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Mysteriöse Magie-Probleme: Wer steckt hinter dem Chaos im Flüsterwald? Kaum haben sich Lukas und Ella von ihrem letzten Einsatz erholt, droht schon das nächste Problem: Die magischen Fähigkeiten der Beschützerinnen und Beschützer aus dem italienischen Flüsterwald lassen sich nicht mehr kontrollieren und wandeln sich ins Gegenteil. Um der Ursache auf den Grund zu gehen, reisen die Freunde zusammen mit der wortgewandten Elfe Felicitas, der schlauen Katze Punchy und dem frechen Menok Rani in den magischen Wald in Italien. Dort treffen sie nicht nur auf allerhand Zauberwesen wie wild gewordenen Flederbeißis, sondern stoßen auch auf einen alten Geheimbund, der hier forscht. "Der dunkle Zirkel" ist ein mitreißendes neues Flüsterwald-Abenteuer mit kurzen Kapiteln, ungeahnten Wendungen und viel Witz. Auch in der 3. Staffel der Buch-Serie können Mädchen und Jungs in eine Welt voller Magie und Spannung eintauchen. - Fantasy-Abenteuergeschichte: Wilde Zauberwesen, Magiechaos & ein böser Gegenspieler - Der 2. Band der 3. Flüsterwald-Staffel von Andreas Suchanek, fantastisch illustriert von Timo Grubing - Lesefutter für junge Fantasy-Fans ab 9 Jahren: große Schrift und kurze Kapitel - Mit Story-Game-App zur Buchreihe: Nach dem Lesen geht das Abenteuer weiter! - Das Flüsterwald-Universum: Kinderbücher voller Magie und Freundschaft mit großartigen Charakteren! Gefährliche Spuren im italienischen Flüsterwald Der Unterricht an der Magischen Akademie des Flüsterwaldes wird für Ella und Lukas alles andere als langweilig. Eigentlich sollten sie hier lernen, ihre Zauberkräfte zielsicher einzusetzen und zu beherrschen. Doch die Magie-Probleme ihrer Klassenkameradinnen und Kameraden führen sie in große Gefahren und auf die Spuren uralter Geheimnisse. Wonach forscht der dubiose Geheimbund im Flüsterwald? [KN5] Stecken seine Mitglieder vielleicht hinter dem Magiechaos? Ein rundum spannendes Flüsterwald-Abenteuer, in dem es um Freundschaft, Magie und den Kampf Gut gegen Böse geht!
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Seitenzahl: 181
Veröffentlichungsjahr: 2025
Kaum dass Lukas, Ella und ihre Freunde an die magische Akademie zurückgekehrt sind, erreicht sie eine alarmierende Nachricht aus dem italienischen Flüsterwald: Beim Versuch, Magie zu wirken, verkehren sich die magischen Fähigkeiten ins Gegenteil. Gemeinsam mit der Beschützerin und dem Beschützer des italienischen Flüsterwalds reisen die fünf Freunde nach Italien, wo sie nicht nur einem alten Geheimbund auf die Spur kommen, sondern sich auch unzähligen Gefahren stellen müssen.
Sehnlichst erwartet: Band 2 der dritten Staffel!
Lukas (Mensch)
*Leseratte und Abenteurer
*muss sich in einer neuen Stadt zurechtfinden
*seine Familie hat keine Ahnung vom Flüsterwald oder von Magie
Ella (Mensch)
*Lässt sich von niemandem aufhalten
*Liebt ihren Großvater über alles
*hat viel in der Theater-AG gelernt
Felicitas (Elfe)
*zaubert gerne (was nicht immer klappt wie geplant)
*fühlt sich im Internat einsam und unternimmt deshalb öfter (verbotenerweise) Streifzüge
Rani (Menok)
*Nachwuchsautor, forscht über Menschen
*spielt für sein Leben gerne und ist schokoladensüchtig
Punchy (Katze)
*heißt mit vollem Namen: Pedora Ulinde Naftet von Chibalka
*Aufpasserin von Felicitas
*hat Nerven aus Stahl
Prolog
Der letzte Schultag
Überraschung in der Akademie
Da stimmt was nicht
Echo
Wo ist Francesco?
Der besorgte Direktor
Die Tür nach Italien
Der italienische Flüsterwald
Die Höhle am Kreuzpunkt
Hinter dem Siegel
Angriff der Flederbeißis
Punchy in Gefahr
Freundesplausch
Suche nach dem Ursprung
Beim Direktor
Die magische Spur
Der verfallene Palazzo
In der Falle
Das Gift
Hoch hinauf
Tief hinab
Kroko-Attacke
Über den Dächern
Steh-auf-Leon
Der Zerstäuber
Die Zeit ist abgelaufen
Flebi rettet den Tag
Wahrlich seltsam
Das Gegengift
Etwas braut sich zusammen
Spieglein, Spieglein
Epilog
»Du bist spät dran«, erklang die vertraute Stimme.
Er seufzte und trat an die Schale, wo sich aus feinem Sand das Abbild einer Frau geformt hatte. Sie kommunizierten immer auf die gleiche Art.
»Ob du es glaubst oder nicht, ich habe auch andere Termine«, entgegnete er.
Die Antwort bestand aus einem gehässigen Lachen. »Die meiste Zeit über sitzt du doch sowieso unter der Schule und beschäftigst dich mit den zusammengetragenen Artefakten.«
»Du vergisst, dass ich sie auch beschaffe.« Er würde sich auf keinen Fall weiter von ihr provozieren lassen. »Was willst du?«
»Nachdem die Kinder Professor Benditter enttarnt haben, stellt sich für mich die Frage, wie es weitergeht.«
Er konnte über ihre Ungeduld nur den Kopf schütteln. »Der gute Prillip Benditter war sowieso nutzlos. Doch das wichtigste Element des Plans hat funktioniert, nicht wahr?«
»Leon.« Natürlich wusste sie das. »Das ist nicht genug. Er mag in der Schule am richtigen Platz sitzen und er hat weiterhin keine Erinnerung daran, wer er ist. Aber …«
»Ich weiß.« Er deutete ein Nicken an, um zu zeigen, dass er wusste, worauf sie anspielte. »Doch wir müssen vorsichtig sein. Der Direktor darf auf keinen Fall etwas ahnen. Sonst haben wir ein Problem.«
Die wenigsten wussten es, da niemand – nicht einmal die Professoren – die Identität des Direktors kannte, doch dieser war das mächtigste Wesen innerhalb der Akademie. Sollte er zu früh erfahren, was wirklich vor sich ging, war alles verloren. Alles, was sie über viele Jahre hinweg geplant hatten.
»Meine Geduld neigt sich langsam dem Ende zu«, sagte sie.
»Als ob du die je gehabt hättest.« Er lachte auf. »Mein Plan hat funktioniert, auch die nächste Phase wird funktionieren. Und dann«, er schnippte mit den Fingern, »sind wir am Ziel.«
Nur eine Komponente fehlte noch.
Es war an der Zeit, die Kinder auf eine weitere Reise zu schicken.
Das Schulgebäude blieb hinter ihnen zurück und Lukas spürte das bekannte Kribbeln in seinem Bauch. Wochenende!
»… er liest sogar mehr Bücher als ich – glaub mir, das will wirklich was heißen …« Ellas Blick traf ihn von der Seite, als sie die abschüssige Straße nach Winterstein hinabgingen. »Hörst du mir überhaupt zu?«
»Ich?«
»Wer sonst?«
Lukas räusperte sich. »Klar.«
Ella musterte ihn auf die gleiche Weise, wie Herr Rechbit es bei seinen Schülern tat, wenn sie im Unterricht mit ihrer Antwort Zeit schinden wollten.
»Okay, ich war kurz abgelenkt«, gab er zu. »Aber immerhin geht es heute Abend endlich wieder zurück.«
Die Woche über beschäftigten Ella und er sich wie alle anderen Kinder in ihrem Alter mit Mathematik, Deutsch, Englisch, Chemie, zahlreichen weiteren Fächern und – nicht zu vergessen – der Theater-AG. Doch am Freitag Abend bestreuten sie sich mit Flüsterpulver und versammelten sich auf dem geheimen Speicher. Von dort betraten sie durch eine Art Portal die magische Akademie, wo sie Beschützerkinder aus aller Welt trafen. Sie alle besaßen ganz besondere Fähigkeiten und durften an der magischen Schule des Flüsterwalds Unterricht im Zaubern erhalten.
»Leon gräbt sich förmlich durch die Bücher auf dem Speicher und wirkt mit jedem Tag frustrierter«, griff Ella wieder ihr ursprüngliches Gesprächsthema auf, ohne auf Lukas’ Kommentar einzugehen.
Lukas verdrehte innerlich die Augen. Er mochte Leon nicht, was vor allem daran lag, dass dieser total eingebildet war. Allerdings tat er ihm trotzdem leid. Ella und er hatten ihn aus einem dunklen Flüsterwald gerettet, wo er seit Längerem ganz allein gehaust hatte. Leon wusste nicht, woher er kam oder wer er war. Das Einzige, woran er sich erinnern konnte, war sein Name. Zudem konnte er recht gut mit Tieren kommunizieren. Da Leon im Moment kein Zuhause hatte, hatten sie ihm angeboten, unter der Woche heimlich auf dem Speicher zu wohnen.
»Toll, dann hat er auf meinem Speicher ja bereits mehr gelesen als ich«, erwiderte Lukas, was möglicherweise etwas trotzig rüberkam.
Ella grinste frech. »Ja, ja, keine Angst. Sobald die Renovierung in deinem Zimmer durch ist, übertragen wir den Speicher wieder magisch zurück zum Herrenhaus. Bis dahin wirst du es hoffentlich noch aushalten, dass er jetzt an mein Zimmer gekoppelt ist. Und sei froh, für dich wäre es viel schwieriger, Essen für Leon hinaufzuschmuggeln.«
Wogegen er kaum etwas sagen konnte. Seine Mutter war selbst in ihrer meditativsten Phase überaus aufmerksam. Nicht zu vergessen das Schwestermonster. Bei Ella war das einfacher, sie wohnte lediglich mit ihrer Mutter zusammen.
Sie hatten den Torbogen durchschritten und streiften nun durch die Innenstadt. Es war kalt und erste Regentropfen kündigten sich an. Ausgerechnet heute – wo er doch am Abend mithilfe des Flugpulvers zu Ellas Haus fliegen musste.
»Wie geht es ihm denn sonst?«, fragte Lukas.
»Na ja, er futtert so viel wie drei Jungs«, erwiderte sie. »Ich verstehe nicht, wieso er nicht längst kugelrund ist und die Speichertreppen hinunterkullert.«
Am Mittwoch hatte Lukas Leon ein paar Jeans, einen alten Pullover (keinen Hoodie) und sonstige Kleidungsstücke gebracht. Sogar Sneaker, aber Leon bestand darauf, barfuß zu laufen.
»Als ich weg war, hat er herausgefunden, wie die Kaffeemaschine funktioniert«, sprach Ella weiter. »Danach war er so aufgedreht wie Felicitas nach einer ganz besonders violetten Brise Elfenstaub.«
Sie lachten beide.
In der Ferne tauchte bereits Ellas Haus auf. »Willst du noch mit reinkommen?«
»Meine Mutter ärgert sich, wenn ich zu spät nach Hause komme«, erwiderte Lukas und schürzte die Lippen. »Aber ich beeile mich mit den Hausaufgaben und bin zurück, sobald es dämmert.«
Lukas brachte den Rest des Weges in Rekordtempo hinter sich. Gerade als er die Haustür öffnete, begann ein feiner Nieselregen. Aus der Küche drang der Geruch von Pfannkuchen an seine Nase.
»Da bist du ja«, sagte seine Mutter. »Wie kommt es, dass ich immer vor dir zurück bin?«
»Dein Meditationskurs versetzt uns eben alle in Tiefenentspannung«, erwiderte er. »Dadurch gleiten wir langsam nach Hause.«
Seine Mutter honorierte seine Schlagfertigkeit mit einer hochgezogenen Augenbraue. »Wenigstens muss ich mir nicht mehr anhören, wie peinlich es ist, dass sowohl ich als auch dein Vater an deiner Schule unterrichten.«
»Ist es aber.«
Sie seufzte. »Warte nur ab, bis ich mein neues Buch fertig habe und vorstelle: ›Die Pubertät und ihre Folgen‹.«
Lukas sank auf den Esszimmerstuhl und begann damit, die Pfannkuchen mit Ahornsirup zu beträufeln.
»Ich kommentiere das nicht«, sagte er großmütig.
»Das wäre ja das erste Mal.«
Sein Vater war noch auf einer Lehrerkonferenz und würde Lisa danach von der Schule abholen. Lukas verschlang seine Pfannkuchen und genoss die Ruhe.
Im Hinausgehen stoppte er kurz, ging zu seiner Mutter und umarmte sie. »Danke.«
Sie starrte ihn an wie einen Geist. »Bist du krank? Ist etwas passiert?«
»Haha.« Er eilte zur Treppe.
Die Wahrheit war, dass ihm nun doch ein wenig mulmig zumute war. Ab achtzehn Uhr würde der Schulzauber der magischen Akademie aktiv sein, der dafür sorgte, dass seine ganze Familie vergaß, dass Lukas existierte. Nur auf diese Weise konnten Ella und er gefahrlos in die Flüsterwaldschule wechseln, ohne vermisst zu werden. Schließlich blieben sie zwei komplette Nächte lang dort.
Sein Zimmer hatte etwas von einer Baustelle. Das Regal war herausgeholt worden und stand auf dem Gang. Ein Statiker hatte mittlerweile Entwarnung gegeben, doch die Risse, die durch das Erdbeben entstanden waren, mussten noch versiegelt werden. Ein wenig Putz war bei den Arbeiten sogar auf Lukas’ Bücher gerieselt. Seitdem hatte er sie in den Kleiderschrank verfrachtet, um sie vor weiterem Schaden zu schützen.
Er setzte sich an seinen Schreibtisch und brachte die Hausaufgaben in Rekordtempo hinter sich. Da er immer noch Zeit übrig hatte, bevor er sich mit Ella auf dem Speicher treffen würde, vertiefte er sich in das neueste Buch seines Lieblingsautors.
Magic Island
Buch 1
»Ruf der Seelentiere«
Von Andreas Suchanek
Er wollte unbedingt wissen, welche magischen Tiere die vier Helden beschwören konnten.
Zum Glück hatte er sich den Wecker gestellt, sodass er rechtzeitig erinnert wurde, bevor der Vergessenszauber aktiv wurde. Um halb sechs sah er noch einmal unten im Wohnzimmer vorbei und plauderte mit seiner Mutter. Um Punkt sechs Uhr wurden deren Augen glasig. Von da an ignorierte sie ihn vollkommen. Auch sein Vater und Lisa reagierten nicht länger, wenn er etwas sagte. Sie hatten nun vergessen, dass es Lukas überhaupt gab, und nahmen ihn auch nicht mehr wahr.
Lukas kehrte in sein Zimmer zurück und kramte die im Schrank versteckte Dose mit Flugpulver hervor. Er schlüpfte in seine Jacke, setzte eine Mütze auf und bestreute sich ordentlich mit dem Pulver.
Das Fenster quietschte, als er es öffnete und hinaus in die Nacht sprang. Sein Magen kitzelte, als würde er in einem Achterbahnwagen in die Tiefe rasen. Stattdessen ging es in die Höhe. Das Herrenhaus blieb unter ihm zurück und der Wind wurde stärker. Lukas flog auf die Lichter von Winterstein zu, bis Ellas Haus auftauchte. Im Innenhof schwebte er hinunter und klopfte an Ellas Fenster.
Leon öffnete. »Da bist du ja endlich.«
»Freu dich drauf, wenn der Speicher wieder bei mir ist«, knurrte Lukas und drängte sich an Leon vorbei ins Zimmer, »dann musst du die ganze Zeit auf dem Dachboden bleiben, sonst entdecken dich meine Eltern oder meine Schwester Lisa.«
Ella stand bereits am Regal. »Hört auf zu streiten und kommt her.«
Sie öffnete ein Glas mit Keksen, das sich im Regal befand. Die violettfarbenen schmeckten immer unterschiedlich und setzten – sobald einer herausgenommen wurde – den geheimen Mechanismus in Gang. Das Regal klappte nach vorne auf.
Dahinter kam die geheime Treppe zum Vorschein, die zum Speicher führte.
Das Abenteuer konnte beginnen.
Der vertraute Geruch von Staub, Papier und magischen Tinkturen stieg Lukas in die Nase, als sie den Speicher betraten. Er vermisste diesen Ort, obwohl er ja erst vor wenigen Tagen hier gewesen war. Es war einfach nicht dasselbe.
Die Schränke und Regale mit Tiegeln, Reagenzgläsern und Phiolen waren zur Seite gerückt und mitten in der Wand befand sich seit Kurzem eine weitere Tür. Pflanzen waren ins Holz geschnitzt und die Türklinke metallisch verziert.
Davor auf dem Boden saß ein pelziger Winzling mit Sonnenbrille auf der Nase und Käppi auf dem Kopf, der sinnierend in die Luft starrte.
»Hallo, Rani«, rief Lukas.
Der Menok verschränkte die Arme und erwiderte: »Jo.«
In einiger Entfernung erklang ein Wusch-Geräusch und aus der magischen Portalstanduhr sprangen die Elfe Felicitas und ihre Begleiterin, die Katze Pedora Ulinde Naftet von Chibalka – kurz Punchy.
»Du hättest ruhig warten können, Rani«, rief die Elfe.
»Chill mal, Feli!«
Felicitas verdrehte die Augen. »Er ist gerade in der coolen Phase. Danach sind seine Schubwochen vorbei. Das ist immer der Abschluss.«
Innerlich atmete Lukas bei diesen Worten auf. Er vermisste die grummelige Art Ranis. Die zog er seiner Schabernack-, Helden- und Coolphase vor.
Ella wandte sich der Holztür zu. »Auf geht’s!« Sie öffnete die Tür, für die sie als Schülerin der Akademie magisch freigeschaltet war.
Gemeinsam traten sie über die Schwelle.
Lukas spürte das vertraute Jucken an seinen Ohren, als Ella und ihm wieder Elfenohren wuchsen. Der Zauber war mittlerweile so fest in seinen Poren verankert, dass er automatisch beim Betreten der Schule aktiviert wurde.
Die Ankunftshalle war kreisrund und es gab Dutzende Türen, die in verschiedene Flüsterwälder führten. Auf jeder befand sich ein Symbol, das auf ein bestimmtes Land verwies: der Eiffelturm stand beispielsweise für Frankreich, die Freiheitsstatue für Amerika.
Die Luft war erfüllt vom Plaudern und Lachen unzähliger Stimmen. Durch die unterschiedlichen Zeitzonen trafen die Schülerinnen und Schüler im Abstand von mehreren Stunden ein.
Rani hielt die Arme weiterhin verschränkt und blickte betont cool umher. »Voll nice«, sagte der Menok und schob seine beiden Vorderpfoten in die Fellsacktasche an seinem Bauch.
Lukas schmunzelte in sich hinein. Er hätte ja gerne gesehen, wie seine Mutter sich gegenüber dem Menok verhalten hätte.
Sie erreichten den Raum für den Ankunftsschlaf. Ein magischer Trank versetzte die Schülerinnen und Schüler für zwanzig Minuten in den Schlaf. Anschließend fühlten sie sich so ausgeruht, als hätten sie eine ganze Nacht geschlafen. Auf diese Art wechselten sie vom Tag-Nacht-Rhythmus in den Nacht-Tag-Rhythmus und waren in der ersten Schulnacht nicht müde.
Lukas betrachtete die Flakons mit dem Schlaftrank. Auf kleinen Schildchen stand die Geschmacksrichtung. Aktuell gab es »Säuselspuck« (violett) und »Blubberrotz« (grün). Er entschied sich für Säuselspuck und kippte den Trank hinunter, der leicht süßlich schmeckte. Da die Hängematten alle belegt waren, legte er sich dieses Mal auf einem riesigen Kissen nieder. Sofort trieb sein Geist in die wohlige Wärme des Schlafs hinüber.
Zwanzig Minuten später erwachte Lukas ausgeruht. Blinzelnd blickte er auf das Fellknäuel auf seinem Bauch, das soeben die Augen aufschlug.
»Jo«, sagte Rani.
Das Wort schien für den Menok ab jetzt auf alles zu passen. Lukas kraulte ihm ein wenig das Fell, was der Menok sichtlich genoss. Rani hätte den Schlaftrank eigentlich gar nicht nehmen müssen. Die Flüsterwäldler befanden sich ja bereits im richtigen Tag-Nacht-Rhythmus, da sie nachtaktiv waren.
Rani sprang schließlich zu Boden und auch Lukas stand auf.
Ella, Leon, Felicitas und Punchy kamen ebenfalls wieder zu sich. Normalerweise waren hier in der magischen Akademie nur menschliche Beschützerinnen und Beschützer erlaubt. Da die Flüsterwäldler aber mit ihrem Einsatz die Akademie gerettet hatten, war eine Ausnahme gemacht worden. Fortan durften sie auch offiziell am Unterricht teilnehmen.
Damit konnte der erste Schultag beginnen.
Lukas eilte auf sein Zimmer, genauso wie Ella und Leon. Auf dem Weg stellte sich heraus, dass neben ihren Türen weitere dazugekommen waren. Eine kleine Tür am Boden war mit ›Rani‹ beschriftet. Der Menok öffnete sie und rannte hinein. Lukas ging vor der Tür in die Hocke. Im Inneren befand sich eine Höhle, die mit Stroh und flauschigen Kissen ausgelegt war, auf denen Rani es sich bereits gemütlich gemacht hatte.
Hinter einer Klappe mit der Aufschrift ›Pedora Ulinde Naftet von Chibalka‹ befand sich ein behaglich aussehender Kratzbaum, an dem allerlei Liegeflächen befestigt waren.
Auf ›Felicitas von Siebenstern‹ wartete ein Zimmer, dessen Innenraum vor lauter Blumen gar nicht mehr zu erkennen war.
Freudig stürzten Punchy und die Elfe sich in ihre neuen Behausungen.
In seinem Zimmer warf Lukas einen Blick auf den Stundenplan und verstaute alle Utensilien in der jeweiligen Teleportbox. Sie waren durch Papierschildchen gekennzeichnet, auf denen die Unterrichtsstunden standen. Der Inhalt der Boxen würde dann mittels Magie im entsprechenden Unterrichtsraum erscheinen.
Danach blieb Lukas gerade noch genug Zeit, die magische Armbanduhr der Akademie anzulegen, die seine Schulstunden anzeigte. Der Zeiger bewegte sich bereits auf »Artefaktbau« zu.
Auf dem Gang traf er Ella und Leon und gemeinsam stiegen sie die Treppenstufen hinunter, um die Werkstatt aufzusuchen. Auf dem Weg begegneten ihnen vertraute Kinder wie Noah und Zoe aus Australien, Jacub aus Tschechien und Ajala aus Indien.
Auf allen Gesichtern entdeckte Lukas die gleiche Vorfreude, wie er sie verspürte. Sie alle waren gespannt darauf, mehr über Magie und ihre ganz eigenen Fähigkeiten zu lernen.
Letzte Woche hatte Lukas fleißig geübt und sah der Individualstunde mit Professorin Mimmi Menteckel freudig entgegen.
Doch zuerst stand Artefaktbau an.
Als sie die Werkstatt betraten, blickte Lukas verdutzt auf ihren neuen Lehrer. Es war Professor Archibald von Thun.
»Großvater!«, rief Ella.
Im nächsten Augenblick lagen sie sich in den Armen.
Die anderen traten hinzu.
»Professor, wie ist das möglich?«, fragte Lukas.
»Tjaha«, erwiderte dieser über seinen runden Bauch hinweg. »Wie sich herausgestellt hat, lässt sich mein Baumhausgefängnis problemlos hierher auf das Areal der Akademie verfrachten. Der Baum wurde einfach umgepflanzt. Und der Gefängniszauber erweitert. Ich kann mich hier frei bewegen.«
Durch eine Intrige des dunklen Magiers war der Professor in einem wandelbaren Baumhaus im Flüsterwald gefangen. Immerhin bot die Akademie etwas mehr Freiheit, auch wenn er momentan nicht nach Winterstein zurückkehren konnte.
»Nice«, sagte Rani und hob mit seinem Greifschwanz einen Finger für das »Okay«-Zeichen im Flüsterwald in die Höhe.
»Ah, die total coole Schubphase.« Der Professor nickte wissend. »In der brauchen Menoks besonders viel Kuscheleinheiten, geben es aber niemals zu.«
Rani betrachtete die Werkstatt und tat so, als habe er nichts gehört.
Lukas trat an seinen Schreibtisch und berührte den in die Tischplatte eingelassenen Kristall. Sofort erschienen die benötigten Materialien, die er zuvor in der Teleportbox verstaut hatte.
Für diese Stunde waren das: ein Notizblock, Stifte, ein paar Kristalle und eine Säuselspuck-Limonade (falls er Durst bekam).
Der Professor trat vor die Klasse.
»Nachdem mein Vorgänger aufgrund der unschönen Ereignisse der vergangenen Woche die Akademie verlassen musste, werde ich euer neuer Lehrer in Artefaktbau sein.« Er nickte jedem anwesenden Kind lächelnd zu. »Ich bin Professor Archibald von Thun. Lasst uns beginnen.«
Nachdem Professor Benditter die Akademie verlassen hatte, war Ella in der vergangenen Woche zu Mimmi Menteckel geeilt, um sie auf ihren Großvater hinzuweisen.
Zu sehen, dass ihre Idee, ihn hierher zu holen, tatsächlich geklappt hatte, ließ Ellas Bauch einen Purzelbaum schlagen. Vor Jahren hatte sie mit ihm Abenteuer im Flüsterwald erlebt, zudem war er immer freundlich und geduldig.
Heute bastelten sie ein Magie-Suchartefakt für spezielle Magiearten. Zuerst mussten sie eine Grundform wählen und aus Holz zusammenbauen. Dafür hatte sogar Rani winziges Werkzeug bekommen. Seine Grundform hatte verblüffende Ähnlichkeit mit einem Schokoladenbottich. Bei Felicitas war es eine Tulpe.
Lukas und sie hatten eine simple Schale gewählt. Ins Innere sollten nun Kristalle eingesetzt werden, angeordnet in einem bestimmten Muster. Leitete man dann Magie in einen davon, strebten die anderen nach der gleichen Art von Magie und suchten nach ihr. Voraussetzung war also, dass die gesuchte Magie bekannt war und man sie einleiten konnte.
Doch die Stunde neigte sich bereits dem Ende zu, als sie gerade ihre Grundform fertiggestellt hatten.
»Sehr gut«, lobte Ellas Großvater. »Das habt ihr alle schön gemacht. In der nächsten Stunde werden wir an dieser Stelle fortfahren.«
Ella schob ihre Sachen zusammen und drückte auf den Kristall, der die Gegenstände wieder in die Teleportbox in ihrem Zimmer zurückversetzte. Die Schale und die Kristalle wanderten in ein Regalfach, auf dem ihr Name stand. Nicht jedes Artefakt durfte diesen Raum verlassen, deshalb gab es hier in der Werkstatt für alle Schülerinnen und Schüler Stauraum.
Ella ging zu ihrem Großvater, der gerade mit einem Jungen und einem Mädchen sprach.
»Hallo«, grüßte sie.
»Ciao«, sagte der Junge. »Ich bin Francesco aus dem italienischen Flüsterwald.« Er hatte sanfte braune Augen, und obwohl er ein Lächeln nur andeutete, wirkte es herzlich.
Das Mädchen nickte ihr zu. »Sofia.« Sie hatte dichtes lockiges Haar und strahlte feuriges Temperament aus.
Auch Ella stellte sich vor. »Ihr seht besorgt aus.«
»Ein paar Probleme bei uns im Flüsterwald«, erklärte Francesco hastig.
»Ich werde recherchieren«, versprach Professor von Thun den beiden. »Bis zur nächsten Stunde weiß ich mehr.«
»Grazie, Professor«, sagte Sofia.
Sie verließen die Werkstatt.
»Die beiden wirkten aber ziemlich besorgt.« Ella sah ihnen hinterher und wandte sich wieder ihrem Großvater zu. »Was ist denn los?«
»Das darf ich dir nicht sagen.«
»Wie bitte?«
Lukas hatte seinen Tisch ebenfalls aufgeräumt und kam nach vorne.
»Vertrauensschutz«, erklärte der Professor. »Probleme innerhalb eines Flüsterwaldes geben die Beschützer nur untereinander weiter. Wenn uns Lehrern etwas anvertraut wird, behalten wir das für uns. Schließlich wäre das sonst ein Vertrauensbruch.«
Ella verschränkte die Arme und wippte auf und ab. Da fand sie keine Gegenargumente, leider. Sie hätte zu gerne gewusst, was im italienischen Flüsterwald nicht in Ordnung war. Wenn die beiden Beschützer sich an den Lehrer für Artefaktbau wandten, mussten die Probleme so gewaltig sein, dass sie nicht alleine damit zurechtkamen.
»Ach herrje«, sagte ihr Großvater. »Ich sehe die Zahnräder in deinem Kopf rattern. Wieso ladet ihr die beiden nicht auf eine Limonade ein und fragt sie?«
Leon kam in gemächlichen Schritten zu ihnen geschlendert und blickte fragend von Ella zu ihrem Großvater. »Hab ich was verpasst?«
»Mögliche Probleme im italienischen Flüsterwald«, erwiderte Ella.
»Ah.« Leon zuckte mit den Schultern. »Das klären die schon.«
»Echt jetzt?«, fragte sie.
»Ja«, erwiderte Leon prompt. »Du wolltest mir helfen, nach einem Buch in der Bücherei zu suchen. Vergessen? Ich will meine Erinnerung zurückbekommen!«
Lukas war drauf und dran, etwas Patziges in Richtung Leon zu sagen, doch der Anblick von Rani lenkte ihn ab. Dieser hatte irgendwo eine Reinigungsbürste für Metall aufgetrieben und gab Felicitas gerade Anweisungen, wie sie die Bürste über sein Rückenfell ziehen sollte.
»Kreisende Bewegungen«, sagte er soeben. »Das ist nice. Du bist echt in Ordnung.«
»Ich könnte auch einen Zauber anwenden, damit die Bürste sich von selbst bewegt.«