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Beschreibung

Stellen Sie sich vor, Sie wachten eines Tages auf und hätten die Fähigkeit verloren, sich etwas vorzustellen. Wie sähe Ihr Alltag aus? Wie fänden Sie heraus, was Sie gerne zu Abend essen würden? Könnten Sie sich noch in eine andere Person hineinversetzen? Die Texte des Bandes, u. a. von Emmanuel Alloa, Margherita Arcangeli, Robert Hopkins, Amy Kind, Julia Langkau, Peter Langland-Hassan, Bence Nanay und Íngrid Vendrell Ferran, beleuchten aus philosophischer Perspektive unterschiedliche Kontexte, in denen unsere Vorstellungskraft am Werk ist. Sie gehen der Idee nach, dass diese Fähigkeit eine weit wichtigere Rolle für unser Denken und Handeln spielt, als für gewöhnlich angenommen wurde. Die Vorstellungskraft gehört zu jenen Vermögen, welche die menschliche Lebensform grundlegend prägen.

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Cover

Titel

3Geist und Imagination

Zur Bedeutung der Vorstellungskraft für Denken und Handeln

Herausgegeben von Serena Gregorio, Gerson Reuter, Matthias Vogel und Christiana Werner

Suhrkamp

Impressum

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eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2024

Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2437

© Suhrkamp Verlag AG, Berlin, 2024

Der Inhalt dieses eBooks ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Umschlag nach Entwürfen von Willy Fleckhaus und Rolf Staudt

eISBN 978-3-518-77912-5

www.suhrkamp.de

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Informationen zum Buch

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

I

. Einleitung

Christiana Werner

:

Der Ort sinnlicher Vorstellungen in unserem Geist

Serena Gregorio

:

Warum ein Band zur sinnlichen Vorstellungskraft?

II

. Was sind eigentlich sinnliche Vorstellungen?

Amy Kind

:

Argumente für eine fertigkeitsbasierte Theorie der Imagination

Robert Hopkins

:

Was heißt sinnliches Vorstellen?

Gerson Reuter

:

Wenn wir ›im Geiste handeln‹: Vorstellungen und mentale Bilder

Margherita Arcangeli

:

Die Dimension des Gehalts: Ein Kompass, der geeicht werden muss

Peter Langland-Hassan

:

Die Unvorstellbarkeit von Erlebnissen

III

. Was leisten sinnliche Vorstellungen?

Matthias Vogel

:

Die eigentliche Funktion sinnlicher Vorstellungen

Bence Nanay

:

Bekanntschaftsprinzip, Vorstellungen, mentale Bilder

Emmanuel Alloa

:

Wie es denn wäre, wenn es denn wäre. Zur utopischen Kraft der Imagination

Julia Langkau

:

Kreative Vorstellung in Literatur und Philosophie

Íngrid Vendrell Ferran

:

Empathie und phänomenale Imagination

Danksagung

Über die Autorinnen und Autoren

Fußnoten

Informationen zum Buch

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I. Einleitung

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Christiana Werner

Der Ort sinnlicher Vorstellungen in unserem Geist

Der vorliegende Band widmet sich sinnlichen Vorstellungen, synonym sprechen wir auch von sinnlichen Imaginationen – genauer der Idee, dass die sinnliche Vorstellungskraft zu jenen Vermögen gehört, die Grundzüge unserer menschlichen Lebensform prägen. Sinnliche Vorstellungen helfen beispielsweise in vielen alltäglichen Situationen und lassen uns Lösungen von Problemen oder Antworten auf Fragen finden, die sonst nur durch eher mühsames Ausprobieren gefunden werden können: Bevor man sich die Haare färbt oder sich einen neuen Haarschnitt zulegt, versucht man sich vorzustellen, wie man mit der neuen Haarfarbe oder der Frisur wohl aussehen wird. Sich sinnlich vorzustellen, wie kalt sich 10 Grad Celsius und Regen anfühlen, kann dabei helfen, die richtige Kleidung für eine Reise nach England einzupacken. Sich sinnlich vorzustellen, wie Zimt mit den Auberginen schmeckt, die man gerade zubereitet, hilft sich zu entschieden, ob man die Auberginen damit würzen möchte oder vielleicht lieber doch nicht.

Diese Idee entspricht in zweifacher Hinsicht nicht dem zumindest lange Zeit gängigen Bild der Vorstellungskraft. Zum einen findet sich eine weit verbreitete Auffassung, wonach unsere Vorstellungskraft allenfalls für sehr spezifische Aktivitäten oder Bereiche in unserem Leben eine Rolle spielt. Beispiele wären etwa das Produzieren und Verstehen von literarischen Texten und Filmen,[1]  das Tagträumen[2]  oder das kontrafaktische Denken.[3]  Zum anderen wird aber gerade im Zusammenhang mit kontrafaktischem Denken und im Bereich der Philosophie der Literatur nicht die Rolle der sinnlichen Vorstellungskraft hervorgehoben, sondern die des (bloß) propositionalen Vorstellens.[4] 

10Um unserer Idee nachzugehen, wird in einem ersten Schritt ein Überblick über Fragen bezüglich der Ontologie der Vorstellungskraft sowie über den Ort der Vorstellungskraft in der Architektur des menschlichen Geistes gegeben. Der zweite Abschnitt stellt eine Reihe von bisher vorgeschlagenen Taxonomien vor, die Ordnung in den vielfältigen Gebrauch der Vorstellungskraft bringen sollen. Angesichts dieser Vielfalt drängt sich natürlich die Frage auf, ob es sich bei dem, was wir Vorstellungskraft nennen, tatsächlich um ein einheitliches Vermögen handelt oder nicht eher um eine Pluralität unterschiedlicher Vermögen. Die folgenden Abschnitte widmen sich den Leistungen der sinnlichen Vorstellungskraft beim Wissenserwerb, beim Entscheiden und schließlich beim zwischenmenschlichen Verstehen. Dabei zeigt sich immer wieder, dass die Vorstellungskraft in diesen unterschiedlichen Bereichen unseres Lebens eine wichtige Rolle spielt, die sie allerdings immer nur im Zusammenspiel mit verschiedenen anderen mentalen Vermögen auszufüllen vermag.

1. Die Ontologie: Vorstellungskraft und ihr Ort in der Architektur des menschlichen Geistes

Die Vorstellungskraft ist Gegenstand gleich mehrerer philosophischer Disziplinen, darunter die Philosophie des Geistes, die Ästhetik und die Erkenntnistheorie. In der Philosophie des Geistes stellt sich die Frage, was die Vorstellungskraft überhaupt ist. Um diese Frage zu beantworten, wird häufig untersucht, wie sich die Vorstellungskraft zu anderen mentalen Zuständen und Vermögen verhält. Weit verbreitet ist die Idee, dass Vorstellungen imaginative Gegenstücke zumindest zu einigen intentionalen Modi sind. Am wenigsten kontrovers ist die These, dass sinnliche Wahrnehmungen imaginative Gegenstücke haben. Wir können zum Beispiel eine Kaffeetasse vor uns sehen oder aber die visuelle Vorstellung einer Kaffeetasse haben. Außerdem wird häufig angenommen, dass Überzeugungen imaginative Analoga haben: Wir können die Überzeugung haben, dass 11p, und – so die Annahme – uns vorstellen, dass p. Einer kritischen Position zufolge sind die letztgenannten Einstellungen aber gerade nicht als Vorstellungen zu kategorisieren. Während es im Fall propositionaler Vorstellungen zwar kontrovers ist, ob sie tatsächlich in den Bereich der Vorstellungskraft fallen, wird aber immerhin nicht bestritten, dass solche mentalen Zustände existieren. Im Fall von Wünschen und Emotionen besteht dagegen nicht einmal Konsens hinsichtlich der Frage, ob es so etwas wie imaginative Gegenstücke zu diesen Zuständen überhaupt gibt. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über Vergleiche zwischen Vorstellungen einerseits und sinnlichen Wahrnehmungen, Überzeugungen, Emotionen und Wünschen[5]  andererseits gegeben werden.

Beginnen wir mit den Wahrnehmungen. Häufig werden in der Literatur Beispiele visueller Wahrnehmungen und visueller mentaler Bilder gewählt. Genau wie sich aber die sinnliche Wahrnehmung nicht nur auf das Visuelle beschränkt, kann es auch sinnliche Vorstellungen geben, die anderen Sinnen entsprechen. Wir können uns beispielsweise vorstellen, wie ein Cello klingt oder ein Schokoladenkuchen riecht, der gerade aus dem Ofen kommt. In den philosophischen Debatten wird übereinstimmend angenommen, dass der phänomenale Charakter von sinnlichen Vorstellungen und sinnlichen Wahrnehmungen gleich sein kann. Die sinnliche Wahrnehmung wird oft als ein rezeptives, nichtkontrollierbares Vermögen beschrieben, weil es die Stimuli sind, die die Wahrnehmun12gen auslösen und den Wahrnehmungsgegenstand bestimmen. Die sinnliche Vorstellung wird dagegen als ein meist kontrollierbares Vermögen charakterisiert. Manche Vorstellungen haben zwar den Charakter von Widerfahrnissen, etwa wenn uns ein mentales Bild plötzlich erscheint. Oft können sinnliche Vorstellungen aber aktiv hervorgerufen und auch gesteuert werden.

Mit Überzeugungen haben (propositionale) Vorstellungen gemeinsam, dass es sich in beiden Fällen um repräsentationale, kognitive Einstellungen handelt. Der Gehalt beider Einstellungstypen ist propositional. So kann ich glauben, dass gerade die Sonne untergeht, oder mir vorstellen, dass gerade die Sonne untergeht. Der Gehalt ist in beiden Fällen derselbe. Ein Unterschied, der häufig angeführt wird, liegt auf der Ebene der Normativität. Während Überzeugungen auf Wahrheit abzielen, sei dies bei Vorstellungen nicht der Fall. Es scheint sogar, dass wir in paradigmatischen Fällen den Gehalt einer Vorstellung gerade nicht für wahr halten.[6] 

Ein weiterer Versuch, Vorstellungen von Überzeugungen zu unterscheiden, wird im Rahmen funktionalistischer Ansätze mit Blick auf die Beziehung zu Handlungen unternommen. Befürworter:innen der These, dass es hier einen relevanten Unterschied gibt, führen folgenden Vergleich an: Wenn ich beispielsweise glaube, dass ein Auto auf mich zufährt, werde ich versuchen, dem Auto auszuweichen. Wenn ich mir dagegen bloß vorstelle, ein Auto komme auf mich zu, werde ich keine Ausweichversuche unternehmen. Diese Gegenüberstellung veranlasst einige Philosoph:innen dazu, anzunehmen, dass Überzeugungen handlungsgenerierend sind, Vorstellungen dagegen nicht.[7]  Dieses Argument, nennen wir es Handlungsargument, wird nicht nur mit Bezug auf Überzeugungen, sondern in sehr ähnlicher Weise auch mit Bezug auf Wünsche und Emotionen vorgebracht.

Ein breiter Konsens besagt allerdings, dass Überzeugungen für 13sich genommen nicht handlungsgenerierend sind. Wir können uns durchaus Szenarien vorstellen, in denen eine Person zwar die Überzeugung hat, dass ein Auto auf sie zufährt, sie aber trotzdem nicht versucht auszuweichen. Wenn sie beispielsweise den Wunsch hat, das Auto aufzuhalten, und auch die Überzeugung, das Auto aufhalten zu können, indem sie bleibt, wo sie ist, wird sie wohl genau dies tun. Philosoph:innen, die das Handlungsargument auf Überzeugungen beziehen, können diesem Konsens durchaus zustimmen. Wir können uns nämlich eine Person vorstellen, die den Wunsch hat, nicht von einem Auto überfahren zu werden. Wenn diese Person nun glaubt, dass ein Auto auf sie zufährt, wird sie zumindest versuchen auszuweichen. Entscheidend ist, dass die Person mit dem gleichen Wunsch nicht versuchen würde auszuweichen, wenn sie sich bloß vorstellt, das Auto komme auf sie zu.

Allerdings wurde auch darauf hingewiesen, dass es etwa im Rahmen von kindlichen So-tun-als-ob-Spielen sehr wohl Situationen gibt, in denen Kinder aufgrund ihrer Vorstellungen handeln.[8]  Von vielen Philosoph:innen wird daher inzwischen die These vertreten, dass auch Vorstellungen – unter bestimmten Bedingungen – handlungsgenerierend sind.[9]  Mit Hilfe des Handlungsarguments, so scheint es zumindest bisher, kann nicht erfolgreich zwischen Überzeugungen und Vorstellungen unterschieden werden.

Wie bereits erwähnt, wird in Bezug auf Wünsche und Emotionen sehr kontrovers diskutiert, ob es zu diesen mentalen Zuständen überhaupt Vorstellungsanaloga gibt. Um klarer zu sehen, worauf diese Frage abzielt, müssen wir die Vorstellung, einen Wunsch zu haben oder in einem emotionalen Zustand zu sein, von zwei sehr ähnlichen Phänomenen abgrenzen.

14Erstens können wir uns propositional vorstellen, in einem emotionalen Zustand zu sein oder einen Wunsch zu haben. Wir hätten es hier mit einer Vorstellung mit dem propositionalen Gehalt zu tun, uns in einem emotionalen Zustand zu befinden oder einen Wunsch zu haben. Weder geht eine solche propositionale Vorstellung mit der Phänomenologie der vorgestellten Emotionen oder Wünsche einher, noch bereitet sie (abgesehen von Fragen, die sich im Allgemeinen für propositionale Zustände stellen) besondere Schwierigkeiten.

Zweitens müssen wir das Vorstellen eines emotionalen Zustandes von einer emotionalen Reaktion auf etwas Vorgestelltes unterscheiden und entsprechend einen vorgestellten Wunsch von einem Wunsch, der sich auf etwas Vorgestelltes bezieht. Wir können emotional auf etwas reagieren, das wir wahrnehmen. Ich kann zum Beispiel Angst vor einer Spinne bekommen, wenn ich sehe, wie sie sich in Bewegung setzt und leider in meine Richtung steuert. Bei nicht wenigen Menschen reicht aber schon die Vorstellung einer solchen Szene aus, um Angst zu bekommen. In ähnlicher Weise können wir uns vorstellen, wie Anna Karenina leidet, und uns dann wünschen, dass sie nicht so leiden müsste.

Wahrnehmungen, Vorstellungen oder auch Überzeugungen werden oft die kognitive Basis einer Emotion genannt. Betrachten wir als Erstes die schon etwas länger andauernde philosophische Debatte darüber, ob es sich bei vermeintlichen Emotionen mit Vorstellungen als kognitiver Basis um »echte« Emotionen handelt oder ob sich diese so gravierend von Emotionen unterscheiden, die Wahrnehmungen oder Überzeugungen als kognitive Basis haben, dass sie eine eigene Klasse bilden.

Unter dem Label »Fiktionsparadox« wird dies insbesondere im Zusammenhang mit unseren emotionalen Reaktionen auf Fiktionen wie Romane, Spielfilme oder Theaterstücke diskutiert.[10]  Dieses Paradox besteht in drei plausiblen Annahmen, die aber nicht zusammen wahr sein können:

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(1)Rezipient:innen von Fiktionen haben genuine (oder »echte«) Emotionen in Bezug auf fiktive Figuren.

(2)Um genuine Emotionen zu haben, müssen wir glauben, dass der Gegenstand der Emotion existiert.

(3)Rezipient:innen glauben nicht, dass fiktive Figuren existieren.

In der analytischen Philosophie hat diese Debatte ihren Ursprung in den 1970er Jahren. Zu dieser Zeit waren streng kognitivistische Theorien in der Philosophie der Emotionen weit verbreitet. Diesen Theorien zufolge sind Emotionen nichts anderes als Werturteile oder haben zumindest ein Werturteil als notwendigen Bestandteil.[11]  Vor dem Hintergrund solcher Annahmen erscheint es nicht verwunderlich, dass in der Literatur zum Fiktionsparadox aus den Anfängen dieser Debatte dafür argumentiert wurde, emotionale Reaktionen auf Fiktionen nicht als echte Emotionen anzusehen, sondern als mentale Zustände sui generis.[12]  Denn es scheint, dass ein Werturteil der Form »x ist gefährlich«, das wir im Fall von Angst offenbar fällen, eine Existenzannahme bezüglich x impliziert. Im Fall von Angst beispielsweise vor Graf Dracula scheinen wir entweder gar nicht zu urteilen, dass der Gegenstand unserer Angst gefährlich ist, oder aber wir urteilen, ohne anzunehmen, dass der Gegenstand tatsächlich existiert. Daher sollte eine entsprechende Existenzannahme auch nicht unterstellt werden.

Parallel zum Verlauf der Debatte um das Fiktionsparadox entwickelten sich in der Philosophie der Emotionen zunehmend andere Theorien, die nicht mehr davon ausgehen, dass Werturteile notwendige Bestandteile von Emotionen oder gar mit ihnen identisch sind.[13]  Damit scheint sich das Problem der Unvereinbarkeit 16der drei oben genannten Annahmen aufzulösen, insofern wir (2) fallenlassen können. Dennoch wird immer wieder argumentiert, dass es sich bei emotionalen Reaktionen auf fiktive Gegenstände nicht um genuine Emotionen handelt. Hier wird insbesondere das Handlungsargument, das wir bereits mit Bezug auf Überzeugungen kennengelernt haben, angeführt.[14]  Weil uns dieses Argument noch mit Bezug auf Wünsche beschäftigen wird, soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden.

Sich nicht bloß propositional vorzustellen, in einem emotionalen Zustand zu sein, scheint damit einherzugehen, sich so oder zumindest sehr ähnlich zu fühlen, als befände man sich tatsächlich im betreffenden emotionalen Zustand. Sich vorzustellen, in einem emotionalen Zustand zu sein, scheint noch mehr zu sein als das bloße Vergegenwärtigen des phänomenalen Charakters einer Emotion. Wie bei genuinen Emotionen müsste auch das Objekt oder der Gehalt der Emotion im Fall der Vorstellung einer Emotion eine Rolle spielen. Diskutiert wird daher auch, ob es möglich ist, vorgestellte Emotionen in Bezug auf ihren Gehalt von anderen Emotionen zu unterscheiden, oder ob es sich bei ihnen um mentale Einstellungen einer eigenen Art handelt.[15] 

Wenn es Emotionsvorstellungen gibt, die die gleiche oder zumindest eine ähnliche Phänomenologie wie Emotionen haben, dann sind Emotionsvorstellungen in dieser Hinsicht sinnlichen Vorstellungen sehr ähnlich. Weil aber die Ähnlichkeiten zwischen vorgestellter und nichtvorgestellter Emotion so groß sind, könnte man bezweifeln, dass es sich bei vorgestellten Emotionen um Zustände sui generis handelt, und stattdessen annehmen, dass sie genuine Emotionen sind.[16] 

17Betrachten wir schließlich noch Vorstellungen und Wünsche. Von einigen Philosoph:innen wird die These vertreten, dass es nicht nur ein Vorstellungsanalogon zu Überzeugungen, sondern auch zu konativen Einstellungen gibt. So wie ich mir wünschen kann, dass p, soll es auch möglich sein, sich gewissermaßen imaginativ zu wünschen, dass p. So wie Wünsche einen propositional strukturierten Gehalt haben können, soll dies auch bei ihren Vorstellungsanaloga der Fall sein. Ob es konative Vorstellungen überhaupt gibt, ist allerdings äußerst umstritten. Wir stolpern schon darüber, dass die Alltagsprache für diesen Typ intentionaler Zustände keine Bezeichnung bereithält. Doch gibt es prominente Vertreter dieser Annahme und es werden eine Reihe von Argumenten für sie vorgebracht.[17]  Hier sollen zwei näher betrachtet werden.

18Das erste Argument betrifft die Rationalität der Wünsche. Stellen wir uns eine Zuschauerin im Theater vor. Sie sieht, wie Romeo auf der Bühne Selbstmord begeht. Ganz gebannt wünscht sich unsere Zuschauerin, dass Romeo das Gift nicht trinkt. Tyler Doggett und Andy Egan etwa behaupten nun, dass der genuine Wunsch, dass Romeo das Gift nicht trinkt, impliziere oder zumindest rational erfordere, dass unsere Zuschauerin auch den Wunsch habe, dass die Handlung von Romeo und Julia entsprechend anders verläuft, nämlich eben so, dass Romeo das Gift nicht nimmt.[18]  Unsere Zuschauerin wünscht sich das aber nun gerade nicht. Vielleicht glaubt sie sogar, dass mit einem ›guten Ende‹ das künstlerisch Wertvolle des Werkes völlig verloren ginge. Deshalb wünscht sie sich nicht, dass sich der Gehalt des Werkes ändert. Für Doggett und Egan ist das ein Indiz dafür, dass der Wunsch, Romeo möge das Gift nicht trinken, kein genuiner Wunsch sein kann, sondern vielmehr ein Vorstellungs-Wunsch (»V-Wunsch«) ist. Amy Kind argumentiert gegen Doggett und Egan, dass sich bei ihrem Argument eine ungerechtfertigte Bedingung an Wünsche eingeschlichen hat, nämlich die, dass sie konsistent sein müssen. Inkonsistente Wünsche begegnen uns aber längst nicht nur in Bezug auf Fiktionen.[19]  So kann ich mir beispielsweise sowohl wünschen, dass meine Besucherin noch ein bisschen länger bleibt, weil ich weiß, wie schrecklich ich sie vermissen werde, wenn sie abreist, und mir gleichzeitig wünschen, die Wohnung wieder für mich alleine zu haben, weil ich ein bisschen mehr Ruhe brauche. Für die Befürworter der V-Wünsche stellt sich daher die Frage, ob sie auch zu dem Preis an der Konsistenzbedingung festhalten wollen, dass viel mehr Wünsche als gedacht dafür in Frage kommen, keine genuinen Wünsche, sondern vorgestellte Wünsche zu sein.

Das zweite Argument betrifft das motivationale Potential von Wünschen. Wir haben es hier wieder mit dem Handlungsargument zu tun, das sich nun auf Wünsche bezieht: Genuine Wünsche, so die Annahme, führen zu Handlungen oder können zumindest zu Handlungen führen. Wünsche, die sich auf Fiktionen beziehen, führen jedoch nicht zu Handlungen. Es scheint auch so, dass keine Absichten ausgebildet werden, entsprechende Handlungen auszuführen. Unsere Zuschauerin, die den vermeintlichen Wunsch hat, dass Romeo das Gift nicht trinkt, springt nicht auf die Bühne, um 19das Unglück zu verhindern. Befürworter der V-Wunsch-Annahme argumentieren nun, dass man an solchen und ähnlichen Beispielen erkennen kann, dass Wünschen, die sich auf Fiktionen beziehen, die motivationale Kraft fehlt. Personen, die vermeintliche Wünsche haben, die sich auf Fiktionen beziehen, handeln, so die Idee, nicht so, wie es zu erwarten wäre, wenn sich der Wunsch nicht auf einen fiktiven, sondern auf einen realen Sachverhalt beziehen würde.[20] 

Diese Annahme und ein ähnliches Argument haben wir im Zusammenhang mit dem Vergleich zwischen Vorstellungen und Überzeugungen bereits kennengelernt. Auch in Bezug auf die Beziehung zwischen Wünschen und Handlungen beziehungsweise dem Ausbilden von Absichten in diesem Zusammenhang scheint es keine Besonderheit fiktionsbezogener Wünsche zu sein, die das Handeln verhindert. Vielmehr ist es entweder das Vorliegen einer negativen Überzeugung in Bezug auf die Ausführbarkeit einer Handlung, die sich auf einen fiktiven Gegenstand richtet (»Ich kann Romeo nicht helfen«), oder das Fehlen einer entsprechenden positiven Überzeugung (»Ich kann Romeo helfen«), das die Handlung verhindert.[21]  Entscheidenderweise ist es kein Alleinstellungsmerkmal von 20Wünschen mit Bezug auf Fiktionen, dass entweder solche negativen Überzeugungen vorliegen oder aber entsprechende positive Überzeugungen nicht vorliegen: Wünsche, die sich auf Vergangenes oder etwas in ferner Zukunft beziehen, gehen ebenfalls typischerweise entweder mit der Überzeugung einher, dass eine Interaktion mit dem Gegenstand nicht möglich ist, oder es liegt zumindest nicht die Überzeugung vor, dass eine solche Interaktion möglich wäre. Manchmal beziehen sich unsere Wünsche auf Sachverhalte, die aus anderen Gründen so sind, dass wir glauben, nichts tun zu können, was den Wunsch erfüllen würde. Viele Menschen wünschen sich etwa, dass es keine Hungersnöte oder militärischen Konflikte gibt, aber sie glauben, dass es nichts gibt, das sie tun könnten, um Hungersnöte oder militärische Konflikte zu verhindern oder zu beseitigen. Wie es scheint, könnte das Ausbleiben von Handlungen oder von Absichten nur dann als Unterscheidungskriterium dienen, wenn auch hier (wie schon im Fall der Konsistenzbedingung) akzeptiert würde, dass deutlich mehr Wünsche als nichtgenuine Wünsche gelten müssten als bloß fiktionsbezogene Wünsche, wie beispielsweise der Wunsch nach dem Ende militärischer Konflikte und Hungersnöte.[22] 

Ähnlich wie bei der Betrachtung der Emotionen muss hier noch einmal festgehalten werden, dass sich ein Großteil der einschlägigen Literatur mit der Frage beschäftigt, ob wir in Bezug auf etwas, das wir uns vorstellen, genuine Wünsche haben oder aber V-Wünsche. Wenn die V-Wunsch-Skeptiker Recht hätten und unsere Wünsche, die sich auf Vorstellungen beziehen, genuine Wünsche wären, dann bliebe immer noch die Frage, ob wir uns gleichwohl vorstellen können, Wünsche in einer Weise zu haben, die über bloß propositionales Vorstellen hinausgeht. Dieser Frage werden wir im Zusammenhang mit der Simulationstheorie noch einmal begegnen.

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2. Taxonomien der Vorstellungskraft

Wie bereits angedeutet, können wir zwischen propositionalen und sinnlichen Vorstellungen unterscheiden. Die basale Idee hinter dieser Unterscheidung ist, dass es Vorstellungen gibt, deren Gehalt rein propositional ist, und andererseits Vorstellungen, deren Gehalte denen sinnlicher Wahrnehmungen sehr ähnlich sind. Diese Gehalte werden oft als mentale Bilder bezeichnet, während man propositionale Vorstellungen oft als Vorstellungsanaloga zu Überzeugungen ansieht. Gemäß einer eher liberalen Auffassung des Begriffes der Vorstellungskraft zählen daher auch rein propositionale Vorstellungen als Ausübungen der Vorstellungskraft. Diese Annahme findet sich nicht nur, aber besonders verbreitet in der Ästhetik und der Philosophie der Literatur.[23]  Ein Grund für die Annahme, dass Vorstellungen rein propositional sein können, liegt in der Einstellung, die Leser:innen zu den Gehalten fiktionaler Texte einnehmen. Typischerweise werden diese Gehalte nicht geglaubt. Leser:innen bilden also nicht die Überzeugung aus, dass das, was sie in einem fiktionalen Text lesen, tatsächlich der Fall ist. Häufig wird angenommen, dass sie, statt den Gehalt zu glauben, sich den Gehalt bloß vorstellen. Diese letztgenannte Annahme sieht sich dann aber dem Problem gegenüber, dass es viele Leser:innen gibt, die sich den Gehalt fiktionaler Texte nicht oder nicht immer sinnlich vorstellen. Zumindest würden wir annehmen, dass Leser:innen sich den Gehalt fiktionaler Werke nicht notwendigerweise sinnlich vorstellen. Wenn es aber nicht notwendig ist, sich den Gehalt einer Fiktion bildlich vorzustellen, bleiben zwei Optionen: Entweder die betreffende Einstellung ist überhaupt keine Vorstellung oder aber wir akzeptieren, dass es Vorstellungen gibt, die nicht sinnlich sind. Wer also daher weiterhin annimmt, Vorstellungen seien Einstellungen, die wir fiktionalen Werken gegenüber einnehmen, scheint akzeptieren zu müssen, dass Vorstellungen rein propositional sein können.

Gegen diese letztgenannte Annahme wird angeführt, dass der Bereich der Vorstellungskraft zu sehr ausgeweitet würde, wenn man auch kontrafaktisches Denken und hypothetische Annahmen zu den Produkten der Vorstellungskraft zählte. Eine solche Kritik übt 22Amy Kind, die annimmt, dass Vorstellungen nicht rein propositional sind, sondern immer auch mentale Bilder enthalten.[24]  Für eine hybride Form von Vorstellungen, deren Gehalt also propositionale und bildhafte Anteile hat, argumentiert auch Peter Langland-Hassan.[25]  Wenn (rein) propositionale Vorstellungen aber keine Vorstellungen sind, dann stellt sich die Frage, welcher Art mentaler Einstellung sie dann zuzurechnen sind. Um diese Frage zu beantworten, müssten wohl einzelne Fälle vermeintlich rein propositionaler Vorstellungen genauer betrachtet werden, und dabei könnte sich dann herausstellen, dass die Einstellungen, die wir gegenüber den Gehalten fiktionaler Texte einnehmen, von einer anderen Art sind als die, die wir einnehmen, wenn wir kontrafaktisch denken.

Akzeptieren wir aber, dass es rein propositionale Vorstellungen gibt, dann stellen sich angesichts der Unterscheidung zwischen propositionalen und sinnlichen Vorstellungen sehr kontrovers diskutierte Fragen, die die vermeintliche Einheit der Vorstellungen betreffen: Handelt es sich bei der Vorstellungskraft überhaupt um ein einheitliches Vermögen? Sind alle Vorstellungen in einer relevanten Hinsicht verwandt?

In der hier rekonstruierten Debatte wurde der Gehalt als Kriterium für die Unterscheidung zwischen propositionalen und sinnlichen Vorstellungen herangezogen. Wenn wir also von einer Homogenität der Vorstellungen ausgehen wollen, müsste angesichts dieser Unterscheidung angenommen werden, dass Vorstellungen unterschiedliche Gehalte haben können. Akzeptieren wir die Vielfalt der Gehalte, dann muss die Frage nach der Einheitlichkeit der Vorstellungen als Frage nach einer einheitlichen Einstellung formuliert werden: Gibt es eine spezifische Einstellung, die wir zu unterschiedlichen Arten von Gehalten, sinnlichen und propositionalen, einnehmen können?

Andere Taxonomien berücksichtigen nicht nur den Gehalt der Vorstellungen und die Frage nach einer einheitlichen Einstellung. Eine alternative Taxonomie wird beispielsweise von Gregory Currie und Ian Ravenscroft vorgeschlagen.[26]  Sie unterscheiden die kreati23ve Vorstellungskraft (creative imagination) von der nachbildenden Vorstellungskraft (recreative imagination).[27]  Dabei wird nun nicht nur der Gehalt der Vorstellungen, sondern auch das Ziel des Gebrauchs der Vorstellungskraft berücksichtigt. Unter der kreativen Vorstellungskraft verstehen die beiden Autoren das kreative Neukombinieren von Ideen (»Repräsentationen«). Die nachbildende Vorstellungskraft wird hingegen als die Fähigkeit verstanden, sich eine Erfahrung vorzustellen, was dem Nachdenken über die Welt aus einer anderen Perspektive dienen kann. Auch Amy Kind und Peter Kung schlagen eine Unterscheidung vor, die den Gebrauch der Vorstellungskraft als Unterscheidungsmerkmal vorsieht.[28]  Auf diesen Gebrauch und den damit verbundenen epistemischen Wert von Vorstellungen werden wir im folgenden Abschnitt zu sprechen kommen.

Angesichts der Vielfalt des Gebrauchs der Vorstellungskraft, die zumindest partiell durch die Verschiedenheit der Kontexte bestimmt wird, in denen die Vorstellungskraft zum Einsatz zu kommen scheint, plädiert auch Kind dafür, gerade nicht von einem einheitlichen Vermögen auszugehen. Kein einzelnes mentales Vermögen, so ihre These, kann alle Vorstellungsaktivitäten erklären.[29]  Ebenfalls gegen die These eines einheitlichen Vermögens argumentiert beispielsweise Langland-Hassan. Er vertritt allerdings eine Position, die sich sehr von anderen Positionen in der Philosophie der Vorstellungskraft unterscheidet. Sich etwas sinnlich vorzustellen, heißt für Langland-Hassan, grob gesagt, dass mentale Bilder als Bestandteile des Gehalts in Überzeugungen, Wünschen und anderen intentionalen Einstellungen zum Einsatz kommen. Er argumentiert also, dass sich etwas sinnlich vorzustellen nicht heißt, dass es sich dabei um intentionale Einstellungen einer eigenen Art handeln würde.[30] 

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3. Der epistemische Wert der Vorstellungskraft

Ein nicht unerheblicher Teil der aktuellen Literatur zur Philosophie der Vorstellungskraft widmet sich der Frage nach ihrem epistemischen Wert. Auch in Bezug auf diese Frage lässt sich in einem ersten Schritt zwischen zwei Weisen oder Zielsetzungen, mit denen die Vorstellungskraft angewendet werden kann, unterscheiden. Zum einen kann die Vorstellungskraft frei verwendet werden, das heißt gewissermaßen ohne Beschränkungen. Amy Kind und Peter Kung nennen diese Verwendungsweise den »transzendenten« Gebrauch der Vorstellungskraft.[31]  Dazu zählt etwa das Erfinden von Fantasiewesen oder ganzen Narrativen. Vorstellungen, die so entstehen, bilden klarerweise nicht (oder zumindest nicht primär) die Realität ab; es ist gerade die Pointe dieses Gebrauchs der Vorstellungskraft, ebendies nicht zu tun. Dieses Merkmal mag auch ein erster Grund für eine pessimistische Position gegenüber dem epistemischen Wert der Vorstellungskraft sein.

Vertreter:innen einer optimistischen Position haben sich daher in der jüngsten Debatte um den epistemischen Wert der Vorstellungskraft hauptsächlich auf eine zweite Weise ihres Einsatzes konzentriert. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die Vorstellungskraft gerade nicht frei, sondern restriktiv verwendet wird.[32]  Diese Beschränkungen sollen sicherstellen, dass die Vorstellungen relevante Aspekte der Realität oder zumindest bestimmte Möglichkeiten abbilden – etwa was physikalisch möglich ist oder was im Rahmen meiner Fähigkeiten liegt. Wenn ich zum Beispiel in eine andere Wohnung umziehe und herausfinden möchte, wie sich das Sofa durch die viel zu kleine Wohnzimmertür bugsieren lässt, kann mir meine sinnliche Vorstellungskraft helfen: Indem ich mir vorstelle, wie das Sofa durch die Tür getragen werden könnte, lerne ich – so die optimistische Position –, wie das Sofa tatsächlich durch die Tür passt. Die richtige Art, das Sofa zu transportieren, in der Vorstellung herauszufinden, ist ganz offensichtlich die deutlich weniger anstrengende Weise. Damit das gelingen kann, müssen meine Vorstellungen aber Restriktionen unterworfen sein. Ich darf 25mir das Sofa nicht so vorstellen, wie es mir gefällt, sondern nur so, dass ich dabei seine tatsächliche Größe und sein Gewicht angemessen berücksichtige. Auch würde es nicht helfen, stellte ich mir die Wohnzimmertür so groß vor wie ein Scheunentor. Nur wenn ich mir sowohl das Sofa als auch die Wohnzimmertür bildlich (annäherungsweise) so vorstelle, wie sie tatsächlich im Hinblick auf die relevanten Merkmale sind, kann ich dank meiner Vorstellung lernen, wie das Sofa durch die Tür passen kann. Wie das Sofa und die Wohnzimmertür tatsächlich beschaffen sind, schränkt also eine epistemisch wertvolle Vorstellung von diesen Gegenständen ein. Eine perfekt eingeschränkte Vorstellung wäre somit eine, die tatsächlich genau den vorgestellten Gegenständen entspricht. Allerdings handelt es sich dabei um ein Ideal, das sicher sehr selten erreicht wird. Gleichwohl, so argumentiert die optimistische Position, können wir auch von nicht perfekt eingeschränkten Vorstellungen lernen.[33]  Wie genau eine Vorstellung der Realität entsprechen muss oder welche Eigenschaften genau in der Vorstellung abgebildet sein müssen, hängt vom jeweiligen Erkenntnisinteresse ab. Möchte ich wie im gerade genannten Beispiel herausfinden, ob und wie das Sofa durch die Tür passt, sollte die Größe möglichst der Realität entsprechen. Welche Farbe das Sofa hat, wäre hierfür irrelevant und hätte deshalb keinen Einfluss auf das Gelingen dieses Vorstellungsprojekts. Das sähe anders aus, wenn ich zu entscheiden hätte, ob das grüne Sofa vor der frisch bordeauxfarben gestrichenen Wand gut aussehen würde.

Die skeptische Position gegenüber dem epistemischen Wert der Vorstellungskraft hält dem entgegen, dass die Beschränkungen, die wir der Vorstellungskraft auferlegen, klarerweise vorstellungskraftexterne Faktoren sind.[34]  Um zu überprüfen, ob die Vorstellung des Sofas dem Sofa entspricht, muss ich also wissen, wie genau das Sofa beschaffen ist. Die Vorstellungskraft könne zwar viel Material, also verschiedene Vorstellungen, bereitstellen, diese aber führten für sich genommen nicht zu Wissen. Weil uns die Vorstellungskraft unendlich viele Varianten etwa von Sofa-Vorstellungen liefern kann, müsste entweder nach irgendwelchen Kriterien ausgesucht werden, welche der Vorstellungen diejenigen sind, die der Realität 26entsprechen, oder aber das Wissen über die Eigenschaften des Sofas müssten von vornherein dafür sorgen, dass das Sofa nur so vorgestellt wird, wie es tatsächlich ist. Die Vorstellungskraft kann uns jedoch gerade nicht dabei behilflich sein – so das skeptische Argument –, die richtigen Vorstellungen auszuwählen. Daher könnten Vorstellungen auch keine Überzeugungen über die Welt rechtfertigen. Wenn wir durch eine Vorstellung eine Idee davon bekommen, wie das Sofa durch die Tür passt, werde diese Idee oder Überzeugung nicht durch die Vorstellung gerechtfertigt, sondern durch das notwendige (teils sinnlich erworbene) Hintergrundwissen, das die Vorstellungen einschränkt oder dabei behilflich ist, die richtigen, das heißt die mit der Realität übereinstimmenden Vorstellungen auszusuchen.[35] 

Es zeigt sich also, dass die etwas diffuse Behauptung eines epistemischen Werts der Vorstellungskraft präzisiert werden muss. Im Rückgriff auf einen terminologischen Vorschlag Hans Reichenbachs könnten wir sagen, dass es unstrittig ist, dass Vorstellungen im Kontext der Entdeckung von Ideen oder Überzeugungen hilfreich sein können. Dies scheint eine Annahme zu sein, die auch die skeptische Position akzeptiert. Demnach hätte die Vorstellungskraft einen epistemischen Wert, weil sie uns Ideen oder Überzeugungen liefert oder deren Quelle sein kann. Falls die Ideen oder Überzeugungen, die wir durch unsere Vorstellungen gewinnen, jedoch nicht gerechtfertigt sind, dann kann es sich bei den Ideen oder Überzeugungen nicht um Wissen handeln, zumindest nicht, wenn wir gängige Definitionen von Wissen zugrunde legen. Wann immer es sich um gerechtfertigte Überzeugungen handelt, dann – so die skeptische Position – nicht aufgrund der Vorstellungen, sondern aufgrund vorstellungsexterner Faktoren, wie etwa das Hintergrundwissen über die Welt, das unsere Vorstellungen geeignet einschränken kann. Um die starke optimistische These akzeptieren zu können, der zufolge wir durch Einsatz unserer Vorstellungskraft tatsächlich Wissen und nicht bloß wahre, aber ungerechtfertigte Überzeugungen erlangen, müsste also das Problem der Rechtfertigung geklärt werden.

Häufig wird der epistemische Wert der Vorstellungskraft allerdings nicht nur in Bezug auf Wissen darüber diskutiert, wie die 27Welt tatsächlich beschaffen ist, sondern in Bezug auf Wissen darüber, was der Fall sein könnte. Wie oder unter welchen Umständen Überzeugungen über Möglichkeiten gerechtfertigt sind, ist eine der wichtigen Fragen der Erkenntnistheorie. Manche Philosoph:innen argumentieren in diesem Zusammenhang für eine prominente Rolle der Vorstellungskraft.[36]  Gemäß einer ersten These ist p möglich, wenn p vorstellbar ist. Eine zweite These lautet, dass die Unmöglichkeit, sich p vorzustellen, ein Beleg für die Unmöglichkeit von p ist. Um die Plausibilität beider Thesen zu diskutieren, müsste genauer betrachtet werden, was hier unter »Möglichkeit« verstanden werden sollte. So scheint es eher wenig überzeugend zu sein, dass die Vorstellbarkeit eines Sachverhaltes beispielsweise garantieren kann, dass etwas physikalisch möglich ist. In Frage kommen könnte aber, »Möglichkeit« hier als metaphysische Möglichkeit oder »möglich« im Sinne von denkbar oder begrifflich möglich zu verstehen.

Aber noch einmal zurück zu der Unterscheidung zwischen freier und eingeschränkter Vorstellungskraft. Es könnte der Eindruck entstehen, dass es sich hierbei um zwei völlig verschiedene und sich ausschließende Weisen des Gebrauchs der Vorstellungskraft handelt. Tatsächlich muss man aber eher von Graden der Einschränkung ausgehen. Denn auch der freie Gebrauch der Vorstellungskraft kommt nicht ganz ohne Beschränkungen aus.[37]  Fiktionale Narrative sind ein gutes Beispiel dafür. Selbst Märchen oder Fantasygeschichten bilden zumindest in Teilen die Realität ab.

Wie oben erwähnt, scheint die Tatsache, dass eine Vorstellung gerade nicht an der Realität orientiert ist, ein Problem für den epistemischen Wert zumindest dieses Gebrauchs der Vorstellungskraft zu sein. Wie sollte eine Vorstellung Wissen vermitteln, wenn sie in nahezu keiner Weise an der Realität orientiert ist?

Zumindest die schwächere Variante der optimistischen Position, wonach Vorstellungen zumindest im Kontext der Entdeckung von 28neuen Ideen hilfreich sind, wird auch in Bezug auf den freien Gebrauch der Vorstellungskraft vertreten. Solche Ideen können Utopien und andere Vorstellungen von idealen Situationen sein, die so nicht in der Realität vorzufinden sind. Dass solche Vorstellungen eine wichtige Rolle in unserem Leben spielen, ist unbestreitbar.

4. Vorstellungen ohne Erfahrungen und die Rolle der sinnlichen Vorstellungskraft bei unseren Entscheidungen

Schon die eingangs angeführten Beispiele von Situationen, in denen die sinnliche Vorstellungskraft eingesetzt wird – etwa um sich vorzustellen, wie Zimt zu Auberginen schmeckt –, waren Beispiele, in denen die sinnliche Vorstellungskraft hinzugezogen wird, um Entscheidungen zu treffen. Insofern verwundert es nicht, dass die Rolle der Vorstellungskraft für unsere Handlungen beziehungsweise Entscheidungen im letzten Jahrzehnt große Aufmerksamkeit erhalten hat,[38]  insbesondere im Anschluss an Laurie Ann Pauls einflussreiches Buch Transformative Experiences.[39]  Pauls zentrale These ist, dass es Erfahrungen gibt, die uns in ganz grundlegender Weise verändern, wie etwa ein Kind zu bekommen oder von der Stadt aufs Land zu ziehen. Wenn wir vor der Entscheidung stehen, uns auf eine solche Erfahrung einzulassen, versuchen wir uns vorzustellen, wie es wäre, diese Erfahrung zu machen, um die richtige Entscheidung zu treffen. Paul argumentiert aber, dass die Vorstellungskraft in diesen Fällen an ihre Grenzen kommt. Ihr zufolge können wir uns etwa nicht vorstellen, wie es sein wird, Eltern zu sein, bis wir es sind. Daher, so die eher pessimistische Schlussfolgerung, müssen wir solche Entscheidungen treffen, ohne ausreichendes Wissen darüber zu haben, wie es für uns in der neuen Situation sein wird.

29Pauls Argument hat insofern eine epistemische Dimension, als es im Zusammenhang mit der Rolle der Vorstellungskraft bei Entscheidungen darum geht, ob wir mithilfe der Vorstellungskraft Wissen erwerben können. Paul scheint hier grundsätzlich eher eine optimistische Position zu vertreten. Eine pessimistische Position vertritt sie hingegen in Bezug auf die Fälle, die sie interessieren, nämlich Vorstellungen von Erfahrungen, denen noch keine eigenen Erfahrungen des gleichen Typs vorangegangen sind.

Dass wir uns nicht vorstellen können, was wir noch nicht erlebt haben, scheint Konsens in einer Debatte zu sein, die sich nicht primär mit der Vorstellungskraft beschäftigt, nämlich im Streit zwischen Physikalisten und Dualisten um das phänomenale Bewusstsein. Auf der Grundlage seines berühmten Mary-Gedankenexperiments argumentiert Frank Jackson, dass es mentale Zustände gibt, von denen wir nur wissen können, wie es ist, sich in diesen Zuständen zu befinden, wenn wir selbst in diese Zustände geraten.[40]  Das Gedankenexperiment erzählt von der Wissenschaftlerin Mary, die zwar vollständiges physikalisches Wissen über Farben und Farbwahrnehmung besitzt, selbst aber noch nie eine Farbe gesehen hat, weil sie ihr ganzes Leben in einem schwarz-weißen Zimmer verbringt. Jacksons Gedankenexperiment bemüht unsere Intuition, dass Mary beim erstmaligen Sehen eines farbigen Gegenstands etwas lernen würde. Er argumentiert, dass es eine Tatsache geben muss, die Mary auf der Grundlage der Quellen, die ihr vor ihrer Erfahrung einer Farbwahrnehmung zur Verfügung standen, nicht kennen konnte. Weil sie aber vor der Erfahrung allumfassendes physikalisches Wissen hatte, muss dieser Sachverhalt nichtphysikalischer Natur sein. Hier ist nicht der Ort, um die Gegenargumente der Physikalist:innen aufzuführen. Wichtig ist aber, dass auch Physikalist:innen wie etwa David Lewis davon ausgehen, dass wir erst durch die Erfahrung lernen, wie es ist, beispielsweise eine bestimmte Farbe zu sehen.[41]  Auf diese Annahme stützt sich auch Pauls Argument. Es scheint nämlich so, dass Mary nicht nur deshalb nicht wusste, wie es ist, etwa rot zu sehen, weil dieses Wissen nicht durch Zeugnisse, wie wissenschaftliche Texte, vermittelt wer30den kann, sondern auch, weil Mary sich nicht vorstellen konnte, wie es ist, rot zu sehen, bevor sie einen roten Gegenstand gesehen hat.

In der Debatte zwischen Physikalist:innen und Dualist:innen werden nahezu ausschließlich sinnliche Wahrnehmungen als Beispiele für Erfahrungen aufgeführt. Daher bezieht sich der Konsens bezüglich der Grenzen der Vorstellungskraft hier insbesondere auf die Grenzen der sinnlichen Vorstellungskraft. Wie steht es aber um diese Grenzen tatsächlich? Ist es wirklich so, dass wir uns prinzipiell nicht vorstellen können, wie etwa Auberginen mit Zimt schmecken, wenn wir sie noch nie probiert haben?

Die Annahme, dass die Grenzen der Vorstellungskraft erreicht werden, wenn wir versuchen, uns Erfahrungen vorzustellen, die wir bis dahin noch nicht gemacht haben, muss nun etwas genauer betrachtet werden. Der oben genannte Konsens, dass wir nur lernen können, wie es ist, eine bestimmte Erfahrung zu machen, indem wir ebendiese Erfahrung machen, scheint sich auf Erfahrungen in einem sehr spezifischen Sinn zu beziehen,[42]  nämlich auf die Erfahrungen, in einem bestimmten mentalen Zustand oder Modus zu sein, deren phänomenaler Charakter atomar ist, also keine weiteren phänomenalen Bestandteile enthält.[43]  Jacksons Beispiel der Farbwahrnehmung scheint in diesem Sinne atomar zu sein. Derartige Zustände können wir uns ohne vorherige Erfahrung nicht vorstellen – so die Annahme –, weil es keine schon bekannten Bestandteile gibt, die imaginativ zusammengesetzt werden könnten. Klarerweise sind aber nicht alle unsere Erfahrungen so beschaffen. Erfahrungen von der Art, Eltern zu werden oder von der Stadt aufs Land zu ziehen, sind offensichtlich nicht atomar, sondern komplex in ihrer Beschaffenheit.

Amy Kind betont in diesem Zusammenhang die Eigenschaft der sinnlichen Vorstellungskraft, dass wir in ihrem Gebrauch Neukombinationen von bereits gemachten Erfahrungen vornehmen können. Eine Köchin mit geübter sinnlicher Vorstellungskraft wird also 31dann in der Lage sein, sich vorzustellen, wie Auberginen mit Zimt schmecken würden, wenn sie weiß, wie sowohl Zimt als auch Auberginen schmecken. Beide Geschmackseindrücke kann sie dann imaginativ kombinieren und sich so eine Geschmackserfahrung vorstellen, die sie vorher noch nicht gemacht hat.[44] 

Selbst wenn wir also akzeptieren, dass die Grenzen der sinnlichen Vorstellungskraft bei bisher nicht erlebten mentalen Zuständen mit phänomenal atomarem Charakter erreicht werden, heißt das nicht, dass wir uns prinzipiell keine neuen Erfahrungen vorstellen können.[45]  Inwieweit wir dabei erfolgreich sein können, uns solche Erfahrungen vorzustellen, hängt also unter anderem davon ab, wie viele Erfahrungen wir schon gemacht haben und uns wieder vergegenwärtigen können. Außerdem hängt der Erfolg des Vorstellungsprojekts von unserer Fähigkeit ab, imaginativ Bausteine aus der Erinnerung alter Erfahrungen zu extrahieren und neu zu kombinieren. Damit zeigt sich, dass die Anwendung der Vorstellungskraft eine Fähigkeit ist, die – so betont Kind – in unterschiedlichem Ausmaß vorliegen und auch trainiert werden kann.[46] 

Wenn es zutrifft, dass wir uns nicht vorstellen können, wie es ist, in einem bisher nicht erlebten mentalen Zustand mit einem atomaren phänomenalen Charakter zu sein, dann kristallisiert sich an dieser Stelle allerdings eine besondere Abhängigkeit der sinnlichen Vorstellungskraft von der sinnlichen Wahrnehmung heraus: Um die Fähigkeit ausüben zu können, phänomenale Erfahrungsaspekte imaginativ neu zu kombinieren, braucht es gewissermaßen Material, das kombiniert werden kann. Dieses Material wird allein von der sinnlichen Wahrnehmung geliefert. Erst wenn eine sinnliche Wahrnehmung von einem bestimmten atomaren Charakter, wie beispielsweise das Wahrnehmen von etwas Rotem, einmal gemacht wurde und der Roteindruck so gespeichert ist, dass er wieder hervorgerufen, also erinnert werden kann, kann die sinnliche Vorstellungskraft diesen Eindruck mit anderen neu kombinieren.

Was heißt das nun für die Rolle der sinnlichen Vorstellungskraft für die großen Lebensentscheidungen? Können wir uns doch vor32stellen, wie es ist, Eltern zu sein, bevor wir es werden? Vielleicht gibt uns das bisher Gesagte Anlass, vorsichtig optimistisch zu sein, dass es zumindest geübten und talentierten Imaginierer:innen gelingen kann, Erfahrungsbausteine auch zu einer neuen Erfahrung wie zum Beispiel dem Elternwerden zusammenzusetzen. Ein wichtiger Schlüssel für das Gelingen scheint aber zu sein, die richtigen Bausteine, aus denen sich die Erfahrung des Elternwerdens zusammensetzen würden, zu kennen. Das bringt uns wieder an den Punkt, an dem wir bereits im Zusammenhang mit dem epistemischen Wert der Vorstellungskraft waren: Die Vorstellungskraft kann uns viele Vorstellungen liefern, wie es ist, Eltern zu sein. Es scheint aber so, dass die Vorstellungskraft alleine nicht die richtige Vorstellung, also die, die dann unserer tatsächlichen Erfahrung entspricht, herauspicken kann. Es scheint so, dass wir hier wieder auf Wissen angewiesen sind, das die Vorstellungen so einschränkt, dass wir bei der richtigen Vorstellung landen.

Das Verfügen über derartiges Wissen scheint gerade die zentrale Herausforderung dafür darzustellen, uns Erfahrungen, wie sie Paul interessieren, tatsächlich vorstellen zu können. Wie es sein würde, Eltern zu sein, hängt von vielen einzelnen Faktoren ab, etwa davon, ob wir ein gesundes oder krankes Kind haben, ob es in der Nacht gut schläft, ob es viel schreit usw. Diese Faktoren sind aber sehr schwer vorherzusagen und damit ist es sehr schwierig, Wissen über diese Faktoren zu erlangen. Da wir diese Faktoren typischerweise nicht kennen, wissen wir außerdem auch nicht, wie wir psychisch auf die Gesamtsituation reagieren würden. Daher scheint für eine eher pessimistische Sicht zu sprechen, dass es uns für das Gelingen unserer Vorstellungsprojekte häufig an dem Wissen fehlt, das uns dabei helfen könnte, uns neue Erfahrungen angemessen vorzustellen oder die zutreffende Vorstellung unter den vielfältigen möglichen zu finden.

5. Vorstellungskraft und zwischenmenschliches Verstehen

Im Zusammenhang mit der Rolle der sinnlichen Vorstellungskraft bei Entscheidungen haben wir bisher im Wesentlichen Vorstellungen eigener zukünftiger Erfahrungen betrachtet. Aber auch Vorstel33lungen von Erfahrungen, die wir nicht selbst, sondern andere Menschen machen, spielen in unserem Leben eine große Rolle, dann nämlich, wenn es darum geht, andere Menschen zu verstehen.

Etwas mental zu simulieren ist eine Weise, sich etwas vorzustellen. Die sogenannte Simulationstheorie schreibt der Simulationsfähigkeit eine wichtige Rolle beim Verstehen anderer Menschen zu. Mit der Rede vom »Verstehen« anderer wird in diesem Zusammenhang meist das Erkennen mentaler Zustände anderer Personen gemeint. Die Simulation ist, gemäß dieser Theorie, ein Prozess, Wissen über die mentalen Zustände anderer zu erlangen. Meist wird zwischen zwei verschiedenen Simulationsarten unterschieden, nämlich erstens der sogenannten »basic empathy«[47]  (Stueber) oder auch »low-level empathy«[48]  (Goldman) einerseits und der »reenactive empathy« (Stueber) oder »high-level empathy« (Goldman) andererseits.

Der basale Prozess, also »low-level-« oder »basic empathy«, findet nur in Situationen statt, in denen sich die verstehende und die zu verstehende Person gegenüberstehen. Die verstehende Person kann an äußeren Merkmalen der zu verstehenden Person das Vorliegen bestimmter mentaler Zustände erkennen. Meist wird davon ausgegangen, dass es im Wesentlichen nur affektive Zustände sind, die auf diese Weise erkannt werden. Aber auch Zuschreibungen von basalen Überzeugungs-Wunsch-Paaren können auf dieser Grundlage erfolgen. Während die sogenannte Theorie-Theorie davon ausgeht, dass Mimik und Gestik wahrgenommen werden und dann, relativ schnell und oft unbewusst, auf bestimmte mentale Zustände geschlossen wird, argumentiert die Simulationstheorie, dass der Prozess, der hier stattfindet, ein simulativer Prozess ist. Dabei wird oft auch auf die Rolle der sogenannten Spiegelneuronen verwiesen.[49]  Es ist wichtig zu sehen, dass die Simulationstheorie annimmt, dass die Simulation, die im Rahmen solcher basalen Prozesse der Affekterkennung stattfindet, ausschließlich unbewusst abläuft. Ob ein solcher Prozess tatsächlich als ein Einsatz der Vorstellungskraft verstanden werden kann, ist daher sicher strittig. Zwar werden ima34ginative Prozesse oft unbewusst in Gang gesetzt, aber es wäre eher ungewöhnlich, dass der imaginierenden Person nicht bewusst ist, dass sie sich etwas vorstellt oder vorgestellt hat.

Der zweitgenannte Prozess dagegen ist ein bewusster Prozess des Sich-an-die-Stelle-des-anderen-Versetzens. Hierbei können noch einmal zwei Varianten unterschieden werden. Zum einen kann dieser Prozess so verstanden werden, dass sich die simulierende Person selbst imaginativ an die Stelle oder in die Situation der anderen, zu verstehenden Person versetzt. Dabei nutzt die simulierende Person ihre eigene Psychologie gewissermaßen als Modell und simuliert, wie sie selbst in dieser Situation reagieren würde. Das Ergebnis der Simulation wäre dann, dass die simulierende Person weiß, wie sie selbst reagieren würde. Da aber das epistemische Ziel des Simulationsprozesses nicht darin besteht zu erfahren, wie es für die simulierende Person selbst wäre, an der Stelle der zu verstehenden Person zu sein, fehlt noch ein weiterer, wichtiger Schritt, mit dem dieses Ergebnis auf die andere Person übertragen wird.[50] 

Angesichts der Komplexität der menschlichen Psyche ist dieser letzte Schritt allerdings äußerst problematisch, so dass sich das Postulat dieses Schritts der Kritik ausgesetzt sieht, diese Form der Simulation mit dem Ziel, zu lernen, in welchen mentalen Zuständen sich die andere Person befindet, habe im Grunde keinen epistemischen Wert. Denn es handele sich im Grunde nicht um einen Prozess des Erkennens der mentalen Zustände anderer, sondern um einen Prozess der Projektion.

Die zweite Konzeption dieses Simulationsprozesses erscheint daher, zumindest auf den ersten Blick, vielversprechender. Die simulierende Person soll sich nicht an die Stelle der zu verstehenden Person versetzen, sondern vielmehr simulieren oder sich vorstellen, die andere Person in ihrer konkreten Situation zu sein. Würde dieses Simulationsprojekt gelingen, läge zumindest keine Projektion vor, denn dann würde ja der mentale Zustand der anderen Person simuliert und nicht ein möglicher Zustand der simulierenden Person selbst. Sich vorzustellen, eine andere Person zu sein, ist allerdings ein sehr anspruchsvolles Vorstellungsprojekt. Ja, es wur35de behauptet, es sei zu anspruchsvoll.[51]  Ob dem tatsächlich so ist, soll an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden. Julia Langkau schlägt vor, die Beschreibung des Vorstellungsprojekts als ein Vorstellen, eine andere Person zu sein, nicht ganz wörtlich oder zu eng zu verstehen.[52]  Wir müssen uns nicht die gesamte Persönlichkeit, Biografie usw. vorstellen, sondern nur die relevanten Aspekte des mentalen Gesamtzustands, in dem sich die Person zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet.

An dieser Stelle sollten zwei Ziele unterschieden werden, die mit einem derartigen Vorstellungsprojekt verbunden sein können.

Die simulierende Person könnte sich erstens den mentalen Gesamtzustand der anderen Person vorstellen, um eine Vorhersage zu treffen. Der mentale Gesamtzustand wäre die Konstellation der mentalen Zustände, in denen sich eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet, wie etwa ihre Emotionen, Wünsche und Überzeugungen. Ist das Ziel des Vorstellungsprojekts eine Vorhersage, wüsste die simulierende Person eventuell um die äußeren Umstände der anderen Person zu einem bestimmten Zeitpunkt, wie beispielsweise, dass sie sich gerade in einer mündlichen Prüfung befindet. Was sie aber nicht weiß, ist, wie die Person auf diese Situation reagiert, wie sie sich fühlt, worüber sie nachdenkt und was sie sich wünscht, denn Menschen können in sehr unterschiedlicher Weise auf äußere Umstände reagieren. Insbesondere wenn das Erkenntnisziel das Erfassen des mentalen Gesamtzustands einer Person ist und nicht nur zum Beispiel das einer einzelnen emotionalen Reaktion, sind die Möglichkeiten, die sich hier eröffnen, kaum überschaubar. Wir sind also erneut an dem Punkt angelangt, an dem wir erkennen, dass die Vorstellungskraft allein nicht zu dem relevanten Wissen führt, denn sie kann uns alle nur vorstellbaren Zustände der anderen Person liefern. Was wir aber suchen, ist nur derjenige Zustand, in dem sich die andere Person tatsächlich befindet. Die Vorstellungskraft muss daher auch in diesem Zusammenhang mit anderen kognitiven Vermögen zusammenarbeiten. Damit ein solches Vorstellungsprojekt zu einer korrekten Vorhersage des mentalen Gesamtzustands einer anderen Person verhilft, braucht die simulierende Person Hintergrundwissen über die zu verstehen36de Person, um deren mentalen Zustand so zu simulieren, dass er mit dem tatsächlichen Zustand übereinstimmt.

Ein zweites Ziel, das mit diesem Vorstellungsprojekt verfolgt werden könnte, wäre zu lernen, wie es ist, in der Situation der anderen Person zu sein. Dieses Ziel wird außerhalb des akademischen Diskurses sehr häufig als vorrangiges Ziel von Empathie verstanden, aber auch in der philosophischen Debatte findet sich diese Annahme.[53]  Sich vorzustellen, wie es für eine andere Person ist, in ihrer (mentalen) Situation zu sein, sowie das epistemische Ziel, durch diese Vorstellung zu lernen, wie es für die andere Person ist, in ihrer (mentalen) Situation zu sein, wirft aus der Perspektive der Philosophie der Vorstellungskraft eine ganze Reihe von interessanten Fragen auf, die im Rahmen der Empathiedebatten wenig beachtet werden.

Gerade für dieses Ziel scheint die sinnliche Vorstellungskraft eine entscheidende Rolle zu spielen, denn bloß propositionales Vorstellen allein kann keine Quelle eines Wissens sein, wie es ist oder sich anfühlt, in einem bestimmten Zustand zu sein. Wenn wir wissen möchten, wie es für eine andere Person ist, in ihrer Situation zu sein, interessieren wir uns meistens allerdings nicht so sehr für die phänomenalen Qualitäten sinnlicher Wahrnehmungen der anderen Person, beispielsweise wie es für die andere Person ist, etwas Rotes zu sehen.Vielmehr interessieren wir uns sehr häufig dafür, wie es für sie ist, bestimmte Überzeugungen, Wünsche und Emotionen zu haben.

Während es strittig ist, ob Überzeugungen und Wünsche überhaupt phänomenale Eigenschaften haben, wird dies für Emotionen meist nicht in Frage gestellt. Auf die Frage aber, wie der phänomenale Charakter einer Emotion erklärt werden kann, gibt es verschiedene Antworten. Welche Antwort die richtige ist, entscheidet auch 37darüber, wie wir erklären können, was es heißt, sich vorzustellen, in einem emotionalen Zustand zu sein, und welche Rolle die sinnliche Vorstellungskraft dabei spielt.[54]  Hier ist nicht der Ort, um die gesamte Bandbreite der bisher vertretenen Theorien der Phänomenalität von Emotionen zu untersuchen. Daher soll nur bespielhaft gezeigt werden, dass derartige Theorien Einfluss auf die Frage haben, was es heißt, sich vorzustellen, wie es ist, in einem bestimmten emotionalen Zustand zu sein. Wäre beispielsweise eine Theorie richtig, die im Anschluss an William James[55]  die Phänomenalität der Emotionen mit dem Wahrnehmen bestimmter körperlicher Veränderungen identifiziert,[56]  würde das Simulieren oder Vorstellen des phänomenalen Charakters einer Emotion bedeuten, dass das Wahrnehmen der entsprechenden körperlichen Veränderungen vorgestellt wird. Solche körperlichen Veränderungen sind etwa erhöhter Puls, Muskelanspannung oder das Ausschütten bestimmter Hormone. Hier geht es also nun nicht darum, dass ich beispielsweise einen Ausschlag auf der Haut sehe, mit den Fingerspitzen ertaste, dass eine Hautstelle rau ist, oder ich meinen schnellen Atem höre. Auch dies wären ja Beispiele sinnlicher Wahrnehmungen körperlicher Zustände oder Veränderungen.[57] 

Selbst wenn die sinnliche Vorstellungskraft bei der Vorstellung, wie es ist, in einem emotionalen Zustand zu sein, nicht involviert sein sollte, wird sie für die Vorstellung, wie es für die Person ist, sich in ihrem mentalen Gesamtzustand zu befinden, eine Rolle spielen. Denn das Sich-in-die-Lage-der-anderen-Person-Versetzen geht oft damit einher, sich auch die Umgebung der Person – das, womit sie gerade sinnlich konfrontiert ist – sinnlich vorzustellen.

Für die zwischenmenschliche Interaktion und auch rein episte38misch scheint es wertvoller, zu wissen, wie es für die andere Person ist, in ihrem mentalen Gesamtzustand zu sein, statt nur Wissen über einen Teil dieses Zustands zu haben. Gleichzeitig scheint dies aber auch ein kaum erreichbares Ziel zu sein. Sich in allen Details die mentale Situation einer anderen Person vorzustellen, ist ein extrem anspruchsvolles imaginatives Projekt.

Erneut stehen wir auch im Bereich des zwischenmenschlichen Verstehens vor der Schwierigkeit, dass die Vorstellungskraft allein offenbar zu viele Möglichkeiten liefert, also Vorstellungen zu vieler Zustände, in denen sich die zu verstehende Person befinden könnte. Wieder sieht es so aus, als sei die Vorstellungskraft auf eine Zusammenarbeit mit anderen mentalen Vermögen und auf spezifisches Wissen, hier insbesondere Wissen über die andere Person, angewiesen. Daher ist es unerlässlich, die Vorstellungskraft im Zusammenhang mit diesen Vermögen zu untersuchen, um ihre Rolle in unserer mentalen Architektur zu bestimmen.

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