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Heiße Jagd im finnischen Eis.
Ein Mann stürzt aus dem 28. Stockwerk seines Hotels. Bei seiner Leiche: hochbrisantes Material über den Computercode "Inferno" - der größte Bankraub der Geschichte droht. Medienmanipulation, russische Geheimagenten, die Wirtschaftsmacht China - nicht zuletzt kämpft Ermittler Arto Ratamo auch mit einem skrupellosen Verräter in den eigenen Reihen ...
"Ganz und gar nichts für schwache Nerven" Westdeutsche Zeitung.
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Seitenzahl: 438
Taavi Soininvaara
Finnisches Inferno
Kriminalroman
Aus dem Finnischen von Peter Uhlmann
Titel der OriginalausgabeInferno.fi
ISBN E-Pub 978-3-8412-0197-3ISBN PDF 978-3-8412-2197-1ISBN Printausgabe 978-3-7466-2401-3
Aufbau Digital,veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, August 2011© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, BerlinDie deutsche Erstausgabe erschien 2008 bei Aufbau Taschenbuch, einer Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KGCopyright © 2001 Taavi SoininvaaraPublished by agreement with Tammi Publishers, Helsinki and Leonhardt & Høier Literary Agency, Copenhagen
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.
Umschlaggestaltung gold, Kai Dietrichunter Verwendung eines Motivs von Kai Dietrich / bobsairport
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Innentitel
Inhaltsübersicht
Informationen zum Buch
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Impressum
MONTAG
1
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DIENSTAG
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MITTWOCH
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9
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DONNERSTAG
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FREITAG
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SAMSTAG
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SONNTAG
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MITTWOCH
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EPILOG
Mit Geld kann man einen wirklich guten Hund kaufen – aber nicht sein Schwanzwedeln.
Josh Billings
Gennadi Protaschenko ahnte nicht, dass ihm schon bald ein Kampf auf Leben und Tod bevorstand. Er hatte am Abend einen langen, anstrengenden Flug vor sich und wollte deshalb noch etwas ausspannen. Es war erst zehn Uhr an diesem Montagvormittag in Miami, aber sein Arbeitstag lag schon hinter ihm. Vor einer Stunde hatte ihm der »Hund« die letzten Dokumente geliefert, die Guoanbu, dem chinesischen Sicherheitsministerium, noch fehlten. Jetzt konnte Guoanbu in Wiremoney, das Programm der National Bank für den elektronischen Zahlungsverkehr, einbrechen. Die noch junge Geschichte schwerer Straftaten auf dem Gebiet der Informationstechnologie würde neu geschrieben werden.
Die Balkontür im Hotel »Marriott Biscayne Bay« öffnete sich quietschend, die schwüle Luft schlug ihm ins Gesicht wie der Atem des Teufels. Protaschenko legte seine Tasche auf den Glastisch und zündete sich eine Zigarette an. Er atmete den Rauch tief ein und schaute aus dem siebenundzwanzigsten Stockwerk auf die vor Hitze flimmernde Landschaft und das türkisgrüne Wasser der Biscayne-Bucht. In der Ferne zeichnete sich Miami Beach ab, das eher wie ein Dorf wirkte und für seine Art-Déco-Häuser und wunderbaren Badestrände bekannt war. Rechts sah man einige kleine Inseln, auf einer von ihnen lag der verkehrsreichste Passagierhafen der Welt. Die riesigen Kreuzfahrtschiffe, die Milliarden gekostet hatten, warteten auf ihre Gäste wie Wale auf die Planktonschwärme. Der |8|süßliche Duft des Meeres erinnerte ihn an seine Kindheit und den Sommer in Odessa.
Am liebsten hätte Protaschenko die Badehose angezogen und in einem bequemen Liegestuhl am Swimmingpool des Hotels eiskalte Daiquiris und Margaritas geschlürft. Das »Marriott« war bei den Fluggesellschaften beliebt, am Pool fände sich bestimmt eine einsame Stewardess, die dem gutaussehenden Geschäftsmann gern Gesellschaft leisten würde. Er stellte sich eine aufreizende Schönheit im Bikini vor und konnte das Bild nur mit Mühe wieder verdrängen. Eigentlich gab es guten Grund, zu feiern. Doch die Dokumente, die der »Hund« ihm übergeben hatte, besaßen einen unermesslichen Wert, er durfte sie nicht einen Moment aus den Augen lassen. Wie sollte er sich die Zeit bis zu seinem Flug nach Helsinki vertreiben, es waren noch zehn Stunden?
Schließlich bestellte er beim Zimmerservice in fast akzentfreiem Englisch Riesengarnelen und Wodka Smirnoff. Ob er es wagen könnte, den Girlservice »X-Styles« anzurufen und sich eine Professionelle kommen zu lassen?
Protaschenko kehrte auf den Balkon zurück. Vor seinen Augen lag ein Paradies. Hier bekam man alles, was sich mit Geld kaufen ließ. Er hoffte, dass Miami sein nächster Einsatzort sein würde. Das war durchaus möglich. Die Stadt bildete eine Brücke zwischen den Wirtschaftsgebieten von Süd- und Nordamerika und galt als eines der größten Bankenzentren der Welt. Deshalb unterhielt Guoanbu in Miami eine große Nachrichtendienstfiliale. Es könnte sich als Vorteil erweisen, dass er Spanisch beherrschte. Das war die Muttersprache der Hälfte aller zwei Millionen Einwohner von Groß-Miami. Durch den lateinamerikanischen Lebensrhythmus wirkte die Stadt offen und gastfreundlich. Von der puritanischen Halsstarrigkeit, auf die man an der Ostküste oft stieß, fand sich hier keine Spur.
|9|Am Horizont zogen dunkle Wolken auf. Protaschenko fürchtete, dass der tropische Sturm, der in der Karibik tobte, Miami noch vor dem Abend erreichte. Dann würde möglicherweise der Flughafen geschlossen. Die dreißig Grad warme Luft trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. In den Zeitungen war zu lesen, der bald zu Ende gehende Januar sei außergewöhnlich heiß gewesen. Er schloss die Balkontür, setzte die Sonnenbrille ab und stellte gerade die Klimaanlage ein, als es an der Tür klopfte. Der Zimmerservice im »Marriott« funktionierte wie ein Schweizer Uhrwerk
Protaschenko zog das Jackett seines schwarzen Seidenanzugs über, damit man seine Pistole, eine Makarow PM, im Schulterhalfter nicht sah, dann ging er zur Tür und beugte sich zum Spion. Ein schönes Mexicano-Girl hielt ein Tablett in der Hand und wartete ungeduldig. Vielleicht würde sie ein, zwei Stunden für seine Unterhaltung sorgen, wenn er ein entsprechendes Bündel Dollarscheine sehen ließ, überlegte Protaschenko, öffnete die Tür und zeigte sein charmantestes Lächeln.
Plötzlich gruben sich kräftige Finger in seinen Hals und drückten auf die Luftröhre. Angst durchfuhr ihn, als er den Angreifer erkannte. Die falsche Kellnerin schloss die Tür von außen und ließ die beiden allein.
Der Eindringling nahm Protaschenko die Pistole ab, steckte ihm den Lauf in den Mund und prüfte, ob er noch eine zweite Schusswaffe oder ein Messer hatte.
»Setzen Sie sich bitte aufs Bett«, befahl er leise in Russisch, und Protaschenko gehorchte. »Sie wissen sicher, was ich haben will«, sagte der dunkelhaarige Mann mit monotoner Stimme und hielt seine Waffe auf den Bauch des jungen Agenten gerichtet.
Protaschenkos Kehle schmerzte. Er kannte das hagere Gesicht. Voller Angst überlegte er, was wohl zu dem roten Fleck |10|geführt hatte, der von der linken Wange des Mannes bis zum Hals reichte Ein Muttermal konnte es nicht sein, das wusste er. Vielleicht ein Ekzem oder eine Verbrennung? Protaschenkos Gesicht glühte, obwohl die Klimaanlage kalte Luft in den Raum blies. »Du glaubst doch nicht etwa, dass Swerdlowsk stärker ist als Guoanbu? Eure Organisation wird vernichtet, wenn du mir die Dokumente wegnimmst«, erwiderte er schließlich.
»Uns vernichtet niemand mehr. Wir sind stärker als jeder Staat.«
Protaschenko antwortete nicht. Er schaute ins Leere – in die Augen des Besuchers. Sein Kontrahent wirkte zwar furchteinflößend, aber er selbst war zwanzig Jahre jünger und immerhin vor nicht allzu langer Zeit noch Bester im Budo-Kurs an der Akademie des Nachrichtendienstes gewesen.
»Das lässt sich doch bestimmt mit Geld regeln?«, sagte Protaschenko versöhnlich.
»Guoanbu könnte nicht mal einen Bruchteil der Summe zahlen, die wir aus der National Bank herausholen werden«, erwiderte der Mann und entsicherte seine Waffe. »Mir ist es egal, ob Sie mir die Dokumente geben oder ob ich sie selbst suche.«
Protaschenko wusste, dass er sterben würde, wenn er die Dokumente herausgab. »Die Unterlagen sind in meiner Tasche. Wer von uns beiden holt sie?« Er zeigte auf den Balkon.
Der Mann antwortete nicht, er starrte den jungen Agenten in Diensten der Chinesen nur an und deutete dann mit seiner Pistole in Richtung Balkon.
Als Protaschenko die Schiebetür öffnete, spürte er das kalte Metall im Genick und fasste einen Entschluss. Seiner Ansicht nach beging der Veteran einen Fehler, wenn er ihm so nahe kam. Er trat über die Schwelle auf den Balkon hinaus und zog mit aller Kraft an der Tür, die den Eindringling an der Schulter |11|traf. Protaschenko drehte sich blitzschnell um, packte den Pistolenlauf und hatte sofort das Gefühl, seinem Widersacher überlegen zu sein.
Doch urplötzlich bohrten sich Finger in seine Augenhöhlen, ein wahnsinniger Schmerz durchfuhr ihn. Er warf sich nach hinten. Seine Beine krachten gegen den Tisch, Glas splitterte und Blut floss warm die Waden hinab. Er griff nach seinem Gegner, bekam ihn aber nicht richtig zu fassen. Eine Weile drehten sich die beiden Männer auf dem Balkon wie bei einem Tango von Piazzolla. Völlig unvermittelt bekam Protaschenko einen wuchtigen Schlag gegen die Brust, fiel rücklings auf das Balkongeländer, verlor das Gleichgewicht und stürzte ins Leere. Er sah gerade noch, dass der Angreifer einen seiner Schuhe packte, verzweifelt streckte der junge Russe den Arm aus und versuchte das Geländer zu erreichen, doch sein Fuß rutschte dem Mann aus der Hand, und man hörte ein ersticktes Röcheln.
Der Dunkelhaarige hielt noch den schwarzen Lederschuh fest und schaute dem hinabstürzenden Protaschenko hinterher, unter ihm lag der Innenhof des Hotels. Seine Arme ruderten durch die Luft. Schreien konnte er nicht. Menschen, die ins Leere fallen, sterben meist durch den Schock, noch bevor sie auf dem Boden aufschlagen
Der Killer fluchte, der Schwall russischer Schimpfworte wollte gar kein Ende nehmen. Protaschenko sollte erst liquidiert werden, wenn die vom »Hund« überbrachten Dokumente gefunden waren. Womöglich hatte er die Unterlagen gar nicht in seinem Zimmer versteckt, was dann? Jetzt konnte er nicht einmal seine Kleidung durchsuchen.
Als draußen ein dumpfes Geräusch und ein Aufschrei zu hören waren, griff der Mann nach Protaschenkos Tasche und öffnete die Schublade des Schreibtischs. Rasch durchsuchte er |12|jeden Winkel des Zimmers und stopfte alle Unterlagen, die er fand, in die Tasche. Er überprüfte jedes mögliche Versteck, beseitigte dann seine Fingerabdrücke und zog die Tür von außen zu.
Er hoffte, die vom finnischen »Hund« übergebenen Dokumente gefunden zu haben, wenn nicht, war er ein toter Mann.
Irgendwo in der Nähe des Hotels heulte eine Sirene auf.
Sheila Franklin wischte sich den Schweiß vom milchschokoladenfarbenen Gesicht, bückte sich und ging unter dem Plastikband mit dem Text CRIME SCENE – DO NOT CROSS hindurch in den abgesperrten Bereich zu der Leiche. Nur in einem solchen Augenblick verabscheute sie Miami. Die Drogen aus Lateinamerika überschwemmten das Land, dadurch kam es ständig zu brutalen Zwischenfällen. Zum Glück war wenigstens die Zeit der Hinrichtungen mit der Motorsäge vorbei.
Die Ermittlerin betrachtete das Bündel, das auf der Terrasse des Marriott-Hotels lag, und spürte einen Kloß im Hals. An den Anblick übel zugerichteter Leichen gewöhnte man sich nie. Leute vom Notarzt-Team, Kriminaltechniker und ein Fotograf waren mit dem Toten und dessen Umgebung beschäftigt. Ein Hotelangestellter hatte Gennadi Protaschenko identifiziert.
In der drückenden Hitze stank es widerwärtig nach Exkrementen. In der Todesangst hatte sich der Darm des herabstürzenden Mannes entleert. Zehn Jahre als Ermittlerin in der Mordkommission der Polizei von Miami hatten Sheila Franklin gelehrt, dass dies oft geschah, wenn das Opfer noch begriff, dass es sterben würde. Die gleiche Schweinerei musste nach |13|jeder Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl oder in der Gaskammer beseitigt werden. Kaum ein Mord war so grausam, kaltblütig und durchdacht wie ein vom Staat erlassenes Todesurteil und seine Vollstreckung. Protaschenko hatte bei dem Sturz nur einige Sekunden auf seinen Tod warten müssen, aber in einer Todeszelle konnten Jahre vergehen.
Sheila Franklin bemerkte, dass der Tote nur einen Schuh trug. Der sah riesig aus, noch eine Nummer größer, und man hätte ihn als Kanu verkaufen können. Der andere Schuh war in Protaschenkos Hotelzimmer gefunden worden. Ein Selbstmörder würde sich nicht so gepflegt kleiden und dann nur mit einem Schuh springen. Außerdem war der Balkontisch zerbrochen. Dafür konnte es eine natürliche Erklärung geben: Vielleicht war der Mann auf den Glastisch gestiegen und über das Geländer gestürzt. Wieso fanden sich dann aber überall auf dem Balkon Blutspuren? Die Ermittlerin war sicher, dass es sich nicht um einen Selbstmord handelte.
Warum musste das ausgerechnet heute passieren, wo sie das erste Mal in diesem Jahr einen Kater hatte? Warum hatte sie im »Rusty Pelican« bis in die frühen Morgenstunden so heftig mit diesem Arzt geflirtet? Die Realität ist das einzige Hindernis auf dem Weg zur Glückseligkeit, sagte sich Sheila Franklin, zog die dünnen Gummihandschuhe an und beugte sich über den zerschmetterten Mann. »Darf man den Toten berühren?«, fragte sie die Kriminaltechniker und den Fotografen. Der Arzt war schon gegangen, nachdem er Protaschenkos Tod festgestellt hatte. Genauere gerichtsmedizinische Untersuchungen würden später vorgenommen.
In dem blutbefleckten Seidenjackett steckte innen eine dicke lederne Brieftasche. Die Angaben im Pass bestätigten, dass es sich um Gennadi Protaschenko handelte, und eine Visitenkarte in Englisch verriet, dass er von Beruf Sicherheitsberater war. |14|Der Adresse entnahm Sheila Franklin, dass Protaschenko in der Stadt Helsinki in einem Land namens Finnland wohnte. Sie erinnerte sich nicht, wo Finnland lag, tippte aber schließlich auf Europa. Beim Durchsuchen der sonstigen Taschen des Mannes entdeckte sie nichts Interessantes. Dann fiel ihr Blick auf einen Streifen nackter Haut in der Nabelgegend. Dort klebte irgendetwas Graues. Langsam hob sie den Saum des Hemdes an und sah auf dem Unterleib einen breiten Streifen Panzerband. Sie zog das Band vorsichtig von der Haut ab und fand darunter in Plastikfolie eingewickelte Unterlagen.
»DataNorth. Global software solutions from Finland« las sie im Logo auf dem ersten Blatt. Der Firmenname war Sheila Franklin bekannt: In der letzten Zeit hatten die Analysten den Kauf der Aktien von DataNorth empfohlen. Auf das zweite Blatt hatte jemand mit Bleistift etwas geschrieben, womit sie nichts anfangen konnte, es sah asiatisch aus. War Finnland doch einer der kleinen Wirtschaftstiger aus dem Fernen Osten? Plötzlich spürte sie, dass sie sich übergeben musste. Rasch hob sie das gelbe Absperrband hoch, rannte ein paar Meter bis zum Anlegesteg des Bootshafens und schnappte gierig nach Luft, bis ihr schließlich besser wurde. Es war heiß wie in einem Beduinenzelt. Sie hätte sogar ihren Platz im Himmel für eine eisgekühlte Flasche Dr. Pepper hergegeben.
Zum Glück war sie den Fall bald los. Sie würde das FBI über den Tod des Ausländers unterrichten und die Nationale Sicherheitsbehörde NSA über die Unterlagen der IT-Firma.
Die da oben wussten schon, was zu tun war.
Die Kinder kreischten vor Freude, als an der Wohnzimmertür eine Gestalt in einem violetten Umhang voller Sterne und Mondsicheln erschien.
Arto Ratamo hatte einen riesigen Zylinder auf und hielt in einer Hand einen dünnen weißen Zauberstab und in der anderen einen kleinen Tisch, der mit einem schwarzen Tuch bedeckt war. Nellis achten Geburtstag feierten eine Schar von Mädchen, ihre Großmutter Marketta Julin und ihr Patenonkel Timo Aalto. Jungen waren von den Damen aus der ersten Klasse nicht zur Feier zugelassen worden.
Ratamo stellte den Tisch ab und bat das Publikum um Ruhe. Dann ließ er seinen Umhang schwingen, hob den Zauberstab hoch und hüpfte gebeugt umher wie ein Schamane aus Lappland. Nachdem er ein paarmal mit tiefer Stimme das dazugehörige Abrakadabra aufgesagt hatte, legte er den Zylinder auf den Tisch, schob die Hand durch versteckte Öffnungen im Zauberhut und in der Tischplatte und zog eine Geige samt Bogen heraus. Die Kinder schauten mit offenem Mund zu und klatschten begeistert. Nelli rannte mit wehendem strohblondem Haar zu ihrem Vater und fiel ihm um den Hals.
»Oh, eine neue Geige! Toll, Vati. Ich muss sie gleich ausprobieren.«
»Warte, bis deine Gäste gegangen sind, Schatz. Dann darfst du noch bis um neun spielen. Denk daran, morgen ist Mittwoch, also Schultag.«
|16|Ratamo sagte, er komme gleich wieder, und ging ins Schlafzimmer. Dort nahm er den Zylinder ab und fuhr sich durch seine widerborstigen kurzen schwarzen Haare. Er legte den Zauberumhang zusammen und setzte sich auf die Bettkante, jetzt brauchte er erst einmal etwas Ruhe. Es strengte ihn an, die herumtobenden Kinder zu beaufsichtigen. Solch ein Trubel war nichts für ihn, aber es tat ihm gut, zu erleben, wie Nelli sich freute. Nach dem Tod der Mutter hatte das Mädchen nicht ein einziges Mal so glücklich ausgesehen. Und seit Kaisas Ermordung waren immerhin schon anderthalb Jahre vergangen.
Einmal mehr konnte Ratamo die schlimmen Erinnerungen nicht beiseiteschieben. Im vorletzten Sommer hatte man seine Familie zu einer Irrfahrt durch die Hölle gezwungen. Ein durchgedrehter finnischer General wollte das in Finnland gefundene Ebola-Virus und das von Ratamo entwickelte Gegenmittel an Terroristen verkaufen. Seine Frau hatte man erschossen und Nelli schließlich gekidnappt. Dabei war sie schwer verletzt worden. Angst und Bedrängnis überkamen ihn wieder, als er daran dachte, was er damals in dem Glauben, seine Tochter sei gestorben, empfunden hatte.
Das Kind war schnell genesen, aber schon bald bemerkte Ratamo, dass Nelli ihre ganze Zeit mit ihm verbringen wollte und außer ihrer Großmutter Marketta alle anderen Menschen mied. Im letzten Sommer hatte er auf Anraten von Nellis Therapeutin beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen. Sein Antrag auf einen Monat Pause in dem auf ihn zugeschnittenen Studium an der Polizeischule wurde genehmigt, und so war er mit seiner Tochter nach Vietnam gefahren. Er wollte schon lange einmal in die Gegend zurückkehren, in der er als junger Mann die zwei besten Jahre seines Lebens verbracht hatte. Nelli war aus ihrem Panzer herausgekommen, als sie die berühmte Sehenswürdigkeit von Hanoi, das Wasserpuppentheater, |17|und später die Elefanten, Nashörner und Tiger im Nationalpark Nam Cat Tien im zentralvietnamesischen Hochland erlebte. Auch Ratamo selbst hatte die Reise gefallen, obwohl sie nur zu den Orten für Touristen gefahren waren, damit Nelli nicht zu viele Bettler und verstümmelte Kriegsopfer sah.
Zu seinem Kummer hatte sich das Mädchen im Laufe des Winters jedoch wieder in sich zurückgezogen. Ratamo überlegte, ob das Kind so wie er deprimiert war, weil es um sich herum nur griesgrämige Finnen sah, die unter der Dunkelheit im Winter litten. Vielleicht fände Nelli durch das Geigenspiel neue Freunde. Er nahm sich vor, in Erfahrung zu bringen, ob er seine Tochter schon im Juniororchester der Musikschule anmelden könnte, und kehrte dann zu den Geburtstagsgästen zurück.
Die jungen Damen spielten im Wohnzimmer, zeigten aber schon deutliche Ermüdungserscheinungen. Ratamo rief alle an den Tisch: Die Leckerbissen mussten aufgegessen werden. Er wusste, dass die Kinder mit vollem Magen keine Lust mehr haben würden herumzutoben.
Als auch das letzte Stück Kuchen verspeist war und Ratamo die Reste der Limonade eingoss, war es schon fünf vor acht, und der erste Vater kam seine Tochter abholen. Die Kinder, die in der Nähe wohnten, durften allein nach Hause gehen.
Nachdem das letzte Mädchen verabschiedet war, erklang aus Nellis Zimmer ein ohrenbetäubendes Kratzen. Sie probierte ihre neue Geige. Ratamo ging zu ihr, sagte ein paar aufmunternde Worte und schloss dann die Tür. Er war glücklich, dass Nelli überhaupt musizieren konnte. Gleich nach ihrer schweren Verletzung in jenem Sommer schien es so, als hätte ihr Gehör bleibenden Schaden genommen, aber zur Überraschung der Ärzte war nun alles wieder völlig in Ordnung. Schon bald nach ihrer Genesung begeisterte sich seine Tochter für Musik. |18|Das war dem Vater mehr als recht, vor allem weil Nelli versprochen hatte, nicht mehr um einen Hund zu betteln, wenn sie Geigenunterricht nehmen durfte. Ratamo mochte Hunde, wollte aber im Steindschungel des Stadtzentrums kein Tier halten. Später hatte er festgestellt, dass man eine Geige zwar nicht ausführen musste, dafür jaulte sie aber lauter als jeder Hund.
»Darf ich etwas Stärkeres als Jaffa anbieten?«, fragte er im Wohnzimmer Marketta und Aalto.
Marketta wollte noch Kaffee, und Aalto schüttelte den Kopf, obwohl er in der Regel immer Bier trank, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Der Hausherr ging in die Küche und hörte, wie sich seine Ex-Schwiegermutter nach Timos Befinden erkundigte.
»… und letzte Woche konnte ich das erste Mal seit einem halben Jahr einen Ausflug machen, um Vögel zu beobachten. Das musste sein. In die Nähe von Raahe hatte sich nämlich eine Pagophila eburnea verirrt – eine Elfenbeinmöwe. Deren nächstgelegene Nistplätze befinden sich auf Spitzbergen«, erzählte Aalto gerade voller Begeisterung, als Ratamo mit dem Tablett in der Hand zurückkam.
Marketta trank ihren Kaffee rasch aus. »Arto, vergiss nicht, Nelli ein schwarzes Kleid für das Begräbnis zu kaufen«, sagte sie beim Aufstehen. »Und vielen Dank für die Bewirtung. Den Kindern hat es ja anscheinend wirklich großen Spaß gemacht.«
Das Begräbnis seiner Großmutter hatte Ratamo für die Zeit der Geburtstagsfeier verdrängt. Ihm fiel ein, dass Marketta nicht viel jünger als seine Oma war. Woher nahm die verwitwete siebzig Jahre alte Ex-Schwiegermutter nach dem Verlust ihres einzigen Kindes diese Lebensfreude? Markettas Vorbild gab ihm in schwierigen Zeiten Kraft.
»So, Himoaalto. Wie wär’s mit einem Calvados?«, sagte Ratamo.
|19|»Wahrscheinlich ist es besser, wenn ich auch gehe. Sonst kriege ich Ärger, weil ich schon wieder nicht zu Hause bin. Außerdem bin ich vom Flug noch müde. Ich habe in der Maschine nur zwei Stunden geschlafen, und wenn ich mich heute Mittag hingelegt hätte, wäre mein Rhythmus endgültig durcheinandergeraten. Aus irgendeinem Grund ist es verdammt anstrengend, in Richtung Osten zu fliegen«, erwiderte Aalto und gähnte. Er war am Morgen von einer Datenschutzkonferenz aus Miami zurückgekehrt.
»Na, dann gehen wir eben morgen Abend nach langer Zeit mal wieder gemeinsam in die Sauna. Und vorher laufen wir eine Runde«, schlug Ratamo vor.
»Einem gesunden Mann reicht als körperliche Betätigung der Sprung auf die Sportseiten in der Zeitung«, entgegnete Aalto, während er seinen Anorak überzog. Draußen herrschte schon seit vielen Tagen klirrender Frost.
Als Ratamo hörte, wie die Wohnungstür geschlossen wurde, gönnte er sich ein Glas von seiner Neuentdeckung, dem Ålvados-Calvados von den Ålandinseln. Himoaaltos Verhalten fand er seltsam. Sie hatten den Kindergarten und die Schule bis zum Abitur gemeinsam besucht und in den gleichen Vereinen Sport getrieben. Sie waren wie Brüder und hatten immer engen Kontakt gehalten, bis zum vergangenen Jahr, als Timo seine kleine Softwarefirma an SH-Secure verkauft und dafür einen Haufen Geld, Aktienoptionen und den Posten des Direktors für Software bekommen hatte. Die Aktien des Datenschutzunternehmens waren kurz darauf wegen irgendeines Kooperationsvertrags in die Höhe geschnellt. Timo arbeitete fast rund um die Uhr, rief nie an und war immer müde und gereizt. Stand er kurz vor dem Burn-out, oder hatte er ihn aus seinem Bekanntenkreis gestrichen? Sein bester Freund war doch nicht etwa ein neureicher Emporkömmling geworden, der seine Freunde wie |20|die Autos wechselte? Es fiel ihm schwer, das zu glauben, Timos Verhältnis zum Geld war immer so gewesen wie das eines Eunuchen zu Frauen. Einzelheiten zum Verkauf der Firma kannte Ratamo nicht, denn über ihre Arbeit redeten sie nie.
Der Ålvados schmeckte überraschend weich. Durch den Apfelschnaps zirkulierte das Blut schneller, die wohltuende Wärme entspannte die Muskeln, und Ratamos Appetit auf Tabak nahm zu. Er holte aus dem Kühlschrank eine Dose mit gewürztem Kautabak der Marke »General«, schob zwei der kleinen Röllchen unter die Oberlippe und ließ sich in den Biedermeiersessel fallen, den er eine Woche zuvor bei einer Versteigerung erworben hatte. Die Federn gaben nach, die Beine wackelten, und eine Staubwolke stieg auf. In der Stube hing der Geruch vergangener Jahrzehnte.
Kurz nach dem Tod seiner Frau hatte Ratamo eine Dreizimmerwohnung in der Korkeavuorenkatu gekauft, nur ein paar hundert Meter entfernt von seinem früheren Zuhause, mit dem so schreckliche Erinnerungen verbunden waren. Die vertraute Gegend hatte er aber trotzdem nicht verlassen wollen. Vom Erlös des Verkaufs der alten Wohnung war auch noch Geld für die Ausstattung der neuen übrig geblieben. Die von einem Freund Kaisas entworfene moderne minimalistische Inneneinrichtung war Ratamo immer zuwider gewesen, deshalb hatte er sich ernsthaft und intensiv bemüht, das neue Zuhause nach seinem Geschmack einzurichten. Als allererstes hatte er sich ins Bad eine kleine Sauna einbauen lassen und für die Küche einen zweiteiligen Weintemperierschrank angeschafft. Die bei Versteigerungen gekauften Möbelstücke und Dekorationsgegenstände überall in der Wohnung waren alle sehr eigentümlich und in schlechtem Zustand, und sie passten zusammen wie Grießbrei und saure Gurke.
Als die Geige besonders laut kreischte, schreckte Ratamo |21|aus seinen Gedanken auf. Nelli zähmte ihr Instrument mit solch bewundernswerter Energie, dass Ratamo beschloss, eine CD von J. J. Cale aufzulegen.
Die Gipsbüsten von Lenin und Elvis, die er im Antiquitätenkeller »Holzwerkstatt« gefunden hatte, starrten einander auf dem Fensterbrett an. Ratamo bekam immer gute Laune, wenn er sie betrachtete. Der Ruhm der Legenden war unsterblich, und beide waren von Millionen Menschen verehrt worden. Er fand die zwei Gestalten irgendwie amüsant: Der eine hatte die Massen durch seine Reden in einen Rausch versetzt, der andere durch seinen Gesang. Ratamos Ansicht nach war Elvis der größere von beiden: Er hatte seinen Anhängern Freude geschenkt.
Wie aus dem Nichts tauchte Nelli vor ihm auf und unterbrach seine Gedanken. Sie runzelte die Stirn und schaute ihn mit enttäuschter Miene an.
»Eine Saite ist gerissen!« Ratamo nahm sie in den Arm und kitzelte Nellis Wange mit seinen pechschwarzen Bartstoppeln. »Die wechseln wir morgen früh. Jetzt werden die Zähne geputzt.«
Der Beratungsraum A 310 war der sicherste Ort im Hauptgebäude der SUPO in der Ratakatu 12. Er konnte nicht mit elektronischen Mitteln ausspioniert werden. Fußboden, Decke und Wände des fensterlosen Raumes waren mit schalldämmendem Kunstfasermaterial laminiert, darunter lagen drei Korkplattenschichten mit Kupferblech und dann noch eine dicke Betonplatte. Das Pfeifen und Rauschen der Heizkörper hörte man aber trotzdem. Die Zentralheizung arbeitete auf Hochtouren, denn die Außentemperatur betrug achtzehn Grad minus.
In A 310 saßen drei erschöpfte Polizisten und warteten schweigend auf ihren Chef Jussi Ketonen. Der ovale Beratungstisch war vollgepackt mit Unterlagen. Die Besprechung sollte um zehn beginnen, aber es war schon fast viertel elf.
Am Montagabend hatte das FBI der finnischen Kriminalpolizei mitgeteilt, dass man in Miami die Leiche eines in Finnland wohnhaften russischen Sicherheitsberaters gefunden hatte. Am Körper des Toten waren mit Klebeband Dokumente des finnischen Spitzentechnologieunternehmens DataNorth AG befestigt gewesen. Das Unternehmen war das größte europäische Softwarehouse, ein Vorreiter auf dem Gebiet der Softwareentwicklung für das Internet, und trotz der Rezession in der Branche leuchtete sein Stern hell am Himmel des HEX-Tech, des Technologieindexes der Börse von Helsinki, und der New Yorker Technologiebörse Nasdaq. Der Chef der Kriminalpolizei hatte sofort Verbindung zu Ketonen aufgenommen, denn es war eine der Hauptaufgaben der Sicherheitspolizei, Industriespionage gegen finnische Unternehmen zu verhindern. Auch die Feststellung und Abwehr von Gefährdungen und Verletzungen des Datenschutzes in der Internet-Kommunikation gehörten zum Aufgabenbereich der SUPO.
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