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Valentin Prinz von Junkersbrunn fällt aus allen Wolken, als bei der Testamentsverkündung sein Name fällt. Er, der Zweitgeborene, erbt das Familienunternehmen und den Titel "Fürst", nicht sein älterer Bruder Prinz Arthur. Dieser tobt und wütet, fordert sein Erbe ein, aber es hilft nichts. Die Notarin Jana lässt keinen Zweifel daran, dass dies der Wille des alten Fürsten war. Valentin aber liebt seinen älteren Bruder und will das Erbe zu dessen Gunsten ausschlagen. Jana hat alle Hände voll zu tun, den jungen Prinzen davon zu überzeugen, das Erbe anzunehmen, denn es ist ihr Job, den letzten Willen des Fürsten durchzusetzen. Doch auch ihr kommt das Ganze seltsam vor. Es muss einen triftigen Grund für diese so unübliche Entscheidung geben. Sie fragt bei der Fürstin nach, aber diese reagiert abweisend. Janas Neugier ist geweckt. Gibt es da vielleicht ein Familiengeheimnis, das es zu lüften gilt?
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Seitenzahl: 123
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Der Zweitgeborene
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Impressum
Der Zweitgeborene
Warum Prinz Valentin wider Erwarten zum Alleinerben wird
Von Catharina Chrysander
Valentin Prinz von Junkersbrunn fällt aus allen Wolken, als bei der Testamentsverkündung sein Name fällt. Er, der Zweitgeborene, erbt das Familienunternehmen und den Titel »Fürst«, nicht sein älterer Bruder Prinz Arthur. Dieser tobt und wütet, fordert sein Erbe ein, aber es hilft nichts. Die Notarin Jana lässt keinen Zweifel daran, dass dies der Wille des alten Fürsten war. Valentin aber liebt seinen älteren Bruder und will das Erbe zu dessen Gunsten ausschlagen. Jana hat alle Hände voll zu tun, den jungen Prinzen davon zu überzeugen, das Erbe anzunehmen, denn es ist ihr Job, den letzten Willen des Fürsten durchzusetzen. Doch auch ihr kommt das Ganze seltsam vor. Es muss einen triftigen Grund für diese so unübliche Entscheidung geben. Sie fragt bei der Fürstin nach, aber diese reagiert abweisend. Janas Neugier ist geweckt. Gibt es da vielleicht ein Familiengeheimnis, das es zu lüften gilt?
»Du musst auf jeden Fall bei Peters aufpassen«, sagte Prinz Valentin und stellte seine Kaffeetasse ab. »Er ist ein lustiger Kerl und hat die besten Futterpreise, aber er verrechnet sich immer.«
»Das weiß ich«, versicherte Till. »Ich arbeite seit sieben Jahren hier.«
Valentin seufzte und zog seine Sonnenbrille auf. Die Septembersonne war um das Haus herumgewandert und erreichte den Tisch, an dem der junge Prinz mit seinem Verwalter saß. Der Schatten wich vor der Sonne immer weiter zurück, sie erwärmte die leeren Teller und die hübsche Wasserkaraffe, in der Zitronenscheiben schwammen.
Valentin und Till saßen auf der Terrasse des Verwaltungsgebäudes. Es war ein freistehendes Gründerzeithaus, das mitten im Schlosspark erbaut wurde. Es befand sich zwischen dem Schloss und den Stallungen. Die angrenzenden Kastanien raschelten im lauen Wind.
»Es ist so schön hier«, murmelte der Prinz.
»Du wohnst in einem Schloss, Valentin. Da ist es auch schön.«
»Ja«, gab der Prinz zurück. »Aber ...«
Er verstummte und nahm noch einen Schluck Kaffee. Sie hatten soeben zu Mittag gegessen. Till saß neben ihm und notierte etwas im Kalender auf seinem Laptop. Sie waren schon seit Jahren befreundet. Kurz, nachdem der Fürst Till damals eingestellt hatte, hatten der junge Prinz und der Landwirt sich angefreundet. Unter der Woche aßen sie jeden Tag zusammen, um Belange des fürstlichen Guts zu besprechen, aber auch um über Fußball zu diskutieren.
»Jedenfalls«, begann Valentin wieder, »meint Peters das nicht böse. Ich bin mir sehr sicher, dass er uns nicht betrügen will. Das sieht man allein schon daran, dass er sich fast öfter zu unseren Gunsten verzählt. Aber so oder so muss man da hinterher sein.«
»Ich weiß«, sagte Till und klappte seinen Laptop zu. »Ich kenne Peters doch. Ich werde das schon im Blick haben.«
»Ja, du schon. Aber du musst nebenher leider auch noch auf Arthur aufpassen. Denn mein lieber Bruder wird solche Dinge wohl oder übel nicht überblicken.«
»Weshalb er dir die Geschäftsführung sicher überlassen wird.«
»Und wenn nicht, Till?«
»Also manchmal habe ich den Eindruck, dass du gar nicht mehr hier arbeiten willst.«
Prinz Valentin sah zu den mächtigen Kastanien, die fast so alt waren wie seine Familie selbst. Er rieb sich die Augen, ohne die Sonnenbrille abzunehmen, sie fiel schief auf seine Nase zurück. Valentin hatte braune Haare, sie glänzten wie die Kastanien an dem Baum, seine Augen waren blau wie der wolkenlose Himmel. Er setzte die Brille zurück auf die Nase und betrachtete den Baum weiter.
»Drüben im Schloss kann man das Rascheln der Blätter gar nicht mehr hören.«
»Dann zieh doch in den Ostflügel, davor stehen genug Kastanien«, schlug Till vor.
»Arthur wird entweder zu viel oder zu wenig Futter bestellen und dann wird er die Lieferung nicht nachzählen.«
»Dann sag ihm doch, dass du weiter in der Geschäftsführung tätig sein willst. Außerdem kann ich das Futter doch auch bestellen.«
»Nein, du hast mit dem Rapsanbau schon genug zu tun, von dem Park ganz zu schweigen.«
»Wir kriegen das schon hin. Vorausgesetzt, du kannst loslassen, Durchlaucht.«
»Nenn mich nicht Durchlaucht, Till. Und außerdem kann ich sehr gut loslassen, ich warte seit fünf Jahren darauf, loszulassen.«
»Wirklich?«, fragte Till und hob eine Augenbraue. »Es wirkt eher, als ob ...«
»Als ob was?«, fuhr Valentin dazwischen und stand auf. Er zeigte zum Schloss hinüber, das ein paar hundert Meter weiter in den Himmel ragte. Die Fassade des Schlosses war in zartem Gelb gestrichen, das sanft im Sonnenlicht glänzte. Ornamentale Verzierungen, fein gearbeitete Stuckaturen, Skulpturen und vergoldete Akzente zierten die Außenwände und betonten Fenster und Türen. »Als ob mir das Erbe meiner Familie egal wäre? Als ob es mich nicht kümmern würde, ob das Schloss oder der Park es auch nur ein weiteres Jahrzehnt schaffen zu bestehen?«
»Nein, natürlich nicht. Das ist doch genau der Punkt: Es ist dir unfassbar wichtig, weshalb du vielleicht gar nicht ...«
»Dieser Park ist fast dreihundert Jahre alt, Till«, unterbrach Valentin wieder und zeigte auf das saftige Grün, das sie umgab.
Der Schlosspark war ein wahres Paradies, das den Prinzipien des Rokoko kunstvoll folgte und natürliche Schönheit mit ästhetischer Gestaltung vereinte. Es gab raffiniert geschnittene Hecken, symmetrisch angeordnete Blumenbeete in lebhaften Farben und verschlungene Pfade, die durch das Gelände führten. Statuen klassischer Götter und Nymphen versteckten sich in kleinen Nischen oder waren zentral auf Freiflächen platziert. Von der Terrasse des Gutshauses konnte Valentin keine von ihnen sehen, aber er spürte jede einzelne dieser Statuen zu jeder Zeit. Sie waren Teil seines Lebens, seiner Familie.
Außerdem hatte Wasser schon immer eine zentrale Rolle in der Gestaltung des Parks gespielt: Kleine Teiche mit kunstvollen Brunnen und Kaskaden waren Teil ruhiger Rückzugsorte. Auf der anderen Seite des Schlosses grenzte der Park an einen kleinen künstlichen See, den Valentins Ururururgroßvater für seine Familie aber auch seine damaligen Untertanen hatte graben lassen. Jenseits des privaten Ufers des Fürstenhauses gab es einen öffentlichen Badestrand und Bootsstege.
»Natürlich ist mir all das wichtig«, sagte der Prinz. »Jedem von uns ist es das.«
»Arthur auch?«, fragte Till.
»Ja, er liebt das Anwesen.«
»So wie du?«
»Er wird ein guter Fürst sein, Till.«
»Wenn du das sagst.«
»Arthur ist vielleicht nicht so gewissenhaft, aber ist leidenschaftlich. Er liebt leidenschaftlich. Besonders dieses Anwesen«, sagte Valentin.
»Und du willst wirklich einfach abhauen?«
»Ich muss mal raus hier. Arthur wird übernehmen, und ich kann endlich das Sabbatjahr machen, von dem ich schon immer geträumt habe. Ein Jahr lang reisen, die Verantwortung für all das hier vergessen, eine neue Sprache lernen, neue Speisen kosten ...«
»Das klingt wirklich fantastisch, und ich bezweifle auch nicht, dass es dir guttun wird oder dass du es verdient hast«, sagte Till. »Ich frage mich nur, ob du die Verantwortung, die du spürst, nicht eh einfach mitnehmen wirst. Weil du nicht loslassen kannst, Valentin.«
»Ich kann loslassen, und ich werde loslassen«, beharrte der Prinz. »Arthur muss nur erst wirklich den Titel tragen und das alles übernommen haben.«
»Und da bist du sicher?«
»Ja«, antwortete Valentin erschöpft und ließ sich wieder in seinen Stuhl fallen. »Vater war so lange krank ... Es wird anders sein, wenn das Haus endlich wieder einen gesunden Fürsten hat, der die Verantwortung tragen kann.«
»Ich hoffe es für dich«, bekannte Till. »Aber vergiss nicht, dass ich auch mehr Aufgaben übernehmen kann.«
Valentin lachte. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dass du auf eine Gehaltserhöhung spekulierst.«
»O du weißt gar nichts«, erwiderte Till und lachte ebenfalls. »Denn genau das tue ich. Jetzt guck nicht so, Kumpel. Ich liebe dieses Anwesen, es ist mein Zuhause geworden, deine Familie ist fast meine ... Aber wenn ich mehr arbeite, will ich höheren Lohn. Hab ich das nicht verdient?«
»Ja, doch, natürlich«, räumte Valentin ein. »Darüber können wir reden.«
»Du und ich? Sollten das nicht eher Arthur und ich machen?«
»Äh, ja, klar. Das meinte ich.«
»Wann ist eigentlich die Testamentseröffnung?«, fragte Till.
Valentin runzelte die Stirn und sah auf seine Smartwatch.
»O Mist«, rief er und sprang auf. »Jetzt. Sie ist jetzt.«
Das alte Arbeitszimmer des Fürsten befand sich in einem Ostflügel des Schlosses. Vor seinem Fenster standen die Kastanien, von denen Till vorhin gesprochen hatte. Das Zimmer war mit erlesenen Antiquitäten ausgestattet, gesammelt von Generationen der Familie Junkersbrunn. Die Wände waren mit dunklem, reich gemasertem Holz getäfelt, das im gedämpften Licht der Septembersonne ein warmes, einladendes Flair verlieh. Ein großer Perserteppich in tiefen Rot- und Blautönen bedeckte den Großteil des alten Eichenparketts und dämpfte die Schritte, sodass eine fast spürbare Stille im Raum herrschte, obwohl sich einige Menschen versammelt hatten.
In der Mitte des Raumes stand ein schwerer Schreibtisch aus dunklem Eichenholz, dessen Oberfläche von der langen Nutzung poliert war und im Licht der Sonne, die zum Fenster reinfiel, leicht glänzte. Der Schreibtisch war übersät mit alten Büchern, kunstvoll gearbeiteten Schreibutensilien und neue Ringbuchordnern, die Valentin hier jede Woche reingebracht und aus denen er seinem Vater vorgetragen hatte. Selbst am Ende, als es dem Fürsten schon sehr schlecht gegangen war, hatte er auf diese Termine bestanden.
Neben dem Kamin, dessen wohlige Wärme den Raum im Winter seit Jahrhunderten erfüllte, befand sich eine Chesterfield-Sitzgruppe, die aus tiefen Ledersesseln und einer passenden Couch bestand. Das Leder war dunkelbraun und mit der Zeit weich und geschmeidig geworden. Die tiefe Polsterung lud zu langen, entspannenden Gesprächen oder zur Lektüre bei einem Glas Wein ein. Jetzt aber nahm die junge Notarin Jana Dimmer dort Platz und schlug geschäftig die Beine übereinander.
Valentin setzte sich ihr gegenüber. Ihr Händedruck war fest gewesen. Sie trug ein schlichtes Kostüm, nur in ihrem feinen silberblonden Haar glänzte ein schmuckvoller Reifen, der ihrem Look etwas Besonderes gab. Es hätte verspielt wirken können, aber es sah zauberhaft aus. Valentin räusperte sich bei dem Gedanken, natürlich meinte er nicht zauberhaft, sondern überraschend professionell. Er selbst war nämlich ebenfalls professionell und fragte sich nicht, ob diese hübsche Notarin Single war. Gleich, ob er es selbst war. Gedanken wie diese kamen ihm nicht.
»Können wir beginnen, Valentin?«
»Bitte?«
Er riss den Kopf herum und sah zu seiner Mutter. Fürstin Stephanie sah über den Rand ihrer Lesebrille zu ihrem Sohn. Ihre Haare waren schulterlang, fast schwarz. Das teilte sie mit ihrem ältesten Sohn, während Valentin eher seinem Vater ähnlichsah.
»Du warst in Gedanken, Valentin«, sagte die Fürstin jetzt. »Frau Dimmer möchte beginnen. Bist du so weit?«
»Natürlich«, antwortete Valentin. »Fangen Sie an.«
»Sehr gut«, sagte die junge Notarin, ihre Stimme war wie das Singen eines Vogels. »Ich begrüße Sie noch einmal herzlich zur Eröffnung des Testaments von Wilhelm Arthur Hubertus Fürst von Junkersbrunn. Zunächst möchte ich mein Beileid zum Ausdruck bringen und Ihnen mein Mitgefühl in dieser schwierigen Zeit aussprechen. Unsere Aufgabe heute ist es, den letzten Willen von Fürst Junkersbrunn zu verkünden und die im Testament festgelegten Verfügungen transparent und rechtmäßig umzusetzen.«
»Na, dann los«, sagte Prinz Arthur.
Er saß im Sessel neben der jungen Notarin. Sein Fuß wippte ungeduldig, während er zu der Mappe auf Frau Dimmers Schoß schielte, als könne er auf die Entfernung dort irgendetwas lesen.
»Fürst Junkersbrunn verfügt, dass das Familienanwesen, das Vermögen sowie der Fürstentitel an seinen Sohn Valentin Hubertus Wilhelm Prinz von Junkersbrunn gehen.«
»Was?«, entfuhr es Arthur, und auch Prinz Valentin hauchte ein fassungsloses »Wie bitte?«
»Prinz Valentin erbt Titel, Vermögen und Anwesen«, fasste die Notarin noch einmal zusammen, als wäre der Grund für ihr aller Unverständnis gewesen, dass sie vielleicht zu leise oder zu undeutlich gesprochen hatte. Das hatte sie nicht.
Valentin starrte sie an. Arthur sprang auf.
»Aber ich bin der Erstgeborene!«
»Ja, und Sie erhalten eine Apanage in Höhe von ...«, begann Frau Dimmer und blätterte in ihren Unterlagen.
»Eine Apanage!«, wiederholte Arthur, als hätte sie gesagt, dass er ein monatliches Zeitschriftenabo bekommen würde.
»Liebes, beruhig dich«, sagte Fürstin Stephanie. »Das wird sich alles klären, außerdem ist es vielleicht ...«
»Eine Katastrophe ist das!«, schrie Arthur plötzlich, dass alle Raum zusammenzuckten. »Ich bin der Erbe! Ich bin der Älteste!«
»Ja, das stimmt«, sagte die Notarin und räusperte sich. »Also, dass Sie der Älteste sind, aber es steht dem Fürsten frei, Ihren Bruder zu seinem Haupterben zu machen.«
»Aber Vater kann mich doch nicht einfach überspringen. Der Titel Fürst geht immer an den Ältesten, immer.«
»Nun, Prinz Junkersbrunn, die Sache ist die: Der Adel wurde in Deutschland offiziell abgeschafft. ›Fürst‹ ist nur noch ein Beiname, den Sie intern in Ihren Kreisen führen. Rechtlich bedeutet er nichts, im Grunde existiert er gar nicht.«
»Er existiert nicht?!«, brüllte Arthur. »Das ist ja noch schöner. Ich bin ein Fürst. Ich! Und all das hier ist meins. Es steht mir zu!«
Arthur schrie und zeigte um sich. Seine Augen traten hervor, die Ader an seiner Stirn pochte. Die Fürstin blinzelte irritiert.
»Arthur, Liebling, ich verstehe, dass du sauer bist, aber das ...«
»Nichts verstehst du. Gar nichts!«, fuhr der Prinz seiner Mutter dazwischen. Seine schwarzen Haare fielen ihm in die Stirn. Er strich sie achtlos zurück und rang die Hände.
»Eine Katastrophe ist das!«, schrie er wieder.
»Eine Katastrophe?«, wiederholte Valentin und ging zu seinem Bruder. »Bedeutet dir das alles so viel?«
»Mhm-mhm«, antwortete Arthur schnell. »Es bedeutet mir sehr viel. Ja. Sehr viel.«
»Ich will den Titel ja eh nicht. Oder das Vermögen«, sagte Valentin und wandte sich an die Notarin, ohne die Hand von der Schulter seines Bruders zu nehmen.
»Kann ich auf das Erbe auch verzichten?«
»Nein, leider gibt es einige Klauseln, die Ihr Vater eingebaut hat. Also Sie können schon verzichten, das ist Ihr gutes Recht. Aber dann würde der Gutshof verkauft und das Geld gespendet. Es gibt eine Liste verschiedener, gemeinnütziger Institutionen. Unter anderem soll das Geld zur Rettung von Meerschweinchen eingesetzt werden.«
»Meerschweinchen?«, entfuhr es Valentin.
»Unter anderem«, sagte die Notarin. »Aber vor allem ...«
»Ich bekomme also nichts«, raunte Arthur schwach.
Valentin spürte, wie der große Bruder umzufallen drohte und hielt ihn fest.
»Also, so würde ich das nicht sagen«, antwortete Frau Dimmer. »Sie bekommen, wie gesagt, eine stattliche Apanage und Wohnrecht und ...«
»Wohnrecht in einem Schloss, das mir nicht gehört?« Arthur schnaubte. »Weil mir gar nichts gehört.«
»Arthur, warte, lass uns das alles in Ruhe durchgehen. Wir finden bestimmt eine Lösung, die uns alle zufrieden macht.«
»Nein«, sagte Arthur, schlug Valentins Hand von seiner Schulter, marschierte zur Tür und riss sie auf.
Er knallte sie hinter sich zu. Wieder zuckten alle im Raum zusammen. Für einen Moment war es still, dann erhob sich Fürstin Stephanie und strich ihren Bleistiftrock glatt.
»Ich sollte ihm nachgehen. Entschuldigen Sie mich, Frau Dimmer.«
Sie ging ebenfalls, der Teppich schluckte ihre Schritte, sie schloss die Tür leiser hinter sich.
Valentin sah verlegen zu der jungen Notarin und ihrem funkelnden Haarreifen.
»Nun, Frau Dimmer, Sie haben uns ganz schön überrascht.«
»Den Eindruck habe ich auch«, gestand sie, und dann fügte sie noch etwas an, aber Valentin hörte sie nicht, weil sie lächelte, während sie sprach, und das nahm ihn gefangen.