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Mein Papa und ich lieben Weihnachten. Total! Aber leider hat Papa eine neue Freundin und die hat einen Wasserschaden. Deshalb ist sie bei uns eingezogen - mitsamt ihrem nervigen Sohn Freddi und ihrem Weihnachtsengel. Und der versteht sich gar nicht mit unserem Lamettaling, weil die beiden ganz unterschiedliche Vorstellungen von Weihnachten haben. Das haben wir aber erst rausgefunden, als unsere Lebkuchen am Teller festklebten und all die anderen wilden Dinge passierten. Tja, und seitdem richten die zwei noch mehr Weihnachtschaos an als Freddi und ich. Jetzt sieht es so aus, als ob sogar Weihnachten deswegen ausfällt. Und das ausgerechnet, wo ich schon seit Monaten am weltbesten Geschenk für Papa arbeite. Wie sollen wir das bloß wieder hinbekommen?
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Mein Papa und ich lieben Weihnachten. Total! Aber leider hat Papa eine neue Freundin und die ist bei uns eingezogen – mitsamt ihrem nervigen Sohn Freddi und ihrem Weihnachtsengel. Und der versteht sich gar nicht mit unserem Lamettabold, weil die beiden ganz unterschiedliche Vorstellungen von Weihnachten haben. Tja, und seitdem richten die Weihnachtswesen noch mehr Chaos an als Freddi und ich. Jetzt sieht es so aus, als ob sogar Weihnachten deswegen ausfällt.
Wie sollen wir das bloß wieder hinbekommen?
Ein magisches Weihnachtsabenteuer zum Vor- und Selberlesen für Kinder ab 8 Jahren
Ich. Und mein Papa.
Außerdem habe ich eine besondere, sehr weihnachtliche Gabe, aber das weiß mein Papa nicht. Es gibt nur zwei Menschen auf der Welt mit dieser Gabe, und ich bin einer davon. Ich muss dazusagen, dass ich nicht mit dieser Gabe geboren wurde. Ich habe sie letztes Jahr erst erhalten, in der Vorweihnachtszeit. Das Ganze fing mit den Klebkuchen an, dann kamen die Kalender und die falsche Entschuldigung. Na ja, und natürlich der Zauberblitz.
Jetzt steht wieder ein Weihnachten vor der Tür, und wir sind etwas klüger. Nicht viel klüger, aber immerhin ein bisschen. Jedenfalls werden wir die wilden, schlimmen und fiesen Sachen, die wir letztes Jahr angestellt haben, auf keinen Fall nochmal machen. Weil man wilde, schlimme und fiese Sachen nämlich nur schwer geradebiegen kann. Das haben wir letztes Weihnachten gelernt. Allerdings … vielleicht sollten wir ein paar von den witzigen Sachen noch mal anstellen?
Tja, was müsst ihr noch wissen? Ich bin elf Jahre alt, letztes Jahr war ich zehn, ist ja logisch. Ich bin nicht so gut in der Schule, aber das liegt an den Lehrern und nicht an mir. Ich heiße Lolika, und mein Papa und ich haben immer sehr schön zusammengewohnt. ZUZWEIT. Bloß im letzten Jahr hat sich mein Papa in eine neue Frau verliebt. Richtig dolle verknallt. Er war davon komplett begeistert. Ich allerdings nicht, denn Papa und ich hatten alles, was zu einem guten Leben gehört. Es gab keinen Grund, daran etwas zu ändern, fand ich. Papa sah das wohl anders.
Seine Freundin Paula hätte ich gerade noch so ausgehalten, aber sie kam im Doppelpack mit ihrem Sohn Freddi. Er war erst acht Jahre alt, also viel kleiner als ich, und machte mit seinem Sonnenscheingrinsen auf niedlich. Das konnte ich gar nicht gebrauchen. Papa setzte mir zwei neue Leute vor die Nase! Einfach so, ohne zu fragen. Paula und Papa nannten es Patchworkfamilie und meinten, es sei eine gute Sache. Ich nannte das Ding bei seinem wahren Namen: Wurschtel-Familie. Eine Familie, die von den Erwachsenen zusammengewurschtelt wurde. Denn sind wir doch mal ehrlich: Noch nie war ein Kind schuld an so einer Wurschtel-Familie. So was verzapfen immer nur die Großen.
So. Und jetzt stellt euch mal bitte einen Tag Ende November vor, also lauschiger Spätherbst. Draußen klebte der Wind rote Ahornblätter an unser Fenster. Drinnen haben wir es uns richtig gemütlich gemacht, da sind wir nämlich Fachleute drin, mein Papa und ich. Ich hing vor dem Fernseher rum, guckte einen Zeichentrickfilm, futterte einen Obstteller und arbeitete an meinem Wunschzettel für Weihnachten. Ich hatte ordentlich viele Wünsche: neue Turnschuhe, viele Comics, einen süßen Teddy-Hausanzug, damit ich nicht mehr in Schlafsachen vor dem Fernseher rumhängen muss, Bettwäsche mit Sternen drauf, Jonglierbälle, einen blinkenden Hula-Hoop-Reifen. Und ein Handy. Das hätte ich gar nicht aufschreiben brauchen, weil mein Papa findet, dass Kinder keine Handys haben sollen. Kinder sollen spielen, meint er. Na ja, man kann auch auf dem Handy spielen, aber das versteht er leider nicht.
Ich also vor dem Fernseher. Währenddessen räumte und wischte mein Papa um mich herum. Das finde ich immer besonders kuschelig, wenn er unser Haus putzt und ich ferngucke. Doch dann schaltete er den Staubsauger an, direkt neben dem Fernseher! So was macht wirklich nur mein Papa.
Er kann nämlich nichts hören. Er ist schon so geboren, also ohne Hören. Wir unterhalten uns aber trotzdem ganz prächtig, mit vielen Fingerzeichen und Armbewegungen und Gesichtsausdrücken. Das heißt Gebärdensprache, und für mich ist es ganz leicht, weil ich damit aufgewachsen bin. Man könnte sagen, dass Deutsch meine Muttersprache und Gebärdensprache meine Vatersprache ist.
Außerdem kann mein Papa sehr gut von den Lippen lesen, wenn man spricht. Vor allem von meinen, weil er mich so gut kennt. Allerdings vergisst er manchmal, dass ein Staubsauger Krach macht und es beim Fernsehen stört. Ich stellte den Staubsauger aus. »Du kannst später weitersaugen, wenn mein Film zu Ende ist«, gebärdete ich mit meinen Händen.
Papa musste lachen. »Also Mäuschen, wer hat dich bloß so verwöhnt?«, fragte er zurück.
Was? Ich? Verwöhnt?
Na klar! Total.
Ich meine, kommt schon. Wir verwöhnten Kinder wissen, dass wir verwöhnt sind. Wir geben es nur nicht zu. Man kann über Kinder eine Menge sagen, zum Beispiel, dass sie klein sind oder dass sie wenig Talent für den Haushalt haben, aber dumm sind sie ganz bestimmt nicht. Und deshalb tun wir verwöhnten Kinder so, als würde uns gar nicht auffallen, wie verwöhnt wir sind. Stimmt doch, oder?
Oft gibt es ja einen guten Grund fürs Verwöhnen. Ich möchte sagen, meistens haben wir verwöhnten Kinder das sogar verdient. Zum Beispiel mein Papa hat mich verwöhnt, weil meine Mama nicht da ist. Sie ist wieder zurück in ihr Heimatland Brasilien gezogen, und das ist leider sehr weit weg. Papa wollte, dass ich es trotzdem genauso gut habe wie alle anderen Kinder. Und weil ich das Wichtigste in seinem Leben bin. Und … also, ja gut, ich bin auch ein besonders niedliches und witziges Kind, man muss mich einfach verwöhnen. Das ist bei euch bestimmt nicht anders, oder? Ist doch so! Was können wir Kinder eigentlich dafür, dass wir so süß und witzig und niedlich und einfach zum Knuddeln sind? Dass man uns verwöhnt, ist doch logisch.
Jedenfalls wollte ich mich wieder in meinen Fernsehsessel fläzen, und da hingen plötzlich unsere Weihnachtspullis auf der Lehne. Ihr müsst nämlich wissen, dass es bei uns in der Weihnachtszeit immer ein bisschen zauberhaft zugeht und seltsame Dinge passieren. Allerdings kannte ich im letzten Jahr den Grund dafür noch nicht, deshalb wunderte ich mich.
»Warst du das, Papa?«, fragte ich erstaunt.
Aber Papa ist es nicht gewesen und ich auch nicht. SELTSAM! Wir dachten beide, dass der andere die Pullis dort hingehängt hätte.
Während wir uns noch ein bisschen weiter wunderten, schlüpften wir in unsere weihnachtlichen Pullover. Es ist für uns immer der Anfang der Weihnachtszeit, wenn wir sie das erste Mal anziehen. Papas Pulli war rot und hatte einen Elch mit einem witzigen Gesicht drauf. Meiner war knallgelb mit einem bunt geschmückten Tannenbaum vorn. Im letzten Jahr hatte er noch ein Loch am Ärmel, aber das war jetzt gestopft, dabei kann Papa gar nicht nähen. Na, ihr wisst ja: Bei uns geht es zauberhaft zu in der Weihnachtszeit.
Dann kam der beste Teil des Tages. Papa setzte sich in seinen Fernsehsessel. Seine Lieblingssendung ist nämlich eine Kochsendung: DIEDENNY-BRÖSEL-SHOW. Papa findet, dass Denny Brösel der beste Koch der Welt ist und dazu ein sehr netter und lustiger Mensch. Als ich klein war, konnte Papa überhaupt nicht kochen, und dann hat er es gelernt, weil er immer die DIEDENNY-BRÖSEL-SHOW geguckt hat. Er kann also nur Denny-Brösel-Sachen kochen. Man könnte fast sagen, dass Denny Brösel zur Familie gehört.
Ich stellte mich neben den Fernseher und übersetzte in Gebärdensprache, was Denny Brösel sagte. Papa könnte zwar auf dem Fernseher die Untertitel einschalten. Bloß da steht nur die Hälfte von dem, was Denny sagt. Außerdem übersetze ich die Show schon immer, seit ich klein bin, und es ist viel lustiger als Untertitel, weil ich mir manchmal auch Quatsch ausdenke, oder so tue, als ob ich mit Denny rede.
Denny Brösel hatte wie immer seine Latzhose an und trug ein buntes T-Shirt. Er ist nämlich ein sehr moderner Fernsehkoch, ohne Kochmütze.
Mitten in diese schöne Stimmung hinein leuchtete Papas Handy auf. Papa starrt seit dem letzten Herbst ständig auf sein Handy, weil er hofft, dass Paula ihm schreibt. Noch während er die Nachricht las, sprang er auf. »Paula und Freddi haben einen Wasserschaden!«, gebärdete er. »Ihre Wohnung steht unter Wasser. Ich muss sofort los und ihnen helfen.«
Schon war er in der Jacke. Und drückte MIR den Staubsauger in die Hand! »Mach bitte zu Ende sauber. Aber gründlich.« Er versuchte, streng zu gucken. Nicht gerade seine Stärke.
»Warum ich?«, fragte ich.
»Warum nicht?«, fragte Papa zurück.
Die Antwort darauf war einfach: weil ich keine Lust hatte. Das konnte Papa doch auch noch machen, wenn er zurückkam. Doch das sagte ich nicht, denn das wäre bei ihm nicht so gut angekommen. In solchen Dingen können Erwachsene ja ein bisschen empfindlich sein.
Tja, und das war’s dann mit unserer Gemütlichkeit.
Ich natürlich!
So. Ihr erinnert euch. Papa war wegen Freddis und Paulas Schaden unterwegs. Also, Wasserschaden. Es dauerte Stunden, bis er wiederkam. Ich habe in dieser Zeit allerdings nicht geputzt – ich habe einen langen Brief geschrieben. Na ja, eigentlich einen Brief ABgeschrieben. Den Brief habe ich nämlich schon ganz oft verschickt, doch es kam nie eine Antwort. Deshalb habe ich den Brief alle zwei Tage wieder abgeschrieben und zur Post gebracht. Das hing mit meiner großen Überraschung zusammen. Ein Weihnachtsgeschenk der Extraklasse sollte es werden, für meinen Papi, weil er der liebste Papi der Welt ist. Aber das erzähle ich euch später, ist ja schließlich eine Überraschung.
Na gut, ich verrate es euch doch. Die Idee zu dem weltbesten Geschenk war mir im Sommer gekommen, als wir im Urlaub DIEDENNY-BRÖSEL-SHOW geguckt haben. Mein Papa meinte, dass es schön wäre, wenn Denny mal einen Gebärdendolmetscher in seine Sendung einladen würde. Da habe ich mir vorgestellt, wie schön es für Papa wäre, wenn Denny Brösel ihm persönlich einen Gruß in Gebärdensprache ausrichten würde. Seitdem habe ich Denny schon sehr viele Briefe geschrieben und ihm diese Idee vorgeschlagen. Mein ganzes Taschengeld ging für Briefmarken drauf. Seit Monaten. Aber Denny hat mir einfach nicht zurückgeschrieben.
Ich ging jedenfalls mal wieder zum Postkasten und warf einen neuen Brief ein. Auf dem Rückweg traf ich den Postboten.
Er lachte. »Na? Hast du endlich eine Antwort bekommen?«
»Nein, leider nicht«, sagte ich.
»Das wird schon noch«, meinte er.
»Aber wenn der Brief kommt, musst du ihn mir geben. Und nicht meinem Papa.«
»Wenn ich dran denke«, sagte der Postbote frech. Schwups – rutschte ihm die Postmütze tief ins Gesicht. Von ganz allein, dabei war gar kein Wind. SELTSAM!
Damit ihr besser versteht, was gleich für ein Skandal passiert, müsst ihr etwas wissen: Papa und ich wohnen in einem schönen alten Haus, am Stadtrand. Es hat nur vier Zimmer, was für ein Haus nicht viel ist. Es gibt gemusterte Fliesen in der Küche und Kachelöfen in den Zimmern und Fußböden aus Holz, die beim Rennen knarren. Es gibt Türen und Fenster, die manchmal quietschen. Wir haben einen kleinen dunklen Keller, in dem wir Kartoffeln und Saft und so aufbewahren. Und natürlich einen alten Dachboden, auf dem Papa unsere Wäsche aufhängt und wo es herrlich unheimlich ist.
Papas Zimmer ist weiß mit weißen Gardinen, und wenn mein Zimmer unordentlich ist, spiele ich bei ihm. Mein Zimmer ist das schönste: Ich habe eine Blümchentapete und bunte Möbel, die durfte ich mir selbst aussuchen. Alles hat in unserem schönen Zuhause seinen Platz, unsere beiden Handtücher und unsere beiden Lieblingstassen und unsere zwei Paar Gummistiefel. Wir haben zwei Sessel vor dem Fernseher und zwei Stühle am Küchentisch und zwei Fahrräder im Schuppen. Es ist die perfekte Behausung – für ZWEI Personen.
Als Papa nach Hause kam, waren seine Hosen nass. Also unten, ungefähr bis zu den Knien. Problem: Er stellte zwei große Koffer in unserem gemütlichen kleinen Flur ab. REISEKOFFER. Ich bekam eine sehr, sehr ungute Ahnung.
»Was machen die Koffer hier?«, fragte ich ihn.
Papas Ohren wurden rot. Ein Zeichen, dass er nervös war. »Das sind ein paar Sachen von Paula und Freddi. Wegen des Wasserschadens. Die Wohnung ist eine einzige große Pfütze. Alles voller Wasser. Total nass«, erklärte er.
»Wasser ist immer nass«, sagte ich streng.
Vor Aufregung gebärdete Papa immer weiter und erzählte, wo überall Wasser war und wie nass die Möbel waren und dass gerade die Handwerker in der Wohnung waren, um den Schaden zu reparieren und die Wohnung irgendwie trocken zu kriegen.
»Okay. Und die Koffer?«, fragte ich noch mal.
»Die beiden bleiben jetzt ein paar Tage bei uns«, brachte Papa endlich hervor.