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Das Kursbuch 213 wirbt für den Zufall: Die Welt, in der wir leben, ist von vielen Zufällen ebenso geprägt wie von Wahrscheinlichkeiten und Pfadabhängigkeiten. Im Gegensatz dazu stehen geschlossene Weltbilder und Denkräume, in denen alles vorbestimmt ist und einen Sinn hat. Abweichungsmöglichkeiten verschwinden, der Zufall soll möglichst eliminiert werden. Die Beiträge des Kursbuchs lesen sich als eine Rehabilitierung des Zufalls, sie betonen die Potenziale des Zufalls, auch sind sie sich darin einig, dass nicht alles dem Zufall unterliegt. Peter Felixberger blickt in der FLXX-Kolumne als Hundertjähriger auf 100 Jahre Zukunft zurück und bemerkt mit souveräner Altersweisheit: »Selbst der größte Zufall könnte zufällig sein.«
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Seitenzahl: 16
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Inhalt
Elena EspositoZufall neu denkenNotwendig oder erforderlich?
Die Autorin
Impressum
Elena EspositoZufall neu denkenNotwendig oder erforderlich?
»Randomness is caught on the wing, preserved, reproduced by the machinery of invariance and thus converted into order, rule, and necessity. A totally blind process can by definition lead to anything; it can even lead to vision itself.«
(Monod 1971, S. 98).
Der Zufall scheint heute knapp geworden zu sein, und das ist ein Problem. Wir haben nicht mehr genug davon. Eine der heimtückischsten Schwierigkeiten in unserer Gesellschaft scheint zu sein, ausreichend Zufall zu generieren und ihn dann optimal zu nutzen, wie alle Ressourcen, die nicht (oder nicht mehr) im Überfluss vorhanden sind. Gerade, wenn Ereignisse eintreten, auf die wir nicht vorbereitet sind, und das ist sehr häufig der Fall, wird es schwierig, sie dem Zufall zuzuschreiben. Zum Beispiel hat uns die Pandemie überwältigt und wir ringen noch darum, Ursachen und Ursprung zu ermitteln, aber niemand glaubt ernsthaft, dass sie zufällig in die Welt getreten ist – wir suchen deshalb nach Signalen, wie wir die Pandemie hätten erkennen müssen und wie sie uns ermöglicht hätten, die Ausbreitung des Virus besser zu kontrollieren (Lakoff 2021).
Alles kein Zufall. Finanzkrisen sind eine ständige Bedrohung, aber nicht, weil sie vom Zufall abhängen, sondern im Gegenteil, weil sie mit der Verbreitung raffinierter Techniken der strukturierten Finanzwirtschaft zusammenhängen (MacKenzie 2006; Mandelbrot 2004; Esposito 2010), und gerade deshalb können sie so verheerend sein. Überschwemmungen, extreme Wetterereignisse oder Erdbeben werden auf Umstände zurückgeführt, die keineswegs zufällig sind, wie den Klimawandel oder politische Entscheidungen.