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Wenn dir das Leben Steine in den Weg legt, hebe sie auf, male Herzchen drauf und dekoriere deine Fensterbank damit.
Isabelle schaffte es schon immer, aus jeder Situation das Beste zu machen.
Statt in Liebeskummer zu verfallen, kauft sie sich nach der Trennung von ihrem Freund ein altes Landhaus in der Pariser Vorstadt.
Alles scheint perfekt zu sein, bis plötzlich der Bruder der Vorbesitzer halb nackt vor ihr steht und sein Recht am Haus ausspricht.
Julien sieht überhaupt nicht ein, auszuziehen.
Isabelle gibt ihm bis zum Weihnachtsfest Zeit, sich eine neue Bleibe zu suchen, wenn er ihr so lange beim Renovieren hilft.
Doch dann verkauft sie ein wertvolles Bild von ihm und die Situation eskaliert.
Plötzlich hat sie nicht nur Streit mit Julien, dem sie gerade näherkam, sondern noch ganz andere Probleme.
Ob sie bis Heiligabend alles in Ordnung bringen kann?
***Das Taschenbuch umfasst 234 Seiten***
Alle Teile der "Wo die Liebe hinzieht ..." Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden, es macht jedoch am meisten Spaß, sie in Reihenfolge zu genießen.
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French Desire
Wo die Liebe hinzieht ... 3
Für Anett
Wenn dir das Leben Steine in den Weg legt, hebe sie auf, male Herzchen drauf und dekoriere deine Fensterbank damit.
French Desire
Kapitel 1
Isabelle
Isabelle
Kapitel 2
Isabelle
Isabelle
Kapitel 3
Isabelle
Julien
Kapitel 4
Isabelle
Julien
Kapitel 5
Isabelle
Isabelle
Isabelle
Kapitel 6
Julien
Isabelle
Isabelle
Kapitel 7
Isabelle
Julien
Kapitel 8
Julien
Isabelle
Kapitel 9
Julien
Isabelle
Isabelle
Kapitel 10
Isabelle
Isabelle
Kapitel 11
Julien
Julien
Isabelle
Kapitel 12
Julien
Isabelle
Julien
Kapitel 13
Julien
Isabelle
Leseprobe: Swedish Kisses
Kapitel 1
Clara
Clara
Kapitel 2
Thore
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Kapitelzitate - Übersetzungen
Avec son index fin, il tape sur l' annonce de la maison à Meudon, et se lèche les lèvres.1
»Nun leg doch mal die Zeitung weg, du hörst mir gar nicht zu.« Gael blickt stur zu mir herunter und verzieht seine Miene zu einem strengen Blick mit schmalen Lippen. Was wollte er gleich? Ich kann mich kaum noch konzentrieren. Immerzu der Lärm vor der Tür, sein Gejammere über meinen neuen Job und dass sich alles nur noch darum drehe. So ein Quatsch. Ihm passt es nicht, dass ich auf eigenen Beinen stehe und nicht mehr von ihm abhängig bin. Als wäre ich das je wirklich gewesen. Ich möchte nur frei sein und mein neues Leben in Paris genießen: abends gemütlich einen Wein an der Seine trinken, über den Champs-Élysées spazieren, Spieleabende mit Freunden verbringen. Eben einfach leben und abends die heimelige Ruhe zu Hause genießen. Mehr verlange ich gar nicht, doch das will Gael offenbar nicht akzeptieren und reißt mich aus meinen Gedanken.
»Hmm?« Ich tippe mit dem Bleistift gegen meinen Mund, wische rasch den hellroten Lippenstift vom Ende ab und kreise eine weitere Anzeige ein, ehe ich die heutige Ausgabe des Le Figaro vor mich auf den Küchentisch lege.
»Schaust du etwa wieder nach einem Haus? Wann schlägst du dir diese absurde Idee aus dem Kopf? Ein Haus in Paris ... man könnte meinen, das Geld läge auf der Straße. Isabelle, wie sollen wir uns das leisten? Außerdem brauchen wir so einen Firlefanz nicht, wir haben doch uns, das sollte dir genügen.«
Ich seufze. Diese Diskussion hatten wir nun so oft. Gael weiß, dass ich ab Januar mehr als genug verdienen werde, um mir ein hübsches Wohnparadies in der Vorstadt leisten zu können und dass ich mich hier allmählich eingeengt fühle. Wer kann es mir verdenken? »Du kannst mitsuchen, vielleicht finden wir dann schneller etwas, das auch dir gefällt. Ach Gael, du weißt, dass das Leben hier, mitten in Saint-Michel, nichts für mich ist. Stören dich die ganzen Touristen vor der Tür gar nicht? Man kann kaum einen Fuß nach draußen setzen, ohne von einem umgelaufen zu werden. Ich habe die letzten Jahre in Schweden verbracht, da konnte es passieren, dass das nächste Haus ein paar Kilometer entfernt stand und du stundenlang keiner Menschenseele auf den Straßen begegnet bist. Hier komme ich mir vor wie in einer Sardinenbüchse. Ich kann diese überfüllte Gegend einfach nicht ausstehen.« Paris hat so viele ruhige und wunderschöne Gegenden, doch diese hier gehört nicht dazu.
Bevor Gael mich zurückhalten kann, springe ich auf und gehe zum Fenster, schiebe die Gardine zur Seite und blicke hinab auf die belebte Pariser Straße. Es ist kaum ein Durchkommen möglich. Überall bieten sie völlig überteuerte Ware an: Wein für zwölf Euro, der im Supermarkt nur zwei kostet – Kopfschmerzen inklusive, und jede Menge Souvenirs aus China, die keiner braucht, aber jeder haben will. Es wird gefeilscht, geklaut, betrogen und gelogen. Immer wieder höre ich Sirenen, ständig habe ich Angst vor Einbrechern oder dass mir jemand beim Türaufschließen die Tasche klaut. »Ich halte es hier einfach nicht mehr aus«, flüstere ich und ziehe die Gardine wieder zurück, als ich einen Streifenwagen vor der Tür erblicke.
Gael schleicht sich von hinten an mich heran und legt seinen Kopf auf meiner Schulter ab, sodass seine kurzen schwarzen Haare an meiner Wange kitzeln und ich seinen heißen Atem auf meiner Haut spüre. »Aber ein Haus? Wir werden mindestens eine Million hinblättern müssen, wenn wir in Paris bleiben wollen. Das willst du doch, oder nicht?«
Will ich das? Paris ist wunderschön, keine Frage. Nur die vielen Leute machen mir zu schaffen. Ich vermisse Schweden, gestehe ich mir ein. Diese wunderbare Ruhe um einen herum und die Herzlichkeit der Menschen; dieses aufrichtige Miteinander, egal wo man hinkommt.
Seit einem halben Jahr bin ich nun hier. Wir hatten uns letzten Winter in Straßburg durch unsere Eltern bei einer Hochzeit kennengelernt. Zuerst wollte er zu mir nach Schweden ziehen, bis mir die Bank, in der ich im vorigen Sommer ein Praktikum absolvierte, eine sehr gut bezahlte Stelle anbot. Nun lebe ich seit Mai in Paris und habe langsam das Gefühl, mir fiele die Decke auf den Kopf.
Ich drehe mich zu Gael um und versuche zu lächeln. Ich liebe ihn, auch wenn er mich immer mehr einengt und mir zunehmend die Luft zum Atmen raubt. Vielleicht liegt das aber auch nur an den Dachschrägen, die mich tagtäglich zu erdrücken drohen. »Ich weiß. Trotzdem ... Denkst du nicht, wir sollten uns etwas Festes zulegen? Ab Januar werde ich immerhin in der Chefetage einer Bank sitzen, da sollte ein kleines Häuschen am Stadtrand doch drin sein. Schau mal ...« Ich wende mich von ihm ab und zeige auf die Zeitungsannonce. »Dort verkauft jemand ein Landhaus mit Garten für nicht einmal achthunderttausend Euro in Meudon. Das wäre perfekt.« Ich sehe das Haus bereits vor mir. Fenster mit Holzrahmen, braune oder rote Backsteine und ein schöner, großer Garten, in dem irgendwann einmal unsere Kinder spielen werden.
»Meudon? Dann muss ich jeden Tag quer durch Paris, wenn ich meinem Vater helfen will.« Nicht das wieder ...
Sein Vater, dieser alte Gauner, zieht die Touristen auch nur ab. Ich kann absolut nicht nachvollziehen, wieso Gael so scharf darauf ist, seinen Laden unter unserer Wohnung zu übernehmen. Es würde mich nicht wundern, wenn die Streife vor der Tür gerade seinem Vater einen Besuch abstattet, oder dem alten Emanuel von nebenan, der gefälschte Handtaschen und solchen Kram verkauft. Irgendwann werden sie auch mal unsere Wohnung durchsuchen wollen, dabei will ich mit den Gaunereien der anderen Mieter im Bezirk überhaupt nichts zu tun haben. Natürlich sind hier nicht alle so. Auch in Saint-Michel gibt es ordentliche und wirklich schöne Geschäfte, freundliche Souvenir-Verkäuferinnen und nette Cafés, leider gehen sie mehr und mehr unter.
Gael könnte so vieles aus seinem Leben machen, wenn er nur wollte. Er müsste nicht hierbleiben und in die Fußstapfen seines Vaters treten. Leider scheint er selbst wenig von seinem Können überzeugt zu sein und so verkauft er sich ständig unterm Wert. Sein Studium in Kunstgeschichte hat er mit Bravour abgeschlossen, trotzdem hangelt er sich von einem kleinen Auftrag zum nächsten. Ich versuche ihn immer wieder zu ermutigen, sich in einer der zahlreichen angesehenen Pariser Galerien zu bewerben, doch er lebt lieber von den Gaunereien seines Vaters und unterstützt ihn auch noch dabei. Wenn es um das Familienunternehmen geht, wie er es nennt, ist er unglaublich stur. Was ich möchte, ist ihm dabei völlig egal.
»Oder du suchst dir einen anständigen Job«, antworte ich schnippisch und verdrehe die Augen.
Gael reckt hochnäsig das Kinn und verschränkt die Arme wie ein Kleinkind. »Ist Madame sich sogar zu fein für einen einfachen Kaufmann?«
So hatte ich das überhaupt nicht gemeint. Wie schafft er es nur immer wieder, mir die Worte im Mund zu verdrehen und mir ein schlechtes Gewissen einzureden? »Gael, bitte veräpple dich nicht selbst. Ihr verkauft überteuerten Ramsch an Touristen, das hat nichts mit einem ehrlichen Kaufmannsleben zu tun. Außerdem denkst du wieder nur an dich. Aktuell bin ich es doch, die ab Januar jeden Tag fast eine Stunde quer durch Paris fahren muss. Von Meudon aus wäre ich in zwanzig Minuten in der Bank.«
»Also bist du dir nun auch noch zu fein für die Metro? Und bald dann wohl auch für mich? Du wirst noch sehen, was du davon hast, wenn du diesen Schnösel-Job antrittst.« Jetzt geht das wieder los ... Immer die gleiche Leier; Tag für Tag, seit ich den Arbeitsvertrag unterschrieben habe. Als wäre ich jetzt, wo ich nicht mehr studiere und eine gute Position ergattern konnte, ein anderer Mensch. Als wir uns kennenlernten, hatte ich gerade erst das Praktikum beendet gehabt. Dort störte ihn mein Auftreten überhaupt nicht und nun macht er ein solches Drama um meine neue Arbeitsstelle. Oder ist es die Position, mein zukünftiger Verdienst? Inzwischen ist es mir egal, solange er einwilligt, aus dieser schäbigen Zwei-Zimmer-Wohnung auszuziehen und das Stadtviertel zu wechseln.
Betrübt gehe ich zurück zum Tisch und sinke auf den Stuhl. »Ich habe es satt, mich ständig mit dir zu streiten. Was soll das denn? Gael, mon chéri, ich habe alles für dich aufgegeben. Du weißt ganz genau, dass ich nur deinetwegen hierherkam und diese Stelle annahm. Ich habe hier doch niemanden sonst.«
»Ma chère, das weiß ich. Und dafür liebe ich dich auch so sehr.« Jetzt ist er wieder ganz sanft. Er legt seine Arme über meine Schulter und küsst meinen Kopf, dann stellt er sich neben mich. »Aber natürlich bist du auch anderen Menschen hier wichtig. Was ist zum Beispiel mit deiner Tante? Wie hieß sie noch?«
Ich runzle die Stirn. »Colette?«
»Ja, sie hast du doch noch.«
Meine Augenbrauen wandern ganz automatisch ein Stück weiter nach oben. Wie um alles in der Welt kommt er jetzt auf Tante Colette? »Gael, also bitte. Wie oft haben wir sie gesehen, seit ich hier bin? Zwei Mal? Und das eine Mal war es purer Zufall. Nachdem, wie sie Maman zuletzt am Telefon anging, möchte ich sie so schnell auch nicht wieder besuchen.«
»Davon hast du mir gar nichts erzählt.« Gael zieht einen Stuhl hervor und setzt sich zu mir an den Tisch, dabei entgeht mir nicht, wie seine Augen immer wieder zu den Immobilien-Annoncen schielen. Er interessiert sich wahrscheinlich gar nicht für Colette und will bloß wissen, was ich dort alles eingekreist habe. Dieser Schlawiner.
Abwehrend winke ich mit der Hand. »Ach, das war so ein Unsinn. Sie haben sich wieder einmal um Großvaters Grab gestritten und zum Schluss hat sie mitten im Gespräch aufgelegt.« Natürlich weiß ich, dass meine Mutter auch nicht ganz unschuldig an diesem Gesprächsausgang gewesen sein wird. Ich habe selbst erlebt, wie aufbrausend sie sein kann, wenn ihr etwas nicht passt. Leider muss ich zugeben, dass ich diese Eigenschaft von ihr geerbt habe.
»Ach so.« Gael blickt kurz zur Seite, als müsse er überlegen. Schließlich lächelt er breit. »Also gut, ein Kompromiss.« Gael zieht die Zeitung zu sich und studiert die Anzeigen, die ich umrandet habe, genauer. Wusste ich es doch, Colette interessiert ihn kein Stück. Er tippt mit seinem schlanken Zeigefinger auf die Annonce zum Haus in Meudon und leckt sich seine schmalen Lippen. »Das hier besuchen wir, in Ordnung? Aber nur dieses.«
»Wieso nicht die anderen?«, frage ich stirnrunzelnd. Die anderen Anzeigen klingen schließlich ebenso interessant.
»Da steht kein Preis bei. Wenn sie sich nicht trauen, den hinzuschreiben, dann können wir es uns auch nicht leisten.« Grinsend wedelt er mit der eingerollten Zeitung in der Hand vor meinem Gesicht, sodass meine blondierten Haare vor meine Augen wehen. »Wieso schaust du nicht im Internet?«
»Weil«, entgegne ich, »dort alles direkt weg ist. Die wahren Schnäppchen schlägt man heute über die Zeitungen.« Die Leute sind viel zu sehr von den schönen Bildern online geblendet. Und dadurch, dass online alles viel schneller und einfacher geht, bewerben sich dort auch mehr Leute und die Konkurrenz ist viel zu groß. Nein, dieser Hektik und Verblendung gebe ich mich nicht hin. Wenn es um den Häuserkauf geht, halte ich mich an Mamans Tipp und schaue offline.
Heute ist es soweit und wir werden uns das Häuschen in Meudon anschauen. Ich bin unglaublich gespannt, wie es aussieht. Das ist auch ein Grund, wieso ich lieber in der Zeitung nach Häusern suche. So kann ich mich überraschen lassen, wie alles ausschaut. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass es nicht längst vergeben ist und wir problemlos einen Termin bekamen. Ich sage ja, heute stürzen sich alle auf die Onlineangebote und vernachlässigen total die Printanzeigen.
Wenn Gael sich nur spurten würde. Unruhig laufe ich im Hausflur auf und ab. »Gael, mon chéri, beeile dich, sonst kommen wir zu spät.« Was macht er nur wieder? Seit einer Viertelstunde ist er im Badezimmer und rührt sich nicht. Dabei ist es bereits nach zwölf und um dreizehn Uhr sollen wir dort sein.
»Un moment«, ertönt es aus dem Bad, dann höre ich das Schloss klicken und die Tür öffnet sich. Wow.
»Du hast dich schick gemacht«, stelle ich verblüfft fest. Eigentlich dachte ich, er sträube sich immer noch gegen die Besichtigung, doch nun hat er sich sogar in einen Anzug geworfen.
»Kannst du mir bei der Krawatte helfen?«
Ein Schmunzeln huscht über meine Lippen. Ich habe ihn noch nie so gutaussehend gesehen. Wieso macht er sich sonst nie schick? Ich wusste nicht einmal, dass er einen Anzug besitzt, wo er doch immer nur seine Standardhemden anzieht.
»Naturellement«, antworte ich und greife an den seidenen Stoff. Einen anständigen Krawattenknoten zu binden lernte ich bereits in der Grundschule. Mein Vater legte immer viel Wert auf die Sonntagskleidung, sodass dies kein Problem für mich ist. Ich lege Gael die Krawatte um und binde sie zurecht.
»So«, sage ich, klopfe ihm sachte auf die Brust und zupfe sein Hemd zurecht. Seufzend schaue ich ihn an und gebe ihm einen raschen Kuss auf die Wange, ehe wir die Wohnung verlassen und nach unten laufen.
Beim Gang durch den Flur fällt mir beim Blick in den Spiegel vorm Hinausgehen mein rötlicher Haaransatz auf und ich greife rasch zu meiner blauen Baskenmütze, die an der Garderobe hängt. Ich bin immer noch hin und her gerissen, ob ich meine Haare erneut blondieren soll, oder ob ich die Farbe herauswachsen lasse.
»Hast du die Adresse?«, fragt Gael und steigt ins Auto, dass eine Querstraße von unserer Wohnung entfernt steht. Vor der Tür findet man eigentlich nie einen Parkplatz. Ich setze mich auf den Beifahrersitz und krame den kleinen Notizzettel aus meiner Tasche, während Gael sich anschnallt. Wenn ich kann, vermeide ich es, im belebten Paris selbst zu fahren. Daher bin ich immer erleichtert, wenn er sich ans Steuer setzt.
Ich gebe alles ins Navi ein, während er sich gekonnt durch die Passanten schlängelt, bis wir auf der Hauptstraße ankommen und uns in den Stadtverkehr einreihen können. Mein Blick schweift über die Kopfsteinpflaster entlang der Seine, die nun immer mehr von den herabfallenden Blättern der schmalen Bäume am Ufer bedeckt werden. Der rot-gelbe Boden gibt ein wunderschönes Bild der herbstlichen Uferpromenade ab. Nun dauert es nicht mehr lange, und der Winter bricht ein. Ich bin unglaublich gespannt, wie der französische Winter sein wird. Wird so viel Schnee wie in Karlstad liegen oder muss ich mich mit ein paar wenigen Flocken zufriedengeben? In Schweden gab es Tage, da war es um halb drei stockfinster oder es lag so viel Schnee, dass man nur mit dem Schlitten vorankam. Auch wenn letzteres nur selten vorkam.
Ein einzelnes, rotbraunes Ahornblatt fliegt an meiner Fensterscheibe vorbei und tänzelt in der Luft, während wir im Stau stehen und uns das Hupkonzert der einfädelnden Autos anhören. Noch ein weiterer Grund für mich, endlich raus aus der Innenstadt zu ziehen.
Als wir in Meudon ankommen, sind beinahe fünfzig Minuten vergangen. Dabei haben wir bloß vierzehn Kilometer zurückgelegt. Das alte Landhaus liegt nicht weit von der Seine entfernt. Wir parken in der großzügigen Einfahrt und steigen aus. Die Sonne scheint und es sind kaum Wolken am Himmel zu entdecken. Offenbar haben wir einen ausgesprochen guten Oktobertag für die Besichtigung erwischt. »Was für eine Idylle«, flüstere ich und blicke auf die Trauerweide, die vor der hauseigenen Garage steht und beobachte die Vögel auf den Ästen. Es ist wunderschön und ich kann es kaum erwarten, das Haus von innen zu sehen. Von außen erinnert es mich ein bisschen an ein altes Cottage. Wir waren vor Jahren, da war ich zehn oder elf, mal für ein paar Wochen in Schottland zu Besuch, dort standen viele solcher Häuser. Mein Blick wandert zu meinem Mann. Selbst Gael sieht überrascht aus, als er über den großen Vorgarten bis zur Garage blickt und auf den Eingang des Landhauses zusteuert.
»Schau, hier könnten unsere Kinder mit Kreide malen oder seilspringen. Gael, wäre es nicht schön, wenn sie hier aufwachsen würden?«
Die Seitenstraße ist so ruhig, dass man kaum Autos hört. So weit auseinanderstehende Häuser wie hier habe ich inmitten von Paris nie gesehen. Hier hat noch jeder sein eigenes Reich.
»Ja«, antwortet Gael und sieht plötzlich mürrisch drein. Sein rechtes Auge zuckt leicht. Das tat es zuletzt, als wir uns gestritten haben. Was habe ich Falsches gesagt? Gaels Laune ist auch eine tickende Zeitbombe. Wie schafft er es nur, so mürrisch und zerknirscht auszusehen, wo die Sonne scheint und wir gleich unser Traumhaus begehen werden? Selbst nach all der Zeit werde ich nicht schlau aus ihm.
Um uns bläst ein kühler Wind, der die Sonnenwärme ein wenig trübt und mir meine langen blonden Haare ins Gesicht weht. Ich halte meine Mütze fest und raffe meinen kobaltblauen Mantel näher an meine schlanke Taille. »Komm«, sage ich und reiche ihm meine Hand, um gemeinsam zur Tür zu gehen, neben der ein Schild mit der Aufschrift Roux Unternehmensberatung hängt.
Ich klopfe erst an, dann entscheide ich mich doch für die Klingel und sogleich öffnet sich die weiß gebeizte Tür.
»Bonjour«, begrüßt uns eine junge Frau, die nur wenige Jahre älter als ich sein dürfte. »Sie müssen Madame Moreau sein.« Sie reicht uns abwechselnd die Hand und sieht uns mit steifem Gesichtsausdruck an, ehe sie die filigranen Hände zurück in ihre Hüfte, über die weiße Bluse, die in ihrem grauen Bleistiftrock steckt, stemmt.
»Genau, und das ist mein Partner Monsieur Bertrand.« Nachdem ich die letzten Jahre in Schweden alle Menschen um mich herum geduzt habe, ist es eine ziemliche Umstellung für mich, nun jeden zu siezen.
Gael nickt der Frau zu, ohne groß eine Miene zu verziehen und sie bittet uns herein.
»Kommen Sie. Ich bin Lenè Roux, meine Schwester Florine ist noch in der Küche. Sie setzt uns einen Tee auf, während ich Ihnen die unteren Räumlichkeiten zeige. Folgen Sie mir bitte.« Mann, wirkt die Frau steif, denke ich mir, während ihr strenger Dutt vor mir auf und ab wippt. Mit der ist sicherlich nicht gut Kirschen essen. Auf der anderen Seite passt sie gerade wunderbar zu der Laune, die Gael nun, wo wir hier sind, an den Tag legt. Wo ist der gut gelaunte Mann, der noch vor einer Stunde aus dem Badezimmer kam, plötzlich hin? Manchmal frage ich mich, ob er irgendwie an Stimmungsschwankungen leidet. Das ist nämlich nicht das erste Mal, dass er sich so verhält. Oft genug hat er mir dadurch den Tag vermiest, doch heute lasse ich nichts an mich herankommen. Heute wird mein Tag. Wenn das Haus von innen nur annähernd so toll aussieht wie von außen, dann muss ich es haben. Und was ich haben möchte, bekomme ich auch. Es gibt Sachen, für die lohnt es sich zu kämpfen, und eine Bleibe in Meudon gehört dazu.
Wir betreten das wärmende Wohnzimmer, in dessen Kamin ein leises Feuer knistert, dass sogleich die angespannte Stimmung von gerade auflockert. »Der Ofen wurde erst kürzlich ausgetauscht. Im Garten befindet sich noch ein großer Unterstand mit Holz. Wenn Sie möchten, können sie das übrige Holz gerne mit übernehmen, es sollte für diesen Winter noch ausreichen«, erklärt Madame Roux und zeigt auf den schönen, freistehenden Kachelofen.
Ich nicke geistesabwesend und gleite mit meiner Hand über das ledernde Sofa und den dunklen Holztisch, an dem meine ganze Familie, wenn sie zu Besuch käme, Platz hätte. Ich liebe diese alten schweren Echtholzmöbel. »Wie gefällt es dir?«, frage ich Gael leise, während Madame Roux uns mit verschränkten Armen ansieht. Kann ihr bitte jemand den Stock aus dem Allerwertesten ziehen?
»Ganz nett, aber findest du es nicht zu dunkel?« »Hmm«, antworte ich nichtssagend und hebe die Schultern. Dunkel ist es tatsächlich. Die Trauerweide vor dem Fenster schluckt einiges an Licht, ebenso der grüne Vorhang, der offenbar den Zugang zur Treppe nach oben versperrt. Der kommt auf jeden Fall weg, beschließe ich, während Madame Roux uns ins separate Esszimmer führt, das an Küche und Wohnzimmer grenzt. Vielleicht stelle ich die lange Tafel aus dem Wohn- ins Esszimmer und entsorge den Tisch, der hier steht, falls ich die Möbel übernehmen darf.
Während sie vor dem Ofen stehen bleibt und ihren Bleistiftrock glättet, lugt ihre Schwester (die ihr sehr ähnlich sieht, aber älter sein dürfte und noch nicht verlernt hat, zu lächeln) aus der Küchentür und begrüßt uns mit einem freundlichen Gesicht und einem Bise auf die rechte und linke Wange, als würden wir uns ewig kennen.
Ich stelle uns vor, dann eilt sie zurück in die Küche, während ihre Schwester uns weiter durch das Haus führt. Ans Esszimmer grenzt ein wohnlicher Wintergarten mit vielen schönen Pflanzen, dessen Fensterscheiben jedoch zum Teil ausgetauscht werden müssen und auch das Bad muss unbedingt saniert werden. Ich schätze, die Fliesen an den Wänden stammen noch aus den Sechzigern und auch der Rest des Bades bedarf dringend einer Generalüberholung. Das größte Problem wird aber die Heizung sein, die gibt es nämlich nicht. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie ich ausschließlich mit den beiden Öfen in Wohn- und Esszimmer das ganze Haus warm bekommen soll. So, wie ich Madame Roux verstanden habe, sind auch oben keine Heizungen angelegt und es kann lediglich mit einem Heizlüfter gewärmt werden. Ebenso sind die Leitungen ziemlich alt und die Fenster nur einfach verglast. Hoffentlich kostet der ganze Spaß nicht mehr, als mein Budget hergibt. Gael sieht jedenfalls wenig begeistert aus, als er das heruntergekommene Badezimmer sieht und ich muss gestehen, dass ich ihn verstehen kann. Trotzdem lasse ich mir das schöne restliche Ambiente so schnell nicht madigmachen.
In der Küche, die im Gegensatz zum Badezimmer relativ neu zu sein scheint, setzen wir uns bei einer Tasse Tee an den Tisch und die Ältere der Schwestern reicht mir einen Stapel Papiere. »Schauen Sie«, sie tippt mit ihrem Kugelschreiber auf die oberste Zeile, »das Haus hat insgesamt hundertachtundsechzig Quadratmeter, ist teilweise unterkellert und hat im oberen Geschoss ein paar Dachschrägen. Dazu kommt das große Grundstück mit knapp eintausend Quadratmetern. Der Ofen im Wohnzimmer wurde erst letztes Jahr erneuert, ebenso die Küchenzeile.« Sie zeigt auf die weiße Landhausküche, die mich an meine schwedische Heimat erinnert. »Wenn Sie möchten, können Sie die Einrichtung kostenlos übernehmen. Im Obergeschoss gibt es«, sie zieht ein anderes Blatt mit einem Grundriss drauf hervor, »weitere vier vollwertige Zimmer und zwei kleine Badezimmer.