Zu dir oder zu mir? - Jürgen Becker - E-Book

Zu dir oder zu mir? E-Book

Jürgen Becker

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Beschreibung

Eine umwerfend komische Kulturgeschichte der Liebe Blattläuse haben es leicht: Wenn ihnen nach Fortpflanzung zumute ist, gebären die Lausmädels ohne Zutun eines Lausbuben bis zu zehn Töchter am Tag. Sie müssen nicht fragen: »Zu dir oder zu mir?« Sie fragen: »Zu mir oder zu mir?« So einfach kann das Leben sein. Doch etwas muss ja dran sein am Sex. Jedenfalls hat sich der Austausch von Körperflüssigkeiten zwecks Fortpflanzung bei 99% der Tierarten durchgesetzt. Aber was macht sexy? Was lehrt uns die Erotik über uns selbst? Und kann befreiendes Lachen die Lust locken? Dieses Buch gibt neue Antworten auf alte Fragen, es ist ein philosophischer Blick durchs Schlüsselloch. Die Leser dürfen sich beim Liebesspiel mit der Pointe aufs Angenehmste gekitzelt fühlen und stellen fest: So lustig ist die Geschichte der Fortpflanzung noch nie erzählt worden.

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Seitenzahl: 142

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Jürgen Becker

Unter Mitarbeit von Dietmar Jacobs und Martin Stankowski

Zu dir oder zu mir?

Das Mysterium der Fortpflanzung

Kurzübersicht

> Buch lesen

> Titelseite

> Inhaltsverzeichnis

> Über Jürgen Becker

> Über dieses Buch

> Impressum

> Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

Inhaltsverzeichnis

1. Fortpflanzung folgtSeitensprung I2. Kultur kontra KoitusSeitensprung II3. Spitz wie Nachbars LumpiSeitensprung III4. Sex kontra Schädling5. Der Eros ist gierig6. Erregende LiteraturSeitensprung IV7. U-Turn der Lust8. Männer wollen immer – Frauen können immerSeitensprung V9. Gutaussehende sind schlecht im Bett10. Volksbegehren11. Der Dümmste im Land kann der Reichste sein12. Die Erotik des Todes13. Zucht und Unordnung14. War der Urknall ein Orgasmus?Seitensprung VISeitensprung VII15. Beichtet ohne Ende!Seitensprung VIII16. Alles Schweinkram17. No-Homo-Himmel?18. We are Family?19. Glauben Sie ja nicht, wer Sie sindSeitensprung IX20. Es passen alle nach Texas21. Völkerwanderung22. Dieser Fremde ist nicht von hier23. Die Erotik des Zölibatären
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1.Fortpflanzung folgt

Die Fortpflanzung. Seit Urzeiten ist dieses Themenfeld mit Tabus und Tretminen durchtrieben, und so wird es wohl ewig bleiben. Schon aus der Antike ist dieses Männergespräch überliefert: »Sag mal, wenn ich deine Frau schwängere, sind wir beide dann verwandt?« Der andere grübelt kurz: »Verwandt nicht – aber quitt!«

Peter Paul Rubens, Samson und Delilah (1609) © Fine Art Images/ARTOTHEK

 

Der jüdische Held Samson schläft im Schoß der Delilah seinen Rausch aus. Zuvor verführte sie ihn, um hinter das Geheimnis seiner Kraft zu kommen. Die Methode verwendet seitdem jedes Bond-Girl. Beim Liebesspiel kann Delilah ihm die Geheiminformation entlocken: Es liegt an seinen langen Haaren. Delilah liefert ihn an die Philister aus und Samson werden daraufhin die Haare geschnitten und die Augen ausgestochen. Schon im Alten Testament hat das Begehren die Sprengkraft, die jeden Geheimagenten zu Fall bringen kann. Sex kann ins Auge gehen. Warum ist das so?

 

Die Themen Sex und Fortpflanzung bestimmen Kultur und Leben. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen denken zum Beispiel Männer 60 Prozent des Tages an Sex. 60 Prozent! Das überrascht viele. Denn das heißt: nur 40 Prozent an Fußball. Man sagt, Sex wäre der Ursprung der Kultur, der Motor der Evolution und wichtig für die Gesundheit. Deutschen Forschungsergebnissen zufolge verbraucht man zum Beispiel bei einem Mal Sex so viele Kalorien wie auf einer Radtour von Köln nach Bergheim. Wobei, wer beides kennt, weiß, dass es Unterschiede zwischen Sex und einer Radtour nach Bergheim gibt. Beim Sex hat man hinterher Lust, es irgendwann noch mal zu wiederholen.

 

Fortpflanzung ist ein Thema, dem man kaum entgehen kann. Im Fernsehen, in Zeitungen, von jeder Werbung aus schauen einen heute sinnliche Nackte an und signalisieren Paarungsbereitschaft. Letztens war zum Beispiel Internationale Automobilausstellung. Da räkelten sich wieder knapp bekleidete Frauen auf Motorhauben.

Alles, um uns zu erregen. Dabei ist das Quatsch. Die meisten Männer, die so ein Bild sehen, sagen sich nicht: »Boah, ist das erregend.« Die sagen: »Nimm die Frauen da weg, die machen Kratzer in den Lack!«

 

Sex ist in unserer Gesellschaft ein dominantes Thema. Zum Teil so sehr, dass sich manche davon fast unter Druck gesetzt fühlen. Gerade wenn man wenig oder keinen Sex hat, was ja auch vorkommen kann. Denn besonders in langen Beziehungen nimmt der Sex ab.

 

Das ist einfach so und kein Grund zur Besorgnis. Freunde von mir zum Beispiel waren 30 Jahre total glücklich. Am Anfang waren die wild und leidenschaftlich.

 

Und dann ist das mit dem Sex immer weniger geworden. Das hat denen aber nie was ausgemacht. Die machten stattdessen Nordic Walking. Aber jetzt haben die sich von Bekannten einreden lassen, sie müssten zu einem Paartherapeuten, um ihr Liebesleben aufzupeppen. Und damit ging der Ärger los. Da hatte man ihnen geraten, sich doch nachts mal ins Ohr zu flüstern, was man jetzt am liebsten hätte. Und dann liegen die im Bett, und was flüstert er? »Ein Kölsch und ein Jägermeister.« Zack, hatten die Streit. Dann wurde ihnen geraten, für die Erotik doch mal im Schlafzimmer Spielzeuge einzusetzen. Was macht er? Baut im Bett die Carrera-Bahn auf. Seitdem haben die Diskussionen, die sie vorher nicht kannten.

 

Dabei ist wissenschaftlich erwiesen, dass häufiger Sex mit demselben Partner die Lust dämpft. Weil der Sex routiniert wird, einer immer gleichen Dramaturgie folgt und daher nicht mehr so interessant ist. Ich kenne Paare, die haben mir erzählt, die erotische Spannung sei bei ihnen so raus, sie würden inzwischen beim Sex an die Steuererklärung denken. Ich kenne andere, die machen sie sogar dabei. Denn der Alltag vernichtet auch die Leidenschaft. Deshalb enden Liebesfilme ja auch immer, wenn die Verliebten gerade glücklich zusammen sind. Da sagt Humphrey Bogart zu Ingrid Bergman am Flughafen: »Ich schau dir in die Augen, Kleines.« Und küsst sie. Keine Sau zeigt, wie der nach 30 Jahren mit ihr in einem Reihenhaus in Düren wohnt und sagt: »Mäh schon mal den Rasen. Ich fahr noch zum Baumarkt.« Richard Gere und Julia Roberts küssen sich am Ende von »Pretty Woman«. Niemand sieht, wie die vielleicht hinterher drei Kinder mit ADHS haben und seine nervige Mutter noch bei ihnen einzieht. Die zeigen auch die Paare immer jung und attraktiv. Und nicht wie die Frau älter wird und der Mann einen Bauch bekommt. Wobei ich die Männer schon höre: »Das ist kein Bauch, was ich da hab. Das ist runtergeschluckter Stolz.« Jedenfalls sagen alle Therapeuten: Auch wenn die Flammen der Leidenschaft nicht mehr so lodern, ist das nicht schlimm. Wichtig ist, dass man über die Unzulänglichkeiten gegenseitig lachen kann. Dass man auch Themen wie Liebe, Sexualität und Attraktivität mit Humor betrachtet. Mal einen Witz macht. Wenn der Partner fragt: »Findest du mich noch attraktiv, oder bin ich zu dick?« Dass man dann einfach sagt: »Nein, du bist wunderbar, Schatz. Aber warte, bevor du hoch in den ersten Stock kommst. Ich will noch kurz die Statik überprüfen lassen.« Dann lacht man. Und das entspannt die Situation enorm. Und daher wollen wir in diesem Buch das ganze Thema als Quell der Erheiterung betrachten. Aber auch die Kultur der Fortpflanzung beleuchten. Oder auch der ausgefallenen Fortpflanzung. Denn wenn der gemeinsame Sex abhandenkommt, gibt es immer noch die individuelle Variante, und auch die kann göttlich sein.

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Gott Onan oder: Wenn man nicht alles selber macht

In der Bibel spielte er nur eine Nebenrolle, ist aber in der abendländischen Kultur- und Sittengeschichte zu einer Hauptfigur avanciert: Onan. Eine Figur des Alten Testaments, die nach jüdischem Gesetz die Witwe seines Bruders heiraten sollte, um dem auf diesem Wege quasi zu Nachkommen zu verhelfen. Onan hatte aber überhaupt keine Lust, wobei die Bibel die genauen Gründe verschweigt: War’s die Witwe oder scheute er die Verantwortung, vielleicht war er schwul? Jedenfalls – jetzt wörtlich – »ließ er seinen Samen auf die Erde fallen und verdarb ihn«. Seine Weigerung verstieß gegen das Gesetz der Schwagerehe, und er wurde für den Frevel getötet, ist aber immerhin als Namenspatron fürs Onanieren bis heute in lebendiger Erinnerung.

 

In der Bibel geht es um einen Mann – in der Natur um alle Menschen. Gustav Klimt, Nackte (1919) © bpk/The Metropolitan Museum of Art

 

Für die Evolution spielt die Selbstbefriedigung keine Rolle, man hat jedenfalls bis heute keine relevanten Gründe gefunden, außer: »Use it or lose it!« Doch obwohl zu allen Zeiten, in allen Kulturen, bei allen Menschen verbreitet, ist sie bis in die Gegenwart auch sprachlich negativ besetzt: Ob Selbstbefleckung oder Masturbation – mittellateinisch »mit der Hand schänden« – Ipsismus oder Wichsen und andere fiese Wörter – das klingt alles nicht besonders schön, ganz im Gegenteil zur Handlung selbst.

 

Die Selbstbefriedigung wird bis heute mit einem Schleier der Scham oder des Tabus bedeckt. Auch da gab es ganz andere Umgangsweisen in der Antike. Von Diogenes, dem radikalsten unter den griechischen Philosophen, der bekanntlich in einer Tonne lebte, um seine Unabhängigkeit zu betonen, wird erzählt, er habe bisweilen auf dem Markt onaniert und, darauf angesprochen, erwidert: »Wie schön wäre es doch, durch das Reiben des Bauches den Hunger vertreiben zu können.«

 

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2.Kultur kontra Koitus

Eigentlich liegt die größte Kulturleistung des Menschen darin, keinen oder wenig Sex zu haben. Denn die meisten Religionen, Philosophien, Künste und Bücher sind entstanden, weil die Menschen was Sinnvolles gemacht haben, statt im Schlafzimmer die Zeit zu verplempern. Man kann ja nicht nur Kinder erschaffen, sondern auch große Werke. Nehmen Sie nur Sokrates.

 

Seine Frau hieß Xanthippe. »Xanthippe« ist griechisch und heißt übersetzt: »Ich habe Kopfschmerzen.« Die wollte nämlich in Liebesdingen nichts mehr von ihm wissen, und deshalb hat er angefangen nachzudenken und die ganze abendländische Philosophie begründet.

 

Oder Platon. Der sagte, dass Sex nicht wichtig sei. Das Wichtigste wären die Gedanken. Oder Pythagoras. Den kennen Sie noch von dem nach ihm benannten Satz: a²+b²=c². Dabei ist ein anderer Satz von ihm viel wichtiger. Er sagte nämlich: »Die beste Zeit für fleischliche Beziehungen ist der Winter.« Dem Mann reichte zum Schnackseln der Winter. Das heißt, im Frühjahr, Sommer und Herbst hatte der keine fleischliche Beziehung. Da hat der gerechnet und die Mathematik erfunden. Gut, da sagen viele: Hätte der Tuppes auch im Rest des Jahres gepimpert, hätten wir in der Schule keine Dreiecke berechnen müssen. Dann hätten wir ne Freistunde gehabt.

 

Die größten Kulturleistungen sind entstanden, weil die Menschen den Trieb abgeschaltet haben. Und ohne Sex ist das Leben auch einfach ruhiger und gemütlicher. Denn wenn man ehrlich ist: Fortpflanzung ist mühsam. Was für ein Stress! Was für ein Zeitaufwand! Vor allem, weil man sich einen Partner zum Fortpflanzen suchen muss. Und den muss man überzeugen. Die Weibchen müssen die Männchen anlocken und die Männchen müssen hinter den Weibchen herlaufen, balzen und Dinge tun, die das Weibchen gut findet. Ich sehe die Qual oft in den Gesichtern von Männern im Kabarettpublikum. Die sind nur da, weil die Frau die Karten besorgt hat. Das hängt alles mit der Vermehrung zusammen.

 

Dabei ist das in der Natur nicht überall so. Denn für die Vermehrung braucht man nicht immer einen Partner. Ganz am Anfang der Zeit war ja auf der Welt alles öde und leer. Es gab kein Leben und keinen Ort, wo man existieren konnte. Wer mal in der Eifel war, kennt den Zustand. Aber dann entstand aus Kohlenstoff und Wasserstoff das Leben. Einzeller. Lebewesen, die brunzhohl in der Gegend rumstanden und nur Vermehrung im Kopf hatten. Und diese Einzeller pflanzten sich einfach durch Zellteilung fort. Ohne Sex. Und das können nicht nur Einzeller, sondern auch viele Tiere. Zum Beispiel die Blattlaus.

 

Wenn der Blattlaus nach Fortpflanzung zumute ist, gebären die Lausemädels ohne irgendwelches Zutun eines Lausbuben einfach so bis zu zehn Töchter am Tag. Der Lausbub ist völlig außen vor. Keiner paart sich mit ihm.

 

Gut, das kann am Aussehen liegen. So eine Blattlaus sieht nicht aus wie Robert Redford. Und wer will sich mit jemandem paaren, der grün ist und lästig. Andererseits: Bei Joschka Fischer hat das auch immer geklappt. Aber bei der Blattlaus nicht. Die vermehren sich ganz allein. Die müssen vor dem Vermehren auch nicht fragen: »Zu dir oder zu mir?« Die fragen: »Zu mir oder zu mir?« Die müssen auch niemanden anmachen. Die müssen nicht flirten. Es gibt nur eins, was menschliche und tierische Lausmädels gemeinsam haben: Sie stehen auf Blumen. Aber sonst: nichts. Doch die Laus kriegt trotzdem Kinder. Und die brauchen auch keinen Personalausweis mit Passbild, denn die sehen der Mutter ähnlich wie aus dem Gesicht geschnitten. Das sind nämlich lauter kleine süße genetische Kopien. In nur wenigen Tagen hat die Blattlaus 100 Kinder hergestellt. Unehelich. Das schafft sonst nur Franz Beckenbauer. Und es bleibt ja nicht bei den Kindern. Denn die werden bald selbst wieder jungfräuliche Mütter. Schon hat das Blattlausmädel 100 Enkel. Auf die muss die Oma nicht mal aufpassen. Denn ruckzuck hat sie 1000 Urenkel und ihre 10 süßen Töchter sind bereits selbst Oma und Opa. Das ist der unschätzbare Vorteil der sogenannten Parthenogenese: der Jungfrauengeburt. In nur einer Saison kann ein einziges Blattlausweibchen über 80 Millionen Nachkommen zeugen. Wir Bundesbürger sind 80 Millionen und schaffen es nicht mal, diese Zahl zu halten. Wir sind schon froh, wenn unsere 1,3 Kinder keine Läuse haben, dann dürfen die nämlich nicht in die Kita. An der gefräßigen und gebärfreudigen Blattlaus sehen wir, wie einfach das Leben sein kann. Vom Blattlausmännchen brauchen wir gar nicht zu reden. Was der den ganzen Tag so treibt, weiß ich auch nicht. Fremdgehen ist ja nicht. Wahrscheinlich spielt der Karten mit den Kumpels. Wenn er ein gutes Blatt hat.

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No Sex. Gott ist eine Blattlaus

Blattläuse machen es, ebenso die Schwarze Wespe, Schnecken, Fadenwürmer und sogar einige Haiarten. Bei allen sind Männchen für die Fortpflanzung überflüssig. Sie vermehren sich aus sich selber. Die Parthenogenese, auch Jungfernzeugung oder Jungfrauengeburt genannt, kommt vor allem bei niederen Arten vor. Im Unterschied zur sexuellen Fortpflanzung wird der Eizelle durch Hormone eine Befruchtungssituation vorgespielt. Und schon legt sie los, teilt sich und ein neues Lebewesen wächst heran. Bei dieser Art der Zeugung fehlt jedoch die Durchmischung des genetischen Materials, das ist ihr Nachteil. So erklärt sich auch, dass gerade mal 0,1 Prozent aller Wirbeltiere sich für die ungeschlechtliche Variante entschieden haben. Die Mehrheit hat Sex.

 

Nun gibt es auch immer wieder Diskussion darüber, ob die Parthenogenese auch bei Primaten wie beim Menschen möglich sei. Bisher liegen keine schlüssigen Ergebnisse vor. Die Natur spricht dagegen.

 

Aber der Papst ist anderer Meinung. Und nicht nur der Papst. Es gehört zum Glaubenskern der christlichen Kirche, dass Jesus das Produkt einer asexuellen Fortpflanzung ist. Das entspricht übrigens auch dem muslimischen Verständnis wie auch dem Hinduismus, wo die Jungfrauengeburt ebenfalls überliefert wird. Das Ganze ist mit dem gesunden Menschenverstand kaum zu verstehen, deswegen hat der Papst aus dieser Geschichte für die Katholiken ein Dogma gemacht: Sie sollen es glauben und nicht ergründen.

 

Nun mag man nachsinnen, warum gerade Religionen auf solche Ideen kommen. Das Selbstverständnis von Religion und Götterglaube hängt – bis auf ein paar Naturreligionen– eng mit den Ideen von Ursprung und Schöpfung zusammen, mit Allmacht und Anfang. Zu Ende gedacht heißt das: Ein Gott kann schlecht das Ergebnis von Zeugung sein, denn dann wäre ja schon etwas da gewesen. Religionen, die den Ursprung der Welt theologisch erläutern, können nicht anders, als sich ihre Götter aus sich selbst zu erklären, eben ohne Zeugung, ohne Sex und wahrscheinlich auch ohne Geschlecht.

 

Josef hat Sachverständige bestellt, um die Vaterschaft prüfen zu lassen. Bonifazio Veronese, Anbetung der Hirten (1620–1640) © mauritius images/Peter Barritt/Alamy

 

Inzwischen beschäftigen sich neben Parawissenschaftlern und Feministinnen auch einige Theologen mit der natürlichen Parthenogenese, entlang der These, dass auch »Wunder« in der Regel anhand natürlicher Vorgänge erklärt werden können. Allerdings sind sie dabei auf ein kleineres Problem gestoßen. Bisher sind fast alle Nachkommen spontaner Jungfernzeugung weiblichen Geschlechts. Die wenigen Männchen sind in der Regel deformiert. Aber an der Erklärung dafür arbeitet man noch in Rom.

 

Also nicht nur bei den Blattläusen ist die Vermehrung ohne Sex möglich. Sie ist eine der Grundlagen des Christentums: die jungfräuliche Empfängnis. Maria kriegt ein Kind vom Heiligen Geist.

 

Das Symbol für die göttliche Vermehrung ist die Taube, die angeflogen kommt und dann auf Mariens Kopf sitzt.

 

Nach dem B-Test: Maria kann’s nicht glauben. Jan van Eyck, Maria, (1432) © akg-images

 

Biologisch korrekt müsste das Symbol eigentlich die Blattlaus sein. Die sieht auf den Bildern aber nicht so gut aus.

 

Die Zeugung des Herrn Jesus geschah ohne Sex. So steht es auch in der Bibel bei Matthäus: »Josef nahm seine Frau zu sich. Aber er erkannte sie nicht, bis sie ihren Sohn gebar.« Josef erkannte Maria nicht. Das hat übrigens nichts mit schlechten Kontaktlinsen zu tun. Im Hebräischen, in dem die Bibel ja ursprünglich verfasst ist, ist das Wort für »erkennen« und »Sex« das gleiche. Wenn in der Bibel »erkennen« steht, ist immer Schnedderedeng gemeint. Da muss man aufpassen. Auch im Alltag, wenn mal jemand sagt: »Darf ich mich erkenntlich zeigen?«

 

Parthenogenese beim Menschen aber gilt als ausgeschlossen. Außer in Hessen. Denn da gab es im Jahr 2000 den Fall, dass eine Frau schwanger war und ihr Ehemann die Vaterschaft angezweifelt hat, weil seine Frau mit einem anderen Mann eine Nacht in einem Hotelzimmer verbracht hatte. Und darauf hat der Richter Fritz Henge beim Amtsgericht in Idstein ins Urteil geschrieben: »Im Regelfall entsteht eine Schwangerschaft durch Vollzug des Geschlechtsverkehrs. Ausnahmen sind wissenschaftlich ebenso wenig auszuschließen wie der sehr seltene Fall der Parthenogenese.« Das heißt, Jesus hätte neben Bethlehem auch in Hessen zur Welt kommen können. Dann gäbe es in der Kirche statt Hostien jetzt Handkäs und Äppelwoi. Und der wichtigste Apostel wäre nicht Paulus, sondern Heinz Schenk.

 

Bei den Tieren gibt’s dagegen viele Beispiele für die Parthenogenese. Nehmen Sie nur die Schnecken. Die pflanzen sich oft ohne Partner fort. Gut, das kann man verstehen. So eine Schnecke lebt höchstens 15 Jahre. In deren Tempo wäre bei Eintritt des Todes gerade mal das Vorspiel vorbei. Aber auch Bienen vermehren sich ganz anders als wir Menschen.