Frühling, Sommer, Herbst und Günther - Marco Tschirpke - E-Book

Frühling, Sommer, Herbst und Günther E-Book

Marco Tschirpke

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Beschreibung

Die poetische Gattung gilt als auf den Hund gekommen. Moderne Lyrik, das ist in der Regel Prosa mit dem Hang zum Zeilenumbruch. Marco Tschirpke setzt sie wieder in ihr Recht, indem er reimt, ohne mit der Wimper zu zucken. Da treten uns Luther, Marie Antoinette und Ernst Thälmann wie Zeitgenossen gegenüber, da schnurren historische Ereignisse auf ihre Pointe zusammen. Tschirpke dichtet Schneisen in die Weltgeschichte und legt dabei Sichtachsen frei, die im Wortsinn erhellend wirken.

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Das Buch

Der vorliegende Band versammelt 136 Gedichte des Autors. Er hat sie in liebevoller Hirntätigkeit ersonnen. Die Aufgabe der Kunst, sagt der Dramatiker Peter Hacks, bestehe darin, erschöpfte Menschen auf nichtekelhafte Weise zu zerstreuen. Dieses Credo hat Marco Tschirpke schlankweg übernommen.

In seinen Versen begegnet der Leser einem Panoptikum der Pointen. Ob Weltgeschichte oder Alltagssituation – hier hat einer das zentrale Gesetz guter Kunst verinnerlicht: Du sollst dein ­Publikum nicht langweilen! Nicht oft wird mit solch leichter Hand so tief­gründig gesprochen wie bei Tschirpke.

Der Autor

Marco Tschirpke wurde 1975 in der DDR geboren.­ Seit 2003 steht er mit seinen Gedichten und den sog. LAPSUS­LIEDERN auf der Bühne und gewann seither zahlreiche Kleinkunstpreise (u.a. Deutscher ­Kabarettpreis). Von Beruf ist Tschirpke Tonsetzer. Ein Tonsetzer ist ein Mensch, dem beim Anhören von schlechter Musik schlecht wird. Jenseits der ­Kabarettbühne liegt der Schwerpunkt seiner Aktivitäten ­in der Vertonung der Gedichte von Peter Hacks und in der Nicht­vertonung der Gedichte von Günter Grass.

Aktuelle Auftrittstermine und Anverwandtes unter:

www.marco-tschirpke.de

Die komischen Gedichte des

MARCO TSCHIRPKE

FRÜHLING, SOMMER, HERBST UND GÜNTHER

Ullstein

Editorische Notiz

Die meisten der in diesem Band abgedruckten Gedichte erschienen zwischen 2008 und 2012 zuerst im VAT Verlag André Thiele, Mainz; zuletzt dortselbst abschließend versammelt in: Marco Tschirpke, Gedichte. Band 1, Mainz 2012.

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ISBN 978-3-8437-1216-3

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2015Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, MünchenTitelabbildung: Foto © Erik Neumann Illustrationen: © FinePic®, MünchenLayout: Jutta Kopf

E-Book: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin

Apropos Zeitgeist: Wenn ich hätteeinen Nerv treffen wollen, wäre ich Anästhesist geworden.

VORZIMMER

Ursprünglich sollte hier schon das erste Gedicht stehen. Doch der Verlag, wild entschlossen, Ihren Wagemut zu unterschätzen, bat mich, ein Vorzimmer einzurichten, auf daß Sie dem ersten Vers nicht unvorbereitet gegenübertreten.

Ich kann in kaum einem Fall zuverlässig angeben, wie ein Gedicht entstanden ist. An einen Vorfall aber erinnere ich mich gut. Es war ein naßkalter Tag im November, und es hatte eben aufgehört zu regnen. Ich schwang mich aufs Fahrrad, um einen Kontoauszug bei der Bank zu holen. Kein spektakulärer Vorgang. Beim Anschließen des Rads aber, man beugt sich dabei ja etwas nach vorn, wurde zwischen Mütze und Schal ein kleines Stück Nacken frei – und dort hinein fiel der letzte Regentropfen vom Vordach. Er hat mich sofort (und er hätte wahrscheinlich auch Sie) an den 21. Januar 1793 erinnert. Das war der Tag, an dem in Paris Ludwig XVI. geköpft wurde. So entstand wenig später das Gedicht über seine Gattin Marie Antoinette.

Doch von vorn. Nachdem ich die Schule hinter mich gebracht hatte, beschloß ich, Romane zu schreiben. Der erste Abschnitt meines ersten Buchs ging so: Es war August. Die Sonne stellte an diesem Tag alles in den Schatten, was bei Drei nicht auf den Bäumen ... Weiter kam ich nicht. Ich faßte stattdessen den Entschluß, mich dem Kunstlied zu verschreiben und da weiterzumachen, wo Hugo Wolf aufgehört hatte.

Heraus kamen Gesänge mit Titeln wie „Von einer, die sich auszog, mich das Fürchten zu lehren“ oder Arbeiterlieder wie „Hände weg von meinem Ferrari“; nicht zu vergessen einige volkstümliche Mitmachnummern à la „Stillesein und hoffen“. Ich nannte diese abgeschlossenen Fragmente LAPSUSLIEDER und hackte beim Vortrag fröhlich ins Klavier. Mit derlei trat ich auf die kleinsten Bühnen, die ich in Berlin finden konnte. Dem ersten Soloabend, der überraschend gut lief für einen jungen Nachwuchskabarettisten, folgte bald ein zweiter mit dem folgerichtigen Titel „Lauf, Masche, lauf!“. Ab 2006 spezialisierte ich mich darauf, die gereimten Zweizeiler von Peter Hacks zusammenzukürzen.

Die Brücke zur Lyrik war betreten. Die Lyrik eines anderen zwar, aber wenn ich mich nicht zu doof anstellen würde, ließe sich das andere Ende der Brücke vielleicht mit den eigenen Texten erreichen. Zunächst ging mir auf, daß Songtexte in handwerklicher Hinsicht ziemlich miserabel sein dürfen, ohne daß es jemand merkt, ein Gedicht hingegen andere Ansprüche stellt. Zwar wird in Deutschland seit 1945 auf den Endreim verzichtet. Aber auch das Versmaß ist hin. Der Großbuchstabe getilgt. Kurz gesagt, es ist beinahe alles moderne Lyrik. Moderne Lyrik, ich gebe meine Definition, ist Prosa mit dem Hang zum Zeilenumbruch. Davon werden Sie in diesem Buch weniger finden, denn ich halte es für sachdienlicher, der Deutschen Klassik einige Gedichte hinzuzufügen. So ist es kein Zufall, daß Sie im vorliegenden Band einigen historischen Personen begegnen werden, bekannten und unbekannten.

Unter ihnen sind viele Maler und einige Landstreicher. Der Grund ist schnell hergezeigt. Ich ärgere mich sehr gern über Kunst. Die Weltgeschichte ist voll davon und meiner Neigung keine Grenze gesetzt. Da die Vergangenheit rein rechnerisch reichhaltiger ist als die Gegenwart – weil mehr Zeit in ihr Platz hat –, läßt sich ihr viel entnehmen. Die Jetztzeit ist ein kurzer Moment. Aber allein das Pleistozän!

Seien Sie unbesorgt: Das alles klingt schlimmer, als es sich anhört. Wann immer ich Ihnen mit der Antike oder Ernst Thälmann komme – gemeint ist stets das Hier und Heute. Jede Geschichte, ob sie nun das Universum enthält oder lediglich einen Salzstreuer, fing im Gestern an. Ob Gregor Mendel, Käthe Kollwitz, Heinrich Schliemann, Leonardo da Vinci oder Robert Lembke – sie alle haben versucht, sich einen Reim auf die Welt zu machen. Und ich, in aller Bescheidenheit, habe einen Reim auf sie gemacht. Es sind selten Lobgesänge, es sind kaum Schmähungen.

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