Liebespost vom Weihnachtsmann - Lisa Summer - E-Book
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Liebespost vom Weihnachtsmann E-Book

Lisa Summer

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Beschreibung

Geschenke, Rentiere, Plätzchenduft.
Wenn es etwas gibt, das Lena über alles liebt, ist es Weihnachten.
Und ausgerechnet ihr Lieblingsfest soll sie in diesem Jahr alleine verbringen, da ihre Eltern auf Mauritius sind und ihre Schwester lieber bei ihrem neuen Freund in Hamburg bleibt.
Nur ihre beiden Hunde leisten Lena im Advent Gesellschaft, während sie das Haus ihrer Eltern in der Eifel hütet - bis der super süße Postbote Flo unverhofft in ihr Leben tritt und alles auf den Kopf stellt.
Geht ihr Wunsch, Weihnachten nicht alleine zu sein, doch noch in Erfüllung?

Band 1 der Eifelliebe-Reihe spielt in Monschau.

Alle Teile der Eifelliebe-Reihe sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Bisher erschienen:
Observe - Die neue Welt
Observe - Die andere Seite
Ich kann dich verdammt gut riechen
British Love
Swedish Kisses
French Desire
Italian Feelings
High Seas - Leidenschaft auf hoher See
Die Farben meiner Hoffnung

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Liebespost vom Weihnachtsmann

von Lisa Summer

 

Inhaltsverzeichnis

1. Noch 23 x schlafen

2. Ich öffne dann mal das nächste Türchen

3. Wir brauchen mehr Deko

4. Adventsbesäufnisse

5. Von Weihnachtsmännern und anderen Vorkommnissen

6. Vanillekipferl zum Nikolaus

7. Lass uns einen Weihnachtsmann mieten

8. Post an mich selbst

9. Der Satz mit x, der war wohl nix

10. Zocken oder Zocken, das ist hier die Frage

11. Ich geh dann mal in Rente

12. Verfolgt von einem Idioten

13. Advent, Advent, die dritte Kerze brennt

14. Zuwachs im Advent

15. Schlumpi, ein Störenfried?

16. Wo blieb die Weihnachtspost?

17. Wie ich Knecht Ruprecht eines über die Birne zog

18. Liebesgeflüster im Schneegestöber

19. Jetzt hat΄s die Nachbarin erwischt

20. Advent, Advent das letzte Lichtlein brennt ...

21. Wer braucht schon Weihnachten, wenn wir Vorweihnachten haben?

22. Der etwas andere Weihnachtsmarkt

23. Der hässlichste aller Christbäume gehört mir

24. Heiligabend – wir sollten uns besinnen

25. Und wenn das fünfte Lichtlein brennt ...

Impressum

 

1. Noch 23 x schlafen

 

»Prinzi, Schlumpi, ich bin wieder zuhause«, rief ich in den Flur hinein und beobachtete die Hunde dabei, wie sie die Treppen herunterstürzten und sich beinahe überschlugen. Schlumpi bellte wie gewohnt das ganze Haus zusammen, während Prinzessa solange an meinen Beinen hochsprang, bis ich mich ihrer erbarmte und mich zu ihr hinabbeugte, um ihr Köpfchen zu streicheln und ihr einen kleinen Nasenkuss − trockene an feuchte Spitze − zu geben. Wie sehr hatte ich meine Hunde in den letzten Wochen vermisst. Zumindest was das anging, freute ich mich, wieder in meinem Elternhaus zu sein. Zwar war Düren nicht weit entfernt von Monschau, dennoch schaffte ich es nur selten hierher. Zu selten.

»Na los, ab ins Wohnzimmer ihr Racker und lasst mich auspacken.« Die Hunde hechteten um mich herum und den Flur hinunter, wenn auch nicht in die warme Wohnstube.

Ich streifte die matschig gewordenen Schuhe ab, hing die schneenasse Jacke ins Bad im Obergeschoss an die Heizung und schleppte die beiden Beutel in die Küche.

Seit ich vor ein paar Tagen im Haus meiner Eltern angekommen war, schneite es fast ununterbrochen. So einen Winter hatte ich schon ewig nicht mehr erlebt. In Düren schneite es zwar auch immer, wenn in der Eifel Schnee fiel, doch nie blieb wirklich etwas liegen.

Ich räumte die Taschen aus und alles in den Kühlschrank, dann ging ich zu den Hunden ins Wohnzimmer und kuschelte mich zu ihnen auf das Sofa. Es war so ungewohnt, wieder im Haus meiner Eltern zu leben. Nachdem mein Vermieter Eigenbedarf angemeldet hatte, kam es wie gerufen, dass meine Mutter mich bat, diesen Monat auf das Haus aufzupassen und mich um meine beiden Süßen zu kümmern.

Prinzessa blickte mich mit ihren treuen Augen an und ihre schwarze Nase streifte meine Hand. »Ihr habt wohl Hunger? Dann kommt mal her.« Man hätte meinen können, die beiden wären kurz vorm Exitus, so, wie sie sich auf ihre Fressnäpfe stürzten.

Ich setzte mich auf einen der weißen Landhausstühle und lehnte mich entspannt zurück. Dabei blickte ich auf die Post, die ich bereits heute Morgen nach dem Schneeschüppen hereingebracht hatte. Erst jetzt fiel mir die Postkarte auf, die zwischen all der Werbung hervorlugte. Vorne prangte das Bild eines weißen Sandstrandes und in verschnörkelter Schrift stand Mauritius darüber. Ich drehte die Karte um.

 

Hallo Lena.

Wir sind gut angekommen und Papa hat bereits einen dicken Sonnenbrand. Ich leide nur etwas unterm Jetlag. Dafür konnten wir die ersten Tage bei sonnigen dreißig Grad genießen. Den Winter und unseren Hochzeitstag hier zu verbringen, war eine wunderbare Idee. Wir hoffen, bei dir läuft alles gut, die Hunde treiben dich nicht in den Wahnsinn und das Haus steht noch. Wir haben dich lieb.

Mama und Papa

 

Ich blickte mich in der Küche um, ja, bisher war alles noch an Ort und Stelle: So, wie sie es verlassen hatten. Und den Hunden, denen ging es prächtig. Prinzi war ganz aus dem Häuschen, als ich vor fünf Tagen hier ankam. Jetzt klapperten ihre leergefutterten Näpfe, Schlumpi stampfte Richtung Wohnzimmer und Prinzessa rollte sich in ihrem Körbchen neben der Heizung ein. Mit ihrem kurzem, hellbraun-weißem Fell sah sie aus wie eine kleine Schlange, wenn sie ihr Köpfchen und die spitzen Ohren unter ihrem Körper versteckte. Selbst den Schwanz sah man nicht mehr, wenn sie ihre liebste Schlafposition einnahm.

Dieses Jahr war alles anders. Meine Eltern waren auf Mauritius, ich war Single und Katja, meine Schwester, lebte nun in Hamburg und genoss das Nachtleben als Studentin. Erst gestern hatte sie mir mitgeteilt, dass sie Weihnachten nicht herkommen würde, wenn unsere Eltern nicht da sein würden. So viel lag ihr also an mir ... Ich wusste, dass ich eingeschnappt war. Ich liebte das Weihnachtsfest – und nun sollte ich es alleine verbringen. Ich kannte so gut wie niemanden hier in Monschau. Die meisten in meinem Alter waren nach der Schule längst weggezogen. Viele nach Aachen oder Köln, um zu studieren. Ich habe selbst drei Jahre nach dem Abi in Köln gewohnt, ehe sich die unfreiwillige WG, in die ich aus Kostengründen ziehen musste, aufgelöst hatte und mir die Miete in Köln zu teuer wurde. Also zog ich nach Düren, und nun muss ich mir nach zwei Jahren dort erneut eine Bleibe suchen. Und das ausgerechnet kurz vor Weihnachten. Natürlich wusste ich nicht erst seit gestern, dass ich ausziehen musste. Seit drei Monaten durchstöberte ich die Kleinanzeigen ohne etwas Passendes zu finden.

Ich schlug die Zeitung auf und durchforstete den Wohnungsmarkt. Viel gab es nicht. Die meisten boten bloß Häuser zum Verkauf an und das wollte ich mir noch nicht leisten. Nicht jetzt, wo ich mich gerade erst als Grafikdesignerin etablierte und die ersten Aufträge eintrudelten.

Der Anzeigenteil bot wenig, also blätterte ich den Rest durch. Auf der Kreisstraße 27 gab es in Folge des Nebels und dem starken Schneefall gestern früh einen schweren Unfall und in Monschau und Simmerath kam es zu einer Kette von Einbrüchen in den letzten Tagen. Na, solange sie hier nicht vorbeisahen ... Aber bei uns gab es eh nicht viel zu holen. Meine Eltern hatten gerade erst das ganze Geld in die neue Küche gesteckt und es würde wohl kaum jemand hier nachts einsteigen und den Herd ausbauen ...

Ich legte die Zeitung zusammen und schmiss sie auf den Altpapierhaufen neben der Küchenzeile. Die Postkarte bekam einen Ehrenplatz am Kühlschrank und ich verschlang den Inhalt meines ersten Kalendertürchens. Noch einen Vorteil, den es mit sich brachte, wieder bei Mutti zu wohnen. Mein erster Adventskalender seit ich ausgezogen war. Jetzt fehlte nur noch ein heißer Wintertee, um in Stimmung zu kommen − Bratapfel klang gut − und einen Plan, wie ich Weihnachten retten konnte.

 

2. Ich öffne dann mal das nächste Türchen

 

Im Radio lief heute Früh bereits zum dritten Mal Last Chrismas und ich überlegte langsam, ob ich das Gerät aus dem Fenster werfen sollte. Stattdessen trällerte ich jedoch laut mit, in der Hoffnung, dass die Nachbarn unser Schicksal in die Hand nehmen würden − doch niemand nahm sich unserer an und so schwang ich weiter das Nudelholz und plättete voller Zuversicht den Plätzchenteig à la Dr. Oetker. Ich hätte tatsächlich nichts gegen Besuch gehabt. Es war bereits die erste Woche im Haus meiner Eltern vergangen, und gefühlt hatte ich die ganze Zeit über alleine mit den Hunden verbracht, mich fast täglich durch den Schnee gekämpft und am PC gesessen, um wenigstens ein wenig Produktivität vortäuschen zu können. Nur Weihnachten − Weihnachten konnte ich noch immer nicht retten. Mein einziger Trost war, dass Jana sich morgen mit mir zum Weihnachtsshopping treffen wollte. Dann konnte ich endlich damit loslegen, das Haus zu dekorieren, Geschenke zu verpacken − auch wenn ich sie alle verschicken musste − und mir mein Silvesteroutfit zu besorgen. Düren war zwar nicht unbedingt ein Hot Spot zum Shoppen, doch allemal besser als die wenigen kleinen Läden in Monschau. Und seit sie den Depot in der Innenstadt hatten, war auch für die Weihnachtsdekoration gesorgt.

Ich hatte mich gerade an der Nase gekratzt und wollte nun den Teig ausrollen, als es klingelte und die Hunde zur Tür stürmten. Daran musste ich mich erst wieder gewöhnen.

Ich schob die Gardine am Küchenfenster ein Stück zur Seite und lugte nach draußen, doch die kleine Tanne, die übermorgen als erstes auf meinem Weihnachtsschmückplan stand, versperrte mir die Sicht. Es war noch ziemlich früh, bestimmt war es der alte Herr Sommer von der Bäckerei. Meine Eltern hatten eine Brötchenflatrate bei ihm und so bekam ich jeden Tag ein Mohn- und ein Käsebrötchen an die Haustür geliefert. Es wunderte mich nur, dass er heute klingelte. Meistens stellte er die Tüte einfach windgeschützt ab. Nur am ersten Tag hatte er geklingelt, weil er über die Brötchenwahl verwundert war und wissen wollte, warum mein Vater seine beiden Bierteigbrötchen nicht mehr wollte.

Oder wollte sich nur jemand beschweren, weil der Weg nicht ausreichend geräumt war? Ich hatte keine Ahnung, wie weit ich alles freischaufeln musste. Es war Jahre her, dass ich beim Schneeschüppen helfen musste und als ich meine Eltern zum Flughafen gefahren hatte, waren die Straßen noch freigewesen. Ich hatte ja selbst nicht damit gerechnet, dass es gleich am nächsten Tag zu schneien beginnen und nicht mehr aufhören würde.

Jetzt klopfte der ungeladene Gast auch noch zusätzlich. Bestimmt war, wer auch immer da draußen stand, schon genervt, weil ich nicht gleich öffnete. Ich sah aus wie jemand, der in einen Sack Mehl gefallen war. So konnte ich doch nicht zur Tür gehen − und die Hunde, die an der Tür hochsprangen und bellten, machten es nicht besser. Ich klopfte das Mehl an meinen Händen an der Rosenschürze ab, die noch von meiner Uroma stammte, streifte mir die Haare hinters Ohr und öffnete die Tür.

Das war nicht Herr Sommer. Und er sah auch nicht wie ein wütender Nachbar aus, der meinetwegen nicht an unserer Einfahrt vorbeikam. Aber er strahlte wie der Sommer. Wie konnte man nur so dermaßen blaue Augen haben? Da war das Meer vor Capri nichts gegen. Wie gebannt sah er mich an, lächelte – nein, er schmunzelte eher – und hielt mir etwas in seinen rot-gelb gestrickten Handschuhen hin. Ein Gryffindor – wie ich. Mein Herz wurde gleich noch wärmer.

»Hi«, presste ich hervor.

»Guten Morgen, sind Sie ... ähm, sie haben da was ...« Der Postbote sah von dem Päckchen in seinen Händen auf, runzelte die Stirn und blickte mich neugierig an. Dann kam er näher, und kurz dachte ich, er wolle mir ins Gesicht greifen. Doch dann zog er seine Hand zurück und lächelte nur.

Was hatte ich? Vielleicht einen riesigen Pickel? Bitte nicht! Das hätte mir doch heute Morgen auffallen müssen. Ich drehte mich zur Seite und blickte in den Wandspiegel neben der Tür. »Oh«, entfloh es mir, und ich wischte mit dem Handrücken den braunen Schokoteigkrümel von meiner Wange. Nur Schokolade, kein Pickel. Jetzt musste ich auch lächeln. Doch nun hatte ich stattdessen einen breiten Mehlstreifen quer über dem Gesicht hängen. Verdammt. Wieso habe ich mir nicht die Hände gewaschen? Dieses Mal versuchte ich es mit meiner Schulter und im nächsten Moment war mein Gesicht wieder sauber und die schwarzen Ärmel meines Shirts dafür weiß befleckt. Was soll’s? Noch schlimmer konnte es nicht werden. Der süße Postbote grinste verlegen, als sei er sich selbst nicht sicher, was ich hier trieb.

»Also, wer bin ich?« Na toll, jetzt trug ich nicht mehr nur die Schürze meiner Urgroßmutter, sondern klang auch noch wie sie ... Was war das für eine Frage? Endlich lernte ich in diesem Kaff mal jemanden kennen, der nicht so alt wie meine Eltern war und dann benahm ich mich wie die letzte Idiotin.

Der hübsche Blondschopf starrte auf das Päckchen in seiner Hand. »Lena Küppler?« Ein Zögern schwang in seiner klaren Stimme mit. Dann öffnete er den Mund und riss die Augen auf, als hätte ihn die Erkenntnis erfasst, die mir bisher verborgen blieb. »Ahh, natürlich. Sie müssen Utes Tochter sein.« Ute, also kannte er meine Mutter. War das jetzt gut oder schlecht? Wieder lächelte er verschmitzt.

Ich starrte auf sein hübsches Gesicht, das zur Hälfte von seinem Schal verdeckt wurde. Dann fiel mir endlich ein, dass das ganz komisch aussehen musste, also senkte ich rasch die Lider und blickte wieder auf die Handschuhe und das kleine Paket mit Weihnachtsmotiven. Erst jetzt sah ich, was darauf lag: Ein Brief an meine Mutter. Also kannte er sie womöglich doch nicht persönlich. Vielleicht war das ganz gut. Mama war manchmal etwas eigenartig. Auf der anderen Seite kannte hier wirklich jeder jeden. Und ich wusste nicht einmal, ob ich einen Postboten oder eine Botin in Düren hatte.

Wir schwiegen uns noch immer an und ich überlegte kurz, was er zuletzt gefragt hatte, als es mir wieder einfiel. Lena Küppler ... »Ja − ja ... Ich bin Lena. Und Sie sind?« Hatte ich das gerade wirklich gefragt? Seit wann fragte man denn den Postboten nach seinem Namen? Aber vielleicht machte man das hier so. Er schien zumindest weniger verwundert über meine Frage, als ich erwartet hatte.

Ein verschmitztes Lächeln trat auf sein Gesicht und er zog die Stirn kraus. »Flo von der Post, stets zu Ihren Diensten«, sagte er lachend, verbeugte sich leicht und reichte mir mein Paket und den Brief. »Und ich muss langsam weiter.« Er nickte rüber zu seinem Postauto, als es wieder zu schneien begann. Na super, dann musste ich in einer Stunde bestimmt wieder an die Schneeschaufel. Selbst für die Eifel war der viele Schnee in dieser Woche ungewöhnlich.

Ich starrte Flo von der Post an und er mich, als erwartete er eine Antwort – vermutlich hätte auch ein einfaches Tschüss gereicht. Doch ich war noch ganz benommen von der Berührung seiner Fingerspitzen, als er mir das Päckchen mit den bunten Weihnachtswichteln drauf übergeben hatte.

»Also, einen schönen Tag, Lena.« Er zwinkerte mir zu und kurz setzte mein Herz aus.

Verdammt, verdammt, verdammt. Was war gerade los? Ja, ich war jemand, der sich schnell verguckte. Der schneller ins Schwärmen geriet, als andere ihren Namen buchstabieren konnten. Aber das hier, das war selbst für mich unnormal. War es sein Lächeln gewesen, die blauen Augen, die Art, wie er meinen Namen ausgesprochen hatte? Oder war es einfach nur die Tatsache, dass ich mir hier so verloren vorkam und langsam drohte, in der Einsamkeit zu versinken?

»Dir auch ...«, hauchte ich und mein warmer Atem bildete ein kleines Wölkchen vor meiner Nasenspitze. Flo drehte sich immer noch lächelnd um und im nächsten Moment schlug die Tür des kleinen Transporters zu. Ich sah ihm nach, wie er zwei Häuser weiterfuhr und erneut hielt. Ob er jedem so zulächelte wie mir? Schnell rein, befahl ich mir. Wie sähe es aus, wenn ich immer noch in der Kälte stünde und ihm hinterher starrte? Ich schloss die Tür und sank mit dem Rücken gegen sie, sodass mir die kalte Glasscheibe einen Schauer über den Rücken trieb. Verdammt, war der süß. Ich fühlte mich so beflügelt wie lange nicht mehr. Ich hatte eindeutig schon zu lange mit niemandem mehr geflirtet.

Summend ging ich zurück in die Küche. Sobald die Plätzchen im Ofen waren, musste ich einen Haufen Kleinscheiß online bestellen, damit er mir noch mehr Päckchen liefern konnte.

Ich kam mir zwar selbst ein bisschen plemplem dabei vor, aber was tat man nicht alles für die zukünftige Liebe?

 

3. Wir brauchen mehr Deko

 

Hatte ich bereits erwähnt, dass ich Weihnachtsshopping liebte? Jana saß vor mir und schlürfte ihren Zimtkakao mit extra viel Sahne. Ich hatte einen Vanilla-Latte mit noch mehr Sahne und einen übergroßen Zimtcookie dazu. Das Cafè im Stadtcenter war zwar kein Starbucks, doch die Shakes mindestens genauso lecker und teuer.

»Also, rück raus. Wer bekommt was?« Jana sah mich mit einem durchlöchernden Blick an und ich musterte ihren roten Pullover. Bestimmt hatte sie ihn selbst gestrickt. Anders als ich war sie ziemlich begabt in solchen Sachen. Vielleicht konnte sie mir auch so schöne Gryffindor Handschuhe zaubern, wie Flo sie hatte. Oder den passenden Schal dazu.

Jana schaute mich noch immer neugierig an. Was war gleich die Frage gewesen? Ach ja. Das war eine gute Frage. Ich gehörte eher zu den Spontankäufern und hatte keine wirkliche Ahnung, wer in diesem Jahr was bekommen sollte. Obwohl wir schon in zig Geschäften waren, hatte ich außer einem Roman für meine Schwester, Die Farben meiner Hoffnung von Lisa Summer, und einen schicken Schal für meine Freundin Nina, ausschließlich Deko und ein paar – okay, sehr viele – Kleinigkeiten für mich besorgt. Meine Eltern würden ihr Geschenk sowieso erst nach den Weihnachtstagen bekommen. Aber vielleicht könnte ich das Haus auf Vordermann bringen. »Ich denke, ich werde das Wohnzimmer in Monschau streichen. Die Wand ist schon ganz angegraut vom Kamin. Das reicht doch als Weihnachtsgeschenk für meine Eltern, oder?«

Jana winkte ab. »Na klar. Weißt du wie viel Arbeit das macht? Euer Wohnzimmer ist riesig. Außerdem kannst du ja noch einen Teller mit Printen und eine hübsche Christrose hinstellen. Dann sieht es auch wirklich aus wie ein Geschenk. Oder du hängst eine große Schleife an die Tür. Oh ja, das wäre doch etwas. Da freuen sich deine Eltern bestimmt. Wenn du willst, kann ich dir auch helfen kommen. Aber erst in den Ferien. Die Wochenenden gehen bei mir aktuell für die Unterrichtsplanung drauf. Du glaubst gar nicht, wie anstrengend so ein Praxissemester sein kann. Ein Glück habe ich es bald geschafft. Referendariat, ich komme.« Jana strahlte. Sie liebte das Unterrichten, das wusste ich. Ständig schwärmte sie mir von den Kindern vor. Hoffentlich verlor sie ihre Zuversicht nicht, wenn sie merkte, dass sie sich die Kids nun bis zur Pension antun musste.

»Ja, das klingt nach einem Plan. Und wenn ich dann noch das ganze Haus putze, lassen sie mich bestimmt noch ein paar Wochen bei sich wohnen.« Eigentlich sollte es sich viel weniger sarkastisch anhören, als es das für mich tat. Es war schrecklich, mit vierundzwanzig wieder auf die Obhut der Eltern angewiesen zu sein. Immerhin hatte ich das Haus noch den restlichen Monat für mich.

»Also hast du immer noch nichts gefunden? Bei mir in der WG wird vielleicht demnächst ein Zimmer frei, doch so ganz genau weiß ich es noch nicht. Tina entscheidet sich ja fast wöchentlich um, ob sie nun bleiben will oder nicht. Selbst Philipp ist inzwischen schon total genervt von ihren wechselnden Launen.« Tina und Philipp, aus den beiden war ich auch noch nie schlau geworden. Erst waren sie ein Paar, dann wieder nicht. Dann ist Philipp ausgezogen, nur um nach einem Monat wieder zurückzuziehen − aber direkt mit in Tinas Zimmer, weil sein altes Zimmer neu vergeben war. Und dann wurde es wieder frei, und er ist dort rein. Jetzt sind sie wohl wieder getrennt und das Drama beginnt von Neuem, nur dass Tina sich dieses Mal nicht entscheiden kann, wie es weitergehen soll.

»Du weißt doch, ich bin nicht der Typ für eine WG. Das haben wir doch schon nach dem Studium und dem Desaster in Köln geklärt. Mich ärgert es nur so, dass ich meine Wohnung nicht behalten konnte. Die war einfach perfekt. Klein, zentral und dennoch ruhig und die Miete bezahlbar. Und nicht zu vergessen die hunderttausender Leitung. Bei meinen Eltern bin ich froh, wenn ich auf achttausend komme. Außerdem fliegt mein Handy bei denen ständig aus dem Netz und wählt sich ins belgische ein. Da sitzt du in der Wintersonne aufm Berg, willst entspannen und netflixen, da wird dir plötzlich deine Lieblingssendung nicht mehr angezeigt, weil du laut Handy nicht mehr in Deutschland bist«, sagte ich wild gestikulierend und machte ein entrüstetes Gesicht.

»Nein, was?«, sagte Jana völlig überzogen. »Kein Netflix in der Natur, wie hältst du das nur aus?« Ja, ja, sie hatte gut reden. Ich war verloren ohne Prime und Netflix.

»Sag ich ja, unmöglich.« Jetzt mussten wir beide lachen und ich krümelte mich mit meinem Cookie voll. »Aber im Ernst, ich kann ja jetzt nicht ewig bei meinen Eltern wohnen. Das geht doch nicht. Ich bin erwachsen und brauche meine Freiheit. Und nicht nur ich, meine Eltern auch.« Manchmal glaubte ich, dass meine Mutter richtig froh war, dass sie mich und meine Schwester so früh bekommen hatte. So hatte sie mit Mitte vierzig das Haus bereits wieder für sich gehabt.

Jana legte den Kopf schief, lächelte mich an und schob die leere Tasse von sich weg. »Du machst dir doch nicht wirklich Sorgen, dass du keine Wohnung findest, oder? Ich meine, du bist super flexibel. Als Grafikdesignerin kannst du von überall arbeiten. Da wird ja wohl irgendwo etwas Passendes für dich dabei sein. Ich muss derzeit jeden Morgen vierzig Kilometer mit dem Auto fahren, also beschwer dich nicht. Apropos Auto. Vielleicht hätte ich da etwas, was dich aufmuntern wird. Hast du Lust, mich Samstag auf meine Weihnachtsfeier zu begleiten?«

»Weihnachtsfeier, in der Schule?«, fragte ich skeptisch. »Warte, machst du das Praxissemester nicht in Bad Münstereifel? An unserer alten Gesamtschule?«

Jana riss ihre blauen Augen auf. »Ja genau. Frau Klosterschmid ist sogar immer noch da und ich bin mir sicher, sie würde sich freuen, wenn du mitkommst. Alle würden sich freuen.«

Viele möglicherweise, aber ganz sicherlich nicht Frau Klosterschmid. Sie war ein Drache in Person. Und ich war wahrlich nicht ihre Lieblingsschülerin gewesen. Wie oft hatte ich die Hausaufgaben verschwitzt, bin zu spät gekommen oder manchmal auch gar nicht, nur um mich vor ihren ewig langen Plattitüden zu drücken? Ein Glück waren wir damals von Bad Münstereifel nach Monschau gezogen und ich konnte die Schule in der Achten wechseln. Zum Abi hin bin ich dann wieder zusammen mit Jana aufs Gymnasium in Kall gegangen. Jetzt bauten sie dort eine neue Gesamtschule in der Nähe und Jana hoffte darauf, dort ihr Referendariat machen zu können. Ich konnte sie gut verstehen. Viele Schulen in der Gegend waren wahnsinnig heruntergekommen. Da wäre so ein Neubau ein wahrer Segen für jeden Lehrer. Was die Weihnachtsfeier anging, stand meine Antwort dennoch fest.

»Nein. Nie und nimmer setze ich noch einmal einen Fuß in diese verkorkste Schule.«

»Ach Lena, das wird bestimmt lustig. Und so schlimm war deine Schulzeit wirklich nicht. Sogar Herr Rutburger ist noch da, den fandest du doch immer so süß.«

»Damals war ich zwölf! Außerdem ist er jetzt uralt.« Jannes Rutburger war der Schwarm meiner jungen Jugend, auch wenn meine beflügelten Schwärmereien nie Beachtung bei ihm fanden. Vielleicht wäre es heute ja sogar anders. Nur wollte ich das herausfinden? Nicht wirklich. Inzwischen müsste er Mitte vierzig sein und war sicherlich längst verheiratet mit Kind, Haus, Hund und so. Dem armen Mann hatte ich sogar mal einen Liebesbrief in die Tasche gesteckt. Wahrscheinlich wusste er bis heute nicht, von wem er war. Zumindest hoffte ich es. Für den Fall, dass er doch wusste, wer den Brief damals geschrieben hatte, wäre es umso sinnvoller, zuhause zu bleiben und nicht in die Hölle der Karl-Friedrich-Gesamtschule zurückzukehren.

---ENDE DER LESEPROBE---