

Ich hasse es, wenn Leute mich ansehen.

Ich hasse es so sehr, dass ich vor gut zehn Jahren beschlossen habe, dass nur ich entscheide, welche Version von mir die Außenwelt sehen darf.

Doch jetzt sitze ich hier und wünsche mir, er würde wenigstens einmal herüberschauen. Wünsche mir, er würde seinen beknackten Kopf mit den beknackten Halstattoos und dem beknackten Haarschnitt ein einziges Mal in meine Richtung drehen. Denn es kann ja wohl nicht sein, dass ich mich seit einem Monat zwingen muss, ihn zu ignorieren, während es ihm so beschissen leichtzufallen scheint, das Gleiche mit mir zu tun.

Seit dem Abend, an dem es passiert ist, würdigt Felix Mattuschek mich in der Werbeagentur, in der wir beide arbeiten, keines Blickes mehr. Er streitet sich nicht einmal mit mir. Dabei war genau das unser Ding – dieses Ding, das sich in der Personalumkleide des Restaurants entladen hat, in dem wir den Launch eines unserer Kundenprojekte gefeiert haben. Er kommt mir vor wie eine Bombe, die irgendwann hochgehen wird. Vielleicht schmeißt er mich ja bald einfach raus? Und dann? Es gibt so vieles an meinem Job als Designerin in der Sweet Lemon Agency, das ich hasse, aber ich kann es mir auch nicht leisten, ihn zu verlieren. Obwohl ich lieber meine eigene Kunst schaffen würde statt ätzende, kommerzielle Designs für Banken, Süßigkeitenmarken und Kosmetikfirmen, die ihre Produkte an Tieren testen.

Die Nüstern vor Wut über meine eigenen Gedanken gebläht, lasse ich den Blick durch den voll besetzten Konferenzraum schweifen. Sweet Lemon sitzt in einem stylisch restaurierten Hafengebäude im Frankfurter Ostend. Die Wände sind aus unverputztem Backstein, die Inneneinrichtung besteht aus Glas und grauem Stahl. Es ist dieser Industrial-Werbeagentur-Chic, der darüber hinwegtäuschen soll, dass die Work-Life-Balance zum Kotzen ist. Es gibt Tischkicker statt Gehaltserhöhungen. Obstkorb statt Lob. Eine Gin-Bar statt Aufstiegschancen. Auf der Website von Sweet Lemon steht, dass wir wie eine große Familie sind. Und manchmal hasse ich, dass diese abgedroschene Phrase sogar stimmt. Ich sehe den Beweis links und rechts von mir, wo Klara und Jesse auf Eames-Stühlen sitzen und dem Meeting lauschen. Klara auf ihre engagierte, aber zurückhaltende Weise, Jesse mit gelangweilt aufgestütztem Kopf, aber – im Gegensatz zu mir – immerhin aufmerksam. Klara ist letzten Herbst als Texterin zu uns gekommen und seither mit ihrer sensiblen einfühlsamen Art Tag für Tag tiefer in mein schwarzes Herz vorgedrungen. Jesse kenne ich schon seit meiner Ausbildung zur Mediengestalterin. Wir haben uns hier zusammen für das Designteam beworben, mittlerweile arbeitet er hauptsächlich im Bereich Fotografie. Die beiden sind für mich weit mehr als Kollegen. Sie sind meine besten Freunde und Mitbewohner. Vor allem Jesse ist seit Jahren das, was einer Bezugsperson für mich am nächsten kommt.

»Wir reichen auf jeden Fall den Wüthrich-Case ein. Bestes Kreativkonzept, beste Neupositionierung – da gibt es ’ne Menge Kategorien, in denen wir abräumen können.« Felix nickt in die Runde, als erwarte er, dass wir gleich vor Begeisterung klatschen oder ihm auf andere Weise Tribut zollen. Dabei verdankt er das Wüthrich-Konzept ganz allein Klara. Sie hatte im März den genialen Einfall, das Image des eingestaubten Schokoladenherstellers mit ziemlich heißen Kurzgeschichten aufzumöbeln. Inzwischen sind fünf Monate vergangen und die Kampagne, die sie erstellt hat, läuft ab nächstem Monat auf allen Kanälen. Ich habe den Großteil der Designs gemacht. Trotzdem klingt das Wir aus Felix’ Mund immer wie ein Ich.

Die Einzige, die überhaupt erkennbar auf seinen Monolog reagiert, ist unsere Projektmanagerin Amelie. Natürlich. Die beiden verstehen sich ein bisschen zu gut. Sie notiert etwas in dem Dokument, in dem sie Protokoll über das Meeting führt, und lächelt ihm dann freundlich zu. Ihre kirschrot geschminkten Lippen öffnen sich dabei einen kleinen Spalt und in ihren Augen leuchtet etwas auf. Zum etwa eintausendsten Mal frage ich mich, ob sie auf ihn steht. Irgendetwas ist da zwischen den beiden. Irgendetwas, das sie verbindet. Ein Geheimnis. Eine Geschichte. Ob sie ihn auch schon einmal in eine Besenkammer geschleppt hat, weil sein Verhalten gegenüber einem sexistischen Kunden sie alle Prinzipien hat vergessen lassen?

Wenn ich die Augen schließe, sehe ich noch immer vor mir, wie Felix den Marketingchef von Wüthrich Chocolatier am Schlafittchen gepackt und von Klara, die der Kerl gerade begrapschen wollte, weggezerrt hat … So was kann Felix einfach nicht bringen. Nicht direkt vor meiner Nase. Nicht, wenn ich meinen Eisprung habe und hormonell darauf programmiert bin, dominante Alpha-Typen entgegen jeder Logik heiß zu finden.

»Wir müssen das Projekt auf ein oder zwei Slides so vorstellen, dass auch ein Schimpanse versteht, wieso es geil ist, kapiert?«

Gott, er treibt mich in den Wahnsinn. Seit Felix sich in den Kopf gesetzt hat, im nächsten Jahr alle wichtigen Awards der Werbeszene abzustauben, ist er unausstehlicher als je zuvor. Er arbeitet noch länger, scheißt noch mehr auf unseren Feierabend und verlangt immer noch verrücktere Ideen. Dabei hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass sich seine Obsession in diesen drei Punkten überhaupt steigern ließe. But here we are …

Er hat ein wöchentliches Meeting am Freitag eingeführt, in dem alle Kreativen antanzen und ihm Bericht über aktuelle Projekte erstatten müssen, die wir bei nationalen und internationalen Marketingwettbewerben einreichen könnten. Das Problem: Die meisten Jobs, die wir unter der Woche erledigen, sind stinklangweilig und ihre Auftraggeber – also unsere Kunden – viel zu geizig und beschränkt, um sich auf wirklich gute Kreativkonzepte einzulassen. Und weil Newsletter mit Clickbate-Betreffzeile, hässliche Banken-Websites und Plakatwerbung für Katzenfutter nun mal keine Auszeichnungen gewinnen, will Felix, dass wir uns proaktiv preisverdächtige Ideen ausdenken. Und ich? Ich hasse alles an diesem Plan.

Ich bin nicht Mediengestalterin geworden, um Preise zu gewinnen. Allerdings auch nicht, um Newsletter zu gestalten. Streng genommen habe ich die Ausbildung nur begonnen, damit ich mit siebzehn von zu Hause ausziehen und mir die Miete in einer viel zu teuren Frankfurter WG leisten konnte.

Und jetzt sitze ich hier und muss mich von einem arroganten Workaholic-Arschloch ignorieren lassen, der vor vier Wochen noch seine Finger zwischen meinen Beinen hatte.

»Klara? McDowall? Geht das klar?«

Felix hat diese schreckliche Eigenart, uns beim Nachnamen zu nennen. Wie ein Drill Instructor, der seine Kadetten frühmorgens Runden laufen lässt. Seit dem Vorfall mit dem Marketingchef von Wüthrich verwendet er jedoch Klaras Vornamen. Und Amelie – seine Lieblingsprojektmanagerin – hatte diese Ehre schon immer. Ich bin nach wie vor McDowall. Zuletzt muss er mich in meinem Vorstellungsgespräch Franka genannt haben.

Beim bloßen Gedanken daran beiße ich mir auf die Innenseite meiner Wange. Es ist gut zwei Jahre her, dass ich ihm in genau diesem Konferenzraum gegenübersaß und mich gefragt habe, ob er ebenfalls weiß, wer ich bin. Ob er sich an diesen Abend erinnert, den ich nur zu gern vergessen würde. Seit dem Zeitpunkt unserer ersten Begegnung mag er größer und breiter geworden sein und sich mit mehr schlecht gestochenen Tattoos zugekleistert haben, als er selbst zählen kann. Aber diese eisgrauen Augen hätte ich immer und überall wiedererkannt. Sein Vater hatte dieselben – auch wenn Felix seine Abstammung gern ignoriert. Er will nicht mit dem mittlerweile verstorbenen Werbemogul Wolfgang Mattuschek in Verbindung gebracht werden.

Möglicherweise ist das unsere einzige Gemeinsamkeit: Wir gehen beide nicht damit hausieren, wer unsere Eltern sind. Mich verbindet nichts mehr mit meiner Mutter. Nicht einmal der Nachname. Auf den Wahlplakaten meiner Mutter steht ihr Mädchenname, den sie nach der Scheidung wieder angenommen hat und unter dem Wolfgang Mattuschek sie kannte: Beate Frey. Der Nachname, bei dem Felix mich ausschließlich nennt, dient also nicht als Brücke zu unserer gemeinsamen Vergangenheit. Und trotzdem werde ich die stille Furcht nicht los, dass er ganz genau weiß, wer ich bin. Und was damals passiert ist.

Ich mustere ihn ein weiteres Mal argwöhnisch. Die etwas zu große Nase, die kurz rasierten Seiten … die eisgrauen Augen.

Plötzlich fällt mir ein, dass er doch noch einmal meinen Vornamen gebraucht hat. Vor vier Wochen. Ein einziges Mal, während sich alle um Klara gesorgt haben. Vermutlich hat mich das so aus dem Konzept gebracht. Und, dass er einen schwarzen Anzug getragen hat. Komplett schwarz. Auch das Hemd und die Krawatte. Was seine Augen und die Tattoos noch gefährlicher hat wirken lassen.

»Können wir machen«, antwortet Klara mit einem Strahlen und lächelt erst Felix, dann mir zu. Ich habe keine Ahnung, was Felix zuletzt gesagt hat, weil ich geistig abgedriftet bin. Deswegen weiß ich auch nicht, welcher Aufgabe Klara in unser beider Namen zugestimmt hat. Sie ist die Gewissenhafte von uns. Aber sie ist auch neu in der Branche. Klara hat noch Ehrgeiz und Ziele und den ehrlichen Glauben daran, dass Felix sie eines Tages aus vollem Herzen für einen getanen Job loben wird – alles Hoffnungen, die ich niemals gehegt habe.

»Nächste Woche ist allerdings ziemlich viel zu tun«, fährt Klara fort. »Die Ausschreibung für Mercedes, wenn du dich erinnerst?« Den letzten Satz formuliert sie wie eine gerechtfertigte Frage, dabei wissen wir alle, dass Felix den Mercedes-Pitch auf keinen Fall vergessen hat. Ich wette, er holt sich seit Wochen einen darauf runter, dass er es geschafft hat, Sweet Lemon in den Ausschreibungspool der Automarke zu befördern.

»Ich weiß«, knurrt er. »Während du damit beschäftigt bist, kann McDowall die Präsentation für das Wüthrich-Projekt aufhübschen.« Felix, der am Kopfende des Konfitisches sitzt wie ein verdammter Patriarch, blickt beim Sprechen nicht einmal auf. Er starrt lediglich mit zusammengekniffenen Augen auf einen Papierstoß vor sich und fummelt mit der linken Hand an seinem Bart herum. Mit dieser Rotzbremse sieht er aus wie ein verfluchter Berliner Hipster. Da hilft auch der dazugehörige dunkelblonde Dreitagebart nichts. »Sie ist bei Mercedes ja nicht involviert.«

Als ich merke, dass er damit mich meint, möchte ich aufschreien. Sie ist bei Mercedes ja nicht involviert – und wieso? Weil du Arschloch mich seit einem Monat ignorierst und mich Praktikantenarbeit machen lässt, damit wir bloß keine Sekunde zu lang in einem Raum miteinander verbringen müssen. Nicht einmal ansprechen kannst du mich, du Feigling. Du unreifer, machthungriger, rückgratloser Feigling.

Mein Puls beschleunigt und in meinem Magen sammelt sich diese altbekannte Wut. Ich hasse es, wenn mir jemand das Gefühl gibt, minderwertig zu sein. Es reicht, dass ich das selbst jeden beschissenen Tag denke …

»Aufhübschen?«, wiederhole ich und verschränke die Arme vor der Brust.

»Ja«, sagt Felix knapp.

»Ist es auch okay, wenn ich eine Präsentation designe, oder soll ich bloß ein paar PowerPoint-Slides mit hübschen Blümchen verzieren?« Ich ergänze meinen gespielt süßen Tonfall mit einem schnellen Wimpernklimpern und endlich sieht er auf. Sein Blick ist reines Eis. Das perfekte Match zu seinem Charakter. Und trotzdem geht auf einmal ein Blitzschlag durch mich hindurch. Brennt sich durch die Wut in meinem Bauch. Bis er in meinem Unterleib einschlägt. Dort hinterlässt er einen verräterischen Druck, eine Hitze, die mich dazu bringt, unruhig meine Beine übereinanderzuschlagen. Erinnerungen an diesen Abend schießen durch meinen Kopf. Wie lächerlich gut sein großer schlanker Körper in diesem schwarzen Anzug aussah. Wie beinahe kindlich überrascht er war, als ich ihn auf dem Flur abgepasst, ihm ein Kondom in die Hand gedrückt und nur diesen einen Satz gesagt habe: »Halt einfach die Klappe und komm mit.« Ich war überwältigt, weil er so lieb zu Klara war. So unerwartet feministisch. So …

Shit! Wie konnten meine Libido und mein Hormonhaushalt sich nur derart gegen mich verschwören? Und wieso tun sie es jetzt schon wieder? So gut war es nun auch wieder nicht. Es war … nötig. Mehr nicht.

»Mach einfach deinen Job«, mahnt er mich.

Die Temperatur im Raum sinkt beinahe spürbar. Jeder der hier Anwesenden weiß, wie untypisch es für Felix ist, mir nicht zu kontern. Jesse, Riccardo, Dagi und Klara sind unzählige Male Zeugen davon geworden, wie er mich wegen weitaus weniger schamlosen Widerworten zusammengefaltet hat. Ob sie etwas ahnen? Ob sie sich ausmalen können, dass er vor vier Wochen hinter mir in dieser Besenkammer gestanden und sich genau im richtigen Winkel so tief in mir versenkt hat, dass ich … Scheiße. Dieser Dreckskerl sollte sich gefälligst wie ein verdammter König fühlen, weil ich ihn rangelassen habe. Er sollte hier sitzen und sich daran zurückerinnern. Er sollte genervt sein, weil ich ihm die kalte Schulter zeige. Er sollte … er sollte … Ich beiße mir auf die Zunge und lehne mich eingeschnappt in meinem Stuhl zurück. Und so verbleibe ich den gesamten Rest des Meetings.

Nachdem Felix die Award-Runde für beendet erklärt hat und wir uns auf den Weg in unsere Büros machen, lässt sich Klara absichtlich mit mir zurückfallen.

»Ist alles okay?« Sie berührt mich am Oberarm. Seit sie bei Jesse und mir eingezogen ist, finde ich es einigermaßen erträglich, dass sie das macht. Sie darf mich anfassen. Sie darf neben mir auf dem Bett liegen. Sie darf ihren Kopf an meine Schulter lehnen, wenn wir auf dem Sofa sitzen … sogar ganz nah an meine Haare. Klaras Love Language ist eindeutig Physical Touch. Und trotzdem liebe ich sie – ein größeres Kompliment kann man von mir praktisch nicht bekommen.

»Was soll sein?«, frage ich. Ich habe lediglich mit dem Mann geschlafen, der für dich wie ein Mentor ist. Habe ihn regelrecht mit mir gezerrt, weil ich den Hass auf ihn in einem unachtsamen Moment mit Lust verwechselt habe und mein Körper ganz genau weiß, wie er bekommt, was er will. Ohne dass jemand Fragen stellt. Und ganz allein zu meinen Bedingungen.

»Nichts, du wirkst nur etwas … geladen.« Klara lächelt. Mist … Dieses Lächeln bedeutet nichts Gutes. Sie ist einfach zu feinfühlig für diese Welt – und ich bin das komplette Gegenteil. Meine Emotionen, vor allem die negativen, müssen immer raus. Ich kann Probleme nicht mit Besonnenheit lösen. Ich kann sie ignorieren und ich kann wegen ihnen explodieren. Nur deshalb ist diese verfluchte Nummer vor einem Monat überhaupt passiert. Weil ich explodiert bin. Erst wegen ihm, dann unter ihm …

Oh Gott, ich denke schon wieder daran! Dabei ist es einen ganzen Monat her. Vier verfluchte Wochen!

»Es ist gar nichts, ich …« Auf einmal dämmert es mir. Na klar! Es ist vier Wochen her! Beinahe auf den Tag genau. Diese Hitze in meinem Bauch. Die Erinnerungen. Der entfernte Klang seines Stöhnens in meinem Ohr. Ich denke nicht daran zurück, weil ich es wiederholen will, es liegt einfach nur daran, dass … »Ich habe bloß schon wieder meinen Eisprung.«

3

Lebens

verlauf

FELIX

Ich werde mich nicht von ihr provozieren lassen.

Dieser Gedanke mäandert während des gesamten Meetings durch meinen Kopf. Wieder und wieder. Wie eine hängende Platte.

Es nervt sie. Das spüre ich. Und mich nervt, dass es sie nervt. Schließlich ist es genau das, was sie wollte. Du wirst diese Sache nie wieder erwähnen. Daran halte ich mich. Immerhin gibt es nichts, worüber man reden müsste. Die Sache im Juli war ein fetter Ausrutscher.

Dass ich jetzt nicht aufhören kann, daran zu denken, kommt einfach daher, dass es ganz okay war. Oder besser gesagt: ziemlich gut. Das liegt nun mal in der Natur der Sache: Verbotener Sex mit schwachsinnigen Regeln ist immer gut. Er ist wie der Keks, der ganz oben im Regal in einer Dose mit Finger-weg-Aufschrift liegt. Eine Verlockung. Eine Sünde. Ein Geheimnis.

Ich weiß nicht, was sie dazu bewogen hat, was sie … so scharf gemacht hat. Aber ich weiß, wieso ich mich darauf eingelassen habe. Mein Puls war auf hundertachtzig, weil ich einen übergriffigen Kunden von meiner Junior Texterin losreißen und den ganzen Vorfall irgendwie unserem Chef Ümet zu erklären hatte. Da waren all diese Stoffe in meinem Blut – Adrenalin, Cortisol, Norepinephrin –, der richtig geile Scheiß, der einen richtig geilen Rausch ausmacht. Dazu eine Frau, die mich in den Wahnsinn treibt. Mit der sich jede Begegnung anfühlt wie ein High, nach dem der Absturz verdammt tief ist.

Eine Frau, die wie ein Rückfall ist.

Pures Gift.

Ich stelle mein Fahrrad im Hinterhof des maroden Altbaugebäudes ab und löse Pablos Leine von der Vorrichtung am Sattel. Mein rotbrauner Mischling, Rasse portugiesischer Straßenköter, hechelt sich die Seele aus dem Leib.

»Sorry, mein Junge. Wir waren ein bisschen schnell.« Ich tätschele ihm die Flanke, die unter seinen rasenden Atemzügen zittert. Keine Ahnung, wieso ich es ausgerechnet heute so eilig hatte, nach Hause zu kommen. Mich erwartet nichts. Ich werde allein sein. Unbeobachtet. Mir selbst überlassen. Und das ist ein Zustand, der für mich verdammt gefährlich ist.

Natürlich hätte ich noch länger in der Agentur bleiben können. Mit dem Mercedes-Pitch und der bevorstehenden Award-Season gibt es wirklich genug zu tun. Das liebe ich an meinem Job in der Werbung: Er ist nie komplett getan. Man kann immer brainstormen, immer neue Kunden akquirieren, immer eine gute Idee für eine bessere killen. Aber Pablo musste dringend Gassi und nicht einmal ich kann mir vormachen, dass es normal ist, an einem Freitagabend nach neun das Büro für einen Spaziergang zu verlassen und anschließend zurückzukehren.

Beim Aufstieg in den dritten Stock hechelt der Hund noch ein bisschen mehr. Und ich würde wahrscheinlich mithecheln, wenn Sport nicht einer meiner liebsten Wege wäre, mich vom Unbeobachtetsein abzulenken. Fitness ist in vielerlei Hinsicht wie die Arbeit in einer Agentur: Man ist nie damit fertig.

Sobald ich die Wohnungstür hinter mir schließe, fühle ich ein Prickeln in meinen Fingerspitzen. Es ist wie ein Juckreiz – eher nervig als schmerzhaft, aber zu penetrant, um mich je wirklich daran gewöhnen zu können. In meinem neuen, erwachsenen Leben wissen nicht mehr viele Menschen, wie kurz davor ich noch vor sechs Jahren stand, den kläglichen Rest meines abgefuckten Gehirns an Alk und Drogen zu verlieren. Aber wenn ich jemandem erklären müsste, wie es sich anfühlt, trocken zu sein, würde ich sagen: Die Sucht ist wie ein Mückenstich, der niemals weggeht. Du musst ihn nur einmal aus Versehen berühren und schon juckt es die ganze beschissene Nacht. Du darfst nicht kratzen. Es gibt keine Erlösung. Du darfst nicht einmal mit deinen Fingernägeln ein Kreuz in das gereizte Fleisch drücken. Ich vergesse den Stich, wenn ich mich ablenke. Wenn ich arbeite oder jogge oder mich mit Menschen umgebe, ins Stadion gehe oder auf ein Konzert. Ich fühle mich selbst an Orten sicher, an denen bis zur Ohnmacht gesoffen wird. An ihnen schaffe ich es ironischerweise besonders gut, Frieden zu finden. Weil ich ringsherum sehe, was der Stoff aus normalen Menschen machen kann. Welche Abgründe er aufreißt und wie leicht es ist, in diese hineinzustürzen und nie mehr herauszukommen.

Ich schmeiße meinen Schlüssel in die Schale auf dem Schuhschrank und ignoriere meine Reflexion im Spiegel darüber. Es ist unwahrscheinlich, dass ich besser aussehe, als ich mich fühle.

Pablo scharrt bereits mit den Pfoten gegen Metall. Er ist auf direktem Weg in die Küche gerannt und muss dort seine Näpfe für Futter und Wasser leer vorgefunden haben. Auch in meinen Eingeweiden meldet sich nun der Hunger und wie immer bin ich erleichtert darüber. Es tut so gut, einfach nur Lust auf Essen zu haben statt auf etwas, das man in einer Pfeife rauchen oder in Pillenform herunterwürgen muss.

Ich setze einen Topf mit Nudelwasser auf, dann kippe ich einen Messbecher voll Trockenfutter in Pablos Napf. Gierig verschlingt er die braunen Pellets, den Schwanz zwischen den Beinen und die beiden ungleichen Ohren angelegt. Seine Ohren waren der Hauptgrund, wieso ich den kleinen Kerl haben musste, nachdem ich seine Anzeige auf der Instagram-Seite eines portugiesischen Dog Shelters gesehen habe. Seine Ohren und der gequälte Ausdruck in seinen Augen. Alles an Pablo hat geschrien, dass er nicht okay ist, aber eine zweite Chance verdient hat. Auf eine kitschige Art und Weise hat mich das wohl zu ihm hingezogen.

Die Aluschüssel ist nur Sekunden später leer. Pablo schaut mir flehend dabei zu, wie ich eine Packung Spirelli ins Wasser kippe, aber ich halte dem Hundeblick stand. Bevor ich mich mit den fertigen Nudeln auf dem Sofa niederlasse, schalte ich den Fernseher ein und reiße ein Fenster auf. Der übliche Klangteppich der Nachbarschaft weht herein. Das Geschnatter aus der Apfelweinkneipe nebenan, die Geräusche des Verkehrs, ein laut aufgedrehter Schlagersong von der Partymeile in Alt-Sachsenhausen. Meine Vormieter sind aus der Wohnung ausgezogen, weil es ihnen zu laut war. Ich wollte sie aus genau diesem Grund haben.

Sobald ich auf dem Sofa sitze, setzt Pablo sich vor mich und legt seine spitz zulaufende Schnauze auf meinem Oberschenkel ab. Seine Ohren sind wieder in ihrer Ausgangsposition, eines aufgeregt nach oben gestellt, eines schlapp abgeknickt. Seine Nüstern wackeln sehnsüchtig, dabei riecht das Pesto Verde auf meinen Nudeln wirklich nicht nach Haute Cuisine. Ich zappe mich durch ein paar Kanäle, während ich die Nudeln mit einem Löffel in mich hineinschiebe. In fast jedem Werbeblock läuft zurzeit der neue Spot von unserem Kunden BKInvest, den ich konzipiert habe. Ich war streng genommen der Creative Director auf diesem Job, auf dem Papier gehört dieser Posten allerdings noch immer meinem Kollegen Roger. Inoffiziell ist Roger mit mehr als nur einem Bein in der Rente. Gedanklich hat der Einundsechzigjährige schon vor Jahren abgeschaltet und jeder in der Agentur weiß das, aber Ümet will es aussitzen. Er sagt, wenn Roger im Ruhestand ist, befördert er mich sofort zum CD. Doch das reicht mir nicht. Es ist zu leicht, jemanden zu ersetzen, der sowieso aufhört. Und bis Roger in Rente geht, ist es zu spät. Ich werde diesen Dezember siebenundzwanzig. Die meisten Awards werden im Mai verliehen. Also muss ich Ümet bis Ende des Jahres weichgekocht haben. Dann werde ich bei meinem ersten Award als CD jünger sein, als mein Bruder Patrick es bei seinem war. Und jünger als mein Vater bei seinem ersten.

So langsam gehen meinem Chef die Argumente aus, die Beförderung weiter aufzuschieben. Zuerst der Wüthrich-Pitch im April, nun der TV-Spot für BKInvest, mein Fuß in der Tür bei Mercedes Benz. Spätestens wenn wir Ende des Jahres auf allen Long Lists bedeutender Marketing-Awards stehen, muss er mir Rogers Position geben. Und bis dahin werde ich meinem Team einfach ein bisschen fester in den Arsch treten.

Mit Klara wird das leicht sein. Das Mädchen ist gut und motiviert. Sie ist der beste Zugewinn für die Agentur seit Langem. Riccardo ist stinkfaul, aber er kann was, wenn er einmal loslegt. Jesse ist ein klassischer Agenturtyp, ein bisschen sensibel, dabei jedoch verdammt kreativ und extraengagiert, wenn man ihm dann und wann einen Cappuccino spendiert. McDowall … die ist ein Problem. Wenn sie nur ein kleines bisschen von ihrem hohen Ross herunterkommen und aufhören würde, Mediendesign als eine Art notwendiges Übel zu betrachten, wäre sie … genial.

Ich mache das für mich. Es ist nicht für dich, kapiert?

Das war sie. Ihre Regel Nummer eins. Nicht umsonst wird sie diese auf die Pole Position gestellt haben. Sie setzt sich selbst immer an erste Stelle. Mit Sicherheit gibt es darüber auch tiefschürfende Artikel auf ihrem Blog. Dazu ein paar Bilder von ihrem Körper, beschmiert mit irgendeiner Flüssigkeit, mit der sie ein Zeichen setzen will.

Bevor ich mich stoppen kann, ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche, ignoriere eine Nachricht von meinem Kumpel Tayfun in unserer Fußball-Gruppe und tippe eine URL in den Browser. Google erinnert sich an das letzte Mal, als ich die Seite aufgerufen habe, und liefert mir sofort den richtigen Link. Ein Foto von ihr. Nackt. In der Hocke auf dem Boden. Der Körper elegant wie der eines Panthers. Schwarz und weiß wie die Farbe, die sich von oben auf sie ergießt und in dicken Steifen über ihre Schultern rinnt. Über die Tattoos auf ihrem Oberarm. Lineart und neotraditional Style, wie es sich für eine Frau der Tumblr-Ära gehört. Kein einziges krumm oder schlecht gestochen, die Farbe nirgends zu einem Blowout verlaufen. Wie viel Geld sie wohl investiert hat, um nur bei Künstlern mit vielen Followern unter der Nadel zu liegen? Und wie viel Zeit mag es sie gekostet haben, sich all diese Motive auszudenken, deren Bedeutung für immer währen wird?

Mit einem Schnauben schaue ich auf meinen rechten Arm. Schwarz vom Handgelenk bis zum Ellbogen. Die wulstigen Linien der alten Motive darunter, die beim Heilen vernarbt sind. Die Bilder, an deren Entstehung ich mich nicht mal mehr erinnern kann. Die geschwärzten Freundschaftstattoos, die ich mir mit Leuten habe machen lassen, die nicht mehr meine Freunde sind. Und es streng genommen auch nie waren.

Ihren rechten Arm ziert unter anderem ein großes Pin-up-Girl und der Kopf einer Medusa. Ich weiß genug über Tattoos, um zu erkennen, dass beides in der Szene feministische Hintergründe hat. Trotzdem schaue ich geradewegs an ihrem angewinkelten Ellbogen vorbei, wo die Seitenansicht ihrer Brust gerade offenherzig genug ist, um meine Fantasie anzuregen.

Der Bildschirm meines Handys – und damit mein unverhohlener Blick auf ihre Kurven – wird schlagartig von einem Anruf überdeckt. Fuck. Meine Mutter ruft an. Während ich rangehe, komme ich mir fast ein bisschen vor, als hätte sie mich in flagranti beim Wichsen erwischt.

»Was ist los?«, frage ich ohne eine förmliche Grußfloskel. Meine Mutter und ich stehen in so regelmäßigem Austausch, dass wir einander quasi nie fragen, wie es uns geht oder was wir gerade machen.

»Staffel drei, Folge neun«, lautet ihre Antwort.

Ich lade mir einen weiteren Löffel Pasta voll, den Pablo vom Teller bis zwischen meine Zähne neidisch verfolgt.

»Uh«, mache ich mit vollem Mund. »Harter Tobak.«

»Wieso hast du mich nicht gewarnt?«

»Es ist deine Schuld, dass du Game of Thrones zehn Jahre später als jeder andere Mensch schaust, Mama. Wir übrigen hatten damals auch keine Vorwarnung.«

Ich streife die Jordans von meinen Fersen und lege die Füße überkreuzt auf den Glastisch, auf dem sonst nur die letzte Ausgabe von 11 Freunde liegt. Ich hasse alles, was sinnlos in meiner Umgebung rumfliegt. Ich hasse Kram. Vielleicht hasse ich es aber auch nur, meine Emotionen an Dinge zu knüpfen, die eigentlich in den Mülleimer gehören.

»Aber der Robert war mein Liebling!« Sie betont den Namen, der obendrein falsch ist, mit einem schweren schwedischen O und rollendem R.

»Er heißt Robb, Ma.«

»So eine Schande. Und seine Frau!«

Obwohl ich höre, dass sie anfängt zu schluchzen, kann ich ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Meine Mutter ist geballte Gefühlsduselei. Für sie hat alles eine Bedeutung, sie mag Vasen und Coffee Table Books und Blumen auf jeder Oberfläche ihres Penthouses am Mainufer. Jedes Mal wenn sie mich besucht, besitze ich danach einen neuen Staubfänger, von dem sie glaubt, er würde mein Leben bereichern. Wie etwa diese Schale für meine Schlüssel, die runde Lampe neben dem Fernseher oder die Wasserkaraffe im Küchenschrank, aus der ich noch nie jemandem ein Getränk serviert habe. Wenn sie nicht weiß, wie sie ihre Abende füllen soll, fragt sie mich nach Serienempfehlungen und dann liebt sie die Figuren darin so, als wären sie ihre eigenen Kinder.

»Das tust du mir nie an, ja?«

»Keine Sorge«, sage ich, erneut mit mehr Spirelli zwischen den Kiefern als gesellschaftlich akzeptiert. »Ich hab nicht vor, mich so tief in politische Machenschaften zu verstricken, dass man dich und die Mutter meines ungeborenen Kindes ersticht.«

»Musst du immer so zynisch sein?«

»Musst du immer so sehr bei Serien mitfühlen?«

Sie schnalzt missbilligend mit der Zunge. »Du bringst ja sowieso nie eine Schwiegertochter mit nach Hause. Das Fiasko bleibt mir also erspart.«

»Na siehst du.« Ich weiß, dass das lediglich ihre Art ist, mich aus der Reserve zu locken, doch ich lasse mich nicht darauf ein. Siska Jonsson-Mattuschek würde sich nichts mehr wünschen, als regelmäßig mit mir über Beziehungen und Liebe zu fachsimpeln. Aber das kann sie gern mit einer der Damen tun, mit denen sie bei ihren Spa-Wochenenden Aperol Spritz schlürft.

»Bist du heute Abend allein zu Hause?«, fragt sie nach einem Moment der Stille. Auch die Intention hinter dieser Frage ist mir sofort bewusst. Wenn sie die stellt, bin ich plötzlich wieder siebzehn. Und sie wieder die Mutter, die sich rund um die Uhr fragt, wieso sie es nicht rechtzeitig bemerkt und was sie falsch gemacht hat. Was geholfen hätte. Ein bisschen mehr Liebe vielleicht oder ein bisschen mehr Aufmerksamkeit. Dabei habe ich ihr oft genug versichert, dass es nur einen Weg gegeben hätte, meinen Absturz zu verhindern: wenn ich ein bisschen weniger Drogen genommen hätte.

»Ich werde noch etwas arbeiten«, sage ich in dem Wissen, dass es ihr Halt gibt. Dann sorgt sie sich lediglich darum, dass ich zu wenig Freizeit habe. Was eindeutig besser ist als die Angst, dass ich mich zu Tode saufe.

»Du solltest Wochenende machen.«

»Das ist meine Art, Wochenende zu machen. Arbeiten, ohne dass mir ständig jemand auf den Sack geht.«

»Ich hoffe schwer für dich, du redest in der Agentur nicht so.«

»Meine Leute wissen, wie sehr sie mir auf den Sack gehen.«

»Du bist ein zu strenger Chef.«

»Ich bin niemandes Chef.« Noch nicht.

Sie seufzt. Ich weiß, dass sie mir jetzt gerne den ebenso strengen Führungsstil meines toten Vaters vorhalten würde. Und sie weiß, dass ich das nicht hören will. Also verabschieden wir uns und legen auf.

Bevor ich das Handy wegstecke und mich über den Rest meiner Pasta hermache, lasse ich mich noch ein einziges Mal von dem schwarz-weißen Foto ablenken. Von ihrem Profil mit der spitzen, gepiercten Nase, den definierten Oberarmen und der Kurve ihrer Hüften. Ich kann trotz der Graustufen den dunkelroten Kupferton ihrer Haare erkennen. Rieche ihren Duft, der oft noch im Kreationsbüro hängt, wenn ich in der Agentur das Licht ausmache.

Ob ich mich bei ihrem Anblick anders fühlen würde, wenn der Wunsch meiner Mutter eingetreten und mein Leben nicht auf diese Weise verlaufen wäre? Ob mich ihre Starrköpfigkeit und ihr Unwille, einfach mal ihren verfluchten Job zu erledigen, auch derart nerven würden, wenn ich einen anderen Vater gehabt hätte? Hätte unsere Nummer am Abend des Wüthrich-Launchs der Beginn von etwas sein können, wenn ich dazu in der Lage wäre, mich an etwas – oder jemanden – zu binden, ohne direkt süchtig danach zu werden?

Scheiß drauf.

Das Einzige, was sie mit mir anstellt, ist, dass sich das Prickeln in meinen Fingerspitzen in meinem ganzen Körper ausbreitet. Und das kann nicht gut sein. Ich sollte wohl wirklich ein bisschen was arbeiten. Oder …

Ich rufe Tayfuns Nachricht auf. Vielleicht schlägt er ein Treffen vor. Ablenkung. Irgendetwas.

Tayfun (21:27)Junge! Hast du schon gesehen?Babic hat sich im Urlaub das Kreuzband gerissen, die Vollpfeife.

Ich sag ja: Ablenkung. Irgendetwas. Das gerissene Kreuzband des Frankfurter Keepers geht dem Fußballfan in mir an die Nieren. Aber gegen den Juckreiz unter meiner Haut ist es genau das Richtige. Ich lese einen Artikel über die Verletzung des Sportlers und schreibe Tayfun schließlich zurück.

4

Pizza

fluch

FRANKA

Es ist fast acht, als ich zu Hause die Türen hinter mir zufallen lasse und von den Katzen begrüßt werde. Sagmeister in seiner üblichen Raketengeschwindigkeit und laut maunzend, Bernd in gemäßigterem Tempo. Der alte Kerl trägt schlicht und ergreifend nicht mehr so viel Begeisterungsfähigkeit in sich und hat sowieso schon immer Jesse bevorzugt. Obwohl es dessen Schuld ist, dass wir Bernd nach seiner Adoption – anders als seinen Bruder – nicht umbenannt haben. Jesse fand den Namen, den sie ihm im Tierheim gegeben haben, derart zum Schießen, dass wir ihn behalten haben. Also heißt nun ein Kater nach dem renommierten Designer Stefan Sagmeister und der andere hört auf den Namen eines mittelalten Mannes mit Trekkingsandalen.

»Hallo, meine Kinder«, fiepse ich, als würde ich mit einem Baby sprechen, und streichle ihnen einhändig über das Fell, während ich mir die Schuhe von den Füßen streife.

Unsere Wohnung riecht vertraut. Nach dieser Mischung aus Pflanzenerde, Katzenfutter und Jesses Parfüm des Tages. Ich weiß, dass sie auch nach mir riecht. Nach dem ultrastarken Haarspray, das ich jeden Tag brauche, dessen Geruch ich aber schon lange nicht mehr selbst wahrnehme. Seit Klara hier wohnt, duftet es auch nach ihr. Nach Blumen und ihren wechselnden Shampoos mit Fruchtaroma. Sie benutzt nie zweimal die gleichen Kosmetika – das ist mir seit ihrem Einzug nach und nach klar geworden. Bei jedem Gang in die Drogerie schleppt sie ein neues rosafarbenes Duschgel an, eine neue Spülung, eine neue Haarkur. Sie klatscht sich alles Mögliche auf Kopf und Körper, Hauptsache, die Verpackung entspricht ihrer Farbpalette. Und Klaras Haare machen das einfach so mit. Sie sieht jeden Tag aus wie eine perfekte Meerjungfrau, die sich ihre Mähne stundenlang über den Aufsatz irgendeines Dyson-Föns gezogen hat. Dabei macht sie kaum mehr, als sie morgens kopfüber durchzukämmen. Meine Beauty-Routine hingegen folgt einem streng erprobten Ablauf. Mit Produkten, die ich bis ins Mark getestet habe. Ich wechsle niemals den Conditioner, weil ich nicht garantieren kann, ob ein neuer die Haare verfilzt. Ich experimentiere nicht mit Shampoo, weil ich Angst vor Verfärbungen und Knoten habe. Ich kaufe immer dieses verfluchte Haarspray, weil es nun mal hält und das mein einziger Anspruch ist. Ein anderes würde vielleicht weniger herb riechen. Doch zarter Pfirsichduft ist es nicht wert, beim nächsten Windstoß allen zu offenbaren, dass ich eine Lüge lebe.

Im Wohnzimmer werde ich von Klara und ihrem Freund Noel in Empfang genommen. Oder auch nicht. Denn die beiden schenken mir denkbar wenig Aufmerksamkeit. Erst als ich mich räuspere und demonstrativ die Tür hinter mir zuwerfe, sehen sie aus ihrer verschlungenen Umarmung hoch.

»Tut euch keinen Zwang an, treibt es ruhig auf dem Gemeinschaftssofa.«

Klara bekommt sofort hochrote Bäckchen. »Entschuldige, wir haben …«

»Ach.« Ich winke ab, gehe zum Kühlschrank und reiße ihn auf. »Ich bin doch bloß neidisch. Hey Fantasy-Prinz, wie geht’s? Ich wusste gar nicht, dass du heute kommst.«

Noel legt eine Hand in den Nacken und dreht seinen Kopf so, dass er mich über die Rückenlehne hinweg ansehen kann. »Hi Franka.« Er lächelt versöhnlich. »Freies Wochenende«, erklärt er dann und ich nicke übertrieben, um zu zeigen, dass ich mich allmählich an sein Schauspielerleben gewöhne. Klara und Noel haben sich bei den Audioaufnahmen zu unserem großen Wüthrich-Projekt kennengelernt. Wobei sie ihn streng genommen schon davor kannte. Klara ist jahrelang zum Klang seiner Stimme eingeschlafen, weil er als Hörbuchsprecher ihre liebste Fantasy-Reihe vertont hat. Die Geschichte der beiden lässt mich fast an die Existenz wahrer Liebe glauben. Aber nur fast.

»Wie könnt ihr bei dieser Hitze Körperkontakt ertragen?« Ich lupfe mein T-Shirt, das sich während des Fußmarschs nach Hause langsam, aber sicher an meinem Rücken und unter der Brust festgeklebt hat. Genauso gut hätte ich fragen können: Wie ertragt ihr überhaupt Körperkontakt? Wie haltet ihr diesen tiefen Blicken stand? Wieso wollt ihr eine Person in eurem Leben, der man sich so zeigen muss, wie man wirklich ist? Hässlich und roh und kaputtbar und echt?

»Es hilft, wenn man sich zwei Wochen lang nicht gesehen hat.« Der Blick, den Klara daraufhin ihrem Freund schenkt, spricht Bände. Sie ist so verknallt, es ist nahezu magisch. Könnte ich ihren Gemütszustand in Flaschen füllen, wäre er die stärkste Droge der Welt.

Noel war bis letzte Woche beruflich in Dresden, wo er die Hauptrolle in einem renommierten Theaterstück gespielt hat. Jetzt besucht er Castings in ganz Deutschland und wohnt in der Zwischenzeit bei uns. Als Klara mich und Jesse gefragt hat, ob es okay für uns sei, dass sie so kurz nach ihrem eigenen Einzug praktisch ihren Kerl hier mit einquartiert, musste ich vor Rührung fast lachen. Ich könnte es Klara nicht mal verwehren, ihr Zimmer an eine fünfzehnköpfige Brassband unterzuvermieten, die jede Nacht von null bis drei Uhr eine Instrumentalversion von Macarena übt. Sie hat diesen Rehblick drauf, der einen geradezu hypnotisiert.

»Warst du noch so lange in der Agentur?« Klara kontrolliert ihre Uhr. »Ich wusste nicht, dass du so viel zu tun hast?«

»Hab ich nicht. Ich darf ja nicht mal bei Mercedes mitpitchen.« Der Kühlschrank beschwert sich auf einmal mit einem eindringlichen Piepsen darüber, dass ich so verschwenderisch mit seiner Kühlung umgehe. Recht hat er. Ich nehme mir schnell eine Packung Hafermilch heraus und stelle sie auf der Küchentheke ab. Anschließend hole ich eine Müslischale aus dem Schrank und befülle sie bis zum Rand mit den Nougatcornflakes, die noch vom Frühstück herumstehen. Ich kann nichts dafür. Wenn das Universum gewollt hätte, dass ich mich heute Abend gesund ernähre, hätte jemand die Cornflakes weggeräumt. Und überhaupt: Würde das Universum nicht wollen, dass ich mir zum Abendbrot eine als Mahlzeit verkleidete Süßigkeit reinziehe, wären die Nougatteile nicht vegan. Und ich hätte nicht meinen Eisprung. Das alles ist einfach keine besonders gute Mischung. Aber eine pervers leckere.

»Du klingst ja fast, als wärst du neidisch?« Klara lacht.

»Darauf, dass ich die nächsten zwei Wochen nicht jede Nacht Überstunden schrubben darf, nur weil Mattuschek seine Chance auf ein bisschen Ruhm in einer der widerlichsten Branchen der Welt wittert? Pf.« Ich winke Klaras Kommentar mit meinem Löffel ab und verspritze dabei Milch in einem Umkreis von zwei Metern.

»Ich dachte, jede Werbeagentur sehnt sich nach einer Automobilmarke im Portfolio?« Noel setzt sich auf und streicht sich ein wenig verlegen Hemd und Scheitel glatt. Seinem unordentlichen Äußerem nach waren er und Klara kurz davor, ihre Rummach-Session ins Schlafzimmer zu verlegen. Und plötzlich bin ich doch ein klein wenig neidisch. Nicht auf die Überstunden, sondern auf das, was ich da gerade unterbrochen habe. Ich weiß nicht einmal genau, warum. Denn eigentlich will ich nichts von dem, was die beiden haben. Nähe, Intimität, Zweisamkeit – nichts davon kann ich gebrauchen. Es hat zu viele Nebenwirkungen, die der Sex, der dabei rumkommt, absolut nicht wert ist. Beziehungen bedeuten Kompromisse. Und Kompromisse bedeuten, dass nicht nur ich die Regeln machen darf.

Wir ficken jetzt, aber küssen ist zu viel, oder was?

»Manche Werbefuzzis würden auch ihre eigene Oma verkaufen.« Ich schaufele mir gut ein halbes Dutzend der viereckigen Nougatteile auf einmal in den Mund und zerstampfe sie mit den Backenzähnen, damit der krachende Sound seine Stimme in meinem Kopf übertönt.

Aber küssen ist zu viel, oder was?

Ja. Küssen ist zu viel.

Manche Leuten werden das nie verstehen. Aber Küssen ist so viel mehr als Sex.

»Na, siehst du. Sei einfach froh, dass du bei Mercedes raus bist.«

»Ich will aber nicht raus sein«, gebe ich bockig zu und setze mich auf einen der Stühle um unseren Esstisch. »Ich will dabei sein müssen und es mit euch gemeinsam hassen.«

Klara lacht. »Ach, Franky.«

»Ach, Klärchen.«

Klara rappelt sich vom Sofa auf und streckt die Hand nach Noel aus. Ich verstehe. Die beiden wollen allein sein. Sie wollen Nähe, Intimität, Zweisamkeit und Sex.

Ein kleiner Teil von mir würde Klara gern erzählen, was zwischen Felix und mir vorgefallen ist. Aber sie wird es niemals erfahren. Es ist zu unbedeutend dafür. Sie würde sich jedes Mal, wenn sie mit uns in einem Raum ist, unbehaglich fühlen. Für sie ist Felix ihr Chef – egal, was auf dem Papier steht – und sie bewundert ihn, auch wenn sie das mir gegenüber nicht zugibt.

Und Jesse … der darf es ebenfalls unter keinen Umständen wissen. Er würde sich in jedem Meeting vor lauter anzüglichem Augenbrauenzucken eine Muskelzerrung holen. Er hat mich schon einige Male im Vertrauen gefragt, was das alles zwischen Felix und mir soll. Wieso wir uns so anzicken. Ob da mehr ist. Ob da mehr war. Oder sein könnte.

Obwohl Jesse mein engster Vertrauter ist, habe ich ihm nie die ganze Geschichte erzählt. Er weiß, wie es um mich bestellt ist. Schließlich wohnen wir seit knapp sechs Jahren zusammen. Aber er hat keine Ahnung von der Verbindung zwischen Wolfgang Mattuschek und meiner Mutter. Er weiß nicht, dass ich Felix zum ersten Mal begegnet bin, als ich vierzehn Jahre alt war. Und er weiß erst recht nicht, was bei dieser Begegnung passiert ist. Es ist mir zu peinlich. Die Scham – sie ist so ein riesengroßer Teil von mir, obwohl ich gern so tue, als wäre mir nichts peinlich. Ich habe schlicht und ergreifend gelernt, welchen Teil von mir ich nach außen präsentieren muss, um von dem abzulenken, den ich nicht zeigen will. Nicht zeigen kann.

Deine Lippen, meine Lippen – wird nicht passieren.

Wieso hätte ich schwören können, dass ein Kerl wie Felix genau weiß, wie Sex ohne Küssen funktioniert? Die anderen Typen, die ich in den letzten Jahren mit dieser Regel konfrontiert habe, waren fast auf peinliche Weise begeistert davon. Nichts sagt Ich will dich nach heute Abend nie wiedersehen wie eine Kein-Kuss-Regel. Wieso hat er also gewirkt, als wäre er … enttäuscht darüber? Wieso wollte er … meine verfluchte Schulter küssen?

»Ähm … wo ist Jesse?«, rufe ich Klara und Noel noch hinterher, bevor sie in ihrem Zimmer verschwinden können.

»Hat ein Date, soweit ich weiß.« Klara wirbelt wie eine Ballerina auf dem Fußballen herum und zuckt mit den Schultern.

Ich schnaube, winke den beiden aber mit einem Lächeln zu, als sie mich allein lassen. Ich bin froh, dass Klara vor lauter Turtelei ihre Frage vergessen zu haben scheint, wieso ich erst so spät zu Hause bin. Ich bin wie ferngesteuert am Main entlanggelaufen in der Hoffnung, bei einem Spaziergang den irrationalen Zorn auf Felix loszuwerden. Aber ich hasse ihn immer noch dafür, dass er mich wie Luft behandelt. Es ist kindisch. Und respektlos. Und ganz sicher nicht das, was ich wollte, als ich gefordert habe, dass wir nie mehr darüber sprechen.

Ich gucke auf meine traurigen Nougatquadrate hinab, die sich in der bräunlich werdenden Milch langsam zersetzen. Na toll. Jetzt wird die einzige Freude dieses Abends auch noch vor meinen Augen zu Matsch. Wäre Jesse hier, würde ich ihm vorschlagen, ein bis siebzehn Folgen Drag Race anzuschauen, über Männer zu lästern und dabei irgendeine absurde Menge einer klebrigen Speise zu essen, die man im Ofen zubereiten muss. Apple Crumble vielleicht. Oder Spinatlasagne. Oder Pizza.

Dieser beschissene Eisprung. Er macht mich weich und hungrig und scharf und alles in allem absolut irrational.

»Ich will jetzt ’ne Pizza«, sage ich laut schmollend in den Raum hinein, erhalte als Antwort aber nur das zustimmende Maunzen meiner immer hungrigen Kater.

Ich spüre eine Leere in mir, die von innen gegen meinen Brustkorb drückt. Ich will in die Vergangenheit reisen, zu dieser Nacht Anfang Juli, und mir selbst eine Ohrfeige geben. Oder mir einen Satisfyer in die Hand drücken, damit ich die ganze Angelegenheit wie eine starke unabhängige Frau klären kann.

Und ich will wirklich diese verfluchte Pizza.

Um halb zehn gebe ich mich geschlagen, schlüpfe noch einmal in meine Schuhe und klaue den Zehner von der Küchentheke, den Noel unter die rostige Lavazza-Dose gesteckt hat. Dieser Typ ist wirklich eine Marke. Unter Garantie weiß er, dass ich es nur scherzhaft gemeint habe, als ich sagte, er müsse einen Beitrag zur Kaffeekasse leisten, wenn er bei uns schlafen will. Aber er hält sich trotzdem daran. Er ist ein klassischer Gentleman. Er sieht sogar aus wie eine Figur aus einem alten Schwarz-Weiß-Film. Was irgendwie ironisch ist, weil Klara die personifizierte Farbexplosion ist. Sie ist das Pastellrosa zu seinem Grau.

Das CRUST! ist eine Location ein paar Meter die Straße herunter, von der niemand so genau weiß, was sie eigentlich ist. Dort gibt es die beste vegane Pizza der Stadt, eine Pizzeria ist es allerdings nicht. Die absurden Öffnungszeiten disqualifizieren es außerdem als Café oder Bistro, doch um als Bar durchzugehen, müsste es dort Kellner oder zumindest vernünftige Drinks geben. Aber es gibt nichts dergleichen. Weder Stühle noch Stehtische. Es ist mehr wie ein kleiner Kiosk mit abgefahrenem Pizzaofen und mannshohen Kühlschränken, aus denen man sich immer wechselnde Getränkeflaschen nehmen kann. Vor allem nachts zieht das CRUST! Leute aus allen möglichen Szenen an. Techno-Fans, Schickimicki-Banker, sturzbetrunkene Junggesellenabschiede oder ovulierende Grafikdesignerinnen, die aus Versehen mit ihrem Kollegen geschlafen haben.

Ich öffne ein Bier aus der Kühlung, bestelle an der Kasse meine Pizza und krame in meiner Hosentasche nach dem Zehner und einem Zwei-Euro-Stück, von dem ich mir sicher war, es darin aufzubewahren. Doch ich finde nur den Schein.

»Zwölf jenau«, sagt der Typ, der das Geld abkassieren will, mit Berliner Dialekt und sieht mich erbarmungslos an. Bestimmt weiß er auf den ersten Blick, was es bedeutet, wenn eine Kundin panisch ihre Arschtaschen abklopft.

»Ich … Sorry, ich hab nicht genug Geld. Dann nur die Pizza.«

»Du hast schon oof jemacht.« Er nickt so heftig zu meinem geöffneten Bier, dass die fingerdicken Creolen in seinen ausgeleierten Ohrläppchen schlackern.

»Shit … ähm … Ich bring’s dir morgen, okay?«

»Wenn ick des jeder Braut abkoofe, die hier reinspaziert, könnten wir morgen dichtmachen.«

»Jetzt komm schon!« Ich ziehe eine Augenbraue hoch und nicke nun meinerseits. Und zwar zu dem Fuck Capitalism-Sticker, den jemand auf den Pizzaofen geklebt hat.

»Ick mach die Regeln ja ooch nicht. Wir stecken alle im System fest.«

Oh! mein! Gott! Was ist nur los mit diesem Tag?

»Ist doch keen Problem, wir lassen einfach die Pizza weg. Perfekt. Nächster.«

»Moment!« Ich gestikuliere abwehrend zu dem lesbischen Pärchen hinter mir, das sich schon bereit machen wollte, statt meiner zu bestellen. »Es ist wirklich ein Notfall. Keine Ahnung, ob du schon mal deinen Eisprung hattest, aber diese Pizza ist quasi eine biologische Notwendigkeit.«

Der Berliner mit den Piratenohrringen zieht parallel einen Mundwinkel und eine Braue skeptisch hoch.

»Okay. Anscheinend nicht«, sage ich beschwichtigend. »Lass es mich anders ausdrücken: Es könnte sein, dass ich vor versammelter Mannschaft anfange zu heulen, wenn ich jetzt ohne Pizza nach Hause gehen und die vierte Schale mit Nougatbits essen muss.«

Eine große Hand schiebt sich auf einmal vor mich und präsentiert dem Piraten eine Fünf-Euro-Note, die lässig zwischen zwei Fingern eingeklemmt ist.

Mein Blick gleitet von der Hand zu einem tätowierten Arm bis zu breiten Schultern und einem Gesicht, das halb unter dem Schatten einer Schirmmütze verborgen liegt. Ich sehe einen Bart, eine markante Nase und ziemlich niedliche Segelohren. Und dann höre ich eine amüsierte Stimme.

»Das klingt ja wirklich nach einem Notfall.«

5

Lippen

provokation

FELIX

Als ich heute früh vor meinem Haus aufs Rad gestiegen bin, hat mir in der Auslage des Kiosks im Erdgeschoss ein euphorisch brüllendes Gesicht mit hellbraunem Haar und Bart entgegengeblickt. Daneben eine Headline in fetten rot-weiß gestreiften Lettern: Unser Schnuggelsche ist zurück! Der Sportteil eben jenes Boulevardblatts liegt nun auf Riccardos Schreibtisch, direkt neben der Spielzeugpistole mit den Schaumstoffpfeilen, mit der der Vierunddreißigjährige gern mal herumballert, als wäre er ein Vierjähriger in der Cowboyphase.

Es ist kurz nach halb drei und neben Jesse und Riccardo ist nur Dagi im Kreationsbüro. Dagi ist an die fünfzig, trägt Haar und Augen-Make-up aber immer noch so, als wäre sie die junge Joan Jett. Mein Blick fällt auf den leeren Platz am anderen Ende des Raums. McDowalls Schreibtisch gleicht mal wieder einem Saustall. Keine Ahnung, womit sie sich heute bisher beschäftigt hat, den Einsatz von fünf verschiedenen Heftern mit Farb- und Papiermustern hat es jedoch sicher nicht erfordert. Genauso wenig wie vier Kaffeetassen. Außerdem frage ich mich, ob sie vorhat, die COPIC-Marker zu ersetzen, die mit offenen Deckeln herumfliegen und langsam vor sich hin trocknen. Hervorragend. Ich darf Ümet dann wieder erklären, wieso die Kreation ständig neues Material braucht.

Ich reiße mich von ihrer Müllhalde los und atme durch. Wenn ich sie dafür zur Rechenschaft ziehe, wird sie garantiert einen Weg finden, mich zur Weißglut zu treiben. Und diesen Triumph gönne ich ihr nicht. Nicht mehr. Ich habe mich lange genug von ihr provozieren lassen. Und wofür? Für einen Fick, bei dem sie ebenfalls alles in der Hand haben musste. Weil sie einfach nicht anders kann.

»Was sagst du zu Rittberger?«, frage ich Riccardo, um mich selbst auf andere Gedanken zu bringen, und tippe mit zwei Fingern auf seine Zeitung. Riccardo ergreift die Gelegenheit, Arbeitszeit zu schinden, sofort beim Schopf, lässt seine Maus los und sieht zu mir auf. »Ich weiß ja nicht, Mann. Ganz schön jung, der Kerl. Und bei Knightsbridge hat er die letzten Jahre praktisch nur die Bank warm gehalten.«

»Ach, red keinen Scheiß«, mahne ich, »in der U21 war er damals ein absolutes Ass. So schön hat mit neunzehn noch nie jemand im Tor performt.«

»Ja, aber Babic ist ’ne Legende, den kann er nicht ersetzen.«

»Dann hätte Babic eine Woche vor Bundesligastart vielleicht keine tantrischen Turnübungen machen sollen.« Ich schnaube genervt. Die Papparazzi-Fotos des Frankfurter Keepers, der im Urlaub komplizierte Yogaübungen am Deck einer Luxusjacht macht, haben sich nach den Verletzungsnews überall verbreitet. Dabei ist noch nicht einmal bestätigt, dass er sich seinen Kreuzbandriss wirklich bei einem Sonnengruß auf hoher See zugezogen hat.

»Okay, eigentlich wollte ich mich aus Prinzip nicht an diesem Gespräch beteiligen, aber bei tantrischen Turnübungen hattet ihr mich.« Jesse ist auf seinem Schreibtischstuhl weit genug zur Seite gerollt, um an mir vorbei zu Riccardo blicken zu können. Dieser hebt die Zeitung an, als würde das Foto von Joscha Rittberger alles erklären.

»Unser Schnuggelsche ist zurück?«, fragt Jesse.

»Das bedeutet, dass er gut aussieht«, übersetzt Riccardo. »Also in den Augen der Frauen.«

»Was du nicht sagst.« Jesse lächelt übertrieben. »Meine Augen sehen das ähnlich. Auch wenn das wahrscheinlich nicht sein bestes Foto ist.« Er rümpft die Nase. »Und der ist erst neunzehn? Jesus, was geben sie dem denn zum Frühstück?«

»Er war neunzehn, als er vor sechs Jahren aus der Frankfurter Jugendförderung nach England gegangen ist«, erkläre ich. »Jetzt haben sie ihn für diese Saison ausgeliehen, weil Babic …«

»… beim Herabschauenden Hund ausgerutscht ist. Das habe sogar ich mitbekommen.«

»Der Rittberger war aber auch schon immer ein hübsches Kerlchen«, mischt sich nun auch Dagi ein. Sie erhebt sich von ihrem Platz und kommt um die Schreibtische herum, bis sie hinter Riccardo steht und die Fäuste in die Hüften stemmt.

»Das hübsche Kerlchen ist vor allem ein guter Fußballer.« Ich beuge mich herunter und stütze mich neben Jesse ab. Eigentlich bin ich nur hergekommen, um einen seiner Fotografiejobs mit ihm zu besprechen. Mit der Geste will ich das Team daran erinnern, dass wir nicht stundenlang über Fußball diskutieren werden. Doch nun kommt auch Dagi in Fahrt. Sie schlägt die Zeitung auf und blättert zu einer Seite im Innenteil, auf der Joscha Rittbergers sportlicher und privater Werdegang mit Fotos und Textboxen illustriert ist.

»Ach, stimmt! Der ist ja mit dieser Sängerin zusammen.« Sie blinzelt durch die rechteckigen Gläser ihrer knallpinken Lesebrille und tippt auf das Blatt. »Tiffie Echo oder so.«

»Uff.« Riccardo stöhnt. »Ein scharfes Gerät ist die. Aber ihre Musik …« Er imitiert ein Kotzen. »Als wärst du ’ner läufigen Hündin auf ’n Schwanz gestiegen.«

»Lass mich raten: Für diese Analogie war es essenziell, dass der Hund weiblich und läufig ist?«

Meine Augen rollen schon in die Höhlen, bevor sie abchecken können, wie Klara und McDowall zur Bürotür reinkommen. Klara saugt an dem Strohhalm eines Trinkpäckchens, McDowall balanciert zwei Gläser mit Eiskaffee in den Raum. Als ich sie dabei beobachte, wie sie den ersten auf dem schweineteuren Hefter mit Pantonefarbkarten abstellt und den zweiten schließlich zu Jesse bringt, will etwas in mir sie schütteln. An den Hüften. Während sie auf mir sitzt.

»Mädels! Was meint ihr?« Dagi nimmt die Zeitung hoch und hält sie ausgebreitet vor sich. »Das Schnuggelsche ist ein Schnuckelchen, oder?«

Klara inspiziert den Artikel. »Ich denke schon. Aber er ist nicht wirklich mein Typ. Wer ist das denn?«

»Das kannst du Klara doch nicht fragen.« McDowall wirbelt um die Schreibtische herum und schafft es, mich dabei nicht eine Sekunde lang anzusehen. »Die hat nur noch Augen für einen. Lass mich das beurteilen.«

»Franka! Stehst du eigentlich darauf, wenn Typen genauso tätowiert sind wie du? Das wollte ich schon immer mal fragen.« Riccardo lehnt sich eine Spur zu lasziv in seinem Stuhl zurück, der sich bei der Bewegung so tief neigt, dass er beinahe auf dem Rücken liegt.

»Solange die Tattoos nicht aussehen, als wären sie in ’nem dreckigen Hinterhof gestochen worden.«