Gefangen in den Highlands - Julianne Maclean - E-Book

Gefangen in den Highlands E-Book

Julianne MacLean

4,9
5,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Was für ein Albtraum! Lady Amelia wird mitten in der Nacht aus ihrem Bett entführt - vom berüchtigten "Schlächter" der Highlands, der ihrem Verlobten, dem schneidigen Colonel Bennett, blutige Rache geschworen hat. Vom ersten Moment an knistert es heftig zwischen der schönen Engländerin und dem wilden, zornigen Schotten. Doch obwohl Duncan sich mit Gewalt nehmen könnte, was er begehrt, raubt er ihr nicht die Unschuld - nur ein paar heiße Küsse, die sie leidenschaftlich erwidert. Aber kann sie einem Rebellen trauen, der ihren künftigen Mann töten will? Als Amelia erfährt, was Bennett Duncan einst angetan hat, bricht eine Welt für sie zusammen …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 468

Bewertungen
4,9 (18 Bewertungen)
16
2
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



IMPRESSUM

HISTORICAL GOLD erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Christel BorgesGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2011 by Julianne MacLean Originaltitel: „Captured By The Highlander“ erschienen bei: St. Martin’s Paperbacks, New York Published by arrangement with Julianne MacLean. Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL GOLDBand 267 - 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Bärbel Hurst

Abbildungen: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733761769

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, MYSTERY, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.

1. KAPITEL

Fort William, Schottisches Hochland

August 1716

Groß und gewaltig, die Zähne gefletscht wie ein wildes Tier, erhob sich der Schlächter nach seiner überraschenden Attacke. Ohne einen Ton von sich zu geben, sank der englische Soldat leblos zu seinen Füßen nieder. Der Schlächter warf sein feuchtes Haar zurück, sodass es ihm nicht ins Gesicht hing, dann kniete er nieder und nahm dem toten Mann die Schlüssel aus der Tasche. Leise ging er weiter, durch die kalten Korridore der Baracken, ohne auf den Gestank nach altem Schweiß und Rum zu achten. Er suchte nach dem Treppenaufgang, der ihn zu seinem Feind bringen würde.

Noch immer spürte er den kalten Hauch des Todes hinter sich und im Herzen eine wilde, bösartige Kraft, die ihn die Stufen emportrieb und dann weiter, bis vor die schwere Eichentür des Offiziersquartiers. Einen Moment hielt der Schlächter inne, um sich über die Lippen zu lecken und zu lauschen, ob wohl noch ein junger eifriger Wachsoldat zum falschen Zeitpunkt auftauchen würde. Aber er hörte nur seinen eigenen schnellen Atem – und den erwartungsvollen Schlag seines Herzens. Endlich war der lange ersehnte Augenblick der Rache gekommen.

Er rückte den Schild zurecht, den er auf seinem Rücken trug, und umklammerte den Griff seiner Streitaxt noch fester. Sein Hemd war schmutzig und verschwitzt nach den Tagen im Sattel und den Nächten, in denen er im Gras geschlafen hatte, wo der schützende Schleier des Hochlandnebels ihn vor den Blicken seiner Feinde verbarg.

Aber dieser Moment war aller Mühen wert gewesen. Nun galt es, den Feind zu vernichten. Und die Erinnerung an das zu überwinden, was an jenem kalten Novembertag im Obstgarten geschehen war. Heute Nacht würde er töten, für seinen Clan, für sein Land und für die Frau, die er geliebt hatte. Es würde keine Gnade geben. Er würde zuschlagen, und er würde es schnell tun.

Mit ruhiger Hand schob er den Schlüssel ins Schloss, dann betrat er den Raum und schloss leise die Tür wieder hinter sich. Er wartete einen Moment, bis seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann trat er lautlos an das Bett, in dem sein Feind schlief.

Lady Amelia Templeton träumte gerade von einem Schmetterling, der über einem Feld voll violett blühender Erika flatterte, als ein Geräusch sie weckte.

Oder vielleicht war es auch gar kein Geräusch, vielleicht war es ein Gefühl. Ein Gefühl des Grauens. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, und sie öffnete die Augen.

Es war der Albtraum. Seit Jahren hatte sie ihn nicht mehr geträumt, nicht, seit sie ein kleines Mädchen gewesen war. Damals waren die Szenen des Massakers, das sie im Alter von neun Jahren mit ansehen musste, noch fest in ihr Gedächtnis gebrannt gewesen. An jenem verhängnisvollen Tag hatte sie ihre kleine Nase an die Glasscheibe der Kutsche gepresst und den blutigen Kampf zwischen einer Gruppe rebellischer Highlander und einigen englischen Soldaten beobachtet. Letztere waren als Begleitschutz geschickt worden, um Amelia und ihre Mutter nach Schottland zu begleiten. Sie wollten dort ihren Vater besuchen, einen Colonel der englischen Armee.

Amelia hatte gesehen, wie die schmutzigen Schotten den Soldaten die Kehle durchschnitten und ihnen dann mit schweren Steinen, die sie von der Straße aufgesammelt hatten, die Schädel einschlugen. Sie hatte die Schmerzensschreie gehört, das Betteln um Gnade, das mit einem schnellen Stich ins Herz zum Verstummen gebracht wurde. Und dann verklang das Schreien und Weinen, und eine unheimliche, schreckliche Stille breitete sich aus. Gerade als sie gedacht hatte, dass das Grauen nun vorüber war, hatte ein hässlicher, blutverschmierter Wilder die Wagentür aufgerissen und sie angestarrt.

Sie hatte sich zitternd vor Angst an die Knie ihrer Mutter geklammert. Er hatte sie mit glühenden Augen angefunkelt, eine Ewigkeit, wie ihr schien, ehe er die Tür wieder zuschlug und mit seinen Männern in den Wald flüchtete – wie ein Rudel Wölfe, das sich die Bäuche mit rohem Menschenfleisch vollgeschlagen hatte.

Das Entsetzen, das Amelia jetzt empfand, war ebenso groß wie damals, aber diesmal war auch Wut dabei. Sie wollte den Wilden, der die Tür zu ihrer Kutsche aufgerissen hatte, wenigstens in ihrem Albtraum töten. Sie hasste ihn. Sie wollte aufstehen und ihn anschreien, ihn mit ihren bloßen Händen erschlagen. Sie würde ihm schon beweisen, dass sie keine Angst hatte.

Der Boden knarrte, und sie drehte den Kopf auf dem Kissen herum.

Nein, das konnte nicht sein. Sie musste noch immer träumen …

Ein Highlander kam durch die Dunkelheit auf sie zu, wie ein leiser Schatten, der durch den Raum wanderte. Panik erfasste sie, und sie versuchte, in der schwachen Beleuchtung etwas zu erkennen.

Das Geräusch leiser Schritte drang an ihre Ohren, und ganz plötzlich beugte der Highlander sich über sie und hob eine Axt hoch über seinen Kopf.

„Nein!“, schrie sie und streckte den Arm aus, um den Hieb abzuwehren, obwohl sie wusste, dass die schwere Klinge ihre Finger glatt durchtrennen würde. Die Zeit schien stillzustehen. Sie kniff die Augen fest zu.

Doch der tödliche Hieb blieb aus, und Amelia öffnete ihre Augen wieder. Der hochgewachsene Wilde stand noch immer an ihrem Bett, schwer atmend, die Axt schwebte noch immer hoch über seinem Kopf. Sie schimmerte im Mondlicht, das durch das Fenster in den Raum fiel. Sein langes, dunkles Haar war nass von Schmutz oder Schweiß oder dem Flusswasser – sie wusste es nicht genau. Am schrecklichsten aber waren seine Augen, in denen das Höllenfeuer selbst zu lodern schien.

„Ihr seid nicht Bennett“, sagte er mit schwerem schottischen Akzent.

„Nein, das bin ich nicht“, erwiderte sie.

„Wer seid Ihr?“

„Ich bin Amelia Templeton.“

Noch immer hatte er die schreckliche Waffe nicht gesenkt, und noch immer streckte sie ihm ihre zitternden Hände entgegen.

„Ihr seid Engländerin.“

„Das ist richtig. Und wer seid Ihr, und wie könnt Ihr es wagen, mitten in der Nacht mein Schlafzimmer zu betreten?“

Sie war nicht ganz sicher, woher sie den Mut und die Vernunft nahm, ihn so kühn nach seinem Namen und seinen Absichten zu fragen, während ihr doch gleichzeitig das Herz wie rasend in der Brust schlug.

Der Highlander trat einen Schritt zurück und ließ die Axt sinken. Seine Stimme klang tief und furchteinflößend. „Ich bin der Schlächter. Und wenn Ihr schreit, dann wird das das Letzte sein, was Ihr tut.“

Sie blieb stumm, denn sie hatte schon viele Geschichten über diesen brutalen und blutrünstigen Schlächter gehört, der, wo immer er auftauchte, eine Spur von Mord und Verwüstung zurückließ. Es hieß, dass er ein Nachfahre des legendären Gillean of the Battleaxe – Gillean von der Streitaxt – war, der vor langer Zeit eine angreifende Wikingerflotte bekämpft und vernichtet hatte. Der Schlächter tauchte niemals ohne seine schreckliche, tödliche Waffe auf, und er war ein jakobitischer Verräter, durch und durch, bis auf den Grund seiner Seele.

„Warum habt Ihr mich dann nicht getötet?“, fragte sie, bebend vor Furcht und Zorn.

„Weil ich eigentlich gerade jemand anderen umbringen wollte.“ Er ließ seine scharfen Augen, die an die eines wilden Tieres erinnerten, durch den Raum wandern. Er suchte nach einem Hinweis auf den Verbleib des Offiziers, den er heute Nacht töten wollte. „Wessen Gemach ist dies?“

„Hier ist niemand außer mir“, beschied sie ihm knapp. Er durchbohrte sie förmlich mit seinem glühenden Blick, und sie beeilte sich, seine Frage etwas ausführlicher zu beantworten. „Falls Ihr Colonel Richard Bennett sucht, so muss ich Euch leider enttäuschen. Er hält sich derzeit nicht im Fort auf.“

Sie sah die Muskeln in seinen Wangen zucken. „Wo ist er?“

„Ich weiß es nicht genau.“

Er musterte ihr Gesicht im Schein des Mondlichtes. „Seid Ihr seine Hure?“

„Wie bitte?“

„Wenn Ihr es seid, dann wäre es eine gute Idee, Euch jetzt den Kopf abzuschlagen und ihn hier auf dem Tisch in einer Schachtel zurückzulassen, damit er ihn bei seiner Rückkehr bewundern kann.“

Bei der Vorstellung ihres Kopfes auf einem Teller krampfte sich ihr Magen schmerzhaft zusammen. Was würde er wohl mit dem Rest von ihr machen? Würde er ihren kopflosen Körper einfach aus dem Fenster werfen?

Sie versuchte, ruhig ein und aus zu atmen. „Ich bin nicht Colonel Bennetts Hure. Ich bin seine Verlobte. Mein Vater war Colonel in der englischen Armee, der fünfte Duke of Winslowe. Wenn Ihr mich also töten wollt, Sir – nur zu. Ich fürchte mich nicht.“

Das war eine glatte Lüge, aber er sollte nicht sehen, dass sie vor ihm Angst hatte. Sie würde nicht weinen, nicht klagen und nicht um Gnade flehen. Ihr Hass gegen diesen Unhold würde ihr dabei helfen, stark zu bleiben, obwohl sie vor Panik fast von Sinnen war. Und vielleicht ergab sie ja auch noch eine Gelegenheit für sie, ihn zurückzustoßen und zu fliehen.

Er lehnte die Axt, die er zuletzt nur noch mit einer starken Hand umklammert hatte, an den Bettrand. Der gefährliche Haken am hinteren Ende der Klinge drückte sich gegen ihren Schenkel. Sie starrte das Schwert an, das der Highlander an der Seite trug, und die Pistole an seinem Gürtel.

„Steht auf“, befahl er und versetzte ihr einen leichten Stoß. „Ich will Euch ansehen.“

Amelia schluckte schwer. Wollte er ihr Gewalt antun, ehe er sie tötete? Mochte Gott ihnen beiden beistehen, wenn er das versuchte.

Er stieß sie noch einmal, etwas heftiger diesmal, und sie schob langsam die Decke zur Seite und schwang die Beine über den Rand der Matratze. Sie umklammerte mit einer Hand den Ausschnitt ihres Nachtgewands und stand dann auf, ohne auch nur eine Sekunde den Blick von ihm abzuwenden.

„Tretet vom Bett weg“, befahl er.

Sie machte einen Schritt auf ihn zu und sah sein Gesicht nun deutlicher – scharf geschnittene, makellose Züge, die Augen voller Zorn und Wut, wie sie es noch nie zuvor bei einem Menschen gesehen hatte. Ihn umgab eine Intensität, die jeden sofort in den Bann zog, und es war ihr, als hätte er sie an der Kehle gepackt und hielte sie mit seinem Blick gefangen. Ein gefährlicher Mann.

Der Schlächter trat zurück, und sie folgte ihm. Sie roch seinen Schweiß, der unerwarteterweise mit dem klaren Duft frischer Luft vermengt war. Er hatte breite Schultern, starke Muskeln, große, kräftige Hände. Es waren die Hände eines Kriegers, rau von Jahren des Kampfes und des Schlachtens.

Sie sah wieder in sein Gesicht, sah seine mörderische Miene und spürte, wie es sie kalt überlief. So tapfer sie in diesem Moment auch sein wollte – so, wie sie es in ihren Träumen immer gewesen war –, wusste sie doch, dass sie für dieses Tier von einem Mann kein Gegner war. Es gab kaum Hoffnung für sie, ihn zu überwältigen, was auch immer sie versuchen würde. Wenn er ihr Gewalt antun oder sie töten wollte, dann konnte er das tun. Mit einer einzigen Bewegung seiner schweren Streitaxt konnte er sie zu Boden werfen, und sie wäre ihm gegenüber völlig machtlos.

„Was Euren Verlobten betrifft“, sagte er mit belegter Stimme, „so habe ich noch etwas mit ihm auszutragen.“

Ihr Herz schlug jetzt noch heftiger. „Und nun wollt Ihr es mit mir austragen?“

„Das habe ich noch nicht entschieden.“

Die nackte Panik drohte ihr den Atem zu rauben. Sie wünschte, sie könnte um Hilfe schreien, aber etwas schien sie zu lähmen – eine seltsame, beinahe hypnotische Macht, die ihr die Sinne verwirrte und alle Kraft aus ihren Muskeln sog.

Er trat langsam zurück und ging um sie herum, hob die Axt und berührte Amelia an der Schulter. Sie erschauerte, als er hinter ihr stehen blieb und einen Moment inne hielt, außerhalb ihrer Sichtweite.

„Es ist eine Weile her, seit ich das letzte Mal eine Frau hatte“, sagte er, und die Furcht schnürte ihr schier die Luft ab.

Er stellte sich wieder vor sie und berührte erneut mit der Axt ihre Schulter. Als der kalte Stahl ihre brennende Haut berührte, stockte ihr der Atem, und alles in ihr schrie danach, die Flucht zu ergreifen.

„Seid Ihr die Frau, die er liebt?“, fragte der Schlächter.

„Natürlich bin ich das“, erwiderte sie voller Stolz. „Und er ist der Mann, den ich liebe.“

Sie liebte Richard von ganzem Herzen. Ihr Vater liebte ihn auch. Und mochte Gott diesem schmutzigen Jakobiten beistehen, wenn ihr Verlobter hiervon erfuhr.

„Stimmt das?“

Sie funkelte ihn wütend an. „Ja, das stimmt. Auch wenn ich bezweifle, dass Ihr die Bedeutung des Wortes Liebe kennt. Ein solches Gefühl hat in Eurer Welt wohl nichts zu suchen.“

Er beugte sich vor, bis er mit den Lippen ihr Ohr berührte. Sein heißer, feuchter Atem ließ sie erschaudern. „So ist es, Mädchen, ich halte nichts von Zärtlichkeit oder Zuneigung, und Ihr tut gut daran, das nicht zu vergessen. Denn nun ist es beschlossen. Ich werde Euch an seiner Stelle töten.“

Entsetzen packte sie. Er würde es tun. Er würde sie wirklich umbringen.

„Bitte, Sir“, sagte sie und bemühte sich sehr, ihre Stimme nicht allzu feindselig klingen zu lassen. Vielleicht konnte sie ihn ablenken, wenn sie verzweifelt und mitleiderregend um Gnade flehte. Mit etwas Glück war sein Eindringen in das Fort nicht unbemerkt geblieben, und bald würde jemand zu ihrer Rettung kommen. „Ich flehe Euch an.“

„Ihr fleht mich an?“ Er lachte finster. „Ihr wirkt auf mich nicht so, als wäre das Eure Art.“

Er schien die Situation zu genießen. Dies war ein Spiel für ihn. Er hatte kein Mitleid mit ihr. Nicht das geringste Mitgefühl.

„Warum wollt Ihr meinen Verlobten töten?“, fragte sie, immer noch in der Hoffnung, das Unvermeidliche aufschieben zu können. Bitte, lieber Gott, mach, dass irgendjemand an die Tür klopft. Die Köchin, ein Dienstmädchen, die Kavallerie – irgendjemand! „Woher kennt Ihr ihn?“

Er hob die Axt hoch und legte sie sich über die Schulter. Dann ging er erneut um sie herum, wie ein Wolf, der seine Beute umkreist. „Ich habe bei Inverary gegen ihn gekämpft“, sagte er, „und dann noch einmal bei Sheriffmuir.“

Bei Sheriffmuir waren die Jakobiten vernichtend geschlagen worden. Das war das Schlachtfeld, auf dem Richard ihrem Vater das Leben rettete. Danach hatte sie sich in ihn verliebt. Er hatte mit Mut und Tapferkeit gekämpft, der Krone treu ergeben – anders als dieses Ungeheuer hier, das die Regeln des Krieges offenbar nicht verstand. Der Mann schien nur persönliche, dunkle Rachegelüste zu verfolgen.

„Habt Ihr vor, alle englischen Soldaten zu töten, gegen die Ihr an jenem Tag gekämpft habt?“, fragte sie. „Denn das könnte eine Weile dauern. Und es waren auch Schotten dabei, die für die englische Krone gekämpft haben. Campbells, glaube ich. Wollt Ihr die auch alle töten?“

Er stand jetzt wieder vor ihr. „Nein. Heute Abend ist es nur Euer Verlobter, den ich umbringen möchte.“

„Nun, es tut mir leid, Euch enttäuschen zu müssen.“

Sie sah Bilder von Krieg und Tod vor ihrem geistigen Auge. Wie ungerecht das alles war. Ihr Vater war vor einem Monat gestorben, und sie war in Begleitung ihres Onkels hierher in das Fort gekommen, um Richard zu heiraten. Nach Papas Tod hatte sie sich so allein gefühlt, und Richard war ihr Liebster. Ihr Beschützer. Die Schulter, an der sie sich ausweinen konnte. Was würde jetzt passieren? Würde sie hier in dieser Kammer ein furchtbares Ende finden, durch die kalte, schwere Klinge eines Highlanders, so wie in den Albträumen ihrer Kindheit? Oder würde er sie am Leben lassen und weiter nach Richard suchen, um den Mann zu töten, den sie liebte?

„Aber ich bin nicht enttäuscht, Mädchen“, sagte er, umfasste ihr Kinn mit seinen groben Fingern und hob ihr Gesicht hoch, sodass sie gezwungen war, ihn anzusehen. „Denn heute bin ich auf etwas viel Schöneres gestoßen als einen sauberen, schnellen Tod für meinen Feind. Auf etwas, das ihn viel länger leiden lassen wird.“

„Dann wollt Ihr mich also wirklich töten?“

Oder vielleicht meinte er noch etwas anderes …

Sie kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit und sah ihn hasserfüllt an. „Ich bin verlobt, Sir, mit dem Mann, den ich liebe. Wenn Ihr mir also Gewalt antun wollt, dann – das verspreche ich Euch – werde ich mir die Seele aus dem Leib schreien, und Ihr könnt mich töten, wenn Ihr wollt, denn ich würde lieber tausend schreckliche Tode sterben, als von Euch missbraucht zu werden.“

Er sah sie aus zusammengekniffenen Augen an, dann stieß er einen leisen Fluch auf Gälisch aus und ließ ihr Kinn unvermittelt los. Er ging zu dem großen Schrank, in dem sie ihre Garderobe hatte verstauen lassen, und inspizierte den Inhalt.

Die teuren Gewänder aus Seide und Spitze warf er achtlos auf den Boden. Dann fand er ein einfaches Kleid aus brauner Wolle. Er zerrte es aus dem Schrank, zusammen mit Wäsche und Korsett, stieg über die anderen Kleider hinweg und warf ihr die Sachen zu.

„Zieht das an, dummes Mädchen. Ihr müsst noch ein oder zwei Dinge lernen, also kommt Ihr mit mir.“ Damit trat er zurück und wartete darauf, dass sie sich vor ihm auszog.

Einen Moment lang überdachte sie ihre Möglichkeiten und kam zu dem Schluss, dass es wohl das Beste wäre, ihm zu gehorchen, selbst wenn es nur dazu diente, etwas Zeit zu gewinnen. Aber als sie sich ausmalte, wie sie das Kleid und das Korsett anlegen würde, vor den Augen dieses Tieres, das sie verschleppen wollte, da brachte sie es einfach nicht fertig. Lieber würde sie sich schlagen lassen.

Amelia straffte die Schultern. Dieser Mann flößte ihr Angst ein – das konnte sie nicht leugnen –, aber ihr Zorn war größer als ihre Furcht. Ehe sie die Konsequenzen ihrer Handlungen überdenken konnte, warf sie die Kleider auf den Boden.

„Nein.“ Ihre Stimme klang entschlossen. „Ich werde das hier nicht anziehen. Und ich werde auch nicht mit Euch mitkommen. Ihr könnt gern versuchen, mich dazu zu zwingen, aber ich sagte schon, dass ich schreien werde, wenn Ihr mich anfasst. Wenn Ihr also nicht sofort mein Schlafgemach verlasst, dann rufe ich um Hilfe. Ich verspreche, ich werde schreien, so laut ich kann, und Ihr werdet ganz schnell tot sein.“

Er starrte sie eine kleine Ewigkeit lang schweigend an, und Panik stieg in ihr auf. Ganz offensichtlich hatte ihre Rebellion ihn aus der Fassung gebracht.

„Zieht Euch an“, befahl er und trat einen Schritt vor. „Jetzt.“

Seine Stimme hatte jetzt einen stählernen Klang. Sie hatte seine Geduld genug strapaziert. Mehr würde er nicht durchgehen lassen.

Ihr Herz schlug wie rasend. In ihrem Kopf drehte sich alles. Lieber Gott im Himmel, bin ich zu weit gegangen? Vielleicht hätte sie ihm gehorchen sollen. Dann gäbe es vielleicht noch eine Chance …

Aber was für eine Chance? Dass er sie mitnahm in die Berge, wo sie ihm zu Willen sein musste? Ein solch entsetzliches Schicksal wagte sie sich kaum vorzustellen. Lieber würde sie sterben, als mit ihm zu gehen und misshandelt zu werden.

Sie holte tief Luft, hob den Kopf, sah ihm tapfer in die Augen und betete um Gnade. Wenn schon nicht von diesem überwältigenden Ungeheuer, dann wenigstens von Gott.

„Nein“, wiederholte sie. „Das werde ich nicht tun.“

Irgendwo draußen heulte ein Wolf, und auf dem Kaminsims tickte eine Uhr. Ihr ganzes Leben zog vor ihrem inneren Auge vorbei. Der Schlächter hob seine Axt und kam drohend auf sie zu.

2. KAPITEL

Der Haken seiner Streitaxt zerschnitt ihr Leinenhemd in zwei Teile, riss es in einem einzigen schrecklichen Ruck vom Hals bis zu den Zehen auf. Nie würde sie dieses Geräusch vergessen, solange sie lebte nicht. Das zerrissene Nachtgewand fiel zu Boden, und die kalte Abendluft streifte ihre nackte Haut. Rasch schlang Amelia sich die Arme um den Leib, um ihre Brüste zu verdecken.

„Ihr hättet tun sollen, was ich verlangt habe.“ Ohne ihren nackten Körper auch nur eines Blickes zu würdigen, hob er das Hemd auf, nahm den Stoff zwischen die Zähne und riss ihn vor ihren Augen in Fetzen.

Dann trat er hinter sie, knebelte sie mit einem Streifen des zerrissenen Stoffs und verknotete ihn hinter ihrem Kopf. Seine warmen Hände ruhten auf ihren Schultern, und er hielt sie fest, als er sanft in ihr Ohr sprach. „Ich werde Euch nichts tun, Mädchen, so lange Ihr das macht, was ich Euch sage. Könnt Ihr das für mich tun?“

Sie klammerte sich an den leisen Unterton von Barmherzigkeit, den sie in seinen Worten zu hören glaubte, und nickte.

Er ging zum Schrank, nahm ein sauberes Hemd heraus und warf es ihr zu. „Jetzt zieht das an, wenn Ihr nicht möchtet, dass ich Euch nackt hier herausschleife.“

Dieses Mal gehorchte sie. Rasch zog sie sich das Hemd über den Kopf, dann zog sie die Hose und den Rock an und legte ihr Korsett an. Ohne ein Wort stellte der Schlächter sich vor sie und schnürte die Bänder. Bei jedem Zug rang sie nach Atem.

Dann nahm er einen weiteren Streifen des zerrissenen Hemdes und fesselte ihr die Handgelenke hinter dem Rücken. „Wo sind Eure Schuhe?“, fragte er und sah sich suchend um.

Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf die gegenüberliegende Wand. Dort hatte sie sie hingestellt, bevor sie schlafen ging. Unter das Portrait von König George.

Er griff sich die Schuhe, warf einen kurzen Blick auf das Bild, kam dann zurück und kniete vor ihr nieder. Die Axt stellte er neben ihrem Rocksaum auf den Boden, dann umfasste er ihre nackte Wade und hob ihr Bein hoch, damit ihr Fuß in den Schuh glitt. Die schockierende Berührung war Schuld daran, dass sie das Gleichgewicht verlor, und sie lehnte sich an seine Schulter. Er sah nicht auf, stellte ihren Fuß wieder auf den Boden und umfasste ihr anderes Bein, um ihr den zweiten Schuh anzuziehen. Dann nahm er die Axt und stand auf. An Strümpfe verschwendete er offenbar keinen Gedanken.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!