Fight for Forever - Meghan March - E-Book

Fight for Forever E-Book

Meghan March

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Beschreibung

Seine Vergangenheit holt sie ein doch sie hätte damit niemals in Berührung kommen dürfen

Wenn Gabriel Legend eins gelernt hat, dann dass man das, was einem die Welt bedeutet, mit aller Macht beschützen muss. Doch mit Scarlett trat etwas Wertvolleres in sein Leben, als er sich je hätte erträumen können. Er weiß, sie zu verlieren, würde ihn in einen Abgrund stoßen, aus dem er sich nicht mehr befreien könnte. Und als seine Vergangenheit sie beide einzuholen droht, ist Gabriel deshalb bereit für den Kampf. Den Kampf für ihr gemeinsames Glück. Den Kampf um ihr »Für immer«.

"Gabriel Legend ist die Sorte Mann, von der wir uns alle fernhalten sollten - und es doch nicht können. Er ist tough, sexy, hat Ecken und Kanten, aber ein weiches Herz!" Beneath the Covers

Abschlussband der verboten-heißen LEGEND-Trilogie von NEW-YORK-TIMES-Bestseller-Autorin Meghan March

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Seitenzahl: 401

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INHALT

Titel

Zu diesem Buch

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

39. Kapitel

40. Kapitel

41. Kapitel

42. Kapitel

43. Kapitel

44. Kapitel

45. Kapitel

46. Kapitel

47. Kapitel

48. Kapitel

49. Kapitel

50. Kapitel

51. Kapitel

52. Kapitel

53. Kapitel

54. Kapitel

55. Kapitel

56. Kapitel

57. Kapitel

58. Kapitel

Epilog

Danksagungen

Die Autorin

Die Romane von Megan March bei LYX

Impressum

Meghan March

Fight for Forever

Roman

Ins Deutsche übertragen von Anika Klüver

ZU DIESEM BUCH

Als Gabriel Legend zuließ, dass Scarlett Priest einen Blick hinter seine eiskalte Fassade warf und sein Herz berührte, war ihm augenblicklich klar, dass er sie damit in eine Welt riss, die nichts mit ihrer eigenen gemeinsam hatte. Auf nichts davon war sie vorbereitet gewesen. Nichts davon hätte jemals mit ihrem Leben in Berührung kommen dürfen. Aber Legend kann sich nicht gegen die Gefühle wehren, die ihn und Scarlett verbinden. Mit ihrer Liebe trat etwas Kostbareres in sein Leben, als er sich je hätte erträumen können. Doch sosehr er sich vorstellen kann, mit Scarlett ein für alle Mal die Dunkelheit hinter sich zu lassen – seine Vergangenheit hat ihn fest im Griff. Ein alter Feind erhebt sich und bringt das in Gefahr, was Legend am meisten bedeutet. Er weiß, Scarlett zu verlieren, würde ihn in einen Abgrund stoßen, aus dem er sich nicht mehr befreien könnte. Und deshalb ist er bereit, alles aufs Spiel zu setzen und aufs Blut zu verteidigen. Denn dies ist der Kampf für ihr gemeinsames Glück. Dies ist sein Kampf um ihr »Für immer«.

1. KAPITEL

Gabe

Fünfzehn Jahre zuvor

Einst las ich ein Schild, auf dem stand, dass man nur eine Entscheidung von einem vollkommen anderen Leben entfernt sei.

Das traf mich mit voller Wucht.

Also traf ich eine verdammte Entscheidung, und jetzt würden wir alle ein vollkommen anderes Leben haben. Ich, Jorie und Bump. Nach dem heutigen Tag würde nichts mehr sein wie zuvor.

Als ich mit der Reisetasche voller Bargeld, die schwer in meinem Griff hing, an dem Friseursalon vorbeiging, verkündete eine Stimme aus dem Fernseher, der im Laden lief, dass der Sturm näher komme. In Biloxi machten wir uns wegen so etwas keine allzu großen Gedanken. Mir war egal, dass die Leute sagten, es würde ein verdammt heftiger Sturm werden. Wenn es nach mir ginge, würden wir diese Stadt vor seinem Eintreffen bereits verlassen haben. Sofern er sich überhaupt in unsere Richtung bewegte.

Regen prasselte auf meine Baseballmütze und tropfte herunter, um in den Kragen meines T-Shirts zu laufen. Dieses T-Shirt würde ich nie wieder tragen, weil ich von jetzt an bessere Klamotten haben würde. Dafür würde das Geld in der Reisetasche sorgen.

Ich würde endlich in der Lage sein, Jorie nach L. A. zu bringen, damit sie eine Single in einem richtigen Studio aufnehmen und sie an die Bosse der Plattenfirmen schicken könnte. Ich würde die Stadt erobern und einen Club aufmachen, in dem sie auftreten könnte, während sie in den Charts nach oben klettern würde. Das war unser Plan. Das war immer unser Plan gewesen.

Sie war in letzter Zeit still gewesen, und ich wusste, dass es daran lag, dass das Geld verflucht knapp war. Das belastete sie. Ich hatte die Verzweiflung in ihren Augen gesehen, und das war der Grund für mein Handeln gewesen.

Ich war es leid, andere Menschen zu bestehlen, um meine Schulden abzutragen.

Tja, meldete sich eine Stimme in meinem Kopf zu Wort. Du hast gerade Moses bestohlen, um aus dieser Stadt zu verschwinden und Jorie zu retten, bevor sie etwas Dummes tut.

Als ich das Dröhnen eines frisierten Autos hörte, zog ich den Kopf ein und bog um die Ecke, um mich in einer Gasse zu verstecken.

Moses kann noch nicht herausgefunden haben, was ich getan habe. Ich muss mindestens einen oder zwei Tage Vorsprung haben, um ihm zu entkommen.

Ich hatte bereits einen Plan. Ich würde nach Hause gehen, wir würden unseren Kram zusammenpacken, mit Bargeld ein Auto kaufen und bei Sonnenaufgang verschwunden sein, ohne eine Spur zu hinterlassen, die man verfolgen könnte.

Das Dröhnen des Auspuffs verklang, als das Auto weiter die Straße entlangfuhr, aber das personalisierte Nummernschild verriet mir alles, was ich über den Fahrer wissen musste.

BOSS.

Moses’ persönlicher Wagen.

Nein. Er sucht nicht nach mir. Hör auf, diesen Quatsch zu denken. Trotzdem beschleunigte ich meine Schritte und lief an dem Eckladen mit den Blumen vorbei, die ich eigentlich als Überraschung für Jorie hatte kaufen wollen, um sie ihr zusammen mit der guten Nachricht zu überbringen.

Lauf nach Hause, und dann verschwinde zusammen mit den anderen aus der Stadt. Das war alles, was ich tun musste. Sobald wir uns außerhalb der Stadtgrenzen befänden, würden wir alle besser dran sein.

Als ich unseren heruntergekommenen Wohnkomplex erreichte, saßen ein paar Möchtegerngangster mit ihren Knarren auf dem Schoß davor, als wären sie die verkorkste Nachbarschaftswache.

Sie alle schauten zu mir hoch, aber zum Glück achteten sie nicht weiter auf die Reisetasche.

»Was geht, Gabe?«, fragte ein Junge aus Texas. Er nannte sich Lonestar, seinen richtigen Namen kannte ich nicht.

»Nichts.«

»Wann hörst du endlich auf, im Fitnesscenter zu spielen, und kämpfst wieder richtig? Ich nehm es mit dir auf.«

Ich zuckte mit den Schultern und ging weiter. »Sprich mich nächste Woche noch mal drauf an.«

Ich hörte die Jungs johlen und pfeifen, während ich in unsere Wohnung im dritten Stock hinauflief. Sie hatte nur ein Schlafzimmer, also war ich nicht überrascht, Bump auf der Couch vor dem Fernseher vorzufinden, als ich die Tür öffnete.

Sosehr ich es mir auch wünschte, dass er irgendwo eine Ausbildung machen würde, um ein Handwerk zu lernen, war es mir lieber, wenn er seine Achtstundenschicht im Baumarkt schob, statt mit diesen Arschlöchern draußen vor der Tür rumzuhängen. Schließlich konnten wir in unserer Lage nicht wählerisch sein.

»Du bist früh zurück«, stellte Bump fest und richtete den Blick auf die Tasche. »Was ist da drin?«

»Wo ist deine Schwester?«

»Sie hat gesagt, dass sie schnell was erledigen müsse. Hast du gehört, was sie über den Sturm sagen? Wir werden evakuiert und in eine Notunterkunft gehen müssen. Im Baumarkt ist alles ausverkauft, weil die Leute komplett ausrasten. Als hätten sie noch nicht zuvor eine Hurrikanwarnung erlebt.«

Ich erinnerte mich an den letzten Sturm, der mein Leben für immer verändert hatte, und daran, dass meine Mutter nicht bereit gewesen war, mich zu begleiten, bis ich sie angelogen und ihr erzählt hatte, dass es eine Hurrikanparty geben würde. So einen Mist würde ich nicht noch mal machen. Wir würden verdammt noch mal aus Biloxi verschwinden.

»Pack alles zusammen, was dir wichtig ist. Wir hauen ab, bevor der Sturm kommt.«

Bump zog die Augenbrauen hoch. »Du willst wirklich in eine Notunterkunft gehen? Es klingt irgendwie schon so, als würde es ein heftiger Sturm werden, also ist das vielleicht eine gute Idee.«

Ich wollte Bump die Neuigkeit nicht mitteilen, bevor ich sie Jorie erzählt hatte, also ließ ich ihn denken, was er wollte. »Bestell uns Pizza, falls sie noch liefern. Jories Lieblingspizza. Heute Abend feiern wir.«

»Was feiern wir?«

Sein überraschter Tonfall verriet mir, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Wir hatten seit Monaten nichts mehr zu feiern gehabt. Es wurde Zeit für ein anderes Leben.

Ich hängte mir die Tasche über die Schulter. »Das erzähle ich dir, wenn deine Schwester wieder da ist. Ich springe mal schnell unter die Dusche.«

»Was ist mit dem Geld für die Pizza?«

Wie gerne hätte ich in die Reisetasche gegriffen, einen fetten Stapel Scheine herausgezogen und ihn ihm zugeworfen – nur um zu sehen, wie sein Mund aufklappte –, aber das musste warten.

Stattdessen schnappte ich mir meine Brieftasche und nahm vierzig Dollar heraus. »Hier. Ruf an. Ich habe verdammt großen Hunger.«

Sobald ich geduscht hatte, drang Jories Stimme durch die geschlossene Badezimmertür.

»Was meinst du damit, dass wir feiern? Gabe? Was ist hier los?«

Ich öffnete die Tür mit einem Handtuch um die Hüften und der Tasche über der Schulter und ergriff ihre Hand. »Komm mit. Ich muss dir etwas zeigen.«

Ich zog sie ins Schlafzimmer und schloss die Tür hinter uns. Sie hatte das schöne Gesicht zu einer verwirrten Miene verzogen.

»Was geht hier vor? Ich werde jetzt nicht mit dir schlafen. Ich muss auch duschen, hörst du? Ich hoffe, du hast nicht das ganze heiße Wasser aufgebraucht.«

Ich schüttelte den Kopf und warf die Tasche auf das ungemachte Bett. »Ich versuche nicht, dich in die Kiste zu bekommen, und du wirst dir nie wieder Sorgen darum machen müssen, dass uns das heiße Wasser ausgeht. Ich muss dir das hier zeigen.« Ich ließ ihre Hand los, öffnete den Reißverschluss der Tasche und schaute sie an.

Jorie riss die Augen auf, als sie in die Tasche blickte. Ihr Mund klappte auf, als wären ihre Kiefermuskeln nicht mehr in der Lage, ihn geschlossen zu halten.

»Was zum Teufel hast du getan, Gabe?«, flüsterte sie entsetzt und begann zu zittern. »Was zum Teufel hast du getan?«

Den schockierten Ausdruck auf ihrem Gesicht hatte ich definitiv nicht erwartet. »Ich habe uns eine Zukunft gesichert. Ich habe dafür gesorgt, dass wir aus dieser Stadt verschwinden können. Genau wie du es wolltest. Wir gehen nach L. A. Du wirst deinen Plattenvertrag bekommen. Ich werde einen Club aufmachen, und wir werden das Leben führen, das du dir immer gewünscht hast.«

Sie bedeckte den Mund mit einer Hand und schüttelte beinahe in Zeitlupe den Kopf. »Gabe … was hast du getan?«

Die Aufregung, die ich verspürt hatte, weil ich ihr die gute Nachricht überbringen wollte, verflog. Stattdessen stieg Wut in mir auf. Ich stemmte die Hände in die Hüften und straffte die Schultern. »Ich sorge dafür, dass alles läuft, weil das meine Aufgabe ist. Ich bin derjenige, der sich um diese Familie kümmert, und wir werden gehen. Noch vor morgen früh. Pack deine Sachen zusammen. Alle werden denken, dass wir uns wegen des Hurrikans auf den Weg machen.«

»Du willst weg? Wir können nicht weg. Wir haben hier ein Leben. Freunde. Jobs.«

Die Panik in ihrer Stimme ergab für mich keinen Sinn, also ignorierte ich sie. »Das hier ist nicht das Leben, das wir haben wollen, Jorie. Wir fangen ganz neu an. Wir alle drei.« Ich deutete auf die Tasche voller Geld. »Und damit werde ich das bewerkstelligen.«

Sie schluckte schwer. »Du hast es gestohlen, nicht wahr?«

Ich spannte den Kiefer an und dehnte die Finger. »Ich habe es auf kluge Weise unterschlagen und es so gedreht, dass wir einen Vorteil davon haben.«

Jorie schüttelte erneut den Kopf und ging dann zum Bett, um sich neben die Tasche zu setzen. Sie streckte eine Hand aus, um mit einem Finger über die Hunderter zu streichen, bevor sie wieder zu mir hochschaute. »Du hast dieses Geld also unterschlagen? Wem gehört es eigentlich?«

Ich biss die Zähne zusammen und presste meine Antwort hervor. »Moses.«

»Verdammt noch mal.« Ihr ganzer Körper versteifte sich. »Du musst es zurückbringen. Es ihm wiedergeben. Du darfst ihn nicht verärgern, Gabe. Das geht nicht.«

Versteht sie das denn nicht? Wir werden doch längst weg sein, bevor er mich überhaupt verdächtigt. »Deswegen verschwinden wir heute Nacht.«

»Ich kann heute Nacht nicht hier weg. Das kannst du vergessen.«

Ich weiche zurück und starre sie an. »Was zum Teufel hält dich hier noch? Du und ich und Bump werden gehen. Für uns gibt es hier nichts mehr außer den Tod, wenn Moses herausfindet, was ich getan habe.«

»Baby …« Jorie senkte den Kopf. »Ich … ich muss dir etwas sagen …«

»Heilige Scheiße, Leute! Kommt her und seht euch das an. Dieses Katrina-Ding klingt wirklich verflucht übel!«, rief Bump aus dem Wohnzimmer.

Jorie sprang vom Bett auf. Als sie zur Tür ging, schaute sie über die Schulter zurück zu mir. »Ich muss mich noch um einiges kümmern, bevor wir die Stadt verlassen. Wir werden diesen Sturm aussitzen und uns dann etwas überlegen. Okay?«

»Jorie, nein. Wir gehen jetzt.« Das stand nicht zur Diskussion. Ich würde das auf meine Weise machen.

»Wenn du jetzt gehst, dann gehst du ohne mich.«

Ihre Worte trafen mich mit voller Wucht und verschlugen mir den Atem. »Wie zum Teufel kannst du das sagen?«, rief ich ihr hinterher, aber sie hatte die Schlafzimmertür bereits zugeknallt. Ich ließ den Kopf in die Hände sinken. »Was zum Teufel geht hier vor?«, fragte ich in den leeren Raum hinein, erhielt jedoch keine Antwort.

Ich konnte nicht ohne sie und Bump gehen. Auf keinen Fall.

Der Sturm traf uns mit aller Macht. Es war viel schlimmer, als irgendjemand von uns erwartet hatte.

Während er tobte, saßen wir in unserem winzigen Bad. Jorie und Bump hockten zusammen in der Wanne, und ich lag auf der Matratze, die sie bedeckte. Der Wind heulte so laut, dass ich das Gefühl hatte, vor einem Zug zu stehen. Glas zersplitterte. Zeug flog umher. Das komplette Gebäude bebte, bis ich mir sicher war, dass es in sich zusammenstürzen und uns in einem Haufen Schutt zurücklassen würde.

Doch das passierte nicht. Wie durch ein Wunder überlebten wir alle unverletzt.

Und dann wurde es richtig, richtig schlimm.

»Ich muss uns Wasser besorgen. Wir brauchen Wasser. Warum zum Teufel haben wir kein Wasser?«, schimpfte Jorie und schlug die Tür des leeren Schranks ein Dutzend Mal auf und zu.

Wir hatten uns nicht auf den Hurrikan vorbereitet, und jetzt standen wir mit leeren Händen da. Nachdem wir uns stundenlang zusammengekauert hatten, waren wir durstig und hungrig.

»Ihr zwei bleibt hier«, sagte ich und griff nach der Türklinke. »Ich werde uns Vorräte besorgen und sofort zurückkommen.«

»Gabe, nein. Was ist, wenn …?«

Ich schüttelte einmal den Kopf, und Jorie verstummte, bevor sie die eine Information preisgeben konnte, die Bump noch nicht wissen musste.

Ihr jüngerer Bruder schaute zwischen uns hin und her und kniff die Augen zusammen. »Was zum Teufel geht hier vor? Ihr verhaltet euch beide verflucht seltsam.«

Jorie starrte ihn böse an. »Wir haben gerade einen Hurrikan überstanden. Da würde sich jeder seltsam verhalten.« Sie schaute wieder zu mir. »Sei vorsichtig. Bitte.«

Ich nickte. »Ich bin gleich wieder da. Bleibt hier.«

Als ich zwei Stunden später in die Wohnung zurückkehrte, empfing mich eine unheimliche Stille.

»Jorie?«, rief ich, bekam aber keine Antwort.

»Bump?«

Eine ungute Ahnung jagte mir kalte Schauer durch den Körper. Ich stellte die zwei Kanister mit Wasser, die Tüte mit Lebensmitteln und die Reisetasche, die ich nicht aus den Augen hatte lassen wollen, auf dem Fußboden ab. Dann rannte ich ins Schlafzimmer und schaute auch ins Bad.

Leer.

»Wo zum Teufel seid ihr hingegangen?«, fragte ich in den leeren Raum hinein, bevor ich mein Prepaidhandy zückte. Ich versuchte immer wieder, Jorie zu erreichen, aber sie ging einfach nicht dran.

»Baby, bitte ruf mich an. Bitte. Wo zum Teufel steckt ihr?«, sprach ich nach dem siebten Anruf auf ihre Mailbox.

Ich ließ mich für einen Augenblick auf die Couch fallen und raufte mir die Haare.

»Wo können sie hingegangen sein? Wo zum Teufel können sie hingegangen sein?« Mein Magen verkrampfte sich, weil ich keine Antwort darauf hatte.

All die Gedanken, die ich gestern noch gehabt hatte, dass das Leben nie wieder dasselbe sein würde, stürmten auf mich ein, und ich befürchtete, dass ich recht behalten sollte, aber auf vollkommen andere Weise, als ich es vermutet hatte.

Wir hätten schon längst weg sein sollen.

Moses mochte wegen des Sturms noch nichts von dem Lastwagen wissen …

Ein Schrei von draußen riss mich abrupt aus meinen Gedanken.

»Heilige Scheiße! Dieser Mistkerl hier verblutet!«, rief einer der Jungs aus Lonestars Truppe laut genug, dass es jeder im ganzen verdammten Block hören konnte.

Ich sprang von der Couch auf und rannte zur Tür. Ich hatte keine Ahnung, warum ich das tat, aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich mich in Bewegung setzen sollte.

Es muss ihnen gut gehen. Es muss ihnen gut gehen. Sie hätten die Wohnung nicht verlassen sollen. Warum sind sie nach draußen gegangen? Verdammt. Wir hätten längst weg sein sollen. Das hätte nie passieren dürfen.

Ich stürmte die Treppe hinunter und wich dabei dem Zeug aus, das der Hurrikan überall verteilt hatte. Als ich den schlammbedeckten Bürgersteig erreichte, stolperte ich. Ich drehte ruckartig den Kopf hin und her und hielt nach Bump und Jorie Ausschau. Doch Jorie war nirgends zu sehen. Ich entdeckte nur Bump, der über und über mit Blut bedeckt war und ausgestreckt in einer schlammigen Pfütze lag, die vor Kurzem noch eine schmutzige Rasenfläche gewesen war.

Ich kam schlitternd vor Lonestar und seiner Truppe zum Stehen und fiel neben dem einzigen kleinen Bruder, den ich je hatte, auf die Knie. »Bump! Was zum Teufel ist passiert?«

Er drehte den Kopf, um zu mir hochzuschauen, und das Leben erlosch in seinen Augen. »Jorie …«

»Wo ist sie?«

Er brachte nur noch ein Wort hervor, bevor er das Bewusstsein verlor.

»Tot.«

2. KAPITEL

Scarlett

Gegenwart

Mein Herz gerät ins Stocken, und meine Lunge gefriert, als ich auf den großen Mann starre, der an Gabriels Schreibtisch sitzt und Bump eine Waffe an den Kopf hält.

Gabriel umfasst meine Hand fester, bis ich meine Finger nicht mehr spüren kann.

Oh Gott, nein. Er darf Bump nichts antun. Niemand darf Bump etwas antun.

»Ich sagte, runter auf die Knie mit dir, verdammt noch mal, Gabe. Wenn ich mich noch mal wiederholen muss, wirst du eine verflucht große Reinigungsrechnung bekommen.« Er presst die Mündung der Waffe fester gegen Bumps Kopf, und der arme Junge kneift die Augen zu und zuckt zusammen.

Neben mir drückt Gabriel meine Hand sogar noch fester, bevor er sie loslässt … Und dann tut er, was der Mann verlangt, und kniet sich hin.

»Nein«, flüstere ich, doch es kommt lauter als beabsichtigt über meine Lippen, und der Mann richtet seine Aufmerksamkeit auf mich.

Seine Augen allein reichen aus, um mich nervös zu machen – das helle grünliche Gold der Regenbogenhaut scheint zu glühen, als würde das pure Böse aus ihnen leuchten. Der starke Kontrast zu dem bronzefarbenen Ton seiner Haut macht seinen Blick sogar noch unheimlicher.

»Haben Sie etwas zu sagen, Kleine? Wollen Sie um das Leben Ihres Kerls flehen? Denn er weiß sehr genau, warum ich hier bin.«

Ich schlucke etwas herunter, das sich wie ein Klumpen Kohle in meiner Kehle anfühlt, und beiße mir auf die Lippe, um keinen weiteren Laut von mir zu geben. Ich will nicht, dass mich dieser Mann anschaut. Ich will nicht mal, dass dieser Mann weiß, dass ich existiere.

»Lass sie gehen, Moses. Sie hat nichts mit dieser Sache zu tun.« Gabriels Worte klingen, als wären sie über einen Schotterweg geschleift worden, bevor er sie hervorgepresst hat.

Moses. Moses. Wer ist Moses? Und von was für einer »Sache« redet Gabriel?

»Sie ist nett. Du darfst ihr nichts tun.«

Bumps Flehen treibt mir brennende Tränen in die Augen. Er ist wirklich ein verflucht lieber Kerl – abgesehen von diesem einen Mal, als er mich entführt hat.

Wenn ich nicht vor Angst wie gelähmt wäre, wäre ich versucht zu lachen, weil sich die Situation seit meinem ersten Besuch in diesem Büro so sehr verändert hat. Aber jetzt gerade mache ich mir größere Sorgen darum, es lebend verlassen zu können.

»Halt deine verdammte Klappe.« Moses presst die Waffe noch fester gegen Bumps Schläfe, und mir stehen vor Schreck die Haare zu Berge.

»Bitte tun Sie ihm nichts. Er ist …«

»Scarlett, verschwinde von hier«, fällt mir Gabriel ins Wort.

»Schließen Sie die verfluchte Tür, Scarlett. Sie gehen nirgendwohin.« Der Mann verzieht die Lippen zu einem grausamen Lächeln.

»Sie hat nichts damit zu tun, Moses. Nicht das Geringste. Lass sie und Bump gehen. Mit mir kannst du machen, was immer du willst. Aber lass sie verdammt noch mal von hier verschwinden.«

Ich kann Gabriels brennende Wut praktisch spüren. Sie ist heiß genug, um meine Haut zu versengen. Ich schaue auf ihn hinunter – auf seinen dunkelblonden Haarschopf – und kann es kaum ertragen, ihn auf den Knien zu sehen. Ich weiß nicht, wer Moses ist, aber allein dafür verabscheue ich ihn.

»Sie geht nirgendwohin, bis ich es sage.«

»Mein Sicherheitsteam wird jede Minute hier sein. Dann bist du erledigt, Moses. Also sag, was du sagen willst, und tu das, weswegen du hergekommen bist, es sei denn, du willst dich als gottverdammter Geiselnehmer verhaften lassen. Das NYPD ist eine ganz andere Nummer als die Polizei in Biloxi. Die werden dich innerhalb von Sekunden erledigen. Hier hast du niemanden, der auf deiner Gehaltsliste steht, damit er dir den Rücken freihält.«

Ich habe keine Ahnung, woher Gabriel die Ruhe nimmt, um so vernünftig zu sprechen. Zum Glück ist wenigstens einer von uns dazu in der Lage.

Doch seine Worte scheinen Moses nicht zu beunruhigen. Er wirft den Kopf zurück und lacht. »Junge, du hast wirklich keine Ahnung. Die hattest du nie. Denkst du, dass ich heute einfach so in die Stadt gefahren bin und mich in dein Büro geschlichen habe? Teufel nein. Ich habe dich schon lange im Auge. Für einen Mann, auf dessen Kopf eine Belohnung ausgesetzt ist, hast du dich wirklich nicht gut versteckt. Ich hätte dich schon so viele Male ausschalten können, aber wo wäre da der Spaß geblieben? Du hättest es nicht mal kommen gesehen. Wenn ich jemandem eine Kugel zwischen die Augen jage, soll derjenige immer wissen, dass ich es war.«

Was? Oh. Mein. Gott. Dieser Irre hat Gabriel beobachtet? Herr im Himmel.

»Was zum Teufel willst du dann?«, verlangt Gabriel zu wissen, und Moses grinst bedrohlich.

»Du schuldest mir einhunderttausend plus fünfzehn Jahre Zinsen. Ich bin hier, um die Schulden einzutreiben.«

3. KAPITEL

Legend

Ich will auf keinen Fall unbewaffnet und mit Scarlett an meiner Seite auf den Knien in meinem Büro hocken, während Moses Buford Gaspard dem kleinen Bump eine Waffe an den Kopf hält.

Und doch bin ich hier.

Mein Gehirn verlangt schreiend danach, dass Scarlett wegrennt, aber sie steht stocksteif neben mir.

Natürlich musste es so kommen. Ich bin mir nicht mal sicher, warum ich überrascht bin. Ich habe seit Jahren gewusst, dass jede Entscheidung, die ich treffe, ein Risiko darstellt, aber mir war nicht klar, dass Moses auf der Lauer liegen würde. Das schien nicht sein Stil zu sein.

Andererseits war er vor fünfzehn Jahren ein Gangster mit einer Bande, die ihm folgte, ohne Fragen zu stellen, weil er so ein draufgängerischer Anführer war. Warum sollte es mich schockieren, dass er sich geändert hat? Ich habe mich ja auch verändert.

Allerdings gibt es eine Sache, die sich nie geändert hat. Ich kann nicht vor meiner Vergangenheit davonlaufen.

Es ist an der Zeit, sich ihr und den Konsequenzen zu stellen. Aber ich werde nicht zulassen, dass Scarlett dabei verletzt wird. Eher werde ich jede verdammte Kugel abfangen, während ich mich vor sie stelle wie ein menschlicher Schutzschild.

Moses hebt das Kinn an, und die Worte, die er ausgesprochen hat, durchdringen endlich das Chaos in meinem Kopf.

Du schuldest mir einhunderttausend plus fünfzehn Jahre Zinsen.

»Du hast die Zahlen falsch im Kopf, Moses. Ich habe dein Zeug für fünfzigtausend verkauft.«

In diesen verflucht unheimlichen Augen blitzt Belustigung auf, bevor er sie zusammenkneift und auf mich richtet. »Ist doch nicht meine Schuld, dass du ein miserabler Gangster warst. Die Ladung in diesem Laster, den du dir geschnappt hattest, war hunderttausend wert. Du hast nur fünfzig dafür bekommen? Betrachten wir die anderen fünfzig doch einfach als Strafe dafür, dass du dir etwas genommen hast, das dir nicht gehörte. Und dieser Zinssatz? Ja, der wird etwa hundert Prozent betragen.«

Er tippt mit dem Finger auf den Abzug der Waffe, die an der Seite von Bumps zitterndem Kopf ruht. »Sagen wir anderthalb Millionen, weil ich runde Summen mag. Und jetzt will ich mein Geld haben, Gabe.«

Herrgott. Verdammt.

Ein bleierner Anker versinkt in meiner Magengrube. »Wenn du mich beobachtet hast, dann weißt du, dass ich so viel Geld nicht habe.«

Scarlett verlagert neben mir ihr Gewicht. »Ich schon. Ich kann es für Sie besorgen, aber das wird ein paar Tage dauern. Lassen Sie uns einfach in Ruhe, dann bekommen Sie Ihr Geld.«

Verdammt. Ich recke den Kopf nach oben, um Scarlett anzusehen. Momentan bin ich mir nicht sicher, ob ich sie umarmen oder schütteln sollte.

Einerseits würde ich alles tun, um Bump zu retten, aber ich will nicht, dass Scarlett in diese Sache hineingezogen wird. Und Moses wissen zu lassen, dass sie über so viel Geld verfügt, war eine verflucht schlechte Idee.

Bevor ich irgendetwas sagen kann, wird Moses’ Blick so gierig wie der eines Kojoten, der frisches Blut in der Luft wittert.

»Oh, Gabe. Mit dieser Tussi hast du dich aber wirklich nach oben katapultiert, was? Eine gute Wahl.«

Als er seine Aufmerksamkeit auf Scarlett richtet, will ich sie hinter mich schieben, damit er sie nicht anschauen kann.

»Das, was Sie hier versuchen, ist wirklich nobel, Cher. Aber ich will Ihr Geld nicht. Damit können Sie bei Moses nichts erreichen. Ich will, dass dieser Mistkerl bezahlt, selbst wenn das bedeutet, dass Blut fließen wird. Wussten Sie, dass er mich damals bestohlen hat? Hat er Ihnen das erzählt? Gabriel Legend – wirklich ein verdammt netter Nachname, Bruder – hat sich meinen Laster voller Elektrogeräte geschnappt, die Ware verkauft und hatte vor, mit seiner kleinen Schlampe die Stadt zu verlassen.«

»Das muss sie nicht wissen«, bringe ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Mein Kiefer schmerzt vor Anspannung. »Sie ist nicht daran beteiligt.«

Moses schürzt die Lippen. »Oh, sie ist sehr wohl daran beteiligt. Jede einzelne Person in deinem Leben hat ihres verwirkt, bis du mir gibst, was du mir schuldest.«

»Ich sagte es dir doch schon – ich habe das verdammte Geld nicht.«

»Deswegen bin ich hier, Gabe. Weil ich gehört habe, dass du dir eine verflucht gute Option gesichert hast. Du wirst wieder kämpfen, nicht wahr? Und trittst du in diesem Kampf nicht gegen Bodhi Black an? Die Leute reden bereits über die Wettquoten.«

Mein Gehirn kommt stotternd zum Stehen. »Moment. Du tauchst ausgerechnet jetzt aus der Versenkung auf, weil dieser Kampf stattfindet?«

Wieder blitzt dieses Grinsen auf Moses’ Gesicht auf. »Ja. Es ist so: Ich setze eine große Menge Geld auf Black, und du wirst einen Knock-out vortäuschen und dafür sorgen, dass ich bezahlt werde. Es sei denn, du hast die anderthalb Millionen gerade zufällig zur Hand.«

Scarlett schnappt neben mir nach Luft, doch zum Glück sagt sie nichts.

»Nein. Gabe wird gewinnen. Gabe wird nicht verlieren.« Der arme Bump sieht aus, als würde er jeden Moment vor Wut platzen, und ich bete, dass er sich nicht rührt und ab jetzt einfach den Mund hält.

Moses stößt ihn mit dem Lauf der Waffe an. »Welchen Teil von ›Halt deine verdammte Klappe‹ verstehst du nicht, Kleiner? Du musst neun verfluchte Leben haben.«

Die Erinnerung daran, dass Moses’ Leute der Grund dafür sind, dass Bump so ist, wie er ist, entfacht in mir ein Inferno. Reiß dich zusammen. Ich zügele meine Wut und starre Moses an, während ich ihn im Geiste mit bloßen Händen zerquetsche.

»Wenn ich diesen Kampf verliere, verliere ich alles.«

Moses’ Grinsen hat schon viele Männer dazu gebracht, sich einzunässen, aber ich gehöre ganz sicher nicht dazu.

Nicht damals. Nicht jetzt. Niemals.

»Wenn du diesen Kampf gewinnst, Junge, wirst du ohnehin alles verlieren. Was immer du gerade zu haben glaubst, hast du nur, weil ich es erlaube. Ich kann dir alles wegnehmen, wann immer ich es verdammt noch mal will. So funktioniert das, wenn man in meiner Position ist.«

»Wie lange weißt du es schon?« Ich muss die Frage nicht weiter erläutern, denn Moses weiß, worauf ich hinauswill.

»Ich habe dich schon jahrelang im Blick. Ich habe darauf gewartet, dass du zurückkommst und versuchst, mich umzubringen, aber das hast du nie getan. Damit hast du mich überrascht, Gabe. Ich dachte, dass du diese Schlampe geliebt hättest. Du warst bereit, alles für sie zu riskieren. Wenn ihr Tod keine Bedeutung hatte, war sie dir wohl doch nicht so viel wert.«

Seine Worte schneiden in mich hinein und reißen mir die Gedärme aus dem Leib, als hätte er mich mit Springmessern attackiert.

»Ich habe auf den richtigen Zeitpunkt gewartet.«

Moses zieht die dunklen Augenbrauen hoch. »Der Hitzkopf ist erwachsen geworden. Wer hätte das für möglich gehalten? Also, haben wir eine Abmachung? Oder muss ich dich daran erinnern, was du zu verlieren hast, wenn du den Kampf nicht auf meine Weise beendest?«

Ich täusche einen Knock-out vor. Moses wird bezahlt. Ich verliere alles.

Oder … ich gewinne den Kampf und bereite mich dann darauf vor, um mein Leben zu kämpfen – und um das Leben aller Menschen, die mir wichtig sind –, und zwar gegen den Mann, der seit fünfzehn Jahren wie das Fallbeil einer Guillotine über mir schwebt.

Als ich nicht sofort antworte, zieht Moses die Pistole von Bumps Kopf weg und richtet sie auf Scarlett. Ich springe auf die Füße, um mich mit ausgebreiteten Armen vor sie zu stellen.

Moses’ verfluchtes Grinsen wird breiter. »Das dachte ich mir. Du wirst tun, was immer ich sage, weil du genau weißt, was ich dir nehmen werde, wenn du es nicht tust. Verdammt, vielleicht werde ich die hier sogar behalten. Um zu sehen, ob sie im Bett besser ist als Jorie. Das könnte allerdings schwierig werden, denn sie war ein wahres Naturtalent. Aber das weißt du ja selbst.«

Bump stürzt sich auf Moses, aber der ist schneller und presst ihm die Pistole direkt zwischen die Augen.

»Eine weitere Bewegung und du bist tot. Und dieses Mal meine ich wirklich tot. Ich werde dich nicht nur verletzen wie diese Mistkerle, die dir in Mississippi eine Kugel in den Kopf gejagt haben.«

Als Bump die Hände in die Luft streckt und sich wieder auf die Knie sinken lässt, hebt Moses den Blick zu mir.

»Eins muss ich dir lassen, Gabe. Dein Frauengeschmack hat sich verbessert. Diese Tussi sieht aus, als würde sie mir lieber die Kehle aufschlitzen, als meinen Schwanz in den Mund zu nehmen. Ich sähe es nur ungern, wenn ihr etwas zustieße.«

Ich greife nach Scarlett, um sie hinter mich zu schieben, damit er sie nicht sehen kann. »Sie existiert für dich nicht. Wenn du sie noch mal bedrohst, werde ich deinen Hintern häuten und die Haut als verdammten Lampenschirm benutzen.«

Moses’ Brust bebt, und donnerndes Gelächter erfüllt mein Büro. »Netter Versuch, Legend. Ich finde selbst hinaus. Du gehst besser trainieren. Sorg dafür, dass die Chancen stimmen. Falls es nötig sein sollte, werde ich dir einen weiteren Besuch abstatten. Nur um dich daran zu erinnern, was für dich auf dem Spiel steht.«

Er weicht vom Schreibtisch zurück und hat die Waffe nun auf mich gerichtet. Hinter ihm in der Wand öffnet sich ein Durchgang.

Mein verdammter verborgener Eingang. Wie zum Teufel hat er von meinen verfluchten Geheimtüren erfahren?

Ein Mann steckt den Kopf hindurch, aber ich achte nicht auf ihn. Stattdessen habe ich meine Aufmerksamkeit auf die beiden halbautomatischen Faustfeuerwaffen gerichtet, die er in den Händen hält. Vermutlich wurden sie auf Vollautomatik umgebaut, was bei diesem Modell, dem TEC-9, problemlos möglich ist, weshalb es mittlerweile verboten wurde. Damit könnte er uns alle innerhalb von Sekunden töten.

»Und jetzt seid schön brav und folgt uns nicht.«

Doch Bump hört nicht auf ihn. Er stürmt los.

»Nein!«

Moses holt aus und erwischt Bump mit der Hand, in der er die Pistole hält, am Kopf. Bump sackt auf dem Boden zusammen.

»Mach keine Dummheiten, Gabe. Das ist meine letzte Warnung.«

Moses tritt rückwärts durch die Tür. Sie schließt sich langsam, bis ich nur noch seine verdammten Augen funkeln sehen kann, bevor er in der Dunkelheit verschwindet.

4. KAPITEL

Scarlett

Meine Knie geben nach. Ich kann nichts dagegen machen. Sobald sich die Tür schließt, sinke ich auf den Boden. In meinem Kopf dreht sich alles, und es fühlt sich an, als würde alles in Zeitlupe ablaufen.

Ich muss zu Bump. Aber Gabriel ist mir bereits einen Schritt voraus. Er stürzt zu Bump, und ich krieche hinterher.

Ein dünnes Rinnsal Blut sickert aus Bumps Schläfe, wo er seine Hand gegen den Kopf presst. »Es geht mir gut. Es geht mir gut. Es geht mir gut.« Er wiederholt es immer und immer wieder, so als wollte er sich selbst beruhigen und davon überzeugen.

»Es geht dir gut«, sagt Gabriel. »Du bist vollkommen in Ordnung, Kumpel. Das hast du wirklich gut gemacht. Wirklich verdammt gut.«

Ich reiße mich zusammen und schnappe mir meine Clutch, die ich fallen gelassen habe. Ich reiße sie auf, ziehe eine Packung Taschentücher heraus und bringe sie zu Bump.

»Hier, bitte. Das ist nur ein bisschen Blut.«

»Ich blute?« Er reißt die Augen auf. »Ich dachte, dass mit mir alles in Ordnung wäre.«

»Das ist auch so, Kumpel. Alles in Ordnung.«

Ein Klopfen ertönt an der Tür, und wir alle erstarren. Gabriel geht zum Schreibtisch, und bevor ich Gelegenheit habe zu begreifen, was er vorhat, hält er eine Waffe in der Hand, die er auf die Tür richtet.

»Wer zum Teufel ist da?«

»Ich und Roux«, sagt Q von draußen.

Gabriel lässt das Kinn auf die Brust sinken und senkt die Waffe. »Kommt schnell rein.«

Q öffnet die Tür und hält schockiert inne, als er Bump auf dem Boden sitzen sieht, wo er sich ein paar blutgetränkte Taschentücher an den Kopf presst. Dann entdeckt er die Waffe in Gabriels Hand und erstarrt. Roux stürmt auf Gabriel zu, und er schiebt die Waffe in seinen Hosenbund, bevor er sie streichelt, um sie zu beruhigen.

»Was zum Teufel ist passiert? Geht es ihm gut?«

»Moses war hier. Er hat Bump mit einer Waffe bedroht. Er will sein Geld.«

Qs olivenfarbene Haut wird blass. »Was? Wie? Wann? Wo ist er hin?« Er dreht den Kopf hin und her, als würde er befürchten, dass sich Moses immer noch im Raum verstecken könnte. Dann holt er sein Handy hervor. »Ich rufe die Polizei.«

»Nein«, blafft Gabriel und schüttelt den Kopf. »Mach die Tür zu, und leg das verdammte Handy weg. Wir werden damit nicht zur Polizei gehen. Auf keinen Fall.«

»Was?« Meine Überraschung ist so groß, dass ich mich nicht zurückhalten kann. »Was meinst du damit? Wir müssen zur Polizei gehen. Genau dafür ist sie schließlich da.«

Bump schüttelt den Kopf. »Können wir jetzt nach Hause gehen, Gabe? Ich will nach Hause.«

»Was für eine verfluchte Scheiße«, sagt Q und lehnt sich mit dem Rücken gegen die Tür. »Wie zum Teufel ist er rein- und rausgekommen?«

Gabriel hilft Bump und mir auf die Füße. »Durch den versteckten Eingang. Er muss uns monatelang beobachtet haben. Vielleicht hat er auch jemanden bestochen, um zu erfahren, wie er sich hier Zugang verschaffen kann.«

»Verdammt. Was hat er gesagt?« Q schaut nacheinander alle im Raum an, bevor er wieder bei Gabriel landet.

»Er will, dass ich den Kampf verliere. Er will, dass ich einen Knock-out vortäusche.«

Ich hätte nicht gedacht, dass Qs dunkle Haut noch blasser werden könnte, doch er beweist mir das Gegenteil. »Auf keinen Fall. Teufel noch eins. Was machen wir jetzt?«

Gabriel legt einen Arm um Bumps Schulter und zieht ihn an sich. »Wir gehen nach Hause und ruhen uns erst mal aus.«

Die Fahrt nach Jersey verläuft schweigend. Sogar Bump scheint zu merken, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für Geplapper ist. Q organisierte zusätzliche Sicherheitsleute und versprach vorbeizukommen, sobald der Club geschlossen ist. Er wollte, dass Zoe uns begleitete, aber sie weigerte sich zu gehen.

Ich würde nichts lieber tun, als Gabriels Hand zu halten, aber er hat sie beide fest um das Lenkrad des Broncos gelegt. Hal folgt uns mit dem SUV. Er hat eingewilligt, über Nacht zu arbeiten, nur für alle Fälle.

Ich bin vollkommen überfordert. Ich habe absolut keine Ahnung, wie ich auf das, was ich gerade mit angesehen habe, reagieren soll. Ich will nur, dass alles wieder in Ordnung ist, weswegen ich das Geld angeboten habe. Klar, anderthalb Millionen sind nicht gerade Peanuts. Doch um Gabriel und Bump zu schützen, würde ich die Summe liebend gern hergeben.

Aber das Thema kann ich jetzt nicht ansprechen, vor allem wenn man bedenkt, wie fest Gabriel das Lenkrad umklammert. Er wird für die Idee nicht empfänglich sein … was vermutlich richtig ist, denn Moses hat bereits gesagt, dass er mein Geld nicht als Schuldentilgung akzeptieren würde.

Trotzdem würde ich ein Vermögen bezahlen, um herauszufinden, was Gabriel gerade durch den Kopf geht.

5. KAPITEL

Legend

Moses ist zurückgekommen.

Und genau wie früher tut er auch jetzt nicht das, was ich erwartet hätte.

Nein, erwartet hätte ich eine Kugel in den Kopf ohne Vorwarnung. Genau wie bei Jorie. Aber nein, er will, dass ich sein Spiel mitspiele, damit er seine ganz eigene Art von verkorkster Rache üben kann.

Da war nichts zwischen ihm und Jorie. Das ist absolut unmöglich. Sie hätte ihn nie angerührt.

Aber mein Gehirn wandert trotzdem fünfzehn Jahre zurück und erinnert sich daran, wie verflucht widerwillig sie sich verhielt, als es darum ging, die Stadt zu verlassen. Wie seltsam sie sich monatelang benommen hatte. Wie wir uns vor diesem schrecklichen Tag wochenlang nicht mehr berührt hatten.

Habe ich es übersehen? War sie so zögerlich, weil sie Moses nicht verlassen wollte? Und wie in aller Welt konnte seine Truppe sie umbringen, wenn sie etwas mit ihm am Laufen hatte? Nichts davon ergibt auch nur ansatzweise Sinn.

Ich halte an einer roten Ampel an und bin dankbar für die Stille im Bronco. Ich will mich gerade auf gar keinen Fall unterhalten. Jeder Teil von mir hat sich nach innen zurückgezogen, bis ich das Gefühl habe, an den Fragen, die in meinem Kopf herumspuken, zu ersticken.

Als ich endlich vor der Reparaturwerkstatt halte, parkt Hal quer auf der anderen Seite der Einfahrt, um uns Schutz zu bieten. Gut. So wie ich ihn kenne, hat er eine Schrotflinte in seinem SUV und keine Angst davor, sie zu benutzen.

Ich öffne die Tür, steige aus und schiebe den Sitz nach vorn, um Platz für Bump und Roux zu machen. Ich bin verflucht dankbar dafür, dass sich meine Hündin offenbar aus dem Büro schlich, während Bump fernsah. Wenn sie Moses gesehen und mit ihren großen Zähnen auf ihn losgegangen wäre, hätte er sie erschossen, ohne mit der Wimper zu zucken.

Scarlett kommt mir vor dem Bronco entgegen, und ich gebe ihr meinen Schlüsselbund.

»Würdest du ihn in seine Wohnung bringen? Ich muss noch mit Hal reden, dann komme ich auch.«

Scarletts blasses, angespanntes Gesicht trifft mich einmal mehr hart. Sie hätte das, was heute Abend passiert ist, nicht erleben dürfen. Nichts davon hätte je mit ihr in Berührung kommen dürfen. Ich hätte Moses schon vor Jahren umbringen sollen.

Das ist verdammt noch mal alles meine Schuld.

Ich habe diesen Laster gestohlen. Ich habe die Ware verkauft. Ich habe dafür gesorgt, dass Jorie getötet und Bump angeschossen wurde.

Ich könnte ebenso gut eine verfluchte Abrissbirne sein, und jetzt ist Scarletts Leben dank meiner Zerstörung kaum wiederzuerkennen.

»Natürlich. Mach, was immer du für nötig hältst, Cowboy.«

Ihr Spitzname für mich ist wie Balsam. Aber egal wie sehr ich zulassen möchte, dass er meinen Schmerz lindert, kann ich es nicht erlauben. Heute Abend muss ich mich für zu viele verdammte Sünden verantworten. Ich habe den Schmerz, der mich zerfetzt, verdient, und ich habe für das Chaos, das ich angerichtet habe, noch nicht genug gelitten.

»Ich komme gleich nach.«

Ich lehne mich nicht vor, um sie zu küssen, aber sie presst ihre Lippen trotzdem auf meine.

Ich verdiene sie nicht.

Sobald sie im Gebäude verschwunden ist, gehe ich zu dem SUV. Hal steht an der Heckklappe und holt etwas unter der Innenverkleidung hervor. Wie ich es erwartet habe, handelt es sich um ein kleines Arsenal.

»An mir kommt heute Nacht keiner vorbei, Legend. Du hast mein Wort.«

»An mir auch nicht.«

Die Stimme kommt aus der Dunkelheit, und sowohl Hal als auch ich spannen die Muskeln an, als Schritte auf dem Schotter knirschen.

»Wer ist das?«, fragt Hal und greift nach einer Schusswaffe.

Ich lege meine Hand auf seine, um ihn davon abzuhalten.

Big Mike tritt in den Lichtkegel der Straßenlaterne. »Das ist mein Grundstück. Meine Familie. Und niemand, nicht mal irgendein Gangster aus Mississippi, wird herkommen und in meinem Haus Ärger machen.«

»Big Mike, das ist Hal, Scarletts neuer Leibwächter. Hal, das ist Big Mike, Qs Dad und der verrückteste Puerto Ricaner, dem ich je begegnet bin.«

Big Mike nickt Hal knapp zu. »Verdammt richtig. Ich hole mir einen Stuhl und werde die ganze Nacht hier sitzen, falls das nötig ist.«

»Was ist mit Joanie?«

»Sie übernachtet heute bei Melanie, weil Dani und Tony nicht in der Stadt sind. Ich stehe zu deiner Verfügung.«

Ich mache einen Schritt auf Big Mike zu. »Ich weiß das zu schätzen, aber Hal hat das im Griff. Es besteht kein Grund, dass du die ganze Nacht hier draußen sitzt.«

»Q hat mich angerufen und mir alles erzählt. Ich denke, dass sehr wohl ein Grund besteht.« Er wirft einen Blick auf die Stühle, die er und Bump immer vor dem Gebäude stehen lassen, damit sie gemütlich quatschen können. »Ich werde einen davon nehmen. Keine Widerrede, Gabe. Du gehörst zur Familie. Wir kümmern uns umeinander.«

Dankbarkeit, die ich einmal mehr nicht verdiene, überkommt mich. »Danke. Heute Abend wirst du von mir keine Widerworte hören.«

»Gut. Und jetzt geh nach oben. Wir halten hier unten die Stellung.«

Ich strecke einen Arm aus, um seine Hand zu schütteln, doch er legt stattdessen seine großen, massigen Arme um mich und klopft mir fest auf den Rücken.

»Schlaf ein wenig. Q sagt, dass wir morgen früh alles besprechen werden.«

Es liegt mir auf der Zunge, ihm zu sagen, dass Q hier nicht den Ton angibt, aber ich bin einfach zu erschöpft.

»Ich sehe euch morgen. Euch beide.« Ich schüttle Hals Hand, und dann gehe ich zur Tür der Werkstatt und verriegele sie hinter mir.

Als ich die Treppe hochsteige, kann ich nicht umhin, noch einmal alles durchzugehen, was sich heute Abend abgespielt hat. Moses, der an meinem Schreibtisch sitzt. Bump, auf dessen Kopf eine Waffe gerichtet ist. Der Anblick der Mündung, die auf Scarlett weist.

Verdammt. Ich habe zuvor schon mehrmals von dieser Situation geträumt. Und in meinen Albträumen endete sie immer mit einem Blutbad. Ich sollte wenigstens dankbar sein, dass meine schlimmsten Ängste nicht wahr geworden sind.

Ich bleibe vor Bumps Tür stehen, aber seine Stimme kommt aus meiner Wohnung, also gehe ich weiter den Flur hinunter. Als ich meine Tür öffne, finde ich sowohl ihn als auch Scarlett mitten auf dem Wohnzimmerboden vor, wo sie von Kissen, Decken und Couchpolstern umgeben sind.

Bump hat sich aus zwei Kissen und einer Decke eine Höhle gebaut und es sich darin gemütlich gemacht, doch seine Beine ragen daraus hervor. Er lächelt übers ganze Gesicht, und der Anblick lässt mich abrupt innehalten.

»Ich hoffe, dass dir das nichts ausmacht«, sagt Scarlett, die neben einem Haufen aus Decken sitzt. »Ich habe Bump gesagt, dass wir eine Übernachtungsparty veranstalten können.«

»Ist das nicht toll, Gabe? Ich habe eine Höhle gebaut! Ich werde darin schlafen. Und du und Scarlett könnt die Luftmatratze haben. Ich weiß nur nicht, wo sie ist. Du hast sie doch noch, oder? Von damals, als ich bei dir auf dem Boden geschlafen habe?«

Mit noch größerer Dankbarkeit schaue ich in Scarletts warme graue Augen. »Gute Idee, Glückskäfer. Eine Übernachtungsparty ist genau das, was wir jetzt brauchen.«

Sie steht auf und kommt zu mir, während Bump die Decke nach unten zieht, um sich in seiner Höhle zu verstecken. Scarlett legt die Arme um meine Seiten. »Ich dachte, dass es besser wäre, wenn keiner von uns heute Nacht allein ist«, flüstert sie.

Die Wärme ihres Körpers beruhigt das Chaos in meinem Kopf ein wenig. Ich hätte sie heute Abend verlieren können. Ich atme den Duft ihrer Haut und ihres Haars ein und schließe die Augen. »Du hast recht. Danke.«

Sie verlagert ihr Gewicht, und ich öffne die Augen und stelle fest, dass sie zu mir hinaufschaut. »Wir werden eine Lösung für dieses Problem finden. Wir sind ein Team. Du wirst mich nicht wegstoßen und mir irgendeine schwachsinnige Ausrede auftischen, dass das meiner Sicherheit dienen soll. Ich bin ein Teil davon, ob es dir nun gefällt oder nicht. Okay?«

Ich lege meine Stirn an ihre. »Ich weiß gerade nicht, was ich sagen soll. Gib mir ein paar Stunden, um diesen ganzen Mist zu verarbeiten. Wir klären das alles morgen.« Ich gebe ihr einen Kuss auf die Nasenspitze, und sie nickt.

»Damit komme ich klar. Also … wo ist diese Luftmatratze?«

6. KAPITEL

Legend

Ich liege in der Dunkelheit da, und obwohl Scarletts Kopf auf meiner Brust ruht und Bumps tiefe Atemzüge zu hören sind, kann ich einfach nicht schlafen.

Nicht nach diesem Abend. Nicht nach alldem, was Moses gesagt hat.

Zum Teufel noch mal.

Er und Jorie? Wie ist das überhaupt möglich? Jedes Mal wenn ich versucht habe, darüber nachzudenken, hat mein Verstand Blockaden errichtet. Aber dieses Mal überwinde ich sie. Könnte er gelogen haben?

Ihm würde ich alles zutrauen, und falls er darauf aus war, mich zu reizen oder zu erschüttern, wäre das genau der richtige Weg gewesen. Aber bevor ich es als totalen Schwachsinn abtue, muss ich in Betracht ziehen, dass er womöglich die Wahrheit gesagt hat, und die einzige andere Person, die das bestätigen könnte – und der ich glauben würde –, ist tot.

Gott, ich trage die Schuldgefühle seit dem Tag mit mir herum, an dem Bump fast bewusstlos in einer Pfütze lag und sagte, dass Jorie tot sei. Für mich hat es sich immer so angefühlt, als hätte ich eigenhändig den Abzug betätigt, denn wenn ich den Laster nicht gestohlen und Moses’ Ware nicht verkauft hätte, wäre er nie gekommen, um nach mir zu suchen, und hätte an meiner Stelle nicht sie und Bump vorgefunden.

Doch in der Dunkelheit, mit der Frau, die ich liebe, in meinen Armen, muss ich die Alternative in Betracht ziehen.

Was ist, wenn Moses die Wahrheit gesagt hat?

Jorie, was hast du getan? Und um Himmels willen … warum?

Kein Mann will je über die Möglichkeit nachdenken, dass ihn seine Frau betrogen haben könnte, aber aus irgendeinem Grund kommt mir das hier sogar noch schlimmer vor.

Falls – und das ist ein großes Falls – Moses die Wahrheit sagt, dann ist alles, von dem ich dachte, dass ich es wüsste, eine verdammte Lüge. Alles, was ich getan habe, um diesen Club aufzubauen und sauber zu werden … basiert dann auf einer Lüge.

Moses könnte mir etwas vormachen, rufe ich mir ins Gedächtnis. Aber ein Teil von mir, ein Teil, auf den ich nicht hören will, erinnert mich an Hinweise, die ich nie sehen wollte.

Jories Widerwille, als es darum ging, die Stadt zu verlassen. Wie sie stundenlang verschwand und dann mit etwas Neuem nach Hause zurückkehrte, das wir uns gar nicht leisten konnten, wie diese Designerhandtasche. Sie schwor, dass es ein Imitat sei, das sie für zwanzig Dollar an einem Straßenstand gekauft habe. Doch für ein Imitat war sie zu gut verarbeitet. Und wie sie zusätzliche Schichten in der Bar übernahm, aber frisch geduscht und nach einem neuen Parfüm duftete, statt nach fettigem, frittiertem Essen und Bier zu stinken, wenn sie nach Hause kam.

Mein Magen verkrampft sich, während all die Dinge, die damals keinen Sinn ergaben, abrupt wieder an die Oberfläche kommen. Es ist durchaus möglich, dass Moses etwas mit meiner Freundin hatte und ich es einfach nicht wahrhaben wollte.

Also was zum Teufel bedeutet das jetzt?

Scarlett regt sich an meiner Brust und bewegt die Finger über meine Haut, als würde sie träumen.

Sie ist echt. Sie ist hier. Sie ist … es. Die Eine. Alles, von dem ich nie wusste, dass ich es wollte und brauchte. Alles, von dem ich mir nie erträumt hätte, es einmal zu haben.

Sie hat sogar anderthalb Millionen Dollar angeboten, ohne mit der Wimper zu zucken, nur um zu versuchen, meinen Hals und alles, was ich liebe, zu retten.

Ein Teil von mir ist froh, dass Moses ihr Angebot abgelehnt hat. Zweifellos ist das der dumme Teil von mir, der voller Stolz ist. Aber Herrgott. Scarlett soll niemals