Gezeichnete der Erinnerung (Seday Academy 9) - Karin Kratt - E-Book

Gezeichnete der Erinnerung (Seday Academy 9) E-Book

Karin Kratt

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Beschreibung

 »Geniale Serie« »Ein ganz besonderes Leseerlebnis« »Wahnsinn. Vielen Dank für diese wundervolle Reihe!« (Leser*innenstimmen zur Reihe)   **Wenn der kleinste Fehler alles vernichten könnte, wonach sich dein Herz sehnt** Cey und ihre Freunde haben eine Entdeckung gemacht, die schmerzliche und längst verdrängte Erinnerungen wieder erweckt. Und ausgerechnet jetzt muss sich die Dämonenwächterin nicht nur einem übermächtig erscheinenden Gegner stellen, sondern gleich zwei. Während Ceys Feinde nach wie vor alles daransetzen, die junge J'ajal in ein Geschöpf der Finsternis zu verwandeln, versucht ihr Mentor und Vertrauter Xyen eben das zu verhindern. Doch kann er tatsächlich das bewahren und schützen, was für die Frau, die er liebt, am Wichtigsten ist - Hoffnung? Karin Kratt erschafft eine toughe Kämpferin, die sich in einer düsteren Welt behaupten muss. Stark, unnahbar und unwiderstehlich! //Dies ist der neunte Band der Urban-Fantasy-Serie »Seday Academy«. Alle Bände der Buchreihe bei Impress: -- Gejagte der Schatten (Band 1) -- Verborgen in der Nacht (Band 2) -- Erschaffen aus Dunkelheit (Band 3) -- Gefangene der Finsternis (Band 4) -- Entfesselt durch Rache (Band 5) -- Verdammte des Schicksals (Band 6) -- Geboren aus Vergeltung (Band 7) -- Verfolgte der Vergangenheit (Band 8) -- Gezeichnete der Erinnerung (Band 9) -- Beseelt von Hoffnung (Band 10) -- Die E-Box der erfolgreichen Fantasy-Reihe »Seday Academy«: Band 1-4 -- Die E-Box der erfolgreichen Fantasy-Reihe »Seday Academy«: Band 5-8 -- Sammelband der romantischen Fantasy-Serie »Seday Academy« Band 1-8 -- Sammelband der romantischen Fantasy-Serie »Seday Academy« Band 1-10//

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Karin Kratt

Gezeichnete der Erinnerung (Seday Academy 9)

**Wenn der kleinste Fehler alles vernichten könnte, wonach sich dein Herz sehnt**

Cey und ihre Freunde haben eine Entdeckung gemacht, die schmerzliche und längst verdrängte Erinnerungen wieder erweckt. Und ausgerechnet jetzt muss sich die Dämonenwächterin nicht nur einem übermächtig erscheinenden Gegner stellen, sondern gleich zwei. Während Ceys Feinde nach wie vor alles daransetzen, die junge J’ajal in ein Geschöpf der Finsternis zu verwandeln, versucht ihr Mentor und Vertrauter Xyen eben das zu verhindern. Doch kann er tatsächlich das bewahren und schützen, was für die Frau, die er liebt, am Wichtigsten ist – Hoffnung?

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Vita

Glossar

Danksagung

© privat

Nach ihrem Studium fand sich die lesesüchtige Mathematikerin Karin Kratt in der Bankenbranche wieder. Doch so sehr sie Zahlen auch zu schätzen weiß, die Macht von Buchstaben begeistert sie weitaus mehr. Seit ihrer Teenagerzeit nutzt sie jede freie Minute, um ihre Ideen auf Papier zu bannen. Träume, die auf Streifzügen durch die südhessischen Wälder entstehen oder beim Herumtoben mit ihren drei ebenfalls lese- und fantasiebegeisterten Kids.

»Die Person, die dich am unbarmherzigsten beurteilt, bist immer du selbst.«– Jay –

Prolog

Außerhalb von Venmore Hills, Osten der USA, vor ca. 7 Jahren

»Noch zwei Minuten«, schallte eine befehlsgewohnte Stimme über das Gelände und Cey erschauderte. Nicht weil es so kühl gewesen wäre. Nein, die Abendsonne schien warm und freundlich auf den alten Güterbahnhof hinab, an dessen äußerstem Rand sie auf einem hohen Stapel verrosteter Schienen hockte, die Knie eng umschlungen.

Eine Gruppe Marines trainierte hier für einige Wochen unter dem wachsamen Blick eines erfahrenen älteren Soldaten mit silbrigblauen Augen. Jisuho.

Ein Mann, der kein Mensch war. Genauso wenig wie sie selbst. Im Gegensatz zu ihr war jedoch eine Laune der Natur dafür verantwortlich, dass er sich im jungen Erwachsenenalter in einen J’ajal verwandelt hatte, in eines jener seltenen Geschöpfe, die schneller, stärker und ausdauernder waren als jeder Mensch, mental kommunizieren konnten, außergewöhnliche Wundheilungskräfte besaßen und wesentlich langsamer alterten.

Von Jisuho wusste Cey auch, dass sich vier- bis fünfmal so viele junge Menschenmänner zum J’ajal wandelten als junge Frauen. Wie sehr sie ihr wahres Wesen geheimhalten mussten, um nicht der Intoleranz der Gesellschaft zum Opfer zu fallen – diesen Grundsatz hatte ihr bereits ein anderer Mann mit äußerst brutalen Methoden eingebläut.

Wobei es Astan eindeutig nicht um den Schutz seiner künstlich erschaffenen J’ajal-Krieger-Armee gegangen war. Sondern um die Befürchtung, jemand könnte auf seine Machtgier aufmerksam werden und dadurch seine Welteroberungspläne verzögern. Verzögern wohlgemerkt, nicht verhindern. Astan war niemals davon ausgegangen, er könne scheitern. Erst recht hatte er nicht geglaubt, ausgerechnet seine Süße, seine Lieblingskriegerin, in deren Erziehung er den größten Teil seiner Zeit und Energie investiert hatte, würde ihm eines Tages zum Verhängnis werden …

Cey erschauderte erneut und umschlang ihre Knie noch fester. Zu schwer fiel es ihr die grausamen Erinnerungen der vergangenen Jahre abzustreifen, zu sehr tobte ein quälender Schmerz tief in ihrem Innersten.

Sie hatte so unglaublich viel verloren. Ihre Familie. Freunde. Sich selbst.

Die letzten Wochen war sie mit jenen, die ihr noch geblieben waren, umhergezogen. Mit Nikara, Bran, Snake und noch einigen anderen. Dämonen, die sich der gewaltvollen Verschmelzung mit Astans Geist ergeben hatten und somit einen dunklen Splitter ihres perversen Schöpfers in sich trugen.

Und natürlich waren ihre Brüder stets in ihrer Nähe geblieben, Sahim, der Graf und Zane. Sie bildeten zusammen einen Teil der wesentlich kleineren Gruppe von Nicht-Dämonen.

»Lieber keine Seele als seine Seele und lieber tot als keine Seele«, ertönte lautlos die feste Überzeugung der Ihrigen in Ceys Bewusstsein. Sich der Verschmelzung mit Astans Geist zu widersetzen und trotzdem noch zu existieren – das war Cey nur gelungen, weil jemand ihr ein unfassbar kostbares Geschenk gemacht hatte. Hoffnungen geweckt hatte, als niemand sonst dies tun konnte, Vertrauen gewährt hatte. Der Fürsorge angeboten hatte, Mitgefühl und bedingungslose Liebe.

»Noch dreißig Sekunden«, verkündete Jisuho und während sich die Marines in seiner Nähe noch hektischer an einem ausrangierten Wagon zu schaffen machten, die geschlossenen Türen, den rissigen Unterboden und sogar das löchrige Dach inspizierten, kreuzte sich sein Blick mit dem ihren.

Sofort schlug Cey die Augen nieder und starrte auf ihre Fußspitzen. Was Jisuho wohl sagen würde, wenn er wüsste, was sie in diesen letzten Wochen getan hatte, seitdem sie endlich frei war?

Zusammen mit den anderen hatte sie jedes einzelne von Astans einstigen Verstecken ausfindig gemacht und erstürmt. Sie hatten die Gefangenen darin befreit und die Kerker für immer zerstört. Die Wärter und jede sonstige Person, die zu Astans Vertrauten gezählt hatten, hatten sie, ohne jeglichen Funken Mitleid zu verspüren, ausgelöscht.

Sie hatten in Blut gebadet, bis zur Besinnungslosigkeit gekämpft, getötet, wieder und wieder. Statt sich besser zu fühlen, wurde der Schmerz in ihrem Innersten jedoch immer heftiger, jetzt, da sie nicht mehr gezwungen war, ihn in jeder Sekunde ihres Daseins zu verleugnen und zu verbergen.

In ihrem letzten Gefecht hätte sie sich beinahe absichtlich erschießen lassen, war ein höheres Risiko eingegangen als es hätte sein müssen. Ein beherzter Sprung von Sahim hatte sie gerade noch rechtzeitig aus dem Gefahrenbereich befördert.

»Was machst du?«, hatte er voller Entsetzen gebrüllt und sie beide hatten gewusst, dass er beim nächsten Mal höchstwahrscheinlich zu spät kommen würde.

Und es wäre ihre Schuld gewesen, wenn sich dadurch die Qualen, die doch auch in Sahims Innersten tobten, vertausendfacht hätten!

Also hatte Cey sich auf dem Absatz herumgedreht und war an den einzigen Ort geflohen, an dem es vielleicht noch Hilfe gegen diese furchtbare Zerrissenheit in ihr gab. Die entsprechende Adresse hatte Jisuho ihr einst genannt.

Um ein Haar wäre Cey jedoch wieder verschwunden, bevor sie richtig angekommen war. Denn als sie in der frühen Nacht die Hauswand empor kletterte, um durch ein beleuchtetes Fenster im oberen Stockwerk zu spähen – an der Haustür hätte sie niemals einfach so geklingelt -, da hatte sie nicht nur Jisuho im Inneren eines Zimmers entdeckt. Sondern auch ein etwa zwölfjähriges Mädchen, das in einem großen, kuscheligen Bett lag und gerade von Jisuho aus einem Buch vorgelesen bekam. Alyssa, Jisuhos Stieftochter.

Leiser als jemals zuvor in ihrem Dasein war sie zurück auf den Erdboden geklettert, völlig benommen vor Ratlosigkeit, was sie denn nun tun sollte.

In diesem Augenblick hatte sich die Tür des Hauses geöffnet und Jisuho war zu ihr hinaus in die Dunkelheit getreten. Dabei hätte es für ihn unmöglich sein sollen, seine überraschende Besucherin überhaupt zu bemerken. Schließlich hatte er mit dem Rücken zum Fenster auf der Kante von Alyssas Bett gesessen und ihre J’ajal-Präsenz hatte Cey absolut perfekt getarnt.

»Hallo, mein liebes Kind«, hatte er sie dennoch sanft lächelnd und überaus innig begrüßt und die Hand offen und geduldig in ihre Richtung ausgestreckt. »Ich freue mich so sehr dich wiederzusehen! Möchtest du nicht hereinkommen?«

Cey hatte Jisuho angestarrt, hatte seine einladend dargebotene Hand angestarrt. Und dann waren ihr wie von allein die einzigen drei Worte über die Lippen geglitten, die sie seit diesem erneuten Aufeinandertreffen zu Jisuho gesagt hatte.

»Er ist … weg.«

Sie hatte es nicht fertiggebracht ‚tot’ zu sagen, denn zu sehr noch dröhnte ihr Astans letzte Drohung in den Ohren. Eine Drohung, die sie niemandem verraten hatte, nicht einmal ihren Brüdern.

»Ein Teil meiner Seele existiert nicht nur in jedem Einzelnen meiner Krieger, mit dessen Geist ich mich vereinigt habe. Es existieren auch exakte Spiegelbilder von mir, die sämtliche meiner Erinnerungen und Wesenszüge in sich tragen. Noch sind diese nicht aktiviert, aber wenn sie es eines Tages sind, dann wirst du dir noch wünschen, du hättest dies hier nie getan, Cey! Die allererste Kopie meines Selbst, die ich erstellt habe, heißt Zachriel und –«

Cey zuckte zusammen, als ein lauter Knall ertönte und eine Explosion tiefschwarze Rauchwolken aufsteigen ließ. In ihrer Erinnerung war es die Leiche ihrer Freundin Phoenix, Nyims Mutter, die sich in einen Aschehaufen verwandelte, damit niemals wieder an ihrem Körper herumexperimentiert werden konnte. Gleichzeitig gab es diese Explosion im Hier und Jetzt – hustend und fluchend wichen die Marines von dem alten Wagon zurück, dessen Seitentür nun weit geöffnet war.

»Scheiße, das war der falsche Draht!«

»Sieht ganz so aus«, bemerkte Jisuho trocken. »Und die Geiseln haben es leider nicht geschafft.« Er wartete einen kurzen Moment, bis der Wind den Rauch vertrieben hatte, und zeigte anschließend auf einen weiteren Wagon. »Von vorne!«

Statt jedoch erneut eine Zeit vorzugeben, überließ er die Truppe ihrer Aufgabe und stapfte langsam auf Cey zu.

»Komm runter«, bat er sie leise, als er vor dem Stapel mit Schienen angekommen war. »Sonst muss ich zu dir hochkraxeln und zumindest einige meiner Leute würden sich durch diesen Anblick gehörig ablenken lassen.«

Weil sie sich wundern würden, wie jemand, der noch immer unter einer alten Beinverletzung leidet, urplötzlich blitzschnell ein metallisches Hindernis erklimmen kann?

Cey stellte die Frage nicht laut, aber sie war sich sicher, dass Jisuho körperlich keineswegs so invalide war, wie er es seinen Marines gerne vorspielte. Wann immer sie in den letzten Tagen unter sich gewesen waren, hatte sein Humpeln schließlich nachgelassen, bis es zu einem kaum merklichen Hinken geworden war. Dennoch tat sie Jisuho den Gefallen und kletterte nach unten.

»Du weißt, dass der Knall, ein wenig Lichtzauber und der Qualm alles sind, was passieren kann?«, vergewisserte er sich eindringlich und deutete in Richtung der alten Wagons. »Niemand ist in ernsthafter Gefahr und niemand wird verletzt!«

Jisuho hatte ihr das bereits am ersten Morgen erklärt, als sie ihm auf das Gelände des Güterbahnhofs gefolgt war. Er hatte ihr auch einen der harmlosen Sprengsätze vorgeführt, die er beim Training seiner Leute benutzte. Von daher zuckte Cey nur gleichgültig mit den Schultern und nickte anschließend.

Jisuho schien nicht zufrieden mit dieser Reaktion sein. »Wenn dich das hier zu sehr an … an andere Situationen denken lässt«, startete er vorsichtig, »dann kannst du auch immer noch -«

Jetzt schüttelte Cey vehement den Kopf. Jisuho hatte ihr schon mehrfach vorgeschlagen, sie könnte die Zeit, während er arbeiten musste, bei Robin Millers verbringen, jener Tagesmutter, die sich auch um Alyssa kümmerte. Eine gewiss reizende Frau, die mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn inmitten von Venmore Hills lebte – und in deren Gegenwart Cey pausenlos an eine andere Familie hätte denken müssen. Die Familie Dixon, in der Jisuho sie einst als kleines Mädchen untergebracht hatte, bis Astan diese freundlichen Menschen bestialisch ermordet hatte, um sich seine Lieblingskriegerin zurückzuholen.

Einmal mehr erschauderte Cey und sie rieb sich rasch über das Gesicht, um die hässlichen Bilder aus ihrem Kopf zu vertreiben. Wäre es doch cleverer gewesen einzuwilligen, als Jisuho mir angeboten hat Urlaub zu nehmen?

Sobald sich der Gedanke geformt hatte, verneinte Cey ihn bereits. Keinesfalls wollte sie den ganzen Tag ohne jegliche Ablenkung mit Jisuho in seiner Küche sitzen, Tee trinken und seine prüfenden Blicke auf sich spüren. Sie konnte momentan nicht mit ihm reden, konnte sich keinen Fragen stellen, die sie nur noch mehr aufwühlen würden.

Allerdings … sie wollte sehr wohl in Jisuhos Nähe sein! Denn seltsamerweise beruhigte das den Schmerz in ihrem Innersten ein klein wenig. Als würde sich ein blausilbriger Verband auf die zahlreichen Wunden legen. Sie heilten dadurch nicht, wurden aber auch nicht mehr größer, um das letzte Bisschen von dem zu infizieren, was Cey ausmachte.

Der unausgesprochenen Bitte in ihren Augen hatte Jisuho sofort nachgegeben. Auf eine Nacht, in der sie beide keine einzige Sekunde geschlafen hatten, war ein gemeinsames Frühstück mit Alyssa gefolgt.

Das Mädchen hatte sie zwar neugierig beäugt, nachdem Jisuho sie nur knapp mit ihrem Namen vorgestellt und äußerst nachdrücklich darauf beharrt hatte, sie würde eine Weile bleiben. Ansonsten war Alyssa jedoch eine sehr ruhige, zurückhaltende Person. Sie hinterfragte Jisuhos Entscheidung nicht und suchte auch nie von sich aus Kontakt, war aber immer höflich und nett, wenn sie sich über den Weg liefen.

Es war erstaunlich unkompliziert. Jisuho brachte Alyssa morgens zur Schule - wo sie mittags von Robin abgeholt wurde -, dann fuhr er zusammen mit Cey weiter und abends trafen sie sich wieder im Haus.

Was nicht im Mindesten unkompliziert war, waren die Nächte. Cey hatte es noch nicht einmal geschafft sich wirklich zu entspannen. Sich wirklich und wahrhaftig sicher zu fühlen. Womöglich war ja alles, was sie gerade zu erleben glaubte, nur eine perfide Illusion und ein grinsender Astan würde sie bald wecken und verkünden, wie sie bei dieser erneuten Bewährungsprobe abgeschnitten hatte. Oder eins seiner Spiegelbilder würde dies tun …

»Du zitterst«, murmelte Jisuho und sachte senkte sich seine Hand auf ihre Schulter. Ceys Finger verkrampften sich und sie biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, um nicht jenem Reflex nachzugeben, der ihr qualvoll antrainiert worden war. Töte jeden J’ajal, der dich berührt!

»Ich wünschte wirklich, du würdest einem Arzt erlauben, dich zu untersuch-« Jisuho unterbrach sich selbst und ließ seine Hand seufzend wieder sinken. »Vergiss es. Alles ist gut.«

Cey atmete tief durch und war verdammt froh, dass Jisuho das Arzt-Thema noch kein einziges Mal gegen ihren offenkundigen Widerwillen vertieft hatte. Er hatte lediglich darauf beharrt, dass sie immer eine kleine Phiole mit einer durchsichtigen Flüssigkeit bei sich trug. Lortisol, ein Medikament, das mentale Aussetzer abmildern oder sie bestenfalls sogar ganz unterdrücken sollte, unter denen nicht wenige ihrer Spezies litten. Die J’ajal-Wandlung konnte ein menschliches Gehirn schlichtweg überfordern und selbst Astan war es mit all seinen wahnwitzigen Experimenten nicht gelungen diese Schädigungen auszuschließen.

»Achtung«, bemerkte Jisuho mit einem Blick auf die Marines. »Das wird wieder nichts.«

In diesem Moment knallte es auch schon und wieder stoben dunkle Rauchwolken in den Himmel. Jisuho schob sich dichter an sie heran und obwohl sich Ceys Herzschlag dadurch erneut beschleunigte und sie gegen ihre dunklen Instinkte ankämpfen musste, verharrte sie bewegungslos.

Mit einem Mal konnte sie nämlich die Wärme der Sonnenstrahlen fühlen. Als zwei Marines – vom Alter her vermutlich Mitte dreißig, beide mit Militärhosen und kurzärmligen, schwarzen Shirts bekleidet, der eine mit kurzgeschorenen blonden Haaren, der andere mit genauso kurzen dunklen – wüst zu schimpfen anfingen, da huschte sogar ein kurzes Lächeln über ihre Lippen.

Ob Jisuho ihnen irgendwann verraten wird, dass man die Sprengsätze bei dem derzeitigen Aufbau gar nicht entschärfen kann?

Vorerst sah es nicht danach aus, denn Jisuho zeigte lediglich gut gelaunt auf den nächsten Wagon und unter dem Gestöhne seiner Leute begann das Spiel erneut. Cey verstand nicht, was genau Jisuho beabsichtigte, aber es war ihr auch nicht weiter wichtig.

Sie begleitete ihn zurück zur Truppe, lauschte seinen Ermahnungen und Anweisungen und beobachtete stumm, wie sich die Marines bemühten eine Aufgabe zu bewältigen, die nicht zu bewältigen war.

Statt sich durch dieses Spektakel wieder in ihrer Vergangenheit zu verlieren, passierte erstaunlicherweise genau das Gegenteil. Die spürbare Freundschaft, die zwischen den Soldaten herrschte, die kameradschaftlichen Neckereien und Jisuhos konsequente Haltung, wenn ihm das Gemecker zu viel wurde, der jedoch genauso oft beflissentlich einen halblaut geäußerten Fluch überhörte – all das fühlte sich für Cey merkwürdig richtig an. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit ließ ihre Wachsamkeit ein klein wenig nach.

Als Jisuho die Marines schließlich in Zweier-Grüppchen aufteilte, um sie weitere Wagons nach Sprengfallen durchforsten und imaginäre Geiseln retten zu lassen, folgte sie interessiert jenen beiden, die bislang die kreativsten Verwünschungen ausgestoßen hatten.

Jisuho sprach sie mit Dean und Evan an, aber Cey wusste dank ihrer besonderen J’ajal-Fähigkeit diverse Informationen von dem Bewusstsein eines Wesens abzuleiten, dass es sich dabei nicht um die echten Namen der Männer handelte.

Dean und Evan inspizierten gründlich den ihnen zugeteilten Wagon, lösten nach einer leisen Diskussion vorsichtig mehrere Metallteile mit entsprechendem Werkzeug und blickten dann sichtlich genervt auf ein Gewirr diverser Drähte und eine Countdownanzeige mit knapp zwei Minuten verbleibender Restzeit.

»Also noch mal! Rot, grün oder gelb?« Dean runzelte die Stirn und beugte sich weiter vor. Nachdem er sich eine weitere Minute mit dem Sprengsatz befasst hatte, verkündete er zufrieden: »Theoretisch müsste es dieser Draht hier sein, der mit dem Zünder gekoppelt ist.«

»Und praktisch wird uns das Ding ohnehin wieder um die Ohren fliegen!«, unkte Evan mit finsterer Miene und vor der Brust verschränkten Armen.

Dean verzog nun ebenfalls das Gesicht, streifte Cey mit einem knappen Blick, ohne jedoch ihre Anwesenheit zu kommentieren, und durchtrennte entschlossen den Draht.

Es knallte, blitzte und rauchte. Dean und Evan sprangen hastig zurück und auch Cey entfernte sich einige Schritte, um dem schlimmsten Qualm zu entgehen.

»Fuck, fuck, fuck! Ich weiß echt nicht, ob ich den Nerv habe diesen Scheiß die gesamte Nacht so weiterzumachen. Es war der richtige Draht, wir haben uns doch bis zum Erbrechen mit diesem Sprengsatztyp beschäftigt und alles genaustens analysiert!«

Frustriert versuchte sich Dean mit dem Handrücken einige der grauschwarzen Schlieren vom Gesicht zu wischen, die der Rauch verursacht hatte, verteilte den Dreck dadurch allerdings erst recht.

Auch Evan grummelte derbe vor sich hin und starrte noch finsterer als zuvor auf seine fleckigen Unterarme. Cey musste unweigerlich grinsen, gleichzeitig regte sich jedoch ein gewisses Mitgefühl in ihr.

Alyssa machte heute mit ihrer Klasse einen Ausflug inklusive Übernachtung und Jisuho hatte dies zum Anlass genommen, seine Marines einem extra ausgedehnten Training zu unterziehen. Bedeutete, es konnte tatsächlich noch Stunden dauern, in denen Dean, Evan und die anderen sich vergeblich abplagten.

Weitere Sprengfallen explodierten und Evan grinste schief. »Immerhin schaffen wir es regelmäßig, uns und die Geiseln als Erste zu killen.«

Diesen Eindruck hatte Cey ebenfalls gewonnen. Was keineswegs bedeutete, dass Dean und Evan weniger gewissenhaft vorgegangen wären als ihre Kameraden. Nein, sie waren echt gut in dem, was sie taten. Wenige Blicke oder Gesten genügten ihnen, um sich abzustimmen, sie erfassten schnell die Schwachstellen der Wagons und beide zögerten nicht, eine Entscheidung bezüglich der Sprengfallen zu treffen, deren Wirkungsprinzip sie wohl wirklich bis zum Erbrechen studiert hatten.

»Der nächste Countdown läuft bereits. Geht bitte zum nächsten Wagon und rettet endlich ein paar Geiseln!«, brüllte Jisuho über das Gelände.

Evan und Dean wirkten alles andere als begeistert, trotzdem marschierten sie sofort los. Cey folgte ihnen erneut, allerdings erst, nachdem sie den gerade detonierten Sprengsatz in Augenschein und einige noch brauchbare Teile an sich genommen hatte.

Wie von selbst bastelten ihre Finger daraus ein neues Konstrukt, kein besonders elegantes und in höchstwahrscheinlich der doppelten Zeitspanne, die Zane gebraucht hätte. Ihr Bruder war in dieser Disziplin stets geschickter gewesen als sie.

Trotzdem war Cey fertig, als Evan und Dean den Sprengsatz an dem neuen Wagon ausfindig gemacht und freigelegt hatten. Sie verbarg das Gebilde hinter ihrem Rücken und wollte es gerade fallen lassen und unauffällig mit dem Fuß zertreten, weil sie wirklich nicht wusste, warum sie es überhaupt gebaut hatte. Da stieß Evan Dean mit dem Ellenbogen an und raunte: »Dreieinhalb Minuten dieses Mal. Und weißt du was? Ich brauche dringend eine Pause! Einmal Sonnenschein tanken, statt noch mehr Rauch inhalieren. Die nächste Runde startet ohnehin gleich …«

Ohne eine Antwort abzuwarten, umrundete er den Wagon, um aus dessen Schatten in die Sonne zu treten. Dean schien kurz zu überlegen, dann folgte er seinem Freund schulterzuckend.

Noch drei Minuten.

Ceys Blick wurde wie magisch von der Countdownanzeige gefesselt. Bei zwei Minuten näherte sie sich langsam dem vorderen Bereich des Wagons. Sie hörte, wie Dean auf der anderen Seite des Wagons einen Scherz machte und Evan tief auflachte.

Mit Daumen und Zeigefinger zupfte Cey die bedeutungslosen Drähte zur Seite, die ja doch nur zur Explosion geführt hätten, egal welcher durchtrennt wurde. Sie fokussierte sich vollkommen auf den Timer. Mit wenigen Handgriffen brachte sie ihr rudimentäres Überbrückungskonstrukt an und statt dass die verbliebenen Sekunden weiterhin weniger wurden, verlief der Countdown plötzlich rückwärts. Ihn zu entfernen oder anzuhalten hätte ebenfalls zu einer Explosion geführt, da war Cey sich ganz sicher. Genauso wenn der Timer die Null erreicht hätte. Aber so lange dieser immer schön brav weiterzählte …

Cey lächelte kurz und streckte die Hand aus, um den Sprengsatz wieder in seinen vorherigen Zustand zu versetzen. Aber dann fuhr sie hektisch herum, als viel zu nah Schritte erklangen.

»Was zur Hölle …?«

Dean und Evan starrten sie an, den Sprengsatz, dann wieder sie. Warum hatten die beiden ihr Sonnenbad vorzeitig beendet? Hatten sie ein schlechtes Gewissen bekommen, weil sie Jisuhos Befehle ignorierten?

Rechts von ihnen ertönte ein lautstarker Knall, bald auch etliche links von ihnen. Cey fröstelte es wieder und zusätzlich krampfte sich ihr Magen zu einem winzigen Ball zusammen. Wieso nur war sie nicht auf ihrem gemütlichen Schienenstapel am Rande des Güterbahnhofs geblieben?

Dean und Evan starrten sie noch intensiver an und Cey hätte sich vielleicht einfach umgedreht und wäre davongerannt, wenn sie in diesem Moment nicht ausgerechnet Jisuhos herbeieilende Präsenz gespürt hätte. Es reichte gerade noch, um etwas Abstand zwischen sich, den rostigen Wagon und die Marines zu bringen, bevor Jisuho zwischen zwei weiteren ausrangierten Fahrzeugen hervor und auf sie selbst zutrat.

Schuldbewusst senkte Cey den Kopf. Er tut alles für mich, ohne jegliche Erklärung oder Gegenleistung zu verlangen, und ich sabotiere seine Übungen!, hämmerte es vorwurfsvoll in ihrem Schädel.

»Was ist bei euch los?«, erkundigte sich Jisuho in einem ganz und gar nicht vorwurfsvollen, sondern äußerst behutsamen Tonfall. Was es nur noch schlimmer machte. Schließlich wollte sie nicht, dass Dean und Evan nun auf die unschädlich gemachte Sprengfalle hinwiesen, zu schwärmen begannen oder zu schimpfen wegen dem, was sie getan hatte. Und noch sehr viel weniger wollte Cey, dass die beiden Marines Jisuho anlogen und sich selbst verantwortlich erklärten.

Sie konnte den Charakter der beiden gut genug einschätzen, um zu wissen, sie würden sich niemals aus Eitelkeit oder falschem Ehrgeiz heraus mit einer Leistung brüsten, die sie nicht selbst vollbracht hatten. Aber vielleicht glaubten sie ja Cey einen Gefallen zu tun. Und sie wussten nicht, wie sehr sie Lügen verabscheute!

Schon straffte Cey sich und hob herausfordernd das Kinn, um Dean und Evan klarzumachen, sie sollten ruhig lossprudeln mit all ihren Fragen. Warum sie etwas konnte, das keiner der Marines bislang zustande gebracht hatte, wer ihr Ausbilder gewesen war und all die anderen Dinge, die solche Schatten hervorrufen würden, bis ihr vor Schmerz und Orientierungslosigkeit ganz schwindelig wurde.

Dean und Evan stellten jedoch keine einzige Frage. Und sie logen auch nicht. Scheinbar vollkommen gleichgültig bemerkte Dean: »Können wir später klären.«

»Jep«, bestätigte Evan. »Allerdings wüsste ich wirklich gerne«, er grinste völlig offen, »wann gibt’s die nächste Pause, Sir?«

Cey wäre um ein Haar der Mund aufgeklappt. So leicht würde sie mit dem Fehler, zu dem sie sich hatte hinreißen lassen, niemals davonkommen.

»Früh genug«, erwiderte Jisuho Evan jedoch nur lapidar und scheuchte die beiden zum nächsten Wagon. Sein Blick wurde noch sanfter, als er sich vollständig zu ihr umwandte. Sein Geist berührte ihr Bewusstsein und für einen flüchtigen Moment meinte Cey ein silbrigblaues Licht aufblitzen zu sehen.

»Mein Kind, ich habe es dir bereits gesagt«, übermittelte Jisuho ihr lautlos. »Ich vertraue all diesen Männern hier absolut. Sonst würde ich sie niemals in deine Nähe lassen! Und Dean und Evan genießen erst recht meinen allerhöchsten Respekt. Wir haben bereits mehrfach zusammengearbeitet und … - egal. Erschrick jetzt bitte nicht und es ist auch nicht weiter schlimm. Würdest du trotzdem deine Augenfarbe wieder ändern?«

Es dauerte einige Sekunden, bis die vollständige Bedeutung dieser Worte Cey erreichte. Bis sie wirklich begriff, dass sie einen noch sehr viel entscheidenderen Fehler gemacht hatte, als militärische Kenntnisse vorzuführen, die nur lange ausgebildete Elitesoldaten hätten besitzen sollen.

Rot … Sie hatte es nicht bemerkt, als ihre Iriden jenen unheilvollen Farbton angenommen hatten, welchen sie auch jetzt noch aufwiesen. Vor lauter Schock wusste Cey noch nicht einmal mehr, ob sie den Güterbahnhof mit blauen, grünen oder braunen Augen betreten hatte.

Sie wusste nur, sie hatte sich verraten, hatte Jisuho verraten, hatte jeden J’ajal dieser Welt verraten. Weil sie zugelassen hatte, ein klitzekleines Bisschen weniger die Kriegerin zu sein, zu der Astan sie geformt hatte, und ein klein wenig mehr … ja, was nur? Eine gewöhnliche, junge Frau, die sich für den Job eines Freundes interessierte? Die wissen wollte, wie man jemanden unterweisen konnte, ohne zu abscheulichen Mitteln zu greifen? Und dabei halt die Augenfarbe wechselte, wie es zu ihren Emotionen passte, na klar!

Verbittert schnaubte Cey auf. Sie würde niemals normal sein, würde niemals ein normales Leben oder überhaupt ein Leben führen können. Es war so blöd von ihr gewesen, überhaupt hierher zu kommen und –

»Dean und Evan haben mich auch schon so gesehen«, unterbrach Jisuho sie in diesem Moment ruhig, als hätte er ihre Gedanken gelesen.

Die beiden Marines haben … was? Cey war sich nicht sicher, ob sie Jisuho richtig verstanden hatte. Schließlich waren Evan und Dean immer noch Menschen und damit eine gigantische Gefahr.

Jisuho nickte jedoch bekräftigend. »Um ganz genau zu sein, haben sie dies hier gesehen.« Er ließ für einen kurzen Augenblick seine rasiermesserscharfen J’ajal-Krallen unter den Fingernägeln hervorschnellen und zog sie sogleich wieder ein. »Wir müssen aufpassen, das steht außer Frage! Aber es gibt Personen – Menschen wie J’ajal –, die es wert sind, sie durch unsere Mauern aus Argwohn, Furcht und Zweifel blicken zu lassen.«

Cey blinzelte ein paar Mal. Über das, was Jisuho gesagt hatte, würde sie erst einmal nachdenken müssen. Zunächst jedoch – sie schnellte nach rechts, überwand einen Abstand von zwei, drei Schritten mit einem einzigen Satz und warf sich knurrend auf eine Gestalt im Schatten eines Wagons.

So sehr hatte sie sich nämlich keinesfalls ablenken lassen, als dass ihre Instinkte sie nicht mehr vor dem fremden Mann in ihrer unmittelbaren Umgebung gewarnt hätten! Ein Mann mit einer schussbereiten Pistole in der rechten Hand.

Er ächzte, als er unter ihrem Ansturm zu Boden ging, ließ die Waffe jedoch keineswegs los. Bei ihm war es Cey vollkommen egal, ob er bemerkte, dass sie übermenschlich schnell agierte oder nach wie vor rote Augen besaß. Er würde sowieso gleich nie wieder etwas –

»Cey, stopp!« Hart packte Jisuho von hinten ihre Hand, die sie gerade um den Nacken des Mannes hatte schlingen wollen. »Das ist Jason Sanigton. Er ist vom FBI. Und ein Freund!«

Cey bebte am gesamten Körper und nur unter Aufbietung all ihrer Willenskraft schaffte sie es Jisuho nicht einfach wegzustoßen und das zu vollenden, was sie begonnen hatte. Als sie jedoch gerade ein ganz klein wenig zurückweichen wollte, riss Sanigton sich von ihrer zweiten Hand los und zielte, den Finger fest um den Abzug gekrümmt.

»Vorsicht, sie kommt näher!« Seine Stimme klang tief, autoritär und mehr als nur besorgt. Beinahe hätte sie ihm sein Theater abgenommen. Allerdings war das einzige andere Wesen in ihrer Nähe eine harmlose Diamant-Klapperschlange, die offenbar bis zur Dämmerung unter dem Wagon geschlafen hatte und nun aktiv wurde.

Cey knurrte erneut und obwohl es Jisuho zu verhindern versuchte, schlug sie mit der Kraft einer J’ajal auf Sanigtons menschliches Handgelenk und entwand ihm die Pistole, die sie anschließend weit von sich warf.

Sanigton stöhnte vor Schmerz. Zeitgleich ertönte von der Schlange ein warnendes Rasseln. Sie konnte es wohl ebenfalls nicht leiden, jemanden, der offenkundig etwas im Schilde führte, so dicht vor sich zu haben.

»Verdammt, Cey, hör auf!«, fluchte Jisuho. »Er wollte uns nur vor der Schlange beschützen. Sie ist giftig! Jetzt geh endlich von ihm runter und weg da!«

Schutz vor einer Schlange? Cey schüttelte unwirsch den Kopf. Was redete Jisuho für einen Blödsinn?

»Sie wird dich beißen!«, ergänzte er scharf, als die Schlange ihr Rasseln verstärkte und sich noch ein Stückchen weiter vorwagte. Gleichzeitig zu seiner Behauptung packte Jisuho ihren Arm noch fester und wollte sie offenbar von dem FBI-Menschen ziehen, aber Cey starrte zur Schlange, schüttelte erneut den Kopf und blickte stattdessen aufgebracht zu Jason. Er war die einzige Gefahr hier, jemand, der ein unschuldiges Tier ermorden wollte!

Jisuho ließ sie nicht los, allerdings runzelte er nachdenklich die Stirn. »Cey, wie meinst du das?«, erkundigte er sich mental. »Glaubst du, die Schlange wird dich nicht beißen?«

Warum sollte sie mich beißen? ICH tue ihr ja nichts!, schoss es Cey zynisch durch den Kopf.

»Geht das vielleicht ein bisschen zügiger -«, meldete sich Sanigton zu Wort, doch ein einziger Blick von Jisuho genügte und er verfiel wieder in Schweigen.

Cey wurde es endgültig zu blöd. Kümmerte sie sich eben zuerst um die arme Schlange und anschließend um diesen seltsamen FBI-Agenten. Wenn Jisuho ihn so sehr für einen Freund hielt, konnten die beiden ja in der Zwischenzeit einen letzten Tee trinken, bevor sie Sanigton abmurkste.

Ohne die zwei noch weiter zu beachten, befreite sie sich mit einem heftigen Ruck und einem Verdrehen ihres Arms aus Jisuhos Griff. Sie sprang auf, berührte die verstörte Schlange kurz mit ihrem Geist und hob sie dann behutsam auf.

»Macht sie das jetzt in echt, deine … wer ist das überhaupt?« Sanigton klang fassungslos. Jisuho murmelte etwas, das Cey trotz ihres empfindlichen J’ajal-Gehörs nicht verstand.

Immer weiter entfernte sie sich, redete mental beschwichtigend auf das wunderschöne Wesen in ihren Armen ein und setzte es schließlich wieder auf dem Erdboden in der Nähe eines Gebüschs ab. Hier war die Schlange hoffentlich erst einmal sicher vor übergeschnappten Menschen mit Pistolen.

Sie kehrte zurück, musste jedoch weiter von Sanigton entfernt stehen bleiben, als ihr lieb gewesen wäre, weil Jisuho ihr forsch in den Weg trat.

»Mein Kind, wir müssen unbedingt an unserer Kommunikation arbeiten!«, stellte er kritisch fest. »Ich hätte es durchaus begrüßt, wenn sich unser Freund«, er betonte das ‚unser’ so sehr, dass Cey beinahe die Augen verdreht hätte. »Wenn sich unser Freund frühzeitig durch ein Rufen bemerkbar gemacht hätte. Eine Pistole zu ziehen, um sich gegen einen möglichen Schlangenangriff zu verteidigen, ist jedoch keineswegs völlig abstrus. Es versteht sich nicht jeder so gut mit giftigen Tieren, wie du das offenbar tust …?«

Sein letzter Satz war eine Frage und Feststellung zugleich und Cey scharrte unbehaglich mit dem Fuß über den Boden. War also erneut sie diejenige, die sich nicht normal verhielt, Jason Sanigton hingegen schon? Rasch begutachtete sie sein Bewusstsein und es stimmte schon, eigentlich schien er ganz nett zu sein. Aber wenn sie sich zwischen der Schlange und ihm entscheiden müsste, würde sie dennoch die Schlange vorziehen! Trotzig starrte Cey zurück zu Jisuho, der nun anscheinend gegen ein Schmunzeln ankämpfen musste.

»Ich denke, ich habe dich verstanden.« Er wurde wieder ernst. »Jason und ich waren für Morgen wegen eines gemeinsam zuständigen Falls verabredet. Er hat einen früheren Flieger bekommen und ich werde mit ihm sicherlich noch ein Gespräch zum Thema Vorwarnung führen. Wenn es ein Problem wegen ihm gibt, komm bitte sofort zu mir. Und du wirst auf jeden Fall eine gewisse Distanz zu ihm wahren! Kein erneuter Kampf!«

Ohne eine Reaktion von ihr abzuwarten, ergänzte er laut: »Jason, wärst du so freundlich mich zu unserem Pausenquartier zu begleiten? Ich muss mich dringend setzen!«

Jisuho humpelte los und jetzt verdrehte Cey tatsächlich die Augen. Und sie war keineswegs die Einzige - Sanigton tat es ebenfalls. Er schien Jisuho also tatsächlich recht gut zu kennen. Kurz streifte sein Blick noch über sie hinweg, bevor er Jisuho zu der alten, halboffenen Güterhalle in der Mitte des Geländes folgte.

Im linken Teil der Halle campten die Marines für die Zeit ihres Aufenthalts, im rechten war so etwas wie ein Gemeinschaftsbereich und eine provisorische Küche aufgebaut worden. Weil Cey trotz Jisuhos Versicherungen keineswegs vorhatte, ihn mit einem Mann, den sie dermaßen schlecht einschätzen konnte, allein zu lassen, trottete sie den beiden langsam hinterher.

Mit einem Ächzen ließ Jisuho sich auf einen Stuhl neben einem Tisch fallen, der so ausgerichtet war, dass man durch den offenen Bereich der Halle problemlos nach draußen spähen konnte. Sanigton nahm neben ihm Platz und wollte gerade etwas sagen, als Jisuho lächelnd den Finger auf die Lippen legte. »Moment, bitte.«

Ein Knall ertönte, dann noch einer und noch einer, und einmal mehr erhoben sich dunkle Rauchwolken über dem Güterbahnhof. Cey lehnte sich mit dem Rücken an einen Stützpfeiler und beobachtete, wie sich die Marines nun aufgeregt tuschelnd ebenfalls der Halle näherten.

»Nicht schlecht. Nur drei von zehn sind detoniert«, beurteilte Jisuho, wohl mehr für sich selbst, denn noch waren die Marines ein Stück weit entfernt. Sein Geist berührte Cey und unwillkürlich drehte sie sich zu ihm um. »Wie sehr bemühst du dich noch, wenn du doch bereits weißt, du wirst wieder und wieder scheitern?«

Jisuho sah sie derart eindringlich an, als wären sie vollkommen allein auf dem Gelände. Oder vielleicht sogar vollkommen allein auf der gesamten Welt. Cey vermochte es nicht, sich aus diesem Bann zu lösen, und hielt instinktiv den Atem an.

»Diese Übung hatte nicht in erster Linie den Zweck Sprengfallen zu entschärfen. Sondern sie sollte aufzeigen, dass es sich immer lohnt sein Bestes zu geben, egal was bislang auch gewesen ist! So oft ist es jetzt misslungen, die Geiseln aus den Wagons zu befreien. Diejenigen, die jedoch nie aufgegeben haben, die es stets aufs Neue, mit voller Konzentration und Ausdauer und Kraft probiert haben – sie haben das Leben der Geiseln aus den letzten Wagons gerettet. Wer ein Ziel vor Augen hat und beharrlich seinen Weg verfolgt, der wird es letztendlich auch erreichen.«

Für einen Wimpernschlag hielt Jisuho ihren Blick noch mit dem seinen gefangen, dann erreichten die lärmenden Marines die Halle und der Bann brach.

»Die Sprengfallen waren allesamt manipuliert, bis auf die letzten, richtig?«, erkundigte sich einer der Männer missmutig.

Dean und Evan grinsten. »Unsere letzten Geiseln leben noch.«

Der, der zuvor gesprochen hatte, rieb sich nun nachdenklich über das stoppelige Kinn. »Ich bin eben an euren Wagons vorbeigelatscht. Bei euch wurde noch eine zweite Sprengfalle nicht ausgelöst, oder? Wie habt ihr das denn geschafft? War die auch nicht manipuliert?«

Cey verzog sich vorsichtshalber in das Innere der Halle, wo Jisuho inzwischen ein Gespräch mit Sanigton gestartet hatte. Dennoch hörte sie, wie Evan und Dean ihren Kameraden abwimmelten und lediglich etwas von einer sehr kreativen Lösungsidee murmelten.

»Pause! In einer halben Stunde besprechen wir die Übung«, sagte Jisuho kurz zu den Marines, bevor er sich wieder seinem FBI-Menschen zuwandte.

Die Marines verteilten sich. Die meisten verschwanden zunächst in Richtung der Sanitäranlagen, anschließend warfen sich einige auf ihre Schlafsäcke im linken Bereich der Halle, andere holten sich etwas zu essen oder zu trinken. Auch Dean und Evan besorgten sich jeweils eine Flasche Wasser, nachdem sie sich vom gröbsten Schmutz befreit hatten, und hockten sich anschließend in Ceys Nähe auf den Betonboden. Dean hatte zusätzlich einen Karton mitgeschleppt und fing nun an ein Gesellschaftsspiel aufzubauen.

»Anachrony«, erklärte er in ihre Richtung, als ob sie gefragt hätte. »Ein komplexes, spannendes Taktikspiel in einer postapokalyptischen Welt. Machst du mit?«

»Jisuho spielt es auch gern«, ergänzte Evan und verteilte irgendwelche Karten. An drei Personen, obwohl sie doch nur zu zweit dort saßen.

Zunächst wollte Cey sich einfach in eine andere Ecke zurückziehen, aber noch bevor sie den ersten Schritt getan hatte, hielt sie bereits wieder inne. Sie konnte nicht vergessen, was Jisuho gerade erst gesagt hatte.

»Es lohnt sich immer, sein Bestes zu geben, egal was bislang auch gewesen ist … Wer ein Ziel vor Augen hat und beharrlich seinen Weg verfolgt, der wird es letztendlich erreichen.«

Cey wusste, was ihr Ziel war, wusste es, seit eine warmherzige Menschenfamilie es ihr zum ersten Mal vorgeführt hatte. Sie wollte ein Leben! Etwas, das so viel mehr umfasste als den Zustand, in dem sie bislang existiert hatte. Gab sie ihr Bestes, um dieses Ziel zu erreichen?

Sie blickte zu Jisuho, der just in diesem Moment aufsah und sie mit einem liebevollen Lächeln bedachte. Sanigton zeigte ihm etwas auf seinem Handy und die beiden vertieften sich wieder in ihre Diskussion.

»Welches Gebäude errichtest du?«, frage Evan Dean. Sie hatten bereits zu spielen begonnen, aber als Cey sich nun im Schneckentempo zwischen ihnen niederließ, passten sie sich umgehend an die veränderte Spielsituation an.

»Du musst Arbeiter rekrutieren«, erklärte Dean ihr und ergänzte, wie genau das funktionierte. »Schöne blaue Augen hast du übrigens, falls es dir noch nie jemand gesagt hat.«

Cey spürte bei dieser Bemerkung ein wohlbekanntes Gefühl der Beklemmung und Unsicherheit. Längst war ihr wieder eingefallen, wie sie sich den Marines normalerweise präsentierte, dennoch hatten ihre Augen ja nun mal nicht die gesamte Zeit über diesen Farbton gehabt. Dean und Evan sagten jedoch nichts mehr dazu, sondern brachten ihr mit viel Geduld und auch dem einen oder anderen lustigen Spruch die Grundlagen von Anachrony bei.

Es fesselte Cey mehr und mehr, wie sie Forschungen zu betreiben hatte, Vorkehrungen für den baldigen Meteoriteneinschlag treffen musste und wie sich verschiedene Zeitparadoxe auswirkten. Das Blau ihrer Augen bekam einen ungewöhnlichen Glanz, denn das, was sie hier gerade tat – es machte tatsächlich Spaß! Interessiert starrte sie auf den Wertungsblock, mit dessen Hilfe Dean gerade versuchte Siegpunkte zu addieren, ohne sich durch Evans spöttischen Ruf nach einem Taschenrechner ablenken zu lassen.

Ein Handy klingelte und gleichzeitig räusperte sich Dean bedeutungsvoll. »Gewonnen haaaat …«

Cey sprang auf, nur wenige Sekundenbruchteile, nachdem es jemand anderes getan hatte. Jemand, dessen Gesichtszüge urplötzlich so hart geworden waren, als wären sie aus Stein gemeißelt. Und der ohne jegliches Hinken in Richtung Ausgang stürmte. Nach nur drei, vier Schritten wirbelte Jisuho herum. Da war sie bereits dicht hinter ihm.

»Ich muss weg«, verkündete Jisuho mit gefährlich kalter Stimme, das Handy nach wie vor in der Hand haltend. »Es geht um Alyssa.«

Es waren wieder exakt drei Wörter, die Cey an ihr Gegenüber richtete. Worte, die auszusprechen ihr nicht im Mindesten schwerfielen, obwohl sie nun tagelang geschwiegen hatte. Die für alles standen, was von Bedeutung war. Von Bedeutung für Alyssa, die offenkundig in Schwierigkeiten steckte. Von Bedeutung für Jisuho, dem sie vielleicht endlich ein klein wenig jener Unterstützung zurückgeben konnte, die er ihr so großzügig geschenkt hatte. Und von Bedeutung für sich selbst, ihre Ziele und ihre Träume, die sie so gerne mit ihren Brüdern und allen anderen von Astans einstigen Gefangenen teilen wollte.

»Ich komme mit!«

Jisuho sah sie ruhig an, dann nickte er und streckte seine Hand aus. Cey legte ihre Hand in seine und zusammen gingen sie los. Zwei Freunde. Zwei Vertraute. Zwei Krieger. Die Finsternis hatte keine Chance.

Kapitel 1

West Whiard Militärkaserne, Westküste der USA, heute

Die Finsternis hat keine Chance … Mit einem Ruck richtete Cey sich auf und rieb sich matt den Schlaf aus den Augen. Mehr als ein paar Minuten konnte sie nicht weggedämmert gewesen sein. Denn als sie sich erschöpft und tief in Gedanken versunken auf dem weichen, grünen Moosteppich innerhalb des Halbkreises aus übereinander geschichteten Baumstämmen in der Nähe des Kasernengebäudes niedergelassen hatte, war die untergehende Sonne noch eine Handbreit am Horizont zu sehen gewesen. Und auch jetzt flimmerten noch letzte Lichtstrahlen über das Militärgelände.

Warum sie an diesem Abend ausgerechnet von einem anderen Abend geträumt hatte, der bereits so lange zurücklag? Cey biss sich auf die Unterlippe. Wollte ihr Unterbewusstsein ihr mitteilen, wie naiv sie doch war? Schließlich hatten Jisuho und sie Alyssa damals keineswegs retten können. Und sie hatte auch ihren alten, weisen Freund nicht retten können …

Jisuho, du fehlst mir so! Ein dumpfer Schmerz erwachte in Ceys Brust und mit einem leisen Seufzen rieb sie sich erneut über das Gesicht. Wie sehr würde sie sich gerade jetzt über Jisuhos Rat freuen! Was sie denken, was sie fühlen sollte, nachdem sie vor wenigen Tagen ein Foto in einer gut versteckten Höhle am Fuße des Himalayas entdeckt hatte. Ein Foto, das einen zwei oder drei Jahre alte Jungen zeigte, einen J’ajal-Jungen mit regenbogenfarbenen Augen. Tesfaye, ihr leiblicher Sohn. Sein Name bedeutete Hoffnung auf Äthiopisch, aber derzeit wusste Cey nicht im Mindesten, was sie denn hoffen sollte. Dass Tesfaye irgendwo dort draußen existierte, Astan ihn nicht getötet, allerdings womöglich Jahre lang bestialisch gequält hatte, bevor Zachriel nun diese Rolle übernommen hatte?

Vielleicht wäre es besser, wenn Tesfaye nicht mehr … Cey barg den Kopf an ihren Knien, konnte den Gedanken nicht vollenden, der so sehr schmerzte, dass ihr Herz ins Stocken geriet.

Mareus, der Dawayana, der in der Höhle gelebt hatte, in der sie mit ihren Brüdern, Nikara, den Seday und einer Gruppe menschlicher FBI-Agents die Metalltruhe voller verehrender Fotos gefunden hatte, war ihnen keine Hilfe, um etwas über Tesfayes Zustand oder gar seinen aktuellen Aufenthaltsort herauszufinden. Der uralte J’ajal hatte bei einem Gefecht mit gewissenlosen Wilderern und Tierschmugglern eine solch gravierende Kopfverletzung erlitten, dass er kaum noch in der Lage war sich zu artikulieren. Aufgrund seines hohen Alters würde er sich womöglich niemals wieder von der Verletzung erholen.

Auch Wangmo, die Anführerin der Dawayana, war zu keinem weiteren Gespräch über Astan oder Zachriel bereit gewesen. Sie vertrat die strikte Ansicht, dass ein Kampf nur weitere Kämpfe nach sich ziehen würde. Deswegen wollte sie ihre Organisation tunlichst aus allem heraushalten, um stattdessen weiterhin ein Leben in Abgeschiedenheit und im Einklang mit der Natur zu führen, nach Vollkommenheit von Körper und Seele zu streben und irgendwelche seltsamen Mondrituale zu praktizieren.

Als ob Zachriel sich durch ein Gebet davon abhalten lassen würde, eine Rakete auf den Stützpunkt der Dawayana abzufeuern!

Cey hob den Kopf wieder. Wangmo war eindeutig noch naiver, als sie selbst es jemals sein würde, egal welch merkwürdige Träume sich ihr auch aufdrängten.

»Ah, hier steckst du also.« Mit einem Handy in der Hand trat Nathan auf sie zu. Ungewöhnlich ernst und besorgt wirkte der achtundzwanzigjährige blonde Sunnyboy, als er sie genaustens musterte, aber gleich darauf grinste er bereits wieder und gab sich so sorglos wie immer. »Dein Freund Jason möchte unbedingt mit dir quatschen.«

Nathan reichte ihr das Smartphone. Einen Sekundenbruchteil, bevor seine Finger sie berührten, stupste sein Geist den ihren an. Somit blieb Cey jener grässliche Schmerz erspart, der normalerweise mit jeder Berührung eines J’ajals einherging, der nicht ihr persönliches Abzeichen trug. Dass man mit einer simplen mentalen Vorwarnung den von Astan eingeimpften Abwehrreflex umgehen konnte, hatte Xyen zu Beginn ihres ersten Academy-Trimesters herausgefunden, und längst wussten sämtliche Wächter und Dämonen über diese Methode Bescheid.

Cey nahm das Telefon ohne jegliche Begeisterung entgegen und erhob sich vom Boden. Sie hatte mit dem Anruf bereits gerechnet und ihre katastrophale Stimmung hatte ja keineswegs der Leiter des FBIs zu verschulden. Trotzdem fiel es ihr derzeit unglaublich schwer etwas anderes zu tun, als zu grübeln, sich sinnlose Was-wäre-wenn-Fragen zu stellen und immer größeren Hass zu verspüren, weil sie es einfach nicht schaffte dem Schicksal zu entfliehen, das ihr dunkler Schöpfer ihr einst zugedacht hatte.

»Ja?«, meldete sie sich knapp.

»Hey, ich möchte dich nicht lange stören. Ich habe bereits gehört, bei euch ist gerade wieder ziemlich viel los.« Sanigtons Stimme klang rein sachlich und Cey war ihm sehr dankbar dafür. »Du weißt, was ich wissen will. Wer?«

Cey nickte unwillkürlich. Auf die Bitte ihres Freundes hin hatte sie neun menschliche Agents auf ihre Anpassungsfähigkeit an außergewöhnliche Situationen und außergewöhnliche Personen überprüft. Drei von ihnen sollten Mitglieder einer neu gegründeten Task Force von Mason Kibera, dem Vorsitzenden des Committee of Global Security, werden. Eine Task Force, in der J’ajal und hoch qualifizierte Menschen jeglicher Nationalität zum ersten Mal in der Geschichte vereint gegen die Schurken dieser Welt zusammenarbeiten würden.

Es war zunächst recht schwierig gewesen, die Eignung der Agents für eine solch neuartige Aufgabe festzustellen. Schlussendlich war die Entscheidung, die Cey treffen musste, dann aber doch sehr einfach gewesen und ihr Mentor Xyen und sein Sicherheitschef Jay waren genau der gleichen Meinung wie sie.

»Mike, Juliette und Victor.«

Bis auf zwei Agents waren alle bereits wieder abgereist und jene beiden, die immer noch auf dem Militärgelände herumlungerten – Delta und Echo – waren ohnehin nie an einem Platz in der Task Force interessiert gewesen. Sondern ausschließlich an Cey selbst.

Von den übrigen hatte sich Fox durch eine unbedachte Aktion hier in der Kaserne disqualifiziert, Sierra hatte in New York das NYPD gerufen und sie dadurch verraten, der Agentin India konnte Cey nicht verzeihen, welchen Horror die Missachtung eines direkten Befehls in Tibet ausgelöst hatte, und Romeo …

»Es tut mir leid«, murmelte Cey mit belegter Stimme. »Du hast mir deine Agents anvertraut und nun ist einer von ihnen tot.«

»Was nicht deine Schuld ist!«, erwiderten Sanigton und Nathan simultan und überaus energisch. Ein schwaches Lächeln huschte über Ceys Lippen. Ihr Gewissen suggerierte ihr leider etwas vollkommen anderes als das, was ihre Freunde ihr in den letzten Tagen bereits so oft versichert hatten.

»Du meldest dich, wenn du Hilfe brauchst«, befahl der Leiter des FBIs abschließend und Ceys Lächeln wurde eine Spur echter.

»Ja, Mister Oberboss.«

»Frech wie immer«, brummte Sanigton, aber seinem Tonfall war ebenfalls ein Lächeln zu entnehmen. Er legte auf und Cey gab Nathan das Handy zurück.

»Jetzt komm mit«, bestimmte dieser und griff entschieden nach ihrer Hand. »Du musst dir unbedingt etwas ansehen, Cey. Trübsinnig vor dich hinbrüten kannst du anschließend wieder.«

Cey öffnete den Mund, um etwas zu sagen, sparte sich die Mühe dann jedoch. Nathan würde sie ohnehin nicht in Ruhe lassen, weder jetzt noch später.

Er führte sie Richtung Eingang der alten Kaserne und Cey bemerkte aus den Augenwinkeln, wie ihr Schatten Two ihnen diskret mit einigem Abstand folgte. Außerhalb des Geländes hielten sich sogar stets zwei von Jays Leuten in ihrer unmittelbaren Nähe auf, wobei sie sich meist weitaus weniger fordernd verhielten als gewisse andere Seday.

»Schneller, sonst verpassen wir noch alles!« Fast schon rennend zerrte Nathan sie inzwischen über den gepflasterten Hof, auf dem auch die tiefschwarzen Seday-Transporter parkten. Das u-förmige, graue Kasernengebäude war ursprünglich für bis zu fünfhundert Personen ausgelegt gewesen, was bedeutete, dass allein der Ostflügel, in dem sie sich einquartiert hatten, mehr als ausreichend Platz bot. Der Westflügel wurde lediglich von achtbeinigen, haarigen Tieren beansprucht – Hera, Zeus und Ares, die drei Lieblingstaranteln des Grafen.

Der Vorraum, den Cey und Nathan durch den Eingang betraten, war gefliest, ein Gang zweigte nach rechts ab und einer nach links und eine Treppe führte nach oben. Statt auf die nüchternen, nur grob verputzten Wände zu blicken, starrte Cey allerdings verwundert auf ein ganzes Sammelsurium an bunten Farbtöpfen.

»Jays angeordnete Strafarbeit.« Begeistert wies Nathan auf zwei sich streitende J’ajal und Cey bekam allmählich eine Ahnung, worum es hier ging.

»Zane.« Der junge Latino, der die vordersten Strähnen seiner schulterlangen dunklen Haare mit einem Gummiband am Hinterkopf befestigt hatte, tunkte schwungvoll einen Pinsel in einen großen, roten Farbtopf, während … rasch dehnte Cey ihr Bewusstsein aus. Seitdem die Agents verschwunden waren, tauschte Jay die Namen seiner Männer wieder häufiger aus und deswegen war man ohne einen Blick auf die entsprechende Namensliste nie so ganz sicher, wer gerade wie hieß. Was außer einer vereinfachten Zuweisung ihrer täglichen Aufgaben exakt der Sinn hinter Jays Vorgehen war. Schließlich konnten so mögliche Feinde der Seday verwirrt werden. Zumindest all jene, die Ceys Fähigkeiten nicht teilten.

»Ten.« Der Seday, der eigentlich Marcos hieß, ein ehemaliger Ves’ris und damit tödlicher Assassine war, schien nicht mit Zanes Vorhaben einverstanden zu sein.

»Wir sollen der Wand nur einen schlichten, neuen Anstrich verpassen und keine Kunstwerke fabrizieren! Wenn die nicht nach Jays Geschmack sind, müssen wir morgen noch mal streichen. Du hättest also überhaupt nicht erst so viele verschiedene Farben anschleppen müssen. Bitte lass jetzt diesen Scheiß!«

»Nö.« Zane grinste und setzte den Pinsel an der Wand an, um eine dicke, rote Linie zu malen. Nathan wurde von irgendjemandem aus dem Gang herausgerufen und obwohl es ihm offenkundig schwerfiel, verschwand er für den Moment mit einem tiefen, theatralischen Stöhnen. »Ausgerechnet jetzt …«

Unschlüssig blickte Cey ihm hinterher. Sollte sie versuchen sich zu verkrümeln oder würde Nathan ohnehin gleich wieder aufkreuzen und sie erneut irgendwohin dirigieren, im festen Bestreben, sie aus ihrer düsteren Stimmung zu reißen?

Weil Ten sich gerade grimmig einem Eimer mit hellblauer Farbe zuwandte und diese ordentlich mit einer Rolle auf die Wand aufzutragen begann, entschied sich Cey ihn und ihren Bruder vorsichtshalber noch ein wenig zu beobachten.

»Zehn Minuten, dann gibt’s eine zweite Strafarbeit«, brauste es durch das Bewusstsein des Grafen, der seine Lieblinge besucht hatte und nun von der oberen Treppenbrüstung schadenfroh auf Zane herabspähte.

»Gibt es nicht«, widersprach Zane selbstbewusst, der wie sie selbst mit dem Bewusstsein des Grafen verbunden war und von daher genau wusste, was dieser dachte. »Jay wird meine Kunst zu schätzen wissen!«

Rot mischte sich in das Blau, das Ten soeben aufgetragen hatte, und ein bedrohliches Knurren erklang aus der Kehle des Sedays.

»Höchstens fünf Minuten«, wettete Sahim, ein J’ajal mit dunklen Haaren, lässigem Drei-Tage-Bart und arabischen Gesichtszügen, der wie Anfang Zwanzig aussah und knapp der Älteste von Ceys Geschwistern war. Mit schnellen Schritten hatte er den Vorraum betreten, dicht gefolgt von Nikara, dem Anführer der Dämonen, der seine rot-blau-grüne Punkfrisur wie stets sorgfältig gestylt hatte und erwartungsvoll mit der Zunge über sein Lippenpiercing fuhr.

Die beiden standen in diesen Tagen genauso sehr unter Strom wie sie selbst und Cey konnte in ihren blitzenden Augen klar die Vorfreude auf ein kleineres oder bestenfalls größeres Gerangel erkennen. Vermutlich hätte sie ihre Brüder und Nikara ermahnen oder zumindest Xyen oder Jay Bescheid geben sollen, damit das Ganze nicht ausartete. Aber Cey hatte weder die Lust noch die Energie dazu. Von daher stieg sie lediglich die Treppe hinauf und gesellte sich an die Seite des Grafen, um sich nicht gleich im Zentrum des Chaos wiederzufinden.

»Wenn es das wird, wofür ich es halte …« Ihr Schatten Two war unten stehen geblieben und begutachtete kritisch die Wand. »Dann, Zane, kann ich dir jetzt schon sagen, dass es Jay nicht gefallen wird!«

»Danke«, bekundete Ten seinem Kollegen und setzte die blaue Farbrolle über einer der roten Linien an.

»Du solltest dich beteiligen, Schwesterchen«, murmelte der Graf. Sanft schlossen sich seine Arme um sie. Bevor er das Kinn auf ihren Kopf senkte, glitten seine spitzen Eckzähne jedoch herausfordernd über ihre Schläfe. »Was spricht gegen eine Ablenkung, bis wir erfahren, wie wir die Welt retten können?«

Prinzipiell nichts. Tag und Nacht durchforsteten unzählige Suchalgorithmen das gesamte Internet nach Hinweisen auf Zachriel und EvolutionGenius. Ein Mensch, der einem Geist glich, weil sich ausschließlich in der digitalen Welt minimale Spuren von ihm fanden. EvolutionGenius hatte es geschafft eine der größten und einflussreichsten J’ajal-Vereinigungen über Jahre hinweg zu erpressen, hatte fünf komplette USF-Teams vor laufenden Kameras von renommierten Forschern sezieren lassen, weil Brycen, der Ex-Seday-Chef, nicht auf die Forderung Astans Machenschaften zu ignorieren gehört hatte. Zudem kannte dieser Kerl anscheinend Astans größtes Geheimnis: wie man die J’ajal-Wandlung künstlich erzwingen konnte.

Aufgrund der Fotos in Mareus’ Höhle wussten Cey und ihre Freunde inzwischen, dass Astan und EvolutionGenius sich bereits vor Astans Wandlung in einen J’ajal gekannt und sich wohl sehr nahegestanden hatten. Astans Spiegelbild alias Zachriel hingegen wollte den Menschen offenbar am liebsten tot sehen und wenn sie es nicht bald schafften ihm EvolutionGenius auszuliefern …

Cey musste schlucken. Sämtliche J’ajal-Stützpunkte des Planeten befanden sich in Gefahr. Und ebenso sämtliche Dämonenhochburgen und Wächterbehausungen.

Dennoch hat er einen Fehler gemacht!, beruhigte Cey sich selbst und verjagte dadurch die eisige Schwärze in ihrem Innersten, die sie für einen kurzen Moment zu überwältigen gedroht hatte.

Zachriel verhielt sich anders als Astan, nutzte die Öffentlichkeit, anstatt im Verborgenen zu handeln. Durch seine bisherigen skrupellosen Angriffe hatte er sogar jene gegen sich aufgebracht, die sich ursprünglich nicht an einem Kampf hatten beteiligen wollen.

Dämonen, Wächter, Xyens gesamtes Team und auch weitere von Tajyno, dem aktuellen Seday-Anführer, abkommandierte Personen unterstützten die Suche nach dem gefährlichen Tyrannen und seiner begehrten menschlichen Beute. In anderen J’ajal-Vereinigungen hielt man ebenfalls Augen und Ohren offen und überall dort, wo Wächter und Dämonen Einfluss besaßen, tat man sogar noch weitaus mehr.

Zum Beispiel kontaktierten Resic, ein eitler Wächtergecko, und sein Mentor Okadias von den Hayran derzeit sämtliche ihrer dubiosen Kunden und jeden einzelnen Schmuggler und Hehler, mit dem sie jemals zu tun gehabt hatten.

Es war also nur eine Frage der Zeit, bis sie zwangsläufig eine tatsächlich verwertbare Spur entdecken mussten!

»Mhm«, stimmte der Graf ihr zufrieden zu, der ihren Gedanken gefolgt war. »Heißt, der Spaß kann endlich beginnen!« Er gab Nikara ein Zeichen, der daraufhin feixend losmarschierte. Nach kaum einem Meter geriet er jedoch leider ins Stolpern und stieß deswegen unglücklich gegen einen gelben Farbtopf. Der Deckel flog in hohen Bogen davon und eine riesige Farblache ergoss sich auf den Boden.

»Wisch das sofort wieder weg!«, brüllte Ten, während es Two allmählich dämmerte, dass er wohl besser seinen Vorgesetzten Bescheid geben sollte. Er sagte etwas Beschwichtigendes zu Ten und wandte sich gleichzeitig in Richtung des Gangs. Wer ausgerechnet jetzt zurückkehrte, war allerdings Nathan.

»Ey, Mann, sieht das gut aus oder sieht das gut aus?«, verlangte Nikara von dem Seday zu wissen, trat mit seinem Schuh in die gelbe Farbe und presste ihn anschließend an die Wand, wo die Sohle einen interessanten Abdruck hinterließ.

»Eine Wand mit Schuhabdrücken? Genial!« Nathan war sofort mit Feuereifer dabei und öffnete einen grünen Farbeimer, um seine Treter ebenfalls zu verewigen.

»Wenn dir so viel daran liegt, Ten, dann streiche ich eben nicht weiter!«, beteuerte Zane zuvorkommend und schleuderte seinen roten Pinsel zu Sahim – und zwar so dicht über Tens Kopf hinweg, dass der Assassine, der gerade fassungslos zwischen Nikara und Nathan hin und her geblickt hatte, viel zu spät reagierte. Tens Haare bekamen einen großen Klacks rote Farbe ab, obwohl er noch auszuweichen versuchte.

»Jetzt reicht’s!«, verkündete er wütend und als Sahim johlend den Pinsel zu Zane zurückwarf – noch mal extra eingetunkt in die schlichte blaue Farbe, die Ten ja so gut gefallen hatte –, da fischte er den Pinsel geschickt aus der Luft und verpasste Zane einen Farbstreifen quer über das Gesicht.

»Schwesterchen, komm!« Der Graf hielt es nicht mehr länger aus. Johlend sprang er über das Geländer, rollte sich ein Stockwerk tiefer dicht neben Two ab und erhob sich sofort wieder vom Boden. Two wirbelte reflexartig herum und seine Hand streifte flüchtig die Schulter des Grafen. Trotz dieser nur minimalen Berührung verstand ihr Bruder das absichtlich als Aufforderung und schubste kräftig zurück. »Du hast angefangen! Hoffe, du hast in den letzten Tagen fleißig mit Jay trainiert, sonst wird das eine sehr kurze Runde!«

»Und du?«, konterte Two und blockte einen Schlag des Grafen ab, der sofort zum nächsten ausholte.

Tiefe Besorgnis brandete in Ceys Gefühlen auf und sie konnte nicht anders, als sich weit über das Geländer zu beugen. »Wenn du ihm wehtust«, sandte sie dem Grafen lautlos zu, die Augen gefährlich verengt. »Dann …«

»O menno, Schwesterchen, für irgendwas muss dieses Sanfte-Schubsen-Lernen-Ding mit deinen Seday doch gut sein«, meckerte Zane anstelle des Grafen. »Du hast ja viel Vertrauen in uns!«

Für zwei, drei Sekunden bekam Cey ein schlechtes Gewissen. Dabei reichten ein paar Übungsstunden zum Thema Behutsames Ausschalten eines Gegners ja nun wirklich nicht aus, um jahrelang perfektionierte Killerinstinkte zu überlisten. Das wusste sie aus ihren eigenen Trainingseinheiten bei Jay schließlich zur Genüge.

Also doch mitten rein ins Chaos, überlegte Cey stumm und schwang sich über das Geländer. Zwar spürte sie bereits Jays sich nähernde Präsenz – Two hatte seinen Chef anscheinend inzwischen mental verständigt – und somit würde der Streit vermutlich gleich beendet, bevor er richtig angefangen hatte. Aber eine weitere und sehr viel direktere Ermahnung ihrer Brüder konnte dennoch nicht schaden.

»Langweilerin!«, urteile Zane, just als Cey sich fallen ließ. Blitzschnell raste der Fußboden auf sie zu und sie spannte sämtliche Muskeln an, um ihren Sturz mit einer Rolle abzufangen, wie sie das schon tausendfach getan hatte.

Noch nie war Cey allerdings in einem Meer aus Farben gelandet. Blau und Rot, die sich zu Lila mischten, Gelb und Grün, die sich ebenfalls vermischten. Fast schien es, als würde sie in einen Regenbogen eintauchen.

Tesfaye … Ein so heftiges Schwindelgefühl packte Cey, dass sie für einen Sekundenbruchteil alles vergaß, was sie je gelernt hatte. Sie vergaß, wo sie sich befand, vergaß, wer sie selbst war. Einzig der Regenbogen existierte noch. Und ein großes, äußerst hässliches Loch mitten in ihrer Brust.

Mit einem Zischen krümmte Cey sich zusammen, es reichte jedoch nur noch für eine halbe Rolle. Ihrem Kopf passierte zum Glück nichts, als sie mit viel zu viel Schwung auf den Boden knallte. Durch ihre rechte Schulter schossen allerdings lodernde Flammen und sie spürte, wie sie sich die Haut an ihrem Unterarm aufratschte. Trotzdem kam kein Laut des Schmerzes über ihre Lippen und innerhalb eines Wimpernschlags stand sie bereits wieder fest auf den Beinen. Soweit funktionierten ihre Reflexe also wenigstens noch.