Freidenker-Kosmos: Die Quadrilogie - Louis Eikemper - E-Book

Freidenker-Kosmos: Die Quadrilogie E-Book

Louis Eikemper

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Beschreibung

Mit der Quadrilogie vom Freidenker-Kosmos hat der Autor Louis Eikemper dem Jahr 2024 den Stempel seiner Liebe aufgesetzt - und das in über 20 Ländern der Welt! Dies zum festlichen Anlass genommen, erscheinen hiermit die vier Ausgaben seiner Belletristik »1. Freidenker-Kosmos« (02/2024), »Brunnen der Erinnerungen« (06/2024), »Scientia et amor« (08/2024) und »Natur der Seele« (10/2024) zum ersten Mal in einer kompakten Bindung. Der Freidenker-Kosmos lädt seine Leser/innen zu einem literarischen Format von einzigartiger Vielfalt ein. So empfängt Louis Eikemper hier über liebevolle Werke des Herzbluts mit feiner Lyrik, stilvoller Epik, euphonischer Poesie, authentischem Prosa, tiefen Gedanken der Philosophie und einer reichhaltigen Auswahl an Erzählungen und Kurzgeschichten, Fabeln, Parabeln und Gleichnissen. Als Bonus zu den Kapiteln der Freidenker-Kosmos Quadrilogie enthält dieses Werk zudem drei extra Beiträge, welche hier zum ersten Mal gebunden werden: die spannende Kurzgeschichte "Zur dunkelsten Stunde", der philosophische Prosatext "Memento vivere" sowie Louis Eikempers Fabel "Der geerntete Dank."

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Inhaltsverzeichnis

Louis Eikemper

Freidenker-Kosmos: Die Quadrilogie

Im freien Willen

Der Glücksschmied: Erkenntnis und Liebe

Treu bleibt die Zeit

Der Glücksschmied: Hochmütiger Himmelsjäger

Im Millionstel Detail

Zirkus Maximus

(Gleichnis zum Prinzip von Gratisfallen)

Im Fluss der Rebellion

Impressum

Louis Eikemper

Freidenker-Kosmos: Die Quadrilogie

2024 © Louis Eikemper

All rights reserved, in particular that of public performance, transmission by radio and television and translation, including individual parts. No part of this work may be reproduced in any form (by photography, microfilm or other processes) or processed, duplicated or distributed using electronic systems without the written permission of the copyright holder. Despite careful editing, all information in this work is provided without guarantee. Any liability on the part of the author and the publisher is excluded.

InhaltsverzeichnisIm freien Willen 6

Ein freier Denker 9

(Selbst)liebe 12

Marmor des Lebens 14

In zweisamer Einheit 17

In divi duell 19

Amor ex revelatione venit 21

Tua felix lepore (Narrative Dichtung) 23

Amor vivere 25

Belastung/Wachstum (Gedicht) 28

Leben und leben lassen 32

Vom Fluss der Zeit 35

In der Ruhe liegt die Kraft 37

Eine Frage der Perspektive 41

Im Bleiben und werden 43

Immer wenn es regnet 45

Amor Fati 48

Amor Fati 2: Memento Mori 50

Der letzte Tanz 54

Der Unterschied 57

Bist du müde? 59

Der Glücksschmied 62

Palast des Lebens (Ballade) 64

Dem Feind sei gedankt 65

Die Lebensmahnung 70

Der Glücksschmied: Erkenntnis und Liebe 72

Zur richtigen Zeit 74

Treu bleibt die Zeit 78

Der Dankesbrunnen 81

Lux & Umbra 83

Der Glücksschmied: Hochmütiger Himmelsjäger 89

Die Verwandlung 93

Licht des Lebens 95

Der Irrtum vom dicken Fell 99

Auf Messers Schneide 101

Im Garten Semiramis 103

Sensus boni 105

Nathans Glück 112

Der Glücksschmied: Natur der Seele 115

Die Lebensprüfung 119

Zur dunkelsten Stunde 124

Vom Untergang im Überfluss 126

Die verbotene Frucht 128

Der geerntete Dank 130

Im Millionstel Detail 133

Zirkus Maximus 135

(Gleichnis zum Prinzip von Gratisfallen) 135

Im Fluss der Rebellion 137

Memento vivere 140

Im freien Willen

Es war einst ein junger Träumer. Ein verkopfter, nach Wissen strebender Knabe, der in seinen grundsätzlichen Fragen in der Ambivalenz zwischen der Beantwortung durch Gott oder der Wissenschaft schwebte. Im Grunde also ein Mensch, so wie du und ich. Der junge Träumer tat sich oft mühselig die schweren Zeiten seines Lebens selbst zu verantworten, da er dafür stets einen Schuldigen auszumachen versuchte. Meistens war dies Gott. Schließlich pflegte sein neunmalkluger Trotz zu denken, dass der Schöpfer als Lenker allen irdischen Schicksals für die tiefen Phasen verantwortlich sei. So kam es, dass er beschloss ihn mit den Zweifeln zu konfrontieren.

„Himmlischer Gott, ich ersuche Euch im Zweifel Eurer Gerechtigkeit. Eurem Weg bin ich treu gefolgt. Ich habe Liebe, Gerechtigkeit und Ehrlichkeit gelebt und doch wurde ich von den Fügungen, die Ihr mir zugeteilt habt, verletzt und enttäuscht im Stich gelassen. Wieso lasst Ihr all dies nur zu?"

Es verging eine ganze Weile. Der zweifelnde Träumer hatte bereits die Hoffnung auf eine Reaktion Gottes aufgegeben, als dieser in einem sanften Strom der Wärme geistig inne sprach.

„Gesegneter Mensch, so bedenke, dass nicht ich es bin, der all dies hat geschehen lassen. Genau wie dir habe ich auch deinen Mitmenschen das Geschenk des freien Willens vermacht. Ihr seid es, die für moralische Gerechtigkeit und die Liebe in euren Herzen sorgt. Ich darf euch mit dem, was der verkündete Weg zu meiner Liebe ist, hierbei lediglich inspirieren. Mit dem freien Willen, den ich euch gegeben habe, liegt es einzig an euch zu entscheiden, ob Gutes oder Böses geschieht. So seid euch also bewusst, dass ich jede eurer Taten sehe und mir jede eurer Taten merke. Alles im Leben hat eine Konsequenz. Ob eure Entscheidungen wohltuend oder verletzend waren, spürt ihr, früher oder später. Am Ende eurer Prüfung des Lebens wird jede einzelne eurer moralischen Entscheidungen gewogen. So sei dir sicher, liebes Menschenwesen: Meine Gerechtigkeit holt jede eurer Taten ein, jedoch erst nach eurer Lebensprüfung."

Und so bedankte sich der junge Träumer in erleuchteter Demut vor seinem Gott und wurde sich bewusst, was sein Herr ihm mitgegeben hatte. So verstand er nun, dass es nicht gerecht war, jeden Schicksalsschlag auf Gott zu verantworten. So gab dieser uns doch das Geschenk des freien Willens. So war Gott es doch, der uns Menschen es erlaubte sowohl das Gute als auch das Böse geschehen zu lassen. Der Tagträumer verstand nun, dass unser Leben eine Prüfung war, welche wir mit den Fügungen der Entscheidungen, die wir aus unserer gottgegebenen Willenskraft trafen, bestehen oder nicht bestehen konnten. Der Träumer war schlussendlich moralisch aufgewacht und von all seinen Zweifeln befreit worden.

Ehrfürchtig, dankbar und im Gefühl frohen Mutes beendete er sein Abendgebet und erhob sich vom Knaben fortan als Mann, um mit der ihm zugetragenen Botschaft in der Welt das Gute zu bewirken.

Ein freier Denker

In meinem Kosmos ist ein Freidenker jemand, der die Weisheit liebt. Jemand, der nach Weisheit aus Erkenntnis strebt, sie entdecken und für sich erringen möchte. Das Manifest eines freien Denkers gleicht in der Natur also dem Wesen vom Gott der Liebe. Nicht etwa der Besitz des Geliebten ist wichtig, sondern das stetige Bestreben in der eigenen Liebe die nächste Ebene zu erreichen!

Ein freier Denker ahnt von dem vollkommenen Ausmaß der Kraft, die seiner Liebe innewohnt und ist sich sicher, dass er sie auf seinem Lebenspfad in einer Erkenntnis finden könnte. In diese Chance verliebt macht er sich auf, um ihr zu begegnen und mit ihr Eins zu werden. Wissend, dass weise werden ein endloser Weg bleibt, zieht ein freier Denker seine Kraft immerzu aus der Bedeutung vom Moment.

Frei zu denken, bedeutet in meinem Verständnis dem Ruf des eigenen Kosmos zu folgen, um sich im Geiste zu befreien und das Innere nach außen zu kehren. Im Grunde ist das freie Denken also das Ausleben der eigenen kreativen Natur, die jeder Menschenseele, bewusst oder unbewusst, innewohnt. Frei zu denken, bedeutet auch frei zu handeln, nach eigenem Ermessen – nach eigener Struktur sowie von und in eigenem philosophischen Prinzip gelenkt. Ein Freidenker ist also mit anderen Worten vor allem eins: vielfältig geprägter Lebenskünstler. Ich denke, dass die Kunst des freien Denkens als edelster Weg gilt, um Eleganz zu erlangen. Ist man nicht erst dann elegant, wenn das Innerste genauso schön strahlt, wie das Äußere? Wie könnte man das Innerste effektiver strahlen lassen als durch das freie Denken?

Das Werk eines Freidenkers, bzw. das eines vielfältig geprägten Lebenskünstlers, gleicht nach meiner Idee von Lebenskunst im Kern dem von einem Alchemisten, da man es versteht aus der eigenen Umgebung – also aus dem bereits vorhandenen, dass einen im Alltag begegnet, stets das Besondere erkennen zu können und daraus Inspirationen zu ziehen – um etwas Neues zu kreieren; etwas von Bedeutung. Auch gleicht es dem Schaffen eines inspirierten Liebhabers, da man es versteht eben jene Besonderheiten bewusst werden zu lassen, welche den gewöhnlichen Augen sonst unbemerkt bleiben. Ja, ein freier Denker verwandelt also aus dem Gefühl eine Erkenntnis, indem er sein Innerstes nach außen kehrt – es aus dem Schatten ins Licht rückt; im Bestreben jedem Moment eine Besonderheit abzugewinnen und somit aus dem vollen Maß des eigenen Pensums schöpfen zu können, um etwas von Bestand zu erschaffen, dass sich fortlaufend entwickelt.

Folgend fassen sich meine Gedanken in einer Dichtung zusammen.

»Auf seiner Reise vom Prinzip frei denkender, freidenkerischer Liebe gelenkt, befreit sich der Lebenskünstler vom Zeitgeist und verweilt in der Einheit vom ewigen Leben, der Kunst. Bewusst wird was sonst unbewusst bleibt. Er kehrt Schmerz um, in Schönheit. Aus dem Gefühl wird Erkenntnis, rückt aus dem Schatten ins Licht. Ja, in sich gewiss ist er wie ein Alchemist.«

(Selbst)liebe

Gute Zeiten fallen nicht vom Himmel herab, sondern werden von uns selbst erschaffen. Sie warten eingeschlossen in unseren Herzen darauf, dass wir sie befreien. Ich denke, dass es sich genauso auch mit der Liebe verhält. Die Liebe fällt nicht einfach vom Himmel, sondern liegt in uns selbst - bereit von uns gelebt zu werden. Sie beginnt dort, wo der Stimme des Herzens Gehör geschenkt und der eigenen Individualität der Raum zur Selbstverwirklichung gegeben wird. Sie quellt vor allem in dem Selbstrespekt, dass man genau die Person auslebt, die man im tiefsten Inneren ist - auch wenn andere einen gerne anders hätten.

Nur wer sich selbst treu ist, kann auch in seinem wahren Ich geliebt werden. Deshalb ist es wohl so, dass wir die Liebe weder suchen - noch finden müssen. Sie muss in uns frei gelassen werden. Genau dann werden sich die Personen zeigen, die einen wirklich in der eigenen Art lieben. Ich glaube, dass man mit der richtigen Person eine zweisame Einheit bildet - in der jeder gibt, ohne zu nehmen. Ich schätze, dass sich wahre Liebe in persönlicher Hingabe findet. Dabei kann ich natürlich nur aus meiner Perspektive erzählen. Wenn ich jemanden liebe, dann mache ich mir keine Sorgen um das, was meine Geliebte mir geben kann, sondern einzig darum, was ich ihr geben kann. In der Liebe bin ich jemand, der die Partnerschaft nicht als selbstverständlich erachtet - als Liebhaber sehe ich es als meine Aufgabe an, dass die Augen meiner Partnerin jeden Tag aufs Neue zum Leuchten gebracht werden. Es dauert, bis ich jemanden wirklich an mich heranlasse, doch wenn ich mich jemandem verschrieben habe, dann bleibe ich, egal wie stürmisch das Schicksal auch eintritt.

Alles andere wäre für mich auch keine Liebe, sondern Spekulation um den eigenen Vorteil.

Marmor des Lebens

Was haben der Mensch und ein Marmorstein gemeinsam?

Ich denke, dass es der Künstler ist, der etwas in ihm erkennt und herausarbeitet. Betrachtet man sein Lebenswerk als etwas, dass man wie ein Künstler am Marmorstein frei zu meißeln hat, dann liegt es stets in der eigenen Verantwortung darin das beste und höchstmögliche zu sehen. Unser ganzes lebendiges Dasein haben wir an Möglichkeit erhalten, um unser Werk in Perfektion zu meistern. Bildlich gesehen, liegt es also stets in der eigenen Hand, aus dem Marmor des Lebens eine wundervolle Skulptur der Andacht zu meißeln. Unser Leben wird immer nur so schön sein, wie wir inspiriert gewesen sind. Wir sind es, die das, was wir in uns sehen, frei meißeln und zum Vorschein bringen.

Demzufolge bleibt das höchste Gut, das uns zeit des Lebens zuteil ist, die unantastbare Würde eigener Freiheit. Es gleicht einem wahren Segen, dass wir über das Geschenk von perspektivischer Beobachtung all die unzähligen Wunder erkennen und verstehen dürfen, die unser Planet für uns bereithält. Die Freiheit das sein zu dürfen, was man ist und sich auf dem eigenen Lebenspfad immer weiter entfalten zu können, birgt den Schlüssel zur höchstmöglichen Form der Vollendung, die jedem von uns inne wiegt. Wir Menschen werden zwar an einem der vielen Orte dieser Erde geboren - doch unsere berufenen Seelen zunächst heimatlos in die Welt gesetzt. Weder wurden wir himmlisch noch irdisch geschaffen, noch sterblich oder unsterblich - es sind wir schöpferischen Lebenskünstler, die wir in der Ehre stehen, frei entscheiden zu können und uns selbst zu der Gestalt auszuformen, die wir in uns erkennen und bevorzugen. So können wir niederträchtig und ungehobelt entarten; doch ebenso nach Höherem streben und von Fleiß und Tugend geprägt nach dem Himmlischen sinnen, um zum Göttlichen wiedergeboren zu werden - wenn wir es in unserer Seele erkennen, beschließen und erarbeiten. Das Licht des Lebens zu erfahren, dass sich im Inneren wie im Äußeren durch das Geschenk unserer Sinne ergibt, kann für uns reich beseelten Menschen, die wir freischaffende Lebenskünstler sind, also von gar nicht genug Dankbarkeit kultiviert werden.

Zum passenden Abschluss dieser Gedankenreise ist es mir eine Ehre den großen Michelangelo Buonarroti zu zitieren, dessen ewiger Genius einst folgenden Ausspruch hervorbrachte: »Es kann der größte Künstler nichts ersinnen, was unter seiner Fläche nicht der Marmor in sich enthielt', und nur die Hand, die ganz dem Geist gehorcht, erreicht das Bild im Steine.«

In zweisamer Einheit

Sofern man den Ursprung irdischen Lebens im Keim von schöpferischem Design sieht und man in unserer menschlichen Natur aus schöpferischem Blickwinkel differenzieren will, lässt sich wohl zuallererst im Geschlecht unterscheiden, richtig? Daraus ergibt sich mir im Inbegriff, dass es wohl in der Natur unseres menschlichen Wesens liegt, dass wir, wenn wir das Licht der Welt erblicken, zunächst immer nur eine Halbmarke von einem Menschen darstellen. Wir sind im Geschlecht getrennt - sinnbildlich ist der Mensch ja vom Universum in zwei Hälften unterteilt worden. Wir sind wie Schollen - zwei aus einem geworden. Ich denke, dass genau dort auch der Ursprung unseres früher, oder später entwickelten, instinktiven Strebens nach der "anderen Hälfte" keimt - unsere Ideologie von Partnerschaft. Es scheint mir, als sei man als Mensch auserkoren, früher oder später nach der/dem Anderen zu sinnen - schließlich wünscht der Mensch in seiner Art geliebt zu werden und sehnt sich bewusst, oder unterbewusst, jeden Tag nach zärtlicher Zuneigung. Sollte es jedoch in Anbetracht der eigenen Unvollkommenheit nicht viel eher das Ziel sein, diesen ursprünglichen, verloren gegangenen Zustand der Vollkommenheit innerhalb der Seele wieder herzustellen, bevor man sich in der Verantwortung von einer Partnerschaft hingibt? Ist es wirklich Liebe, wenn man sich aufgrund des Gefühls eigener Unvollkommenheit in einer Partnerschaft verspricht - oder ist das nicht viel mehr ein Versuch das eigene Schwächegefühl von Unvollständigkeit zu heilen?

Sollte man sich als Menschenseele nicht zuerst verwirklicht haben, bevor man die Verantwortung über die Gefühlswelt eines anderen übernimmt? Ja, muss man nicht zuerst sich selbst vollkommen lieben, bevor man jemand anderem wahre Liebe entgegnen kann?

Wäre es nicht einer Lüge gleichgestellt, würde man seinem Partner gegenüber behaupten, dass man sein Bestes in der Liebe (hin)gibt, wenn man das Beste in sich weder erkannt noch verwirklicht hat? Wer sich auf eine zweisame Einheit einlassen will, sollte es - aus meiner Perspektive gesehen - zuerst verstanden haben eine eigene Einheit zu verkörpern, also in sich Eins zu sein.

Zusammengefasst erdichte ich mir das Prinzip von zweisamer Einheit, wie folgt.

»Zweisame Einheit heißt gemeinsam ein Heim sein, bei gleichbleibender Freiheit. Im Verheiß, dass das was mein ist auch deins sei, weil das, was uns vereint weiht, das ist, was uns vereint bleibt.«

Zum Abschluss will sich der Appell meines Sinnbriefs hier noch einmal in anderer, einfacherer Natur ausgedrückt haben - in der Absicht, dass dadurch das eine oder andere Herz vor einer Enttäuschung vom Liebeskummer gerettet werden kann.

»Liebe/r Glücksschmied/in, bitte meistere zuerst die Vollkommenheit dich zu lieben, bevor du jemandem ein „Ich liebe dich“ versprichst!«

In divi duell

Übersetzt man »in divi duell« aus dem lateinischen ins Deutsche erhält man: »ein göttliches Duell« zur Bedeutung. In dieser Herleitung begann ich über unsere Individualität von Grund auf zu philosophieren, - mich zu fragen, worauf sie eigentlich basiert und ob sich das jeder von uns nicht ganz und gar für sich selbst beantworten sollte. Für mich ergab sich dabei folgendes.

»Individuell zu sein ist die Bewusstheit über unsere eigene Teilung. Der Mensch ist in individueller Balance, wenn er es meistert seine beiden Pole gleich fließen zu lassen, ohne dem einen mehr Hingabe zu schenken als dem anderen. So wie die Batterie nur Energie spendet, wenn Plus und Minuspol gleichermaßen strömen, so auch wir. Wer das volle Maß seiner Individualität schöpfen will, findet die Quelle dazu in der Ausbalancierung seiner inneren Konflikte. Individualität lebt im inneren Frieden.«

Passend hierzu teile ich meine Dichtung »Schutz im Gleichgewicht«, welche ich im Februar 2021 voll inspirierter Liebe geschrieben habe.

Schutz im Gleichgewicht

Was ist hart, wenn nichts weich ist? Was ist schwarz, wenn nichts weiß ist? Was ist nah, wenn nichts weit ist? Und was ist kalt, wenn nichts heiß ist?

Wie fühlt es sich an, wenn man von Zeit befreit ist und alle Schwere plötzlich leicht wird? Wie fühlt es sich an, wenn man gemeinsam Eins ist, sich vereint und im Herzen einander Heim gibt?

Findest du im anderen dein Gleichnis, erhältst du den Schlüssel zu jenem einzigen Geheimnis - zur Tür, durch die dein Geist befreit wird. Jeder Weg - ganz gleich ob noch so steinig - wirkt dreifach so einfach geht man ihn zweisam einig.

Ja, es gleicht beinahe einem Wunder - eigentlich unbegreiflich! So wird aus Blindheit ein Weitblick und aus Leichtsinn sprießt Reife. Auch in der Dunkelheit bleiben wir ein Licht, denn wir wissen: Wahrer Schutz wiegt im Gleichgewicht.

Amor ex revelatione venit

Ganz gleich wie strukturell frei man in eigenem Ermessen lebt: Frei fühlt sich nur wer in der eigenen Art geliebt wird - trotz und wegen seines Selbst. Im wahrhaften Selbst geliebt werden zu können setzt jedoch voraus, dass man zuerst das Prinzip der eigenen Hingabe verstanden hat. Nur wer Liebe gibt, erhält sie und ist fähig das eigene Herz in ihrer Offenbarung zu befreien. Daraus ergibt sich mir im Inbegriff, dass im Herzen befreiter Liebe zu sein gleichwertig mit der strukturellen Freiheit wiegt. Schließlich orientiert man sich wesentlich an den Dingen im Leben, welche einem die herzallerliebsten Freiheitsgefühle bereiten, richtig?

Inspiriertdavon dichte ich dazu: „Wer die Freiheit jagt, liegt ihr weiter Ferne. Der Jäger ist es, der sein Ziel verletzt. Mit Blick Richtung Firmament lese ich im Licht meiner Sterne: Frei ist einzig wer lebt und leben lässt. So sei die Freiheit zu leben der Weg - mein heiliges Manifest.“

Freibleibend denke ich freigeistigen Herzens, dass so wie ein Buch mehr als die Summe seiner Seiten auch das Ganze mehr als die Summe seiner Teile bleibt. Wenn ich mir über das Ganze eines gewiss zu sein erlaube, dann wohl dessen, dass es aus jeder Perspektive anders gesehen wird. Das lässt verlauten, dass die Vielfalt vom Ganzen darauf beruht, dass das Leben in sich einzigartig ist. Demzufolge scheint mir eine ganzheitliche Wahrheit eher Illusion zu sein, da sich jeder selbst eine Wahrheit definiert. Wenn es nur eine Wahrheit gebe, würde schließlich nicht jeder von uns ein anderes Bild zum selben Thema malen, richtig?

Insofern bleibt mir übergeordnet das Erstreben mich geistig zu befreien von jeder Norm der Vereinheitlichung - da ich im Status Quo überzeugt bin, nur so zur schöpferischen Natur beizutragen - und nur wenn ich mich ermutige, mein Selbst bewusst zu offenbaren, auch wirklich den Weg in mein Paradies finden kann.

Meine Maxime verheißt also: »Amor ex revelatione venit - Liebe kommt durch Offenbarung.«

Ja, so sei es für die Befreiung des eigenen Geists immerzu im Erstreben sich im Selbst bewusst zu sein - um die Seele so im Lauf des Lebens immer wieder in neuer Erkenntnis zu befreien und sich selbst treu zu bleiben. In diesem Manifest öffnet sich die Tür ins Paradies der ureigenen schöpferischen Natur, die uns seit dem ersten Lichtblick in stetiger Reife innig liegt. Erkennen wir dies, öffnet sich uns auch der Sinn für die Verantwortung, die wir im eigenen Beitrag zur schöpferischen Natur inne tragen: Das Wunder der Vielfalt ist ohne das Leben unserer Einzigartigkeit nicht möglich!

Unsere Gemeinsamkeit bleibt, dass wir in unserer einzigen Art alle gleich sind. Wir dürfen uns somit selbst bewusstwerden, dass wir weder über- noch unter jemand anderem und in der Pflicht stehen, unsere Artenvielfalt dahingehend in aller pflegerischen Fürsorge wertzuschätzen, dass sie im Wachstum fortbesteht. So dient uns die Offenbarung vom Wunder unseres Lebens als Schlüssel in ein höheres Selbst - ein dies und jenseitig wiegendes Bewusstsein vom eigenen Paradies.

Tua felix lepore (Narrative Dichtung)

„Ein guter Geist ist einsam, nicht allein.“

So steht es im Leitspruch von jener verheißungsvollen Erzählung des letzten in Eden dienenden Eremiten geschrieben.Im Seelenfrieden ergeben fand er sich in ruhender Geduld von jeder Zeiteinheit befreit, erwählt um im Segen des Heiligen Geists im Leitbild vom Gleichnis geweihter Liebe zu leben - und das geweihte Leben zu lieben.

Der Eremit ward einstweilen seines Glaubens so überzeugt, dass er begann eigene Schriften über das Heil des Friedens eines Lebens in Liebe seelisch zu versiegeln. Er schrieb in sich gewiss, dass das Glück nicht etwa im Außen, sondern in jedem Menschen selbst liege - als Entscheidung keimend, lebenslänglich gedeihend, reifend und sprießend. Sinnbildlich war es in seiner Verheißung mit einem ewigen Pfad vergleichbar, der jenen, die ihn mit Erkenntnis bewanderten, jeden Tag ein Stück seines Wegs zum Teil werden ließ.

Er trieb immer weiter mit dem Fluss seines Schicksals, ließ sich intuitiv leiten und blieb dabei unbeirrt - mit achtsamem Herz für die Details im Alltag, um den Sinn für das Wunder vom Leben niemals zu verlieren.

So erinnert man bis heute an Edens letzten Eremiten.

Jenem, dessen letzter Wille blieb, dass man im Gedenken an ihn eine Geschichte von der Liebe zum Leben sowie seiner Idee vom seelischen Glück erzähle.

Im letzten Wunsch, dass diese die Menschheit auf gemeinsamer Ebene eines immerwährenden Sinnes bestärke, weltweit vereint im Geiste der Freiheit zu stehen - und sich im Zeichen vom heiligen Eden einander in Gleichheit zu geben.

Ja, und im letzten Ziel, dass dies bewirke, dass sich jede Seele des stetig in sich fließenden Lichts zum ewigen Frieden hin inspiriere!

Amor vivere

»Wissen beginnt mit Liebe.« - Leonardo da Vinci

Erst neulich fragte sich ein mir treu gesinnter Herzensmensch, um mich besorgt, warum ich in meinen Texten so viel von Tiefgang schrieb. Er hatte für sich nämlich erkannt, dass sich der Mann, der viel Gefühl veräußert, meist bloß sein eigenes inneres Leid verbrieft. In der Ehre seines gewidmeten Gedankens entgegnete ich, dass ich mir bisweilen Tiefgang und Bedeutung gegengleich gesetzt und mir jene Frage, die sich schon einst Shakespeare stellte - die nach dem Sein oder nicht Sein - in meiner Selbstverwirklichung beantwortet hatte. Damit, dass ich nicht an eines Tages dachte, sondern immerzu bei Tag Eins begann, im Hier und Jetzt wirkend - dem Sein. So verstehe ich nämlich, dass ich in der Zeit meines diesseitigen Lebens einzig die Kraft des Moments habe um für diesen einen Tag, an dem mich Tag Eins im Jenseits ereilt, Einfluss genommen zu haben, dass meinerseits etwas von Bedeutung geschaffen wäre, - etwas von Würde, sodass ich in Andacht verweilen kann!

Nun, liebe Leser/innen,

Ich schreibe also um zu bleiben!

Mein Wille ist, dass auch in meinem Ableben jeder der bewusst oder unbewusst nach etwas in der Natur von meiner Seele sucht, es über meine einstweilen geteilte Leidenschaft zu finden weiß. Hier, auf gemeinsamer Ebene - in meiner gespeicherten Seele, zwischen den Zeilen. Meine Intention ist es zu sein - um zu werden - und immer zu bleiben! Ja, mein Blick wird sich immer nach dem richten, was ich für das Gute verstehe. Dahin, was sich mir in Verheißung von Licht verspricht - und gegen alles, was finster ist. Deshalb teile ich hier mein Sinnbild von Elysium. Es gleicht einer Dichtung, mit der ich mein Prinzip von Lebensfreude durch die simple Besinnung zur Freude am Leben beschreibe. So verheißen die Zeilen meiner Maxime »Amor vivere« stolz, in bleibend und werdender reiner Absicht von Lebensliebe vergoldet, wie folgt.

Amor vivere

»Lass uns die Seele mit den Sinnen heilen und die Sinne mit der Seele. Lass uns einzig das Maximum gerade gut genug ansehen und uns fortan statt den Jahren die Momente, die wir in Liebe erlebten, zählen. Ja, lass uns bei Selbstzweifeln einander erinnern, dass wir als Wesen mit Seele so leben, wie wir uns selbst sehen. Lass uns stets erinnern, dass damit auch alles, was wir in der Welt wahrnehmen, bloß das ist, was wir in uns verstehen, - und somit eben das ist, was uns selbst längst innewohnt! So lohnt es sich also zu üben das Gute in allem zu verstehen, will man sich stetig bessern und auf die nächste Ebene begeben. Schließlich gilt hier auf Erden - bleibend und werdend - das eigentlich simple Sinnprinzip: Wer die Liebe lebt, wird vom Leben geliebt!«

Belastung/Wachstum (Gedicht)

Wie für die unbeschwerten Zeiten, bin ich ebenso dankbar für die schweren Zeiten, die ich schon erlebt habe. Sie haben mich geprägt und die Leichtigkeit um so mehr schätzen lassen.

In Inspiration von dem Gedanken, dass Gott nicht da ist um uns die Lasten des Lebens zu nehmen, sondern uns für unsere Herausforderungen die Schultern zu stärken, schrieb ich das nachfolgende Gedicht.

Belastung/Wachstum

Wer fliegen will, muss ihrer ledig werden.

Wohl deswegen sehen viele sie gegenwärtig

im Argwohn.

Wer hingegen weiterwachsen will,

braucht sie - mitsamt all ihren gegen pressenden Hebelkräften im Zug der Gravitation.

Ja, nur durch Belastungen werden unsere Bereiche im nachhaltigen Wachstum genährt!

So sind die geliebten, stärkenden Schultern unserer Freunde auch immer nur so erstarkt, wie die Wucht ihrer bisher getragenen Lasten war.

Ja, was für ein Freund wäre man - würde man da nicht anstreben, dass sich die Treuesten bei Bedarf zum Kraft tanken ebenso an den eigenen starken Schultern anlehnen?

Statt also um Befreiung der Last zu beten, sei die Devise sich dem Kampf jeder vom Leben gegebenen Herausforderung dankend anzunehmen!

Ja, jene die ihre Lasten heben, gehen auf ihren Schicksalspfaden bekanntermaßen stets

in erlesener Zuversicht;

Selbst dann, wenn das Leben sie auf dem ganzen Weg beregnet und einen ewigen Monsun verspricht.

Leben und leben lassen

»Ob wir jemals einen Weg in die Harmonie finden werden?«, zweifelte die Tochter des hohen Morgensterns.

»Gewiss nicht, wenn wir ihn dort draußen suchen, Liebling«, antwortete ihr Vater in stoischer Ruhe.

In bedachter Verantwortung, welche Macht seine Worte auf das Gemüt seiner geliebten Tochter haben konnten, hielt er inne und erfüllte den Raum in einem friedlichen Momentum, welches die Tochter im Einklang der Stille nicht zu unterbrechen vermochte. Erst als er sich seiner Worte in der Sanftmut bewusst geworden war, fuhr er fort.

»Sein, oder nicht sein. Das ist ein simples Prinzip, mein Engel. Wir werden keine Harmonie von außen beziehen können, wenn wir sie nicht zuerst in uns selbst verinnerlicht und freigelegt haben. Wer das Prinzip der Harmonie in sich selbst verstanden hat, wird sie auch in der eigenen Umwelt wiederfinden - so, als sei sie nie fern gewesen.«

Die Tochter des Morgensterns fühlte eine fiebrige Süße der Verwirrung in sich aufsteigen. »Vater, Ihr sprecht in Rätseln zu mir. Das verwirrt mich. Wie meint Ihr das?«

Der hohe Morgenstern blickte sie warmherzig an und sprach: »Lebe und lass leben, mein Engel. Das war, ist und wird der einzig wahre Pfad bleiben, um den harmonischen Einklang sowohl in sich selbst als auch in der eigenen Umwelt wiederzufinden. Die Natur zeigt es uns jeden Tag aufs Neue, beispielhaft am Himmelszelt! Wenn ein Tag anbricht, dann ruht die Nacht - und lässt den Tag tun, was er tun will! Genauso pflegt es der Tag auch zu tun, wenn die Nacht ihre Schicht antritt. Der Schönheit dieser Harmonie können wir uns im Anbruch jeder Morgenröte und gleichsam zu jeder Abenddämmerung selbst bewusst werden, mein Engel! Dafür reicht uns ein dankbarer Blick in die Richtung der Heimat unserer Sterne. Schau in der Frühe rauf zum Firmament, wenn sich der Segen unserer Nachtruhe in der energiegeladenen Morgenröte für einen neuen Tag voller Wunder hingibt - und sieh ebenso rauf, wenn sich zu späterer Stunde die letzten Strahlen des Tageslichts über den purpurn dämmernden Abendhimmel weiter in die Dunkelheit verabschieden. Es liegt schlicht im Gesetz der Natur, dass es zwischen zwei gegensätzlichen Polaritäten immer einen gemeinsamen Nenner gibt: Das eine kann ohne das andere nicht existieren! Was also bleibt uns am Ende übrig, außer in Dankbarkeit zu leben - und leben zu lassen?«

Der hohe Morgenstern hielt einen Moment inne, um das Gesagte wirken zu lassen, ehe er in all seiner Seelenruhe fortfuhr.

»Wenn man im Leben nach den Klängen der Harmonie strebt, dann wird man immer im Duett fündig werden - niemals im Duell. Darum lebe deine Einzigartigkeit, mein Schatz - und lasse die anderen ihre ebenso leben. Die Herzen, die dir wohlgesonnen sind, werden genauso stets ihren Weg zu dir finden …

Vom Fluss der Zeit

Was wäre, wenn man den Zeitfluss als Einbildung entlarvt? Um die Zukunft würde sich niemand mehr zu sorgen haben und ebenso wären die Ängste vor dem Tod von uns gelöst. Alle Eilen, Erwartungshaltungen oder Hetzereien, die dem kostbaren Alltagsgeschehen oft so unrühmlich anhaften, würden endlich gewichen sein. Genau wie die Illusion, auf ein Ereignis unbedingt und sofort reagieren zu müssen, somit wohl enden würde. Vergangenes, die Gegenwart und das Künftige fänden sich als direkte Einheit abgebildet wieder.

Bislang haben wir zwar keine Beweise für »Zeitmechanismen«, die sich unseren Gehirnen ergeben - doch unsere Forschungen werden die Vorgänge mit gewisser Wahrscheinlichkeit bald schon erkannt haben, sodass wir den subjektiven Sinn für die Zeit erklären können. Man wird der Menschheit Mittel entwickeln, die unsere Gefühle vom Zeitfluss aufheben. Es existieren sogar bereits Praktiken der Meditation, die dem Anwender versprechen zeitlose Zustände zu erreichen. In der Physik ist es weiterhin ungewiss, wie man den Übergang von mehreren zu einer Wirklichkeit erklären könnte, da er mit dem aktuellen Stand der Technik nicht messbar ist. Die Zeit geht schließlich immer mit der individuellen Wahrnehmung des Betrachters einher. Unsere perspektivischen Beobachtungen lassen uns Entscheidungen treffen und erst sie bilden letztlich eine Realität, die wir für uns erkennen. Antworten auf das Rätsel der Zeit werden auch nicht in der Physik fallen, so schätze ich. Wir werden sie viel eher innerhalb der Psychologie oder der Neurophysiologie lösen. Unsere Wissenschaft hat bislang zu selten den Fakt in die Forschungen einfließen lassen, dass wir den Fluss der Zeit nur rein subjektiv erfahren. All unser Zeitgefühl wird sich in der Funktionsweise des menschlichen Gehirns begründen. Zirkulieren wir rasch mehrmals um die eigene Achse und bleiben dann ruckartig stehen, vernehmen wir zumeist Schwindel, da wir das rein subjektive Empfinden haben, dass die Welt um uns rotieren würde, richtig? Wir nehmen dabei faktisch jedoch bloß ein- und denselben Ausschnitt wahr. Laut unserem Forschungsstand ist es der Status Quo, dass Bewegungen etwas rein illusorisches bleiben, da sich ihr Eindruck aus den Rotationen von unseren Ohrflüssigkeiten verwirkt. Deshalb schlussfolgere ich, dass der Zeitfluss etwas Ähnliches darstellt, wie die Bewegung - da er sich uns ebenso bloß subjektiv ergibt. Auf wen bezieht sich also ein Moment in der Gegenwart? Wenn wir immer relativ zuei­nander sind, dann kann ein Ereignis der Zukunft für den einen bereits zur Vergangenheit gehören, während der nächste es noch erleben wird. Die nächst plausible Folge daraus lautet demzufolge wohl, dass das vergangene - genau wie bevorstehendes - längst feststeht. Deshalb stellen sich unsere Physiker die Zeit auch kartografisch vor. Man bildet die Vergangenheit und Zukunft als vereinte, fixe Blockzeit ab.

Jeder unserer Augenblicke bleibt somit einzigartig. Nur jetzt ist die Welt real. Während die Uhren des Planeten ticken, verstreicht dieser Moment und erschafft uns einen neuen. Ich vertrete die Ansicht, dass man den Moment nur subjektiv als gegenwärtig hervorheben kann, da ihn jeder von uns eigen erfährt. Objektiv betrachtet bleiben wir in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichermaßen. Sie formen sich zur fixen Einheit. Existent in einem Maß, formt das Gebilde der Zeit gemeinsam mit den drei Raumdimensionen die Ewigkeit, welche demzufolge unsere vierte Dimension darstellt.

In der Ruhe liegt die Kraft

Mein Vater legte mir schon in jungen Jahren stets nahe sich zu gedulden, getreu dem Motto: »In der Ruhe liegt die Kraft.«

Doch ist es für uns Menschen der heutigen Zeit - trotz alltäglich ereilter Hektik - noch möglich stets in uns zu ruhen? Mir scheint, dass in der Akzeptanz mit unseren Erfahrungen, also in der Bejahung vom Leben als Ganzes, dass eben nicht bloß Bespaßung, sondern auch allerlei Mühsal und Leiden zu fügen weiß, sich ein universeller Schlüssel für uns findet. Das In-sich-Ruhen würde demzufolge also bedeuten Widerstände gegen den Lauf der Zeit fallen zu lassen. Es würde verstehen alle Eventualitäten loszulassen, das haben wollen und somit eben auch die quälenden Folgen aller inneren Unruhe: Gehässigkeit, vergleichendes Konkurrenzdenken, Missgunst und die Gier nach dem was man nicht besitzt. Es würde heißen sich loszulösen von all diesen permanenten Depersonalisationen, denen man durch Hektik auszulaufen droht und stattdessen die eigene, innere Stimme immer deutlicher wahrzunehmen, ihr gewissenhaft folgsam zu sein und sich der Selbstliebe und dem Glauben in die eigenen Kräfte und Fähigkeiten anzuvertrauen - sodass man es versteht sich mit niemandem mehr zu vergleichen, außer mit sich selbst. Ja, denn wenn jedes Tier, dass in freier Wildbahn lebt, es versteht auf die eigene Art und Weise in sich selbst zu ruhen, weil es eins mit dem Leben ist - vereint mit der eigenen Wesenheit und der eigenen Natur - dann sollten wir Menschen in unserer Funktion als »Krone der Schöpfung« es auch verstehen, einen Weg zur eigenen inneren Ruhe entwickeln zu können, oder nicht? Ich bin überzeugt, dass der Schlüssel zu eben diesem inneren Frieden auch der Schlüssel dazu ist die Zeit überdauern zu können. Ruhe braucht der strategisch geschickte Schachspieler, ebenso wie die Ruhe der kreativ veranlagte Maler benötigt, um im Augenblick das zeitlose sehen zu können und ganz und gar in sich eins mit dem Moment zu sein - und nirgendwo sonst. Sich in das eigene Wesen auszubalancieren schafft innere Distanz und Abgeklärtheit. Genau darin sehe ich auch das Fundament für den inneren Frieden, nach dem jeder strebt. Er lebt im Praktizieren der Tugenden, die nicht nur sich selbst und dem direkten Umfeld - sondern per se auch der ganzen Welt zugutekommen: im Mitgefühl und der Nächstenliebe. In meinem Verständnis liegt es in der Natur der Menschenseele, Polaritäten zusammenzubringen und nicht verallgemeinernd zu bewerten. Meinem Erleben im Alltag hilft es, voll und ganz gegenwärtig zu sein und die Kraft des Moments zu nutzen. Das ist es, was meinem Kopf Ruhe verschafft. Präsenz heißt für mich, entspannt und gleichzeitig wach zu sein. Jeder temporäre Rückzug in die Stille sowie regelmäßiges Entspannen unterstützen mich auf meinem Weg zu einem stetig wachsenden, unerschütterlichen Selbstvertrauen in die eigene Ruhe und Kraft - und somit zu der immer nächsten Ebene meines Verständnisses vom sich selbst bewusst zu sein. Ich glaube fest daran, dass nur wer es fertigbringt, im eigenen Wesen zu ruhen, mit ganzer Gelassenheit der größten Herausforderung überhaupt begegnen kann: der Angst vor dem Sterben. Wer in sich ruht, versteht es Bedeutung aus seinem Leben zu ziehen, ohne fürchten zu müssen, dass er im Jenseits nicht in Erinnerung erhalten bleibt.

Eine Frage der Perspektive

Als ich mit einer Vertrauten zur Abendstunde Soulfood genoss, war es für mich wohl in neun von zehn Parallelwelten vorhersehbar gewesen, dass das Thema aufkam, welches meine Seele schon immer mit Fokus füllte: die Kunst! Kreativ sein war für mich notwendig, um Zufriedenheit empfinden zu können. Nicht nur, weil in meiner Genetik väterlicher und mütterlicherseits die phänotypische Veranlagung eines Musikers, Malers, Schriftstellers oder Kabarettisten gepolt lag - sondern auch, weil ich mir mein Leben schon immer mit der Extreme teilte. Wenn ich etwas von Bedeutung erkannte, wollte ich mich darin begründen. In der Kunst war ich damit stets willkommen. Sie brauchte unser einzigartiges Naturell, um das geben zu können, was sie so bedeutsam machte: die bunte Vielfalt, die unsere Existenz zu Leben werden ließ! Als ich meiner Vertrauten all dies mit funkelndem Blick erklärte, musterte sie mich aufmerksam, grinste und erinnerte an meine Vorwarnung, dass ich gerne ausuferte, wenn es um Herzensthemen ging. Sie meinte, dass meine leuchtenden Augen mich wie ein munteres Einhorn erscheinen ließen, welches sich an einer saftig grünen Weide satt gegessen hatte - ehe sie hinzufügte, dass Kunst bloß eine Frage der Perspektive wäre. Einen Moment teilte ich ihr Grinsen, bevor es mich eine Weile in Gedanken rief - so tief, dass sie viermal mit den Fingern schnipsen musste, um mich in den Moment zurückkehren zu lassen. »Alles okay? Das war nicht böse gemeint, Lou«, stieß sie unsicher hervor. Überwältigt von der Tiefe, aus der mein Wesen gerade wieder gekommen war, unterdrückte ich Unbesonnenheit, sammelte mich und entgegnete: »Gewiss ist Kunst auch Frage von der Wissenschaft hinter der menschlichen Perspektive, wenn man ihre Bedeutung so rational betrachten will. Die Frage von Perspektive in der Kunst beantwortet sich darin, dass der Effekt von der Kombination verwandter Elemente, wie benachbarten Farben oder einander ähnlichen geometrischen Formen, im Gesetz menschlicher Optik harmonieren. Man versteht darin die Methode, dreidimensionale Objekte und Räume auf einer zweidimensionalen Fläche zu veranschaulichen, um Tiefe und Raumgefühl zu erzeugen und die Verhältnisse zwischen den Objekten proportional korrekt abzubilden. Wichtiger als die Frage nach der menschlichen Perspektive in der Kunst, die sich demzufolge ja berechnen lässt, ist jedoch die Frage nach unserem Ausdruck. Für mich ist Kunst viel mehr die Bereitschaft, sich auf seinem Weg kreativ zu verwirken und stets auf die nächste Ebene zu gelangen. Kunst ist Grundlage allen Ausdrucks, den wir im Lauf der Zeit so kultivieren konnten, oder nicht?« Noch bevor sie auf diese rein rhetorisch gestellte Frage antworten konnte, fuhr ich fort. »Das gilt für jeden Menschen, da bin ich fast sicher! Noch bevor wir sprechen, drücken wir Gesang aus. Noch bevor wir im Gleichgewicht stehen und laufen können, sind wir am Tanzen. Ja und bevor wir aneinander gereihte Buchstaben als Worte in Sätzen schreiben, sind wir am Malen! Als Grundlage menschlichen Ausdrucks ist sie eine von der Natur verliehene Gabe - die seit Tag Eins aus uns heraus scheint, um von uns erkannt und in eigener Art kultiviert zu werden. Wer also in seinem wahren Selbst verstanden werden will, findet in ihr die Essenz.« Es herrschte Stille, ehe sie sich auf mich setzte, mir recht gab und schließlich die Kunst zu schweigen sowie ihre innige Idee von tief begründeter Liebe bewusst werden ließ.

Im Bleiben und werden

Piero entdeckte in der allmählich verglimmenden Asche der Feuerstelle ein Stück noch glühender Buchenholzkohle. Es kämpfte um die letzten Energien, welche sich aus dem Minimum ergaben, dass vom Holz übrig geblieben war. Sein Vater hatte ihm gesagt, dass er auf keinen Fall mit dem Feuer spielen solle, ehe er nicht zurück von der Jagd wäre - doch was würde alle Beute, die er gefangen hätte bringen, wenn kein Feuer mehr loderte, um sie zubereiten zu können? So prüfte er seine Umgebung mit Argus-Augen, dass sein Vater ihn nicht ertappen würde, wie er sich trotz des Verbotes an der Kraft des Feuers bediente. Heimlich schlich er zum zurechtgehackten Stapel Brennholz, versah die Feuerstelle mit neuem Material und entzündete einen der Scheite, sodass die Flamme wieder erwachte. Eine Feuerzunge schlüpfte zwischen das Holz und wuchs durch die trockenen Strünke an, welche darüber aufgehäuft waren. Immer weiter begann sie sich zu recken, verjagte die Luft, die zwischen den Hölzern lag und spielte mit allem, was sich über und unter ihr befand, in immer weiter greifendem Wachstum ihrer selbst. Das Feuer begann seine Zunge über das Holz hinaus auszustrecken - neue Mündungen suchend, nach denen es Boten von rötlichen Funken sprühte. Er beobachtete das Schauspiel in gebannter Bewunderung, als er bemerkte wie die Schatten, die sich in dem Szenario um die Feuerstelle rankten, länger und flüchtiger wurden, darüber die Flammen weiter anwuchsen und immer ausgelassener mit der umgebenden Luft flanierten - bevor sie begannen in sanft süßen Knister-lauten für ihn zu singen. Piero erschrak, als das Feuer, dass sich jetzt dem Holz entwachsen sah, plötzlich anfing seinen Sinn zu ändern. Aus der Milde und Ruhe, dass es zuvor noch spendete, ergab sich nun ein aufgeblasenes Unheil, dass im Schnauben die Stelle mit Knallen und Flackern erfüllte. Es richtete seine große Flamme in die Höhe, verging in einem Flug der Überheblichkeit und - endete an dem schwarzen Boden des Kessels, den sein Vater, der soeben von der Jagd zurückgekehrt war, über der Stelle platzierte. »Mit Feuer spielt man nicht«, sprach er. »Es wurde uns Menschen geschenkt, um daraus Fortschritt zu ziehen. Das können wir nur, wenn wir verstehen seine Kräfte zu kontrollieren. Es ist wichtig die Dinge zu bewundern, bevor man es lernt ihr Naturell zu kontrollieren - doch wer unachtsam ist, wird nicht selten Opfer davon, dass er das Wesen seiner Bewunderung ausufern lässt, ohne es vorher im Kern verstanden zu haben.« Der Vater wuschelte durch Pieros Haare und bereitete parallel zu seinem Tadel zwei Bärsche zu, welche er am Ufer des Flusses Ticino gefangen hatte. »Das Feuer wäre erloschen, hätte ich kein Holz nachgelegt. Ich meinte es nur gut«, sprach Piero in einem leichten Anflug von Missmut und rümpfte die Nase, ehe sein Vater entgegnete: »Um die Güte deines Willens bin ich sicher, mein Sohn. Sei du es dir auch, wenn ich dir Rat aus meinen Erfahrungen gebe.

Wenn man Mächte wie das Feuer nicht kontrolliert, dann findet man nichts als Zerstörung durch sie. Erst in ihrem Verständnis, kann man aus ihnen Nutzen ziehen, so wie wir nun. Die Hitze, die das Feuer dem Kessel bereitet, wird die Basis für das Wohl-bekommen unseres Mahls werden. Und so lassen wir das Feuer im Zauber, der für uns Menschen hier auf Erden heimisch ist, über einen kontrollierten Rahmen seinen Lauf nehmen. Es darf bleiben wie es ist und wächst dabei zu dem heran, was es innerhalb seiner gegebenen Stelle werden will...«

Immer wenn es regnet

Nymela zog ihre schwarzen Regenwetter-Boots an, ließ die Wohnungstür hinter sich zufallen und eilte raus in den lang ersehnten Schauer. Sie liebte ihn so sehr. Nicht nur, weil ohne ihn keine einzige ihrer Lieblingsblumen wachsen würde und er auch sonst sämtlicher natürlichen Blüte von Fauna und Flora als treibende Kraft galt - vor allem genoss sie die dank ihm weit und breit leer gefegten Straßen, die sich immer dann ergaben, wenn er sie besuchte. Da die meisten Menschen bei Regenwetter entweder innerhalb der eigenen vier Wände blieben oder sonst wo Unterschlupf suchten, hatte Nymela ganz Fatum nur für sich, wenn der Himmel weinte. Zur Natur des Regens hatte sie eine besondere Verbindung, da sich ihr Wesen ganz besonders harmonisch auf ihre Sinne auswirkte – und sie spirituell erfahren ließ. In ihm konnte sie abschalten und zur inneren Ruhe herunterfahren. Es war, als würde er sie im Herzen reinwaschen - und ihr auf transzendenter Ebene einen Weg eröffnen, über den sie die Schmerzen all ihrer inneren Wunden zu stillen vermochte. Nymela genoss jeden Tropfen, den der Himmel ihr schenkte. In ihrer Welt war der Regen kein Unwetter, sondern ein wahrer Segen. In dem beruhigenden Klang des in den Boden eindringenden Niederschlags ward sie eins mit sich selbst - immer dann fand sie einen Weg, um sich von ihrer tiefsten Intuition leiten zu lassen. Nur wenn er da war, fand sie sich so tief in sich selbst ausbalanciert wieder, dass sie sie den Klang ihres Herzens wahrnehmen konnte – jene innere Stimme, die sie immer wieder dorthin führte, wo sie ihre einzig wahre Heilung fand. Nur im Regen fand sie die Kraft, an diesen für sie so bedeutsamen, magischen Ort im städtischen Aurelius Park zurückzukehren, dessen Schwingungen von den Geistern ihrer Vergangenheit noch immer so spürbar präsent erfüllt waren, dass sie stets aufs Neue die Kontrolle über ihre Gefühle verlor - und ihre sonst so undurchdringlich erscheinende Fassade in sich zusammenfiel. Dort war es gewesen, wo sie ihren Ludwig zum Abschied geküsst hatte - unwissend, dass es ihr letzter Kuss gewesen sein sollte. Immer wenn sie am Ende des Wegs ihre Augen öffnete, stand sie unter der Jahrhunderte alten Kastanie des Parks. Wenn sie hier ihrer Trauer freien Lauf ließ, war es immer wieder so, als würden Tonnen von Ballast von ihr abfallen. Nur hier konnte sie wirklich befreit weinen. Der Regen gab ihr das Gefühl verstanden zu werden. Er half ihr dabei alles herauszulassen, was ihr auf der Seele brannte. Einzig er vermochte es sie eins mit allem werden zu lassen, ihr Klarheit zu verschaffen – und ihr zur Heilung zu verhelfen. In der Natur des Regens lag er, dieser unverkennbare Klang, der sich ihren Sinnen so stimulierend verwirkte, dass es sie in andere Welten erhob – auf eine Ebene, in der sie sich mit Ludwig wieder vereint fand. Je stärker ihr Herz an dieser magischen Stelle des Parks blutete, desto intensiver kam er vom Himmel herab, so schien es ihr. Immer härter prasselte er auf sie ein, löste alle Gefühle der Zeit in ihr ganz und gar auf – wie verhext. Es war ihr zum Ritus geworden, dass sie dann ihre Jacke auszog und die Ärmel fest um ihre Taille schnürte. Für einen Moment war es dann wieder so wie damals, als Ludwigs kräftigen Hände sie hielten. So dankte sie ihrem Gott des Regens vom ersten bis zum letzten Tropfen, den er ihr vom Himmelszelt herab schenkte – und betete, dass es Ludwig gut ging, dort wo er jetzt war.

Ja, einzig der Regen war es, der ihr für eine Weile den Klang der Stille bereitete, nach dem sie sich so sehr sehnte. Nur er vermochte ihr eben jene Momente der Ewigkeit zu bereiten, welche ihr dieses einzigartige Gefühl der Geborgenheit schenkten. Nur dort war es, wo sie sich wirklich angekommen fühlte - in den starken Armen ihres geliebten Ludwigs – ihrem einzig wahren Seelenfrieden.

Amor Fati

Im Anflug von innerer Unruhe spürte Henoch, dass es Zeit war das Lesezeichen zwischen die von Eselsohren gezeichneten Seiten seines liebsten Buches "Also sprach Zarathustra" zu legen. Friedrich Nietzsches zeitloser Epos war in der Literatur als philosophische Dichtung eingeordnet - doch für Henoch mehr ein Stück gebundener Magie! Es war eines der Bücher, die er immer wieder zur Hand nehmen konnte. Immer wenn er es las, öffneten sich ihm neue Lehren, welche er zuvor scheinbar übersehen hatte. So abwechslungsreich Nietzsches Inhalte auch waren, so wünschte Henochs Keim der Unruhe doch auch anderer Form der Abwechslung. Er wollte einfach Mal wieder das Schicksal lieben - ausgehen, raus ins Ungewisse! So klappte er Nietzsches Werk zu, erhob sich aus der Versenkung seines Sessels und legte es in aller Zuversicht auf die kobaltblaue Anrichte seines Lesezimmers. Sein Dresscode für diesen Abend: Braune Bootsschuhe, beiger Anzug, weißes Hemd darunter. Der Bart war noch frisch von der Morgenrasur, die Haare gewohnt wuschelig. Um sich der Zeit außerhalb seines eigenen Gefühls bewusst zu sein, legte er die IWC Da Vinci um sein Handgelenk. Vier intensive Spritzer Dior - um die Mystik, die er sich Selbst zuschrieb, über den Geruchssinn im Unterbewusstsein der heutigen Gesprächspartner aufsteigen zu lassen. Dazu etwas vitalisierende Gesichtspflege! Diese ermüdete Visage musste all des Fiebers entledigt werden, dass sich aus dem Lesen von Nietzsches Gedanken ergeben hatte. Nasse Böen peitschten durch die Straßen von Fatum, sodass er seinen smaragdgrünen Regenschirm zur Begleitung griff. Da er sich unsicher war, wohin er heute ausgehen sollte, beschloss er sich von seiner Intuition leiten zu lassen. So folgte er der Route der Primavera entlang und spürte wie sich mit jedem Schritt durch die dem Unwetter gedankten, menschenleeren Fußgängerzonen, die eigene innere Unruhe auflöste. Er roch den Duft vom Petrichor, der sich im niedergefallenen Regen über den Boden der Allee durch die ganze Straße hinweg legte. Henoch betrat schließlich eine Bar namens "Amor Fati." Er setzte sich an ihren Tresen. Die Barkeeperin mischte gerade, mit dem Rücken zu ihm gekehrt, andere Drinks fertig - doch schien ihn registriert zu haben. „Guten Abend. Kalt dort draußen, oder? Wie darf ich dein Herz heute erwärmen? Was darf es sein?" Er schmunzelte. "Nun, wenn Sie mich meinen, Madame. Ich bin heute hier um mein Schicksal zu lieben. Was immer Sie mir also geben werden - ich werde es in seiner Besonderheit erkennen und somit auf seine ganz eigene Art genießen!" In der Bar wurde es immer ruhiger. Es war, als würde der Raumklang in ihm aufgesogen werden. Neben ihm qualmte ein älterer Herr an einer Eichenholzpfeife und las in der Zeitung. „Man kann nur lieben oder hassen, was verstanden wurde. Wenn du dein Schicksal liebst, heißt das wohl, dass du es verstehst. Das würde dich zu einem sehr weisen Knaben machen.", brummte der alte Mann. Die Barkeeperin packte sein Handgelenk. „Ich habe hier genau das richtige für dich. Trinke meine Mixtur fürs Lebensbejahen. Ich nenne sie auch Nectar Libertatis." Henoch war im Zauber des Moments nicht in der Lage ihr Gesicht zu erkennen, auch wenn er ihr in die Augen schaute. Der Griff war eiskalt und doch wärmte er sein Herz. Keiner besseren Mimik als einem Lächeln bewusst, setzte er eines auf. „Das klingt wunderbar. Vielen Dank, Madame." So trank er die Mixtur und sollte nicht mehr derselbe sein.

Amor Fati 2: Memento Mori

Der dritte Krug kalten Wassers klatschte in Henochs nassgeschwitzten Nacken. Mit dem vierten Drink war er am Tresen eingeschlafen - so laut schnarchend, dass sich sprichwörtlich die Balken verbogen hatten. „Wach auf, Halbstarker! Dir zuliebe habe ich die Schicht schon überzogen. Ich habe auf der Erde nicht ewig Zeit zu leben!" Henoch blinzelte, als er sich im 90 Grad Winkel aufrichtete, röchelte und seine glasigen Augen rieb, bis der komatöse Tiefschlaf immerhin einem halben Delirium gewichen war. „Pardon. Das ist sonst nicht meine Art!" Obwohl er sich wie eine ausgeschiedene Henkersmahlzeit fühlte, fand er einen Weg wieder geradezustehen. „Wie spät ist es? War ich lange weg?", keuchte er mit trockenem Mund. Die Barkeeperin löschte ihre letzte Zigarette. Ein Augenlid zuckte enerviert und man konnte ihr die verkrampft aufrechterhaltene Contenance auch ohne Menschenkenntnis ablesen. Ihre feingespitzten, schwarzen Frenchnails klickerten über den Tresen, als sie mit erweckter Bestie zischte, dass Zeit zur Abfahrt sei. Um seine Drinks zu zahlen, kramte er einen Hunderter aus der Tasche. In einem schüchtern untermalten „Stimmt so" hob er den Regenschirm zum Gruß und verließ die Bar, im Stechschritt. Zwar regnete es nicht mehr, doch Fatums Straßen waren vom Unwetter knöcheltief überflutet worden. Der Heimweg wäre für ihn ein abenteuerliches Wagnis geworden, besonders derartig beschwipst. Intuitiv entschied er sich an der nächsten Haltestelle auf den ersten Bus um 4:12 Uhr zu warten. Schluckauf und Kreislaufbeschwerden paarten sich mit der Freude mal wieder was erlebt zu haben, als ihm eine süße Tabaknote in der Nase emporstieg. Im Augenwinkel vernahm er eine vertraute Silhouette. „Du wirkst benommen, weiser Knabe! Ich zweifle an deiner Schicksalsliebe. Eher scheint es, als wolltest du dich herausfordern", neckte der alte Mann, als er sich am Qualm seiner Pfeife verschluckte und kräftig zu husten begann. Henoch ignorierte die Überraschung, dass der Herr aus der Bar ihm hier wieder begegnete und nahm den Dialog trotz aller Trunkenheit an. „Zuletzt habe ich mich zurückgezogen. Eher las ich in meinen Büchern, als mir neue Erfahrungen zu schenken. Auch wenn ich letzten Abend sicher nicht geglänzt habe, so bin ich doch einfach mal wieder ins Ungewisse aufgebrochen! Wer weiß, was sich dank dieses ersten Schrittes noch ergibt?", lallte Henoch im Redefluss und schluckte erneut auf. „Ich will das Schicksal lieben. Was war, ist und wird schätzen, wie auch immer es kommt - und mich stets erinnern, dass ich dem Leben zu danken habe!" Der alte Mann nickte ihm zu. „Wohl dem, der das Leben liebt und seine Schätze birgt. Beachte nur eines, weiser Knabe: Wer im Hochmut fliegt, verbrennt sich die Flügel, wenn er dabei den Boden der Tatsachen vergisst.

Werde mir also nicht zum Ikarus, in all deiner Schicksalsliebe! Bleib bescheiden, Junge. Als Teil eines größeren Ganzen bleiben deine Tage hier gezählt." Henoch fiel in Gedanken. Als er zur Seite blickte, war der alte Mann fort. Wo dieser eben noch saß, lag nun ein Notizbuch, dass auf dem Umschlag mit den Worten „Memento mori - memento vivere" verziert war. Er steckte es gerade ein, als der quietschend einparkende Bus ihn mit nasskalter Pfütze duschte. „Liebe das Schicksal", brummte Henoch, als er in den ersten Sonnenstrahlen heimwärts fuhr - aufgeweckt, bescheiden und dankbar für alles, was die Zukunft für ihn noch vorbereitet hatte.

Der letzte Tanz

Laserlichter durchschossen den Dunst des Nebels, der von der Tanzfläche im First Supper aufstieg - wie jeden Abend. Hier, im angesagtesten Techno-Tempel von Fatum, regierte die gesetzlose Feierlust in ihrer abstraktesten Form - hier fand man jene Ebene vor, die man jenseits von Gut und Böse benennen würde. So trafen jung- und alt, Sozialist und Kapitalist, ja sogar Pazifist und Warlord aufeinander; das Wort »Vorurteil« kannte man hier nur aus dem Fremdwörterbuch! Es tropfte der nasskalte Schweiß des feiernden Leichtsinns von der Decke, die Luft stand völlig verbraucht, der Bass hatte bald jedes zweite Gehör betäubt - und mittendrin war Finn! Jetzt, da er sein Diplom zum Bilanzbuchhalter erfolgreich abgeschlossen hatte, schien der wildeste Partylöwe in ihm erwacht. Mit Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse hatte er nicht einmal mehr bis drei gezählt - und sich mit seiner Herzdame Sue sofort auf und davon geschwungen, hinein in den Rausch des Nachtlebens. Im engen Tanz, innig umschlungen und bald ganz und gar in andere Welten abgedriftet, sollten die beiden an jenem Abend jedoch von einer gleichsam krächzenden, wie dunklen Stimme aus dem trauten Groove ihrer Liebestrunkenheit gerissen werden. »Wähle eine Karte von sieben bis Ass, Bub! Wenn ich sie, ohne zu schauen, aus dem Kartendeck ziehen kann, geht die Runde auf mich.« Ein zwielichtiger Mann mittleren Alters, mit Augen so schwarz wie die Nacht, blickte ihnen entgegen. Seine Arme waren von symbolischen Tätowierungen des Totenkults gekennzeichnet. »Und was springt für dich dabei heraus?«, stutzte Finn. »Nichts. Ihr beiden seid mir nur sympathisch!« Dem Mann stand nun ein breites, vom Wahnwitz gezogenes Lächeln ins Gesicht geschrieben, dass fast diabolisch anmutete - es war bald so breit, wie Finn sich fühlte - und mindestens genauso breit, wie das aufgefächerte Kartendeck, welches der Fremde ihm unter die Nase hielt. »Ich wähle die Herzdame«, willigte Finn ein, um kein Spielverderber zu sein - und schmunzelte in aufgesetzter Selbstsicherheit, als er Sue bedeutsam auf die Stirn küsste. Der Magier holte tief Luft, mischte das Kartendeck und schloss die Augen - ehe er, fast theatralisch, eine Karte umblätterte. Finn staunte nicht schlecht, als er sah, dass tatsächlich die Herzdame aus dem Stapel gezogen worden war. »Frag gar nicht erst wie. Ein Zauberer verrät niemals seine Tricks. Das weißt du doch sicher, Bub! Was trinkt ihr zwei Hübschen denn?« Finn wurde die Situation unheimlich. Irgendetwas stimmte mit dem Mann nicht. Er bedankte sich, lehnte ab und gab in Ausrede zu verstehen, dass er mit Sue vielleicht später auf das Angebot zurückkommen würde - ehe sich die beiden abwendeten und auf die Herrentoilette verschwanden, um sich zur Erfrischung die Nase zu pudern. Die Kabine war von Stickern und Edding besudelt. Finn kramte gerade den Schnee heraus, als Sue ihn im Schritt packte. „Mach hin! Danach will ich einen Quickie", raunte sie und öffnete seine Hose. Die Lichter des Raums begannen zu flackern. Als er sich umdrehte, war Sue verschwunden. Wo sie eben noch stand, lag nun einzig die Zauberkarte des Magiers, welche er bestimmt hatte: die Herzdame. An der Kabinentür war in Finns Schrift "Finde dich zurecht, um zu verstehen" geschrieben worden. Das Licht erlosch. Eilige Schritte hallten durch den Raum. Plötzlich klopfte es kraftvoll an der Kabine. Das Licht ging wieder an. Ihm wurde unwohl, als er erkannte, dass jemand vor der Tür lauerte, der dieselben weißen Sneaker wie er trug. Durch den Spalt blickten zwei riesige, leere Pupillen in die Kabine. Im Affekt trat er die Tür aus den Angeln und schwang eine Faust - ins Nichts. Da war niemand! Finn hastete zum Waschbecken, in der Hoffnung, dass ihn ein Schwung kalten Wassers aus diesem Albtraum wecken würde. Doch stattdessen lief es ihm eiskalt den Rücken hinab, als er erkannte, dass ihm im Spiegel über dem Waschbecken keine Reflexion mehr entgegenblickte. Ihm wurde zum Speien übel. Im Blick zur Seite bemerkte er, dass die Kabinentür, die er ausgetreten hatte, wieder eingehängt war. „Mach hin! Danach will ich einen Quickie!" Sues Worte hallten im Echo durch den Raum. Alles lief in Revision ab.

Das Licht flackerte und erlosch. Er hoffte, dass sie für die eingehängte Tür verantwortlich war. Als Finn dagegen hämmerte, erhellte sich der Raum wieder - doch alle Hoffnung wich dem Wahn, als er durch den Türspalt schaute.

Es war er selbst, der in der Kabine stand! Die Reflexion blickte verstört auf seine weißen Sneakers - und plötzlich sprach ihm die Stimme seiner tiefsten Angst inne: „Du bist hier, weil du alles, was dir lieb und treu ist, aufs Spiel setzt, ohne dich selbst überhaupt gefunden zu haben. Der erste bleibt auch dein letzter Tanz, folgst du fremdem Takt.“ Finn blieb in der Revisionsschleife des Albtraums gefangen - so lange, bis er dessen Botschaft verstand ..

Der Unterschied

Im indischen Bundesstaat Odisha war eine Gruppe ignoranter Männer in den Laubwäldern der bedeutsamen Stadt Bhubaneswar auf der Jagd - nicht etwa, um neue Erkenntnisse zu dem Ursprung der vielen Tempel zu erringen - sondern um die seltenen, weißen Bengal Tiger zu schießen, denen der Schwarzmarkt hohe Kurse entgalt. Ein von Schüssen verfolgter Bengal hatte sich auf der Flucht ins Dickicht gerettet und rang um Luft zum Atem schöpfen, als er in den Zweigen, die über seinem massiven Kopf wucherten, ein schelmisches Kichern vernahm. »Hihihi! Wusst ich's doch. Ihr fetten Katzen nehmt mit euren mächtigen Tatzen und dem lauten Gebrüll ein Ende des Schreckens. Alle Anmut, die man euch zuspricht, halte ich für schieren Irrtum. Es fehlt die Fähigkeit sich an gegebene Verhältnisse anzupassen. Sieh nur, wie kleinlaut du starker Kerl bist - jetzt, da dein Ende naht!« Der Tiger versuchte den Schadenfrohen ausfindig zu machen - doch da war niemand. Einzig Laub und Zweige befanden sich über ihm, schwankend im tropischen Wind. Gerade wollte er aufbrechen, als die Stimme fortfuhr. »Während sich der Dschungel gegen dich wendet, habe ich es gemeistert von der Natur zu lernen. Anpassung verwirkt Wohlfahrt!« Der Königstiger schüttelte sich, ehe er sprach: »Und wer bist du?« Die Stimme kicherte: »Ich bin das Chamäleon aus dem Hause der Reptilien! In der Anpassung überliste ich nicht nur meine Feinde, sondern auch alles was ich jage.« Endlich entdeckte der Tiger das Wesen. Es kletterte schwerfällig die Äste entlang und hatte dabei die Farbe grünen Laubes getarnt. Mit tückisch hervorschnellender Zunge erhaschte es kleine Insekten, auf die es stets lauerte. Der Bengal erhob sich und schleckte sein prächtiges Fell, ehe er den kraftvollen Körper streckte und aus den mächtigen Tatzen seine riesigen, Messer scharfen Krallen ausfuhr. Das Chamäleon erschrak. »Moment, was hast Du vor?« Der Tiger erwiderte seelenruhig: »Ich spüre, dass diese Wesen, die sich hinter ihren Waffen verstecken, ganz nahe sind und will ihnen entgegen.« Das Chamäleon schrie von Sinnen: »Bist Du des Wahnsinns? Du wirst erschossen. Verfolge mein Beispiel. Sieh, wie ich die Farbe des Laubs verkörpere und sobald die Gefahr vorüber ist, wieder der Alte bin.« Der weiße Bengal versetzte: »Du bist eben ein Chamäleon. Ich hingegen aus dem Hause der Tiger!« Ehe es sich versah, erhob der Bengal sich im Sprung und hatte schon drei Jäger mit seinen gewaltigen Krallen zerrissen, sodass sich das Dickicht blutrot färbte. Der Ring der Treiber war zu Fall gebracht und alle anderen der Gruppe in die Flucht geschlagen worden, als sich der majestätische Tiger wieder etwas Ruhe gönnte in der erhebenden Freiheit, die sich für ihn in den weiten Steppen und Wäldern ergab. Das Chamäleon hingegen wurde später von einem der Jäger entdeckt, als es versuchte auf die blutrot besprenkelten Blätter zu reagieren. Dieser nahm das harmlose Wesen mit nach Hause und schenkte es seinem Sohn. Dem Jungen brachte es Freude, wenn er die Wechselfarben des Tieres beobachtete. Es schien nichts zu geben, woran das Tier sich nicht anpasste. Da nahm der Kleine das Gemälde mit den meisten Farben, dass er finden konnte und setzte das Chamäleon darauf, um zu

prüfen, ob es auch viele Töne gleichzeitig annehmen könnte. Und so kam es zum unweigerlichen Verhängnis, dass allen droht, die sich nur an andere anpassen, anstatt etwas Eigenes zu verkörpern: Das Wesen starb durch Überanstrengung.

Bist du müde?