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Lexikalische Ordnung philosophischer Highlights. Philosophische Erkenntnis auf geordnete Weise. Das Buch enthält mehr als 500 Grundwahrheiten und Kernaussagen der Philosophie nach Teilgebieten und alphabetisch geordnet. Zu allen Grundwahrheiten und Kernaussagen gibt es Verweise zur Primärliteratur, wo diese erstellt wurden und von welchem Philosophen sie stammen. Einige der Grundwahrheiten sind notwendig, d. h., dass entweder ihr Gegenteil nicht widerspruchsfrei gedacht werden kann oder niemals erfahrbar war oder ist. Es geht bei den Grundwahrheiten und Kernaussagegen um die ewigen Themen der Philosophie aus 2500 Jahren Philosophiegeschichte. Es geht z. B. um Schönes, Gutes, Wahres, um Gott, Geist und Seele, um Werden und Vergehen, Staat und Gemeinschaft, Liebe, Lust und Freundschaft. Es geht auch um Gewissen, Recht, Unrecht, Tugend und Charakter, um Verantwortung und Glück, es geht um Anschauung und Denken, um Erkenntnis und Wissen u. v. a. m.
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Seitenzahl: 393
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Einführung
1 Logik und Metaphysik der Logik
1.1 Prinzipielle Inhalte
1.2 Methodische Regeln
1.3 Logische Bestandteile und Eigenschaften
1.4 Wahrheit und Sein
1.5 Modalitäten von Sein und Wahrheit
2 Metaphysik
2.1 Kausalität und Bewegung
2.2 Natur und Sein
2.3 Geist und Seele
2.4 Existenz
2.5 Werden
2.6 Mensch und Gefühle
2.7 Mensch und Intellekt
2.8 Körper und Raum
2.9 Ewigkeit, Zeit und Unendlichkeit
2.10 Freiheit
2.11 Gutes, Schönes und Harmonie
2.12 Gott, Götter und Religion
2.13 Staat und Gemeinschaft
3 Erkenntnistheorie
3.1 Sprache und Logik
3.2 Anschauung und Denken
3.3 Menschliche Eigenschaften
3.4 Erkenntnis und Erkenntnisquellen
3.5 Argumentation und Skepsis
3.6 Philosophie, Wissen und Wissenschaft
3.7 Medizin und Gesundheit
4 Ethik
4.1 Gewissen und Sollen
4.2 Imperativ und Verantwortung
4.3 Recht und Unrecht
4.4 Charakter und Tugend
4.5 Glück
Register
Hinweis zu Prinzipien und Methoden
Literaturverzeichnis
Gedanken sind nach Frege (s. u.) verschieden von den Vorstellungen. Während Vorstellungen subjektiv sind, kann derselbe Gedanke von mehreren Personen unabhängig zur gleichen Zeit gedacht werden; somit sind Gedanken objektiv. Der Gedanke des pythagoreischen Lehrsatzes z. B., kann von vielen Personen, mit Grundkenntnissen der Schulmathematik, zur gleichen Zeit gedacht werden. Eine Vorstellung, die jemand hat, gehört zum Inhalt seines Bewusstseins. Vorstellungen bedürfen eines Trägers, Gedanken existieren unabhängig von einem Träger. Ein Gedanke, den ich habe, ist unabhängig von mir.
Zwischen dem Sinn eines Gedankens und der Bedeutung eines Gedankens ist zu unterscheiden. Betrachten wir folgendes Beispiel: Der Gedanke ‚der drittnächste Planet zur Sonne in der Sonnenumlaufbahn‘ hat einen anderen Sinn als der Gedanke ‚der blaue Planet, auf dem wir leben‘. Der erste Gedanke drückt ein astronomisches Wissen bzgl. der Umlaufbahn aus, während der zweite Gedanke ausdrückt, dass wir auf einem Planeten leben, dessen Oberfläche aus viel Wasser besteht. Wir haben damit zwei Gedanken von unterschiedlichem Sinn. Beide Gedanken bedeuten jedoch das Gleiche, nämlich den Planeten Erde.
Wenn man einen Gedanken fasst, erfindet man diesen nicht; man erzeugt ihn nicht, man erkennt ihn. Beim Fassen eines Gedankens kann man vom Sinn des Gedankens fortschreiten zu dessen Bedeutung. Wenn wir den Gedanken: ‚Der drittnächste Planet in der Sonnenumlaufbahn‘ gefasst haben, erkennen wir, dass unser Planet Erde gemeint ist.
In diesem Buch interessieren uns philosophische Gedanken, und zwar Gedanken, die bewertbar sind. Wir möchten die Bedeutung der Gedanken bewerten, mit ‚wahr‘ oder ‚falsch‘. Fragen können also in diesem Sinne keine Gedanken sein. Die Inhalte der zu betrachtenden Gedanken gehören zu den großen Themen der Philosophie, also beispielsweise zu den Themen Mensch, Welt und Gott. Interessant sind für uns solche Gedanken, die ich Wahrheitsgedanken nenne, also Gedanken mit philosophischem Inhalt, die wir mit ‚wahr‘ bewerten würden. Hierbei handelt es sich einmal um Wahrheitsgedanken, die unumstößlich wahr zu sein scheinen, aber auch um solche, die mit großer Wahrscheinlichkeit von vielen Personen für wahr gehalten werden können. Dabei ist immer der jeweilige Zusammenhang, die jeweilige Sichtweise, also der Kontext wichtig. Manche Gedanken können unter einer bestimmten Sichtweise wahr sein, unter einer anderen bestimmten Sichtweise nicht. Alle Wahrheitsgedanken sind auf jeden Fall Gedanken, die zugkräftig zu wesentlichen Wahrheiten hinführen.
Wahrheitsgedanken können terminologisch auch als wahre Gedanken, wahre Aussagen, wahre Sätze oder wahre Urteile, bezeichnet werden. Wahrheitsgedanken drücken durch einen bestimmten Sinn eine Wahrheit aus; sie umfassen die ausgedrückte Wahrheit. Der Kürze halber werden wir nicht immer von Wahrheitsgedanken sprechen, sondern auch einfacher manchmal nur von Wahrheiten.
Wir interessieren uns nicht für Wahrheitsgedanken, die zufällig wahr sind und deren Wahrheitswert schwankt. Wir interessieren uns eher für sogenannte zeitlose Wahrheitsgedanken. Zeitlose Wahrheitsgedanken sind unveränderliche Wahrheiten, die zu jedem Zeitpunkt gültig sind. Sie gelten zeitunabhängig. Sie waren vor tausenden von Jahren bereits richtig und werden auch in tausenden von Jahren immer noch richtig sein.
Zeitlose Wahrheitsgedanken können ihre Ursache in der Vernunft haben, dann sind sie allem Anschein nach notwendig und ihr Gegenteil kann nicht widerspruchsfrei gedacht werden. Beispiel: Alles ist mit sich selbst identisch. Das Gegenteil, dass es Dinge gibt, die nicht mit sich selbst identisch sind, ist unmöglich und kann nicht widerspruchsfrei gedacht werden, denn Selbstidentität ist eine reflexive Eigenschaft die jedem Ding und jedem Ereignis und jedem Urteil zukommt.
Zeitlose Wahrheitsgedanken können aber auch ihre Ursache in der Erfahrung haben, dann ist ihr Gegenteil allem Anschein nach nicht erfahrbar. Beispiel: Nicht alles Mögliche wird existent. Das Gegenteil kann man nicht in Erfahrung bringen, denn ein Samenkorn z. B. muss nicht aufgehen und damit die Existenz erreichen, sondern es kann von einem Vogel gefressen werden. Siehe Stichwort: Wahrheit (ewige).
Wahrheitsgedanken, die demnach nicht zeitlos, sind zufällig, d. h., ihr Gegenteil ist jederzeit möglich. Entweder sind sie nicht allem Anschein nach notwendig und damit ist ihr Gegenteil möglich, oder wenn sie der Erfahrung entstammen, kann ihr Gegenteil ebenfalls erfahren werden und ist somit ebenfalls möglich.
Zeitlose Wahrheitsgedanken können zusammengesetzt oder einfach sein. Die meisten solcher Wahrheiten sind zusammengesetzt. Beispiel: Es muss für alles eine erste Ursache geben. Diese Wahrheit kann man zurückführen auf die beiden Grundwahrheiten:
(1) Aus Vernunftgründen können Ursachen nicht ins Unendliche gehen, weil sonst keine Wissenschaft möglich ist. (Prinzip vom ausgeschlossenen unendliche Regress)
(2) Aus Nichts wird nichts. (Sachgehaltsprinzip)
Aufgrund von (1) muss eine Ursachenkette nach endlich vielen Ursachen abbrechen, und es muss eine erste Ursache vorhanden sein, die aber aufgrund von (2) nicht das Nichts sein kann. Also muss es für alles eine echte erste Ursache geben.
Wenn es zusammengesetzte Wahrheitsgedanken gibt, muss es notwendigerweise auch einfache Wahrheitsgedanken geben. Die einfachen Wahrheitsgedanken sind die Prinzipien oder Axiome. Einfache Wahrheiten können nur durch Einsicht erkannt, aber nicht bewiesen werden, denn sie sind die allerersten Prämissen und haben keine Vorgänger, auf die man zurückgreifen könnte. Siehe Stichwörter: Beweis, Prinzip.
Zeitlose, Wahrheitsgedanken wurden in der Philosophie z. B. von Aristoteles erwähnt. Er sah die einfachen zeitlosen Wahrheiten in den sogenannten unvermittelten Prinzipien und Prämissen. Das Unvermittelte ist praktisch das Erste, welches keinen Vorgänger mehr hat, und daher unbeweisbar ist. Ein Beweis vermittelt sozusagen das Wissen von den allerersten Prinzipien zu den Schlusssätzen, und das bedeutet auch, dass die unvermittelten Prämissen und Prinzipien den höchsten Wahrheitsgehalt haben, denn man muss vom Früheren (Gehaltvolleren) auf das Spätere schließen. Beweise verwenden notwendig wahre Prämissen, während Schlüsse auch kontingente oder nur wahrscheinliche Prämissen verwenden können. Schlüsse sind so gesehen allgemeiner als Beweise.
Aristoteles: Lehre vom Beweis, Buch 1, Kapitel 2, 3, 6, 7 und 22 sowie Buch 2, Kapitel 19; Metaphysik, Buch IV, Kapitel 4 und 6
Ockham unterscheidet Wahrheitsgedanken in kontingente und notwendige (ewige) und sieht als Bestandteile der Beweise ebenfalls notwendig wahre Prämissen. Siehe Stichwort Wahrheit.
Ockham: Summe der Logik (Summa Logicae III)
Descartes erwähnte Beispiele zeitloser Wahrheitsgedanken und er formulierte auch selbst seine bekannte zeitlose Wahrheit: Denken und gleichzeitig nicht zu existieren ist unmöglich. Stichwort Existenz.
Descartes: Die Prinzipien der Philosophie, Teil 1, Nr. 7 und Nr. 49; Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, Meditation II, Nr. 3
Auch Leibniz erwähnte Beispiele zeitloser Wahrheitsgedanken. Er unterschied sie auch in einfache und zusammengesetzte Wahrheitsgedanken und gab als Erkenntnisquellen die Vernunft und die Erfahrung an. Stichwort Wahrheit.
Leibniz: Monadologie Nr. 28-30, 33 und 43-45; Allgemeine Untersuchungen über die Analyse der Begriffe und Wahrheiten § 67; Über die ersten Wahrheiten; Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand, Buch IV, Kapitel 9
Bei Kant sind die notwendigen Wahrheitsgedanken die apodiktischen Urteile, während die assertorischen Urteile nur wahr sind. Mit den apodiktischen Urteilen ist dann eine rationale Gewissheit verbunden, während mit den assertorischen Urteilen nur eine empirische Gewissheit verbunden ist. Stichwort Aussage.
Kant: Logik, Einleitung, Logische Vollkommenheit des Erkenntnisses der Modalität nach A 108 - 109; Kritik der reinen Vernunft B 95 - B 101
Bei Frege drückt man Wahrheit durch Gedanken aus. Ein Gedanke ist nach Frege eine vollständige Aussage, ein vollständiger Satz, der durch eine Zeitbestimmung ergänzt ist. Gedanken die unveränderlich und ewig sind, sind dann zeitlos, wie etwa der Gedanke, den man im pythagoreischen Lehrsatz ausspricht. Stichwort Aussage.
Frege: Logische Untersuchungen, Der Gedanke, 76
Zusammengesetzte zeitlose Wahrheitsgedanken lassen sich durch Prinzipien bzw. durch einfache Wahrheitsgedanken besser verstehen. Stichwort Prinzip.
Gobrecht: Grundgesetze und Methoden der Logik; Prinzipien der Metaphysik, Erkenntnistheorie und Sprachphilosophie
Die einfachen unvergänglichen Wahrheiten sind am ehrwürdigsten und können auch als Weisheiten bezeichnet werden. Siehe Stichwort Weisheit.
Das vorliegende Buch listet eine Menge Wahrheiten und Weisheiten auf, die in philosophischen Werken gefunden werden können. Zu den einzelnen Wahrheiten werden umfassende und punktgenaue Literaturangaben gemacht. Manche Wahrheiten werden durch verschiedene Formulierungen wiederholt. Nicht um den Leser zu langweilen, sondern die Absicht, die dahintersteht, ist das Kennenlernen durch unterschiedliche Formulierungen, d. h., durch unterschiedliche Sinnzusammenhänge (Sichtweisen) die gleiche Bedeutung auszudrücken. Dies soll helfen die Wahrheiten aus verschiedenen Blickwinkeln kennen zu lernen und besser und tiefer zu fassen und zu verstehen. Es werden also verschiedene Sinnzusammenhänge, verschiedene Wahrheitsgedanken zu einer Wahrheit, bei gleicher Bedeutung, zusammen dargestellt. Wahrheiten hängen letztlich von Tatsachen ab und werden durch sie bestimmt. Ihre eigentliche Bedeutung, soll im Idealfall, unabhängig von der jeweiligen Formulierung des einzelnen Philosophen erkannt werden.
Das Auffinden der Wahrheitsgedanken in philosophischen Werken ist eine mühevolle Angelegenheit. Wer einen philosophischen Text von beispielsweise hundert Seiten liest, findet, wenn überhaupt nur wenige kompakte inhaltliche Wahrheitsgedanken, denn die meisten philosophischen Texte werfen gerne Probleme auf oder versuchen alle möglichen Aspekte in langwieriger Analyse zu untersuchen. Man nähert sich nicht so einfach und so schnell der Wahrheit, und man trifft ungern eine quasi endgültige Entscheidung und bewertet einen Gedanken ausdrücklich als wahr. In der Philosophie stehen gewöhnlich Gemeinsamkeiten der Gedanken eher im Hintergrund, während im Vordergrund vorwiegend ein Dissens herrscht. Außerdem herrscht in der Philosophie keine einheitliche Begrifflichkeit. Wenn Philosophen z. B. von Ursache oder Wirkung reden, meinen sie mit Sicherheit nicht dasselbe. Wir wollen hier jedoch mehr die Gemeinsamkeiten einzelner Wahrheitsgedanken in den Vordergrund stellen und mutig uns entscheiden, ob wir solche Wahrheitsgedanken möglicherweise anerkennen können oder nicht.
Einige der Wahrheitsgedanken müssen als sogenannte zeitlose potenzielle Wahrheitsgedanken angesehen werden. Sie können wegen der Potenzialität des Themas nicht automatisch in die Wirklichkeit gehoben werden. Kein Mensch kann letztlich die Existenz Gottes oder die Unsterblichkeit der Seele streng beweisen, aber auch kein Mensch kann das Gegenteil, die Nicht-Existenz Gottes und die Sterblichkeit der Seele beweisen. Trotzdem sind Wahrheitsgedanken in diesem Zusammenhang schon immer von Philosophen aufgestellt worden, man hat sich mit ihnen praktisch schon immer auseinandergesetzt. Daher werden sie auch in diesem Buch aufgeführt, wenn sie schlüssig sind und nicht der Vernunft widersprechen. Trotzdem sind solche Wahrheiten als zeitlose potenzielle Wahrheiten zu verstehen. Was wäre jedoch die Mathematik ohne das Thema Unendlichkeit, oder die Physik ohne die Theorie des Urknalls? Ein bedingungsloser Skeptizismus ist nicht die optimale Lösung, auch nicht für die Philosophie. Ohne die mögliche Existenz Gottes und die mögliche Unsterblichkeit der Seele, wäre die Philosophie zwar weniger spekulativ, aber auch wesentlich ärmer.
Bei den aufgeführten zeitlosen Wahrheitsgedanken ist generell auch, wie schon angedeutet, die Sichtweise mit zu berücksichtigen. Nicht alle Wahrheitsgedanken gelten schlechthin, sondern in einem entsprechenden Kontext. Nehmen wir als ein Beispiel die Wahrheit: ‚Alles entsteht aus Gegensätzlichem.‘ Aus der Sichtweise der Dinge heraus, ist dies sicherlich richtig, ein warmer Gegenstand, muss bevor er warm geworden ist, weniger warm gewesen sein. Betrachtet man es aus einer anderen Sichtweise, aus der Sichtweise der Ideen, an denen die Dinge teilhaben, dann entsteht das Warme als Teilhabe an der Idee des Warmen und nicht als Teilhabe an der gegensätzlichen Idee des Kalten. Ideen haben Konstanz, Dinge ändern sich. Letztendlich sollte man immer die jeweilige Sichtweise, den jeweiligen Kontext zu einem Wahrheitsgedanken, mitberücksichtigen.
Ferner sei angemerkt, dass manche der aufgeführten zeitlosen Wahrheitsgedanken bedingt zeitlos sind, aber nicht schlechthin. So kann man z. B. bzgl. der aufgeführten Wahrheiten, die die Tugenden betreffen sagen, dass sie nur unter der Bedingung des Menschseins gelten, denn die Gerechtigkeit z. B. ist eine Idee, die nach Umsetzung, d. h. Verwirklichung, in der Seele als Tugend vorhanden ist. Tugenden gehören also einem Jemand an und sind, wie deren Wahrheitsgedanken, vom Menschsein abhängig. Damit sind sie automatisch nur zeitlich bedingt. Nur so lange die Menschheit besteht, so lange das Menschsein besteht, sind sie real umsetzbar und gültig. Andererseits muss man aber anerkennen, dass so lange es Menschen gegeben hat und geben wird, die Wahrheitsgedanken über die Tugenden unveränderlich Gültigkeit hatten und auch in Zukunft haben werden, und in diesem Sinne sind sie zeitlos.
Die meisten in diesem Buch aufgeführten Wahrheitsgedanken, haben also den Anspruch unveränderlich zu sein, wobei die oben erwähnte Potenzialität und der Bezug zur jeweiligen Sichtweise bzw. die Bedingtheit mit zu berücksichtigen sind. Aufgrund der empirischen Schlussweisen in der Philosophie, durch Induktion oder Analogie, kann man nicht mit absoluter Notwendigkeit, sondern nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit schließen. Außerdem sind Induktion und Analogie Schlussweisen der logischen Erwartung, der logischen Vorwegnahme, somit bleibt immer ein Rest Vermutung bzw. Mutmaßung, darüber wusste schon Xenophanes zu berichten:
> Sichere Wahrheit erkannte kein Mensch und wird keiner erkennen Über die Götter und alle die Dinge, von denen ich spreche. Selbst wenn es einem auch glückt, die vollkommenste Wahrheit zu künden, Wissen kann er sie nie: Es ist alles durchwebt von Vermutung. < Xenophanes: Fragment 34
Die Philosophie bringt es also mit sich, Mutmaßungen aufzustellen, hinter die Dinge zu schauen und über die Dinge hinaus zu schauen, sowie über Potenzielles und Bedingtes Überlegungen anzustellen. Der Leser dieses Buches kann also somit nicht für die geäußerten Wahrheitsgedanken strenge Beweise verlangen, aber er darf einen logischen Anspruch und einen gesunden Verstand erwarten.
Noch eine letzte Bemerkung. Wenn wir etwas als Wahrheitsgedanke bezeichnen, egal ob wir den Gedanken auf die Vernunft, auf die Erfahrung, oder nur auf Vermutung stützen, dann besteht immer auch ein ontologischer Anspruch. Wahrheit gehört letztlich zum Sein und kann nur vom Sein abgebildet werden. Wir erfinden keine Wahrheiten, denn sie bestehen auch ohne uns, und deswegen betrachten wir in diesem Buch auch keine unterschiedlichen Definitionen von Wahrheit und keine unterschiedlichen Wahrheitstheorien. Das Sein eines Dinges, eines tatsächlichen Ereignisses soll die Rede bestimmen. Wer anders denkt, als die Dinge sich verhalten, anders als die tatsächlichen Ereignisse besagen, ist im Irrtum. Es geht also nicht um die Verteidigung von irgendwelchen Wahrheiten, sondern um die Wahrheit ihrer selbst willen, der man versuchen sollte näher zu kommen. Dieser logische und zugleich ontologische Anspruch war bei der Auswahl der Wahrheitsgedanken für dieses Buch für mich besonders wichtig.
Wahrheitsgedanken von:
Al-Farabi - Al-Ghazali – Albert – Albertus Magnus – Anselm von Canterbury - Aristoteles – Augustinus – Aurel - Avenarius – Averroes Avicenna - Baumgarten – Bloch – Bochenski – Bolzano – Cicero – Copernicus - Descartes – Diogenes Laertios - Einstein – Epiktet – Epikur – Euklid - Feuerbach - Feyerabend – Frege – Gadamer – Giordano Bruno- Hegel – Heidegger – Heraklit - Hume – Jaspers – Jonas – Kant - Kierkegaard - Konfuzius - Krishnamurti - Laotse – Leibniz – Locke – Lotze – Lukrez - Mach – Malebranche – Mill – Musgrave – Nietzsche – Nikolaus von Kues – Ockham – Parmenides Pascal – Peirce - Pico della Mirandola – Platon – Plotin – Plutarch – Poincare – Popper – Proklos - Russell – Sartre – Schlick – Schopenhauer – Seneca – Sextus Empiricus – Spinoza – Theophrast Thomas von Aquin – Weissmahr - von Weizsäcker - Whitehead – Wittgenstein – Wolff – Xenophanes - u. a.
Beispiele für Begriffshäufigkeiten:
Besonnenheit
43
Bewegung
114
Beweis
114
Einfaches
18
Einsicht
92
Erfahrung
75
Erkenntnis
167
Ewigkeit
54
Existenz
156
Form
193
Geist
321
Gerechtigkeit
44
Gesundheit
352
Glück
101
Gott
249
Gutes
31
Harmonie
40
Idee
153
Induktion
29
Materie
125
Mathematik
55
Möglichkeit
103
Notwendigkeit
50
Philosophie
134
Prinzip
235
Seele
639
Tapferkeit
33
Tugend
231
Unendlichkeit
59
Ursache
355
Vernunft
308
Wahrheit
489
Weisheit
107
Wissen
403
Zeit
217
Archimedischer PunktDer archimedische Punkt hat seinen Namen, nach der Überlieferung, von der Aussage des Archimedes: „Gebt mir einen festen Punkt, und ich hebe die Welt aus den Angeln.“ Ein archimedischer Punkt, ist ein fester Ausgangspunkt, ein Basispunkt, auf dem man aufbauen kann. In einer Logik könnte man die Axiome als archimedische Punkte bezeichnen. In der Philosophie ein Prinzip, eine Anfangswahrheit, auf der man innerhalb eines Kontexts, aufbauen kann. Descartes suchte z. B. nach so einem sicheren, invarianten und unerschütterlichen Punkt, und formulierte: Es ist unmöglich gleichzeitig zu denken und nicht zu existieren.
Wahrheiten, deren Gegenteil unmöglich ist, sogenannte ewige Wahrheiten, können kontextspezifisch als archimedische Punkte dienen.
Wenn man von einer Wahrheit ausgeht, deren Gegenteil unmöglich ist, hat man einen archimedischen Punkt. Man muss aber den Kontext beachten bzw. bestimmen, d. h., man muss beachten oder festlegen, wie weit dieser Punkt der entsprechenden Wahrheit reicht. Denn schließlich kann man auch nicht mit geometrischen Axiomen eine arithmetische Wahrheit beweisen. Siehe auch Existenz (als Prädikat).
QuellenDescartes: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, Meditation II, Nr. 1
Aussage (disjunktive)Jede Aussage ist bewertbar durch wahr oder falsch. Andere Ausdrücke für den Begriff Aussage sind Gedanke, Satz oder Urteil. Eine Aussage (Urteil), welche (s) disjunktiv ist, hat folgende Eigenschaften:
(1) Das Wesen eines disjunktiven Urteils ist es, dass es aus mehreren sich ausschließenden Alternativen besteht, die den gesamten Erkenntnisbereich abdecken.
(2) Disjunktive Urteile sind Verallgemeinerungen des Satzes vom ausgeschlossenen Dritten (Tertium non datur) und sind aufgrund ihrer Struktur wahr.
Beispiele: Entweder Sein oder Nichtsein. Entweder Leben oder Tod. Entweder ist die Welt durch einen blinden Zufall, durch eine innere Notwendigkeit oder durch eine äußere Ursache. Jedes Ding ist entweder durch sich selbst oder nicht durch sich selbst.
Siehe auch Epikurs disjunktives Urteil zum Übel.
Quellen
Epikur: Brief an Menoikeus Nr. 125
Descartes: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, 4. Erwiderungen (238, 11)
Kant: Kritik der reinen Vernunft B 98
Aussage über ZukünftigesMan kann über ein zukünftiges Ereignis in der Regel aussagen, dass es entweder eintritt oder nicht eintritt. Nach dem Satz vom ausgeschlossenen Dritten gibt es keine anderen Möglichkeiten und das Unmögliche geschieht in der Regel nicht.
Notwendig ist, dass ein zukünftiges Ereignis entweder eintritt oder nicht eintritt.
Man kann sich fragen, wie Aristoteles, ob morgen eine Seeschlacht stattfindet. Wenn das Meer nicht vertrocknet, oder wenn nicht gerade alle Schiffe des Gegners über Nacht verbrennen, wenn also nicht das Unmögliche geschieht (siehe Geschehenes), ist diese Wahrheit richtig. Man kann also mit Notwendigkeit eine disjunktive Gesamtalternative vorhersagen, jedoch kann man nicht heute schon sagen, welcher Teil dieser Gesamtalternative morgen eintreten wird. Erst morgen weiß man, welcher konkrete Anteil der Gesamtalternative eingetreten ist. Der Fatalismus hat nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, so könnte man behaupten.
Quellen
Aristoteles: Lehre vom Satz, Kapitel 9;
Cicero: Akademische Abhandlungen Lucullus, Rede Ciceros Nr. 97
Axiom
Axiome sind Wahrheiten, die man auswählt. Sie bekommen innerhalb eines Systems eine privilegierte Stellung. Man wählt also ein System, eine Gesamtheit aus, diese Gesamtheit muss dann konstant gehalten werden, und darf nicht nach Belieben geändert werden, da ansonsten eine illegitime Gesamtheit entstehen würde, siehe unten.
(1) Axiome sind Wahrheiten welche innerhalb eines bestimmten Systems nicht bewiesen werden.
(2) Axiome sind Anfänge innerhalb eines Systems, die eines Beweises nicht bedürfen.
(3) Es kann keine falschen Axiome geben.
(4) Eine Aussage, deren Wahrheit zweifelhaft ist, kann man nicht als Axiom anerkennen. (Wenn die Aussage falsch ist, ist sie kein Axiom, wenn sie richtig ist, aber zweifelhaft, bedarf sie eines Beweises und ist deshalb kein Axiom.)
(5) Nicht jede Wahrheit, die keines Beweises bedarf, ist ein Axiom, denn nicht jede einfache, einsichtige Wahrheit, nicht jedes Prinzip wird als Axiom ausgewählt. Die Auswahl eines Axioms ist vom System abhängig, und andere einfache Wahrheiten können in diesem System dann bewiesen werden.
(6) Eine Wahrheit kann in einem System ein Axiom sein, in einem anderen System nicht.
(7) Wenn man ein Axiom auswählt, dann hat es eine privilegierte Stellung und kann nicht auf sich selbst angewendet werden. (Selbstreferenz führt zu Paradoxien.)
Betrachten wir ein Beispiel. Wenn ich den Satz vom ausgeschlossenen Dritten (Tertium non datur) als Axiom auswähle, dann kann ich ihn, wie ein Schema, auf alle Sätze der Objektsprache innerhalb meines Systems anwenden. Der Satz besagt: „Jeder Satz des objektsprachlichen Systems ist entweder wahr oder falsch“. Ich kann das Axiom aber nicht auf sich selbst anwenden, denn dann besagt es, dass der Satz vom ausgeschlossenen Dritten entweder wahr oder falsch ist; damit stelle ich das gewählte Axiom dann selbst in Frage und gerate in einen Zirkel, denn ich habe das Schema auf sich selbst und nicht auf einen objektsprachlichen Satz angewendet. Statt Schema kann man auch Prinzip sagen. Ein Prinzip (Axiom) kann nicht durch eine äußere Prämisse bewiesen werden. Wenn man dafür sorgt und genau festlegt, auf welche Gesamtheit man ein Axiom anwenden will, dann kann das Ganze erfolgreich gelingen, legt man aber die Gesamtheit nicht genau fest oder nimmt sogar das Axiom selber zur Gesamtheit mit hinzu, dann hat man eine sogenannte illegitime Gesamtheit, die zu Problemen wie Zirkelbildung und Selbstreferenz führt. Man sollte also illegitime Gesamtheiten vermeiden. Das Prinzip hierzu heißt auch Zirkelfehlerprinzip.
Logik in der Mathematik und Logik in der Philosophie liegen nicht sehr weit auseinander. Ein logisches System in der Philosophie könnte sich z B. auf einen bestimmten Kontext beziehen. Verschiedene Kontexte, gehören dann verschiedenen logischen Systemen an, und in ihnen gelten unterschiedliche Axiome. So ist es ja auch in der Mathematik, wo man mit arithmetischen Axiomen keine geometrischen Theoreme beweisen kann.
Siehe auch Prinzip.
Quellen
Frege: Logik in der Mathematik (Die Axiome) in Schriften zur Logik und Sprachphilosophie
Whitehead / Russell: Principia Mathematica, Kapitel 2, Nr. 1
Gobrecht: Grundgesetze und Methoden der Logik, Nr. 54
Gleiches und Ungleiches (Addition)Gleiches bleibt gleich, wenn man etwas auf gleiche Weise hinzufügt. Ungleiches bleibt erhalten, wenn man Gleiches hinzufügt.
(1) Wenn Gleichem Gleiches hinzugefügt wird, sind die Ganzen gleich.
(2) Wenn Ungleichem Gleiches hinzugefügt wird, sind die Ganzen ungleich.
Insbesondere gilt dies bei mathematischen Gleichungen bzw. Ungleichungen, aber es gilt auch ganz allgemein für alles Quantitative. Eine Motivation für diesen Punkt und die nächsten folgenden Punkte, ist die Ewigkeit der Euklidschen Axiome, die circa 2300 Jahre alt sind und zeitlos.
Als Formeln geschrieben:
Quellen
Euklid: Die Elemente (Axiome)
Gleichheit (Division)Eine Division, z. B. durch zwei, verändert die Gleichheit nicht.
Die Halben von demselben sind einander gleich.
Dies gilt natürlich auch für jede Division ungleich Null.
Quellen
Euklid: Die Elemente (Axiome)
Gleichheit (Multiplikation)
Eine Multiplikation, z. B. mit zwei, verändert die Gleichheit nicht.
Die Doppelten von demselben sind einander gleich.
Dies gilt natürlich auch für jede Multiplikation.
Quellen
Euklid: Die Elemente (Axiome)
Gleichheit (Transitivität)
Gleichheit ist eine transitive Relation.
Was demselben gleich ist, ist auch einander gleich.
Aber nicht nur Gleichheit, sondern auch z. B. die Teilmengenbeziehung und die logische Implikation sind transitiv. Man spricht in der Logik auch vom sogenannten Kettenschluss. Siehe auch Gleichung.
Quellen
Euklid: Die Elemente (Axiome)
Gleichung
Gleichungen unterliegen selbst den Axiomen der Reflexivität, Symmetrie und Transitivität. Man kann auch in eine Gleichung andere Werte einsetzen, eine Substitution durchführen. Wenn man dies konsequent tut (auf beiden Seiten) das Gleiche, dann bleibt die Gleichung erhalten.
Wenn man Gleiches an die Stelle setzt, bleibt die Gleichung bestehen.
Hierbei handelt es sich um ein Axiom der Substitution. Das Gegenteil dieser Wahrheit ist natürlich nicht möglich. Siehe auch Mathematik.
Quellen
Frege: Die Grundlagen der Arithmetik § 6
Identität
(1) Jedes Ding ist mit sich selbst identisch.
(2) Jede Aussage stimmt mit sich selbst überein.
(3) Zwei Dinge können niemals zur selben Zeit identisch sein, denn sie befinden sich an verschiedenen Orten, und haben somit verschiedene Koordinaten.
Die erste Wahrheit ist ein Seinsprinzip. Wir kennen nach unserer Erfahrung keine Dinge, die nicht mit sich selbst übereinstimmen. Gegenstände die unter den Begriff 'stimmt mit sich selbst nicht überein' fallen, können wir uns nicht vorstellen. Somit ist die Gegenstandsmenge zu diesem Begriff leer. Der Begriff charakterisiert daher die Null, da kein Gegenstand unter diesen Begriff fällt. Man kann diesen Begriff auch benutzen um Nichtexistenz auszudrücken, denn dasjenige, was existiert, stimmt mit sich selbst überein.
Die zweite Wahrheit ist logischer Natur. Man spricht in diesem Zusammenhang manchmal auch von der sogenannten 'Konstanz der Begriffe', d. h., während eines logischen Schlusses oder Beweises, ändert man die Voraussetzungen oder die Bedeutung der Prämissen nicht. Auch innerhalb von Texten verändert man seine Aussagen und Begriffe nicht, da man sich sonst einer Äquivokation schuldig macht.
Siehe auch Identität des Ununterscheidbaren.
Quellen
Aristoteles: Metaphysik, Buch V, Kapitel 9
Locke: Versuch über den menschlichen Verstand, Buch 4, Kapitel 7
Leibniz: Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand, Buch IV, Kapitel 2
Kant: Kritik der reinen Vernunft, B 16 ff.
Frege: Die Grundlagen der Arithmetik, §53, §74
Moritz Schlick: Allgemeine Erkenntnislehre II, Nr. 17
Identität des Ununterscheidbaren
In der Natur kann es keine zwei gleichen Dinge geben. Wenn man Raumposition und Zeitposition bei Dingen hinzunimmt, dann ergibt sich z. B., dass Dinge an unterschiedlichen Raumpositionen zur selben Zeit verschieden sein müssen. Während es bei Namen für Gegenstände (Begriffen), verschiedene Namen geben kann, die das gleiche bezeichnen, d. h. z. B., dass Morgenstern und Abendstern in ihrer Bedeutung das Gleiche, nämlich den Planeten Venus bezeichnen, sind konkrete Gegenstände niemals gleich. Man spricht auch von Individualität. Zumindest der Raum trennt das gleichzeitig Existierende und macht es verschieden. Hieraus ergeben sich z. B. die folgenden Wahrheiten.
(1) Alles ist verschieden von anderem.
(2) Zwei Dinge können nicht zur gleichen Zeit den gleichen Ort einnehmen.
(3) Die Existenz (der Anfang) eines Dinges bestimmt eindeutig den Ort und die Zeit des Dinges, beides kann es mit keinem anderen gemeinsam haben.
(4) Identisch ist genau das, was in allen Eigenschaften übereinstimmt.
(5) Da ein physikalisches Teilchen nicht zu gleicher Zeit zwei Geschwindigkeiten haben kann, das bedeutet, dass es nicht zu gleicher Zeit an zwei Orten sein kann; das heißt, dass Teilchen an verschiedenen Orten zu einer Zeit nicht identisch sein können.
Die Wahrheiten (1) - (3) kennzeichnen die Individualität bzw. das Prinzip der Individuation. Die zweite Wahrheit beschreibt einen Teil der sogenannten Koinzidenz, d. h., die Unmöglichkeit eines materiellen oder zeitlichen Zusammenfallens von Objekten oder Ereignissen. Die vierte Wahrheit ergibt z. B. eine genaue Definition der Gleichheit. Diese Wahrheit kann man in einer Prädikatenlogik mit Identität als
Axiom verwenden. Die fünfte Wahrheit bestätigt noch mal die erste Wahrheit aus physikalischer Sicht.
Siehe auch Identität.
Quellen
Aristoteles: Sophistische Widerlegungen, Kapitel 30
Locke: Versuch über den menschlichen Verstand, Buch 2, Kapitel 27
Leibniz: Monadologie, Nr. 1 ff.
Frege: Über Sinn und Bedeutung (25-28)
Russell: Einführung in die mathematische Philosophie, Nr. 17
Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus 6.3751
Prinzip
Ein Prinzip ist ein erstes einer Sache, ein Anfang. So ist der Punkt z. B. Prinzip für die Linie. Ein Prinzip kann mehr als nur die Ursache einer Sache sein. Das Prinzip eines Beweises ist eine grundlegende Schlussregel oder ein Axiom.
(1) Des Beweises Prinzip ist nicht selbst Beweis.
(2) Ein Prinzip ist keine Voraussetzung und kein Postulat.
(3) Ein Prinzip ist (sollte) notwendig wahr (sein).
(4) Für ein Prinzip kann es keinen Beweis aus einer äußeren Prämisse geben.
(5) Wenn man nicht mit der Begründung ins Unendliche fortschreiten will, d. h., wenn ein Beweis in endlich vielen Schritten abgeschlossen werden soll, dann muss es erste Wahrheiten (Prinzipien) geben.
(6) Ein Prinzip ist das Erste einer Gattung (in einem Kontext).
(7) Prinzip eines Beweises ist eine unvermittelte Prämisse; unvermittelt ist eine solche, die keine andere vor sich hat.
So kann z. B. der Satz vom ausgeschlossenen Dritten (Tertium non datur) ein Axiom für die Aussagenlogik sein, und in einem zugehörigen Aussagenkalkül Anwendung finden; der Satz kann aber nicht auf sich selbst angewendet werden, weil man ihn dann in Frage stellt und eine Paradoxie erzeugt. Wenn der Satz vom ausgeschlossenen Dritten als Axiom gesetzt ist, ist er nicht von außen beweisbar, sondern nur von innen her begründbar, etwa dadurch, dass sein Gegenteil nicht widerspruchsfrei gedacht werden kann.
Siehe auch Beweis.
Quellen
Aristoteles: Metaphysik, Buch IV, Kapitel 6, Lehre vom Beweis, 1. Buch, Kapitel 2, Kapitel 6 und Kapitel 22
Frege: Logik in der Mathematik (aus dem Nachlass)
Gobrecht: Grundgesetze und Methoden der Logik, Nr. 31
Prinzip (Hervorbringung)
Methodisches Hervorbringen von Prinzipien ist grundsätzlich etwas anderes als das methodische Voranschreiten aus diesen Prinzipien.
Das Hervorbringen von Prinzipien beginnt bei den Erinnerungen und Einzelerfahrungen, das Voranschreiten aus Prinzipien beginnt bei den Prinzipien selbst und geht über zum Prinzipiierten und Verursachten.
Siehe auch Prinzip.
Quellen
Albertus Magnus: Über den Menschen, Nr. 1
Regress (unbestimmbarer)
Ein unbestimmbarer Regress kann von der Vernunft nicht entschieden werden, ob er ins Unendliche geht oder ob er endlich ist; er hat eine unbestimmte Weite, von der man nicht weiß, wann sie und ob sie endet. Das was der Möglichkeit nach immer weiter fortschreiten kann, muss nicht auch in Wirklichkeit immer weiter fortschreiten.
(1) Ein empirischer Regress, der unbestimmbar weit in Erfahrung gebracht wird, muss nicht auch ein unendlicher Regress in Wirklichkeit sein. (Beispiel: Reihe der Voreltern der jetzt lebenden Menschen).
(2) Ein unbestimmbarer Regress ganz allgemein (in indefinitum), muss nicht auch ein unendlicher Regress (in infinitum) sein.
(3) Was der Möglichkeit (im Denken) nach unendlich sein kann, muss nicht auch in Wirklichkeit (im Sein) unendlich sein. (Beispiel: Die Zahlenreihe ist der Möglichkeit nach unendlich. Arbeitet man mit unendlichen Zahlen oder unendlichen Mengen wirklich, benötigt man das sogenannte Unendlichkeitsaxiom.)
(4) Wenn ein Regress, als solcher ganz gegeben ist (Beispiel: Die natürlichen Zahlen in der Vorstellung.), dann ist keine Zeitordnung anzutreffen; das Unendliche ist in der Möglichkeit zugleich und als Ganzes.
(5) Ein unbestimmbarer Regress, der in Wirklichkeit abläuft (Beispiel: Berechnung immer größerer Primzahlen.), müsste auch wirklich durchgeführt werden und unterliegt damit der Zeitordnung; das Unendliche ist in der Wirklichkeit nicht zugleich und nicht als Ganzes.
Siehe auch Möglichkeit, Regress (unendlicher), Unendlichkeit, Unendlichkeitsaxiom.
Quellen
Kant: Kritik der reinen Vernunft B 540-B 551 und B 527-B 529
Regress (unendlicher)
Um Wissenschaft sinnvoll betreiben zu können, muss man eine Chance haben, zu den ersten Ursachen zu gelangen. Um einen Beweis führen zu können, ist es nicht statthaft zu unendlichen Begründungen zu kommen. Ein Beweis muss nach endlich vielen Schritten abgeschlossen sein. Eine Definition, eine Erklärung macht nur Sinn, wenn man den Begriff, den man definiert oder erklärt, in endlich vielen Schritten definieren oder erklären kann. Ein unendlicher Definitionsvorgang, der den Begriff immer weiter und weiterschiebt, entspricht nicht dem gesunden Verstand. Deswegen schließt man vernünftigerweise einen unendlichen Regress in Form von Ursachen, Prämissen, Definitionen, Erklärungen, Begründungen sinnvollerweise aus. Es ergeben sich die folgenden Wahrheiten.
(1) Unendliche Ursachenketten, die zur Begründung dienen sollen, machen wissenschaftliche Forschung und sinnvolle Philosophie unmöglich und setzen die Vernunft außer Kraft.
(2) Unendliche Prämissenfolgen machen das Beweisen unmöglich und setzen die Vernunft außer Kraft.
(3) Unendliche Definitionsfolgen zerstören Wissen und setzen die Vernunft außer Kraft.
(4) Die Ursachen des Seienden können nicht ins Unendliche fortschreiten.
(5) Es würde niemand etwas zu tun unternehmen, wenn er nicht zu einem Ende zu kommen gedächte.
(6) Der Vernünftige handelt immer nach einem Weswegen, dies ist aber eine Grenze.
(7) Wenn die Ursachen ins Unendliche fortschreiten würden, wäre ein Erkennen nicht möglich.
(8) Kein materielles Ding kann unendlich klein oder unendlich groß sein.
So gesehen braucht man, z. B. zum Beweisen, immer vernünftige Anfänge, d. h. inhaltliche Prinzipien (Axiome). Dazu können ewige Wahrheiten dienen, deren Gegenteil unmöglich ist. Obwohl es beim Werdeprozess z. B. möglicherweise unendlich viele Ursachen geben kann, aufgrund zyklischer Wiederkehr o. ä., darf man zur Begründung nicht unendlich viele Ursachen benutzen.
Siehe auch Archimedischer Punkt, Unendlichkeit.
Quellen
Aristoteles: Metaphysik, Buch II, Kapitel 2, Lehre vom Beweis, Buch 1, Kapitel 3
Theophrast: Metaphysik, Aporie 24
Nikolaus von Kues: Mutmaßungen, Teil 1, Kapitel 10
Descartes: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, Meditation III Nr. 33 und 34
Locke: Versuch über den menschlichen Verstand, Buch 3, Kapitel 4
Seinsprinzip
Ein Seinsprinzip gilt für das ganze Sein, während ein logisches Prinzip nur für einen Teil des Seins, die Logik gilt. Da die Logik ein Teil des Seins bzw. ein Abbild des Seins ist, ist ein Seinsprinzip immer auch ein logisches Prinzip, aber nicht jedes logische Prinzip ist ein Seinsprinzip.
(1) Das Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch ist ein Seinsprinzip, denn das Sein ist widerspruchsfrei. (Im Sein ist Gegensätzliches vorhanden, jedoch nicht zum gleichen Zeitpunkt, damit ist das Sein widerspruchsfrei.)
(2) Das Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten ist ein Seinsprinzip, denn zwischen Sein und Nichtsein gibt es kein Mittleres. (Werden und Vergehen sind zwar Übergänge vom Sein zum Nichtsein und umgekehrt, aber nichts Drittes. Das Werden kann dem Nichtsein zugeordnet werden und das Vergehen kann dem Sein zugeordnet werden.)
(3) Das Identitätsprinzip ist ein Seinsprinzip, denn alles ist mit sich selbst identisch. (Dasjenige, welches nicht mit sich selbst identisch ist, existiert nicht, ist also nichts.)
(4) Das Prinzip vom zureichenden Grund ist ein Seinsprinzip, denn alles, was existiert hat seinen Existenzgrund.
Ein Seinsprinzip ist also immer auch logisches Prinzip, die Umkehrung gilt jedoch nicht. Nimmt man beispielsweise ein Substitutionsprinzip, dann ist dies ein rein logisches Prinzip, welches kein Urbild im Sein haben muss. Die Wahrheit (2) folgt aus Wahrheit (1).
Siehe auch Grund, Identität, Wahrheit (ontologisch).
Quellen
Aristoteles: Metaphysik, Buch IV, Kapitel 3-8 und Buch V, Kapitel 9; Sophistische Widerlegungen, Kapitel 30
A. Schlick: Über den Satz vom Widerspruch im vierten Buch der aristotelischen Metaphysik
Weissmahr: Philosophische Gotteslehre Nr. 45
Tertium non datur
Zwischen zwei kontradiktorischen Gegebenheiten gibt es nichts Drittes. Man kann z. B. die ganze Welt einteilen, etwa in die zwei Mengen: 'Mensch' und 'Nichtmensch'. Ein Auto gehört dann zur Menge Nichtmensch und der Herr Müller gehört natürlich zur Menge Mensch. Damit ist die ganze Welt in diese zwei Mengen aufteilbar, und es gibt dazwischen nichts Drittes, nichts Mittleres. Nehmen wir das Gegenteil an: Wenn es etwas Mittleres geben würde z. B. zwischen Mensch und Nichtmensch, etwa: ‚Fastmensch‘, dann könnte man das Seiende vervielfachen, indem man z. B. das Erste und das Mittlere nimmt, Mensch und Fastmensch, und davon ein weiteres Mittleres erzeugt. Das Seiende zu vervielfachen, ist aber nicht statthaft. Man erhält folgende Wahrheiten.
(1) Jegliches ist entweder oder ist nicht.
(2) Jeglichem kommt entweder eine Eigenschaft zu oder nicht zu.
(3) Eine Aussage ist entweder wahr oder falsch.
(4) Ein Gegenstand fällt entweder unter einen Begriff (scharf begrenzter Begriff) oder er fällt nicht unter diesen Begriff. (Beispiel: Mensch und Nicht-Mensch)
(5) Zwischen Ungeradem und Geraden gibt es keine anderen natürlichen Zahlen.
(6) Die Wirklichkeit muss durch den Satz (die Aussage) auf ja oder nein fixiert sein.
Die ersten beiden Wahrheiten beschreiben den Satz vom ausgeschlossenen Dritten als Seinsprinzip. Die dritte Wahrheit beschreibt den Satz vom ausgeschlossenen Dritten als logisches Prinzip. Man nennt den Satz vom ausgeschlossenen Dritten auch Prinzip der Zweiwertigkeit oder man spricht vom Bivalenzprinzip. In einer mehrwertigen Logik kann man den Satz vom ausgeschlossenen Dritten vom Bivalenzprinzip auch unterscheiden. Siehe auch Aussage (disjunktive), Seinsprinzipien.
Quellen
Aristoteles: Lehre vom Satz, Kapitel 9; Metaphysik, Buch IV, Kapitel 7
Cicero: Akademische Abhandlungen Lucullus § 97
Leibniz: Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand, Buch IV, Kapitel 2
Kant: Logik, Allgemeine Elementarlehre, Abschnitt 3, §48
Frege: Grundgesetze der Arithmetik, Band II, § 56
Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus 4.023
Widerspruchsprinzip
Wenn man die Natur ganz genau beobachtet, erkennt man viele Gegensätze, aber keine Widersprüche. Es gilt das sogenannte ‚Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch', manchmal auch nur kurz ‚Widerspruchsprinzip‘ genannt, welches nicht nur ein logisches Prinzip, sondern auch ein Seinsprinzip ist. Es bedeutet etwa Folgendes.
(1) Es ist unmöglich, dass dasselbe sei und nicht sei.
(2) Dass nämlich dasselbe demselben und in derselben Beziehung unmöglich zugleich zukommen und nicht zukommen kann.
(3) Eine Aussage und ihre Verneinung können nicht gleichzeitig wahr sein.
(4) Nichts ist zugleich und ist nicht.
(5) Etwas ist oder ist nicht.
(6) Denken kann ich, was ich will, wenn ich mir nur nicht selbst widerspreche; mein Begriff muss ein möglicher Gedanke sein.
(7) Da sich nichts zur gleichen Zeit dazu hergibt Entgegengesetztes zu tun oder zu leiden, so können wir, wenn diese Erscheinung stattfindet, überzeugt sein, dass diese nicht durch ein und dasselbe, sondern durch mehreres verursacht wurde.
(8) Niemals kann irgendetwas, das sich gleichbleibt, in einem Sinne oder einer Beziehung auf ein Objekt, Entgegengesetztes leiden oder sein oder tun.
Einige der Wahrheiten beziehen sich auf das Seinsprinzip, einige auf das logische Prinzip. Mithilfe des Widerspruchprinzips lässt sich entscheiden, ob wir es mit ein und demselben oder mit mehreren Dingen, Teilen, Kategorien oder Vermögen zu tun haben.
Siehe auch Seinsprinzip.
Quellen
Parmenides: Fragment 8
Platon: Der Staat, Buch 4, Kapitel 12
Aristoteles: Metaphysik, Buch IV, Kapitel 3 ff.
Descartes: Die Prinzipien der Philosophie, Teil 1, Nr. 49
Leibniz: Monadologie Nr. 31 ff.; Kette der wunderbaren Beweise über die Summe der Dinge
Kant: Kritik der reinen Vernunft B XXVI Anmerkung
Widerspruchsprinzip (Verschiedenheit)
Mithilfe des Widerspruchsprinzips kann man herausfinden, ob es sich um Dasselbe oder um Verschiedenes handelt.
Offenbar wird Dasselbe nicht zu gleicher Zeit sich dazu hergeben Entgegengesetztes zu tun oder zu leiden in dem entsprechenden Sinn und in Beziehung auf die entsprechende Sache; wenn uns also diese Erscheinung entgegentritt, so können wir überzeugt sein, dass es nicht ein und dasselbe war, sondern mehreres.
Entweder gilt Sein oder Nichtsein. Tritt aber beides gleichzeitig in Erscheinung, so kann es nicht dasselbe sein, sondern muss etwas anderes sein
Quellen
Platon: Der Staat, Buch 4, Kapitel 12
Analogieschluss
Man schließt hier von einem Einzelfall auf einen anderen Einzelfall. Während man bei der Deduktion vom Allgemeinen auf den Einzelfall schließt, und bei der Induktion vom Einzelfall auf eine allgemeine Regel, ist ein Analogieschluss eine direkte Verbindung zwischen zwei Einzelfällen oder Sachverhalten.
(1) Analogieschlüsse sind logische Vermutungen.
(2) Analogieschlüsse sind empirische Schlüsse, aus Beobachtungen oder Erfahrungen heraus.
(3) Analogieschlüsse sind keine Vernunftschlüsse, da Vernunftschlüsse mit Notwendigkeit schließen, sondern Schlüsse der Urteilskraft.
(4) Analogieschlüsse müssen keine absolute Gültigkeit besitzen.
(5) Analogieschlüsse können nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit beanspruchen, aufgrund bestimmter Ähnlichkeiten zwischen den Einzelfällen.
(6) Analogieschlüsse können nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit beanspruchen, aufgrund bestimmter Ähnlichkeiten zwischen den Strukturen bzw. Verhältnissen der Einzelsachverhalte.
(7) Analogieschlüsse geben keine Gewissheit, sondern nur empirische Gewissheit. Sie sind zur Erweiterung des Wissens nützlich aber auch problematisch.
Philosophisches Wissen und philosophische Meinungen machen häufig Gebrauch von Analogien oder Gleichnissen. Meine eigene Seele kann ich z. B. durch eine Art innere Empfindung spüren; auf die Seele meines Nachbarn schließe ich durch Analogie, in diesem Fall eine sinnvolle Mutmaßung, warum sollte mein Nachbar keine Seele haben. Siehe auch Induktion.
Quellen
Kant: Logik, Allgemeine Elementarlehre, Abschnitt 3, § 81 -§ 84
Anzahl
Wann sind zwei Anzahlen gleich? Für diese Frage gibt es folgenden Sachverhalt, den man sich als praktisches Prinzip zu Nutze machen kann.
Zwei Anzahlen sind genau dann gleich, wenn sich die dazugehörigen Einzelgegenstände eineindeutig untereinander zuordnen lassen.
Wenn ich eine bestimmte Anzahl von Gläsern und eine bestimmte Anzahl von Tellern habe, und wenn ich jedem Glas genau einen Teller zuordnen kann, sind die Anzahl der Gläser und die Anzahl der Teller identisch. Diese Wahrheit geht zurück auf David Hume und heißt auch Humes Prinzip. Dieses Prinzip hat folgende praktische Bedeutung: Wenn man die eindeutige Zuordnung erkennen und überblicken kann, wie oben, wenn der Kellner Teller und Gläser genau zugeordnet hat, dann muss man die Anzahl selber gar nicht gezählt haben, man weiß, dass beide Anzahlen übereinstimmen.
Siehe auch Abbild, Zahl.
Quellen
Hume: Ein Traktat über die menschliche Natur, Buch I, Teil III, Abschnitt 1
Dictum de omni et nullo (Satz von allem und keinem)
Was für eine Gesamtheit gilt, gilt auch für jedes Einzelne dieser Gesamtheit, bzw. wenn eine Eigenschaft durchgängig in einer Gesamtheit nicht vorhanden ist, dann hat ein beliebiges Einzelnes diese Eigenschaft auch nicht.
(1) Was dem Allgemeinen, der Gattung als Merkmal zukommt oder nicht zukommt, auch vom Besonderen (der Art, dem Individuum) gilt oder nicht gilt.
(2) Wenn alle Individuen einer Gesamtheit eine bestimmte Eigenschaft haben, dann muss auch ein bestimmtes konkretes Individuum der Gesamtheit diese Eigenschaft haben.
(3) Wenn ein bestimmtes Individuum der Gesamtheit eine bestimmte Eigenschaft hat, dann gibt es ein Individuum der Gesamtheit, welches diese Eigenschaft hat.
Formulierung (1) beschreibt in einem Satz sowohl das dictum de omni, als auch das dictum de nullo. Bei der Formulierung von (2) spricht man im Rahmen der Prädikatenlogik auch von universeller Spezialisierung. Bei der Formulierung von (3) spricht man im Rahmen der Prädikatenlogik auch von existenzieller Generalisierung. Der Satz von allem und keinem begründet in Form von (2) und (3) damit zwei Basisregeln der Prädikatenlogik.
Siehe auch Wahrheit (Allaussage) und Wahrheit (Existenzaussage).
Quellen
Aristoteles: Kategorien, Kapitel 3; Lehre vom Schluss, Buch 1, Kapitel 1
Kant: Logik, Allgemeine Elementarlehre, Abschnitt 3, § 63 Anmerkung
Lotze: Logik vom Denken, Buch 1, Nr. 70
Mill: System der deduktiven und induktiven Logik II, Kapitel 2, § 2
Dilemma (klassisches)
Man nennt diese Wahrheit auch Fallunterscheidung.
Wenn eine Aussage A unter allen Bedingungen B wahr ist, dann ist sie immer wahr.
Zur Verdeutlichung noch die formalisierte Schreibweise.
((B → A) und (¬ B → A)) → A
In dieser formalisierten Schreibweise erkennt man, dass A unter der Bedingung B und unter der gegenteiligen Bedingung ¬ B gilt, also gilt A unter allen Bedingungen. Eine Aussage gilt also, wenn sie nicht nur unter einer bestimmten Bedingung, sondern auch unter der gegenteiligen Bedingung gilt.
Quellen
Zoglauer: Einführung in die formale Logik für Philosophen Nr. 4.2
Doppelte Verneinung
Von einer Aussage und ihrem kontradiktorischen Gegenteil kann nur eins von beiden wahr sein.
(1) Die Verneinung der Verneinung ist eine Bejahung.
(2) Die doppelte Verneinung einer Aussage ändert ihren Wahrheitswert nicht.
Man nennt diese Wahrheit auch Gesetz der doppelten Negation oder Stabilitätsprinzip.
Quellen
Frege: Logische Untersuchungen (Die Verneinung)
Folgerung (Abschwächung)
Wenn man einer gegebenen Wahrheit A eine beliebige Bedingung B voranstellt, ändert sich an dem Wahrheitswert nichts. Man nennt dies hypothetische Abschwächung.
(1) Eine gegebene Wahrheit (Information) wird lediglich dadurch abgeschwächt, wenn man ihr eine Bedingung voranstellt.
(2) Das Wahre folgt aus Beliebigem.
(3) Eine wahre Aussage wird durch jede Aussage impliziert.
Als logische Formel dargestellt: A → (B → A).
Wenn also A bereits eine Wahrheit ist, dann auch B → A. Damit ist die logische Formel als Gesamtes eine Tautologie. Siehe auch Tautologie.
Quellen
Bochenski: Die zeitgenössischen Denkmethoden Nr. 14
Folgerung aus Falschem
Aus einem Widerspruch kann Beliebiges gefolgert werden.
(1) Aus Falschem folgt Beliebiges.
(2) Aus einem Widerspruch folgt Beliebiges.
(3) Eine falsche Aussage impliziert jede Aussage.
Man nennt diese Wahrheit auch Unableitbarkeitsprinzip. Als logische Formel dargestellt: (A und ¬ A) → B
Quellen
Bochenski: Die zeitgenössischen Denkmethoden Nr. 14
Folgerung (Verschmelzung)
Es reicht aus eine Bedingung einem Satz einmal voranzustellen.
(1) Eine Prämisse, die hintereinander zweimal auftritt, braucht nur einmal geschrieben zu werden.
(2) Es reicht aus, eine Bedingung einem Satz einmal voranzustellen.
Diese Wahrheit heißt Prämissenverschmelzung oder formale Verstärkung. Als logische Formel dargestellt: (A → (A → B)) ↔ (A → B)
Quellen
Frege: Grundgesetze der Arithmetik, Band I, § 15
Induktion
Während ein deduktives Beweisverfahren nach logischen Regeln (Vernunftschlüssen) durchgeführt wird, handelt es sich bei der Induktion und auch bei der Analogie um empirische Schlüsse. Eine Ausnahme ist sicherlich die sogenannte vollständige Induktion in der Mathematik. Induktion und Analogie bezeichnet man auch als Schlüsse der Urteilskraft.
(1) Aus dem Einzelnen der Wahrnehmung lernen wir das Allgemeine, dies ist induktiv.
(2) Die ersten Prinzipien muss man durch Induktion kennen lernen.
(3) Es gibt keine gehaltserweiternden Schlüsse, daher ist eine Induktion als strenges Beweisverfahren nicht geeignet.
(4) Eine Induktion kann vergangene Fälle bestätigen, aber muss nicht die ausstehenden, noch zu erwartenden Fälle, bestätigen.
(5) Wenn ein unendlicher Güterzug zu fahren anfangen würde, ginge ein Ruck von einem Waggon zum nächsten, wegen des Spieles in den Anhängevorrichtungen gäbe es eine unendliche Abfolge von Rucken und der Zug würde nie in Bewegung kommen. (Induktionsbeispiel gepaart mit Unendlichkeit, die es ja im Seienden in Wirklichkeit so nicht geben kann.)
Eine Methode, wie man Prinzipien ausfindig machen kann, ist also im gewissen Sinne die Induktion. Sie ist der Weg vom Einzelnen der Wahrnehmung zum Allgemeinen hinter der Wahrnehmung. Prinzipien gehören zum Allgemeinen. Außer der mathematischen vollständigen Induktion, ist die Induktion als empirischer Schluss kein strenges Beweisverfahren und eher problematisch.
Siehe auch Allgemeines, Prinzip, Rückschluss (vom Vergangenen), Unendlichkeit und Ursache (Sachgehalt).
Quellen
Aristoteles: Lehre vom Beweis, 2. Buch, Kapitel 19
Kant: Logik, Allgemeine Elementarlehre, Abschnitt 3, § 84, A 207; Kritik der reinen Vernunft B 4
Russell: Probleme der Philosophie, Kapitel 6; Einführung in die mathematische Philosophie Nr. 3
Kontraposition
Wenn zwei Aussagen durch Implikation verbunden sind, Bedingung und Bedingtes, dann entsteht durch die Änderung der Implikationsrichtung und Anwendung auf die Negate von Bedingung und Bedingtem eine äquivalente Aussage zu der ursprünglichen Aussage. Beispiel: 'Das Schöne ist genussreich' ist äquivalent mit 'das Nichtgenussreiche ist nicht schön'.
(1) Wenn man Subjekt und Prädikat vertauscht und deren Kontradiktion nimmt, ändert sich der Wahrheitswert einer Aussage nicht.
(2) Man darf Bedingung und Bedingtes vertauschen, wenn man die Wahrheitswerte beider umkehrt.
Als logische Formel: (A → B) ↔ (¬ B →¬ A).
Man nennt diese Wahrheit Kontrapositionsgesetz oder Transpositionsgesetz oder Wendung.
Quellen
Aristoteles: Topik, Buch 2, Kapitel 8
Kant: Logik, Allgemeine Elementarlehre, Abschnitt 3, § 55 A 186
Frege: Grundgesetze der Arithmetik, Band I, § 15
Rückschluss (auf Geschehenes)
Ein Rückschluss auf Geschehenes kann möglich sein.
Ein Rückschluss auf Geschehenes ist insbesondere möglich, wenn etwas mit Notwendigkeit stattgefunden haben muss.
Was kann das z. B. bedeuten? Wenn eine Software ablauffähig ist, muss sie vorher installiert worden sein, denn eine Hardware ist notwendig für eine Software. Wenn ein Haus gebaut ist, muss früher ein Fundament gebaut worden sein, denn ein Fundament ist für ein Haus notwendig.
Quellen
Aristoteles: Über Werden und Vergehen, Buch II, Kapitel 11
Rückschluss (vom Besonderen)
Ein Rückschluss kann im Allgemeinen falsch sein. Das gilt auch für den Rückschluss vom Besonderen auf das Allgemeine oder an einer Verzweigung.
(1) An einer Verzweigung ist ein logischer Rückschluss im Allgemeinen nicht möglich.
(2) Ein Rückschluss (Schluss) vom Besonderen auf das Allgemeine ist im Allgemeinen falsch.
(3) Ein Rückschluss (Schluss) von einer Teilmenge auf eine Gesamtmenge ist im Allgemeinen falsch.
Wir wissen alle aus Erfahrung, dass an einer Wegverzweigung man sich merken muss, wo man hergekommen ist. Wenn man zurückgehen will und zwei Möglichkeiten hat, muss man die richtige Möglichkeit auswählen. Wasser, die zusammengeflossen sind, kann man so einfach nicht trennen. Das Besondere kann zusätzliche Eigenschaften haben, die nur im Sonderfall aber nicht im Allgemeinen gelten. Die Menge der Primzahlen ist Teilmenge der Natürlichen Zahlen. Primzahlen haben nur triviale Teiler, ungerade Zahlen können beliebige Teiler haben. Natürlich ist ein Element der Teilmenge auch Element der Gesamtmenge, aber es kann zusätzliche Eigenschaften haben, die die Elemente der Gesamtmenge nicht haben. Zwölf ist z. B. die Summe von fünf und sieben, aber auch von drei und neun. Ein Rückschluss, wie die Summe zustande kam ist unmöglich, wenn man sich den Hergang nicht gemerkt hat.
Siehe auch Induktion.
Quellen
Hume: Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand, Abschnitt IV, S 26
Russell: Probleme der Philosophie, Kapitel 6
Rückschluss (vom Logischen)