Fiese Ferien - Jochen Till - E-Book

Fiese Ferien E-Book

Jochen Till

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Beschreibung

Winterferien in den Bergen? Mit der Familie? Na toll. Dabei kann Tobias drei Dinge absolut nicht ausstehen. Erstens: Schnee. Schnee ist kalt, nass und saugefährlich. Zweitens: Snowboardfahren - ebenfalls saugefährlich. Drittens: die neue Freundin seines Vaters, denn die ist vor allem eins: saublöd. Also, auf geht's! Tobias gegen den Idiotenhügel, die Einundzwanzigste. Ich rapple mich auf und stelle mich mit dem Brett quer. Tief durchatmen. Das Brett langsam drehen. Ich fahre los.Hey, gar nicht so schlecht. Das waren schon mal zehn Meter ohne Bruchlandung. Ich werde schneller. Wieder zehn Meter geschafft. Noch schneller.Der Rausch der Geschwindigkeit!Von links überholt mich ein schätzungsweise neunjähriges Mädchen. Verdammt, wie macht die das? Na warte, die schnapp ich mir!Sie fährt eine Kurve nach rechts. Mist, wie war das gleich noch mal mit den Kurven?Gewicht nach rechts verlagern.Langsam habe ich den Bogen anscheinend raus. Die Kleine schwenkt nach links. Hinterher!Gewicht nach links verlagern. Hey, verdammt! Wo kommt denn die Schwerkraft auf einmal her?! Das Brett entzieht sich plötzlich meiner Kontrolle. Es rutscht unter mir weg. Ich küsse den Schnee. Zum einundzwanzigsten Mal. Scheiße.

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Seitenzahl: 76

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Als Ravensburger E-Book erschienen 2015Die Print-Ausgabe erscheint in der Ravensburger Verlag GmbH© 2009 Ravensburger Verlag GmbHUmschlaggestaltung: Barbara Klingenberg unter Verwendung eines Fotos von getty images/TIMLIAlle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 Ravensburg.ISBN 978-3-473-47692-3www.ravensburger.de

1.

„Tobias, kommst du?“

Das hört sich ja fast so an, als hätte ich eine Wahl. Was, wenn ich Nein sage? Darf ich dann hierbleiben? Wohl kaum. Das habe ich schließlich bereits die letzten zwei Wochen lang versucht. Vergeblich versucht. Gebettelt habe ich, geschrien habe ich, geflucht habe ich, nichts hat geholfen. Ich muss mit. Nach Ischgl. Da ist der Name ja schon bescheuert. Ischgl. Wer nennt denn sein Dorf bitte schön Ischgl? Ischgl. Ein ganzes Wochenende. Zum Skifahren. Oder Snowboard, wenn mir das lieber ist. Ich habe quasi die Wahl zwischen Pest und Cholera. Vielen Dank auch, sehr gnädig. Ich hasse Schnee, verdammt noch mal! Das Zeug ist kalt und nass und saugefährlich. Jawohl, gefährlich! Entweder wird man von einer blöden Lawine zermatscht oder man bricht sich irgendwas. Ein Bein, zum Beispiel. Und genau das ist doch der Punkt: Ich bin Fußballer, verdammt! Was, wenn ich mir in diesem blöden Ischgl ein Bein breche? Dann ist die Saison für mich gelaufen und das Landesauswahl-Trainingscamp an Ostern auch. Und das soll ich aufs Spiel setzen? Nur weil mein dämlicher Vater es für eine tolle Idee hält, mit mir und seiner blöden Schnalle für ein langes Wochenende nach Ischgl zu fahren, um einen auf Familie zu machen? Wobei, das war bestimmt ihre Idee, hundertpro. Von allein wäre mein Vater nie darauf gekommen, Ski fahren zu gehen. Bevor er diese blöde Kuh kennengelernt hat, bestand seine einzige sportliche Tätigkeit nämlich darin, mir beim Fußballspielen zuzugucken. Und jetzt? Jetzt geht er joggen, spielt einmal die Woche Badminton und entdeckt urplötzlich seine Leidenschaft fürs Skifahren. Das ist doch nicht normal. Aber eins ist mal klar: Wenn ich mir auch nur den kleinen Finger breche in diesem Scheiß-Ischgl, dann ist aber was los! Dann ziehe ich sofort ins nächste Fußballinternat und die sehen mich in Zukunft nur noch Samstagabend in der Sportschau! Hoffentlich.

„Tobias! Kommst du jetzt endlich? Wir müssen los!“

Wenn wenigstens Caro mitfahren würde. Aber das geht ja leider nicht. Caro ist meine Freundin, seit letztem Sommer. Wir haben uns im Ferienlager kennengelernt. Ja, ich weiß, das hört sich total öde an, Ferienlager. Dachte ich auch zuerst, aber dann war es echt klasse. Caro. Mein erster Kuss. Und zum Glück nicht mein letzter. Caro ist das hübscheste Mädchen der Welt. Und nicht nur das, sie ist auch total in Ordnung. Und sie spielt Fußball! So richtig, im Verein! Und gar nicht mal schlecht. Das einzige Problem ist, dass wir uns so selten sehen. Sie wohnt nämlich über hundert Kilometer weit weg. Zum Glück sind ihre Eltern ganz cool und haben nichts dagegen, dass wir zusammen sind und ich sie manchmal am Wochenende besuche. Sie war auch schon ein paarmal hier, aber insgesamt sehen wir uns echt viel zu selten. Umso schöner wäre es gewesen, wenn sie hätte mitkommen können. Aber leider wird ihre Oma ausgerechnet morgen sechzig und da muss sie natürlich hin. Verdammter Mist aber auch! Mit Caro wäre es bestimmt lustig geworden in diesem blöden Ischgl.

„Tobias! Ich sag’s nicht noch mal! Komm jetzt, bitte!“

„Ich komm ja schon!“

Sobald ich meinen iPod gefunden habe. Die können mich vielleicht gegen meinen Willen in ein verschneites Kaff namens Ischgl verschleppen, aber die können mich nicht dazu zwingen, ihnen auf der Fahrt dorthin bei ihren dämlichen Gesprächen zuzuhören. Verflixt, wo ist denn das blöde Ding?

„Tobias!“

„Ja-ha! Ich kom-me!“

Ich stopfe den iPod in meinen Rucksack und trotte langsam die Treppe hinunter. Mein Vater steht bereits in der Tür.

„Na endlich! Los, zack, zack! Ich hab keine Lust, stundenlang im Stau zu stehen, nur weil mein Herr Sohnemann mal wieder nicht in die Gänge kommt!“

„Es ist halb sechs Uhr morgens“, brumme ich ihn an. „Da kommt kein normaler Mensch in die Gänge.“

„Dann hättest du eben früher ins Bett gehen müssen. Du wusstest schließlich ganz genau, dass wir so früh losfahren.“

„Sorry, ich konnte nicht einschlafen“, sage ich mit gequältem Grinsen. „Muss die Vorfreude gewesen sein.“

„Deinen Sarkasmus kannst du dir sparen.“ Er schiebt mich aus der Tür und beugt sich an mein Ohr. „Und du bist gefälligst nett zu Tamara. Haben wir uns verstanden?“

„Ich soll nett zu ihr sein?“, flüstere ich zurück. „Bist du dir sicher?“

„Natürlich bin ich mir sicher!“, zischt er in mein Ohr. „Wieso sollte ich mir denn da nicht sicher sein? Oder heißt nett in eurer Sprache plötzlich etwas anderes?“

„In unserer Sprache?“

„Na, du weißt schon, Jugendsprache, meine ich.“

„Wir sprechen Deutsch, Papa. Die Sprache unserer Väter. Sonst bräuchten wir nämlich jetzt gerade einen Dolmetscher.“

„Na, dann kannst du ja auch auf gut Deutsch nett zu Tamara sein, oder?“

„Nett ist der kleine Bruder von Scheiße.“

„Wie bitte?“

„Nett ist der kleine Bruder von Scheiße. Noch nie gehört den Spruch? Da steckt viel Wahrheit drin. Denk mal drüber nach.“

„Denk du lieber mal drüber nach, was passiert, wenn du nicht nett zu Tamara bist. Und zwar nett im Sinne von freundlich, liebenswürdig und zuvorkommend. Dann bin ich vielleicht demnächst mal nicht so nett zu dir. Zum Beispiel, wenn du Ostern in dieses Trainingscamp willst.“

Mist, das hat gesessen. Wirklich zu blöd, dass Eltern im Endeffekt immer am längeren Hebel sitzen. Da bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als nett zu dieser blöden Kuh zu sein. Scheißnett.

Mein Vater schließt die Haustür zweimal ab und wir gehen zusammen die Einfahrt hinunter. Da steht sie. Tamara. Die Frau, zu der ich nett sein muss. Was heißt hier Frau? Sie ist ja gerade mal sechs Jahre älter als ich. Echt jetzt. Sie ist einundzwanzig! Das muss man sich mal reinziehen. Mein Vater ist zweiundvierzig, also genau doppelt so alt! Und das sieht man auch. Er hat kaum noch Haare auf dem Kopf, dafür aber eine Menge im Gesicht, und er schiebt eine ganz schöne Wampe vor sich her. Okay, zugegeben, die Wampe ist durch das Joggen schon etwas kleiner geworden, aber trotzdem: Er sieht aus wie ein alter Sack! Und sie sieht aus wie … wie Heidi Klum. Die junge Heidi Klum. Echt jetzt, ohne Scheiß. Genau so sieht sie aus. Wie ein verdammtes Unterwäschemodel. Ja, ich weiß, ich hab sie nicht mehr alle. Da hüpft tagtäglich ein supersexy Unterwäschemodel vor mir herum und ich beschwere mich auch noch darüber. Aber wer einmal gesehen hat, wie sein eigener steinalter Vater noch vor dem Frühstück an so einem Unterwäschemodel herumknabbert, wird mich verstehen. Da vergeht einem echt der Appetit. Klar, wenn sie nicht ausgerechnet die Freundin meines Vaters wäre und ich sie in einem Unterwäschekatalog sehen würde, wäre das etwas völlig anderes. Dann fände ich sie mit Sicherheit genauso geil wie all meine Freunde, die mich in letzter Zeit erstaunlich oft besuchen kommen. Carsten, zum Beispiel. Der hatte noch nie so große Probleme in Mathe wie in den vergangenen Monaten. Und wer durfte ihm ständig Nachhilfe geben? Sein plötzlich allerbester Freund mit dem sexy Model im Haus, natürlich. Oder Markus, der mir plötzlich alle CDs, die ich ihm über die letzten zwei Jahre geliehen habe, zurückbringt. Und zwar einzeln.

„Morgen, Tobi“, begrüßt mich Tamara.

„Morgen“, grüße ich brummend zurück, ohne sie dabei anzusehen.

„Oh Mann, das ist so gar nicht meine Uhrzeit“, sagt sie gähnend und wendet sich an meinen Vater. „Wieso stehen alte Leute eigentlich immer so früh auf, Bärchen? Weil sie Angst haben, im Schlaf zu sterben?“

„Ja, das auch“, antwortet mein Vater und grinst. „Aber hauptsächlich, um die jungen Leute damit zu quälen.“

„Na super“, brumme ich. „Das ist dir wirklich gelungen. Können wir dann endlich? Oder wollt ihr hier noch ein paar Stunden rumstehen und schlechte Witze machen?“

Die beiden küssen sich. Ich fange gleich an zu kotzen. Das ist echt nicht zum Aushalten. Immer diese Knutscherei und dann nennt sie ihn auch noch Bärchen, in aller Öffentlichkeit. Okay, zugegeben, jetzt gerade bin ich hier zwar die einzige Öffentlichkeit, aber das ist ja auch kein Wunder um die Uhrzeit. Mein Vater steigt ins Auto.

„Willst du vorne sitzen?“, fragt mich Tamara. Ein ganz klarer Versuch, sich bei mir einzuschleimen. Aber nicht mit mir.

„Nee, danke, lass mal stecken“, brumme ich und steige hinten ein.

„So“, sagt mein Vater und zieht etwas aus dem Handschuhfach. „Tamara, gibst du mir bitte mal den Zettel mit der Adresse?“

„Oh, der Herr hat ein Navi gekauft“, sagt sie. „Guck mal, Tobi, dein Vater kommt langsam im einundzwanzigsten Jahrhundert an.“

„Ja, toll“, brumme ich. „Jetzt müsste er es nur noch bedienen können.“

„Du brauchst gar nicht immer so zu tun, als sei ich aus der Steinzeit“, sagt mein Vater beleidigt. „Immerhin war ich einer der ersten überhaupt, der ein Handy hatte.“

„Das war kein Handy“, erwidere ich. „Das war eine Fünf-Kilo-Hantel mit Antenne.“