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Sowohl ein Philosophiebuch der Logik als auch ein Mathematikbuch der Logik, auf systematische Weise geordnet. Grundgesetze und Methoden der Logik finden nicht nur Anwendung in der Mathematik und Philosophie, sondern außerdem auch in vielen anderen Wissenschaften. Das Buch Grundgesetze und Methoden der Logik umfasst (1) begrifflich relevante Punkte (dazu gehören z. B. Aussagen, Begriffe, Definitionen, Urteile, Schlüsse), (2) axiomatisch relevante Punkte (dazu gehören z. B. Tautologien, notwendige Wahrheiten, absolut erste Wahrheiten, der Satz von allem und keinem) und (3) methodisch relevante Punkte (dazu gehören z. B. die Wahrheitstafelmethode, das Zirkelfehlerprinzip, mehrere Substitutionsprinzipien, der Schluss auf die beste Erklärung). Bei allen logischen Gesetzen und Methoden, die neben der logischen Bedeutung auch eine ontologische Bedeutung haben werden beide Bedeutungen angegeben. Im Text sind zahlreiche Zitate von Philosophen integriert, die die Tragweite und die Historie der logischen Grundgesetze beschreiben. Zu allen Grundgesetzen und Methoden sind Beispiele und Anwendungen angeführt.
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Seitenzahl: 425
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Einführung
Abkürzungsverzeichnis und verwendete Symbole
Logische Grundsätze – Tabellenübersicht
Logische Grundsätze – Beschreibung
Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch
Satz vom ausgeschlossenen Dritten
Bivalenzprinzip
Gesetz der Identität
Prinzip der Identität des Ununterscheidbaren
Prinzip vom ausgeschlossenen unendlichen Regress
Prinzip der Unerklärbarkeit der ersten Prinzipien
Prinzip der Undefinierbarkeit der ersten Begriffe (Grenze der Definierbarkeit)
Prinzip der Wahrscheinlichkeit
Indifferenzprinzip
Prinzip der Unendlichkeit
Prinzip vom Sachgehalt
Prinzip vom leeren Sachgehalt
Gesetz der Kontinuität
Prinzip des Zusammenhangs zwischen logischer und ontologischer Wahrheit
Grundsatz der Wahrheitsübertragung
Prinzip der verschiedenen Wahrheiten
Prinzip der Wahrheitsüberprüfung bei universellen und partikulären Urteilen
Prinzip der Falsifikation
Prinzip verschiedener Wahrheitsgrade (Wissensgrade)
Grundsatz der Beweisführung
Prinzip der Schlüsse
Prinzip der 2 Beweisarten (a priori - a posteriori)
Prinzip der Wahrheitstafelmethode
Prinzip der Unterscheidung (notwendige Bedingung - hinreichende Bedingung)
Prinzip der Urteile
Prinzip der absolut ersten Wahrheiten
Grundsatz vom Wesen der Implikation
Prinzip einer Aussage über Zukünftiges (Seeschlacht-Argument)
Prinzip der Definitionen
Prinzip vom Wesen eines Prinzips
Prinzip logischer Wahrheitsmöglichkeiten
Satz der Verifizierbarkeit
Prinzip der Intersubjektivität
Induktionsprinzip
Prinzip 1 vom Ganzen
Prinzip 2 vom Ganzen
Prinzip vom Notwendigen
Prinzip vom Möglichen
Prinzip vom Wirklichen
Prinzip des Modalgefälles
Prinzip verschiedener Modalitäten
Prinzip der Kontingenz
Prinzip von der Unmöglichkeit eines Rückschlusses bei alternativen Möglichkeiten
Prinzip von der Unmöglichkeit eines Schlusses von einem Teil auf das Ganze
Prinzip von der Möglichkeit eines Rückschlusses auf Geschehenes
Prinzip der gleichen Reste
Gesetz der Transitivität
Prinzip der gleichen Ganzen
Prinzip der ungleichen Ganzen
Prinzip der gleichen Verdopplung
Prinzip der gleichen Hälften
Prinzip der Einsetzung in eine Gleichung
Zirkelfehlerprinzip
Prinzip der Verhinderung einer petitio principii
Prinzip der Begriffsarten
Prinzip einer Ordnung von Begriffen (Begriffsanalyse)
Grundsatz der Extension (Umfang) eines Begriffs
Grundsatz der Vollständigkeit des Definierens
Grundsatz der Intension (Inhalt) eines Begriffs
Prinzip der Unterscheidung zwischen Umfang und Inhalt eines Begriffs
Prinzip des Zusammenhangs zwischen Umfang und Inhalt eines Begriffs
Extensionalitätsprinzip
Prinzip eines intensionalen Kontextes
Substitutionsprinzip (Salva-veritate-Prinzip)
Substitutionsprinzip des Identischen (Leibniz)
Prinzip der Unterscheidung (kontradiktorisch - konträr)
Prinzip der Unterscheidung (analytisch - synthetisch)
Prinzip der Unterscheidung (a priori – a posteriori)
Prinzip der Unterscheidung (psychologisch - logisch)
Prinzip der Unterscheidung (subjektiv - objektiv)
Prinzip vom Kontext (Kontextprinzip)
Prinzip der Unterscheidung (Beziehung - Begriff - Gegenstand)
Prinzip der Unterscheidung (Gedanke - Sinn - Bedeutung)
Prinzip der Unterscheidung (Funktion - Funktionswert - Argument) (Namen – Kennzeichnungen)
Humes Prinzip
Sollen-Können Prinzip
Prinzip der Unmöglichkeit eines Zusammenhangs zwischen Sein und Sollen
Prinzip des Zusammenhangs (geboten-erlaubt)
Prinzip des Zusammenhangs (denkbar - glauben - wissen)
Grundsatz der Widerspruchsfreiheit eines rationalen Glaubensbegriffs
Prinzip der Vermeidung von Begriffskonflikten
Prinzip des Erkennens einer Übereinstimmung oder eines Unterschieds bei Dingen und Begriffen
Prinzip der Vermeidung leerer Hypothesen (leerer Behauptungen)
Gesetz der doppelten Negation
Gesetz der Kontraposition
Prinzip eines disjunktiven Urteils
Prinzip der Wahrheit (Wahrheitstheorien)
Schubfachprinzip
Prinzip vom Schluss auf die beste Erklärung
Unableitbarkeitsprinzip
Prinzip der hypothetischen Abschwächung und Peirce'sches Gesetz
Gesetz der formalen Verstärkung
Gesetz der disjunktiven Abschwächung
Prinzip der Apagoge (Abduktion) (Aristoteles)
Prinzip der Abduktion (Peirce)
Prinzip eines praktischen Schlusses (praktischer Syllogismus)
Satz von allem und keinem
Grundsatz der skeptischen Argumentationsweisen
Prinzip des klassischen Dilemmas
Prinzip der Unterscheidung zwischen syntaktischer und semantischer Wahrheit
Prinzip der Eigenschaften von Axiomensystemen (Theorien)
Gödelsche Unvollständigkeitssätze
Prinzip einer Zeitlogik
Prinzip der Einfachheit (Ökonomie)
Quellen (Belegstellen – Zitate)
Quellen (Primärliteratur)
Quellen (Sekundärliteratur)
Quellen (Wörterbücher / Lexika)
Zeittafel der Philosophen und Wissenschaftler
Sachregister
"Die Erkenntnis, als Wissenschaft, muß nach einer Methode eingerichtet sein. Denn Wissenschaft ist ein Ganzes der Erkenntnis als System und nicht bloß als Aggregat. - Sie erfordert daher eine systematische, mithin nach überlegten Regeln abgefaßte Erkenntnis."
Immanuel Kant, Logik (Allgemeine Methodenlehre §95)
Das Buch beinhaltet logische Grundsätze. Dabei werden die Wörter Grundsatz, Satz, Gesetz, Prinzip, Axiom meistens synonym gebraucht. Da Axiome immer vom System, vom Kontext abhängig sind, können sie in manchen Systemen Axiome sein, während sie in anderen Systemen beweisbar sein können. Streng genommen sind Axiome also Grundsätze, d. h. unbeweisbar, während Sätze beweisbar sind. Prinzipien bezeichnen Anfänge und sind deswegen auch streng genommen identisch mit Grundsätzen, können aber auch als Gesetze bezeichnet werden. Prinzipien referenzieren aber auch auf die Kernpunkte, das Wesen einer Sache.
Für manche Grundsätze wurden verschiedene Namen in der Literatur gefunden, diese sind dann alle an der jeweiligen Stelle (Tabelle oder Beschreibung) mit angegeben. Einige der Grundsätze wurden von verschiedenen Philosophen genannt und auch verwendet, aber ohne explizite Namensgebung. Wegen der besseren Auffindbarkeit und Systematik, wurde diesen ein möglichst selbsterklärender Name gegeben.
Einige der Grundsätze enthalten ontologische Aspekte, da sie nicht nur logische sondern allgemein auch ontologische Grundsätze sein können. Das gilt z. B. für das Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch oder für den Satz vom ausgeschlossenen Dritten. Die ontologischen Aspekte werden also in diesem Buch mit angegeben.
Von den Grundsätzen in diesem Buch sind z. B. betroffen: Aussagen- und Prädikatenlogik, mehrwertige Logik, modale Logiken und Zeitlogik.
Wozu braucht man logische Grundsätze (Prinzipien)?
Wenn man ein Argument (einen Schluss) erstellen möchte, benötigt man Prinzipien.
Was ist ein Argument (ein Schluss)?
Durch ein Argument führt man die Wahrheit einer Aussage (Schlusssatz bzw. Konklusion) auf andere Aussagen zurück, deren Wahrheit bereits bekannt oder unmittelbar einsichtig ist. Diese anderen Aussagen, auf die man die Wahrheit zurückführt, heißen Prämissen. Einen Schlusssatz oder eine Folgerung kann man ganz allgemein aus einer Prämisse oder aus mehreren Prämissen ziehen.
Beispiel mit 2 Prämissen:
Prämisse 1
Prämisse 2
----------------
Schlusssatz (Konklusion)
Wenn man ein solches Argument erstellen möchte, benötigt man 4 Dinge:
ein Werkzeug (methodische Prinzipien, z. B. logische Grundsätze),
das “Woraus“, d. h. die Prämissen (inhaltliche Aussagen, d. h. z. B. inhaltliche Prinzipien),
das “Was“, d. h. eine Behauptung, die man schließen möchte (einen Schlusssatz),
eine Gattung, d. h. einen Bereich (einen Kontext innerhalb dessen man die Prämissen verwendet und dem der Schlusssatz angehört).
Die Prämissen können z. B. kontingent wahr, notwendig wahr, wahrscheinlich wahr oder möglicherweise wahr sein. Der Schluss als Ganzes ist nur so gut, wie die Gesamtheit der Prämissen, d. h. z. B., dass ein Schluss aus einer notwendigen und einer kontingenten Prämisse, selbst nur kontingent sein kann. Ein strenger wissenschaftlicher Schluss besteht aus notwendig wahren Prämissen. Vgl. hierzu auch Prinzip 22: Prinzip der Schlüsse und Prinzip 21: Prinzip der Beweisführung. Schlüsse aus falschen Prämissen können durch richtige Regeln entstanden sein. Wenn die Prämissen jedoch falsch waren, ist das Argument als Ganzes nicht brauchbar. Die logische Korrektheit eines Argumentes ist allein nicht hinreichend, sondern zusätzlich müssen die Prämissen wahr sein, damit ein Argument einen Sinn macht. Wenn die Prämissen wahr sind und der Schluss ebenfalls wahr ist, zwischen beiden aber kein Zusammenhang besteht ist das Argument auch nicht brauchbar, d. h., dass der Kontext unbedingt wichtig ist. Ein Argument muss daher logisch korrekt sein und die Prämissen müssen wahr sein, dann ist gewährleistet, dass auch der Schluss wahr ist; zusätzlich sollte aber das Argument in einem zusammenhängenden Kontext stehen.
Vgl. hierzu auch [Tet5] oder [Sal1].
Allgemeine Symbole
A, B, C, D
Abkürzung für Aussagen oder Mengen oder Ereignisse oder Eigenschaften oder Begriffe (Großbuchstaben)
A, B, M
Klassen: A=Axiom, B=Begriffsbildung, M=Methode
a,b,c,d,e,f,g,x,y,z
Abkürzung für Gegenstände oder Begriffe (Kleinbuchstaben)
F, G, H
Abkürzung für Eigenschaften von Gegenständen oder Begriffen
GZ
das Ganze
kW
kontingente Wahrheit
L
Logik
logW
logisch Wahres
nW
notwendige Wahrheit
ontW
ontologisch Wahres
PräG
Prämissengehalt (Sachgehalt der Prämisse)
q.e.d.
quod erat demonstrandum
R
Relation
RG
Reinhard Gobrecht
Sa
Sachgehalt
SaU
Sachgehalt Ursache
SaW
Sachgehalt Wirkung
SchG
Schlussgehalt (Sachgehalt eines Schlusses)
T
Teil
U
Ursache
W
Wirkung
w.z.z.w.
was zu zeigen war
Modalitäten
Modalität notwendig
◊
Modalität möglich
D
Modalität denkbar
E
Modalität erlaubt
G
Modalität glauben
M
Modalität möglich
N
Modalität notwendig
O
Modalität sollen
W
Modalität wissen
temporale Operatoren
G
es wird immer der Fall sein, dass
H
es war immer der Fall, dass
F
es wird einmal der Fall sein, dass
P
es war einmal der Fall, dass
Mathematische Symbole
-
Subtraktion
+
Addition
*
Multiplikation
:
Division
<
kleiner
>
größer
gleich
/=
ungleich
√
Quadratwurzel
f,g,h,...
Funktionen
Logische Symbole
gdw
genau dann wenn
~
nicht
¬
nicht
→
impliziert (logische Folgerung)
↔
Äquivalenz
oder (inklusiv)
oder
oder (inklusiv)
und
und
und
entweder oder
∀x
für alle x (Allquantor)
∃x
es gibt ein x (Existenzquantor)
Mengensymbole
∈
Element von
{ }
Mengenklammern
⊂
Teilmengenbeziehung
∩
Durchschnitt von Mengen
∪
Vereinigung von Mengen
card
Kardinalzahl, Mächtigkeit
Zitatsymbole
“
Symbol für Zitate der Belegstellen, Anfang + Ende
>> oder >
Symbol für Zitate innerhalb der Belegstellen, Anfang
<< oder <
Symbol für Zitate innerhalb der Belegstellen, Ende
‘
Symbol für Zitate innerhalb der Belegstellen, Anfang + Ende
Griechische Symbole
Δ, Φ
§ 1 Bedeutung
In der Wirklichkeit ist es unmöglich, dass dasselbe ist und zugleich nicht ist. In der Logik ist es unmöglich, dass dasselbe wahr und zugleich falsch ist. Einer Substanz, einem Gegenstand, einem Ding kann ferner eine Eigenschaft unmöglich zukommen und zugleich nicht zukommen. Nach Aristoteles ist dieses Prinzip das sicherste Prinzip von allen [A3]. Er bezeichnet es auch als Prinzip der anderen Axiome. Aristoteles gibt für dieses Prinzip eine Art indirekten Beweis. Vgl. den Punkt Begründung des Prinzips. Die Bedeutung des Prinzips ist sowohl von ontologischer als auch von logischer Natur.
Nicht ganz eindeutig ist die Namensgebung in der Geschichte des Prinzips. Mal heißt es treffend 'Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch', mal einfach kürzer und weniger treffend 'Widerspruchsprinzip'.
§ 2 Geschichte
Schon Parmenides spricht von Sein oder Nichtsein, das Gegenteil wäre ein Widerspruch, vgl. [Pam3]. Er bezeichnet auch das Nichtsein als undenkbar. Bei Platon wird ebenfalls über die Unmöglichkeit von Widersprüchlichem bei ein und demselben gesprochen, vgl. [P26]. Aristoteles beschreibt dieses Prinzip in seiner Metaphysik als das sicherste und oberste Prinzip von allen [A3]. Nach Ockham gibt es ein theologisches Motiv für das Prinzip: Gott vermag nichts zu tun und zu bewirken, was einen Widerspruch in sich enthielte, vgl. [O2]. Gemäß Ockham ist die Erkennbarkeit von Dingen prinzipiell widerspruchsfrei. Würde das Gegenteil des Prinzips auf Dinge zutreffen, müssten diese grundsätzlich verschieden sein. Für Descartes ist dieses Prinzip eine ewige Wahrheit, ein Axiom [D10]. Zu ewigen Wahrheiten vgl. auch Prinzip 17: Prinzip der verschiedenen Wahrheiten. Locke [Loc8] und Leibniz [L4] und [L45] nennen beide das Prinzip. Nach Leibniz folgen aus diesem Prinzip die Vernunftwahrheiten (notwendigen Wahrheiten), vgl. Prinzip 17. Diese Wahrheiten sind nach Auffassung von Leibniz dem göttlichen und menschlichen Denken gemeinsam [L10]. Bei Kant wird dieses Prinzip in der Kritik der reinen Vernunft als logisches Prinzip beschrieben, vgl. [K20]. Wolff bemerkt zum Prinzip des ausgeschlossenen Widerspruchs folgendes: "Wir erfahren dies als die Natur unseres Geistes, daß er, während er urteilt, daß irgend etwas ist, nicht zugleich urteilen kann, daß dasselbe nicht ist." [W6]. Weitere Belegstellen gibt es bei Russell, u. a.
§ 3 Belegstellen
Parmenides [Pam3] (Fragment 8)
“Wohin, woher gewachsen? Weder: aus Nichtseiendem, werde ich dich sagen oder denken lassen; denn es ist nicht sagbar noch denkbar, daß (etwas) nicht ist. Und welches Bedürfnis hätte es auch veranlassen sollen, später oder früher, aus dem Nichts beginnend, sich zu bilden? Also muß es entweder ganz und gar sein oder nicht. Noch auch wird die Gewalt der Gewißheit zulassen, daß jemals aus einem Seienden irgendetwas über es hinaus wird – aus diesem Grunde hat weder zum Werden noch zum Vergehen die Rechtmäßigkeit es in seinen Fesseln lockernd losgelassen, sondern hält es fest. Die Entscheidung darüber beruht aber hierin: Entweder ist es, oder es ist nicht! Aber es ist nun entschieden, wie es Notwendigkeit ist: daß man den einen Weg liegen lasse als undenkbar, unnennbar, denn es ist nicht der wahre Weg; daß der andre dagegen, wonach es ist, eben der richtige sei. [...]“
Platon [P26] (Entgegengesetztes zur gleichen Zeit)
"Sokrates. Ist es also möglich, daß ein und dasselbe zu gleicher Zeit in der nämlichen Beziehung still stehe und sich bewege?
[...] Laß uns denn noch genauer uns darüber verständigen, damit wir nicht etwa im weiteren Verlauf auf Zweifel stoßen. Wollte nämlich jemand von einem Menschen, der still steht, aber seine Hände und seinen Kopf bewegt, behaupten, daß ein und derselbe zu gleicher Zeit still stehe und sich bewege, so würden wir, denke ich, diese Behauptung nicht als statthaft gelten lassen, sondern nur die, daß ein Teil an ihm still stehe, der andere dagegen sich bewege. [...] Kein derartiger Einwurf also soll uns irre machen noch uns den Glauben beibringen, daß jemals irgend etwas, das sich gleich bleibt, gleichzeitig in dem nämlichen Sinn und in Beziehung auf das nämliche Objekt Entgegengesetztes leiden [oder sein] oder tun könne."
Aristoteles [A3] (das sicherste unter allen Prinzipien)
"Daß ein so beschaffenes Prinzip das sicherste unter allen ist, leuchtet ein; welches aber dies ist, wollen wir nun angeben: daß nämlich dasselbe demselben und in derselben Beziehung [...] unmöglich zugleich zukommen und nicht zukommen kann. Das ist das sicherste unter allen Prinzipien; denn es paßt darauf die angegebene Bestimmung. Es ist nämlich unmöglich, daß jemand annehme, dasselbe sei und sei nicht. [...] Daher kommen alle, die einen Beweis führen, auf diese letzte Annahme zurück; denn dies Prinzip ist seinem Wesen nach zugleich Prinzip der anderen Axiome."
Ockham [O2] (Erkennbarkeit und Widerspruchsfreiheit - theologisches Motiv)
Alles, was prinzipiell erkennbar ist, muss zugleich prinzipiell widerspruchsfrei sein.
(a und ~a) ist nur möglich, wenn a und a zwei verschiedene Gegenstände wären. "In diesem Sinne nennt Ockham den Widerspruchssatz den 'zuverlässigsten Weg des Nachweises der Unterschiedenheit der Dinge'. "
Kontradiktorisches kann man weder aussagen, erkennen noch antreffen.
Gott vermag nichts zu tun und zu bewirken, was einen Widerspruch in sich enthielte. Gott vermag nichts ungeordnet zu tun.
Bemerkung
Punkt (iv) stellt ein theologisches Motiv für das Prinzip dar.
Descartes [D10] (ewige Wahrheit - Axiom)
"[...] eine ewige Wahrheit, welche in unserem Geiste ihren Sitz hat und ein Gemeinbegriff oder ein Axiom genannt wird. Von dieser Art sind die Sätze: Es ist unmöglich, daß dasselbe zugleich ist und nicht ist; das Geschehene kann nicht ungeschehen werden; wer denkt, muß, während er denkt, existieren, [...]."
Locke [Loc8] (Ein Ding kann unmöglich zugleich sein und nicht sein)
“Ich werde mit den spekulativen Prinzipien beginnen und als Beispiel die folgenden berühmten Prinzipien des Beweises nehmen: ‘Was ist, das ist‘ und ‘Ein Ding kann unmöglich zugleich sein und nicht sein‘.“
Leibniz [L4] (Etwas als wahr oder falsch beurteilen)
"Unsere Überlegungen gründen auf zwei großen Prinzipien, demjenigen des Widerspruchs, aufgrund dessen wir das als falsch beurteilen, was Widersprüchliches oder Falsches einhüllt und als wahr, was diesem entgegengesetzt ist,...und dasjenige des zureichenden Grundes, aufgrund dessen wir keine Tatsache als wahr oder existierend annehmen, keine Aussage als wahrhaftig, ohne daß es einen zureichenden Grund gäbe, weswegen es sich so verhielte und nicht anders, obgleich sehr häufig diese Gründe uns nicht bekannt sein können."
Leibniz [L45] (dass ein Satz unmöglich zugleich weder wahr noch falsch sein kann)
“Das Prinzip des Widerspruchs ist im allgemeinen: Ein Satz ist entweder wahr oder falsch; dies schließt zwei wahre Aussagen ein; erstens, daß das Wahre und das Falsche in demselben Satze nicht zusammen bestehen können, oder daß ein Satz nicht zugleich wahr und falsch sein kann; zweitens, daß das Gegenteil oder die Verneinung des Wahren und des Falschen nicht zugleich stattfindet, oder daß es zwischen Wahrem und Falschem kein Mittleres gibt, oder auch, daß ein Satz unmöglich zugleich weder wahr noch falsch sein kann. “
Baumgarten [B1] (§7)
Nichts ist A und nicht A.
Dieser Satz heißt der Satz des Widerspruchs, und der schlechterdings erste Grundsatz.
Wolff [W6]
Kapitel 1: Das Widerspruchsprinzip
Kant [K20] (logisches Prinzip)
"Ein jeder Begriff ist in Ansehung dessen, was in ihm selbst nicht enthalten ist, unbestimmt, und steht unter dem Grundsatze der Bestimmbarkeit; daß nur eines von jeden zween einander kontradiktorischentgegengesetzten Prädikaten, ihm zukommen könne, welcher auf dem Satze des Widerspruchs beruht, und daher ein bloß logisches Prinzip ist, das von allem Inhalte der Erkenntnis abstrahiert, und nichts, als die logische Form derselben vor Augen hat."
Lotze [Lotz5]
Nr. 54 Prinzip des Widerspruchs
Russell [R1]
Kapitel 7 (Satz vom Widerspruch) “Nichts kann zugleich sein und nicht sein.“
Coreth [C4]
Gesetz des Widerspruchs
Gesetz des Nicht-Widerspruchs
Kontradiktionsprinzip
Essler/Martinez/Labude [EML6]
Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch ¬ (A ¬ A)
Schlick, Andreas [SchlA1] (ontologisches Prinzip)
“Im Kern geht es Aristoteles nicht um die Rechtfertigung des Satzes vom Widerspruch als logisches Prinzip, sondern um die ontologische Versicherung, dass alles, was existiert, als Einheit existiert.“
Tugendhat/Wolf [Tu/Wo4]
Der Satz vom Widerspruch
§ 4 Begründung
Vgl. [A3]
Wenn das Prinzip falsch wäre:
Ein Ding kann nicht beides zugleich sein (z. B. Mensch und Nicht-Mensch zumal beide Begriffe Kontradiktorisches bezeichnen).
Eine Annahme dasselbe sei zugleich und sei nicht, ist unmöglich; denn wer sich hierüber täuschte, der hätte ja die entgegengesetzten Ansichten zugleich.
Eine Handlung geschieht durch Entscheidung; etwas tun und zugleich nicht tun ist nicht möglich. (In einen Abgrund stürzen bzw. nicht stürzen.)
Eine Sinneswahrnehmung erklärt nicht zur selben Zeit über dasselbe, dass es sich so verhalte und auch nicht so verhalte (Geschmack: süß und nicht süß, Auge: fern und nicht fern). Demselben Sinne erscheint doch nicht in derselben Beziehung, derselben Weise und derselben Zeit etwas als verschieden.
Ein beliebiger Gedanke über einen Gegenstand wird entweder bejaht oder verneint.
Eine Begründung für den logischen Anteil des Prinzips ist nach den Wahrheitstafeln sehr einfach möglich. Man betrachte folgende Wahrheitstafel:
(A und ~A)
B
(A und ~A) → B
f
w
w
f
f
w
§ 5 Logische Formalisierung
Logische Bedeutung: Eine Aussage A sowohl als ihre Verneinung ~A können nicht zugleich wahr sein. Formalisierung mithilfe der Aussagenlogik: ~(A und ~A).
Ontologische Bedeutung: (Es ist unmöglich dass, dasselbe sei und nicht sei) oder (dass nämlich dasselbe demselben und in derselben Beziehung unmöglich zugleich zukommen und nicht zukommen kann). Formalisierung mithilfe der Prädikatenlogik: ~ (a und ~a) oder ~(Fa und ~Fa).
§ 6 Anwendung
Eine typische Anwendung des Prinzips ist, im Rahmen eines Beweises aus einer Hypothese, oder aus den Prämissen einen Widerspruch zu folgern, d. h. eine Aussage A und ~A. Damit erreicht man den Nachweis, dass die ursprüngliche Hypothese oder eine der Prämissen falsch sein müssen.
Ein berühmtes Beispiel ist der Beweis, dass √2 irrational ist. Dieser Beweis ist relativ einfach und soll nun durchgeführt werden:
Der Beweis kann z. B. nachgelesen werden in ähnlicher Form bei Russell [R23], im Buch der Elemente bei Euklid [E2] oder bei Beutelspacher [Beu1].
§ 1 Bedeutung
Das Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten besagt in seiner ontologischen Form, dass jegliches entweder ist oder nicht ist. Eine dritte Möglichkeit, etwas Mittleres (dazwischen) kann es nicht geben. Wenn z. B. etwas noch im "Werden" begriffen ist, wird es dem Sein noch nicht zugerechnet, sondern noch dem Nichtsein; andererseits wenn etwas am "Vergehen" ist wird es dem Nichtsein noch nicht zugeordnet. (Dies ist eine mögliche Sichtweise). Werden und Vergehen sind somit nach dieser Meinung kein Mittleres zwischen Sein und Nichtsein. In der logischen Form besagt das Prinzip, dass eine Aussage entweder wahr oder falsch ist. Nach Frege [F48] bietet diese Prinzip die Möglichkeit einen Bereich scharf einzuteilen und damit zu einer scharfen Definition eines Begriffes zu kommen, vgl. hierzu auch Prinzip 59: Grundsatz der Vollständigkeit des Definierens.
Dieses Prinzip ist äquivalent zu Prinzip 1:
~(A und ~A) ↔ (~A oder ~~A) ↔ (~A oder A) ↔ (A oder ~A)
Die Äquivalenz zu Prinzip 1 beinhaltet in der Richtung Prinzip 2 → Prinzip 1 einen verborgenen Zirkelschluss. Vgl. [W3]. Erklärung: Durch das "entweder oder" bzw. dadurch, dass die Negation von A kontradiktorisch zu A ist, wird der Fall, dass A und ~A beide gleichzeitig wahr sind (Wahrheitstafel), ausgeschlossen. Damit wird auch der Widerspruch ausgeschlossen.
§ 2 Geschichte
Das Prinzip wird bereits von Aristoteles erwähnt: "entweder bejahen oder verneinen". Aristoteles vertritt auch eine einfache Sichtweise der "Rechtheit", indem er dem Sein 'wahr' und dem Nicht-Sein 'falsch' zuordnet: "Man sagt aber von dem Seienden nicht, es sei nicht oder es sei, und ebensowenig von dem Nicht-Seienden", vgl. [A19]. Dieses Prinzip trägt auch das sogenannte Seeschlachtargument, vgl. Prinzip 29, denn auch für zukünftige Aussagen gilt dieses Prinzip: Es ist notwendig, dass morgen eine Seeschlacht entweder stattfindet oder nicht stattfindet, vgl. [A94]. Wenn das Prinzip nicht gelten würde, hätte das eine Vervielfachung des Seins zur Folge, es müsste dann z. B. natürliche Zahlen geben, die weder gerade noch ungerade wären, vgl. [A117]. Cicero sagt, wenn eine Disjunktion aus Gegensätzen falsch sein kann, dass dann jede Disjunktion falsch ist, vgl. [Cic1]. Auch bei Leibniz [L4] und [L45] und Wolff [W2] und [W3] wird dieses Prinzip genannt. Wolff untersuchte auch die Äquivalenz dieses Prinzips zu Prinzip 1: Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch und fand dabei einen Zirkelschluss, vgl. [W3]. Weitere Belegstellen gibt es bei Kant, Frege, Wittgenstein, Russell u. a. Nach A. Schlick würde für die Seinsbereiche, ein Mittleres zwischen Mensch und Nicht-Mensch etwa, ein Nichts bedeuten [SchlA2].
§ 3 Belegstellen
Aristoteles [A19] (Zwischen Sein und Nicht-Sein gibt es kein Mittleres.)
"Ebensowenig aber kann es zwischen den beiden Gliedern des Widerspruchs etwas geben, sondern man muß notwendig jeweils Eines von Einem entweder bejahen oder verneinen. [...]
Zu sagen nämlich, das Seiende sei nicht oder das Nicht-Seiende sei, ist falsch, dagegen zu sagen, das Seiende sei und das Nicht-Seiende sei nicht, ist wahr. Wer also ein Sein oder ein Nicht-Sein prädiziert, muß Wahres oder Falsches aussprechen. Man sagt aber von dem Seienden nicht, es sei nicht oder es sei, und ebensowenig von dem Nicht-Seienden."
Aristoteles [A94] (Notwendig ist, dass morgen eine Seeschlacht entweder stattfindet oder nicht stattfindet.)
“Es ist notwendig, daß alles entweder ist oder nicht ist und sein wird oder nicht sein wird. Es ist aber nicht notwendig, daß man eins von beiden getrennt für sich behauptet. [...] “
Bemerkung hierzu: Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten ist eine notwendige Wahrheit (eine Tautologie) und gilt daher auch für die Zukunft. Er trägt das sogenannte >Seeschlacht-Argument<, vgl. Prinzip 29. Die einzelnen Aussagen der notwendigen Alternative sind jedoch kontingent und damit in der Gegenwart nicht bewertbar, da man heute noch nicht definitiv sagen kann, ob morgen eine Seeschlacht stattfindet. So gesehen benötigt man für die kontingenten Anteile einen dritten Wahrheitswert, vgl. hierzu auch das Bivalenzprinzip, Prinzip Nr. 3.
Aristoteles [A117] (disjunkte Seinsbereiche=Gegenstandsmenge + Negationsmenge - Vervielfachung des Seienden, wenn es ein Mittleres geben würde)
“Ferner müßte es auch in den Gattungen des Seienden, in welchen die Negation zugleich den konträren Gegensatz mit sich bringt, ein Mittleres geben, z. B. bei den Zahlen müßte es solche geben, die weder gerade noch ungerade wären, das ist aber unmöglich, wie sich aus der Definition ergibt. [...] Ferner müßte dies ins Unendliche fortgehen, und man würde nicht nur das Anderthalbfache der seienden Dinge erhalten, sondern noch mehr. Denn man könnte ja wieder über das Mittlere zusammen mit der Bejahung und zusammen mit der Verneinung die Verneinung aussprechen, und dies würde selbst etwas sein, da seine Wesenheit eine von beiden verneinten verschieden wäre.“
Cicero [Cic1] (wenn das Prinzip falsch wäre ...)
“Wenn nämlich eine Disjunktion, die aus Gegensätzen gebildet ist (Gegensätze liegen, sage ich, dann vor, wenn die eine Hälfte affirmativ, die andere negativ gehalten ist) – wenn eine solche Disjunktion falsch sein kann, dann ist überhaupt keine wahr.“
Leibniz [L4]
vgl. Prinzip 1
Leibniz [L45] (Dass ein Satz unmöglich zugleich weder wahr noch falsch sein kann.)
Zwischen Wahrem und Falschen gibt es kein Mittleres, vgl. Prinzip 1.
Wolff [W2] und [W3]
vgl. §§ 53, 54
Wolff [W3] (Zirkelbeweis)
"Wenn man nämlich die Kraft der Folgerung, durch die das Widerspruchsprinzip aus dem Prinzip des ausgeschlossenen Mittleren zwischen zwei kontradiktorischen Gegensätzen erschlossen wird, genau seziert, so wird für den aufmerksamen Beobachter feststehen, daß jedenfalls ein Zirkel im Beweisen begangen wird, das heißt, daß das Widerspruchsprinzip, das hätte erschlossen werden sollen, in Wahrheit vorausgesetzt wird, so daß es erschlossen werden kann."
Kant [K62] (echte Opposition)
“ [...] Denn die echte Opposition, die hier statt findet, enthält nicht mehr noch weniger als was zur Entgegensetzung gehört. Dem Prinzip des ausschließenden Dritten zufolge können daher nicht beide widersprechende Urteile wahr, aber auch eben so wenig können sie beide falsch sein. Wenn daher das eine wahr ist: so ist das andre falsch und umgekehrt.“
Frege [F48] (vollständige Definition eines Begriffs – Forderung, dass der Begriff scharf begrenzt sei)
“Das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten ist ja eigentlich nur in anderer Form die Forderung, dass der Begriff scharf begrenzt sei. Ein beliebiger Gegenstand Δ fällt entweder unter den Begriff Φ, oder er fällt nicht unter ihn: tertium non datur.“
Wittgenstein [Wit8]
“Die Wirklichkeit muß durch den Satz auf ja oder nein fixiert sein.“
Russell [R1]
Kapitel 7 Satz vom ausgeschlossenen Dritten
“Jedes Ding muß entweder sein oder nicht sein.“
Essler/Martinez/Labude [EML6]
Satz vom ausgeschlossenen Dritten: A ¬ A
Schlick, Andreas [SchlA2] (Seinsbereiche)
“Der Nachweis der allgemeinen Gültigkeit des Satzes vom ausgeschlossenen Dritten wäre dieser: Wenn etwas weder Mensch noch Nicht-Mensch ist, >Mensch< und >Nicht-Mensch< aber alles umfassen, dann ist es nichts.“
Wolff, Michael [Wo2] (logisches Postulat)
Das Prinzip spielt die Rolle eines logischen Postulats, das in der Annahme besteht, von zwei Sätzen, von denen der eine den anderen verneint, sei genau einer wahr; tertium non datur.
§ 4 Begründung
Wenn das Prinzip falsch wäre, müsste es zwischen Sein und Nichtsein oder zwischen wahr und falsch etwas Mittleres geben. Sein und