Gottes Segen und Rot Front - Harry Rowohlt - E-Book

Gottes Segen und Rot Front E-Book

Harry Rowohlt

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Beschreibung

Als Fibel der Schlagfertigkeit wurde Harry Rowohlts Briefband Der Kampf geht weiter! ein Publikumserfolg. Nun erscheinen noch mehr beste Briefe vom Pavarotti der Schreibmaschine. Seine Briefe sind reinstes Kunsthandwerk aus Wörtern, perfekt durchkomponiert oder, nicht selten und noch besser, perfekt durchimprovisiert. Jeder ist ein Unikat, ein Geschenk des Autors an sich selbst und seine Korrespondenzpartner. Harry Rowohlt schreibt Briefe wie andere sich am Bart zupfen: unablässig, selbstvergessen und besonnen, aber auch wortgewandt und immer beherzt. Er weiß so viele Wörter, Anekdoten und Sprüche, dass manch einer vor Neid erblassen müsste. Höchst intelligentes Lesevergnügen dank einer fast vergessenen Kunst, der des Briefeschreibens. Harry Rowohlt gehört zu den unerreichten Meistern darin.

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Seitenzahl: 228

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INHALT

» Über den Autor und die Herausgeberin

» Über das Buch

» Buch lesen

» Inhaltsverzeichnis

» Personenregister, Editorische Anmerkung, Fußnoten, Impressum

» Weitere eBooks von Harry Rowohlt

» www.keinundaber.ch

ÜBER DEN AUTOR

Harry Rowohlt wurde am 27. März 1945 in Hamburg 13 geboren. Er lebt heute als Autor (u.a. Pooh’s Corner), Übersetzer (u.a. Flann O’Brien, Frank McCourt) und begnadeter Vortragskünstler in Hamburg Eppendorf. Bei Kein & Aber liegt zahlreiches von ihm Geschriebene, Übersetzte und Vorgetragene vor.

ÜBER DIE HERAUSGEBERIN

Anna Mikula wurde 1951 in Klagenfurt geboren und war viele Jahre lang als leitende Redakteurin (Die Zeit, Merian, Die Woche) tätig. Heute lebt sie als freie Kulturjournalistin und Lektorin in Hamburg Eppendorf. Zuletzt erschien das von ihr herausgegebene Buch Flann O’Brien für Boshafte.

ÜBER DAS BUCH

Als Fibel der Schlagfertigkeit wurde Harry Rowohlts Briefband Der Kampf geht weiter! ein Publikumserfolg. Nun erscheinen noch mehr beste Briefe vom Pavarotti der Schreibmaschine.

Seine Briefe sind reinstes Kunsthandwerk aus Wörtern, perfekt durchkomponiert oder, nicht selten und noch besser, perfekt durchimprovisiert. Jeder ist ein Unikat, ein Geschenk des Autors an sich selbst und seine Korrespondenzpartner.

Harry Rowohlt schreibt Briefe wie andere sich am Bart zupfen: unablässig, selbstvergessen und besonnen, aber auch wortgewandt und immer beherzt. Er weiß so viele Wörter, Anekdoten und Sprüche, dass manch einer vor Neid erblassen müsste.

Höchst intelligentes Lesevergnügen dank einer fast vergessenen Kunst, der des Briefeschreibens. Harry Rowohlt gehört zu den unerreichten Meistern darin.

»Wer Harry Rowohlts Briefe nicht liest, hat was verpasst, nämlich viel Wahres, Lustiges und Schönes.«

WDR 5

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Briefe

Personenregister

NEUES VON DER FRONT

Wir erinnern uns: Vor ziemlich genau fünf Jahren erschien Harry Rowohlts erster Briefband, Der Kampf geht weiter. Was sich daraufhin in den bundesweiten Feuilletons ereignete, die dem Autor, Übersetzer, Kolumnisten, Vortragskünstler, Gelegenheitsschauspieler ohnehin wohlgesinnt sind, kann man getrost überschreiben mit der blasphemischen Paraphrase: Lobet den Harry!

Da wird so viel Brillanz konzediert, so viel Komik und Sprachgewalt, so viel Blitzgescheitheit und Widerspenstigkeit, daß es schon der robusten Selbstgewißheit eines Harry Rowohlt bedarf, um nicht überzuschnappen. Und wir wollen nicht verschweigen, daß der durchaus entzückte Rezensent der Süddeutschen Zeitung besorgt anmerkte, ob sich um den Gepriesenen nicht »ein bißchen zu viel Kult und Konsens« angesammelt habe.

Nun ja.

Der leise Einwand hat jedenfalls die »tapfere« Herausgeberin (c’est moi) nicht davon abgehalten, beizeiten auf einen Fortsetzungsband zu drängen – hauptsächlich aus Eigennutz und damit einhergehender Faulheit. Denn die »Kärrnerarbeit« des ersten Bandes, wie ein freundlicher Kritiker treffend anmerkte, sollte sich nicht wiederholen. Zwischenzeitlich waren zwar nicht mehr 80 Ordner zu sichten und wie gehabt in geliehenen Einkaufswagen von seinem zu meinem Haus zu schaffen, immerhin aber Stücker 20 (die naturgemäß wieder so vollgestopft waren, daß unsereins ernsthaft grübeln möchte über den Tick wie über den Trick des Harry Rowohlt, solche Mengen an Papier so kosten- wie raumsparend zu verstauen).

Ob sich der erneute Aufwand gelohnt hat? Die Leser werden es entscheiden, das Feuilleton wird seinen Senf dazugeben, und die Herausgeberin wird im Vorwort zum dritten Band resümieren.

Eines darf man im Vorfeld neutral festhalten: Harry Rowohlt ist nicht altersmilde geworden, schon gar nicht altersweise im landläufigen Sinn. Als ob ihm keine Zeit vergangen sei zwischen den frühen 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts und dem neuen Saeculum, schreibt Harry Rowohlt unbekümmert um die öffentliche Meinung, radikal in Zu- und Abneigung, in klassischer Weise démodé. Es ist der flamboyante Rowohlt-Sound, der eben gerade nicht auf Konsens erpicht ist, der uns hier entgegentönt. Harry Rowohlt sucht sich seine Adressaten nach Lust und Laune aus, »Krethi und Plethi«, wie ein Rezensent in freundlicher Absicht konstatierte, genauso wie honorable Persönlichkeiten des sog. öffentlichen Lebens. (Und so mancher gäbe was drum, wenigstens als Krethi bedacht zu sein.)

Harry Rowohlt, der ob seiner Unverblümtheit und gelegentlichen Barschheit bisweilen Gescholtene, antwortet einem 11jährigen Fan in so zärtlicher Ausführlichkeit und Ernsthaftigkeit, wie es ein Erwachsener kaum erwarten dürfte. Er, der ständig Angeschnorrte, hadert ob der Dreistigkeit – und schickt doch (wenn es ihm grade einleuchtet) einen Scheck vom Selbstverdienten. Das Gerücht vom »Millionenerben« geht ihm schwerst auf den Keks, seine nicht nachlassenden Wutausbrüche auf die ebenfalls nicht nachlassenden Einlassungen, »Haben Sie etwas mit dem Rowohlt Verlag zu tun?«, sind legendär. So viel darf der Augenzeuge verraten: Harry Rowohlt partizipiert am ominösen Erbe nicht, angesichts seines Lebensstils könnte er von Hartz IV existieren; in solche Lage indes wird er nie geraten – unverschuldet bedürftige Zeitgenossen mögen sich bitte nicht auf den Schlips getreten fühlen –, dazu ist er schlicht zu fleißig.

Ende der Abschweifung.

Gut, das klingt nun doch verdächtig nach Lobhudelei.

Und warum nicht?

Harry Rowohlt hat innert 40 Jahren 152 Bücher übersetzt, das macht pro Jahr approximativ 3,5 derselben, dazu 5 Theaterstücke und einen Film. Obendrein hat er nicht zu zählende Hörbücher eingesprochen, agiert seit 13 Jahren regelmäßig als Penner Harry in der Lindenstraße, tingelt zu unser aller Frommen über die Dörfer.

Was das mit den Briefbänden zu tun haben soll? Nur so viel, als Harry Rowohlt nicht korrespondiert, um seinen Nachruhm zu befestigen, sowenig wie er deshalb seine Zeit-Kolumne längst wieder aufgenommen hat, erweitert durch die Übersetzer-Kolumne »Lost in Translation« in der Literaturbeilage derselben Zeitung.

Er schreibt Briefe (und empfängt solche) voller Lust, aus unerschöpflicher Neugier, aus Mitteilungsbedürfnis. Er möchte Gleichgesinnte teilhaben lassen an seinen Erlebnissen und vice versa, weil: Nichts ist fader, als eine Beobachtung, einen Witz, einen Gedankenblitz nicht (mit-)teilen zu können.

Insofern ist Harry Rowohlt, durchaus egozentriert und anstrengend und widersprüchlich wie jeder Künstler, ein Menschenfreund. Und wer eines Ereignisses teilhaftig werden darf der Sorte, daß etwa eine Postkarte des verehrten Ror Wolf eintrifft (um nur ein Beispiel pars pro toto zu erwähnen), der weiß, daß Harry Rowohlt seine Korrespondenz auch betreibt, um Zuneigung zu erfahren.

Schließlich: Wer weltläufige Geistesgegenwart und unbestechliche Geisteshaltung zu schätzen weiß, wird sich hier in angemessener Gesellschaft wiederfinden. (Und wer seine Kolumnen kennt, wird merken, daß er seine Korrespondenten manchmal als Kladden missbraucht, bevor er sich an die Reinschrift für die Zeit macht. Doch dies nur a parte.)

Anna Mikula

2005

»Lieber hänge ich tot über einem Zaun im Kosovo, als daß ich auch nur eine Sekunde lang die Grünen unterstütze.«

AN EINE VERANSTALTERIN

Liebste B.:

1-2-05

Nochmal Dank über Dank für die Rundumbetreuung!!! Ich wollte Dich nochmal anrufen (zweimal); Du warst aber entwetzt. Das war eine geruhsame, gesunde (Nichtraucher!) Fahrt nach München-Pasing (»Ach, meine alte Alma Mater«, habe ich laut auf dem Bahnsteig gesagt), wo der Anschlußzug natürlich längst Geschichte war, weshalb ich friedvoll eine Leberk . . . einen Leberkässemmel fraß und mir auf dem Bahnsteig eine gepflegte Pfingstbräune zulegte. In Murnau (in der Tat in Oberbayern, aber hallo) dann Schnee bis zum Skrotum, und der Hackenporsche ohne Kufen, holdrio. Statt Hôtels eine Ferienwohnung mit Küche/Bad/Balkon. Man hätte dort in eheähnlichen Verbänden hausen können; ich hab sie aber zum Pennen mißbraucht (was ja eheähnlich genug ist). Die Wirtin (die ständig wie am Spieß schreit, weshalb ich zurückschrie, was sie aber naturgemäß nicht dämpfte) rief (laut) bei einem Italiener an (überflüssigerweise mit einem einleitenden »Bonn Tschiorno«) und mußte feststellen, daß es in Murnau um diese Zeit nichts zu essen gab, aber daß Einheimische nix wissen, wußte ich schon. (Ich sage nur: Seezungenfilets in Weißweinsauce mit Wildreis bei einem Griechen aus Lárisa, anschließend Kirsch/Schokoschnitte bei der Bäckerin und abermals einen Leberkässemmel für die Nacht von Vincenz Murr. Vincenz Murr wollte mir eine Suppe zum Mitnehmen andrehen, ich sagte: »Nö, damit fall ich nur hin«, er sagte: »Mit am Leberkas fallens auch hin«, ich: »Das macht dann aber nix.«) Auf der Lesung dann ausschließlich beautés. Ich weiß nicht, woher die kommen, Oberbayern halt. Und zum erstenmal in meinem Leben je ein Buch »FÜR HANIFE« und »FÜR KORBINIAN« signiert. (Allein schon Hanife hätte einen Umweg gelohnt.) Am nächsten Morgen hat mich die Oma des Hôtels selbstherrlich zum Bahnhof gefahren, weil alle ihre Gäste in meiner Lesung waren und immer noch ziemlich kopfstanden bzw. kabolzschossen, wie schön es doch gewesen sei. Sie hatte mich vorher aufgefordert, den Hackenporsche nicht draußen stehen zu lassen (»Wamma den Fußboden nicht einsauen kann, was denn dann?«), und sagte, als ich ihr meine weiteren Stationen aufzählte: »Jeder Stand hat seine Sorgen, jeder Stand hat seine Not.«

Von der Eisenbahn aus auf dem Main sah ich eine Container-Schute namens Ralf-Dieter, was der dümmstanzunehmende Name für ein Schiff weit & breit ist. Am dortigen Hbf nahm ich mir ein Taxi (auf diese Fuhre hatte die Fahrerin 8 Stunden gewartet), checkte (ja: pinkeln müssend) ein, beschloß, mir einen allgemeinen Überblick zu verschaffen, und begegnete am Bach wieder Ralf-Dieter. Fühle ich mich von Ralf-Dieter verfolgt oder sich Ralf-Dieter von mir? Festgestellt, daß Rückert der größte Sohn der Stadt ist, und fein in die Anschleimphase aufgenommen (weil ich doch mal die untröstliche Urÿzula mit einem Gedicht von Rückert getröstet habe). (Wir befinden uns inzwischen in Schweinfurt.)

Dann weiter in den Vorort Bad Neustadt an der Saale. 12 Karten im Vorverkauf ließen nichts Gutes ahnen. Abends kamen dann 55 (in Worten: fimwafuchzick), es gab die 1000. Folge auf Großbildleinwand . . .

. . . und jetzt bin ich wieder zu Hause. (ICH MUSS DRAN DENKEN, MIR EINEN LÖFFEL IN DEN KULTURBEUTEL ZU STOPFEN, WEIL ICH BEI DER NACHT IN BAD NEUSTADT/SAALE MEINEN GYRO MIT DIE FINGER GEGESSEN HABE, MIT HIRSCHTALG, TSATSIKI, SRIRACHA-SAUCE UND ALLEM, UND DAS IST JUDÄO-CHRISTLICH-WESTEUROPÄISCH NUR SCHWER KOMPATIBEL.)

»Und wieder«, wie es in Hamburg auf Radio Nora nach den sehr torsalen Nachrichten immer heißt, »sind Sie umfassend informiert.«

Schönen Gruß, DER KAMPF GEHT WEITER, Gottes Segen und Rot Front!

Dein Harry

AN KIRSTEN GOTTHOLD, LEKTORIN BEI HEYNE

Liebe Kirsten:

15-2-05

Anbei der HIGH IN THE CLOUDS-Vertrag unterschrieben zurück. Getz geh ich auf den Isemarkt, Fischfeinkost einholen, und geb das hier auf der Post auf und ab. Das Geschick hat mir nämlich einen Tag zugeschanzt; ein LS-Kollege hat sich in Berlin auf die Fresse gelegt, so daß der heutige Drehtag ausfällt und ich in aller Bierruhe zu Hause arbeiten kann, anstatt die Bahn AG vollzupupen. Das mach ich dann alles morgen.

Nein, nach Leipzig fahre ich dies Jahr nicht; da war ich gerade. Ich sollte zwar, um Unter dem Milchwald (mit mir als 1. Stimme) zu promoten, aber ich muß auch mal was tun.

(In Do”mund habe ich den rechten Ärmel meines Angeber-Sakkos bei einem obersüßen alten Krüstchen zum Kunststopfen abgegeben, sie hatte 50 Minuten Arbeit damit, wollte 2 Euro dafür und entschuldigte sich noch: »Wennste nich so genau hinkucks woll«, so daß ich bei der Lesung das Publikum beschwor, sich zu Hause das Wams zu zerreißen und am nächsten Morgen als allererstes in die Kaiserstraße 73 zum Kunststopfen zu bringen. Das war im Schauburg-Kino. Die Schauburg-Kinos sind ein Nebenprodukt der Arbeiterbildungsvereine, und in Hamburg hatten sie den Slogan LEUTE; SEID VERNÜNFTIG UND LASST DOCH MAL DIE FRAU DURCH; / SIE WILL DOCH NUR MAL EBEN GANZ SCHNELL NOCH IN DIE SCHAUBURCH.)

Und tüsskes, Dein Harry

AN KURT VONNEGUT

Dear Kört:

Feb 16, 2005

Boy, am I glad you’re still around. I had been planning to write to you, especially when I heard you nearly burnt in your bed, but somehow I didn’t.

»» Just that you promised never to write a

»» novel again doesn’t mean you have to

»» keep that stupid promise. Does anybody

»» else keep their promises? Well?? See?!?

I, e.g., just finished proofreading my translation of Part IV of the Eddie Dickens Trilogy by Philip Ardagh. (And he just finished Part V.) He is a tall Briton (so tall indeed that he had to become a librarian after he flunked in basketball) with a long beard and you’d think he keeps his promises. Do I keep my promises when saying, »Just one more, promise«? Did they keep their promises when they dubbed World War One »The War To End All Wars«?

So much in haste for in between. I have to take a shower and then the train to Cologne where I play a bum in a soap opera. Have been doing this for 10 years nowand it means that 7.4 million Krauts recognize my mug, so if we did a reading tour again everybody’d ask, »Who the fuck is the other guy?«

THE STRUGGLE CONTINUES, all the best, and don’t forget to write that symphony, -kay?

Harry-ze-Hun

Lieber Kört:

16. Februar 2005

Mann, bin ich froh, daß es Dich noch gibt. Ich hatte geplant, Dir zu schreiben, besonders als ich hörte, Du seiest fast im Bett verbrannt, habe Dir dann aber irgendwie doch nicht geschrieben.

Nur weil Du versprochen hast, nie wieder einen Roman zu schreiben, bedeutet das doch noch lange nicht, daß Du dies blöde Versprechen halten mußt. Hält sonst jemand seine Versprechen? NA?? Siehst Du?!?

Ich z.B. bin gerade mit dem Korrekturlesen meiner Übersetzung von Teil IV der Eddie-Dickens-Trilogie von Philip Ardagh fertig geworden. (Und Teil V hat er gerade fertig geschrieben.) Er ist ein großer Brite (tatsächlich so groß, daß er Bibliothekar werden mußte, nachdem er beim Basketball versagt hatte) mit langem Bart, und man sollte doch meinen, daß er seine Versprechen hält. Halte ich meine Versprechen, wenn ich sage: »Nur noch einen, versprochen«? Haben die ihre Versprechen gehalten, als sie den Ersten Weltkrieg den »Krieg, der alle Kriege beenden wird« nannten? Und mittendrin in großer Eile. Ich muß duschen und dann den Zug nach Köln kriegen, wo ich einen Penner in einer Seifenoper spiele. Ich tue das jetzt seit 10 Jahren, und das bedeutet, daß 7,4 Millionen meine Fresse erkennen, so daß, wenn wir wieder auf Lesereise gingen, alle fragen würden: »Wer ist der andere Typ?«

DER KAMPF GEHT WEITER, alles Beste, und vergiß nicht, diese Symphonie zu schreiben, -kay?

Harry-der-Hunne

VON ROGER BOYLAN

Lieber John Rock (oder der Teufel?),

February 25, 2005

Put away that six-shooter, pardner, and have a shot of red-eye. I was flattered by the promiscuous use of footnotes in your latest opus, although I’m afraid to say my deutsch is still so rudimentary that I had a hard time wading through ’em – but I’ve heard native English-speakers say the same thing about my footnotes. Anyway, congrats on the book, and I’d say Herr Gut, as a caricaturist, is sehr gut.

Many thanks, also, for the invite to your birthday bash, and I hardly need say how much I’d love to be there, but (you saw this coming, didn’t you) I’m afraid it’d be pretty tricky to manage. I’m going to be in Rome for, roughly, the first two weeks of March, and two weeks’ vacation is about all these niggardly employers of mine are willing to give me at this time of year; we lack the enlightened, if costly, European approach to vac time over here, as you know.

Excellent news, of course, that we’ll be collaborating on the third and final Killoyle number of my career. In some ways, Wine and Cheese is my favorite of the trilogy. Perhaps it’s the sense of departure, the cliffs receding into the distance, the mournful pipes a-piping, the green fields disappearing over the horizon, farewell to Erin . . . and now it’s on, or back, to sterner stuff, viz., Gustave Adored, my novel-within-a-novel (originally inspired by Dar, or The Gift, by V. Nabokov). I’m working on the inner novel first, then planning to drop in the present-day narrative, as it were, like the girders of a bridge, so the complete assembly can be winched and pullied athwart the mighty flow of . . . block that metaphor. Anyway, it’s a slog, but I think it’s working, so far. Now it’s the turn of the roman policier I mentioned to gather dust for awhile.

But enough of the yammering. Many happy returns, Dutch old man (well, not that old), and I fully intend to be bellying up the bar at the »Fabrik« in spirit, for a round of spirits. On the sacred day I’ll drink a pint of Guinness in your honor. Pending our inevitable reunion someday soon.

Regards to Ulla et al.

Boylan

Boozy Barney O’Boylan, a.k.a. Tex

25. Februar 2005

Lieber John Rock (oder der Teufel?),

leg den Sechsschüssigen beiseite, Pardner, und nimm einen Schuß Fusel. Ich war von der verschwenderischen Verwendung von Anmerkungen in Deinem jüngsten Opus geschmeichelt, obwohl ich leider sagen muß, daß mein Deutsch so rudimentär ist, daß es mir schwergefallen ist, sie zu durchwaten –, ich habe aber englische Muttersprachler Gleiches über meine Anmerkungen sagen hören. Egal, Glückwunsch zum Buch, und ich würde sagen, daß auch Herr Gut als Karikaturist sehr gut ist.

Vielen Dank auch für die Einladung zu Deiner Geburtstagssause, und ich brauche kaum zu sagen, wie gern ich dort wäre, aber (das hast Du kommen sehen, stimmt’s) ich fürchte, es wird kaum zu machen sein. Ich werde etwa die ersten zwei Wochen im März in Rom sein, und mehr als zwei Wochen Urlaub sind diese meine knauserigen Chefs mir in dieser Zeit des Jahres zu geben nicht willens; hier herüben mangelt es uns, wie Du weißt, am aufgeklärten, wenngleich kostspieligen europäischen Zugang zur Dauer von Ferien.

Eine hervorragende Nachricht ist natürlich, daß wir bei der dritten und letzten Killoyle-Nummer meiner Karriere zusammenarbeiten werden. In mancher Hinsicht ist Wein und Käse mein Lieblingsdrittel der Trilogie. Vielleicht ist es das Gefühl von Abschied, die Klippen weichen in der Ferne, die trauervolle Sackpfeife pfeift, die grünen Felder verschwinden überm Horizont, Erin, lebe wohl . . ., und nun auf zu bzw. zurück zu ernsterem Zeugs, nämlich Gustave Adored, meinem Romanim-Roman (zu welchem mich ursprünglich Dar, oder Das Geschenk, von V. Nabokov inspiriert hat). Ich arbeite zuerst am inneren Roman und plane dann, in die Gegenwartserzählung zu verfallen, gleichsam wie die Träger einer Brücke, so daß die gesamte Konstruktion mit Winsch und Flaschenzug dwars dem mächtigen Strom des . . . Metapher gesperrt. Auf jeden Fall ist es eine Schinderei, aber ich glaube, es funktioniert, bisher zumindest. Jetzt obliegt es dem roman policier, den ich erwähnte, ein Weilchen Staub zu fangen.

Indes, genug des Jammerns. Alles Gute zum Geburtstag, Dutch, mein Alter (nun, so alt nun auch wieder nicht), und ich bin fest entschlossen, die Bar der »Fabrik« im Geiste leerzusaufen, eine Runde Geistiges für alle. An jenem geheiligten Tage werde ich Dir zu Ehren eine pint Guinness trinken. Was noch aussteht, ist unsere baldige Wiederzusammenkunft eines baldigen Tages.

Grüße an Ulla et al.,

Barney O’Boylan (bezecht), alias Tex

VON LOTHAR BISKY, VORSITZENDER DER PDS

Lieber Harry Rowohlt,

27. März 2005

die Existenz eines Übersetzerolymps, Kinderlieder, die aus Weinflaschen glucksen, irrsinnige Berichte von Filmfestivals, die Stimme von Kurt Vonneguts Zeitbeben, dies und mehr haben wir Ihnen zu verdanken.

Grund genug ist es, Ihnen einen aufregenden Geburtstag zu wünschen, eine Feier, die die Stimme ölt und den Geist der Sprachwelten belebt.

Hochachtungsvoll

Lothar Bisky

AN LOTHAR BISKY

Lieber Lothar Bisky:

19-11-05

Seit einschließlich Januar hatte ich in diesem Jahr keine einzige Minute Zeit, aber jetzt sind vier eilige Bücher in trockenen Tüten, und ich komme dazu, einen Karton voll nicht-tagesaktueller Post zu beantworten.

Vielen Dank für Ihren netten Brief zu meinem lästigen 60. Geburtstag!!!

(Wäre ich MdB, hätte ich Sie ohne mit der Wimper zu zucken gewählt, aber das werden Sie sich bereits gedacht haben. Roman Herzog sagte einst: »Ich will mich bemühen, mein Amt so auszuüben, daß die, die mich nicht gewählt haben, sich ärgern, weil sie mich nicht gewählt haben«, aber das sagt sich leicht, wenn man gewählt ist.)

Schönen Gruß!

Harry Rowohlt

VON SEAN O’HUIGINN, BOTSCHAFTER VON IRLAND

Sehr geehrter Herr Rowohlt,

29. März 2005

obwohl wir uns noch nicht begegnet sind, haben wir einige gemeinsame Freunde, einschließlich Frank McCourt, und ich weiss natürlich, wie viel Sie dafür getan haben, um einiges aus unserer besten irischen Literatur in solch gut-sitzende deutsche Gewänder zu kleiden.

Es hat mir Leid getan, im Radio zu hören, dass das Rauchverbot in unseren Pubs dazu geführt hat, dass Sie Irland nicht mehr besuchen. Sie kennen Irland gut genug, um zu wissen, dass wir sowohl eine Menge verantwortungsbewusste skandinavische als auch anarchische keltische Gene besitzen und es nur fair ist, dass die ersteren zumindest hin und wieder gewinnen.

Ich möchte Ihnen meine besten Wünsche zu Ihrem sechzigsten Geburtstag aussprechen und unseren Dank für alles, was Sie für Irland getan haben. Als kleines Zeichen meiner Wertschätzung lasse ich Ihnen eine andere irische Neuerung – eine neue Whiskeymarke – zukommen, von der ich hoffe, dass Sie sie gutheißen können.

Wenn Sie in Berlin sein sollten, würde ich mich freuen, Sie zu treffen und Ihnen persönlich zu gratulieren und zu danken.

Mit freundlichen Grüssen

Sean O’Huiginn

Botschafter von Irland

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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