Gold des Südens 4 - Ulf Schiewe - E-Book

Gold des Südens 4 E-Book

Ulf Schiewe

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Beschreibung

Die große eSerie um Gefahr, Liebe und Abenteuer vor der faszinierenden Kulisse der Karibik des 17. Jahrhunderts! Beschlagnahmung des Schiffs und Festungshaft für Jan van Hagen. Doch von unerwarteter Seite kommt Hilfe. Auf einem tropischen Fest begegnet er Doña Maria und ihrem Gemahl. Er verliebt sich in die schöne Spanierin. Während des Fests finden geheime Absprachen statt, um den Gouverneur und seine Soldaten zu täuschen. Niemand ahnt, dass es zur Tragödie kommt, als Jan zur Bucht der Schmuggler segelt. »Die dunkle Festung« ist der vierte Teil des großartigen fünfteiligen historischen eBook-Serials »Gold des Südens«. Alle Teile der Serie: »Gold des Südens 1 - Die Flucht«, »Gold des Südens 2: Der Wind der Freiheit«, »Gold des Südens 3 - Die Bucht der Schmuggler«, »Gold des Südens 4: Die dunkle Festung« und »Gold des Südens 5: Die Insel der Piraten«. Von Ulf Schiewe sind außerdem bereits folgende Titel bei Knaur eBook erschienen: »Die Comtessa«, »Der Bastard von Tolosa«, »Die Hure Babylon«, »Das Schwert des Normannen« und »Die Rache des Normannen«. Die Gesamtausgabe der eSerie »Gold des Südens« erscheint bei Knaur als Taschenbuch und als eBook unter dem Titel »Bucht der Schmuggler«.

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Seitenzahl: 123

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Ulf Schiewe

Gold des Südens 4

Die dunkle Festung

Knaur e-books

Über dieses Buch

Beschlagnahmung des Schiffs und Festungshaft für Jan van Hagen. Doch von unerwarteter Seite kommt Hilfe. Auf einem tropischen Fest begegnet er Doña Maria und ihrem Gemahl. Er verliebt sich in die schöne Spanierin. Während des Fests finden geheime Absprachen statt, um den Gouverneur und seine Soldaten zu täuschen. Niemand ahnt, dass es zur Tragödie kommt, als Jan zur Bucht der Schmuggler segelt.

 

»Die dunkle Festung« ist der vierte Teil des großartigen fünfteiligen historischen eBook-Serials »Gold des Südens«.

Inhaltsübersicht

Die PersonenDie Sophie auf ReedeDie Kanonen der FestungBabatunde und der BukanierFestungshaftDon Alonso in RageDie EinladungGäste auf der haciendaDon Miguels StolzIn den Casas RealesEin tropisches FestGewinnspielAlle Teile des eSerials »Gold des Südens«
[home]

Die Personen

Hauptfiguren

Jan van Hagen – Junger Kaufherr und Seekapitän aus Bremen

Don Miguel Garcia Hernandez – Reicher Pflanzer und Zuckerbaron auf Hispaniola

Doña Maria Carmen de Alvarez y Ortega – Don Miguels junge Gemahlin

Don Alonso Calderón de la Higuera – Neu ernannter Vize-Gouverneur von Hispaniola

Cornelis van Doorn – Holländischer Kaufmann aus Amsterdam

Martin van Doorn – Seekapitän und Cornelis’ Sohn

Padre Anselmo – Franziskanermönch und Don Miguels Bruder

 

Die Mannschaft der Sophie

Hein Köppers – Steuermann und Navigator

Lars Erikson - Bootsmann

Ole Penning – Zimmermann

Hasko Lübben – Schiffskoch

Doctor Emanuel Almeida de Souza – Schiffsarzt, Portugiese aus Pernambuco

Fiete Boom – Schiffsjunge

Brun Enders – Matrose

Christjan Luttmann – Matrose

Jelle Appelhoff – Matrose

Geerke Buhr – Matrose

Klaas van Hove – Matrose

Piet Möller – Matrose

Johan Hendriks – Waffenmeister

Aart Jonkers – Gehilfe des Waffenmeisters

Elsje Smit – Prostituierte aus Amsterdam

 

Weitere Personen auf Hispaniola

Don Diego de Oliveira – Pflanzer und Portugiese

Don Rodrigo de Molina – Präsident des Königlichen Gerichts von Santo Domingo

Doña Ana – Don Rodrigos junge Frau

Doña Matilda – Don Diegos Frau

Pedro Fernandez – Aufseher des Don Diego

Octavio Faustino – Verwalter der hacienda von Don Miguel

Francisco Pérez – Anführer der vaqueros auf der hacienda von Don Miguel

Señor Carlos – Aufseher auf der Tabakpflanzung von Don Alonso

Tom Degger – Jäger und Bukanier, Deutscher

Luis Cabrón – Hafenmeister von Santo Domingo

Coronel Rivera – Kommandant der Truppen von Santo Domingo

Capitán Morales – Kapitän der Galeone Santa Trinidad

Leon – Don Alonsos Diener

Alejandro Mendoza – Händler in Santo Domingo

 

Die Sklaven

Olu – Heißt eigentlich Jaime Olufemi und ist Doña Marias Beschützer

Marta – Köchin auf Don Miguels hacienda

Consuela – Dienstmädchen auf Don Miguels hacienda

Juan – Schreiner auf Don Miguels hacienda

Abeni – Junge schwangere Sklavin auf der Sophie

Babatunde – Entlaufener Sklave, ursprünglich von Don Diegos hacienda

Dada – Babatundes Frau

Maria Benigna – Köchin auf Don Alonsos Tabakpflanzung

 

Andere

Willem van Hagen – Jans Vater

Der alte Geerke – Sekretär des Vaters

Greetje Hanssen – Jans Verlobte

Hendrikje van Doorn – van Doorns Gemahlin

Katrien van Doorn – Ältere Tochter

Agnes van Doorn – Jüngere Tochter

[home]

Die Sophie auf Reede

Aber das können die doch nicht tun«, rief Elsje ganz außer sich vor Entrüstung. »Die können doch nicht einfach unseren Kapitein festnehmen. Und dazu den Stüürmann und unseren Bootsmann. Was sollen die überhaupt getan haben?«

»Du siehst, sie können«, knurrte Hasko, der Koch.

»Und jetzt?«

Elsje starrte den Soldaten auf dem Kai hinterher, die Jan van Hagen, Hein Köppers und Lars Erikson fest im Griff hatten und in Richtung Festung abführten. Dann drehte sie sich zu dem dicken Hafenmeister um, der mit fünf Soldaten auf dem Schiff geblieben war und gerade weitere Anweisungen gab. Drei von ihnen sollten oben bleiben und auf die Mannschaft achten, während er mit zwei anderen unter Deck gehen wollte, um sich dort um die Ladung zu kümmern. Elsje sprach kein Spanisch, aber Doctor Emanuel hatte ihn natürlich verstanden.

»Un momento, Señor!«, sagte er. Und als der Hafenmeister sich ihm etwas ungeduldig zuwandte: »Ich bitte um Entschuldigung, aber ich habe zuvor leider Euren Namen nicht mitbekommen. Mit wem habe ich also die Ehre?«

»Cabrón. Luis Cabrón, capitán del puerto.«

»Señor Cabrón, Hafenmeister. Natürlich.«

Was für ein seltsamer Name, fand der Doctor. Und irgendwie lächerlich unpassend. Denn wie ein Ziegenbock sah der Mann nun wirklich nicht aus. Eher ähnelte er einem wohlgenährten Schwein mit seinem ausladenden Bauch und fetten Backen. Auch die kleinen, flinken Augen, die alles abzuschätzen schienen, passten dazu.

»Nun, ich darf mich ebenfalls vorstellen: Doctor Emanuel Almeida de Souza, Schiffsarzt der Sophie«, meinte er mit höflicher Verbeugung. »Wenn Ihr erlaubt, so hörte ich Euch soeben sagen, Ihr würdet Euch um die Ladung kümmern. Das verstehe ich nicht ganz, werter Capitán Cabrón. Was habt Ihr denn noch weiter mit der Ladung zu tun? Schließlich ist sie, außer den Sklaven, für Pernambuco bestimmt, wie Capitán van Hagen bereits erklärt hat.«

Doch der Hafenmeister schüttelte den Kopf und setzte ein überhebliches Lächeln auf. »Ist alles beschlagnahmt, Señor. Auch das Schiff. Befehl des Gouverneurs. Und nun geht mir bitte aus dem Weg, damit ich meine Pflicht tun kann.«

Beschlagnahmt? Jans Festnahme war schon mehr als ungeheuerlich, aber jetzt sollte auch noch das ganze Schiff beschlagnahmt werden? Wie konnte das angehen? Doctor Emanuel und Ole Penning, dem die Bedeutung von confiscar ebenfalls nicht entgangen war, sahen benommen vor Schreck zu, wie der Mann, von den zwei Soldaten begleitet, in die Kajüte trat, um von dort die Stiege zum Laderaum zu nehmen. Bevor sie jedoch verschwanden, streckte er noch einmal den Kopf zur Tür heraus. »Eine Laterne brauchte ich noch, por favor!«

»Eine Laterne?«, fragte Ole noch ganz durcheinander. Aber dann besann er sich. »Christjan, geh und leuchte dem Hafenmeister. Und achte mal darauf, was der Mann da unten macht! Nicht, dass mir was wegkommt.«

Christjan tat, wie ihm geheißen, und Ole wandte sich aufgeregt an den Portugiesen. »Die wollen das Schiff beschlagnahmen? Hab ich das richtig verstanden?«

»Ganz recht.«

»Aber das können wir uns doch nicht gefallen lassen, Doctor. Ihr habt Jurisprudenz studiert. Und das auch noch in Madrid. Ihr müsst etwas unternehmen.«

»Ja, was soll ich sagen?« Doctor Emanuel hob unschlüssig die Schultern. »Es wird hier sicher ein Gericht geben. Ich werde nachher an Land gehen und mich erkundigen.«

Johan Hendriks war leise neben die beiden getreten. »Wir müssen reden«, raunte er eindringlich. Sie folgten ihm ein paar Schritte außer Hörweite der Soldaten. »Ole Penning, Ihr seid jetzt der Kommandant der Sophie.«

»Ich?«, fragte Ole erstaunt. »Wieso ich?«

»Na, wer denn sonst, nachdem die anderen in Festungshaft sitzen? Wir sollten jetzt das Richtige tun und erst mal das Schiff in Sicherheit bringen. Dann sehen wir weiter, was mit dem Käptn ist.«

Ole runzelte die Stirn. »Und was habt Ihr da im Sinn?«

»Es ist jetzt wichtig, schnell zu handeln, bevor es zu spät ist. Wir bewaffnen heimlich die Mannschaft, überrumpeln die Soldaten und legen ab.«

»Wir legen ab?« Ole riss die Augen weit auf. »Aber ich bin doch kein Schiffsführer, nur der Zimmerer. Und überhaupt, wohin?«

»Nur bis auf die Reede vor der Stadt. Dort ankern wir außer Reichweite ihrer gierigen Finger. Unser Klaas ist doch der Älteste und Erfahrenste an Bord. Der wird schon wissen, wie man mit dem Schiff umgeht.«

Ole starrte ihn mit großen Augen an.

»Und wenn sie auf uns schießen?«, fragte Doctor Emanuel besorgt und deutete auf die Galeone in der Flussmündung. »Ich würde nicht gern zur Zielscheibe werden.«

»Die Festung hat sogar noch größere Kanonen«, zischte Ole. »Habt Ihr das nicht gesehen, Meester Hendriks?«

Hendriks sah sich nach den Soldaten um, die schon neugierige Blicke warfen, was die drei so eindringlich zu tuscheln hatten. »Bleibt leise«, murmelte er. »Die verdammten Kerle müssen nicht gleich merken, was wir vorhaben. Und was das Schießen angeht, ich bin sicher, das werden sie nicht tun. Sie sind ja ganz offensichtlich hinter dem Schiff her. Und vergesst nicht, wir haben den dicken Hafenmeister an Bord.«

»Vielleicht schießen sie aber doch«, sagte Ole ängstlich.

»Selbst wenn, dann entfernen wir uns eben. Die Sophie ist auf jeden Fall schneller als diese Galeone, sollte es darauf ankommen.«

»Wir sollen uns entfernen?« Ole schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Verdammt, ich weiß nicht. Ich bin doch kein Navigator.« Die Verantwortung schien zu viel für ihn zu sein. »Was ist, wenn etwas schiefgeht? Und außerdem haben die unseren Käptn und die anderen in Gewahrsam. Wir können sie doch nicht im Stich lassen.«

»Das werden wir auch nicht«, beruhigte Hendriks ihn. »Nur das Schiff ihrem Zugriff entziehen und Zeit gewinnen, bevor sie uns wie eine verdammte Gans ausnehmen. Wollt Ihr denn alles verlieren? Auf sämtlichen Gewinn der Reise verzichten? Und wer sagt, dass sie uns nicht auch gleich einsperren?«

Ole dachte verzweifelt nach. Er fuhr sich unschlüssig durch die Haare und machte ein unglückliches Gesicht. Plötzlich tauchte Christjan wieder neben ihnen auf. Und der sah ausgesprochen wütend aus.

»Was is’ denn, Christjan?«, fragte Ole.

»Der Kerl beklaut uns«, flüsterte der junge Seemann aufgebracht. »Reißt die Ballen auf und nimmt sich, was ihm gefällt.«

»Nich wahr!«

»Ich schwör’s!«

»Verdammter Schiet!«

»Wir müssen handeln«, knurrte Hendriks. »Und zwar schnell!«

Endlich rang Ole sich durch. »Also gut«, flüsterte er schreckensbleich. »Ich rede mit Klaas. Ihr kümmert Euch um die Soldaten.«

»Alles klar, Ole«, sagte Hendriks und gab Jonkers einen Wink, der etwas abseits gewartet hatte und sich nun zusammen mit Christjan unauffällig in die Kajüte begab, wo im unteren Achterdeck die Waffen unter Verschluss lagen. Hendriks selbst nickte den Soldaten freundlich zu, die etwas gelangweilt, auf ihre Hellebarden gestützt, herumstanden und mehr Augen für Elsje hatten als für die Mannschaft. Er winkte den bulligen Geerke zu sich, und beide folgten Jonkers in die Kajüte. Ole ging betont gemessenen Schrittes zur Kombüse hinüber und trug Fiete unterwegs auf, Klaas und die übrigen Seeleute unauffällig zum Koch zu bestellen. Als sie dort versammelt waren, erklärte er ihnen flüsternd, was man beschlossen hatte.

Hasko schnappte sich gleich sein Metzgerbeil. »Den Bastarden werden wir’s zeigen«, knurrte er.

»Leg das verdammte Ding weg, Hasko. Wir wollen keinen umbringen. Hast du verstanden?«

»Schade«, murrte der. »Aber bewaffnen darf man sich doch wohl noch.«

Elsje trat in die Kombüse. »Was ist los?«, fragte sie, als habe sie etwas gerochen.

Ole erklärte es ihr. »Am besten du hältst die Soldaten bei guter Laune und lenkst sie ab. Das hast du doch wohl noch nicht verlernt, oder?«

»Geht klar«, grinste sie und öffnete ein paar Knöpfe ihrer Seemannsbluse, um den Inhalt ins rechte Licht zu rücken. Dann schlenderte sie hinaus aufs Deck. Klaas, der etwas aufgeregt war, sich aber geehrt fühlte, das Schiff zu übernehmen, besprach das Ablegemanöver und teilte die Aufgaben für den Rest der Mannschaft ein. Dann kletterte er zum Ruderstand hinauf.

Elsje, ihre weiblichen Vorzüge geschickt ins Spiel bringend, hatte sich bereits von den Soldaten ansprechen lassen, die alles um sich herum zu vergessen schienen und einander überboten, ihr schöne Augen zu machen. Die Kerle grinsten vielsagend, umdrängten Elsje, deuteten auf die Sehenswürdigkeiten der Stadt und wetteiferten in Komplimenten und liebenswürdigen Angeboten, zu denen die Dirne ganz reizend lächelte, obwohl sie natürlich kein Wort von alldem verstand. Aber darum ging es ja auch gar nicht.

Ole wusste nicht recht, was er selbst zu diesem Unternehmen beitragen sollte. Aber dann nahm er sich in Gedanken ein Beispiel an seinem jungen Kapitän, der sich nach erteiltem Befehl darauf beschränkte, zu beobachten, ob alles richtig ausgeführt wurde. Also beschloss er, ebenfalls nichts weiter zu tun, als den Ablauf der Dinge im Auge zu behalten. Vorsichtshalber aber leerte er zusammen mit dem Koch noch rasch einen Becher Schiffswein zur Stärkung und steckte sich für alle Fälle ein langes Messer in den Gürtel, obwohl er inständig hoffte, es nicht gebrauchen zu müssen. Dann verließen beide die Kombüse.

Ole nickte Doctor Emanuel zu, der etwas abseitsstand und Elsje und die Soldaten nicht aus den Augen gelassen hatte. Kurz darauf waren auch schon Hendriks und Geerke zur Stelle, beide mit Entersäbeln in der einen und geladenen Pistolen in der anderen Faust. Mit wenigen Schritten hatten sie die Soldaten erreicht. Die waren aber so mit Elsje beschäftigt, dass sie die beiden überhaupt nicht bemerkten. Erst als zweien von ihnen der kühle Stahl von Säbeln an der Kehle lag und der Dritte Haskos Schlachtermesser im Nacken spürte, zuckten sie erschrocken zusammen und drehten vorsichtig die Köpfe, nur um in zwei Pistolenmündungen zu blicken.

»Señores«, sagte Doctor Emanuel freundlich auf Spanisch. »Ich glaube, es wäre klug, sich ganz still zu ergeben. Man wird euch Jungs keinen Schaden zufügen, wenn ihr jetzt die Waffen abgebt.«

Die Soldaten sahen einander an. Für ein fremdes Schiff zu sterben, hatten sie nicht vor, und für den dicken Hafenmeister schon gar nicht. Also gaben sie bereitwillig ihre Hellebarden und Säbel ab und ließen sich von Geerke binden, der die nötigen Seilenden bereits mitgebracht hatte. Man brachte sie ins Vorschiff.

»Ganz vorzüglich, liebe Elsje«, sagte der Doctor anerkennend. »Du solltest in einer Schauspieltruppe auftreten.«

»Deshalb müsst Ihr mir aber nicht gleich auf die Brüste starren, Doctor«, erwiderte sie und knöpfte ihre Bluse zu.

»Oh, hab ich das?«, erwiderte er verlegen.

Das Mädel hat eine Zunge!, dachte er bei sich. Da muss man sich in Acht nehmen. Etwas verstimmt wollte er sich abwenden, als sie ihm ganz unerwartet die Hand auf den Arm legte.

»Tut mir leid, Doctor. War nicht bös gemeint. Ich konnte es mir einfach nicht verkneifen.« Sie beugte sich näher. »Und eigentlich hab ich auch nichts dagegen.« Sie schenkte ihm noch einen koketten Augenaufschlag und gesellte sich dann zu Hendriks und dem Koch, die an der Reling standen und auf den Kai hinunterblickten, ob dort jemand etwas bemerkt haben könnte.

Elsjes Worte hatten Doctor Emanuel etwas verwirrt zurückgelassen. War das ein verstecktes Angebot gewesen? Oder hatte sie das Schäkern mit den spanischen Soldaten an ihre alte Beschäftigung erinnert? Vielleicht wollte sie diese wieder aufnehmen, jetzt, da man in Santo Domingo angekommen war.

Bevor er den Gedanken weiter verfolgen konnte, war von unter Deck ein empörtes Brüllen zu vernehmen, das aber gleich darauf abrupt verstummte. Und nicht lange, da steckte Christjan den Kopf aus der Messekajüte.

»Alles klar?«, fragte er atemlos.

»Hier ja«, erwiderte Hendriks. »Und da unten?«

»Der Fettsack wollte sich wehren. Jonkers musste ihn hart rannehmen.«

»Ist er verletzt?«

»Nur ein bisschen.«

»Dann werd ich mal nach ihm sehen«, seufzte Doctor Emanuel und machte sich auf den Weg in den Laderaum. »Wer hätte gedacht«, brummte er kopfschüttelnd, »dass man auf diesem Schiff dauernd die Leute verarzten muss?«

»Du machst dich besser im Topp nützlich, Christjan«, sagte Hendriks. »Wir legen ab.« Und damit gab er Klaas das verabredete Zeichen.