Ganz schön verzaubernde Märchen - Anders Baumgartner - E-Book

Ganz schön verzaubernde Märchen E-Book

Anders Baumgartner

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Beschreibung

In jener Zeit, als es bei uns noch Zauberer, Hexen und Drachen gab, machten diese vielen Menschen das Leben schwer. Nur mithilfe von Klugheit und guten Zauberwesen konnten Könige, Prinzen, Prinzessinnen, aber auch einfache Jungen und Mädchen die Bösewichte besiegen. In diesen fünfzig neuen Märchen werden einige der spannenden Abenteuer erzählt und werden Jung und Alt begeistern.

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Inhalt

Das Zaubervöglein

Die blaue Kugel

Thomas mit dem Wundermantel

Der Ring im Wald

Der Zauberer im Wald

Das Rätsel des Königs

Aurikelchen

Die Schätze der blaugrünen Berge

Die Kette

Das Zauberfenster

Die Burg in der Schlucht

Der Hut, die Flöte und der Umhang

Die vier Schwestern

Maria und Anne

Der König der Erdmännlein

Das böse Waldmännchen als König

Die treue Katharina

Der Haarreif der Prinzessin

Die Ohren des Drachen

Die Steinfigur

Die Zauberkerze

Die zwei Mägde

Das Schloss der Riesen

Die Taube, der Spatz und der Esel

Das verwunschene Ei

Die Hexe vom See

Die Goldmünze

Das geheimnisvolle Schloss

Der starke Jonathan

Der schwarze Apfel

Morgenrot und Abendrot

Das sonderbare Schaf

Der Garten des Zauberers

Die Prinzessinnen in der Grotte der Antworten

Die Hufeisen

Der Zwerg im Himbeerstrauch

Das Tuch in der Truhe

Der Trockenheitszauber

Das Kleid aus Schnee

Der rankende Efeu

Der ungeschickte Diener

Der Zuckerberg

Das rätselhafte Häuschen

Die Rose im Burggarten

Die sauren Pflaumen

Der geliehene Spiegel

Der glänzende Stein

Die verzauberten Haare

Die gefährlichen Naschereien

Die Fackel des bösen Zauberers

Das Zaubervöglein

Es war einmal ein alter König, der hatte keine Kinder, keine Frau und keine weiteren Verwandten. Daher wäre mit ihm das Herrschergeschlecht ausgestorben. So musste er sich überlegen, wen er als Nachfolger bestimmen könnte, doch es fiel ihm niemand ein. Es geschah aber, dass er im hohen Alter todkrank wurde. Da rief er seine fünf höchsten Berater zu sich und sagte: „Meine teuren Berater! Regiert über das Reich nach meinem Tod, bis ihr einen würdigen Nachfolger für mich gefunden habt! Entscheidet euch für einen würdigen Mann!“ Bald darauf starb der König. Die fünf höchsten Berater wollten aber zusammen herrschen und gar keinen König haben. Doch da das Volk, die Hofleute und die Adeligen einen König haben wollten, versammelten sich die fünf Berater und entschieden, jenem die Königswürde zu geben, der eine Prüfung bestehe. Sie machten die Prüfungen aber derart schwer, dass sie niemand bestehen konnte.

In dieser Zeit ging ein junger Mann im Wald umher, der wollte auch zur Prüfung antreten, aber er traute es sich nicht zu, sie zu bestehen. Als er mitten im Wald war, sah er, wie ein Raubvogel ein wunderschönes Vöglein blitzschnell packte. Da rannte der Mann hin und warf einen Stein auf das Raubtier und es flog eilig davon. Er sah, dass das verletzte Vöglein goldene Federn hatte, was ihn sehr überraschte. Da fing es an zu sprechen und sagte: „Vielen Dank, junger Mann! Du hast mir das Leben gerettet!“ Der Mann fragte: „Was bist du für ein schöner Vogel?“ Dann antwortete es: „Ich bin ein Zaubervogel! Ich kann Wünsche erfüllen! Wenn du einmal in Not bist oder Hilfe brauchst, so rufe: ‚Zaubervöglein, Federn wie Gold, komm herbei und sei mir hold!‘ Dann werde ich bald herbeifliegen und dir helfen. Denn du hast mir das Leben gerettet, du hast es verdient.“ „Oh, ich hätte schon einen Wunsch! Ich will die Prüfung bestehen, um König werden zu können!“ „Nun, so schnell geht es nicht! Zuerst musst du eine Prüfung auferlegt bekommen! Dann werde ich dir helfen. Aber lass mich nun meine Verletzung heilen!“ Da verschwanden die Wunden des Vogels und er sprach: „Jetzt geh zur Burg und höre, was dir dort befohlen wird!“ Da flog das Vögelchen davon.

Der Mann ging am nächsten Tag in die Burg. Es hatte aber über Nacht geschneit. Die fünf Berater sahen, dass der Mann arm war, und wollten ihn nicht zum König haben. Sie verlangten von ihm, einen weißen Alabasterring im zugeschneiten Königswald, in dem der König einst jagte, zu finden. Der Mann war erschrocken, da er sich das kaum zutraute. Er ging in den Königswald und suchte eine Weile, doch er fand im hohen Schnee keinen Ring. Da rief er laut: „Zaubervöglein, Federn wie Gold, komm herbei und sei mir hold!“ Nach einem Weilchen kam das Zaubervöglein herbeigeflogen und fragte: „Nun, wie kann ich dir dienen?“ Der Mann antwortete verzweifelt: „Ich soll einen Ring aus weißem Alabaster hier im Wald finden.“ „Dann werde ich danach suchen“, sagte das Vögelchen und suchte eine Zeit lang und fand mit seinen unglaublich scharfen Augen den Ring im Schnee. Da freute sich der junge Mann und bedankte sich herzlich. Als er wieder in der Burg war, zeigte er den Hofleuten stolz den Ring. Da erstaunten alle in der Burg, nur die höchsten fünf Berater wurden sehr zornig. Einer von ihnen sprach: „Nun, du hast ihn gefunden! Aber wer hat denn gesagt, dass es nur eine Prüfung gibt? Du sollst noch eine haben. Morgen wird ein Diener diesen Ring ins tief verschneite Mittelgebirge bringen und übermorgen sollst du ihn dort oben suchen!“ Da erschrak der Mann heftig und war sehr enttäuscht. Er wollte eigentlich gar nicht antreten, ging aber am übernächsten Tag doch ins Mittelgebirge hinauf. Der Schnee lag so hoch, dass er ihm bis an die Knie reichte, und der Wind wehte lauter Schneeflocken her. Er wusste nicht, ob der Vogel noch einmal kommen würde, aber er rief ihn doch: „Zaubervöglein, Federn wie Gold, komm herbei und sei mir hold!“ Dann kam dieser nach einer Weile herbei und fragte überrascht: „Nun, was willst du denn von mir? Was tust du hier oben?“ Da erzählte der verzweifelte Mann ihm alles und der Vogel versprach, ihm wieder zu helfen. Der Vogel suchte eine Zeit lang, doch dann fand er tief im Schnee den Ring. Da freute sich der Mann und bedankte sich vielmals. Der Vogel versprach auch, ihm wieder zu helfen, wenn er Hilfe brauche, denn er habe ihn lieb gewonnen.

Stolz zeigte der Mann in der Burg den Beratern den Ring. Alle staunten, doch einer der höchsten Berater sagte: „Nein, so einfach geht es nicht! Übermorgen soll deine dritte und letzte Prüfung sein! Morgen soll ein Diener diesen Ring auf den Berg da bringen, der höchste Berg unserer Gegend. Oben am Gipfel sollst du ihn suchen, dort, wo der Schnee so hoch liegt!“ Da erschrak der Mann sehr. Doch die Berater waren falsch und hinterlistig. Sie ließen diesmal den Ring gar nicht hinaufbringen, damit der Mann die Prüfung nicht bestehen konnte.

Am übernächsten Tag ging der Arme den Berg hinauf, doch es war ihm einfach zu beschwerlich. Als er bei einer Almhütte ankam, rief er: „Zaubervöglein, Federn wie Gold, komm herbei und sei mir hold!“ Da kam das Vögelchen und ließ sich vom Mann alles erzählen. Dann flog es zum Gipfel hinauf, an dem es stark schneite. Der Vogel suchte und suchte. Doch er fand keinen Ring. Fast völlig entkräftet kam der Vogel zum Mann zurück und schnaufte, dass er diesmal den Ring nicht finde. „Ist denn der Schnee so hoch da oben, dass du ihn nicht mehr finden kannst?“, fragte der Mann. „Nein, das ist es nicht! Er ist wirklich nicht da!“ „Aber er muss doch oben sein!“ „Mein Lieber, er ist nicht da! Meinen Augen entgeht nichts! Vielleicht hat ihn ein Tier verschleppt. Weißt du was? Ich zaubere aus einem Häufchen Schnee einen Alabasterring, mehr kann ich nicht tun.“ Der Mann stimmte zu und der Zaubervogel schuf einen Alabasterring, der genauso aussah wie der, den der Mann finden sollte.

Er brachte diesen Ring etwas verlegen in die Burg. Da lächelte ein hoher Berater und zog den echten Alabasterring aus einer Tasche. Dann sagte er in einem leisen, aber hochnäsigen Ton: „Sieh her! Da ist doch der Ring! Ich wollte deine Ehrlichkeit überprüfen! Niemand hat ihn hinaufgetragen! Du musst den in deiner Hand wohl gestohlen haben!“ Dann wurde er laut und schrie: „Du bist ein Dieb! Ein Betrüger! Wachen! Werft ihn in den Kerker!“ Der arme Mann wurde ganz bleich und von zwei Wachen in den Kerker gesperrt.

Er war verzweifelt und wusste sich nicht zu helfen. In der Nacht sagte er vor dem Fenster seiner Zelle: „Zaubervöglein, Federn wie Gold, komm herbei und sei mir hold!“ Tatsächlich kam der Vogel ans Fenster und sagte: „Ich hätte dich kaum gehört, so leise warst du!“ Da antwortete der Mann dem Vogel flüsternd: „Bitte sei leise! Ich bin ja hier im Kerker!“ „Warum bist du im Kerker?“ „Weil die Berater mir einen Diebstahl anhängen. Sie sagen, ich habe den Ring gestohlen!“ „Diese … Nun, wie soll ich dir heraushelfen?“ Da überlegten beide und kamen auf eine Idee.

Der Vogel ließ daraufhin einen Sturm über die Burg kommen. Es stürmte von nun an Tag und Nacht über der Burg, bis der Schnee auf ihren Dächern weg war. Niemand wusste, wieso es so stürmte. Die höchsten Berater wollten den Mann aber heimlich hinrichten lassen. Als sie jedoch den Befehl dazu gaben, wurde der Sturm noch stärker, sodass dieser lauter Dachziegel herunterriss. Da erschraken sie und hatten Angst, dass der Sturm mit dem Mann zu tun habe. Sie geboten nun Einhalt und der Sturm wurde wieder schwächer; er hörte aber dennoch nicht auf. Die Berater wollten den Mann aber nicht zum König haben. „Ist das denn ein Zauberer, dass ihm der Sturm gehorcht?“, fragte einer. Dann gingen sie in den Kerker und fragten den Mann, ob er wisse, warum es so stürmte. Da antwortete er: „Das ist die Gerechtigkeit! Der alte König wollte bestimmt auch einen Nachfolger!“ „Aber da die letzte Prüfung nicht gilt, musst du noch eine Prüfung bestehen! Selbst wenn du diese nicht bestehst, wird doch der Sturm wohl enden?“ „Wenn ihr nicht schummelt, dann wird der Sturm bestimmt aufhören! Ich verspreche auch, nicht zu lügen. Aber ihr müsst es auch anerkennen, wenn ich die Prüfung bestehe.“ Sie verlangten von ihm aber, ein rot gefärbtes Ei aus dem eiskalten Wasser des Burggrabens herauszuholen, das sie zuvor hineingeworfen hatten.

Der Mann ging zum Burggraben und wartete schon auf den Vogel. Dieser kam, ohne dass er ihn rufen musste. Da legte der Vogel aber ein rotes Ei. Der Mann nahm es und brachte es den Beratern. Diese waren ganz außer sich und zornig darüber. „Das ist doch nicht möglich!“, schrie einer erbost. Doch da zersprang das Ei und es kam ein kleiner Drache heraus, der augenblicklich groß wurde. Er brüllte die Berater an: „Ihr herrschsüchtigen Bösewichte! Der Mann hat die Prüfungen bestanden und wird nun König!“ Dann spie der Drache so stark Feuer, dass die Berater voll Angst aus der Burg liefen und sich nie mehr blicken ließen. Somit hörte auch der Sturm über der Burg auf und der Drache wurde mit dem Zaubervöglein eins. Der Mann wurde zum König gekrönt und der Zaubervogel blieb im Schloss und beriet ihn.

Die blaue Kugel

Es waren einmal drei Brüder, die mit ihren Eltern am Rande des Waldes lebten. Eines Tages schickte der Vater den ältesten Sohn in den Wald, damit dieser Holz sammle. Als er im Wald war, traf er auf eine alte Hexe. Sie sagte zu ihm zornig: „Verschwinde von hier!“ Er aber fragte sie: „Wer bist du denn und was machst du hier?“ Da wurde sie so zornig, dass sie ihn versteinerte.

Die Familie war aber besorgt um ihn, da er nicht mehr heimkam. Darum ging am nächsten Tag der zweitälteste Sohn in den Wald und fand nach ein paar Stunden Suche seinen versteinerten Bruder, worüber er sehr erschrak. Da kam auch die böse Hexe wieder und herrschte ihn an: „Jetzt ist noch einer da! Deinen Bruder habe ich bereits verhext. Also verschwinde, wenn dir dein Leben lieb ist!“ Da befahl er ihr: „Verwandle sofort meinen Bruder zurück!“ Aber sie ließ den zweitältesten Sohn zu einer Holzstatue werden und sprach grinsend: „Nun sieh zu, dass du nicht morsch wirst! Das hast du davon, wenn du mir befehlen willst!“

Die Familie war nun noch besorgter, da auch der zweitälteste Sohn nicht zurückkam. „Ja, was kann denn im Wald passiert sein?“, grübelte der Vater. „Was machen wir denn nun?“, fragte die Mutter besorgt. „Morgen geh ich in den Wald!“, sagte der jüngste Bruder. Doch die Mutter wollte das nicht zulassen und sagte: „Auf keinen Fall! Das ist zu gefährlich! Ich will dich nicht auch noch verlieren!“ „Niemanden haben wir verloren! Die beiden kommen schon noch!“, sagte der Vater ernst. Doch der Sohn gab nicht nach und am nächsten Tag ging er in den Wald, um seine Brüder zu suchen. Nach Stunden fand er seine zwei verzauberten Brüder und war sehr erschrocken. Bald kam die Hexe wieder und schrie: „Was machst du hier? Verschwinde, bevor es dir wie deinen Brüdern ergeht!“ Da bekam er Angst und rannte nach Hause. Dort erzählte er alles seinen Eltern und sie erschraken sehr. Da sagte der Vater, der sich Tage zuvor eine Verletzung zugezogen hatte: „Uns könnte nur die gute Zauberin helfen, die in der Felsenhöhle lebt. Doch meine Verletzung am Bein ist noch nicht ausgeheilt. So weit kann ich nicht gehen!“ Da sagte der Sohn, dass er dorthin gehen werde. Am nächsten Tag frühmorgens ging er zur besagten Höhle, vor der ein Bächlein rauschte, das er überqueren musste. Er ging etwas schüchtern in die Höhle hinein und grüßte freundlich. Dann erblickte er die gute Zauberin, die seinen Gruß erwiderte und ihn freundlich fragte, was er bei ihr suche. Sodann erzählte er ihr alles und bat sie um Hilfe.

Sie sagte, sie wolle ihm gerne helfen, aber ihre Macht sei einst gebrochen worden. Ein böser Zwerg habe ihren Zauberstab weggenommen und in sein Reich gebracht. Er lasse dort niemanden hinein und sie selbst könne den Stab nicht zurückholen. Wenn der Junge es schaffen würde, in das Reich des Zwergs zu kommen und diesen sogar zu besiegen, so müsse er ihr ihren Stab bringen, dann hätte sie wieder Macht und könne ihm helfen. Er fragte aber: „Wie soll ich denn den Zwerg besiegen? Was muss ich machen?“ Sie antwortete: „Nimm diesen Trank mit. Wenn das der Zwerg trinkt, verliert er all seine Macht. Du musst aber klug sein, denn er wird nicht so einfach daraus trinken.“

Er nahm den Trank und ging zum Reich des bösen Zwerges, das im nahen Wald lag. Als er dort ankam, war da eine riesige Mauer, die von Bäumen teilweise verdeckt war. Da fand er auch ein großes Tor und klopfte fest daran. Bald darauf machte ihm ein Zwerg auf, der ein finsteres Gesicht machte. Er fragte wütend: „Was willst du hier?“ Der Junge antwortete: „Ich habe mich im Wald verirrt und bitte um Obdach für eine Nacht!“ Da wurde der Zwerg noch wütender und brüllte: „Was? Was fällt dir ein? Ich bin kein Gasthaus! Verschwinde!“ „Wenn du mich hineinlässt, gebe ich dir einen kräftigenden Trank als Dank. Der allein hat mich die letzten Tage am Leben erhalten, als ich im Wald umherirrte, ohne etwas zu essen.“ Da wurde der Zwerg stutzig, war aber viel zu misstrauisch, um dem Jungen zu glauben. So fragte er: „Wer hat dir den Trank gemacht?“ „Meine Großmutter. Sie ist eine alte Wunderheilerin und weiß gar viel.“ „Nun, so trink zuerst heraus, damit ich seh, dass er nicht vergiftet ist.“ „Nein, werter Herr. So viel ist da nicht mehr drinnen. Trinke ich da nur einen Schluck, ist alles weg.“ Da wurde der Zwerg sehr zornig, nahm einen Stock und wollte damit den Jungen zusammenschlagen. Doch vor Schreck schüttete er dem Zwerg den Trank ins Gesicht, wodurch dieser ein wenig davon schluckte. Aber es reichte aus, um den Zwerg zu schwächen und zu besiegen, der plötzlich verschwand.

Der Junge ging durch das Tor und fand innerhalb der Mauern eine Falltür, die er öffnete. Dann ging er die Treppe hinunter, so wie es ihm die Zauberin gesagt hatte. Unten angekommen, sah er einen wunderschönen, unbeschreiblich prächtigen Saal. Er sah sich um und fand an einer Wand drei Stäbe. Die Zauberin hatte ihm aber nichts von drei Stäben gesagt. Er nahm einen, der für ihn sonderbar aussah. Als er den Saal verlassen wollte, sah er eine Kugel aus einem Metall, das er noch nie gesehen hatte. Sie leuchtete herrlich blau und war so schön, dass er sie mitnahm.

Als er den Stab der Zauberin brachte, merkte sie, dass dieser nicht funktionierte, und sprach: „Das ist nicht mein Stab. Dieser hier ist aus dem Holz eines Baumes, der in einem fernen Land wächst. Du musst noch einmal in das Reich des Zwergs gehen und mir meinen Stab herholen.“ So musste er noch einmal hingehen. Er hatte aber zu fragen vergessen, welchen von den zwei anderen Stäben er nehmen musste. Nach längerem Überlegen nahm er einen, den er der Zauberin gab. Aber auch mit diesem konnte sie nicht zaubern und sagte: „Der ist auch nicht meiner. Denn der hier ist wieder aus einem fremden Gewächs gemacht worden. Wie viele Stäbe hat der Zwerg denn dort? Geh noch einmal dorthin und bring mir meinen mit!“ So musste er noch einmal hingehen und nahm diesmal den letzten Stab. Damit konnte sie nun endlich zaubern, denn dieser war aus einem Gehölz aus den Bergen gemacht worden.

Sie gingen dann zu dem Ort, an dem die verzauberten Brüder standen. Die gute Zauberin verwandelte die beiden mit ihrem Stab wieder zurück, worüber sich alle freuten. Dann sagte sie aber ernst: „Seid leise, meine Lieben! Wenn die Hexe kommt, müsst ihr schnell verschwinden!“ Da fragte der Jüngste: „Kannst du die böse Hexe nicht vergiften?“ Darauf antwortete sie: „Nein, leider nicht. Denn der Trank wirkte nur bei bösen Zwergen. Ich konnte den Zauber der Hexe mit Mühe aufheben, aber gegen sie mit Zaubermacht kämpfen wird mir nur schwer gelingen.“ Sie wollten also weggehen, da kam auch schon wieder die Hexe, die zornig fragte, was sie denn hier alle machen würden, und wollte sie verzaubern. Doch die gute Zauberin konnte mit ihrem Stab den Fluch der Hexe gerade noch zurückhalten. Dabei entstand aber so ein starker Sturm, dass der jüngste Bruder zu Boden stürzte und ihm die blaue Kugel aus seiner Hosentasche fiel. Die gute Zauberin und die Hexe kämpften mit ihren Mächten gegeneinander an und es stürmte währenddessen stark. Die Zauberin hatte trotz des Kampfes die Kugel bemerkt und sagte zum Jungen: „Du hast die blaue Kugel! Gib sie mir in die linke Hand! Schnell!“ Er gab sie ihr und sie sprach:

„Kugel, nimm der Hexe Macht,

von jetzt an Tag und Nacht,

auf dass sie nicht mehr zaubert,

mach aber, dass sie zaudert.“

Da ging ein blauer Lichtstrahl von der Kugel aus und zielte auf die Hexe, die dabei sehr erschrak und plötzlich nicht mehr zaubern konnte. Da wurde sie in Stein verwandelt, da die Zauberin den Hexenfluch zurückwarf. Alle freuten sich sehr und die drei Brüder gingen zu ihren Eltern zurück, die darüber sehr glücklich waren.

Thomas mit dem Wundermantel

Es war einmal eine Prinzessin, die wollte keinen ihrer Freier heiraten, obwohl ihre Berater es wünschten. Die Eltern der Prinzessin waren nicht mehr am Leben und ohne Mann konnte sie nicht zur Königin gekrönt werden. Trotzdem weigerte sie sich, einen ihrer Freier zum Mann zu nehmen. Dies wurde bald im ganzen Land bekannt.

In einem kleinen Dorf lebte ein junger Mann namens Thomas. Eines Tages fuhr eine edle Kutsche, in der die Prinzessin saß, an den Waldesrand dieses Dorfes. Dort machte die Prinzessin kurz Halt, um aus einem Brünnlein zu trinken, da sie so durstig war. Thomas war aber gerade in der Nähe dieses Brünnleins und hatte sich hinter dem Gebüsch versteckt. Dort erblickte er das schöne Gesicht der Prinzessin und verliebte sich in sie. Nachdem sie getrunken hatte, fuhr sie mit der Kutsche weiter.

Thomas war ein armer Mann und wusste, dass die Prinzessin nicht einmal einen Prinzen heiraten wollte. Aber er hatte solchen Liebeskummer. Da fiel ihm ein, dass mitten im tiefen Wald ein Männlein lebte, das zaubern konnte. Allerdings musste man es erst finden, was aber nicht so einfach war. Thomas hatte aber derart Liebeskummer, dass er dennoch versuchte, das Männlein im Wald zu finden. Er suchte und suchte, doch er fand es nicht. Er arbeitete weniger auf dem Feld, damit er umso länger im Wald suchen konnte. Dadurch geriet er in noch größere Armut und hatte nur mehr wenig zu essen. Er suchte drei Monate lang, bis er sich eines Tages verzweifelt unter eine Buche tief im Wald setzte. Da erschien ihm plötzlich das Männlein. Er freute sich sehr und sprach zum Männlein: „Ach, wie habe ich dich drei Monate lang gesucht!“ Da fragte es ihn: „Nun, wieso suchst du mich denn? Und das so lange?“ „Ich habe großen Kummer!“, antwortete er. „Welchen Kummer denn?“ „Ich bin unsterblich verliebt. Aber nicht in ein einfaches Mädchen. Sondern in die Prinzessin!“ „Du scherzt!“ „Oh nein! Das ist wahr!“ „Ja, aber wie soll ich dir denn nun helfen?“, fragte das Männlein verdutzt. „Lass sie sich in mich verlieben!“ „Das kann ich nicht! Du verlangst Dinge!“, erwiderte es. „Aber nur du kannst mir helfen!“ „Ich könnte dir einen Zaubermantel schenken. Wenn du ihn trägst, sobald du vor der Prinzessin stehst, wird sie sich in dich verlieben. Aber pass bloß auf! Sie muss die Erste sein, die dich im Mantel sieht. Es könnte sich sonst eine andere in dich verlieben und der Mantel wird dann völlig wertlos für dich. Und noch etwas: Du wirst nicht so einfach ins Schloss kommen. Nimm diese Nuss hier. Du musst sie, kurz bevor du in das Schloss gehst, knacken und dann essen. Bald darauf wirst du unsichtbar werden. Auch alles, was du berührst oder trägst, wird nicht mehr zu sehen sein. Aber nur für kurze Zeit. Höchstens eine Stunde. Vergiss das nicht!“ Thomas bedankte sich herzlich bei dem Männlein, nahm den Mantel und die Nuss und ging fort. Am nächsten Tag machte er sich auf zum Schloss.

Er war aber so neugierig, wie er in dem Mantel aussähe, weil dieser gar so schön war. So ging er zu einem Teich, probierte den Mantel an und blickte auf sein Spiegelbild im Wasser. Da hörte er plötzlich zwei Frauen hinter dem Gebüsch, die plaudernd daherkamen. Er zog sich in aller Eile den Mantel aus und rannte hinter das Dickicht, ließ aber vor Schreck den Mantel liegen. Da erblickten die Frauen den Mantel und staunten über dessen Schönheit. Sie wollten ihn mit sich nehmen, doch es begann ein Streit unter ihnen, wem er gehören sollte. Als sie so stritten, nahm er einen großen Stein und schleuderte ihn vom Dickicht aus in den Teich, dessen Wasser dann überschwappte und die streitenden Frauen nass machte. Diese ärgerten sich sehr und schrien vor Wut. Dann sagte er im Dickicht sitzend: „Lasst meinen Mantel hier! Ich bin ein Wassermann und überschwemme euch, wenn ihr ihn nicht hier liegen lässt und nicht sofort verschwindet!“ Da erschraken sie so sehr, dass sie den Mantel liegen ließen und davonliefen. Er war sehr froh darüber und ging wieder zu seinen Kleidern. Aber er erschrak sehr, als er die Nuss nicht mehr fand. Als er eine ganz in der Nähe entdeckte, war er sich nicht sicher, ob es die rechte Nuss war. Denn nicht weit davon entfernt lagen weitere, da dort ein großer Haselnussstrauch stand. Daher musste er gleich ein paar Nüsse mitnehmen.

Er setzte seine Reise fort. Da es aber ein weiter Weg zum Schloss war, musste er in einem Wirtshaus übernachten. Am nächsten Tag ging er weiter und nach einer Weile machte er in einem kleinen Wald Rast und schlief sogar ein. Da kam aber ein Wanderer, der am Schlafenden vorbeiging und auch den Mantel sah. Er nahm sich den Mantel und ging damit davon. Bald darauf flog auch ein Eichelhäher daher, der die Nüsse in der Hosentasche des schlafenden Thomas sah. Als er sich eine Nuss herausnahm, wachte Thomas auf. Aber der Eichelhäher flog schnell in die Buche. Thomas sah aber sofort, dass der Mantel nicht mehr da war, und erschrak heftig. „Wo ist mein Mantel hin?“, fragte er sich ganz besorgt und suchte. Da bekam der Eichelhäher Mitleid und rief von der Buche zu Thomas hinunter: „Du! Schreck dich nicht! Ich will dir helfen! Du suchst den Mantel, der dir während des Schlafs gestohlen wurde? Ein flinker Wanderer hat ihn sich genommen. Er ging Richtung Norden. Du kannst ihn noch einholen!“ Da sah Thomas, dass ein Eichelhäher sprach. Er rief zu ihm hinauf: „Wie kann ich dir nur danken?“ „Das hast du schon!“, lachte der Vogel, flog davon und vergrub die Nuss.

Thomas ging sehr schnell weiter und holte den Wanderer bald ein. Dieser kehrte aber gerade in sein Haus zurück. Thomas versteckte sich hinter einem Baum und überlegte nun, was er tun sollte. Dann ging er leise zu einem Fenster und blickte durch dieses ins Haus hinein. Er sah, wie sich der Wanderer den Mantel anzog und sich im Spiegel betrachtete. Dann ging Thomas zur Tür und klopfte, rannte aber wieder zum Fenster zurück. Der Wanderer zog sich schnell den Mantel aus und öffnete die Tür. Thomas stieg durch das geöffnete Fenster ins Haus hinein und sah den Mantel liegen. Er nahm ihn und verließ das Haus wieder durch das Fenster.

Danach ging er schnell zum Schloss. Als er davorstand, knackte er die Nüsse und aß sie. Er merkte aber, dass er nicht unsichtbar wurde. Er sagte bestürzt: „Anscheinend habe ich die richtige Nuss unterwegs verloren.“

Er trat unglücklich seinen Heimweg an. „Alles umsonst!“, sagte er weinend und gelangte nach ein paar Stunden wieder in den Wald, wo der Eichelhäher eine seiner Nüsse gestohlen hatte. Der Eichelhäher sah den todunglücklichen Thomas und er tat ihm wieder leid. Da rief er ihm wieder von der Buche aus zu: „Ei! Was machst du für ein unglückliches Gesicht? Deine Miene ist ja schwer zu ertragen! Geh die paar Schritte gegen Osten, zum Waldrand. Da steht ein üppiger Haselnussstrauch. So etwas hab ich noch nie gesehen! Gräbt man die Nuss ein, so wächst daraus noch am gleichen Tag ein Strauch, an dem sogar Nüsse hängen!“ Dann flog der Vogel davon. Thomas war sehr verwundert darüber und glaubte, es sei ein Witz. Er ging aber hin und sah den schönsten Haselstrauch, den er je gesehen hatte. Er war über und über voll mit Früchten. Da wusste er, dass der Strauch von der Nuss sein musste, die er geschenkt bekommen hatte. Also sammelte er gleich ein paar. Nun wollte er aber ausprobieren, ob sie ihn wohl auch unsichtbar machen würden. Er knackte eine und aß sie. Daraufhin wurde er wirklich unsichtbar und konnte sich selbst nicht mehr sehen. Er ging wieder zum Schloss zurück und als er dort ankam, war es spätabends. Er knackte wieder eine Nuss, aß sie und man konnte ihn nicht mehr sehen. So ging er ins Schloss, ohne von den Wachen gesehen zu werden. Als er drinnen nach einer Weile wieder sichtbar wurde, zog er sich schnell den Mantel an. Dieser passte ihm aber nicht, bekam einen Riss und verlor dadurch seine Zauberwirkung. Plötzlich erblickte die Prinzessin Thomas, als er gerade versuchte, den Riss im Mantel zu verdecken. Dabei stellte er sich recht dumm an. Sie begann laut zu lachen und sagte: „Das ist ein lustiger Kerl! Wenn ich heiraten müsste, dann so einen Mann! Die Prinzen sind mir alle zu ernst!“ Da horchten die Berater auf und überredeten die Prinzessin, Thomas zu heiraten, da sie aufgrund seines schönen Mantels annahmen, dass er ein Edelmann sei. Tatsächlich verliebte sie sich in ihn und willigte ein, ihn zu heiraten. Man freute sich, dass sie nun doch heiraten wollte. Bald wurde die Hochzeit gefeiert und die beiden zu König und Königin gekrönt. Sie lebten glücklich bis an ihr Ende.

Der Ring im Wald

Es war einmal ein Mädchen, das hatte eine böse Stiefmutter. Eines Tages ging das Mädchen in den Wald, weil es Beeren pflücken musste. Dort fand es einen schönen Ring auf dem Boden liegen. Er gefiel ihm sehr, doch es wollte ihn nicht nehmen, da es Angst hatte, dass ihn jemand verloren hatte. Da hörte es plötzlich eine Stimme, die sagte: „Nimm den Ring mit nach Haus, sprich nur deine Wünsche aus!“ Da fürchtete sich das Mädchen sehr und ging wieder nach Hause, ohne den Ring genommen zu haben.

Am nächsten Tag ging es wieder in den Wald, um Beeren zu pflücken, nahm aber einen anderen Weg. Da sah es wieder den Ring liegen, aber an einer anderen Stelle als am Vortag. Eine Stimme sprach wieder: „Nimm den Ring mit nach Haus, sprich nur deine Wünsche aus!“ Das Mädchen bekam wieder Angst und ging nach Hause. Dort wurde die Stiefmutter aber böse, weil das Mädchen schon wieder so wenig Beeren mitgebracht hatte. Die Stiefmutter sagte zornig: „Morgen musst du so lange Beeren pflücken, bis diese drei Körbe hier voll sind! Sonst lass ich dich nicht mehr ins Haus!“ Da erschrak das Mädchen, da die Körbe recht groß waren und es nicht wieder in den Wald gehen wollte, weil es Angst hatte, wieder die sonderbare Stimme zu hören.

Am nächsten Tag ging es wieder in den Wald, nahm aber einen ganz anderen Weg. Bald fand es aber wieder den Ring und die Stimme sagte: „Nimm den Ring mit nach Haus, sprich nur deine Wünsche aus!“ Da war es ganz verzweifelt, denn es durfte nicht heim, solange es nicht alle drei Körbe voll hatte. Dabei war erst einer zur Hälfte gefüllt. In seiner Angst sagte es nur laut: „Ach, ich wünschte, die drei Körbe wären voll mit Himbeeren!“ Auf einmal waren die Körbe mit Beeren gefüllt. Es erschrak heftig und verstand nicht, wie das geschehen konnte. Da sprach die Stimme: „Einen Wunsch hat der Ring erfüllt hier, nimm den Ring doch mit zu dir!“ Da fragte das Mädchen schüchtern: „Wer spricht da?“ Doch es kam keine Antwort. Es wurde nun aber neugierig und versuchte, sich noch einmal etwas zu wünschen. Das Mädchen sagte: „Ich wünsche mir noch eine Handvoll Erdbeeren in einem der Körbe!“ Da erschien augenblicklich tatsächlich eine Handvoll Erdbeeren und das Mädchen probierte eine davon. Da sie so köstlich war, aß es alle Erdbeeren auf. Dann hörte es wieder die Stimme sprechen: „Einen Wunsch hat der Ring erfüllt hier, nimm den Ring doch mit zu dir!“ Es ging zum Ring hin, hob ihn vorsichtig auf und nahm ihn mit. Als es zu Hause ankam, war die Stiefmutter überrascht über die große Menge Himbeeren, die das Mädchen so schnell mitgebracht hatte. Sie herrschte es an: „Na, siehst du! Du faules Ding wolltest die letzten Tage nichts tun! Dabei gibt es reichlich Himbeeren im Wald!“

Das Mädchen bekam aber wenig zu essen bei seiner bösen Stiefmutter. Daher hatte es stets Hunger. Eines Tages fuhr die Stiefmutter in die Stadt und verlangte vom Mädchen, dass es ein großes Mahl bereite, da Gäste kommen würden. Als die Stiefmutter das Haus verlassen hatte, wollte das Mädchen an die Arbeit gehen. Doch da fiel ihm plötzlich der Ring ein. Es holte ihn aus seinem Kämmerlein und sagte in der Küche: „Ich wünsche mir einen reich gedeckten Tisch!“ Da war dieser voll mit Köstlichkeiten: Suppe, Hühnchen, ein großer Braten, Wurst, Käse, Kuchen, Kekse, Früchte und die besten Getränke. Da hörte man wieder die Stimme sprechen: „Einen Wunsch hat der Ring erfüllt hier, der Ring bleibe doch nun stets bei dir!“ Es hatte aber großen Hunger und bei dem Anblick der Speisen lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Das Mädchen setzte sich also an den Tisch und aß, was es nur konnte. Nachdem es satt war, wünschte es sich wieder einen voll gedeckten Tisch und es geschah.

Als die Stiefmutter mit ihren Gästen nach Hause kam, fanden sie das reichliche Mahl und waren sehr überrascht. Sie ließen es sich schmecken und eine Dame sagte: „So gut habe ich schon lange nicht mehr gegessen! Du musst eine wunderbare Köchin daheim haben!“ Die anderen Gäste stimmten ihr zu. Die Stiefmutter war aber verwundert, da sie nicht wusste, woher ihre Stieftochter so viel Fleisch herhatte, da so viel gar nicht daheim gewesen war.

Was die Stiefmutter von nun an dem Mädchen befahl, erfüllte es stets auf hervorragende Weise mithilfe des Rings. Die Stiefmutter wurde dadurch sehr misstrauisch. Eines Tages befahl sie dem Mädchen, Äpfel sammeln zu gehen. Denn sie hatten wunderbare Apfelbäume hinter dem Haus. Das Mädchen ging in sein Kämmerlein, holte den Ring und ging zum Apfelbaum, dessen Früchte bereits reif waren. Die Stiefmutter hatte sich aber hinter einem großen Strauch versteckt und beobachtete ihre Stieftochter genau. Diese hatte den Ring in der Hand und sagte: „Ich wünsche, dass alle Äpfel von diesem Baum in den Körben sind!“ Sofort fielen die Äpfel vom Baum in die aufgestellten vier Körbe hinein. Da sprach die Stimme: „Einen Wunsch hat der Ring erfüllt hier, der Ring bleibe doch nun stets bei dir!“ Da wusste die Stiefmutter, dass das Mädchen einen Ring besaß, der Wünsche erfüllen konnte. Sie wurde sehr zornig und dachte sich etwas aus.

In der Nacht ging die Stiefmutter mit einer Kerze leise in das Kämmerlein des Mädchens, das fest schlief. Es hatte darin bloß ein Bett und einen kleinen Kasten. Die Alte öffnete den Kasten und fand dort neben Kleidern den Ring, den sie mitnahm und gegen einen anderen austauschte, der recht ähnlich aussah.

Am nächsten Morgen befahl die Stiefmutter dem Mädchen, die Äpfel des zweiten Baumes zu pflücken. Wäre es nicht innerhalb von zehn Minuten fertig, müsse es die Nacht draußen schlafen. Das Mädchen holte den ausgetauschten Ring und sprach den Wunsch aus. Doch es erschrak heftig, als nichts geschah. Es konnte sich kaum besinnen, doch dann begann es, die Äpfel zu pflücken. Aber es hatte nicht einmal die Hälfte des ersten Korbes voll, da kam die Stiefmutter und schimpfte: „Du faules Ding! Gestern warst du so schnell und jetzt brauchst du so lange, wo du heute hättest schneller sein müssen! Du bist nur faul! Diese Nacht schläfst du draußen!“ Da bat das Mädchen, dass es im Haus schlafen dürfe, aber es half nichts. Die Stiefmutter ging zurück ins Haus und sagte leise: „Na warte! Du hast mich betrogen und nun kommt die Rache!“ Sie setzte sich an den Tisch, nahm den echten Wunderring und sagte: „Ich wünsche mir ein köstliches Festmahl mit den leckersten Speisen. Der Tisch soll überreichlich gedeckt sein!“ Da deckte sich der Tisch und war voll mit Köstlichkeiten. Sie stürzte sich gierig auf das Essen und aß alles alleine auf. Nach dem Mahl bekam sie aber Bauchschmerzen und ihr wurde speiübel. Sie legte sich daraufhin schlafen, doch dies half nicht recht. Dann fiel ihr ein, die Bauchschmerzen wegzuwünschen, und sagte: „Ich wünsche mir, dass mein Mahl mir keine Beschwerden mehr verursacht.“ Da waren die Bauchschmerzen und die Übelkeit fort, doch dann stach es ihr im Rücken. Erbost wünschte sie sich das weg und bekam dann aber Beinschmerzen. Da legte sie sich schlafen und am nächsten Morgen fühlte sie sich besser.

Das Mädchen weinte aber bitterlich und war untröstlich. Es fragte sich: „Warum erfüllt denn der Ring mir keine Wünsche mehr?“ Dann betrachtete es ihn genau und erkannte, dass der Ring ein wenig anders aussah. Es konnte es sich aber nicht erklären. Die Stiefmutter quälte das Mädchen mehr als je zuvor. Es bekam nur mehr Essensreste, musste von früh bis spät selbst sinnlose Arbeit tun und wurde ständig bestraft und ausgeschimpft. Eines Tages dachte sich die Stiefmutter: „Was leb ich in diesem armseligen Haus? Ich kann mir doch alles wünschen.“ Dann sprach sie: „Ich wünsche mir ein großes Schloss. Es soll prächtig sein.“ Da bebte es und aus dem Haus wurde ein großes Schloss mit mehreren Stockwerken und edlen Türmen. Da lief das Mädchen zur Stiefmutter und fragte, wie das passieren konnte. „Was geht dich das an?“, herrschte die Alte es an und ließ es im Garten arbeiten. Doch das war der Bösen nicht genug. Sie sagte: „Ich wünsche mir drei Diener!“ Diese erschienen sogleich.

Des Abends merkte sie, dass die Decke und die Wände in einem Saal Risse hatten. Da fragte sie einen Diener, warum das so sei. Der antwortete: „Das Schloss könnte einstürzen. Die Mauern können das Gewicht wohl nicht tragen.“ Sie bekam große Furcht und sagte: „Ich wünsche mir, dass das Schloss nicht einstürzt!“ Da verschwanden die Risse. Sie ging zu ihrer Stieftochter, die arbeiten musste, und sagte zu ihr: „Du kannst nicht im Schloss schlafen! Geh hinaus!“ Die Arme erwiderte: „Hab Mitleid! Auf dem kalten, harten Boden muss ich schlafen?“ „Dann nimm dein Bett und stell es hinaus, du dumme Gans!“, herrschte sie das Mädchen an und ging in ihr Schlafgemach. Es hatte aber schon Verdacht geschöpft, dass seine Stiefmutter den Ring besaß, bekam ihn jedoch nie zu Gesicht, weil diese ihn stets vor dem Mädchen verbarg.

Als aber am nächsten Morgen die Stiefmutter aufwachte, sah sie, dass da wieder Risse in der Wand waren und die Decke des Saales drohte, einzustürzen. Da sprach sie: „Ich wünsche mir, dass das Schloss nicht einstürzt!“ Die Risse verschwanden sogleich. Trotzdem war die Stiefmutter erbost darüber und verließ das Bett. Aber auch ihre Diener gingen nur träge der Arbeit nach. Da sagte sie: „Ich wünsche, dass mir die Diener auf Schritt und Tritt folgen und gehorchen!“ Da ließen die Diener sie fast nicht mehr allein und folgten ihr ständig und überallhin, was sie sehr zornig machte. Die Leute aus der Umgebung staunten aber alle sehr über das Schloss, das da mitten auf den Feldern lag. Es sprach sich im halben Land herum und sogar der König erfuhr davon. „Was soll dort im Tälchen, zwischen den bewaldeten Bergen, abseits von den Städten so ein Schloss stehen, wo ich doch die Schlösser des Landes kenne? Wer mag darin wohnen?“, fragte er sich. Der Prinz antwortete: „Vater, lasst mich dorthin fahren. Ich will sehen, ob das wirklich stimmt!“ Der Prinz wollte aber nicht eine adelige Frau heiraten, da er sie alle hasste. Doch sein Vater, der König, hatte es ihm verboten, eine nicht adelige Frau zu heiraten. Daher hatte er bestimmt: „Du darfst nur eine zur Frau nehmen, die in einem Schloss wohnt!“

Die böse Stiefmutter des Mädchens war aber nicht froh in ihrem Schloss. Dauernd drohte es einzustürzen; die vom Ring gewünschten Mahlzeiten vertrug sie schlecht und die Diener nervten sie auch sehr. In ihrer Unzufriedenheit wollte sie ihrer Stieftochter etwas Böses wünschen. Sie sprach voll Zorn: „Ich wünsche mir, dass meine Stieftochter zur Kröte wird!“ Da der Ring dem Mädchen nichts zuleide tun konnte, aber ein Wunsch doch auf eine Art erfüllt werden musste, verwandelte er die Stiefmutter in eine Kröte. Die Diener sahen es und erschraken sehr. Als das Mädchen nach seiner Arbeit auf dem Feld wieder in das Schloss ging und die Diener nach der Stiefmutter fragte, verwiesen diese auf die Kröte. Das Mädchen konnte es fast nicht glauben und sah den Ring auf dem Boden liegen. Es hob ihn auf und da es die Risse in den Mauern sah, sagte es: „Ich wünsche mir, dass das Schloss nicht einstürzt.“ Augenblicklich verschwanden die Risse, es entstanden Pfeiler, die die Decken stützten, und die Schlossmauern wurden verstärkt und auch derart verziert, dass das Gebäude noch schöner aussah als je zuvor. Da sprach die Stimme: „Einen Wunsch hat der Ring erfüllt hier, der Ring bleibe doch nun stets bei dir!“

Bald darauf klopfte jemand an das Schlosstor. Ein Diener eilte hin und öffnete es. Da stand der Prinz davor und wollte mit dem Schlossherrn sprechen. Das hörte das Mädchen, es erschrak sehr und sagte: „Ich wünsche mir ein edles Kleid!“ Plötzlich erschien ein wunderschönes Kleid, das es sofort anzog. Da sprach die Stimme wieder: „Einen Wunsch hat der Ring erfüllt hier, der Ring bleibe doch nun stets bei dir!“ Das Mädchen ging zum Prinzen, verneigte sich und sprach: „Eure Hoheit! Ich lebe hier!“ Da war er sehr erstaunt und fragte, ob es denn vermählt sei. Da das Mädchen Nein sagte, wollte er es heiraten, weil es freundlich und schön war. Er fuhr mit dem Mädchen in sein Schloss und sprach zu seinem Vater: „Ihr habt gesagt, dass ich nur eine Frau heiraten soll, die in einem Schloss lebt. Diese junge Frau hat in einem gewohnt. Ich will sie heiraten.“ Da der König sah, dass das Mädchen schön und sittsam war, erlaubte er die Hochzeit. Sie heirateten und lebten glücklich bis an ihr Ende.

Der Zauberer im Wald

Es waren einmal zwei Verlobte, die hießen Peter und Klara. Da sie noch nicht verheiratet waren, lebte er bei seinen Eltern und sie bei ihren. Eines Tages wollte er in den Wald eines nahen Berges gehen, den noch keiner im Dorf erkundet hatte. Doch seine Eltern hielten ihn davon ab und die Mutter sagte ernst: „In jenem Wald soll ein bösartiger Zauberer leben. Jeder, der ihn erblickt, kann nicht mehr lieben. Deswegen habe ich dir, als du noch ein Kind warst, gesagt, dass dies der einzige steirische Wald ist, den man niemals betreten darf!“ Peter hielt das für Geschwätz und ging am nächsten Tag mit seiner Geliebten in den verbotenen Wald. Dort sah er schöne Alpenveilchen und wollte sie für seine Liebste pflücken. Sie wartete in der Lichtung auf ihn. Er ahnte nichts, als plötzlich ein vornehm gekleideter Mann mit großem Hut vor ihm stand.

Da lief ihm ein Schauer über den Rücken und der geheimnisvolle Mann verschwand. Er wusste nun nicht mehr, wozu er Alpenveilchen pflücken wollte, und ging zur Lichtung zurück. Dort fragte er Klara: „Was tust du hier?“ Sie antwortete überrascht: „Ich wartete auf dich. Das weißt du doch.“ „Und warum wartest du hier?“, fragte er weiter. „Du stellst komische Fragen. Was ist denn bloß los mit dir? Ich dachte, du wolltest Blumen pflücken?“ „Was geht dich das an!“, antwortete er barsch und ging heim. Sie war darüber entsetzt und rannte ihm hinterher und fragte, was ihm denn zugestoßen sei. Aber er wurde nur noch wütender und ging seines Weges. Sie weinte aber bitterlich und verstand das alles nicht.

In der nächsten Zeit litt Klara großen Kummer. Aber auch er war nicht glücklich, aber er wusste nicht wieso. Klara ging wieder zu ihrem Verlobten, der sie zornig abwies. Sie sprach: „Was ist dir im Wald widerfahren, dass du so lieblos geworden bist?“ Da fiel ihm die Begegnung mit dem sonderbaren Mann ein und was seine Mutter über den Zauberer jenes Waldes gesagt hatte. Obwohl er nicht mehr lieben konnte, war er aber auch nicht glücklich und wusste nicht, warum. Daher brach er am nächsten Tag auf, um wieder in den verbotenen Wald zu gehen. Er ging dort eine Zeit lang, fand aber den Mann nicht. Dann rief er laut: „Du geheimnisvoller Mann oder Zauberer, der du mir die Fähigkeit zum Lieben gestohlen hast! Wo bist du? Komm und zeige dich!“

Da blies auf einmal ein unheimlicher Wind und der Mann erschien. Dieser fragte: „Du Menschenkind! Wenn du nicht mehr lieben kannst, wieso hast du eine Sehnsucht danach?“ Peter antwortete: „Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich einst glücklich war, aber jetzt bin ich es nicht mehr. Die Gefühle von damals sind mir unbekannt und ich kann sie nicht mehr verstehen. Du hast sie mir gestohlen. Gib sie mir wieder zurück.“ Da lachte der Geheimnisvolle laut auf und sagte: „Glaubst du, ich helfe dir, du Mensch? Ich bin ein bösartiger und mächtiger Zauberer. Von mir erwarte keine Hilfe.“ „Wieso tust du das? Warum bist du so grausam?“ „Weil ich ein Bösewicht bin, du Dummkopf … Aber wenn du in mein Reich kommst, könnte ich dir die Fähigkeit zu lieben wiedergeben.“ Da war Peter überrascht und willigte ein, ihm zu folgen.

Der Zauberer hob die Arme und es begann zu beben. Da entstand ein Loch im Waldboden. Eine schöne Treppe führte hinunter in die Tiefe. „Folge mir“, sagte der Zauberer und ging hinunter. Peter folgte ihm. Sie gingen eine Zeit lang, bis sie zu einem riesigen Tor kamen, das über alle Maßen verziert war. Der Zauberer rief laut: „Öffne dich!“ Da öffnete sich das Tor mit einem Beben und einem lauten Geräusch. Sie gingen dann in einen Raum, in dem der Fußboden rubinrot, die Decke aus Silber und die Wände aus Marmor waren. Dann öffnete der Zauberer ein goldenes Tor, das in einen riesigen Saal führte. Dieser hatte Wände aus purem Gold, kupferne Fußböden und eine Decke aus Diamanten. Peter war sehr erstaunt darüber. Da kamen drei Zwerge daher, die einstimmig zum Zauberer sagten: „Seid gegrüßt, Meister! Wie können wir Euch dienen?“ „Verschwindet!“, erwiderte er barsch und sie liefen davon. Dann wandte er sich zum Jungen und sagte zu ihm: „Nun habe ich dich in mein Reich gelockt. Jetzt kommst du nie wieder hier raus!“ Da wurde dieser sehr wütend und schrie: „Du Lügner! Führe mich sofort wieder heraus!“ Der Zauberer lachte laut auf und sprach: „Glaubst du, dass ich ehrlich bin? Ich bin bitterböse und wäre ich es nicht mehr, würde ich alle meine Macht verlieren! Niemals gebe ich nach. Du bist selbst schuld, weil du mitgegangen bist. Wage es ja nicht, gegen mich deine Hand zu erheben, denn ich bin von nun an dein Meister und willst du nicht gehorchen, kann ich dich jederzeit vernichten.“ „Was sollte ich denn für dich tun?“, fragte er verzweifelt. „Du sollst meine Befehle ausführen und mir helfen, Böses auf der Welt zu verbreiten.“ Dann führte der Zauberer ihn in einen anderen Saal, der nicht mehr so riesig war, aber ganz smaragdgrün. Dort sagte er zu ihm: „Das hier wird deine Schlafkammer sein.“

Klara hörte aber, dass ihr Geliebter verschwunden war, und machte sich Sorgen um ihn. Als er drei Tage lang von niemandem gesehen worden war, sagte sie zu seinen Eltern: „Seitdem wir im Wald auf dem Berg da waren, war er so merkwürdig und anders. Er schien auch nichts mehr für mich zu empfinden.“ Da erschraken die Eltern und erzählten ihr vom bösen Zauberer, der dort lebte. Da wurde ihr einiges klar und sie wurde sehr traurig. In der Nacht hatte sie einen Traum. Da sprach eine helle, sanfte Stimme zu ihr: „Geh zum Bach, denn dort findest du einen großen Holunderstrauch mit reifen Beeren, der auf weißen Steinen wächst. Nimm dir ein paar Beeren, zerquetsche sie und streich dir den Brei auf die geschlossenen Augen. Dann sag:

‚Des Zauberers Angesicht,

das schade mir nicht.

Muss ich ihn auch sehn,

meine Liebe bleibt bestehn.‘

Dann kannst du den bösen Zauberer im Wald unbeschadet ansehen. Geh aber nicht mit ihm in sein unterirdisches Reich! Nimm aber deinen Handspiegel mit und zeig dem Zauberer sein Spiegelbild. Tu ihn aber nicht aus deiner Tasche, bevor du den Zauberer siehst.“