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Nie wieder wird CEO Liam Christopher sie sinnlich küssen! Das weiß Eventplanerin Teresa St. Claire leider ganz genau. Denn seit die Klatschpresse behauptet, Teresa sei eine raffinierte Erbschleicherin, liegt ihre Beziehung in Trümmern. Was ihr jetzt bleibt, sind nur die Träume von den feurigen Nächten mit ihrem leidenschaftlichen Milliardär. Doch dann macht Liam ihr ein Angebot, und Teresas Herz bebt vor Hoffnung. Gibt der Mann, den sie so heiß begehrt, ihrer Liebe wirklich eine zweite Chance?
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Seitenzahl: 207
IMPRESSUM
BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2019 by Harlequin Books S. A. Originaltitel: „Redeemed by Passion“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 2131 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Roswitha Enright
Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 04/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733726164
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Liam Christopher legte den Kopf in den Nacken und sah den blinkenden Lichtern des kleinen Jets hinterher. Das konnte eigentlich nur Brooks Abbingdons Privatflieger sein, der Teresa mit sich nahm, weit weg von ihm. Er stellte sich vor, wie Teresa an Brooks’ Schulter herzzerreißend schluchzte. Denn wenn jemand es verdiente, unglücklich zu sein, dann war es Teresa St. Claire! Unwillkürlich machte er eine Faust, und das kostbare Glas mit dem teuren Cocktail zerbrach in seiner Hand.
Auch das noch! Erstaunlicherweise hatte er sich nicht geschnitten, aber es war schade um den Manhattan. Liam legte die Glasscherben vorsichtig auf den großen Balkontisch. Während er seine Hand mit seinem Taschentuch trocknete, blickte er in den Wohnraum der luxuriösen Präsidenten-Suite des Goblet Hotels. Dort lief sein Freund Matt Richmond ruhelos zwischen den Designersofas und dem Esstisch hin und her. Ganz offensichtlich war er sauer, und er hatte auch allen Grund dazu. Der große Galaabend, lange vorbereitet und perfekt geplant, war eine einzige Pleite gewesen, und das würden die Gäste nicht so schnell vergessen.
Und daran war Teresa schuld. Na ja, vielleicht nicht nur, denn sie hatte ja nicht wissen können, dass plötzlich ihr Bruder Joshua auftauchen würde. Damit war die Sache gelaufen, und Teresa als Eventplanerin hatte das letzten Endes zu verantworten.
Würde sich ihr kleines Unternehmen jemals davon erholen? Liam hatte da so seine Zweifel. Und Teresa selbst? Im Grunde konnte sie eine Menge aushalten, aber in der letzten Zeit war so einiges schiefgegangen. Und als Matt ihr befahl, sofort das Hotel zu verlassen und ihren Bruder mitzunehmen, musste ihr klar gewesen sein, dass ihr Ruf weiteren schweren Schaden nehmen würde. Es war kein Wunder, dass sie sofort das Weite gesucht hatte. Denn auf die mitleidigen Blicke und abfälligen Bemerkungen konnte sie ganz sicher verzichten.
Und sie wollte auch vor Liam fliehen. Das war nur zu verständlich.
Aus dem Augenwinkel sah er, dass sich etwas in dem Raum bewegte. Es war Matts Frau Nadia, die auf ihren Mann zuging. Matt war noch am Telefon, aber mit seinem freien Arm zog er Nadia an sich. Zärtlich drückte er ihr einen Kuss auf den Kopf, und Liam spürte unwillkürlich einen Stich im Herzen. Eifersucht? Nein, eher Neid auf diese innige Beziehung. Da Liam ohne Liebe aufgewachsen war, glaubte er nicht, dass es so etwas wie eine tiefe Liebe zwischen Mann und Frau geben konnte. Zumindest war sie sehr selten, und Matt hatte einfach Schwein gehabt, so jemanden wie Nadia zu finden. Aber Liam war nicht so naiv zu glauben, dass das die Norm war.
Und für ihn, davon war Liam fest überzeugt, gab es so etwas wie Liebe schon gar nicht.
Jetzt warf Matt das Telefon hinter sich auf ein Sofa und schloss Nadia fest in beide Arme. Er legte ihr den Kopf auf die Schulter, und beide wiegten sich leicht hin und her. Liam wusste, dass Nadia ihrem Mann immer wieder Kraft gab, ihn aufbaute und tröstete, wenn er nicht weiterwusste. Aber auch Matt war immer für seine Frau da. Die beiden waren wie zwei Bäume, die zusammengewachsen waren und nun alles Lebensnotwendige teilten.
Teresa und ich dagegen, dachte Liam verbittert, sind eher wie zwei schlanke, kräftige Pinien, die in festgelegter Distanz nebeneinanderstanden und den kräftigsten Wind aushielten, ohne sich zu beugen oder zu berühren. Sie waren zu weit voneinander entfernt, um die Lücke zwischen sich überbrücken zu können. Zu vieles war ihnen schon widerfahren, das sie daran hinderte herauszufinden, ob zwischen ihnen mehr möglich war als kurzer, heißer Sex.
Liam wandte sich wieder um und trat an das Balkongeländer, das er mit verkrampften Fingern umfasste. Vielleicht war es gut, dass Teresa ihre Beziehung, die keine echte Beziehung gewesen war, abgebrochen und ihn verlassen hatte. Es war, wie sie gemeint hatte, gut für sie und auch gut für ihn. Und für die Firma Christopher Corporation sowie für jeden, der mit der Firma zu tun hatte.
Aber wenn das so war, warum fühlte er sich dann so elend und ausgelaugt?
Matt kam von hinten auf ihn zu, und Liam drehte sich um. Matt hatte eine Flasche Bourbon in der Hand, warf einen fragenden Blick auf das zerbrochene Glas und hielt seinem Freund dann die Flasche hin. Schweigend nahm Liam sie ihm aus der Hand, trank einen tiefen Schluck, gab sie Matt aber nicht zurück. Alkohol, das war das Einzige, was ihn jetzt noch durch den Rest der Nacht bringen konnte.
„Wo ist Nadia?“
Matt lehnte sich gegen das Balkongeländer und rollte ein paarmal mit den Schultern, um die Verkrampfung zu lösen. „Sie ist ins Bett gegangen.“ Er warf einen kurzen Blick auf seine Uhr. „Es ist immerhin schon fast drei Uhr morgens.“
„Was für ein fürchterlich versauter Abend.“ Liam nahm noch einen Schluck aus der Flasche. „Ich glaube, ich sollte mich bei dir entschuldigen.“
„Wofür denn?“ Matt sah den Freund müde an und machte eine resignierte Handbewegung. „Du kannst doch nichts dafür, dass Teresas Bruder plötzlich auftauchte und meinen Galaabend ruinierte.“
„Teresa hatte auch keine Ahnung.“ Liam hatte das Gefühl, sie verteidigen zu müssen.
„Kennst du ihren Bruder? Was weißt du von ihm?“ Matt ließ sich auf das nächste Sofa fallen, stopfte sich ein Kissen hinter den Kopf und legte die Füße auf den niedrigen Tisch.
Normalerweise würde Liam nie Geheimnisse preisgeben, die man ihm anvertraut hatte. Aber das hier war Matt, sein bester Freund, dem er hundertprozentig vertraute. Außerdem hoffte er, dass Matts scharfer Verstand ihm dabei half, den Sinn dieser verrückten Angelegenheit zu begreifen. „Das Ganze ist eine verzwickte Geschichte, und ich kann dir nur das sagen, was Teresa mir erzählt und was der Privatdetektiv herausgefunden hat, den ich beauftragt hatte.“
Matt klopfte neben sich aufs Sofa, aber Liam schüttelte den Kopf. „Danke, ich stehe lieber. Also, vor einigen Jahren war Teresas Bruder Joshua etwas zu tief in die Alkohol- und Drogenszene eingetaucht. Sehr bald hatte er sich bei einigen zwielichtigen Typen verschuldet. Die schlugen ihm vor, seine Schulden als ihr Fahrer sozusagen abzuarbeiten.“
„Und so hat er für sie, bewusst oder unbewusst, Drogen transportiert“, warf Matt ein.
„Genau. Natürlich hat man ihn erwischt und ins Gefängnis gesteckt. Über einen Kerl namens Mariella Santiago-Marshall ist Teresa dann in Kontakt mit dem Fixer gekommen …“
Matt stieß einen erstaunten Pfiff aus. „Von dem habe ich schon gehört. Er ist …“
„… unschlagbar?“
Matt grinste. „Rücksichtslos, wollte ich eigentlich sagen. Auf alle Fälle ist er sehr erfolgreich.“
„Das kann man so sagen. Er schaffte es auch, dass Joshuas Anklage fallen gelassen und er aus dem Gefängnis entlassen wurde. Der Fixer hat ihn dann außer Landes gebracht, aber Joshua war so dämlich, sich wieder auf die falschen Leute einzulassen, und hatte bald hohe Spielschulden. Eine mafiaähnliche Organisation hat seine Verbindlichkeiten den Gläubigern abgekauft und hat nun enorme Forderungen an den Jungen.“
„Wie viel?“
„Sieben Millionen Dollar. Vor einigen Wochen hat man Teresa angerufen und behauptet, ihr Bruder sei entführt worden. Aber das hat sich als Lüge herausgestellt. Dann hat man von ihr verlangt, dass sie Joshuas Schulden bezahlt, aber sie hat diese Summen natürlich nicht flüssig. Soweit ich weiß, hat sie nach diesem Gespräch nie wieder etwas von den Typen gehört.“
„Dann zahl du das doch für sie“, schlug Matt vor. „Sozusagen im Vorgriff auf die Anteile, die ihr gehören werden, sobald sie die einjährige Probezeit im Vorstand der Christopher Corporation hinter sich hat. So wie es im Testament deines Vaters steht.“
„Teresa will die Schulden erst bezahlen, wenn sie ihre Anteile verkauft hat. Leider nicht an mich. Vielleicht hofft sie, irgendwo einen besseren Preis zu kriegen.“ Liam stöhnte leise auf. Wenn ihr das gelang, dann würde er seine hauchdünne Mehrheit verlieren. „Seltsamerweise hat man weder ihr noch Joshua eine Frist genannt, bis wann die Schulden bezahlt sein müssen.“
„Das ist wirklich merkwürdig.“ Matt richtete sich auf. „Umso wichtiger ist, dass Joshua sich bedeckt hält und nirgendwo auftaucht. Warum um alles in der Welt platzte er dann in unsere Gala, die ein großes Medienereignis war?“
Als Liam schwieg, fuhr er fort: „Was hält Teresa denn davon?“
„Weiß ich nicht, weil sie sofort abgehauen ist und mit Abbingdons Privatjet auf dem Weg nach Seattle ist.“ Liam zog sein Handy aus der Tasche und wählte Teresas Nummer, die er gespeichert hatte.
Es klingelte. Warum nahm sie nicht ab? Er wollte doch nur wissen, dass alles in Ordnung war, mit ihr und mit Joshua. Der Junge hatte sich nicht gut angehört, als Liam das letzte Mal mit ihm sprach. Und das blaue Auge, das Liam ihm verpasst hatte, ließ Joshua auch nicht gerade besser aussehen. Noch ein Klingeln, dann sprang die Voicemail an. „Ruf mich an“, sagte Liam knapp und schaltete das Telefon aus.
Er stellte die Whiskeyflasche auf den Couchtisch, setzte sich Matt gegenüber auf einen Stuhl, stützte sich auf den Knien ab und fluchte leise.
„Recht hast du“, meinte Matt trocken. „Genauso fühle ich mich nach diesem Abend. Ich habe ja versucht, die Wogen zu glätten, aber du kannst nicht viel tun, wenn alles auf Video ist und sofort ins Netz gestellt wird.“
„Mist! Wie viele haben es denn schon gesehen?“
„Viel zu viele.“ Matt hob sein Glas und prostete dem Freund mit sarkastischem Lächeln zu. „Ich muss zugeben, wenn Teresa etwas macht, dann macht sie es hundertprozentig.“
„Aber sie wusste doch nicht, dass ihr Bruder in der Stadt war, geschweige denn, dass er hier hereinplatzen würde“, sagte Liam mit Nachdruck.
„Dir fällt bei dem ganzen Desaster auch nichts anderes ein, als sie zu verteidigen, was?“
„Was willst du damit sagen?“, fuhr Liam auf.
„Ich wundere mich nur, dass du sie ständig entschuldigst. Dabei hat sie sich doch schon so einiges geleistet. Das ging schon damit los, dass sie eine Affäre mit deinem Vater hatte.“
„Aber das hat sie doch erklärt. Mein Vater war lediglich ihr Mentor und ein guter Freund.“
„Na na …“ Matt verdrehte die Augen. „Sie müssen schon sehr gut befreundet gewesen sein, wenn dein Vater ihr fünfundzwanzig Prozent der Anteile hinterlässt. Von einer Firma, die Milliarden wert ist.“
Wenn Matt es so formulierte, empfand Liam wieder alle Zweifel und Unsicherheiten in Bezug auf seine Beziehung zu Teresa, die er normalerweise unterdrückte. Hatte sie ihn belogen, ihm etwas vorgemacht? Konnte er ihre Version der Geschehnisse glauben? Noch auf seinem Sterbebett hatte Linus ihm beteuert, dass nie mehr als Freundschaft zwischen ihm und Teresa bestanden habe. Natürlich wollte Liam ihm das abnehmen, aber war er nicht selbst dazu erzogen worden, ständig misstrauisch zu sein und nicht das zu glauben, was man ihm erzählte? Warum sollte er dann Teresa und seinem Vater glauben?
Lange Zeit war er davon ausgegangen, dass wenigstens seine Eltern einigermaßen vertrauenswürdig waren. Aber dann war die Bombe geplatzt, und er war mit der größten Lüge seines Lebens konfrontiert worden. Sein Vater lag schon im Sterben, als Liam herausbekam, dass rein von der Blutgruppe her ein oder gar beide Elternteile nicht biologisch mit ihm verwandt sein konnten. War Mom seine biologische Mutter? Oder Dad sein biologischer Vater? Oder war er adoptiert worden? So etwas konnte man mit zweiunddreißig nicht so einfach wegstecken und zur Tagesordnung übergehen.
War es da ein Wunder, dass er sich mit Beziehungen unglaublich schwertat?
Liam richtete sich auf und strich sich über das müde Gesicht. Er wollte nicht mehr über dieses Thema sprechen. „Teresa will nichts mehr mit mir zu tun haben. Es ist aus. Und jetzt lass uns ins Bett gehen.“ Matt schien erleichtert zu sein, und so hakte Liam noch nach: „Bist du froh darüber?“
„Dass es aus ist zwischen euch?“ Matt schüttelte den Kopf und nahm die Beine vom Tisch. „Froh ist nicht das richtige Wort. Es tut mir nur leid, dass diese Beziehung dich so mitgenommen hat. In den letzten Monaten bist du doch immer davon ausgegangen, dass sie dich belügt, nur auf Geld aus ist und nur ihren Vorteil sucht. Trotzdem hast du mit ihr geschlafen und dann auch mit anderen Frauen.“
Nein, habe ich nicht. „Ich habe lediglich versucht, mit einer anderen Frau ins Bett zu gehen, um Teresa zu vergessen.“
„Wie auch immer. Sie war eine große Nummer in den Klatschblättern und hat dich da mit hineingezogen. Bald hieß es, sie hätte eine Affäre mit deinem Vater Linus und hätte mit ihm nur geschlafen, um die Firma in die Finger zu kriegen.“
Liam presste die Zähne aufeinander. Das wusste er doch alles, verdammt noch mal, er war ja mitten drin gewesen! „Weshalb erzählst du mir das? Worauf willst du hinaus?“
„Ganz einfach. Während ich Teresa mag …“
„Das hast du bisher aber gut verborgen“, unterbrach Liam ihn bitter.
„Nein, ich mag sie. Sie ist intelligent, sehr organisiert und kann fantastisch Events planen. Sicher, ich bin stinksauer, dass der Abend heute so gelaufen ist. Aber ich muss zugeben, dass das nicht ihre Schuld ist. Für ihre zukünftige Karriere ist das allerdings alles andere als gut. Und wenn sie auch früher schon einiges hat einstecken müssen, so ist das kein Vergleich zu dem, was jetzt über sie hereinbrechen wird.“
„Und?“
Matt seufzte schwer. „Aber letzten Endes bist du mir wichtiger. Du bist mein bester Freund, und deshalb muss ich dir einfach sagen, dass sie meiner Meinung nach nicht gut für dich ist. Denn du siehst elend, ja, direkt zum Kotzen aus.“
Weiß ich doch …
„Liebst du sie, Liam?“
Liam fuhr hoch und starrte den Freund an. So etwas wie Panik überfiel ihn. Liebe? Sicher, hin und wieder hatte er mit dem Gedanken gespielt, hatte sich gefragt, ob das Liebe war, was er für Teresa empfand. Aber dann hatte er sich immer wieder gesagt, dass das nur mit den Hormonen zu tun hatte und dem fantastischen Sex mit ihr. Nein, er liebte Teresa nicht, er glaubte nicht an Liebe. Aber er fühlte sich sehr zu ihr hingezogen, und so etwas konnte man leicht mit einem tieferen Gefühl verwechseln. „Nein.“
Matt stand auf und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Dann muss ich dir eins sagen, mein Freund. Diese Frau hat einen enormen Einfluss auf dich und besetzt dein Denken und auch dein Leben, und zwar auf eine negative Art und Weise. Und damit hat sie viel Macht über dich. Zu viel für eine Frau, mit der du einfach nur gern ins Bett gehst.“
Hör auf, verdammt noch mal … „Geh schlafen, Matt.“
Matt nickte lächelnd. „Ja, das mach ich. Ich geh zu meiner Frau, die anstatt mein Denken und mein Leben durcheinanderzubringen, es reicher und schöner macht.“
Liam sah dem Freund hinterher. Auch für ihn war es Zeit, ins Bett zu gehen. Aber vor dem riesigen leeren Bett graute ihm. Die Nacht war mild, und das Sofa war auch bequem. Immerhin war da ja noch die Flasche. Und ihm ging viel zu viel im Kopf herum, als dass er schlafen könnte.
Er legte sich lang auf das Sofa, stopfte sich ein Kissen unter den Kopf und blickte aus dem großen Fenster. Die Nacht war sternenklar.
Alles war so verfahren und konnte eigentlich nur besser werden. Aber so richtig tröstlich ist dieser Gedanke auch nicht, ging Teresa St. Claire durch den Kopf, während sie sich in einen Sessel gegenüber von Brooks Abbingdon fallen ließ. Das Schlimmste war, dass Liam Christopher tatsächlich glaubte, sie habe eine Affäre mit seinem Vater gehabt. Und die riesigen Aufmacher in den Klatschzeitungen zu diesem Thema und die Unterstellungen, sie wolle Liam um sein Erbe bringen, waren auch nicht besonders angenehm gewesen.
Aber was heute Abend geschehen war, ließ sich nicht so leicht toppen. Und während der Jet durch die dunkle Nacht flog, spürte sie nur zu deutlich ihr zentnerschweres Herz. Aus dem Augenwinkel warf sie ihrem Bruder Joshua, der neben ihr saß, einen kurzen Blick zu. Er hatte ein blaues Auge, und seine Oberlippe war geschwollen. Eigentlich liebte sie ihren Bruder, aber momentan konnte sie ihn nicht leiden. Aus halb geschlossenen Lidern musterte sie Brooks. Nett von ihm, dass er ihnen diesen Flug nach Seattle angeboten hatte. Nach ihrem letzten beruflichen Reinfall hatte sie gar nicht schnell genug wegkommen können. Brooks schien tief in Gedanken versunken zu sein und hatte die Augen geschlossen. Dafür war sie dankbar.
Denn das, was heute Abend geschehen war, war nur das jüngste einer ganzen Reihe geschäftsschädigender Ereignisse der letzten Wochen, das sie zu verschmerzen hatte, auch wenn es das peinlichste war. Denn als ihr Bruder volltrunken hereinstürzte, der Sängerin das Mikro aus der Hand riss und die anwesenden Gäste als reiche Säcke und Arschlöcher beschimpfte, wäre sie am liebsten in den Erdboden versunken.
Warum aber hatte sich Brooks Abbingdon, Inhaber der Fluglinie gleichen Namens und einer der „reichen Säcke“, als ihr Retter aufgeschwungen? Er war wohlhabend, erfolgreich und sah gut aus. Warum sollte er ihr, deren Karriere einen Tiefpunkt erreicht hatte, helfen? Aber sie war froh darüber, denn Joshua musste dringend weg und wieder unter Aufsicht gestellt werden.
Wieder warf sie ihrem Bruder einen Blick zu. Glücklicherweise hatte er aufgehört zu fluchen, sondern murmelte nur noch Unverständliches vor sich hin. Er hing mehr im Sessel, als dass er saß, und obgleich Teresa eine Mordswut auf ihn hatte, tat er ihr leid. In den letzten Jahren hatte er ihr nur Kummer gemacht, aber er war nun mal ihr jüngster Bruder, und sie hatte sich immer für ihn verantwortlich gefühlt. Ursprünglich hatte sie ihm vorgeworfen, sich selbst mit Alkohol und Drogen zu ruinieren. Aber vorhin hatte sie seinen linken Arm berührt. Und als er aufschrie, krempelte sie seinen Ärmel hoch und bemerkte ein Einstichloch an seinem Unterarm, wo er sich nur mit viel Mühe selbst eine Spritze hätte setzen können. Was hatte das zu bedeuten?
Teresa richtete den Blick wieder auf Brooks und fuhr leicht zusammen, weil er sie intensiv musterte. Der Mann sah wirklich gut aus, und dass sie so gar nichts bei seinem Blick empfand, wunderte sie. Denn normalerweise reagierte sie auf das Interesse eines Mannes, der alles hatte, was sie sich wünschen konnte. Er war sicher ungefähr ein Meter neunzig groß, hatte breite Schultern, schmale Hüften und lange muskulöse Beine. Seine Stimme war tief und weich. Und für den britischen Akzent, den er wohl auf einem englischen Internat erworben hatte, hatte sie immer schon geschwärmt. Er hatte ein markantes Gesicht, eine tolle Hautfarbe und sah sexy aus.
Aber er war eben nicht Liam.
Als wäre es Gedankenübertragung, meldete sich in dieser Sekunde ihr Telefon, und sein Name tauchte auf dem Display auf. Sofort schlug ihr Herz wie verrückt, und sie spürte eine Schwäche in den Gliedern. Aber sie konnte nicht mit ihm sprechen, nicht jetzt, vielleicht nie mehr. Seit sie ihm vor ein paar Monaten wieder begegnet war, war sie vollkommen durcheinander und versuchte nur, jeden Tag einigermaßen aufrecht zu überleben. Sie kam sich vor wie eine Ente oder vielleicht auch wie ein Schwan, der oberflächlich gelassen seine Kreise zog und unter Wasser wie wahnsinnig paddelte, um nicht unterzugehen. Das kostete sehr viel Energie, und heute Abend hatte sie noch den Rest verloren und fühlte sich vollkommen ausgelaugt.
Sie hatte keine Ahnung, ob sie sich jemals davon erholen und weitermachen könnte. Momentan würde sie sich am liebsten irgendwo zusammenrollen, sich so richtig ausheulen und nie wieder aufstehen. Sie war fix und fertig.
Brooks räusperte sich, und Teresa blickte hoch. Er reichte ihr ein Glas Whiskey. Sie nahm es und warf gleichzeitig einen Blick auf Joshua. Er war offenbar eingeschlafen. Sie stürzte den Whiskey hinunter, und als sie das Glas sinken ließ, begegnete sie Brooks’ mitfühlendem Blick.
„Noch einen?“
Sie schüttelte den Kopf. „Lieber nicht. Sonst falle ich vollkommen zusammen, und Sie müssen sich um zwei St. Claires kümmern.“ Mit einem Blick auf Joshua fügte sie hinzu: „Es tut mir alles so wahnsinnig leid. Ich kann mir nicht vorstellen, wie er herausbekommen hat, wo ich arbeite, und was ihn auf die Idee gebracht hat …“ Sie stockte und suchte nach Worten. Meine Karriere zu zerstören? Mich der Lächerlichkeit preiszugeben? Meine Firma zu ruinieren? „… das zu tun, was er getan hat“, schloss sie etwas lahm.
Brooks antwortete nur mit einem Achselzucken. Als er nichts sagte, holte sie tief Luft und fragte das, was ihr auf dem Herzen lag: „Möchten Sie immer noch, dass ich Ihre Hochzeit plane? Wenn nicht, könnte ich das gut verstehen. Nach all dem, was Sie miterleben mussten.“
Brooks sah Teresa lange wortlos an. Unter seinem Blick krümmte sie sich innerlich. Sie würde es ihm nicht übelnehmen, wenn er die Zusage wieder zurückzog, die er ihr heute Abend während der Gala gemacht hatte – bevor alles den Bach runterging. Sofort hatte sie wieder die grässlichen Bilder vor Augen. Joshua, wie er das Mikro an sich riss und die Gesellschaft beschimpfte. Liam, wie er auf Joshua zustürzte, ihn zu Boden riss und ihm einen harten Faustschlag versetzte. Und all das wurde, weil die engagierte Sängerin sehr bekannt war, von ihren Fans live im Netz verfolgt.
Sie presste sich die Faust aufs Herz, um den Schmerz zu lindern, umsonst.
Brooks drehte das Glas in seinen Händen. „Bis zu der unpassenden Unterbrechung durch Ihren Bruder lief alles gut. Ich kann sehr wohl erkennen, wie viel Arbeit Sie in die Vorbereitung der Gala gesteckt haben und wie ernst Sie Ihren Beruf nehmen. Was da geschah, war nicht Ihre Schuld.“
Damit hatte sie nicht gerechnet. Unwillkürlich traten ihr Tränen in die Augen. „Danke.“
Er winkte ab und lächelte. „Dann wollen wir jetzt über meine Hochzeit sprechen.“
Teresa wandte den Blick ab und unterdrückte ein leises Stöhnen. Es war fast drei Uhr morgens, sie war erschöpft, und nach diesem schrecklichen Abend wollte Brooks mit ihr noch über Blumendekorationen und das Hochzeitsdinner reden? Aber hatte sie eine Wahl? Schließlich war es die einzige Möglichkeit, ihren ruinierten Ruf als Eventplanerin zu retten.
Sie lehnte sich zurück, schloss kurz die Augen und blickte ihn dann lächelnd an. „Okay.“
Erst dann fiel ihr ein, dass sie null Ahnung hatte, wen Brooks eigentlich heiraten wollte. Sie hatte auch nie etwas von einer Verlobung gehört. Für sie war er immer ein überzeugter Junggeselle gewesen und nie der Typ, der eine Familie gründen wollte. „Darf ich fragen, wer die Glückliche ist?“
Ohne eine Miene zu verziehen sah Brooks sie an. „Das erfahren Sie noch rechtzeitig.“
Okay, wenn du meinst … Was für eine seltsame Antwort. Teresa hatte Mühe, ihre Überraschung zu verbergen, und zwang sich zu einem gleichmütigen Lächeln. Weshalb machte er ein Geheimnis daraus? Sollte die Braut in die Vorbereitungen nicht einbezogen werden? Was hatte das zu bedeuten? „Haben Sie eine Vorliebe für eine bestimmte Location? Wo soll die Hochzeit stattfinden? Und wann? Mit wie vielen Gästen rechnen Sie? In welchem finanziellen Rahmen soll das Ganze stattfinden?“
„Das Budget ist unbegrenzt. Und Ihr Honorar wird verdoppelt.“
„Warum? Was versprechen Sie sich davon?“ Noch während sie das sagte, war ihr klar, dass sie es lieber nicht wissen wollte.
Brooks nahm einen Schluck von seinem Whiskey und lehnte sich zurück. „Ich möchte, dass Sie die Hochzeit des Jahres organisieren, und zwar genau am dreißigsten.“
„Von welchem Monat sprechen wir?“ Sie brauchte ein halbes Jahr für die Vorbereitungen, und das war schon knapp gerechnet.
„Ich will am letzten Sonnabend in diesem Monat heiraten, Teresa“, sagte Brooks seelenruhig.
In zwei Wochen? Bist du verrückt? Teresa hielt ihm ihr Glas hin. „Kann ich einen zweiten haben? Wie ist es mit Ihnen? Ich habe den Eindruck, Sie sind nicht mehr ganz nüchtern. Wissen Sie, was Sie da sagen? Es ist vollkommen ausgeschlossen, dass ich eine Hochzeit in zwei Wochen organisieren kann.“
Wortlos zog Brooks sein Telefon aus der Tasche und wählte. „Hallo. Sie sagt, sie kann das nicht machen.“ Er reichte Teresa den Hörer. „Er will mit Ihnen sprechen.“
„Ist dies schon Wahnsinn, hat es doch Methode …“ Shakespeare hat recht, dachte Brooks Abbingdon. Mein eigener Wahnsinn mit Methode besteht darin zu heiraten.
In zwei Wochen.