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Zwanzig Geschichten, ein wenig abseits der Realität und querbeet durch verschiedene Genres, laden zum Schmunzeln ein. Ob Ausblicke in die ferne Zukunft, die tiefste Vergangenheit oder die Situationskomik des Alltags, ob Märchen oder Mythos, in jedem Moment liegt die Möglichkeit der Überraschung. Auf Forschungsmission im Weltall, im Zwiegespräch mit frustriertem Küchengerät, zu Gast bei einer ganz außergewöhnlichen Köchin. Und natürlich ... nachts in der Bücherei, in Gesellschaft literarischer Gestalten. Dazu noch viel, viel mehr. Zwanzig vergnügliche Kurzgeschichten für Jung und Alt, besonders gut zum Vorlesen geeignet.
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Seitenzahl: 100
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Die Mischung macht’s
Der Weltraum, unendliche Zeiten
Potz(zwei)tausend
Kalte Träume
Abrakadabra
Nachts in der Bücherei
Hauptsache besonders
Das praktischste Reisegepäck aller Zeiten
Wer hat schon Zeit?
Geistig anwesend
Adventsfieber
Reisen in der Zukunft
Toskanatraum
Kräuterkunde für Fortgeschrittene
Kennen Sie Bommels?
Sag’s mit Herzen
Ganz unter uns
Es war einmal anders
Eine Zeit vor unserer Zeit
Heiner, ein Mann wie keiner
Küchenlatein
Über die Autorin
Bei der Frage, zu welchem Genre dieses Buch gehört, habe ich lange überlegt und bin zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen. Ich würde es als eine Art entspannten Spaziergang querfeldein bezeichnen, mit einem Blick auf Blumen der Fantasie und gelegentliche fiktionale Auswüchse sowie hier und da eine kleine Überraschung, das alles unter einem mystisch bunt angehauchten Firmament, Ironievögel fliegen dahin.
Solche Texte entstehen, wenn der Geist nur einen kleinen Auslöser braucht, um fröhlich drauflos zu spinnen. Schon eine bestimmte Themenvorgabe, die Szene in einem Film, eine Besonderheit des Alltags genügt. In jedem Moment liegt die Kraft, uns zumindest in unserer Vorstellung zu parallelen oder ganz anderen Realitäten zu katapultieren.
In unseren Träumen tun wir das ständig, warum also nicht auch in der wachen Phase?
Viel Spaß also wünsche ich, und viele bunte Bilder im Kopf, bei den folgenden Kurzgeschichten. Mögen sie für neue und interessante Träume sorgen.
Februar 2025
Mein Name ist X20 Furiel, und ich arbeite bei der Allgemeinen Intergalaktischen Behörde, in der Abteilung Katastrophenmanagement Milchstraße. Zurzeit führen wir eine großangelegte Bestandsaufnahme aller Planeten durch, um im Fall einer notwendigen Evakuierung eine Auswahl an Zielen zur Neubesiedlung zu haben.
Nebenbei ist es durchaus möglich, auf diese Weise weiteres intelligentes Leben zu entdecken. Das finde ich spannend. Sie auch? Dann begleiten Sie mich doch, ich erzähle Ihnen gern mehr darüber.
Um über die vorhandenen Planeten beziehungsweise deren Eignungsgrad umfassend informiert zu sein, benutzen wir eine brandneue Technik, welche die Untersuchung ganz immens beschleunigt und „24-Stunden-Scan“ heißt. Schließlich gibt es sehr, sehr viele Planeten, und wir sind jetzt schon überlastet.
Mir wurde dieser Sektor am Rande des Spiralnebels zum Scannen zugeteilt. Keine sonderlich interessante Gegend, da erwarte ich eigentlich nichts Spektakuläres.
Aber gut, so kann ich Ihnen direkt mal vorführen, wie der 24-Stunden-Scan funktioniert. Nehmen wir den Planeten da hinten als Beispiel, diesen blauen da. Er hat Wasser, Land und eine Atmosphäre, fällt also in die Kategorie, die für die Behörde interessant ist und darum näher untersucht werden soll.
Ich stelle den Scan ein, visiere das Objekt an – aha, da wird ein Alter von ca. 4,6 Milliarden Jahren angezeigt – und jetzt fahre ich den Schieberegler runter auf Null. Der Scan wird den Entwicklungsverlauf des Planeten so zeigen, als ob um 0.00 Uhr alles begonnen hätte und wie es bis zur Gegenwart bzw. 24.00 Uhr damit weitergegangen ist. Diese Informationen sind für uns sehr wertvoll, denn aus Vergangenem kann man in gewissem Maß auch immer auf Zukünftiges schließen. Das ist auf planetarer Ebene nicht unwichtig.
Also, dann sehen wir mal. Klick, die Zeit läuft an. Hier auf dem Monitor können Sie alles mitverfolgen. Sehr praktisch, so ein Zeitraffer, nicht wahr?
0.00 Uhr – unser Startpunkt. Da haben wir also diese riesige Wolke aus Gas und Materie aus einer vorangegangenen Explosion, sie zieht sich allmählich zusammen. Hier entstehen mehrere Planeten, die Rotation formt aus dem Material verschieden große Bälle, und wir konzentrieren uns auf den hier. Durch seine Gravitationskraft zieht er weitere Materie an und wächst dadurch, übrigens ist er unvorstellbar heiß.
So, jetzt hat er wohl seine endgültige Größe erreicht, ein Ball aus nichts als Glut. Sehen Sie all diese verschiedenen Rottöne? Eigentlich ein schöner Anblick. Bestimmt leuchtete er am Himmel wie ein Edelstein.
Aber weiter. Der Planet kühlt nun langsam ab, die Masse verkrustet an der Oberfläche. Das wird eine ganze Weile dauern, glauben Sie mir.
Oh, was ist das? Da kommt was Großes angeflogen, einer der anderen Planeten! Er trifft ihn… nein, er zieht vorbei. Doch! Er hat getroffen. Ach je… unser noch sehr flüssiger Planet schluckt zwar den kleineren, dafür schießt auch wieder Materie hinaus.
Jetzt ist er kaputt.
Aber wir sehen: Das ist nicht sein Ende, die Rotation bringt die Dinge wieder in Form. Der Planet wird erneut rund, und aus dem abgesprungenen Teil ist auch ein kleiner Ball geworden. Das Abkühlen und Verfestigen geht zwar weiter, doch es herrscht keine Ruhe. Die Oberfläche besteht praktisch nur aus Vulkanen. Nun gibt es jede Menge Meteoriteneinschläge, die richten zum Glück keinen Schaden mehr an. Im Gegenteil, sie bringen Eis mit. Jede Menge Eis aus der Tiefe des Weltraums. Es schmilzt, verdampft und bildet Wolken, sie regnen ab. Der Regen trifft auf den heißen Boden, verdampft und bildet neue Wolken, aus denen es noch mehr regnet.
Unsere Scan-Uhr geht inzwischen auf vier Uhr morgens zu. Nichts als Wolken, und was da so hell zuckt, sind Blitze. Ein globales Gewitter mit einem globalen Wolkenbruch, da möchte man lieber ganz woanders sein. Nicht so diese Bakterien, sieh mal einer an. Wann sind die denn aufgetaucht? Scheinen sich dort aber wohlzufühlen.
4.10 Uhr morgens, der Planet scheint sich größtenteils beruhigt zu haben. Die Oberfläche ist jetzt zu sehen – schön, dieses Blau, oder? Da haben wir auch einen Landanteil mit Steinen und Geröll, sonst ist da nichts.
Auch in den nächsten Stunden nur Bakterien, sonst tut sich anscheinend nichts. Holen wir uns was zu trinken.
Sehen Sie, wie die Landmasse sich bewegt? Sie zerbricht in Stücke, denn der Planet ist nicht durchgekühlt. Unter der vergleichsweise dünnen Oberfläche gibt es immer noch das heiß-flüssige Innere, und das ist in ständiger Bewegung. Die Landteile schwimmen sozusagen darauf herum, stoßen sich an und entfernen sich wieder.
16.00 Uhr am Nachmittag, da im Wasser rührt sich endlich was. Tatsächlich können wir jetzt erstmals von mehrzelligem Leben sprechen. Noch winzig, aber mit Wachstumspotential. Aus den einfachen Formen werden komplexere, bald wimmelt es in allen Meeren von ihnen. Und als Abfallprodukt des Lebens entwickelt sich jetzt eine Atmosphäre.
Schon 21.30 Uhr, die haben ganz schön lange gebraucht. Es gibt mittlerweile auch recht große Exemplare, denen möchte ich nicht zwischen die Scheren geraten. Fressen und gefressen werden. Sehen Sie diesen Schatten da im Hintergrund? Ich zoome mal ran. Der ist länger als ich von Kopf bis Fuß messe.
Vielleicht ist es einer Art im Wasser zu gefährlich geworden, jedenfalls kriecht gegen 22.00 Uhr dort etwas an Land und findet auch schnell Nachahmer. Beine statt Flossen – ja, das ergibt Sinn. Und weil da nicht nur trockenes Land, sondern inzwischen auch Luft ist, haben wir etliche Krabbler, die über Flügel verfügen.
Einmal in Gang gesetzt, ist die Entwicklung neuer Formen nicht aufzuhalten. Und es werden nicht nur mehr, sie werden auch größer, die Wechsel schneller. Wie es scheint, sind sogar mehr als einmal fast alle Lebewesen ausgestorben, doch dann entwickeln sich wieder neue. Sowohl im Wasser wie auch an Land gibt es die unglaublichsten Gefahren.
O-oh, da nähert sich wieder etwas. Da, von der Seite, können Sie es erkennen? Er ist nicht so groß wie der zu Anfang, aber dieser Brocken trifft genau. 23.40 Uhr, das war’s dann wohl. Die Wolken legen sich um den gesamten Planeten, da wird nicht viel überlebt haben. Wirklich schade.
Aha … jetzt können wir wieder klar sehen, und was sehen wir? Nichts. Nur so ein paar winzige fellige Lebewesen und primitivste Pflanzen, da fängt jetzt alles wieder von vorn an.
Wieviel Zeit haben wir denn noch bis zur Scan-Mitternacht? 6 Minuten. Das ist nicht viel; ich bin gespannt, ob das Leben dort aufgegeben hat oder ob da noch was ist.
Oh! Doch, da ist Leben, und das ist erstaunlich. Eine große Artenvielfalt haben wir wieder, und die meisten völlig anders als vor dem Asteroideneinschlag. Im Wasser gibt es wieder jede Menge von diesen Wesen mit Flossen, an Land tummeln sich unzählige Formen und Farben, und in der Luft sind nun außer den beflügelten kleinen Krabblern mit sechs Beinen auch viele von den größeren mit zwei Beinen.
Die Zusammensetzung der Luft ist nah an dem, was wir auch atmen können, also wäre dieser blaue Planet tatsächlich eine mögliche neue Heimat für uns. Schön, dass ich meinen Vorgesetzten diesen Treffer melden kann.
Nach intelligentem Leben sah das alles ja nicht aus, also würden wir niemanden stören.
So, und hiermit sind wir jetzt bei den letzten Sekunden, also am Ende mit unserem Scan. Ich zähle runter, und 3 – 2 – 1 – halt, Moment! Haben Sie das auch gesehen? Ich fahre den Schieberegler nochmal eine Winzigkeit zurück.
Da – sehen Sie, was ich meine? Moment, ich zoome näher ran. Dieses Wesen da, anscheinend eine Mutation dieser anderen pelzigen Lebensform … ich lasse mal die letzte Aufnahme als Standbild. Etwas stimmt nicht. Ich rufe die Detailübersicht auf … eben war der Planet noch völlig in Ordnung, und plötzlich, mit dem Erscheinen dieser Lebensform, sehen wir verschmutztes Wasser, schlechtere Luftwerte, außerdem ein großes Artensterben. Auch den Pflanzen geht es nicht mehr gut, der Bewuchs schwindet rasch.
Was ist da los?
Wenn der Planet jemand wäre wie Sie und ich, würde ich sagen, der Gute hat sich einen Virus eingefangen und ist mächtig krank. Das unbekannte Etwas frisst ihn förmlich auf.
Jetzt in der Großaufnahme sehen wir, wie kleine Partikel von der Oberfläche abspringen und in den freien Raum gelangen. Da ich nicht annehme, dass dort jemand Raumfahrt betreibt, heißt das für mich: Die Krankheit, an der dieser Planet leidet, ist ansteckend.
Tja … doch kein Treffer. Ich werde der Behörde empfehlen, diesen Raumsektor vorsichtshalber auf unbestimmte Zeit zu sperren, und vielleicht machen wir nach einer Weile nochmal einen Scan.
Hoffen wir, dass der blaue Planet sich erholt. Es wäre doch zu schade drum.
★
Es war der Dezember, der an seinem Ende ins neue Jahrtausend führen sollte. Für viele Leute ein Grund zu Weltuntergangsstimmung und bangem Warten. Nicht so jedoch für Familie Schlönhauer, die sich aufgrund eines üppigen Weihnachtsgeldes endlich einen Traum erfüllen und eine Reise nach Ägypten buchen konnten.
Dieses Last-Minute-Angebot hatten sie nicht ausschlagen können: Eine Woche Nilkreuzfahrt mit anschließendem Transfer nach Kairo und großer Silvestergala in einem Luxushotel bei den Pyramiden.
Die Schlönhauers waren eine sehr nette Familie, man gönnte ihnen diesen Ausflug in exotische Welten gern. Vati, mit leichtem Bauchansatz und beginnendem Grau im schütteren Haar, war neben seiner leitenden Stellung in einer großen Firma ein Naturfreund im Allgemeinen und begeisterter Hobby-Ornithologe im Besonderen. Er wurde es nicht müde, sich über die ägyptische Vogelwelt auszulassen und immer wieder Darstellungen des Horusfalken zu fotografieren. Mami, Enddreißigerin von mütterlichem Typ, sammelte Kochrezepte. Wo immer es lecker roch, sprach sie ohne Scheu die Einheimischen an und ließ sich zeigen, wie man dies und jenes zubereitete und welche Gewürze dafür verwendet wurden. Bubi schließlich, einziger Sprössling und durch Mamis Küchenkünste ein wenig zu gut genährt, war mit seinen zwölf Jahren immer noch ein eifriger Leser von Abenteuergeschichten, mit einem besonderen Faible für das alte Ägypten. Seit Neuestem schwärmte er heimlich für ein Mädchen von seiner Schule, das mit seinen schwarzen Locken und der olivfarbenen Haut einer antiken Prinzessin nicht unähnlich sah.
Die Familie hatte bisher alle angebotenen Programmpunkte des Reiseveranstalters mitgemacht und nebenher auch reichlich Souvenirs eingekauft. Denn wer konnte schon sagen, ob man je wieder die Chance hatte, eine solche Reise zu machen?
Den heutigen Tag hatten sie im Basar verbracht und saßen nun mit müden Füßen auf der Hotelterrasse, heißen Pfefferminztee vor sich und die Pyramiden in dunstiger Sichtweite. Mami packte stolz die heute erstandenen Schätze aus.
„Ich habe ihn auf die Hälfte des Preises herunterhandeln können. Ein ganz unaufdringlicher Händler, ich fand ihn sehr sympathisch“, freute sie sich und hielt sich das glitzernde Kleid an. „Das werde ich heute zur Silvesterparty anziehen. Die kleinen Parfümfläschchen hat er mir dazugegeben, die verschenke ich aber an die Kusinen. Vati, was hast du denn gekauft?“
Vati tat erst ein bisschen geheimnisvoll und zog dann eine goldene Kette mit einem Horus-Anhänger hervor.