Dalí Dalí - Jürgen Becker - E-Book

Dalí Dalí E-Book

Jürgen Becker

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Was will uns der Künstler damit sagen? Haben Sie sich schon mal auf einer Vernissage blamiert, weil sie riefen: »Die rote Skulptur finde ich am besten!«, gefolgt von der niederschmetternden Bemerkung des Galeristen: »Das ist unser Feuerlöscher!«? Nach Jürgen Beckers unterhaltsamem Parforceritt durch die Kunstgeschichte wissen Sie genau, was über Romanik und Gotik zum Barock mit Rubens' sprichwörtlichem Fleisch dicker Frauen führte. Und warum Marcel Duchamp der Fluch der Keramik für die Kunst wurde.Hier können Sie auf das Angenehmste ihre wenigen Wissenslücken schließen und sind am Ende selbst Künstler. Sie könnten ein Bild malen. Wenn es niemand erwerben möchte, hängen Sie es halt in die Diele.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 98

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Jürgen Becker

Dalí Dalí

Mit Jürgen Becker durch die Kunstgeschichte

Kurzübersicht

Buch lesen

Titelseite

Inhaltsverzeichnis

Über Jürgen Becker

Über dieses Buch

Impressum

Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

Inhaltsverzeichnis

Motto

1 Muss ich dahin? Die Vernissage

2 Plädoyer für die Prügelstrafe

3 Ist Kunst eine Religion?

4 Ist Kunst Kochen?

5 Hat uns der Ägypter die Kunst eingebrockt?

6 Ist Griechenland Kunst oder kann das weg?

7 Alles nur geklaut? Die Römer

8 Die Installation des Heiligen Geistes

9 Romanisch-depressiv

10 Von der Antike auf gelernt – Die Renaissance

11 Islam ohne Perspektive

12 War Trude Herr Kunst?

13 Von der Deko zu Goya

14 Will Kunst immer nur das eine?

15 Ist Kunst eine Behinderung?

16 Dalí Dalí oder der Clou mit der Kacke in der Buxe

17 Muss Kunst, was sie will?

18 Kunst ist das Ganze

Dank

Bildnachweis

Inhaltsverzeichnis

Es geht somit in der Kunst letztlich um vieles, aber auch immer um das eine.

Inhaltsverzeichnis

1Muss ich dahin? Die Vernissage

Die Eröffnung einer Kunstausstellung nennt man Vernissage. Und jeder, der bei so einem Spektakel mal dabei war, weiß: Eine Einladung zur Vernissage kann man als Drohung empfinden. Zum Glück kommt es für den normalen Menschen nicht oft vor, zu einer solchen Ausstellungseröffnung geladen zu sein. Aber aus den unterschiedlichsten Gründen kann es dennoch passieren. Man wird vom Ehepartner mitgeschleift, man fühlt sich dem Galeristen verpflichtet, weil man ihm mal einen Gebrauchtwagen verkauft hat, oder man hat eine Wette verloren. Und plötzlich ist man mittendrin im Schlamassel. Dann stellt man sich die typischen Fragen des Vernissage-Besuchers, die zugleich die Grundfragen der gesamten menschlichen Existenz sind: Warum bin ich hier? Welchen Sinn hat das Ganze? Und: Was sind das für bekloppte Leute um mich herum?

Das Wort »Vernissage« kommt ja aus dem Französischen. »Vernis« bedeutet schlicht Firnis. Also der Lack, den Künstler abschließend über ihre Bilder streichen, um sie zu konservieren. Weshalb auf einer Vernissage wahrscheinlich immer so viele Lackaffen herumhängen, meist schwarz gekleidet. Denn das ist eine der wichtigsten Regeln, die man einhalten muss, wenn eine Vernissage droht: Man kleidet sich grundsätzlich wie auf einer Beerdigung. Obwohl man Vernissage und Beerdigung nicht vergleichen kann. Auf der Beerdigung ist die Stimmung besser. Und das Essen. Denn bei Vernissagen gibt es meistens nur »Fingerfood«. Das ist englisch und heißt übersetzt »Scheiße, ich werd nicht satt.« Und dazu ein Gläschen Vino Secco. Das ist nämlich der Kern der Vernissage: Fressen und Sekt. Weshalb man die klassischen Wandmaltechniken noch heute unterscheidet in »fresco« und »secco«.

Den Kleidungscode darf übrigens nur einer brechen: der Künstler. Der kann das Schwarz umgehen und sich bunt anziehen, ganz verrückt rumlaufen oder gleich nackt erscheinen. Schließlich ist der Künstler etwas Besonderes. Bei der Vernissage heißt das: »Der Künstler ist anwesend.«Er ist im engeren Sinne der Schöpfer. Deshalb steht ja auf der Einladung zur Vernissage auch immer ein Warnhinweis wie auf der Zigarettenschachtel. Aber nicht: »Vorsicht Herzinfarkt!« Bei der Vernissage heißt das: »Der Künstler ist anwesend.« Und das ist gefährlich! Denn man muss als unbedarfter Besucher höllisch aufpassen und sich selbst so schnell wie möglich die Frage beantworten: Wo steht der Jeck? Nicht, dass man unbedacht etwas Falsches sagt und dessen Schöpfung beleidigt. Der Künstler ist wie Gott, man darf ihn anhimmeln, aber nicht konkret befragen. Denn wenn er sein Werk erklären muss, wird es überflüssig. Es muss für sich selbst sprechen. Das einzige Problem: Oft sagt es einem nichts. Nur was sagt man dann, wenn es einem nichts sagt? Am besten auch nichts. Aber genau das geht leider nicht. In der Kunst ist es wie in der Kirche: Sie müssen die Litanei kennen.

Also was tun, wenn Sie unvorbereitet in eine Vernissage geraten sind? Und von nichts eine Ahnung haben? Wenn Kunst nicht Ihr Gebiet ist? Wenn Sie bei den Namen Raffael oder Kandinsky an die Neuzugänge bei Borussia Dortmund denken? Oder wenn Installationen ausgestellt werden und Sie instinktiv aufs Klo gehen, um sich die Siphons anzuschauen? Da wird es schwierig, keine Fehler zu machen. Denn zum Künstler können Sie ganz schnell etwas Falsches sagen. Zum Beispiel: »Tolle Rahmen – wo haben Sie die denn her?« Oder: »Haben Sie auch Bilder, die zu einem braunen Ecksofa passen?« Blasphemie! Oder wenn Skulpturen ausgestellt werden und Sie spontan sagen: »Och, die rote find ich am besten!« Und der Galerist antwortet: »Schade, das ist unser Feuerlöscher.« Alles peinlich!

Natürlich gibt es Kataloge, in denen man sich informieren kann. Aber haben Sie mal versucht, die Texte in Kunstkatalogen zu lesen? Da stehen Sie auf einer Ausstellung vor einem weiß lackierten Toaster, der mit ranziger Buttermilch gefüllt ist. Und dann steht im Begleittext etwa: »Der Künstler transzendiert das Erhabene des bildhaft gewordenen Eklektizismus zu einer Metamorphose postmoderner Readymades, deren Gemachtheit im Spiegel des romantisierenden Geworfenseins diffundiert.« Und man denkt sich: Ich weiß nicht, was der Autor für Drogen nimmt, aber das muss weniger werden!

Ich habe im Umgang mit Kunst eine gewisse Übung, weil ich im Erstberuf Grafischer Zeichner bin. Ausbildung bei 4711. Eau de Cologne. »Mit Tosca kam die Zärtlichkeit.« Obwohl das natürlich Unsinn ist. Mit Tosca kommt keine Zärtlichkeit, das ist eher ein Verhütungsmittel. So trat ich in die Fußstapfen von Albrecht Dürer, dem ersten Künstler, der seinen eigenen Druckereibetrieb eröffnete. Denn vor dem Tosca-Gestank flüchtete ich in die Selbstständigkeit und gründete 1984 mit Kollegen in Köln eine Druckerei: Prima Print am Brüsseler Platz. Im Gegensatz zu Dürer, der als herausragender Maler, Zeichner und Kunsttheoretiker vor allem mit seiner Grafik berühmt wurde, verließ ich den grafischen Betrieb nach vier Jahren und wechselte die Branche. Danach lief der Laden.

Die Kunstszene kam damals gerne zu uns mit ihren Plakatentwürfen, und ich konnte darauf oft nichts erkennen. Aber die Künstler fragten mich immer: »Wie finden Sie das?« Und ich rang nach Worten: »Hooh! Neee, muss ich sagen, also … Ist mal was anderes!« Das geht bei einer Vernissage nicht. Daher sage ich immer: Es ist gut, wenn man einen kennt, der einen kennt, der was davon kennt. Die Redakteurin der Sendung »Mitternachtsspitzen« war lange Zeit Franziska Schmela, die immer viel von ihrem Vater erzählte, dem berühmten Düsseldorfer Galeristen Alfred Schmela. Joseph Beuys, Gerhard Richter, Jörg Immendorff und viele namhafte Künstler vertrauten ihm blind, denn Schmela hatte ein Näschen für Kunst. Obwohl: Stopp! Daher sage ich immer: Es ist gut, wenn man einen kennt, der einen kennt, der was davon kennt.Fettnäpfchen! »Näschen für Kunst« ist ein No-Go – das Wort »Näschen« ist missverständlich in der Kunstszene. Neulich wurde ein Kind in der Schule gefragt: »Was macht dein Vater beruflich?« »Der malt Bilder und riecht am Tisch.« Da weiß man sofort Bescheid. Sagen wir besser: Schmela hatte ein Urteilsvermögen, das über jeden Zweifel erhaben war. Und wenn ein Kunstfreund in seine große Düsseldorfer Galerie kam und bewundernd vor einem Bild stand – sagen wir monochrom, komplett weiß –, dann durchbrach Schmela die Weihe der inbrünstigen Andacht mit der lauten Bemerkung: »Was, Junge, der kann malen!« Und auf dem Niveau wollen wir uns jetzt der Kunst nähern.

Inhaltsverzeichnis

2Plädoyer für die Prügelstrafe

Bei diesem schönen Bild hier zum Beispiel handelt es sich um ein berühmtes Werk des Surrealismus. Es wurde von Max Ernst gemalt und heißt: »Die Jungfrau züchtigt das Jesuskind vor drei Zeugen. André Breton, Paul Éluard und dem Maler«. Es hängt im Museum Ludwig in Köln. Völlig klar, was die erste Frage ist, die sich der interessierte Kunstliebhaber stellt, »Und da haben die dann dreimal ›Pfui!‹ gerufen, und damit war ich aus der Kirche ausgeschlossen.«wenn er so ein Bild im Museum sieht: »Was soll das ungefähr kosten?« Das konnte mir Kasper König, der Direktor des Museums, auch sofort beantworten: 160 Millionen Euro. Deshalb darf so ein Bild auch nur von Hasenkamp transportiert werden, wenn es mal auf Reisen geht. Hasenkamp aus Köln. Es gibt auch andere Speditionen, Tandem, Brandl oder DART, aber Hasenkamp ist die größte Kunstspedition der Welt. 60 Prozent aller Kunstwerke weltweit werden von Hasenkamp zu Ausstellungen transportiert. Deshalb hört man in Museen auf die Frage: »Ist das Bild von Jackson Pollock?«, so oft die Antwort: »Nee, das ist von Hasenkamp.«

Aber wenden wir uns dem Bild zu. Es wurde 1926 zum ersten Mal in Paris der Öffentlichkeit vorgestellt und im selben Jahr in Köln präsentiert. Es hatte eine enorme Wirkung: Ein Erdbeben der Entrüstung erschütterte die Domstadt. Der Kölner Erzbischof erzwang die Schließung der Ausstellung wegen Gotteslästerung. In einem Spiegel-Interview von 1970 beschreibt Max Ernst, was im Folgenden geschah: »Danach war die große Katholikenversammlung im Gürzenich in Köln. Da hat ein Repräsentant des Erzbischofs eine Rede über diesen Sittenverfall gehalten und am Ende erklärt: Der Maler Max Ernst ist aus der Kirche ausgeschlossen, und ich rufe die Versammlung auf zu einem dreimaligen ›Pfui!‹. Und da haben die dann dreimal ›Pfui!‹ gerufen, und damit war ich aus der Kirche ausgeschlossen.« In der Festhalle Gürzenich »Pfui! Pfui! Pfui!« – daraus ist dann vermutlich der Tusch entstanden: »Tätää, tätää, tätää!«

Inhaltsverzeichnis

3Ist Kunst eine Religion?

In der Auseinandersetzung der Kirche mit Max Ernst zeigt sich bereits das Spannungsverhältnis zwischen Kunst und Religion, das auch heute noch besteht. Zuletzt gab es Streit, als der berühmte Künstler Gerhard Richter ein Fenster für den Kölner Dom gestaltete.

So sieht’s von Weitem aus …
… so von Nahem.

Das hat für einen handfesten Eklat gesorgt. Der Kölner Erzbischof Kardinal Meisner – man sagt in Köln »Kanal Meißner« – hat sich immens aufgeregt, dass ein Künstler, der gar kein Katholik ist, überhaupt ein Fenster im Dom gestalten darf. Außerdem habe dieses Fenster keinen Gottesbezug. Gut, ich kann den Kanal Meißner ein bisschen verstehen. Er hat ein Kirchenfenster bestellt. Er bekam ein Kneipenfenster.

Es erinnert doch stark an die Butzenscheiben eines Vereinslokals.

Das passt natürlich auch irgendwie in die Stadt. Denn viele Kölner können zwischen Frühmesse und Frühschoppen nicht unterscheiden. Aber leider hat dann Kanal Meißner einen Satz gesagt, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss: »Jede Kunst ohne Gottesbezug ist entartet.« Da gab es natürlich wütende Proteste. Aber auch Zustimmung. Manche sagten: »Meisner hat recht! Kunst kann wirklich nur religiös sein. Man sieht ja, was aus Künstlern geworden ist, die nichts Religiöses gemalt haben.«

Hier zum Beispiel Van Gogh: Ohr ab.
Oder Manet: Bein ab.
Oder HA Schult: Rad ab.

Dagegen haben viele große Künstler bedeutende religiöse Werke gemalt. Wie zum Beispiel Matisse mit seinem Bild …

… »Feierabend im Priesterseminar«.
Oder hier: »Katholische Beratungsstelle für Frauen in Lebenskrisen«.
Oder das Bild, das eigentlich auf das Domfenster sollte: »Der Messias erscheint den Kölnern«.

Kardinal Meisner ruft sicher auch heute noch bei der Betrachtung des Max-Ernst-Gemäldes den katholischen Tusch des dreimaligen »Pfui!« aus. Denn das Bild erfüllt gleich zwei Tatbestände, die dem Kölner Oberkatholiken üblicherweise suspekt sind: Humor und Karneval. »Karnevalisierung« heißt ja nichts anderes als »Umkehrung der Verhältnisse«. Wer etwas über den Karneval erfahren will, wird bei dem Anglizisten Dietrich Schwanitz wohl zuletzt suchen. Doch ausgerechnet er bringt die Karnevalisierung in seinem Buch »Bildung« auf den Punkt: »Der Narr wird König, und der König wird erniedrigt.« Der Messias wird also zum Baby, das den Hintern versohlt bekommt. Das wirkt zunächst wie Blasphemie. Dabei hat Max Ernst das Christentum nur konsequent weitergedacht. Denn das Bild erfüllt gleich zwei Tatbestände, die dem Kölner Oberkatholiken üblicherweise suspekt sind: Humor und Karneval.Schließlich ist die Karnevalisierung die Basis der ganzen Religion. Denn das Höchste, was die Menschen sich vorstellen können, ist Gott, der Allmächtige, der Schöpfer allen Lebens. Und dieser große Gott wird im Christentum zu einem kleinen Kind in einer besonders armen Familie. Man würde heute sagen »abgehängtes Prekariat«. Die hatten keine Wohnung und keine Möbel. Der Vater war Zimmermann, hat aber nichts verdient. Außerdem war Josef natürlich gar nicht Jesu Vater. Das war Gott. Und dafür, dass Josef diese Story geglaubt hat, hat man ihn heiliggesprochen.