Denkmethoden und Denkstoff - Reinhard Gobrecht - E-Book

Denkmethoden und Denkstoff E-Book

Reinhard Gobrecht

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Beschreibung

Ähnlich, wie man Lesen als Tätigkeit vom Lesestoff trennen kann, kann man auch Denktätigkeit vom Denkstoff trennen. Denken findet in der Realwelt statt, in der Welt des Sichtbaren, der Denkstoff jedoch befindet sich in einer eigenen Welt, in der Welt des Denkbaren. Diese eigene geistige Welt ist eine Welt statischen Geistes, die Unveränderliches beinhaltet, das wahrhafte Sein und das unveränderliche Wissen. Auf diese Welt kann jeder Denkende, über das Medium Geist, zugreifen. Der geistige Bereich des Unveränderlichen ist von überall zugreifbar und jeder kann diese wesentlichen Gedanken teilen, wenn er dazu in der Lage ist. Der Geist ist zweifach, er ist Denken und Gedachtes. Auch das Gedachte ist in bestimmter Hinsicht zweifach. Einmal ist es Voraussetzung für das Denken, einmal ist es Ergebnis des Denkens. Der Denkvorgang lässt sich methodisch und dynamisch begreifen. Der Denkstoff, der dem Denkvorgang zugrunde liegt, ist statisch. Er ist am ehrwürdigsten, wenn er das Unveränderliche betrifft, das wahrhafte Sein und das wirkliche Wissen. Formen, Gesetze, Ideen und Wahrheiten gehören zum unveränderlichen geistigen Sein. Von den Denkmethoden werden u. a. die logische, die dialektische, die wissenschaftliche und die kritische Denkmethode behandelt. Dasselbe kann gedacht werden und kann sein. Der Geist macht im Denken das Seiende existent und das Seiende, indem es gedacht wird, gibt dem Geist sein Denken und sein Sein. Denken ohne ein Sein ist Fiktion, Sein ohne ein Denken bleibt verborgen. Erkenntnis bedeutet Denken und Sein. Das Gehirn ist Transportschicht und ein Speichermedium für Bewusstsein und Geist. Ohne Bewusstsein und Geist hat das Gehirn keine Existenzberechtigung. Das subjektive Bewusstsein bedarf einer fragenden und forschenden Seele und eines objektiven geistigen Stoffs. Ohne den objektiven geistigen Stoff, ohne das wahrhafte Sein und das wirkliche Wissen, hätte das Bewusstsein nur Wahrnehmungsdaten oder wäre mit sich selbst beschäftigt. Der objektive geistige Stoff aber, bedarf für seine Existenz, weder eines Gehirns noch eines subjektiven Bewusstseins, er ist selbstbestehend und autark, er ist die höchste Stufe der Betrachtung.

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Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung

0.1 Glossar

1 Verschiedene Welten

1.1 Historische Betrachtung

1.2 Traumwelt und Realwelt

1.3 Realwelt und geistige Welt

1.4 Welt des Denkens (Realwelt)

1.5 Welt des Denkstoffs (geistige Welt)

1.6 Welt der unveränderlichen Erkenntnis

1.7 Andere Welten

2 Denkmethoden

2.1 Allgemeines zu den Methoden

2.2 Logische Methode

2.2.1 Deduktive Methode

2.2.2 Induktive Methode

2.2.3 Analoge Methode

2.2.4 Methode der Falsifikation

2.3 Dialektische Methode

2.4 Ökonomische Methode

2.5 Analytisch-synthetische Methode

2.6 Wissenschaftlich strukturierte Methode

2.7 Historische Untersuchungsmethode

2.8 Kritische Methode

3 Denkstoff

4 Denkstoffregister

5 Abbildungsverzeichnis

6 Literatur

0 Einleitung

Die Macht des Geistes und des Denkens

Durch selbstgesteuertes Denken hat man die Möglichkeit unabhängiger und autarker zu werden. Hat man sich durch ein bestimmtes Problem oder durch eine Sache in der Tiefe hindurchgedacht, kann man sogar ein Experte für dieses Problem oder diese Sache werden. Wenn man den Mut hat, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, dann hat man die erste gute Voraussetzung, um seine eigene Unmündigkeit hinter sich zu lassen. Kant schreibt in seinem Aufsatz: >Was ist Aufklärung?<: „Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“ Dieses Unvermögen kann durch fehlenden Mut kommen: Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Unmündigkeit kann aber auch einfach durch Faulheit und Feigheit kommen, denn es ist so bequem, unmündig zu sein. Einen Denker, oder ein Buch für den Verstand, einen Seelsorger für den Glauben und das eigene Gewissen, einen Arzt für das eigene Wohlbefinden, machen das Leben bequemer; in ähnlicher Weise äußert sich Kant in seinem Aufsatz.

Das Denken und der Geist haben ein unendliches Vermögen. Die menschliche Seele hat die Eigenschaft zu fragen und zu forschen. Der Verstand und die Vernunft, beide sind ein hohes Gut, von Natur aus stehen sie dem Menschen zur Verfügung. Der Mensch ist nichts ohne Vernunft, er ist was er ist nur durch sie, sie ist ein begründendes Element, eine ihn beseelende, göttliche und absolute Macht, so Feuerbach. Feuerbach fragt dann weiter: Ist die wissenschaftliche Begeisterung nicht der schönste Triumph, den die Vernunft über dich feiert? Ist die Macht des Wissenstriebs nicht eine schlechterdings unwiderstehliche, alles überwindende Macht?

Philosophie des Geistes – geistige Phänomene

Was ist eine Philosophie des Geistes? Philosophie des Geistes bedeutet Untersuchung des Geistes durch die Philosophie. Was sind geistige Phänomene? Geistige Phänomene finden sich innerhalb und außerhalb von Lebewesen.

Wir beginnen mit den geistigen Phänomenen innerhalb von Lebewesen. Im allgemeinen Sinne kann man zu den geistigen Phänomenen innerhalb von Lebewesen die Wahrnehmung, die Gefühle (Emotionen) und das Denken zählen. Pflanzen haben eher nur sinnliche Empfindungen, Tiere können geistige Fähigkeiten besitzen, jedoch nicht unbedingt ausgeprägtes Denkvermögen. Wenn der Mensch wahrnimmt, koordiniert und bewertet sein Geist dasjenige, welches er wahrnimmt. Er ordnet auch das Wahrgenommene, bildet sprachliche Begriffe und speichert das Wahrgenommene nach einer bestimmten Ordnung ab, wenn es für ihn wichtig ist, damit er es später auch erinnern kann. Gefühle und Empfindungen, auch der Tastsinn, werden ebenfalls durch unseren Geist koordiniert und bewertet. Wir können denken, dass wir denken, wir können fühlen, dass wir fühlen. Wir können nicht nur Wahrgenommenes zum Gegenstand unserer Vernunft machen, sondern auch Gedachtes, ebenso Emotionen wie Angst, Freude, Trauer, Ärger und anderes. Wir können empfinden, dass wir empfinden. Unser Geist ist auch fähig eine äußere Position einzunehmen, eine Sichtweise mit Abstand, und das macht gerade eine vernünftige Bewertung möglich.

Was sind aber geistige Phänomene außerhalb von Lebewesen? Nun, es gibt einmal sogenannte rationale Formen. Rationale Formen sind von Natur z. B. im Samen vorgegeben. Im Samen ist festgelegt bzw. programmiert, was sein Potenzial aktuell werden kann und aus welchem Stoff es bestehen soll. Eine Eiche wird prinzipiell immer ein bestimmtes Aussehen haben, die Form ihres Stammes, die Form ihrer Blätter. Das Eichenholz hat grundsätzlich bestimmte Eigenschaften, was die Härte, den Geruch oder die Farbe in etwa angeht. Buchenholz hat eine andere stoffliche Zusammensetzung, eine andere Form. Die Formen der Buche, von Stamm und Blättern sind ebenfalls ganz verschieden von der Eiche. Insgesamt also ein anderer Samen und damit eine andere rationale Form. Die rationalen Formen sind wie Schablonen, sie enthalten das Wesentliche der jeweiligen Art. Die einzelne Eiche oder die einzelne Buche, wird darüber hinaus, noch durch anderes im Speziellen, z. B. durch äußere Ursachen, geprägt und beeinflusst.

Außerhalb von Lebewesen haben wir als geistige Phänomene des weiteren Ideen. Ideen sind Musterbilder. An Ideen können Lebewesen teilhaben. Man kann Ideen als Gegenstände einer geistigen Welt betrachten und deren subjektive Abbilder, die in Lebewesen verwirklicht sein können, wie etwa Gleichheit, Gerechtigkeit oder Wahrheit als Defaultwerte verstehen, die man zum Bewerten benötigt. Wie kann man beurteilen, ob eine Handlung gerecht ist? Womit kann ich die erfahrene Gerechtigkeit vergleichen? Ich benötige einen Sollwert, einen Richtwert in meinem Denken, den ich als Vergleich heranziehen kann. Ein bestimmter Richtwert, ein bestimmtes Musterbild muss von Anfang an gegeben sein, und das ist ein Abbild der Idee der Gerechtigkeit. Dieses Abbild mag sich aufgrund von Erfahrung ändern, zu ihm gehört jedoch ein geistiges Urbild oder Musterbild, und das ist die Idee der Gerechtigkeit, wie sie in einer geistigen Welt existiert.

Außerhalb von Lebewesen haben wir drittens Wahrheiten, Wahrheiten die immer unverändert das Wahre vermitteln, wie etwa der Gedanke im pythagoreischen Lehrsatz. Solche Wahrheiten werden von Menschen entdeckt aber nicht erfunden; damit kommt ihnen eine selbstständige Existenz zu. Ähnliches gilt für Naturgesetze und wissenschaftliche Wahrheiten, die durch den Menschen erkannt wurden. Wissen bedeutet ja wahre und gerechtfertigte Meinung, und hat daher auch eine Bedeutung, als selbstständiger Bestandteil des Geistes, in statischer Form.

Bei allen geistigen Phänomenen außerhalb von Lebewesen, lässt sich die Unterscheidung treffen in natürlich und künstlich. Rationale Formen kann man der Natur zuschreiben, künstliche Formen dem Menschen. Spezielle wissenschaftliche Wahrheiten kann man der menschlichen Wissenschaft zuordnen. Computerprogramme, überhaupt die künstliche Intelligenz (KI), würden wir ebenfalls ganz bestimmt als künstlich einstufen. Eine weitere Differenzierung des Geistes kann erfolgen durch eine Einteilung in statisch und dynamisch. Wenn Lebewesen ihren Geist in Form von Denktätigkeit benutzen, ist der Geist dynamisch, ebenso wenn ein Computerprogramm aktiv ausgeführt wird, d. h. zum Ablauf gebracht wird. Ein rein potenzielles Denkvermögen, welches nicht tätig ist, kann man als statisch ansehen. Ideen und Wahrheiten als Teile einer geistigen Welt, sind statisch. Ein Computerprogramm welches nur gespeichert ist oder Algorithmen der KI sind statisch und künstlich.

Insgesamt betrachtet, ob der Geist nun in die Materie eingebunden oder selbstständig ist, kann man davon ausgehen, dass Geist gegenteilig zu Materie ist. Lebewesen haben sowohl an Materie als auch an Geist einen Anteil. Der Mensch lebt sozusagen in verschiedenen Welten bzw. hat Schnittstellen zu verschiedenen Welten. Von den verschiedenen Welten, wie Traumwelt, Realwelt und geistige Welt, später mehr. Einen graphischen Überblick über das zuvor Beschriebene, d. h., über die geistigen Phänomene, die es geben kann, findet man am Schluss dieser Einleitung (Abbildung 1). Des Weiteren gibt es im Anschluss an diese textliche Einleitung noch ein Glossar der verwendeten Begrifflichkeit.

Absicht des Buches

In diesem Buch sollen Wahrnehmung und Emotionen nur am Rande behandelt werden. Wir betrachten in diesem Buch auch nicht die geistigen Fähigkeiten von Pflanzen und Tieren. Im Vordergrund soll das Denken stehen, das menschliche Denken. Das Hauptaugenmerk des Buches liegt also auf dem Denken und nicht auf dem Wahrnehmen oder dem Empfinden. Das Denken betrachten wir in einer Hinsicht als Methode. Wir werden die verschiedenen Denkmethoden behandeln. In einer anderen Hinsicht interessiert uns der Gegenstand des Denkens, der Denkstoff. Denkstoff können seelische Dinge (Emotionen) liefern, auch empirische Dinge und deren Zusammenhänge liefern Denkstoff. Im Vordergrund des Buches wird jedoch der geistige Denkstoff stehen, also die dem Denken zugrunde liegenden geistigen Dinge. Die geistigen Dinge, die geistigen Gegenstände, sind statisch; der Denkstoff ist statisch, er gehört zum allgemeinen Denkvermögen, zum allgemeinen Geist (Abbildung 3).

Zur Verdeutlichung der Abbildung 3, betrachten wir eine Analogie zwischen Denken und Lesen: Lesen und Lesestoff befinden sich in zwei unterschiedlichen Welten. Das Lesen findet in der Realwelt statt, der Lesestoff aber gehört zu einer eigenen Welt, eine Welt, die der Autor aus seiner Sicht geschaffen hat. Ein Buch kann von mehreren Personen gleichzeitig gelesen werden, es gibt ja mehrere Exemplare des Buches. Zwischen beiden Welten gibt es Schnittstellen, jedoch keine Schnittmengen. Der Leser, der in der Realwelt das Buch liest, berührt die Welt des Autors, die Welt des Urhebers, mit seinen Gedanken. Alle Leser greifen lesend auf Kopien des Buchs zu, sie nehmen am Buch teil. Der Urheber des Buches jedoch, besitzt das Original des Buches. Er kann, wenn er Fehler feststellt, Verbesserungen vornehmen, er kann schreibend auf das Buchoriginal zugreifen und durch Neuauflage neue Kopien des Buches bewirken.

Ebenso wie man Lesen als Tätigkeit vom Lesestoff trennen kann, kann man auch Denktätigkeit vom Denkstoff trennen. Denken findet in der Realwelt statt, der Denkstoff jedoch befindet sich in einer eigenen Welt. Diese Welt muss kein physikalisches Buch oder E-Buch sein; sie ist vielmehr eine Welt statischen Geistes, die Unveränderliches beinhaltet, wie objektive Ideen und Wahrheiten und unveränderliches Wissen. Auf diese Welt können alle Denkenden lesend zugreifen und sich eigene Kopien (Nachbilder) davon machen. Alle Denkenden können über das Medium Geist auf dieses Gedachte, auf diesen Denkstoff, zugreifen, er ist teilnehmbar. Diesen Denkstoff kann man als Menge der Abbilder eines eigentlichen, wirklichen und wahrhaften Seins verstehen; die Urbildmenge, ein Original dieses Denkstoffs befindet sich jenseits des Geistes, wo unser Denken nicht zureicht, denn dieser Bereich ist transzendent. Das Original des Denkstoffs ist für uns daher nicht teilnehmbar, sondern nur für eine höhere Vernunft (göttliches Eine).

Was bedeutet Denken?

Wir betrachten den implementierten Geist innerhalb von Lebewesen noch etwas genauer. Speziell interessiert uns der menschliche Geist. Von allem was existiert, nimmt einiges nur am Sein teil, anderes am Sein und am Leben und davon wiederum nur ein Teil, welches am Sein, am Leben und am Denkvermögen teilnimmt. Dasjenige aber, welches am Sein am Leben und am Denkvermögen teilnimmt, hat potenziell Anteil am allgemeinen Geist. Die aktive Teilnahme am allgemeinen Geist erzeugt ein Nachbild des Geistigen innerhalb des Lebewesens (Abbildung 3). Dieser subjektive Geist ist also eingebunden in die Körperlichkeit der Materie. Eingebunden sein bedeutet jedoch nicht, eine Folge oder Wirkung von Materie oder Emotionen zu sein. Ähnlich ist es ja auch bei der KI. Bei einem Computer ist die Software (SW) eingebunden in die Hardware (HW). Die HW ist notwendig für die SW. Die SW ist auf der HW installiert, was ein gewisses Eingebundensein, eine Abhängigkeit bedeutet. Trotzdem ist die SW keine Folge oder Wirkung der HW, sondern eine ganz andere Dimension als das Materielle, eine geistige Dimension.

Der menschliche Geist kann von passiver Art sein oder von aktiver Art. Ist der menschliche Geist von passiver Art, also nur von einer Art Vermögen, dann ist er eher statisch und wir sprechen von Denkvermögen oder von Denkkraft. Ist der menschliche Geist dagegen aktiv, sprechen wir von Denktätigkeit, in diesem Fall ist der menschliche Geist dynamisch. Findet ein Denken statt, ein Fassen von Gedanken, wird also aus Denkvermögen Denktätigkeit, kann man den Zeitraum der Tätigkeit des Denkens nach Aristoteles als Bewegung verstehen. Eine Bewegung beginnt beim Verlassen des passiven Zustandes und damit mit dem Wechsel zum aktiven Zustand. Die Bewegung beginnt also mit dem Tätigsein im Denken, mit dem Beginn der Verwirklichung des Denkens, d. h. mit dem Beginn der Denktätigkeit. Wenn der Denkvorgang abgeschlossen ist, endet die Denktätigkeit und damit die Bewegung. Die Bewegung selbst ist also der Zeitraum der Verwirklichung, hier die Verwirklichung der Gedanken. Ist der Denkvorgang zu Ende, wird der Geist zum reinen Denkvermögen und damit wieder statisch. Gerade die Tätigkeit aber ist es, die uns nach Aristoteles zur Erkenntnis führt.

So ist es ja auch beim Beweisen in der Mathematik. Liest man einen Beweis einer Aufgabe, ohne selbst den Beweis zu führen, ist das in einer Hinsicht zwar auch eine bestimmte Tätigkeit. Dieses quasi passive Tätigsein ist jedoch nur ein Aufsaugen von Wissen. Man konsumiert Wissen, man konsumiert Erkenntnis, kommt jedoch nicht durch eigenes aktives Tätigsein zu dieser Erkenntnis. Führt man jedoch den Beweis selbst, ist das ein wirkliches Tätigsein, eine eigene Denktätigkeit, die nicht die Gedanken anderer nachvollzieht, sondern selbst Gedanken entwickelt, die dann den Weg zur Lösung der mathematischen Aufgabe aufzeigen; so kommt man schließlich, im eigentlichen Sinne, direkt durch sein eigentliches Tätigsein zur Lösung und damit zur Erkenntnis.

Versteht man das Denken nicht inhaltlich, sondern lediglich in Hinsicht einer Methode, dann ist das Denken aus dieser Sichtweise wie ein Werkzeug. Als reine Methode ist das Denken leer. Es fehlt der Denkstoff. Ähnlich eines Schreiners, der als Werkzeuge Kreissäge und Hobelmaschine zur Verfügung hat, beherrscht er damit in bestimmter Hinsicht die Bearbeitungsmethode. Letztlich benötigt er jedoch noch den Werkstoff, das Holz, um wirklich tätig sein zu können. Von den verschiedenen Denkmethoden später mehr.

Man kann sich fragen wie Denken und Erinnern zusammenhängen. Man kann nach Wahrnehmungsformen und Denkformen fragen ähnlich wie es Kant getan hat. Als reine Wahrnehmungsformen haben wir Raum und Zeit, nach denen wir die wahrgenommenen Dinge ordnen können. Wir können, wenn wir wollen Wahrgenommenes mit einem Zeit- und Raumstempel versehen. Dies hilft uns beim Ordnen und Erinnern der Dinge. Als Denkformen kann man die Kategorien betrachten. Kategorien wie Quantität, Qualität, Relation und Modalität helfen uns ebenfalls beim Ordnen und beim Erinnern der Dinge. Unser Verstand ordnet die Dinge begrifflich nach Kategorien. Denken lässt sich auch unterscheiden, ob es mit Verstand, mit Vernunft oder mit Urteilskraft zusammenhängt. Soweit die textliche Einleitung.

0.1 Glossar

In diesem Buch wollen wir bzgl. des Geistes die folgenden Begriffe benutzen und wie folgt unterscheiden:

Analoge Methode: Die analoge Methode ist eine spezielle logische Methode. Sie ist eine empirische Schlussweise. Es handelt sich um einen Schluss von einem Einzelfall auf einen anderen Einzelfall, aufgrund einer Ähnlichkeit zwischen den Einzelfällen. Der empirische Schluss ist weniger streng als ein Vernunftschluss.

Analytisch-synthetische Methode: Diese Methode analysiert ein Problem, eine Sache, und zerlegt diese in möglichst sinnvolle kleine Einheiten. Sie trennt Voraussetzungen von Hypothesen und bereits gerechtfertigtem Sachverhalt. Ihr Ziel ist Gesetzmäßigkeiten zu finden und diese zu rechtfertigen. Analysierte Inhalte können durch Synthese zusammengeführt werden, wenn dies einen Sinn macht.

Deduktive Methode: Die deduktive Methode ist eine spezielle logische Methode. Sie ist eine Schlussweise des Verstandes bzw. der Vernunft. Bei einer Deduktion schließt man vom Allgemeinen auf den Einzelfall. Man zieht Folgerungen aus wahren Prämissen. Diese Methode kommt auch in der Mathematik und Logik zur Anwendung.

Denkform: Denkformen werden verstanden in Form der Kategorien von Kant: Quantität, Qualität, Relation und Modalität. Man kann sich z. B. fragen ob das Gedachte Einiges oder Vieles betrifft (Quantität). Oder man fragt: Handelt es sich bei dem Gedachten um Reales oder nicht (Qualität)? Drückt das Gedachte eine Beziehung aus, eine Wechselbeziehung oder eine Ursache-Wirkungsbeziehung (Relation)? Handelt es sich beim Gedachten um Mögliches oder sogar Notwendiges oder gar Unmögliches (Modalität)?

Denkmethode: Im Buch werden folgende Denkmethoden betrachtet und unterschieden: Logische, dialektische, ökonomische, analytischsynthetische, wissenschaftliche-strukturierte, historische und kritische Denkmethode. Eine Denkmethode ist ein reines Werkzeug und formuliert eine Sichtweise, eine Richtung, wie man methodisch an eine geistige Sache, ein Problem, herangehen will.

Denkstoff: Im Vordergrund des Buches steht der geistige unveränderliche Denkstoff. Das Geistige, das im Immer ist, das Geistige, das statisch ist. Das sind rationale Formen, geometrische Formen, Ideen, zeitlose Wahrheiten und unveränderliches Wissen. Dies ist das eigentliche Sein, das wirkliche Sein, welches keinem Werden unterliegt. Daneben können aber auch die empirischen Dinge und deren Verhalten Denkstoff oder Denkanstöße liefern, wie etwa bestimmte Naturgesetze. Die Welt des Wissens kann uns ebenfalls Denkstoff oder Denkanstöße liefern. Zeitloses Wissen zählen wir zum unveränderlichen geistigen Denkstoff. Die Welt des Denkstoffs ist ganz genaugenommen das teilnehmbare eigentliche Sein bzw. das teilnehmbare wirkliche Sein. Das Urbild des wirklichen Seins aber, ist nicht teilnehmbar und liegt jenseits des Geistes (Abbildung 3).

Denktätigkeit: Aktives Denken. Das aktiv genutzte Denkvermögen. Das Denkvermögen in aktiver Tätigkeit. Denken als Bewegung, dynamischer Geist.

Denkvermögen: Denkpotenzial. Die Fähigkeit und Möglichkeit des Denkens. Ruhende Denktätigkeit, statischer Geist.

Dialektische Methode: Denkmethode, die Gegensätze und Wechselbeziehungen beachtet. Denkmethode, die eine Lösung für scheinbare Widersprüche anstrebt. Denkmethode, die jedoch keine echten Widersprüche duldet. Die dialektische Methode erkennt mögliche Einheit und die Vielheiten der gegebenen Ausprägungen. Sie erkennt, scheidet und verbindet verschiedene Sichtweisen.

Erkenntnis: Wenn Anschauung und Denken zusammenkommen, nennen wir es Erkenntnis. Die Anschauung kann sich auf äußere Dinge, innere Dinge oder geistige Dinge beziehen. Erkenntnis kann subjektiv oder objektiv sein. Wissen bedeutet in jedem Fall objektive Erkenntnis.

Falsifikation: Diese Methode ist eine spezielle logische Methode. Wenn eine Deduktion schlecht möglich ist, wie öfters in den empirischen Wissenschaften, kann es helfen, Hypothesen durch Gegenbeispiele zu widerlegen. Empirische Allaussagen wie >Alle Schwäne sind weiß< sind nicht verifizierbar, weil unmöglich alle Schwäne der Welt überprüft werden können, es handelt sich um eine illegitime Gesamtheit. Wohl aber ist diese Aussage falsifizierbar. Die Beobachtung eines schwarzen Schwanes z. B. reicht aus, diese Aussage zu widerlegen, zu falsifizieren.

Geist: Das Wort Geist wird in einer Hinsicht sowohl im statischen Sinne (Denkvermögen, Denkstoff), als auch im dynamischen Sinne (Denken, Denktätigkeit) gebraucht. In einer anderen Hinsicht wird es sowohl im allgemeinen Sinne (außerhalb von Lebewesen) als auch im besonderen Sinne (innerhalb von Lebewesen) gebraucht. Das Geistige kann Wahrnehmen, Fühlen und Denken beschreiben. Geist kann in der Natur, in einer Seele oder vor einer Seele bestehen. Das Wort Geist ist ein analoger Begriff.

Historische Untersuchungsmethode: Die historische Untersuchungsmethode fragt danach, was vorher schon bekannt war und wo Neues anzusetzen ist. Sie wägt ab und entscheidet, ob das bisher Erkannte in der Geschichte nach wie vor noch gültig sein kann.

Idee: Ideen sind Einheiten, die die Vielheiten der Verwirklichung zu einem Richtpunkt zusammenfassen. Sie helfen uns beim Denken. Man kann von Richtpunkten oder archimedischen Punkten, also von Fixpunkten ausgehen, um dann Ausprägungen, Aspekte und Vielheiten gedanklich erfassen und ordnen zu können. In der geistigen Welt ist die Idee Urbild und Musterbild, für das Abbild, welches wir uns in der empirischen Welt von ihr machen.

Induktive Methode: Diese Methode ist eine spezielle logische Methode. Sie ist eine empirische Schlussweise. Aufgrund dessen ist sie stark fehleranfällig, denn sie schließt von Einzelfällen auf den Allgemeinfall; und dies ist strenggenommen nicht möglich. Die induktive Methode kann aber helfen allgemeine Gesetzmäßigkeiten aufzufinden, zum Beweis und zu Rechtfertigung ist sie jedoch nicht geeignet, da sie nur die bereits bestätigten Fälle stützt. Zu erwartende Fälle können damit nicht gerechtfertigt werden, denn es gibt keine gehaltserweiternden und keine hellseherischen Schlüsse. Die Induktive Methode kann hilfreich sein für Wahrscheinlichkeitsaussagen.

Kritische Denkmethode: Die kritische Denkmethode benutzt in erster Linie die eigene Vernunft, sie schließt sich nicht ohne kritischer Prüfung bestehenden Meinungen an. Sie prüft die Mehrheitsmeinungen kritisch. Sie kritisiert nicht um der Kritik willen, sondern um der Sache und Wahrheit willen und versucht dann durch konstruktives Verhalten zu verbessern.

Logische Methode: In diesem Buch haben wir die logische Methode in verschiedene Methoden unterteilt. Allen logischen Methoden ist der Anspruch gemeinsam, Widersprüche aufzudecken, d. h. zu erkennen, ob Aussagen, Berichte und Geschichten Widersprüche enthalten. Dasjenige, welches Widersprüche enthält, kann nicht richtig, nicht wahr sein. Die Logik ist ein Prüfstein für Konsistenz und Kohärenz. Insgesamt kann die Logik auch ein Prüfstein für die Wahrheit sein. Von Natur hat alles seine Ursachen und Gründe und ist damit logisch. Umgekehrt gilt, dass etwas Unlogisches nicht real sein kann.

Ökonomische Methode: Diese Methode versucht nicht notwendige Annahmen zu vermeiden und außerdem aus Zweckmäßigkeitsgründen Hypothesen- und Theorienvielfalt ökonomisch zu reduzieren. Es geht um die Ökonomie der Gedanken und um Ersparung von Erfahrung. Eine möglichst einfache Begriffsarchitektur wird angestrebt. Erkenntnis- und Wissensstreben muss dem Gebot der Ökonomie unterliegen. Tatsachen sollten mit dem geringsten Gedankenaufwand dargestellt werden.

Rationale Form: Rationale Formen sind Formen der Natur, die im Samen Form und auch materiellen Stoff bereits als Erbgut schablonenhaft festlegen. In der Verwirklichung, in der empirischen Welt, sind sie also als Potenzial im Samen festgelegt bzw. vorprogrammiert. Durch Vererbung können immer wieder neue Existenzen entstehen, die rationale Form bleibt jedoch zeitlos gleich. Rationale Formen sind beständig. Ihr Musterbild liegt in der geistigen Welt und ist Bestandteil des Geistigen.

Wahrnehmungsform: Reine Wahrnehmungsformen sind Raum und Zeit. Der Raum trennt und unterscheidet das gleichzeitig Existierende. Die Zeit hilft uns das Existierende zeitlich zu unterscheiden. Wenn manches den gleichen Ort einnehmen kann, ist es trotzdem zeitlich unterscheidbar. Wahrnehmungsformen helfen uns unsere Gedanken zu ordnen, zu speichern und zu erinnern.

Wahrnehmungsstoff: Der Wahrnehmungsstoff besteht aus empirischen Dingen. Dinge die man sehen, hören, riechen, fühlen oder schmecken kann. Alle Lebewesen haben Wahrnehmung. Äußere Objekte können nur durch die Wahrnehmung erfasst werden, auch der Geist erfasst diese nur mittels der Wahrnehmung. Die äußeren Objekte sind keine unmittelbaren Gegenstände des Denkens, sie werden zu allererst durch die Wahrnehmung erfasst.

Welt des Denkbaren: Die Welt des Denkbaren ist die statische geistige Welt, die Welt des unveränderlichen Denkstoffs, die obere Welt. Welt des Denkens: Die Welt des Denkens ist nicht die statische Welt des Denkbaren, sondern die Realwelt.

Welt des Denkstoffs: Die Welt des Denkstoffs ist die Welt des Denkbaren, die Welt des geistigen unveränderlichen Denkstoffs, die obere Welt.

Welt des Sichtbaren: Die Welt des Sichtbaren ist die Welt der Wahrnehmung und die Welt des Denkens, die veränderliche Realwelt.

Wissen: Wissen bedeutet wahre, gerechtfertigte Meinung. Das bedeutet, dass man nichts Falsches wissen kann. Ist eine Meinung jedoch kein Wissen, kann sie natürlich auch falsch sein. Interessant für uns ist das unveränderliche, zeitlose Wissen, logische, mathematische und andere wissenschaftliche Gesetze.

Wissenschaftlich strukturierte Methode: Diese Methode sucht nach Einteilungen, ordnet und strukturiert nach Ebenen und Schichten. Diese Methode strebt Erkenntnis, Wahrheit und Rechtfertigung an, sie strebt Wissen an.

Zeitlose Wahrheiten: Dies sind Wahrheiten, deren Gegenteil nicht widerspruchsfrei gedacht werden kann, deren Gegenteil nicht möglich ist. Ferner Wahrheiten, deren Gegenteil von niemanden in Erfahrung gebracht werden kann. Zeitlose Wahrheiten sind unabhängig von der Zeit wahr und unveränderlich.

Literatur: Aristoteles: Metaphysik, Buch XI, Kapitel 9;

Kant: Was ist Aufklärung? In >Ausgewählte kleine Schriften<;

Kant: Kritik der reinen Vernunft (Ausgabe A [1781], A 22);

Kant: Kritik der reinen Vernunft (Ausgabe B [1787], B 106);

Kant: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (§ 42);

Feuerbach: Das Wesen des Christentums, Das Wesen des Menschen im Allgemeinen;

Graphische Veranschaulichung (Abbildung 1)

1 Verschiedene Welten

1.1 Historische Betrachtung

Bereits bei den Eleaten, Parmenides und Zenon von Elea, gab es eine Mehr- bzw. Zwei-Welten-Theorie. Das wirkliche und eigentliche Sein, welches nicht dem Werden unterliegt, welches niemals nicht sein kann, sondern immer ist, kann in einer eigenen geistigen und oberen Welt gesehen werden. Nach Parmenides kann nur von demjenigen Erkenntnis kommen, welches objektiv ist und gedacht werden kann. Es gibt hier eine Art Verbundenheit zwischen Sein und Denken. Dinge, die nur subjektiv vorgestellt werden, lassen sich nicht zwingen zu sein. Ein Erkennen ist ohne das Sein nicht möglich. Das eigentliche Sein, welches zur oberen Welt gehört, wird im Lehrgedicht des Parmenides beschrieben. Das eigentliche Sein ist nach Parmenides ganz und gar, einheitlich und vollendet, es unterliegt nicht dem Werden und Vergehen, es ist ungeworden und unvergänglich. Das eigentliche Seiende ist im Immer. Das eigentliche Seiende kann erkannt werden und eine Erkenntnis darüber ist deswegen selber Seiendes. Das eigentliche Seiende ist nicht vermehrbar und nicht verringerbar, es ist unverletzlich.

Zenon von Elea war ein Schüler des Parmenides. Nach Diogenes Laertius sagt Zenons Lehre, dass es mehrere Welten gibt. Da, wo es verschiedene Welten oder Existenzbereiche gibt, muss man, wenn nötig, differenziert vorgehen. Was im geistigen Bereich Eines sein kann, kann im empirischen Bereich Vieles sein. Deswegen lautet auch eine von Zenons Paradoxien sinngemäß wie folgt: Wenn es Vieles gibt, ist das Seiende der Zahl nach begrenzt und unbegrenzt, vgl. Kirk/Raven/Schofield. Diese Paradoxie kann z. B. entstehen, wenn man das Seiende nicht scharf unterscheidet. Das eigentliche Seiende ist vollendet und begrenzt, es ist Eines. Des Weiteren gibt es beim eigentlichen Seienden nichts Potenzielles. Seine Vielheiten entstehen erst in der empirischen Welt, dort scheint aber eine Vielheit (Unendlichkeit der Zahl nach), zweischneidig zu sein, denn potenziell kann eine solche Vielheit unbegrenzt sein, der Wirklichkeit nach, kann sie aber nicht durchschritten werden und ist deswegen auch begrenzt. Auf die weiteren Paradoxien von Zenon wird hier nicht eingegangen.