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Bei einem Tauchunfall verliert Charlotte Fürstin von Bruck-Zwiesel ihren Mann, Fürst Wieland, und damit ihre große Liebe. Ihr Mann war ohne sie unterwegs, sein Kompagnon, ein Geschäftsmann, ist spurlos verschwunden.
Fortan meidet die Fürstin die riesige weiße Jacht, die im Hafen von Monaco liegt und ihren Namen trägt. Überhaupt ist sie von ihren Kindern Ferdinand und Antonia nicht mal mehr zum Schwimmen im Meer zu bewegen. Ihr verwitweter Nachbar, Richard Fürst von Doltz-Weinfurth, der sie seit Langem heimlich liebt, steht ihr treu zur Seite.
Fürstin Charlotte erfährt nach dem Tod ihres Mannes von den Schulden der Familie. Schon lange hat der Fürst über seine Verhältnisse gelebt. Es liegt nahe, die Jacht zu verkaufen, um erst einmal wieder solvent zu sein und Unterhaltungskosten einzusparen. Recht schnell taucht tatsächlich ein Interessent auf der Bildfläche auf, der nicht nur einen großzügigen Preis anzubieten hat, sondern auch Fürstin Charlotte schöne Augen macht ...
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Seitenzahl: 130
Cover
Die weiße Jacht
Vorschau
Impressum
Die weiße Jacht
Warum sie Fürstin Charlotte zum Schicksal wurde
Von Alexa Leopold
Bei einem Tauchunfall verliert Charlotte Fürstin von Bruck-Zwiesel ihren Mann, Fürst Wieland, und damit ihre große Liebe. Ihr Mann war ohne sie unterwegs, sein Kompagnon, ein Geschäftsmann, ist spurlos verschwunden.
Fortan meidet die Fürstin die riesige weiße Jacht, die im Hafen von Monaco liegt und ihren Namen trägt. Überhaupt ist sie von ihren Kindern nicht mal mehr zum Schwimmen im Meer zu bewegen. Ihr verwitweter Nachbar, Richard Fürst von Doltz-Weinfurth, der sie seit Langem heimlich liebt, steht ihr treu zur Seite.
Fürstin Charlotte erfährt nach dem Tod ihres Mannes von den Schulden der Familie. Schon lange hat der Fürst über seine Verhältnisse gelebt. Es liegt nahe, die Jacht zu verkaufen, um erst einmal wieder solvent zu sein und Unterhaltungskosten einzusparen. Recht schnell taucht tatsächlich ein Interessent auf der Bildfläche auf, der nicht nur einen großzügigen Preis anzubieten hat, sondern auch Fürstin Charlotte schöne Augen macht ...
Ruhig lag das Meer in seiner ganzen Schönheit da. Plötzlich kräuselte es sich an einer Stelle, und ein Männerkopf in Taucherkapuze durchbrach die Oberfläche. Um die Stirn war eine Taucherlampe geschnallt. Als die Schultern auftauchten, erkannte man die Sauerstoffflasche auf dem Rücken des Mannes. Dieser befreite sich von dem Mundstück und schob sich die Kapuze vom Kopf. Darunter kamen hellblonde Stoppelhaare zum Vorschein.
»So ein Mist«, fluchte der Mann leise und schwamm mit kräftigen Stößen die wenigen Meter zu einer luxuriösen dreistöckigen Jacht, die trotz ihrer imposanten Größe elegant und lässig auf dem Wasser schaukelte. Der Mann erklomm über eine Außenleiter die erste Plattform am Heck, legte die Flaschen ab und drehte sich sofort langsam um sich selbst. Aufmerksam studierte er das Meer, das sich allerorten bis zum Horizont erstreckte – bis auf eine kleine Insel, in deren Nähe die Jacht lag. Und an einer anderen Stelle konnte man fernes Land erahnen.
Es war nichts zu sehen außer einigen Luftblasen, die an der Tauchstelle immer noch nach oben stiegen. Der Mann beobachtete sie genau. Als keine Bläschen mehr kamen, begab er sich rasch zum Bug der großen Jacht und hielt erneut Ausschau. Seine Miene war angespannt. Doch er war vollkommen allein.
Als er nichts und niemanden entdeckte, nickte er kurz, lief zurück zum Heck und schälte sich, so schnell er konnte, aus dem Neoprenanzug. Dann begab er sich unter Deck, nicht ohne noch einen weiteren Blick in die Runde zu schicken. Kurze Zeit danach erschien er wieder in einem leichten Sommeranzug, dessen Schnitt das Werk eines Designers verriet. Er packte Tauchkleidung und Flasche und stieg damit auf der anderen Seite der Jacht in ein kleines, elegantes Beiboot, das sachte auf dem Wasser dümpelte. Der Mann kontrollierte noch einmal den Tank des schnittigen Motorboots und nickte erneut, offenbar zufrieden mit dem Ergebnis.
Dann schien ihm etwas einzufallen. Erneut hastete er leise fluchend an Deck der Jacht und verschwand nach unten, wobei er die Treppe mehr herunterrutschte als herunterstieg. Als er dieses Mal wiederkam, hielt er eine größere Sporttasche und einen Rucksack in der Hand. Beides schien gut gefüllt. Noch ein Blick in alle Himmelsrichtungen, dann stieg der Mann in das Beiboot, löste die Halteleine und startete den Motor. Er wendete das Boot ungeduldig in einer gefährlich scharfen Kurve, sodass sich die linke Bootsseite tief zum Wasser hin neigte, und drückte dann aufs Tempo. Der Bug zeigte zu der fernen Landmasse. Der Motor heulte kurz auf, das Boot erreichte rasch Höchstgeschwindigkeit und verschwand bald in der Ferne. Zurück blieb die bildschöne weiße Jacht, die völlig unbeeindruckt von den Geschehnissen weiterhin ruhig auf dem Meer schaukelte.
»Das Kleid steht Ihnen ausgezeichnet«, sagte die etwas pummelige, aber schick gekleidete Verkäuferin und blickte bewundernd auf Antonia.
Die schlanke junge Frau drehte sich barfuß in einem leichten, flaschengrünen Sommerkleid vor dem Spiegel. Es hatte kurze Ärmel mit Volant, betonte die schmale Taille seiner Trägerin und changierte im Licht. Dabei zeigte es rötliche Effekte. Es harmonierte perfekt mit den braunroten Haaren und den intensiv grauen Augen.
»Sie sind bildschön«, kommentierte die Verkäuferin neidlos. Antonia spürte die Ehrlichkeit und nickte zufrieden.
»Es ist ein wunderbares Stück. Ich nehme es«, sagte sie. »Kann ich es gleich anlassen? Und können Sie dies hier alles entfernen?« Antonia griff sich zwischen die Schulterblätter und berührte die beiden Etiketten, die aus dem Rückenausschnitt hervorblitzten. »Ich habe eine sehr empfindliche Haut und kann das gar nicht haben. Sie scheuern und ich bekomme davon rote Stellen, die jucken.«
»Natürlich, gern. Warten Sie, ich hole rasch eine kleine Schere und trenne Ihnen die Etiketten gleich heraus.« Die Verkäuferin verschwand und war im Handumdrehen wieder da. Sie ließ Antonia auf einem Stuhl Platz nehmen und bearbeitete vorsichtig die beiden kleinen Etiketten, während ihre Kundin ganz still hielt. »So, fertig«, atmete die Verkäuferin auf.
Antonia sprang auf und hüpfte beinahe vor Begeisterung wie ein Kind. Sie drehte sich vor dem Spiegel und lachte. Dann eilte sie in die Kabine, um ihre eleganten Sandaletten anzuziehen. Noch einmal kontrollierte sie ihr Aussehen. Die schmalen rötlichbraunen Bänder der Schuhe passten perfekt zu dem neuen Kleid. Dann nahm sie ihre Handtasche und das alte Kleid und trat erneut zu der Angestellten.
»Können Sie stattdessen das hier bitte einpacken?«, fragte sie und reichte ihr das Kleid, das sie bisher getragen hatte.
»Natürlich«, kommentierte die Verkäuferin und verpackte das Kleid sorgsam in eine große elegante Einkaufstasche, auf der das Logo des Designers, für das ihr Haus stand, deutlich zu sehen war.
Antonia bezahlte den stolzen Preis ihrer neuen Errungenschaft, ohne mit der Wimper zu zucken, und verließ beschwingt den Laden. Mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht hüpfte sie auf der kleinen Treppe vor dem Geschäft zwei Stufen hinunter, übersah die dritte, stolperte und konnte sich nicht mehr halten. Doch noch bevor sie zu Boden stürzte, fingen sie zwei starke Arme auf. In der Tür erschien die Verkäuferin mit schreckgeweiteten Augen und einem kleinen O-Mund. Der fremde Herr nickte ihr beruhigend zu und wandte sich dann sofort wieder Antonia zu.
»Alles okay?«, fragte er und stellte die junge Frau auf ihre Beine. Dann ließ er sie los. »Haben Sie sich verletzt?«
Antonia schaute an sich herunter und wackelte ein wenig mit den Knöcheln.
»Nein, ich denke nicht. Alles in Ordnung«, antwortete sie. »Vielen Dank.« Dann sah sie ihr Gegenüber an. »Wenn Sie nicht gewesen wären, läge ich jetzt hier auf dem Pflaster.« Sie lachte leise.
»Sie sehen wunderschön aus«, kommentierte der Fremde und sah sie ebenso bewundernd an wie vorher die Verkäuferin.
»Das habe ich mir gerade gekauft. Nicht auszudenken, wenn es jetzt verschmutzt oder beschädigt wäre«, sagte Antonia und strich über den wunderbaren Stoff. Bei dieser so unschuldigen und doch so sinnlichen Geste blitzten die Augen des Mannes auf.
»Es freut mich, dass ich gerade zur Stelle war. Purer Zufall, aber manchmal hat man eben Glück.« Er zwinkerte Antonia verschwörerisch zu, die daraufhin lachen musste.
»Darf ich Sie auf den Schreck zu einer Tasse Kaffee einladen? Haben Sie ein bisschen Zeit? Ich kenne hier ein sehr hübsches Café«, kam es von dem Unbekannten.
Antonia fühlte sich wie in einem Film. Eine klassische Szene, dachte sie, eigentlich sollte ich jetzt Nein sagen. Aber sie entschied sich, den Moment in vollen Zügen zu genießen.
»Ja, ich habe Zeit, und ja, Sie dürfen«, gab sie zurück und wunderte sich über sich selbst. Dann sah sie das Funkeln in den blauen Augen des Mannes und es gefiel ihr.
»Ich bin übrigens Harry«, stellte sich der Unbekannte vor.
»Antonia«, entgegnete sie und wieder blitzte es in den Augen des Fremden auf. Interessiert sah er sie an.
»Was für ein klangvoller Name«, erklärte er und bot Antonia den Arm. Lächelnd hängte sie sich ein und ließ sich von ihm ins »Piamu U Frescu« führen, ein schickes Café, das sie selbst sehr liebte. Die Terrassentische waren an diesem späten Vormittag bereits gut besetzt, aber sie fanden einen freien Platz und setzten sich unter einen großen Sonnenschirm, der gegen die warmen Temperaturen seinen breiten Schatten bot.
»Bestellen Sie, was immer Sie möchten«, bot Harry großzügig an, als der Ober neben dem Tisch stand, und machte eine einladende Geste über die gesamte Speisekarte.
Antonia lachte. »Ein Cappuccino wäre mir am liebsten«, entgegnete sie.
»Und vielleicht dazu ein Eis?« Harry konnte offenbar hartnäckig sein.
»Hm, was für eine Verführung«, bemerkte Antonia, der das Lächeln gar nicht mehr aus dem Gesicht verschwinden wollte. »Also gut, dann die Kombination: Eiskaffee mit Sahne.«
»Das ist doch mal ein Wort! Den nehme ich auch.«
Harry lehnte sich zurück und betrachtete Antonia mit Wohlgefallen, während der Ober davoneilte.
»Haben Sie sich ansonsten noch schöne Sachen in der Stadt gekauft?«, eröffnete er das Gespräch.
Doch Antonia schüttelte den Kopf.
»Nein, ich hatte gerade erst angefangen. Und wenn Sie nicht gewesen wären, hätte mein Einkaufsbummel gleich wieder geendet.«
»Das hat er jetzt auch, denn jetzt sitzen wir hier und Sie können nicht weiter shoppen gehen. Aber irgendwie tut es mir darum gar nicht leid.« Harry grinste mit einer jugendlichen Frechheit, der Antonia kaum widerstehen konnte.
»Mir auch nicht«, rutschte es ihr heraus.
Irgendwo warnte sie ihr Instinkt, nicht zuletzt war Harry ganz offenbar ein gestandener Mann im vorgerückten Alter, wenn auch mit jugendlichem Charme, und sie kannte ihn überhaupt nicht. Doch irgendetwas faszinierte sie unglaublich. Waren es die kühlen blauen Augen, die so fantastisch zu den stoppeligen schwarzen Haaren passten? War es die Tatsache, dass er offenbar Humor besaß und sie zudem ganz unverhohlen bewundernd musterte? Es schien ihm sehr zu gefallen, was er sah, und das schmeichelte ihr. Doch sie blieb vorsichtig. Es war aufregend, aber auch nicht ungefährlich. Sie beschloss, den Mann näher kennenzulernen.
»Was machen Sie denn hier in Monaco?«, fragte sie zurück. »Wohnen Sie hier?«
Harry schmunzelte. »Nein, oder vielmehr: nur vorübergehend. Ich habe hier geschäftlich zu tun.« Die Art, wie er das sagte, ließ darauf schließen, dass er darüber nicht sprechen würde. Antonia verstand und verstummte.
Die Eiskaffees wurden in diesem Moment serviert und so wurden beide einer weiteren Konversation für den Moment enthoben. Angelegentlich beschäftigte Antonia sich mit ihrem Getränk und musterte Harry verstohlen. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt, für einen Moment die Augen geschlossen und schien die Wärme und das Ambiente zu genießen.
Antonia hatte Zeit, einen Blick auf das elegante Sommerhemd und die behaarte Männerbrust zu werfen, die unter den oberen, offen stehenden Knöpfen zu sehen war. Das Brusthaar trug bereits einen grauen Schimmer. Er war eindeutig nicht mehr ganz so jung. Dazu trug er eine leichte Leinenhose und Schuhe, die einen erstklassigen Geschmack verrieten.
Sie zuckte zusammen, als Harry plötzlich amüsiert fragte: »Na, genug gesehen?« Sie zuckte verlegen die Schultern.
»Sie haben mich ertappt«, meinte sie nur und jetzt war es an Harry, leise zu lachen.
»Schauen Sie nur, so viel Sie wollen. Ich habe nichts zu verbergen.« Er schaffte es tatsächlich, mit einem lockeren Schulterzucken und einer leichten Bewegung nach vorn seine maskuline Ausstrahlung noch einmal zu steigern. Sie verfehlte nicht ihre Wirkung.
»Darf ich Sie ein Stück auf Ihrer weiteren Shoppingtour begleiten?«, fragte er. »Ich kenne mich mit Stil und Schnitt ganz gut aus.« Das glaubte ihm Antonia sofort.
»Nein«, sagte sie zögerlich, weil ihr das Ganze plötzlich doch ein wenig zu schnell ging. Sie musste erst ihre Gefühle sortieren. »Ich denke, ich gehe jetzt besser nach Hause. Ich werde erwartet.«
»Dann würde ich Sie gern dorthin bringen.« Harry ließ nicht locker.
Antonia sah ihn zweifelnd an.
»Sie wissen doch gar nichts über mich.«
»Dann erzählen Sie mir von sich. Ich wollte Sie sowieso schon fragen, was Sie denn hier in dieser Traumstadt machen.«
Wieder funkelten seine Augen sie an.
»Ich wohne hier, jedenfalls im Sommer. Ansonsten studiere ich ...«
Interessiert richtete sich Harry auf. »Was studieren Sie denn?«
»Kunstgeschichte.«
»Ein tolles Thema. Aber hier in Monaco?«
»Nein, nein, an der Sorbonne in Paris«, gab Antonia lachend zurück.
»Ah, und jetzt sind Semesterferien, nehme ich an?« Harry war offenbar nicht nur sehr sinnlich und maskulin, sondern auch ein kluger Kopf, der schnell begriff.
Antonia nickte. »Ja, genau.« Sie zog ihr Smartphone aus der Handtasche und warf einen Blick auf die Uhrzeit. »Oh, ich muss mich beeilen. Bitte entschuldigen Sie mich.« Sie sprang auf und wollte mitsamt ihren Taschen davoneilen, als ihr noch etwas einfiel. »Und vielen Dank für die Einladung!«
Als Harry nur nickte, drehte sie sich um und verschwand, so rasch sie konnte. Es war beinahe eine Flucht, und hätte sie Harrys zutiefst bedauernden Gesichtsausdruck gesehen, wäre sie vielleicht noch schneller gelaufen.
Drei Tage später brach eine heile Welt zusammen.
»Was wissen Sie über den Tauchausflug Ihres Mannes? Bitte erzählen Sie uns alles, was Ihnen dazu einfällt.«
Der Sprecher, ein kleiner Mann in gedrungener Gestalt, hielt noch immer seinen Dienstausweis in der Hand, der ihn als Kriminalinspektor Martin Dubois identifizierte. Charlotte Fürstin von Bruck-Zwiesel sah erstarrt zu, wie er ihn nun wieder einsteckte. Sie war leichenblass.
»Bitte setzen wir uns«, sagte sie mit einer automatischen Stimme und wies ihm und seinem Kollegen einen Sitzplatz auf dem eleganten Sofa an. Es war eine Reflexreaktion ihrer guten Kinderstube, auch hatte sie selbst das Gefühl, nicht mehr stehen zu können. Sie ließ sich in einen Sessel gegenüber fallen.
Als alle Platz genommen hatten, sagte sie: »Ich hatte der Polizei doch schon angezeigt, dass mein Mann seit gestern verschwunden ist. Zu dieser Zeit etwa hätte er wiederkommen müssen, kam er aber nicht. Ich kann ihn auch nicht erreichen und er meldet sich nicht.«
Der Kommissar nickte. »Es tut mir sehr leid, aber wir haben keine guten Nachrichten für Sie. Wir haben die Jacht gefunden, das war nicht allzu schwer, schon aufgrund ihres Namens ›Charlotte‹, aber es war niemand an Bord. Es gibt jedoch zahllose Fingerabdrücke überall. Wir vermuten, auch von Ihnen und Ihren Kindern. Wir müssen Sie bitten, auf das Kommissariat zu kommen, damit wir alle Fingerabdrücke nehmen können. Sicher wissen Sie auch, wer ansonsten noch öfter beziehungsweise in letzter Zeit auf dem Boot war.«
Charlotte nickte und blickte so starr auf den Couchtisch mit seiner blitzblank polierten Glasfläche, als habe sich dort ein Staubkorn hin verirrt.
»Ja, das ist kein Problem. Unser Freund und Nachbar Richard Fürst von Doltz-Weinfurth war auch oft dabei, wenn wir uns dort aufgehalten haben. Er hat sicher nichts dagegen, wenn wir ihm das mitteilen.« Dann sah sie den Kommissar an. »Sie vermuten, dass etwas Schlimmes geschehen ist?« Sie mochte sich nicht deutlicher ausdrücken, der Schreck über den Besuch saß jetzt schon tief.
Vorsichtig antwortete Dubois: »Wir wissen es nicht. Ihr Mann ist verschwunden, das ist Fakt. Außerdem haben wir keine Sauerstoffflaschen und keine Neoprenanzüge vorgefunden. War Ihr Mann ein guter Taucher?«
Charlotte nickte. »Ja, das war er. Er ist jedes Jahr einmal allein, also ohne die Familie, mit der ›Charlotte‹ hinausgefahren, um zu tauchen und sich zu entspannen. Dieses Mal hatte er wohl einen Geschäftsfreund dabei ...«
»Einen Geschäftsfreund?« Dubois wurde hellhörig. »Was wissen Sie über diesen Mann?«
»Gar nichts.« Charlotte schüttelte bedauernd den Kopf. »Mein Mann hat nie genau gesagt, mit wem er unterwegs war, aber er war nie allein. Man soll ja nicht allein tauchen, heißt es, nicht wahr? Ich selbst tauche nicht, daher hat er sich diese jährlichen Auszeiten genommen und ich fand das auch ganz in Ordnung. Ich habe meinem Mann immer vollkommen vertraut.«
»Und er hat nicht einmal einen Namen erwähnt?« Dubois konnte es kaum glauben.
»Nein.« Wieder schüttelte Charlotte den Kopf. »Nein, er sprach nur von einem Geschäftsfreund, damit ich beruhigt sein konnte, dass er nicht allein draußen war. Er hat mit mir auch nie über seine Geschäfte selbst gesprochen. Ich fürchte, ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen.« Bedauernd sah sie ihn an.
Dubois holte tief Luft. Er musste es ihr sagen.