UTB 3170
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Alle Rechte vorbehalten.
© 2008 Verlag Barbara Budrich, Opladen & Farmington Hills MI
Verlags-ISBN 978-3-86649-957-7
ISBN 978-3-846-33170-5 (E-Book)
www.budrich-verlag.de
ISBN 978-3-8252-3170-5
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Lektorat und Satz: Susanne Rosenkranz, Opladen Umschlaggestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart
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Inhaltsverzeichnis
TitelImpressumHinweis zur ZitierfähigkeitZum GeleitVorwortKapitel 1: Überblick über den Föderalismus
Bedeutung des FöderalismusVielfalt des FöderalismusGemeinsamkeiten föderaler SystemeFöderalismus und Dezentralisierung
Kapitel 2: Entscheidung für den Föderalismus
Ursprünge des FöderalismusHistorische Wellen des FöderalismusEntwicklung von FöderationenEignung für den Föderalismus
Kapitel 3: Gliedstaaten
Politische Geometrie der FöderationenArten von GliedstaatenSoziale Vielfalt in GliedstaatenFestlegung und Änderung von Grenzen
Kapitel 4: Aufgabenteilung – Aufgaben und Funktionsweise der verschiedenen Ebenen
Zuweisung von rechtlichen KompetenzenRechtsquellen für KompetenzenFöderale Aufteilungsmöglichkeiten von KompetenzenKriterien für die KompetenzverteilungAsymmetrische KompetenzverteilungUmgang mit Kompetenzkonflikten
Kapitel 5: Geld und Steuerkompetenzen
Bedeutung von GeldZuweisung von Kompetenzen zur EinnahmenerzielungSteuerliches Gleichgewicht zwischen den staatlichen EbenenZentrale Transferleistungen an die GliedstaatenSteuerliche Ungleichheit und FinanzausgleichAusgabenkompetenz
Kapitel 6: Politische Institutionen der zentralen Ebene
Bedeutung und Vielfalt zentraler InstitutionenParlamentarische, präsidiale und gemischte SystemeZweite Kammern und territoriale Vertretung
VertretungsgrundsätzeKompetenzen der Zweiten Kammer
ParteienBestimmungen zu Minderheiten
Kapitel 7: Rechtliche Pfeiler des Föderalismus
Verfassungsrechtliche Grundlage des FöderalismusVerfassungsrechtliche SchlichtungNotstandskompetenzen und besondere nicht-föderale BefugnisseVerfassungsänderungenRechte in föderalen VerfassungenRolle und Eigenschaften der Gerichte
Kapitel 8: Innerstaatliche Beziehungen und Politik
Verflechtung und InteraktionRolle der Exekutive und der LegislativeZweite Kammern in innerstaatlichen BeziehungenInstitutionen und VerfahrenFöderalismus auf der Grundlage von Zwang oder Konsultation
Kapitel 9: Einheit und Vielfalt
Herausforderung der EinheitUnterdrückung der VielfaltAnnahme der VielfaltEin ausgewogener Ansatz für die VielfaltDezentralisierungEinbindung: Ein repräsentatives ZentrumEinheit nach KonfliktenFrage der Sezession
Kapitel 10: Gedanken zum Föderalismus
Stärken und Grenzen des FöderalismusZunehmende Bedeutung des FöderalismusBedingungen für einen Erfolg des FöderalismusLehren aus einem Föderalismusvergleich
DanksagungenWeiterführende Literatur
AllgemeinDeutschlandÖsterreichSchweiz
UTB-Lehrbücher im Verlag Barbara Budrich
Zum Geleit
Der Föderalismus ist weltweit im Aufwind. Zwar sind von den 192 der UNO angeschlossenen Staaten nur rund 28 dem Namen oder der Sache nach Bundesstaaten. In diesen leben aber 40 Prozent der Weltbevölkerung. In Europa haben sich ehemalige Zentralstaaten wie Belgien und Spanien zu föderalen Staaten gewandelt. Und alte Bundesstaaten wie Deutschland, Österreich und die Schweiz haben in letzter Zeit bedeutende Föderalismusreformen realisiert oder sind damit noch beschäftigt. Die Europäische Union, ein Staatenverbund eigener Art, weist mehrere föderale Elemente auf.
Die vorliegende Einführung in den Föderalismus erscheint daher zur richtigen Zeit. George Anderson, langjähriger Unterstaatssekretär in der kanadischen Regierung, heute Leiter des internationalen Forum of Federations mit Sitz in Ottawa, gibt einen konzisen, instruktiven Überblick über die Bundesstaaten der Welt, arbeitet Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus und zeigt auf, wie vielfältig die Welt des Föderalismus ist.
Dabei geht es ihm nicht um wissenschaftliche Vertiefung einzelner Aspekte des Föderalismus oder die Beschreibung von Einzelheiten der Bundesstaaten. Sein Ziel ist es vielmehr, einen mit viel Zahlenmaterial veranschaulichten Gesamtüberlick über die Welt des Föderalismus zu geben und dadurch aufzuzeigen, was man aus den Erfahrungen anderer Bundesstaaten für die Weiterentwicklung des eigenen lernen kann. In diesem Sinne sind dieser kurzen, anschaulichen und in einer einfachen Sprache gehaltenen Einführung möglichst viele interessierte Leserinnen und Leser zu wünschen.
Arnold Kolleralt-Bundespräsident der Schweiz
Vorwort
Die vorliegende Einführung in den Föderalismus richtet sich insbesondere an Studierende, Verwaltungsexperten – Politiker, Mitarbeiter von Behörden –, Journalisten, Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen und internationalen Organisationen sowie betroffene Bürger, die an Fragen des Föderalismus in ihrem eigenen oder bestimmten anderen Ländern Interesse haben. Sie könnten sich fragen: „Was kann ich aus den Erfahrungen anderer föderaler Länder lernen, damit ich besser das Wesen, die Möglichkeiten und Grenzen meines Landes bei der Veränderung oder Weiterentwicklung seiner eigenen Form von Föderalismus verstehen kann?“ Gleichzeitig werden diejenigen, die mehr über den Föderalismus lernen möchten, hier einen nützlichen und prägnanten Überblick finden.
Das Buch ist in einer einfachen Sprache mit einem Minimum an Fachvokabular verfasst. Wesentliche Punkte werden direkt und anschaulich dargestellt, um denjenigen, die darüber eine politische Debatte führen oder politische Maßnahmen entwickeln, zu helfen.
Es gibt kein allgemeines „Patentrezept“ für den Föderalismus. Jede Gesellschaft ist komplex und wird durch viele Faktoren beeinflusst. Daher geht es in diesem Buch nicht so sehr um das „Wie“, sondern darum, welche Aspekte zu berücksichtigen sind. Es werden die Faktoren dargestellt, die möglicherweise relevant sind, und es wird ein Gefühl dafür vermittelt, welchen Einfluss sie haben könnten. Die Liste der Faktoren kann niemals vollständig sein, und einige von ihnen können je nach Kontext völlig unterschiedlich ausfallen. Daher müssen die hier genannten Informationen mit einem fundierten Wissen über das betreffende Land gekoppelt werden.
Das Buch ist in zehn Kapitel unterteilt, die jeweils mehrere Abschnitte umfassen. Jeder Abschnitt beginnt mit einer kurzen Zusammenfassung, die die wesentlichen Punkte des betreffenden Abschnitts herausstellt. Diese kurzen Zusammenfassungen geben einen schnellen Überblick über das ganze Buch. In den weiteren Ausführungen werden die Ideen weiterentwickelt und Zusatzinformationen gegeben. Des
Weiteren gibt es häufig Kästchen mit beispielhaften Erfahrungen verschiedener Bundesstaaten zu einem bestimmten Aspekt des Föderalismus. Dabei handelt es sich um Beispiele, nicht um umfassende Darstellungen: Dadurch soll die Bandbreite der verschiedenen Möglichkeiten kurz umrissen werden. Sie können übersprungen oder gelesen werden.
Durch diese Darstellungsweise wird eine flexible Handhabung und ein besseres Verständnis gefördert und auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Leserinnen und Leser eingegangen. Es handelt sich hier um eine Einführung, und viele Leserinnen und Leser möchten möglicherweise ihr Wissen noch vertiefen. Sollte dieses Buch zur vertieften Lektüre anregen, umso besser. Am Ende des Texts findet sich noch eine kurze Liste mit Vorschlägen weiterführender Literatur.
Das Forum der Föderationen arbeitet auf sechs Kontinenten und wird dieses Buch, das ich als Antwort auf die Notwendigkeit eines prägnanten und nicht-akademischen Überblicks über den Föderalismus verfasste, intensiv nutzen. Wir wären Ihnen für Vorschläge zur Verbesserung zukünftiger Ausgaben sehr dankbar.
George Anderson,Präsident und GeschäftsführerForum der Föderationen
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Kapitel 1: Überblick über den Föderalismus
Bedeutung des Föderalismus
Föderalismus wird immer wichtiger in der Welt.
• Achtundzwanzig Länder, in denen vierzig Prozent der Weltbevölkerung leben, nennen sich entweder föderal oder werden allgemein als föderal angesehen.
• Fast alle Demokratien mit einem sehr großen Staatsgebiet oder einer großen Bevölkerung sind föderal.
• Mit der Demokratisierung wurden Argentinien, Brasilien und Mexiko zunehmend zu föderalen Staaten.
• Belgien, Äthiopien und Spanien waren früher Zentralstaaten, die föderal wurden.
• Der Föderalismus wurde auch in ehemaligen Konfliktgebieten in Bosnien, der Demokratischen Republik Kongo, Irak, Sudan und Südafrika eingeführt und wird für Sri Lanka und Nepal in Betracht gezogen.
• Die Europäische Union verfügt über einige föderale Merkmale.
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Die föderalen Staaten der Welt
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Vielfalt des Föderalismus
Föderalismus und seine vielfältigen Formen und Zusammenhänge
Föderationen unterscheiden sich erheblich in ihrer sozialen und wirtschaftlichen Zusammensetzung sowie in ihren Institutionen. Sie umfassen sehr große und sehr kleine Länder, reiche und arme Länder, Länder mit einer homogenen oder sehr vielfältigen Bevölkerung. Einige Föderationen sind schon seit langem Demokratien, während andere eine kürzere und problematische Erfahrung mit Demokratie haben.
Föderale Strukturen – der interne institutionelle Aufbau – sind sehr unterschiedlich. Föderationen können aus gerade einmal zwei oder mehr als achtzig territorialen Einheiten bestehen. Einige Föderationen sind stark zentralisiert und konzentrieren Zuständigkeiten bei der Zentralregierung1, während andere dezentraler sind und die Gliedstaaten über weit reichende Autonomie und Ermessensspielräume verfügen. In einigen gibt es zwischen der Zentralregierung und den regionalen Regierungen eine klare Aufteilung der Befugnisse, wohingegen die Befugnisse in anderen Föderationen in weiten Gebieten überlappen. In einigen gibt es Premierminister und eine vom Parlament bestimmte Regierung, andere haben Präsidenten und Kongressinstitutionen. Sie haben möglicherweise Verhältniswahlrecht oder Mehrheitswahlrecht. Sie haben entweder nur zwei oder mehrere politische Parteien. Einige Föderationen sind stabil und harmonisch, andere hingegen instabil und geteilt. All diese Faktoren beeinflussen das Funktionieren und den Erfolg unterschiedlicher föderaler Systeme. Kein einheitliches Modell wäre für alle Umstände geeignet. Die Fähigkeit, vielfältige Formen zu vereinen, ist eine der Stärken des Föderalismus.
Gemeinsamkeiten föderaler Systeme
Trotz zahlreicher Unterschiede gibt es einige Gemeinsamkeiten, die föderale Systeme von anderen Regierungsformen unterscheiden.
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Ein föderales Regierungssystem zeichnet sich üblicherweise durch folgende Eigenschaften aus:
• Es gibt mindestens zwei staatliche Ebenen, eine für das gesamte Land und die andere für die Regionen. Jede Regierungsebene hat eine direkte Wahlbeziehung zu ihren Bürgern. Die Regionen haben unterschiedliche Bezeichnungen: im Folgenden werden sie als „Gliedstaaten“ der Föderation bezeichnet.
Bezeichnungen für „Gliedstaaten“
Die gebräuchlichsten Bezeichnungen für Gliedstaaten sind Staaten (Äthiopien, Australien, Brasilien, Indien, Malaysia, Mexiko, Nigeria und die USA) und Provinzen (Argentinien, Kanada, Pakistan, Südafrika). Sie werden aber auch als Länder (Deutschland und Österreich) und Kantone (Schweiz) bezeichnet. In Belgien gibt es sowohl Regionen als auch Gemeinschaften, und in Spanien autonome Gemeinschaften. Russland verfügt über Regionen, Republiken, autonome Gebiete, Gebiete und Städte föderalen Ranges. Einige kleine Föderationen haben Inseln.
• Eine schriftlich niedergelegte Verfassung, in der einige Teile nicht allein durch die Zentralregierung geändert werden können. Größere, die Gliedstaaten betreffende Änderungen erfordern allgemein deren umfassende Zustimmung sowie die der Zentralregierung.
• Eine Verfassung, die den beiden staatlichen Ebenen formal legislative, einschließlich steuerliche Befugnisse verleiht und dadurch jeder Ebene echte Autonomie zugesteht. Allerdings unterscheiden sich Föderationen erheblich in der Art und Weise sowie in dem Ausmaß, in dem sie die jeweiligen Befugnisse der beiden Ebenen definieren.
• In der Regel gibt es bestimmte Verfahren – vor allem in Zweiten Kammern oder Oberhäusern – für die Vertretung von Gliedstaaten in wichtigen zentralen Institutionen, damit in die zentrale Entscheidungsfindung regionale Beiträge einfließen, wobei kleineren Gliedstaaten häufig ein größeres Gewicht verliehen wird, als es ihnen durch ihre Bevölkerungsgröße zustünde.
• Einen Vermittler oder ein Verfahren (üblicherweise vor Gerichten, aber in einigen Fällen auch anhand von Referenden oder in der Zweiten Kammer), um über verfassungsrechtliche Streitigkeiten zwischen den staatlichen Ebenen zu entscheiden.
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• Eine Reihe Verfahren und Institutionen zur Erleichterung oder Umsetzung der Beziehungen zwischen den staatlichen Ebenen.
Sofern es ein wesentliches Merkmal des Föderalismus gibt, besteht es darin, dass es zwei verfassungsrechtlich festgelegte staatliche Ebenen mit einer echten Autonomie gegenüber der jeweils anderen Ebene gibt und die Regierungen auf beiden Ebenen vor allem ihrer jeweiligen Wählerschaft rechenschaftspflichtig sind.
Die genaueren Ausgestaltungen einer Föderation spiegeln die lokalen institutionellen Traditionen und das gewünschte Maß und die Art der Autonomie wider. Üblicherweise muss ein föderales System demokratisch und rechtstaatlich sein, da undemokratische Regime den Gliedstaaten normalerweise keine echte Autonomie zugestehen.
Nicht alle der genannten 28 Staaten erfüllen alle Kriterien des Föderalismus vollständig. Einige davon sind sehr zentralisiert und kaum föderal. Andere haben bestimmte einheitsstaatliche Merkmale, die es der Zentralregierung zuweilen erlauben, sich über die Autonomie der Gliedstaaten hinwegzusetzen. Heißt das, dass diese Länder nicht föderal sind? Darauf gibt es keine definitive Antwort. Aus praktischer Sicht besteht die entscheidende Frage darin, ob das Land normalerweise föderal agiert, das heißt, ob es eine echte verfassungsmäßige Autonomie auf beiden Ebenen gibt.
Schließlich wird in einigen Ländern das Wort „föderal“ aufgrund einer historischen oder symbolischen politischen Bedeutung vermieden. Die meisten Fachleute würden beispielsweise behaupten, dass Spanien und Südafrika föderal sind, aber viele Menschen in diesen Ländern lehnen diesen Begriff ab, da er entweder mit einer Unterhöhlung der nationalen Einheit oder mit dem Apartheidregime in Verbindung gebracht wird. Indonesien lehnte den Föderalismus ab, den die Niederländer dem Land vor der Unabhängigkeit auferlegen wollten, und wird wahrscheinlich den Begriff nicht verwenden, auch wenn es in der Praxis immer föderaler wird.
Föderalismus und Dezentralisierung
In konföderalen Systemen ist die Zentralregierung ein rechtliches Gebilde der einzelnen Gliedstaaten. In Einheitsstaaten sind Regionalregierungen ein rechtliches Gebilde der Zentralinstitutionen. In föderalen Systemen beruht jede staatliche Ebene auf einer|17◄ ►18|autonomen verfassungsrechtlichen Grundlage. Einige Einheitsstaaten sind in der Praxis dezentraler als einige Föderationen. Die zwei ältesten Föderationen, die USA und die Schweiz, begannen als Konföderationen. Diese Regime erwiesen sich jedoch in der Regel als schwach und instabil. Es ist umstritten, ob es in der modernen Welt überhaupt echte Konföderationen gibt. Die Europäische Union ist ein einzigartiges politisches Gebilde mit konföderalen und föderalen Merkmalen. Benelux ist ein begrenzt konföderales System, ebenso wie CARICOM in der Karibik. Die Vereinigten Arabischen Emirate nennen sich Föderation, verfügen aber über viele konföderale Merkmale.
Die meisten Länder der Welt haben ein zentralstaatliches Regierungssystem. Häufig verfügen sie über regionale Verwaltungsstrukturen ohne gewählte Regierung. In anderen Fällen haben sie Gliedstaaten (die häufig als Provinzen oder Regionen bezeichnet werden) mit unabhängig gewählten Regierungen und umfangreichen Kompetenzen, wobei diese Regierungen jedoch ihre gesamten Befugnisse von der Zentralregierung oder dem Gesetzgeber erhalten, die diese theoretisch wieder zurücknehmen könnten. In vielen Fällen ist eine derartige politische Umkehr jedoch kaum vorstellbar, daher haben einige Zentralstaaten große Ähnlichkeit mit Föderationen. Einige Zentralstaaten haben sogar mehr Kompetenzen an ihre Gliedstaaten delegiert als einige Föderationen. Demnach sind Föderationen normalerweise, aber nicht immer, in der Praxis dezentraler als Zentralstaaten.
Dezentrale Zentralstaaten
Einige Zentralstaaten, wie Italien, Japan und Kolumbien, haben relativ starke Regionalregierungen. Viele ehemalige zentralistisch strukturierte Staaten, wie Frankreich und Peru, befinden sich in einem bedeutenden Dezentralisierungsprozess hin zu gewählten Regionalregierungen. In einigen Fällen üben bestimmte Regionen starken politischen Druck zur Dezentralisierung aus: Daher hat das Vereinigte Königreich erhebliche Befugnisse auf das schottische Parlament, vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Kommunalwesen, (sowie weniger umfangreiche Befugnisse auf Wales und Nordirland) übertragen. Indonesien hat jüngst zahlreiche Kompetenzen an Provinzen und Kommunen abgetreten, wobei besondere Regelungen für Aceh getroffen wurden. Viele der in dieser Einführung genannten Analysen würden auch auf diese Länder Anwendung finden. Einige dieser Länder werden möglicherweise ganz zu föderalen Staaten.
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Kapitel 2: Entscheidung für den Föderalismus
Ursprünge des Föderalismus
Föderationen sind unter sehr unterschiedlichen Umständen entstanden – jede Föderation ist das einzigartige Produkt von Entscheidungen führender Politiker sowie umfassenderer historischer Beweggründe. Zuweilen wurde ein föderales System gewählt, um ehemals getrennte Staaten in einem neuen Land zu vereinen oder um einen ehemaligen Zentralstaat umzustrukturieren, oder es war das Ergebnis beider Prozesse gemeinsam.
Jede Föderation ist einzigartig. Nur wenige allgemein gültige Aussagen können zutreffend über die Entstehungsweise und die Ursachen für die Entwicklung von Föderationen gemacht werden. Bei jeder Föderalisierung haben führende Politiker jedoch mindestens zwei staatliche Ebenen in der Verfassung verankert, um somit ihre jeweiligen Ziele zu realisieren und miteinander in Einklang zu bringen sowie gleichzeitig Gewalttätigkeiten auf ein Minimum zu begrenzen – oder sie sogar zu beenden.