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Peter Herrsche führt uns in eine außergewöhnliche Epoche ein und zeigt, was wir heute vom Barock, seiner Kultur und seiner Lebenshaltung für Gegenwart und Zukunft lernen können. Hersche beschreibt anschaulich einen Wirtschafts- und Lebensstil, der sich in vielerlei Hinsicht als Alternative zu der häufig beklagten und empfundenen heutigen Ökonomisierung immer weiterer Lebensbereiche erweist.
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Seitenzahl: 228
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Peter Hersche
Gelassenheit und Lebensfreude
Was wir vom Barock lernen können
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2011
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Datenkonvertierung eBook: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN (E-Book) 978-3-451-33661-4
ISBN (Buch) 978-3-451-30661-4
Dieses Buch ist vielen mir persönlich unbekannten Personen gewidmet, nämlich einerseits all jenen Kunsthistorikern, Denkmalpflegern, Museumskuratoren, Restauratoren, welche sich unter oft wenig günstigen Umständen um die Erhaltung des Restbestands unserer schon ziemlich dezimierten barocken Kunstlandschaft bemühen, andererseits allen Musikwissenschaftlern, Notenverlegern, Instrumentenherstellern und praktisch ausübenden Musikern, welche mir – abgeschirmt von der totalitären Beschallung unseres Alltagsraums – ungezählte genussvolle Stunden mit barocker Musik verschafft haben.
Vielleicht fällt umgekehrt dem einen oder anderen dieses Buch in die Hände.
Kriege haben nicht nur materielle, sondern auch geistige Folgen jenseits der eigentlich politischen Fragen. Das Barockzeitalter hatte jeweils Konjunktur nach den beiden Weltkriegen, auch wenn von den Kunsthistorikern der besondere Stil des Barock schon im ausgehenden 19. Jahrhundert wiederentdeckt und nach mehr als einem Jahrhundert der Verkennung, ja Verachtung positiv gewürdigt wurde. Heinrich Wölfflin grenzte nach vielen Vorarbeiten in seinen „Kunstgeschichtlichen Grundbegriffen“ (1921) den Barock in allgemeinen Kategorien endgültig von der Renaissance ab. Oswald Redlich wandte den Begriff auf das Politische an, indem er in einem gleichzeitig erschienenen Buch Österreich unter Kaiser Leopold I. als „Weltmacht des Barock“ vorstellte. Im selben Jahr stellte Werner Weisbach seine viel diskutierte und lange nachwirkende These auf, der Barock sei die Kunst der Gegenreformation gewesen. Im Umfeld dieser Forschungen, aber ebenso in dem der zeitgenössischen Kunst, nämlich des Expressionismus, dem man wohl nicht zu Unrecht eine Verwandtschaft zum Barock unterstellt, stehen dann die Bemühungen Wilhelm Hausensteins, den „Geist des Barock“ – so der Titel seines erstmals 1920 erschienenen Werkes –, begrifflich zu fassen und eine umfassende Deutung als Epoche zu geben. Das Buch weist sich schon durch seinen sinnen- und rauschhaften, eben geradezu barock/expressionistischen Stil als Zeitdokument aus. Es enthält eine Fülle von Geistesblitzen und anregenden Gedanken und skizziert zwischen den Zeilen ein frühes Forschungsprogramm. Mit diesen Werken avancierte der Barock vom Stil- zum Epochenbegriff, vom bloß kunstgeschichtlichen zum kulturgeschichtlichen Terminus.
Basierend auf diesen vornehmlich von der Kunstgeschichte ausgehenden Darstellungen wurde der Barockbegriff dann auf alle möglichen Ebenen der Kulturgeschichte (Literatur, Musik usw.) ausgeweitet, zeitlich gedehnt (der „Barock“ der Spätantike und Spätgotik) und der Stil vor allem mit einer Fülle von definierenden Begriffen in seiner Eigenheit zu fassen gesucht: Unendlichkeit, Entgrenzung, Verwischung der Realität, Illusionismus, Durchdringung, Naturalismus, Komplexität, Regelverletzung, Asymmetrie, Exzess, Expressivität, Pathos, Heroismus, Sinnlichkeit, Erotismus, Pantheismus, Irrationalität, Polarität, Antithetik, Paradoxie usw. Diese Versuche, den Barock begrifflich zu fassen, sind wohl erstens als geistiger Reflex auf die durch den Krieg eingetretene Verunsicherung und den Zusammenbruch einer scheinbar so wohlgeordneten Welt zu begreifen. Zweitens erschien der Barock attraktiv als eine Zeit der relativen Ruhe zwischen den bewegten Jahrzehnten der Reformation und der Konfessionskriege einerseits, der Aufklärung und Revolution andererseits. Beförderte dies nach dem Krieg die Annäherung an die Epoche? Ahnte man vielleicht sogar, dass der Barock auch als Versuch der Krisenbewältigung interpretiert werden konnte?
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