Geld allein macht nicht unglücklich - Jürgen Becker - E-Book

Geld allein macht nicht unglücklich E-Book

Jürgen Becker

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Beschreibung

Gerade in der Krise – mehr (rheinischen) Kapitalismus wagen! Ist Deutschland noch zu retten? Die neoliberalen Vordenker haben abgewirtschaftet – jetzt kommt Jürgen Becker, und ihm gelingt das Kunststück, aus einer vordergründig furztrockenen Materie eine feuchtfröhliche Lektüre zu machen. Nach dem Genuss dieses zutiefst rheinischen Geschichtskurses ist man der Krise nicht mehr hilflos ausgeliefert.»Die Phönizier haben das Geld erfunden, leider zu wenig« (Nestroy). Doch dies ist nicht die einzige Ursache der Finanzkrise. Der entfesselte amerikanische Kapitalismus war bereits dabei, die Erde aufzufressen und die Wochenenden abzuschaffen – im rheinischen Kapitalismus undenkbar, hat sich hier sogar der Montag als Arbeitstag nur sehr mühsam durchgesetzt, an Ostern und Pfingsten bis heute nicht. Wie richtig das rheinische Modell liegt, zeigte sich während des Crashs: Alle waren froh, dass die Börsen wenigstens am Wochenende geschlossen hatten. Endlich Ruhe im Puff. Beine hoch, Bier auf, chillen und mal ganz besonnen überlegen, was zu tun ist. Ein perfektes Plädoyer für die Umkehr vom Muss zum Mystischen.

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Seitenzahl: 89

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Jürgen Becker

Geld allein macht nicht unglücklich

Mit dem Mysterium des rheinischen Kapitalismus aus der Krise

Kurzübersicht

> Buch lesen

> Titelseite

> Inhaltsverzeichnis

> Über Jürgen Becker

> Über dieses Buch

> Impressum

> Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

Inhaltsverzeichnis

Wer überfällt heute noch eine Bank?Ackermänner und RosstäuscherDie kölsche Bad BankDa wissen Sie mehr als ich!StaatsfeindeAmerikanischer Kapitalismus gegen rheinischen KapitalismusEmanzipation à la Eau de Cologne»Stelle mer uns mal janz dumm!«Die Sünde als Motor des FortschrittsIll-PartyFranz von AssisiDa haben wir das schon mal aus dem Kopf!Immer dat GenaueDas Mysterium des Glaubens95 TresenDas rheinische GesprächVom Mystischen zum Muss!Anekdote zur Senkung der ArbeitsmoralMarx & Engels an der ThekeWer verdient, was er verdient?Der wahre WertSie kitzel ich tot!Alle an einem TischHinweis
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Wer überfällt heute noch eine Bank?

Früher waren die höchsten Gebäude einer Stadt die Kirchen – heute sind es die Banken. Vieles haben sie gemeinsam: Bei Jesus hieß es immer: Bonus volat ad deum – nur der Gute kann zu Gott in den Himmel auffahren. Bei den Banken heißt es: Wer Bonität hat, darf abheben.

Nun aber ist die Bonität der Banken dahin, weil sie Kredite an Leute vergeben haben, die diese nicht zurückzahlen konnten. Das wussten die Banker in Amerika auch ganz genau, doch sie haben die faulen Kredite in schöne Kartönchen gepackt und ein goldenes Schleifchen drumherum gebunden. So einen Karton nennt man Fonds. Das hat recht lange funktioniert, da die meisten Finanzberater der Banken nichts von Finanzen und Fonds verstehen. Sie sind ja auch in Wirklichkeit keine Berater, sondern Verkäufer.

Der Mann, der mit dem Staubsauger bei Ihnen klingelt, ist ein Staubsaugervertreter. Er nennt sich erst gar nicht Saugberater, weil sowieso jeder weiß, dass er einem einen Staubsauger verkaufen will. »Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur blasen kann«: So wie der Saugblasvertreter bei Loriot sind Anlageberater der Banken, nur das die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben. Oder sie haben die faulen Fonds wider besseres Wissen verkauft: Das funktionierte so lange, bis mal jemand fragte: Was ist in dem schönen Karton mit rosa Schleife eigentlich drin? Ein Riesenscheißhaufen kam zum Vorschein. Ab da brach das Finanzsystem zusammen.

Hätten die Banken von den Kirchen lernen können? Ja. Die Kirche hat seit 2000 Jahren dasselbe Problem – sie muss was verkaufen, was noch nie jemand gesehen hat. Wovon viele sagen, dass es das gar nicht gibt. Da brauchen Sie als Verkäufer Fantasie. Warum ist Köln so reich geworden? Durch einen Fonds. Nehmen wir den Kölner Dom. Darin steht ein Karton, ein Goldsarkophag mit sechs Zentner Leergewicht: der Schrein der Gebeine der Heiligen Drei Könige.

Seit Jahrhunderten kommen die Pilger in die Stadt, kreisen um die Knochen, damit die Aura der heiligen Gebeine auf sie abstrahlt. Sie geben in Köln ihr Geld aus. Auch das ist ein fauler Kredit, denn in diesem goldenen Karton sind nicht die Knochen der Heiligen Drei Könige. Die drei Weisen aus dem Morgenland sind nach ihrem Besuch an der Krippe alle wieder in ihre Ursprungsländer zurückgekehrt. Sie haben sich wohl kaum zum Sterben getroffen.

Foto: dpa

Dennoch haben Wissenschaftler die Gebeine vor einigen Jahren mal untersucht, schließlich kann man feststellen, wie alt so was ist. Auf der Pressekonferenz klang das dann so: »Die Wahrscheinlichkeit, dass die Knochen tatsächlich von den Heiligen Drei Königen stammen, tendiert gegen null.« Dann sagen die Kölner: »Dat es doch ejal, dat Dinge deit et ävver.« In diesen goldenen Dreikönigsschrein können sie Hühnerknochen vom Wienerwald reinschmeißen, in dem Ding wird alles heilig. Die Kirchen können genau das, was Banker versuchen, aber letztlich nicht draufhaben.

Jetzt rennen die Leute schon in die Banken und lassen sich ihr Geld zeigen. Dass ist natürlich nicht da. Das war noch nie da. Das ist ein Mysterium wie die Knochen der Heiligen Drei Könige. Früher stand jedem Geldschein ein entsprechender Gegenwert in Gold gegenüber, heute nicht mehr. Geld ist nicht viel mehr als ein elektrischer Impuls. Die Finanzwirtschaft ist für uns alle wie eine Religion: Sie müssen dran glauben!

Die Folgen der Ungläubigkeit sind fatal: Es überfällt ja auch schon niemand mehr eine Bank! Weil jeder glaubt, er hätte hinterher einen Arsch voll Schulden am Hals! Die Leute überfallen allenfalls noch einen Kiosk – da bekommen sie wenigstens noch ein Snickers.

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Ackermänner und Rosstäuscher

Was die sogenannten Bankberater sehr gerne als sichere Anlage verkauft haben, waren häufig Zertifikate. Im Vergleich dazu war der Saugbläser Heinzelmann eine hoch seriöse Konstruktion. Heute wissen es alle: Zertifikate, das sind nichts anderes als Wetten. Und Wetten kann man verlieren. Die Banker vertuschen das häufig wie ein Dealer auf dem Schulhof: »Ne, das ist kein Heroin, das sind Vitaminspritzen.« Obwohl man Banker und Dealer natürlich nicht vergleichen kann. Bei Dealern wird die Beschaffungskriminalität bestraft.

Außerdem sind Banker auch eher Rosstäuscher. Der Name Ackermann gibt da schon einen Hinweis auf die richtige Branche. Und anhand des bäuerlichen Lebens kann man eine Ursache der Finanzkrise auch gut demonstrieren. Deshalb gehen wir nach Amerika:

Der junge Chuck will mit einer eigenen Ranch reich werden. Als Anfang kauft er einem Farmer ein Pferd ab. Er übergibt ihm seine ganzen 100 Dollar, und der Farmer verspricht, das Pferd am nächsten Tag zu liefern.

Am nächsten Tag kommt der Farmer vorbei und teilt Chuck eine schlechte Nachricht mit: »Es tut mir leid, aber das Pferd ist tot! Heute Nacht verstorben.«

»Ist doch kein Problem«, sagt der Chuck, »gib mir einfach die 100 Dollar zurück!«

»Ja,« sagt der Farmer, »das ist nicht so einfach, ich hab das Geld schon für Düngemittel ausgegeben. Mit andern Worten: Dein Geld ist fort!«

»Ja«, sagt der Chuck, »dann gib mir wenigstens das tote Pferd!«

»Was willst du denn damit?«

»Zertifikate, das verlose ich!«

»Aber du kannst doch kein totes Pferd verlosen?«

»Wetten dass? Ich erzähl einfach keinem, dass es tot ist …«

Monate später fragt der Farmer nach: »Und wie lief die Aktion totes Pferd?«

»Perfekt«, sagt Chuck, »ich habe 500 Lose zu je zwei Dollar verkauft und meine ersten 900 Dollar Profit gemacht!«

»Gab es denn keine Reklamationen?«

»Doch«, sagt Chuck, »eine! Der Gewinner hat sich lautstark beschwert.«

»Und was hast du gemacht?«

»Dem hab ich die zwei Dollar zurückgegeben!«

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Die kölsche Bad Bank

Nun ist das Desaster da, und die Politik ringt zur Zeit mit sich: Was hilft in der Krise? Konjunkturprogramm oder besser Abwarten? Auf diese Frage gibt es in der Wirtschaft zwei widerstreitende Theorien. Das eine ist der Monetarismus. Das andere ist der Keynesianismus. Die Unterschiede sind folgende:

Eine Stadt hat drei Kneipen und in einer geht am Abend das Kölsch aus. Wirtschaftskrise. Es läuft nichts mehr.

Der Monetarist meint: »Dat ess ejal. Soll der Laden doch dichtmachen. Dann geben die Leute ihre Moneten in der nächsten Kneipe aus.«

Monetarismus heißt also übersetzt: »Die Karawane zieht weiter, der Sultan hät Doosch. Jommer en ne andere Kaschämm«! Der Markt regelt alles.

Wenn die zweite Kneipe dann auch kein Kölsch mehr hat, geht man in die dritte. Und wenn die auch kein Kölsch mehr hat, dann muss man ohne Nachtleben auskommen.

Das heißt, das Ergebnis des Monetarismus ist am Ende so was wie Wanne Eickel.

Anders der Keynesianismus. Der sagt: Man muss eingreifen. Konjunkturprogramm mit Steuern.

Wenn die Kneipe kein Kölsch mehr hat, dann müssen die Gäste, also die Bürger, sich selbst welches beschaffen. Das heißt, die bringen Bier von zu Hause mit, geben das als Steuern dem Staat, und der gibt es weiter an den Wirt. Und der verkauft es einem dann wieder. Will sagen, man kauft sich selbst ein Kölsch ab und süffelt das mit den anderen zusammen.

Der Keynesianismus hat also das Prinzip: »Drenk doch eine met!«

Gut, das bringt wirtschaftlich auch nix, ist aber geselliger. Und die Kneipen bleiben auf.

Mit einem weiteren Lösungsmodell wird der Rheinländer nun Vorbild für den Umgang mit der Krise. Inzwischen diskutiert ganz Deutschland über die Bad Bank, die alle schmutzigen Geldgeschäfte versammelt und am Ende vom Steuerzahler finanziert wird.

Das Prinzip kennen die Kölner schon lange. Hier heißt das nur nicht »Bad Bank«, sondern einfach »Stadtsparkasse«.

Dort werden seit Jahrzehnten mithilfe der Stadt öffentliche Gelder verbraten, um Firmen zu helfen. Vor allem dem Oppenheim-Esch-Fonds. Das ist eine Art Rettungsgesellschaft für Superreiche, die in Not geraten sind – weil sie nicht noch reicher werden. Denen hat die Klüngelstadt Köln mit ihrer Sparkasse zum Beispiel die Deutzer Messehallen im Prinzip geschenkt, den Umbau überteuert bezahlt und sie dann noch teuerer für 30 Jahre zurückgemietet.

Damit ist die Stadtsparkasse die einzige Bank der Welt, die sich nicht nur ohne Gegenwehr ausnehmen lässt, sondern denen, die Geldsäcke aus der Tür rausschleppen, auch noch dreißig Jahre ein festes Salär garantiert.

Das ist Staatshilfe! Da kann Peer Steinbrück aber einpacken.

Derselbe Fall beim Medienforum in Köln-Ossendorf. Das ist das große Gebäude in der Nähe des Gefängnisses, wobei man jetzt nicht die Geschäfte der Stadtsparkasse und des Oppenheim-Esch-Fonds mit einem Knast vergleichen kann.

Im Knast sitzen die, die sich beim Abzocken haben erwischen lassen.

Die Studios in Ossendorf weisen seit Jahren riesige Verluste aus, sie rechnen sich nicht, dort wird kaum ein Film gedreht. Trotzdem hat die Stadtsparkasse dem Oppenheim-Esch-Fonds die Miete auf zehn Jahre garantiert.

Das sind Leistungen der öffentlichen Hand für die Vermögenden dieser Stadt, da spricht keiner drüber. Denn dieser Fonds ist so geschlossen, da schaut keiner rein, das ist ein sogenannter Closed Klüngel Shop. Das ist alles so geheim, da kriegen nicht mal die Journalisten vom Kölner Stadtanzeiger, der Kölnischen Rundschau und dem Express was drüber raus.

Aber liebe Leser, das kommt bestimmt noch! Schließlich hat sich der Verleger Alfred Neven DuMont als investigativer Journalist in den Fonds finanziell eingeschlichen. Man darf gespannt sein.

Fakt ist: Die Versprechen der Bundesregierung für Opel sind gegen die Kölner Staatshilfen ein ärmliches Almosen. Da sind wir hier am Rhein einfach weiter.

Und das Besondere an Köln ist: Hier werden von der öffentlichen Hand nicht nur Firmen gerettet, sondern auch Privatpersonen. Da wird der Klüngel gar zum Sonderfall der Kölner Justizordnung: Wenn irgendwo anders einer korrupt ist, kommt er in die Zelle. In Köln bekommt er einen Beratervertrag.

Wie zum Beispiel der ehemalige CDU-Bürgermeister Josef Müller, der ein persönliches »Rettungspaket« von 300000 Euro geschnürt bekam. Als Hilfe, damit er nach seiner Zeit in der Kölner Lokalpolitik nicht plötzlich in die Legalität abrutscht.

Der Mann ist Briefträger! Und kriegt 300000 Euro von der Stadtsparkasse! Für nix! Die verdient der im Schlaf. Er hat die Sparkasse beim Wort genommen: Das ist seine Bett-Bänk.

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