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Die große eSerie um Gefahr, Liebe und Abenteuer vor der faszinierenden Kulisse der Karibik des 17. Jahrhunderts! Jan van Hagen entdeckt, dass der Sohn seines holländischen Gönners vom Gouverneur in Knechtschaft gehalten wird. Auch Doña Maria muss sich gegen dessen Zugriff wehren und läuft Gefahr, alles im Leben zu verlieren. Wie wird Jan sich entscheiden? Soll er die Heimreise antreten oder beiden helfen und dabei die schmale Linie vom Schmuggler zum Freibeuter überschreiten? »Die Insel der Piraten« ist der fünfte Teil des großartigen fünfteiligen historischen eBook-Serials »Gold des Südens«. Alle Teile der Serie: »Gold des Südens 1 - Die Flucht«, »Gold des Südens 2: Der Wind der Freiheit«, »Gold des Südens 3 - Die Bucht der Schmuggler«, »Gold des Südens 4: Die dunkle Festung« und »Gold des Südens 5: Die Insel der Piraten«. Von Ulf Schiewe sind außerdem bereits folgende Titel bei Knaur eBook erschienen: »Die Comtessa«, »Der Bastard von Tolosa«, »Die Hure Babylon«, »Das Schwert des Normannen« und »Die Rache des Normannen«. Die Gesamtausgabe der eSerie »Gold des Südens« erscheint bei Knaur als Taschenbuch und als eBook unter dem Titel »Bucht der Schmuggler«.
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Seitenzahl: 131
Ulf Schiewe
Gold des Südens 5
Die Insel der Piraten
Knaur e-books
Jan van Hagen entdeckt, dass der Sohn seines holländischen Gönners vom Gouverneur in Knechtschaft gehalten wird. Auch Doña Maria muss sich gegen dessen Zugriff wehren und läuft Gefahr, alles im Leben zu verlieren. Wie wird Jan sich entscheiden? Soll er die Heimreise antreten oder beiden helfen und dabei die schmale Linie vom Schmuggler zum Freibeuter überschreiten?
»Die Insel der Piraten« ist der fünfte Teil des großartigen fünfteiligen historischen eBook-Serials »Gold des Südens«.
Jan van Hagen – Junger Kaufherr und Seekapitän aus Bremen
Don Miguel Garcia Hernandez – Reicher Pflanzer und Zuckerbaron auf Hispaniola
Doña Maria Carmen de Alvarez y Ortega – Don Miguels junge Gemahlin
Don Alonso Calderón de la Higuera – Neu ernannter Vize-Gouverneur von Hispaniola
Cornelis van Doorn – Holländischer Kaufmann aus Amsterdam
Martin van Doorn – Seekapitän und Cornelis’ Sohn
Padre Anselmo – Franziskanermönch und Don Miguels Bruder
Hein Köppers – Steuermann und Navigator
Lars Erikson – Bootsmann
Ole Penning – Zimmermann
Hasko Lübben – Schiffskoch
Doctor Emanuel Almeida de Souza – Schiffsarzt, Portugiese aus Pernambuco
Fiete Boom – Schiffsjunge
Brun Enders – Matrose
Christjan Luttmann – Matrose
Jelle Appelhoff – Matrose
Geerke Buhr – Matrose
Klaas van Hove – Matrose
Piet Möller – Matrose
Johan Hendriks – Waffenmeister
Aart Jonkers – Gehilfe des Waffenmeisters
Elsje Smit – Prostituierte aus Amsterdam
Don Diego de Oliveira – Pflanzer und Portugiese
Don Rodrigo de Molina – Präsident des Königlichen Gerichts von Santo Domingo
Doña Ana – Don Rodrigos junge Frau
Doña Matilda – Don Diegos Frau
Pedro Fernandez – Aufseher des Don Diego
Octavio Faustino – Verwalter der hacienda von Don Miguel
Francisco Pérez – Anführer der vaqueros auf der hacienda von Don Miguel
Señor Carlos – Aufseher auf der Tabakpflanzung von Don Alonso
Tom Degger – Jäger und Bukanier, Deutscher
Luis Cabrón – Hafenmeister von Santo Domingo
Coronel Rivera – Kommandant der Truppen von Santo Domingo
Capitán Morales – Kapitän der Galeone Santa Trinidad
Leon – Don Alonsos Diener
Alejandro Mendoza – Händler in Santo Domingo
Olu – Heißt eigentlich Jaime Olufemi und ist Doña Marias Beschützer
Marta – Köchin auf Don Miguels hacienda
Consuela – Dienstmädchen auf Don Miguels hacienda
Juan – Schreiner auf Don Miguels hacienda
Abeni – Junge schwangere Sklavin auf der Sophie
Babatunde – Entlaufener Sklave, ursprünglich von Don Diegos hacienda
Dada – Babatundes Frau
Maria Benigna – Köchin auf Don Alonsos Tabakpflanzung
Willem van Hagen – Jans Vater
Der alte Geerke – Sekretär des Vaters
Greetje Hanssen – Jans Verlobte
Hendrikje van Doorn – van Doorns Gemahlin
Katrien van Doorn – Ältere Tochter
Agnes van Doorn – Jüngere Tochter
Doctor Emanuels Verletzung war nicht tödlich, wenn auch ziemlich schmerzhaft. Am Vorabend hatte er zu weiteren Fragen bezüglich seiner Vendetta gegen Don Diego beharrlich geschwiegen. Aber die Sache schien auch so deutlich genug. Jetzt, am frühen Morgen, saß er an ein Kissen gelehnt im Wagen, bleich und mit einer Hand auf der verbundenen Wunde, und zuckte jedes Mal mit unterdrücktem Stöhnen zusammen, wenn Unebenheiten des Weges das Gefährt ruckeln und holpern ließen.
Don Miguel hatte Jaime Olufemi beauftragt, die drei Männer zurück zur Sophie zu fahren. Gerade waren sie bei der Fähre über den Río Ozama angekommen, wo sie zur Stadtseite übersetzen würden. Olu stieg vom Bock und packte die Gäule beim Halfter, um sie mit sanfter Hand auf die kleine Fähre zu führen. Auch Jan und Hendriks waren ausgestiegen und blickten aufmerksam über den Fluss, der träge dahinfloss und dem offenen Meer zustrebte. Sie versuchten, sich die örtlichen Gegebenheiten einzuprägen, denn hier würden sie in einigen Tagen, so Gott es erlaubte, mit den Lastkähnen und den Gefangenen flussabwärts rudern.
»Und wo liegt die Maria Carmen?«, fragte Jan, nachdem die Gehilfen des Fährmanns begonnen hatten, das Fährboot an einer Winde über den Fluss zu ziehen. Es gefiel ihm, dass Don Miguel sein Schiff nach seiner Frau benannt hatte. Er war entschlossen, dies als gutes Omen zu werten.
Olu deutete auf ein kleines Schiff oder besser gesagt ein langes Boot, das einige Hundert Schritt weiter flussaufwärts an einem Steg vertäut lag, eine spanische barca longa mit einem einzelnen Mast und einem großen Rahsegel. Diese Bootsart war als handlicher Küstensegler besonders im Mittelmeer beliebt. Damit würden sie also später die Gefangenen in Sicherheit bringen. Jan hätte sich die barca gerne näher angesehen, aber Don Miguel hatte ihm versichert, sie sei in bestem Zustand, und der Fischer und sein Gehilfe verstünden sehr gut, damit umzugehen.
Wenigstens wusste er jetzt, wo die Maria Carmen lag. An der Stelle war das Ufer von Bäumen und Gebüsch dicht bewachsen, sodass der Liegeplatz wohl eher vom Fluss als von Land aus einsehbar war. Er versuchte, sich die Gruppe von Palmen zu merken, die nahe dem Liegeplatz standen. Die müssten auch in der Nacht leicht zu erkennen sein.
Jan drehte sich um und blickte flussabwärts zum fernen Hafen hinüber. Dort ließen sich die Masten der Sophie ausmachen, die neben anderen Schiffen am Kai vor der Festung lag. Auf dem Fluss waren trotz der frühen Stunde bereits Barkassen und Lastkähne unterwegs, um die Schiffe mit Ladung oder die Stadt mit Viktualien von den nahen Gemüsefeldern zu versorgen. Das Leben begann schon früh in den Tropen. Dafür ruhte es länger zur Mittagszeit. Etwas näher zur Fähre, am Ostufer des Ozama, lag die Albatros. Die Arbeiten schienen beendet zu sein, zumindest waren keine Werftarbeiter mehr an Bord zu sehen, dafür aber Marinesoldaten. Einer hockte auf der Reling und hielt eine Angel ins Wasser.
»Die Santa Trinidad ist verschwunden«, bemerkte Hendriks.
Tatsächlich lag auf ihrem früheren Ankerplatz jetzt ein kleineres, mit Kanonen bestücktes, zweimastiges Patrouillenboot. Jan fragte sich, wohin die Galeone unterwegs sein mochte. Aber das war jetzt unwichtig. Ein schnelles Patrouillenboot in der Flussmündung könnte für sie jedoch gefährlicher werden als die schwerfällige Galeone. Sie konnten nur hoffen, des Nachts mit den Gefangenen an Bord der Maria Carmen unbemerkt vorbeizuschlüpfen, denn eine Verfolgungsjagd war das Letzte, was Jan sich wünschte.
Am anderen Ufer angekommen, zogen die Pferde den Wagen von der Fähre und die Böschung hinauf. Olu gab dem Fährmann eine Münze, und sie stiegen wieder ein. Beim Gedanken an die Maria Carmen erinnerte Jan sich an den Abschied auf der hacienda. Auf ein Frühstück hatte er verzichtet, denn er war begierig gewesen, die Sophie seeklar zu machen, um möglichst schon im Morgengrauen des folgenden Tages in der Flussmündung des Río Higuamo anzukommen, wo die Mückenbucht lag. Auch Don Miguel und seine Leute hatten vor, noch am gleichen Vormittag aufzubrechen. Er hatte Jan noch mal genaueste Anweisungen gegeben, damit er die Bucht an der Flussmündung auch finden konnte.
Doch das war nicht, an was er gerade dachte, als sie die Calle de las Damas entlangfuhren. Seine Gedanken waren vielmehr bei Doña Maria. Die Weichheit ihrer Hand, als sie einen kurzen Augenblick lang in der seinen gelegen hatte, ihr noch vom Schlaf gezeichnetes Gesicht, der besorgte Blick in ihren dunklen Augen, mit dem sie ihn beim Aufbruch bedacht hatte. Alles Glück hatte sie ihm gewünscht bei dem gefährlichen Vorhaben und natürlich eine gute Heimreise. Beide wussten, wie unwahrscheinlich es war, dass sie sich jemals wiedersehen würden, denn alle weiteren Geschäfte mit Don Miguel würden im Schatten des Gesetzes und abseits der Öffentlichkeit abgewickelt werden. Besuche auf der hacienda waren daher nicht ratsam. Der Gedanke schmerzte ihn. Aber im Grunde war es besser so. Völlig unpassend, von einer verheirateten Frau zu träumen, noch dazu von der eines Geschäftspartners.
Die Mannschaft der Sophie zeigte sich besorgt, als man dem verwundeten Doctor half, an Bord zu klettern, und wollte wissen, was geschehen war. Besonders Elsje machte ein bestürztes Gesicht und eilte an seine Seite, um ihn zu stützen, kaum dass er an Deck war.
»Hört auf, den Mann mit Fragen zu löchern«, knurrte Jan. »Helft ihm lieber in seine Koje.«
Doctor Emanuel teilte sich mit Köppers die Achterkajüte hinter der Messe. Kein sehr ruhiger Ort, wenn die Sophie auf See war, denn unter der Decke verlief die lange Ruderpinne des Schiffs. Natürlich war Köppers an das Knirschen und Knarren der Ruderbewegungen gewöhnt und inzwischen wohl auch der Doctor. Jedenfalls hatte er sich in letzter Zeit nicht mehr darüber beklagt. Dorthin brachte Elsje ihn jetzt und half ihm, es sich bequem zu machen. Sie bemutterte ihn wie ein krankes Kind, was er sich gerne gefallen ließ.
An Deck rief Jan unterdessen nach Erikson. »Wie steht’s mit Wasser und Verpflegung?«
»Haben wir schon gestern an Bord genommen, Käptn.«
»Mannschaft vollzählig?«
»Vollzählig. Das heißt …«
»Was ist, Mann? Fehlt einer?«
»Es gab eine Prügelei gestern Abend in einer der Hafenspelunken. Eine Bande Spanier haben den Christjan grün und blau geschlagen.«
»Christjan mal wieder. Ist es schlimm?«
Erikson grinste. »Er wird’s überleben. Nur heute klettert der nicht in den Topp. Er wird ein paar Tage brauchen, bis er wieder der Alte ist.«
Jan entdeckte Elsje, die zurück an Deck gekommen war und sich unauffällig hinter dem Mast herumdrückte. Er winkte sie zu sich. »Wir sind in Westindien, Elsje, falls du es noch nicht gemerkt hast. Du solltest also jetzt von Bord gehen. Wir legen gleich ab.«
Sie sah ihn mit großen Augen an. »Ihr wollt mich fortschicken, Kapitein?«
»Aber du wolltest doch nach Westindien. Hattest du dich nicht deswegen an Bord geschlichen?«
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Westindien ist mir schietegal, Kapitein. Ich musste doch nur aus Amsterdam weg. Was soll ich denn in dieser Stadt? Den Christjan haben se auch schon verkloppt. Soll es mir denn wie in Portugal gehen?« Sie hatte plötzlich feuchte Augen. »Kann ich nicht an Bord bleiben?«
»Ich weiß nicht, Elsje.«
Neben Jan stand Ole, der zugehört hatte. »Smut meint, er braucht die Elsje, Käptn«, brummte er.
»So, sagt er das?«
»Die Männer haben sich auch an sie gewöhnt. Und jetzt, wo der Doctor so verletzt ist. Muss sich doch einer um ihn kümmern.«
»Ach nee! Ausgerechnet du, Ole? Ich dachte immer, Weiber an Bord bringen Unglück.«
»Stimmt ja auch«, meinte Ole verlegen. »Aber da gibt’s eben solche und solche, Käptn. Was soll ich sagen?«
»Aha«, lachte Jan. »Und Elsje gehört zu der richtigen Sorte.«
»Das will ich meinen. Was, Jungs?« Ole blickte um sich, um zu sehen, ob noch andere so wie er dachten. Die ganze Mannschaft hatte dem Austausch beigewohnt, auch Christjan, der ziemlich zugerichtet aussah, und alle bekräftigten ihre Zustimmung. Sogar Köppers.
»Also gut, Elsje«, sagte Jan mit ernster Miene und tat so, als gäbe er sich schweren Herzens geschlagen. »Dann bleibst du eben an Bord. Aber du kümmerst dich ab sofort um den armen Doctor, verstanden? Der ist genauso blöd wie unser Christjan, sich mit Leuten anzulegen, denen er nicht gewachsen ist.«
»Aye, Kapitein!« Elsje strahlte über ihr hübsches Gesicht und beeilte sich, unter Deck zu kommen, um nach Doctor Emanuel zu sehen.
»Aber kein Gegrapsche und kein Geschmuse mit ihr«, sagte Köppers mit drohender Miene zu den Männern. »Und du auch nicht, Geerke. Hast du mich verstanden?«
»Jawoll, Baas.«
»Also gut«, sagte Jan. »Dann wäre das geklärt.« Und zu Köppers: »Bitte leg einen Kurs nach Pernambuco an.«
»Nach Pernambuco?«, fragte der erstaunt.
»Du hast mich gehört«, erwiderte Jan fröhlich. Und zum Bootsmann: »Mach das Schiff klar zum Ablegen, Erikson. Ich geh mich kurz beim Hafenmeister abmelden.« Dem Fiete rief er noch zu: »Sag dem Koch, Fiete, wenn ich zurück bin, will ich meinen Kaffee haben. Und ich will ihn heiß, nicht lauwarm. Hast du gehört?«
»Aye, Käptn.«
Erikson blies in seine Bootsmannspfeife, um die Männer zu ihren Aufgaben zu rufen, während Jan von Bord sprang und zu den Räumen des Hafenmeisters marschierte, die in einem Gebäude neben der Festung lagen. Beim Anblick des düsteren Gemäuers kam ihm die Erinnerung an die Zelle, in der sie eingekerkert gewesen waren. Es schauderte ihn bei dem Gedanken an die armen Kerle in dem Verlies, an die Ratten und Kakerlaken. Er konnte nur hoffen, dass in den nächsten Tagen alles nach Plan verlief, sonst würde er den Rest seiner Tage auch in diesem Loch verbringen. Wenn ihm nicht gar Schlimmeres widerfuhr.
Señor Cabrón, der dicke Hafenmeister, begrüßte ihn ausgesprochen mürrisch. Vermutlich wegen der Buße, die Richter Molina ihm aufgebrummt hatte. Seine Miene hellte sich erst ein wenig auf, als Jan ihm die Abreise der Sophie vermeldete, als würde es ihn freuen, ihn und sein verdammtes Schiff endlich loszuwerden. Jan legte Wert darauf, sein nächstes Ziel zu verkündigen, und fragte, ob es vielleicht noch Fracht für Pernambuco gebe. Nein, gebe es nicht, brummte der Hafenmeister schlecht gelaunt, und beendete das Gespräch mit einem brüsken »¡Adiós, Señor!«, bevor er Jan stehen ließ und sich einem anderen Schiffsführer zuwandte.
Wenig später machte die Sophie die Leinen los und verließ mit gutem Wind im Rücken die Flussmündung, um sich erneut dem weiten Meer anzuvertrauen. Die Sicht war klar, die See ruhig. Bald schäumte die Gischt am Bug, rauschte in weißen Schlieren den Rumpf entlang und verlor sich im Kielwasser. Stag und Wanten vibrierten geradezu vor freudiger Energie. Das Schiff benahm sich wie ein junges Pferd, das endlich den Stall verlassen darf und nach Herzenslust losrennen möchte. Die Küstenlinie Hispaniolas fiel schnell zurück, wurde blasser, Einzelheiten waren bald nicht mehr zu erkennen.
Von der Höhe des Achterdecks blickte Jan auf die schwindende Küste. Irgendwo dort hinten lag Don Miguels hacienda. Und in ihrem schönen, herrschaftlichen Haus spielte vielleicht Doña Maria auf dem Cembalo. Wie gern hätte er ihr zugehört. Da fiel ihm das Spinett ein, das er an Bord hatte. Er würde es Don Miguel anbieten, für seine Frau. Noch besser, er würde es ihm schenken, als Dank für seine großherzige Hilfe. Und dann bemühte er sich, die Spanierin endlich aus seinem Kopf zu verbannen und an seine liebe Greetje zu denken. Nur hatte er dabei Mühe, sich ihr Gesicht in Erinnerung zu rufen.
»Da folgt uns einer«, murrte Köppers neben ihm und reichte ihm das Fernrohr. »Sieht wie die Santa Trinidad aus.«
Jan stellte das Fernrohr scharf. »Du hast recht. Scheint alle Segel gesetzt zu haben. Ich glaube, ihr Kapitän will sicherstellen, dass wir unseren Kurs halten und Hispaniola wirklich verlassen.« Er setzte das Fernrohr wieder ab. »Nimm mal etwas Druck von den Segeln, Hein, damit wir ihm nicht gleich davonlaufen. Je weiter wir ihn von der Küste weglotsen, umso besser.«
Köppers sprach mit Erikson, und der ordnete an, was ihm sonst völlig gegen den Strich ging, das Schiff mit schlechtem Segeltrimm zu führen. Es verlangsamte die Sophie ein wenig, und nach einer Weile schien die Galeone aufzuholen. Stundenlang wiederholten sie dieses Spiel, ließen den Spanier mal näher heran, mal weniger. Irgendwann am späten Nachmittag gab er es auf, änderte Kurs und segelte in Richtung Santo Domingo davon.
»Na, hoffentlich haben sie’s geschluckt«, meinte Jan.
»Dass wir nach Brasilien segeln?«
Jan nickte. »In der Nacht kehren wir dann um.«
Während des Katz-und-Maus-Spiels mit der Trinidad hatte Elsje sich mit Begeisterung an ihre neue Aufgabe gemacht, den guten Doctor zu pflegen. Jetzt durfte sie in der Messe und Achterkajüte ein und aus gehen, einem Bereich des Schiffes, zu dem die Mannschaft normalerweise keinen Zutritt hatte. Sie schleppte Suppe für ihn an, frisches Obst, ein wenig von Jans gutem Portwein. Sie richtete ihm die Kissen, wechselte den Verband, schüttelte besorgt den Kopf über seine Wunde, noch mehr über seine Unvernunft, sich zu duellieren, und erfand immer Neues, mit dem sie ihn verwöhnen konnte. Doctor Emanuel genoss die Aufmerksamkeit in vollen Zügen. Fast vergaß er darüber seine Schmach und seine Schmerzen und begann, schon wieder zu lächeln.
»Ach Elsje«, seufzte er. »Wenn du keine Hure wärst, könnt ich mich glatt in dich verlieben.«