Franz von Assisi für junge Leute - Hans Mendl - E-Book

Franz von Assisi für junge Leute E-Book

Hans Mendl

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Beschreibung

Franz von Assisi ist Menschen von heute näher als man auf den ersten Blick meint! Ausgehend von aktuellen Lebensthemen junger Menschen werden auf der Grundlage dessen, was wir über Franziskus wissen, an seiner Biografie entlang ähnliche Bedürfnisse, Wünsche und Haltungen beschrieben, z.B. ausgelassen feiern – aus der Spur geraten – vom Erfolg träumen – unruhig sein -– provozierend reden & handeln – staunen können – an die Grenzen gehen – sich zurückziehen – loslassen können – lieben, bis es weh tut. Dabei werden auf der einen Seite erstaunliche Parallelen deutlich – und auf der anderen immer wieder auch Kontraste. Der Reiz an Franz von Assisi besteht darin, dass man sich ihm immer wieder neu annähern kann. Mal versteht man ihn, mal stößt er ab. Dieses Buch ist eine Einladung zur konstruktiven und kritischen Auseinandersetzung mit Franz von Assisi – mit dem Ziel, auch fürs eigene Leben Inspirationen, Fragen, Antworten und Aufgaben zugespielt zu bekommen: für die Arbeit in der Schule, bei der Firmvorbereitung, in der Jugendarbeit oder als Inspiration bei einem Assisi-Aufenthalt.

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Hans Mendl

Franz von Assisi für junge Leute

Franziskanische Akzente

herausgegeben von Mirjam Schambeck sf und Cornelius Bohl ofm

Band 38

HANS MENDL

Franz von Assisi für junge Leute

NÄHER – TIEFER – WEITER

Herzlicher Dank geht an Marie-Therese Girerd für die sorgfältige Zuarbeit bei den Korrekturen sowie an die Sponsorinnen dieses Bandes, die nicht genannt werden wollen.

Der Umwelt zuliebe verzichten wir bei unseren Büchern auf Folienverpackung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.d-nb.de› abrufbar.

1. Auflage 2023

© 2023 Echter Verlag GmbH, Würzburg

www.echter.de

Umschlag: wunderlichundweigand.de

Umschlagfoto: Schambeck

Innengestaltung: Crossmediabureau, Gerolzhofen

E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de

ISBN

978-3-429-05889-0

978-3-429-05278-2 (PDF)

978-3-429-06621-5 (ePub)

Inhalt

Vorwort

ausgelassen miteinander feiern

aus der Spur geraten

vom Erfolg träumen

unruhig sein

vom Blitz getroffen werden

zwischen verschiedenen Welten leben

sich mutig entscheiden

allein oder gemeinsam

sich inspirieren lassen

gegen den Trend leben

tratschen und ablästern

fasziniert vom Fremden

Liebe in Worte fassen

provozierend handeln und reden

staunen können

poetisch dichten

körperlich an die Grenzen gehen

sich zurückziehen

hartnäckig sein

mit Widerständen zurechtkommen

loslassen können

die Kirche und ich, ich und die Kirche

lieben, bis es wehtut

berühmt werden

Biografische Daten

Anmerkungen

Abkürzungsverzeichnis

Überblicksdarstellungen

Vorwort

Ein junger Mann mit glänzenden Zukunftsaussichten in einem mittelständischen Familienunternehmen gerät aus der als sicher geglaubten Karrierespur. Er beschließt, radikal auszusteigen und ein neues Leben zu beginnen, in dem er sich nur Gott und den Menschen widmen will. Er wagt diesen Schritt zunächst alleine. Doch immer mehr Männer schließen sich ihm an, später auch Frauen. Seine Gemeinschaft wird größer und größer. Schließlich wächst sie ihm über den Kopf und er zieht sich von der Leitung zurück. Seine Liebe zur Schöpfung schlägt sich in Legenden und lyrischen Texten nieder. Weniger bekannt sind seine interreligiösen Bemühungen – eine Provokation zur Zeit der Kreuzzüge. Attraktiv und gleichzeitig provozierend war schon zu seinen Lebzeiten sein radikales Bemühen, arm zu leben. Weil er seinen Körper zeitlebens wenig schont, stirbt er mit 45 Jahren.

So weit die kurz erzählte Lebensgeschichte des Franziskus von Assisi. Was hat sie mit Jugendlichen heute zu tun? Mehr, als man auf den ersten oberflächlichen Blick hin meint. Auch wenn es nicht unproblematisch ist, Vergleiche zwischen einem jungen Menschen vor 900 Jahren und heutigen jungen Leuten anzustellen, sollen in diesem Buch Bedürfnisse und Lebenshaltungen herausgearbeitet werden, die Menschen aller Zeiten angehen. Vierundzwanzig solcher Perspektiven wurden ausgewählt und entlang der Biografie des heiligen Franz von Assisi angeordnet. Ausgehend vom Lebensgefühl heutiger junger Menschen werden auf der Grundlage dessen, was wir über Franziskus wissen, ähnliche Bedürfnisse, Fragen, Wünsche und Haltungen herausgearbeitet. Dabei werden auf der einen Seite erstaunliche Parallelen deutlich – und auf der anderen durchaus auch Kontraste. Der Reiz an Franz von Assisi besteht darin, dass man sich ihm immer wieder neu annähern kann. Mal versteht man ihn, mal stößt er ab. Dieses Buch ist eine Einladung zur konstruktiven und kritischen Auseinandersetzung mit Franz von Assisi – mit dem Ziel, auch für das eigene Leben Inspirationen, Fragen, Antworten und Aufgaben zugespielt zu bekommen.

ausgelassen miteinander feiern

Gemeinsam von Kneipe zu Kneipe ziehen, die Nacht zum Tag erklären, auch mal über die Stränge schlagen und zu viel konsumieren, besonders auf den beliebten Dorffesten auf dem Land – das gehört zur Jugendzeit wie der Windelpack zu jungen Eltern oder das dritte Gebiss zu Oma und Opa. Die Jugendphase ist eine Zeit der Abgrenzung und Neuorientierung: Nicht mehr die Familie, sondern die Freundinnen und Freunde stellen den Dreh- und Angelpunkt des Lebens dar. Die Eltern bleiben der Hauptsponsor, sie lassen ihre Kinder bei ihrer Freizeitgestaltung meist an der langen Leine, sind aber gleichzeitig mehrheitlich an einer guten Bildung ihrer Kinder interessiert. Denn Bildung ist eine zentrale Schlüsselfrage für die Zukunftschancen – der Zugang dazu ist aber nicht nur weltweit, sondern auch in Deutschland ungleich verteilt! Was die Abgrenzung zwischen den Generationen erschwert, ist die Tatsache, dass heutige Eltern einfach nicht alt werden wollen: Jungsein ist für sie das Leitbild, und so tun sie alles (Un-)Mögliche, um „forever young“ zu wirken: Sie tanzen auf Rockkonzerten ab und stehen auf Bierbänken – man sollte diese These mal an den eigenen Eltern überprüfen! Da bleibt nur eins: Warten, bis die Alten schlafen, und dann geht’s los!

Franziskus verbringt eine sorgenfreie und unbeschwerte Jugend in der Stadt, die unverbrüchlich mit seinem Namen verbunden ist: Assisi. Die Stadt erlebt im 12. Jahrhundert einen wirtschaftlichen Aufschwung. Neben dem Adel entwickelt sich ein Stadtbürgertum, das zunehmend selbstbewusster, mächtiger und vor allem reicher wird. Das führt dann auch zu Konflikten zwischen Adel und Bürgertum.

Der Vater von Franziskus, Pietro di Bernardone, gehört zur aufstrebenden Bürgerschicht. Er handelt mit Stoffen. Sein Vermögen setzt sich zusammen aus einem Barvermögen, das er anlegt oder auch gegen Zinsen verleiht, aus Einkünften aus dem Landbesitz, vor allem aber aus den Häusern in Assisi, die er aus seinen Geschäftsgewinnen erwirbt. Von klein auf lernt Franziskus die Bedeutung und Macht des Geldes kennen.

Als Franziskus im Jahre 1182 (oder 1181) geboren wird, ist der Vater in Frankreich unterwegs. Nach seiner Heimkehr ändert der Vater den Namen des Sohnes, der nach dem Wunsch seiner Mutter Pica auf „Giovanni“ getauft worden ist, in „Francesco“. In der städtischen Schule San Giorgio erhält Franziskus eine solide Bildung – was damals ein Privileg ist! Dies soll ihn dazu befähigen, ins Handelsgeschäft seines Vaters einzusteigen.

Die drei Gefährten Rufino, Leo und Angelo beschreiben die Jugend des Franziskus in der „Dreigefährtenlegende“ so:

„Als er herangewachsen und sein reger Geist erwacht war, übte Franziskus das Gewerbe seines Vaters, das heißt das Kaufmannsgewerbe, aus, jedoch ganz anders, denn er war viel freigebiger und heiterer. Er tat sich mit Gleichgesinnten zusammen und durchzog, dem Spiel und Sang ergeben, Tag und Nacht die Stadt Assisi. Beim Ausgeben (von Geld) war er so überaus verschwenderisch, dass er alles, was er haben und verdienen konnte, für Gastmähler und andere Dinge verwendete. Deshalb wurde er von seinen Eltern oft getadelt, indem sie ihm sagten, er mache für sich und andere solche Ausgaben, dass es scheine, als sei er nicht ihr Sohn, sondern der eines großen Fürsten. Weil seine Eltern jedoch reich waren und ihn aufs Zärtlichste liebten, ließen sie ihn in seinem Treiben gewähren und wollten ihn nicht stören“ (Gef 2,1–5, FQ 612–613).

Ungeschminkt beschreiben ihn die Gefährten als einen eitlen Geck: Er kleidet sich mit teureren Gewändern, „als sich für ihn zu haben geziemte. Ja, in seiner Sucht aufzufallen, war er so eitel, dass er einmal am gleichen Kleid einen überaus teuren Stoff mit einem ganz wertlosen zusammennähen ließ“ (Gef 2,6, FQ 613).

Franziskus genießt also das Leben in vollen Zügen. Doch er ist nicht nur ein freigebiger Verschwender, sondern strahlt auch eine Begeisterungsfähigkeit aus und wird bald auch Anführer seiner Jugendgang. Gleichzeitig heben aber alle Biografen hervor, dass er bei allem Scherzen und Übermut ein gutes Benehmen an den Tag legt und im Umgang äußerst charmant, höflich und zuvorkommend ist. Hier kommt ihm sicher seine Bildung und Erziehung zugute. Beim Herumreisen mit seinem Vater lernt er die Dichtkunst der Troubadoure kennen, er schätzt Ritterromane und fühlt sich selbst als Spielmann; man kann davon ausgehen, dass er selber Lieder zum Besten gibt und Kenntnisse im Französischen besitzt.

Ist Franziskus ein normaler Jugendlicher, der gelegentlich über die Stränge schlägt und seine Hörner abstoßen muss? Ist er jemand, der „fast bis zu seinem 25. Lebensjahr seine Zeit kläglich vergeudete und vertändelte“ (1 C 2, FQ 201) und sich dann radikal bekehrt? Kann man aus den wenigen Beschreibungen seiner Jugendzeit nicht auch Charaktereigenschaften herauslesen, die ihm später zugutekommen, z. B. die Fähigkeit und das Charisma, andere Menschen zu begeistern und anzuführen, seine Freigebigkeit oder seine Freude am Erzählen und Singen von Geschichten? Skeptisch darf man wie bei jeder Autobiografie auch seiner eigenen Rückschau gegenüber sein: „Als ich in Sünden war“ heißt es im ersten Satz seines Testaments. Die Neigung, die eigene Biografie deutend in ein „Vorher“ und „Nachher“ aufzuteilen, kennt man aus vielen Autobiografien. Auch bei Franziskus vollzieht sich seine Wandlung aber als ein mehrere Jahre hinziehender Prozess.

1. Erzählt einander von einer herausragenden Feier: Was war daran so besonders? Welche Gefühle, Gedanken oder Episoden kommen euch in den Sinn?

2. Ausgelassen feiern und hart in Schule, Studium und Berufswelt arbeiten – wie würdet ihr das Verhältnis dieser beiden Größen in eurem Leben beschreiben?

3. Diskutiert darüber, welcher Position ihr zuneigt: Franziskus – ein normaler Jugendlicher seiner Zeit / Franziskus – schon in seiner Jugend nicht ganz normal!

4. Das Leben hätte für Franziskus einfach so weitergehen können … Schreibt einen fiktiven Text über seine weiteren Schritte als Jungmanager in einem aufstrebenden Textilunternehmen!

aus der Spur geraten

Das Leben ist kein Ponyhof. Nicht alles, was wir planen und tun, gelingt. Manchmal werden uns Steine in den Weg gelegt, zeitweise stehen wir uns selbst im Weg. Wir fühlen uns verplant oder desorientiert; zu spät merken wir, dass das auch Folgen hat. Schon ist z. B. das Klassenziel gefährdet, sind der Job oder die Beziehung in Gefahr; wir sind „lost“. In den Corona-Jahren war dies eine globale Erfahrung: Die gesamte Gesellschaft geriet aus der Bahn, nichts ging mehr, Stornierung war der Hauptgeschäftsmodus. Welchen Wert Gesundheit hat, merken wir erst, wenn wir gesundheitlich mehr oder weniger stark aus dem Takt geraten. Manchmal sind es auch andere, die uns ein Bein stellen, die unsere Pläne untergraben, uns ausbremsen oder sich auf unsere Kosten profilieren. „Du Opfer“ ist ein Schimpfwort unter Jugendlichen. „Ich wünsche dir, dass du im kommenden Lebensjahr mal so richtig auf die Schnauze fällst“ – einen solchen Geburtstagswunsch würde sicher jede:r als unangemessen empfinden. Und trotzdem zeigt die Erfahrung, dass vor allem die Art und Weise, wie wir Krisen bewältigen, unsere individuelle Identität prägt. „Schlimm ist es nicht, hinzufallen. Schlimm ist es, nicht mehr aufzustehen“, sagt ein Sprichwort.

Das 12. und 13. Jahrhundert sind in Mittelitalien eine bewegte Zeit, die in der politischen Großwetterlage beeinflusst ist von den Machtkämpfen zwischen Papst und deutschem Kaiser. Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten zwischen dem alteingesessenen Adel und dem aufstrebenden Bürgertum. In Assisi leben beide Gruppen in Sichtkontakt – die Adeligen bergauf Richtung der Burg Rocca in hohen repräsentativen Wohntürmen, die Bürgerlichen vom Marktplatz abwärts. Die Städte streben zunehmend danach, von Bischöfen und Adeligen unabhängig zu werden. Der Nachbarort Perugia gehört dem päpstlichen Einflussbereich an, Assisi hingegen zum Herzogtum Spoleto, das von deutschen Herrschern unterworfen ist. Im Jahr 1199 wagen die Bürger der Stadt Assisi einen Aufstand gegen die Adeligen, die nach Perugia ziehen müssen; die Rocca wird zerstört. Aus diesen Spannungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen entwickelt sich ein Krieg zwischen Assisi und Perugia. Als 17-Jähriger ist Franziskus sicher leidenschaftlich auf der Seite seiner bürgerlichen Familie und zieht mit in den Krieg – dass er dies als Sohn eines reichen Kaufmanns auf einem Pferd tun kann, verdeutlicht, dass er zu den Privilegierten zählt.

Assisi verliert im Jahr 1202 die Schlacht von Collestrada. Franziskus wird wie viele andere junge Männer aus Assisi gefangengenommen. Ein Jahr lang verbringt er in Gefangenschaft, bis er vermutlich vom Vater zurückgekauft nach Assisi zurückkehren kann. Als 20-Jähriger eine ungewisse Zeit in der Gefangenschaft verbringen zu müssen, bedeutet für Franziskus einen radikalen Bruch seiner bis dahin glatten Biografie.