Grundlagen Arbeitsrecht - Daniela Reinders - E-Book

Grundlagen Arbeitsrecht E-Book

Daniela Reinders

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Beschreibung

Das Arbeitsrecht soll die soziale Gerechtigkeit bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen sicherstellen und so die naturgemäß schwächere Position des Arbeitnehmers stärken. Dabei ist das Arbeitsrecht kein eigenes Gesetz, vielmehr besteht es aus einer Reihe von Einzelgesetzen, die in ihrer Gesamtheit die Bedingungen für eine abhängige Beschäftigung regeln. Man unterscheidet zwischen individuellem und kollektivem Arbeitsrecht. Um in diesem recht unübersichtlichen Geflecht unterschiedlicher Regelungen einen Überblick zu bekommen werden die einzelnen relevanten Gesetze beleuchtet und die wesentlichen Inhalte dargestellt.

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„Auch wenn alle einer Meinung sind, können alle Unrecht haben“

(Bertrand Russell)

Daniela Reinders

Daniela Reinders absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaften (Master of Laws) mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht, sowie ein wirtschaftswissenschaftliches Studium im Schwerpunkt Handel. Nach Tätigkeiten in der freien Wirtschaft ist sie seit 2004 als Dozentin im kaufmännischen Bereich in der Erwachsenenbildung tätig.

Frank Thönißen

Frank Thönißen absolvierte ein Studium der Wirtschaftswissenschaften mit dem Schwerpunkt Sozialpolitik, sowie eine kaufmännische und technische Ausbildung. Es folgten Tätigkeiten in der freien Wirtschaft im In- und Ausland. Seit 2001 ist er als Dozent im kaufmännischen Bereich in der Erwachsenenbildung tätig.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Teil A Personalbeschaffung

Stellenausschreibung

1.1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

1.1.1 drittes Geschlecht

Personalauswahl

2.1 Onlinetests

2.2 Assessment-Center

2.3 Vorstellungsgespräch

2.3.1 Fragerecht Arbeitgeber

2.3.2 Offenbarungspflicht Arbeitnehmer

Teil B Individuelles Arbeitsrecht

Arbeitsvertragsrecht

1.1 Begriff Arbeitnehmer

1.2 Arbeitsvertrag

1.2.1 Zustandekommen Arbeitsvertrag

1.2.2 Inhalt Arbeitsvertrag

1.2.3 Formvorschriften

Arbeitsrechtliche Gesetze

2.1 Bundesurlaubsgesetz (BurlG)

2.2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG)

2.3 Mindestlohngesetz (MiLoG)

2.4 Entgelttransparenzgesetz

Arbeitsschutzrechte

3.1 Gesundheitsschutz

3.1.1 Mutterschutzgesetz (MuSchG)

3.1.2 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)

3.1.3 Bundesteilhabegesetz (Neunte Sozialgesetzbuch SGB IX)

3.2 Arbeitsschutz

3.2.1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)

3.3 Entgeltschutz

3.3.1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG)

3.3.2 Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG)

3.4 Kündigungsschutz

3.4.1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Besondere Arbeitsverhältnisse

4.1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)

4.2 Berufsbildungsgesetz (BBiG)

4.3 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)

4.4 Praktikum

Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis

5.1 Pflichtverletzungen

5.2 Abmahnung

Beendigung Arbeitsverhältnis

6.1 Ordentliche Kündigung

6.2 Außerordentliche Kündigung

6.3 Aufhebungsvertrag

6.4 Kündigungsschutzklage

Teil C Kollektives Arbeitsrecht

Tarifvertragsgesetz (TVG)

Unternehmensmitbestimmung

Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

3.1 Betriebsrat

3.2 Personalrat

3.3 Mitarbeitervertretung

Arbeitskampf

Teil D Normenpyramide

Normenhierarchie

Teil E Datenschutzgrundverordnung

Betrieblicher Datenschutz

Stichwortverzeichnis

Weitere Publikationen der Autoren

Einleitung

Das „Arbeitsrecht“ ist kein eigenes Gesetz, vielmehr besteht es aus einer Reihe von Einzelgesetzen, die in ihrer Gesamtheit die Bedingungen für eine abhängige Beschäftigung regeln. Dabei soll die soziale Gerechtigkeit bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen sichergestellt und dazu die naturgemäß schwächere Position der Arbeitnehmer gestärkt werden.

Das individuelle Arbeitsrecht regelt dabei die Beziehung zwischen dem einzelnen Arbeitnehmer und dem einzelnen Arbeitgeber. Kollektives Arbeitsrecht befasst sich dagegen mit der Beziehung zwischen den Zusammenschlüssen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

Im Folgenden werden die einzelnen relevanten Gesetze beleuchtet und die wesentlichen Inhalte dargestellt. Dabei wurden in der vorliegenden 3. Auflage die gesetzlichen Änderungen ab 2018 berücksichtigt.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Durcharbeitung des Buches verbunden mit dem Erhalt eines einfachen Überblicks über die wichtigsten arbeitsrechtlichen Grundlagen.

Ihre Autoren

Daniela Reinders und Frank Thönißen

Teil A Personalbeschaffung

Jedes Arbeitsverhältnis beginnt mit der Personalbeschaffung. Der Arbeitgeber versucht hierbei für eine vakante Stelle unter Einsatz unterschiedlicher Mittel den passenden Bewerber zu finden.

1. Stellenausschreibung

Zur Besetzung freier Stellen im Betrieb gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Personalbeschaffung. Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwischen interner und externer Personalbeschaffung.

Bei der internen Personalbeschaffung wird innerhalb des Unternehmens nach geeigneten Bewerbern gesucht. Diese Methode bietet den Vorteil, dass der Arbeitnehmer bereits bekannt ist und dieser das Unternehmen, die Abläufe und Schnittstellen bereits kennt. Der Mitarbeiter muss daher weniger umfangreich eingearbeitet werden. Nachteil dieser Variante ist, dass durch die Umsetzung des Mitarbeiters an einer anderen Stelle im Unternehmen ein entsprechender Personalbedarf entsteht. Zudem kann kein frischer „Input“ (z. B. in Form neuer Qualifikationen oder Erfahrungen) ins Unternehmen einfließen.

Die Suche innerhalb des Unternehmens kann durch interne Stellenausschreibungen in Form eines Aushanges, im Intranet oder durch gezielte Ansprache des einzelnen Mitarbeiters erfolgen.

Bei der externen Personalbeschaffung werden Mitarbeiter außerhalb des Unternehmens gesucht. Dies kann durch eigene Stellenausschreibungen in unterschiedlichen Medien (Zeitung, Internet usw.), Beauftragung eines Personaldienstleisters oder Anfragen bei der Agentur für Arbeit erfolgen. Soll die Stelle durch externe Mitarbeiter besetzt werden ist zu beachten, dass die vakante Stelle gegebenenfalls intern ausgeschrieben werden muss (vgl. § 93 BetrVG).

Vorteil einer Besetzung mit externen Bewerbern ist, dass innerhalb des Unternehmens keine Stellen wegfallen, neue Kenntnisse und Fähigkeiten ins Unternehmen eingebracht werden und dadurch neue Impulse möglich sind.

Grundsätzlich muss vom Arbeitgeber bei Stellenausschreibungen und dem anschließenden Auswahlverfahren neben dem Datenschutz die Einhaltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes beachtet werden, d. h. kein Bewerber darf ohne Grund benachteiligt werden.

1.1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Zum Schutz von Arbeitnehmern vor Mobbing, Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen wurde das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschaffen. Ziel ist es eine Benachteiligung wegen Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Dies bezieht sich sowohl auf die Bewerbersuche und Bewerberauswahl, als auch die Vermeidung von Diskriminierung im allgemeinen Arbeitsleben (u. anderer Geschäftsbereiche).

Das AGG selber gliedert sich in die allgemeinen Vorschriften (§§ 1-5, 22, 23 AGG), den arbeitsrechtlichen Teil (§§ 6-18 AGG), den zivilrechtlichen Teil (§§ 19-21 AGG) und den Vorschriften der Antidiskriminierungsstelle (§§ 25-30 AGG).

Der Gesetzgeber unterscheidet in Fragen der Ungleichbehandlung zwischen mittelbarer und unmittelbarer Benachteiligung.

Eine mittelbare Benachteiligung, d. h. indirekte Benachteiligung, liegt vor, wenn scheinbar neutrale Vorschriften sich benachteiligend auf eine bestimmte Personengruppe auswirken.

Beispiel: zur Bewerberauswahl bei der Besetzung einer Stelle als Küchenhelfer wird ein Deutschtest eingesetzt, wobei für diese Tätigkeit nachweislich keine Deutschkenntnisse erforderlich sind

Unmittelbare oder direkte Benachteiligung ist, wenn unter Bezugnahme auf ein (benanntes) Diskriminierungsmerkmal eine Ungleichbehandlung erfolgt.

Beispiel: ein schwarzer Deutscher wird aufgrund seiner Hautfarbe nicht im Vertrieb eingestellt

Es gibt aber auch Ausnahmen, bei denen das Gesetz eine Ungleichbehandlung erlaubt. In §§ 8 – 10 AGG sind die zulässigen unterschiedlichen Behandlungen genannt:

§ 8 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen

Ergeben sich durch die Art der Tätigkeit besondere Anforderungen oder besondere Bedingungen in der Ausübung dieser Tätigkeit, darf ein Arbeitgeber von dem Verbot der Ungleichbehandlung abweichen.

Beispiele:

In einem reinen Mädcheninternat kommen als Betreuer nur weibliche Bewerber in Frage (vgl. BAG vom 28.05.2009 – 8 AZR 536/08).

Ein weiteres denkbares Beispiel wäre, wenn die zu besetzende Stelle eine Beratungstätigkeit von bestimmten ethnischen Gruppen (Menschen mit Migrationshintergrund) ist. Hier würde ein Bewerber mit eben dieser ethnischen Herkunft bevorzugt werden, da ein solcher Arbeitnehmer schneller ein Vertrauensverhältnis zu den Beratenden entwickeln könnte und Konflikte innerhalb dieser Tätigkeit mit den Beratenden vermieden werden können.

Eine Altersgrenze für Piloten ist nach dem Gesetz ebenfalls gerechtfertigt, da dies der Sicherheit des Flugverkehrs dient. Mit zunehmendem Lebensalter kann nachgewiesenermaßen das Risiko unerwarteter Fehlreaktionen und Ausfallerscheinungen zunehmen.

§ 9 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung

Durch das garantierte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen können diese unter Beachtung ihres Selbstverständnisses oder nach Art der Tätigkeit eine entsprechende zulässige berufliche Anforderung stellen. Diese Anforderung kann sich auch auf spezifische Verhaltensanforderungen an die Mitarbeiter beziehen (§ 9 Abs. 2 AGG). So kann der Arbeitgeber neben der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft verlangen, dass sich der Arbeitnehmer an konkrete Verhaltensweisen hält.

Beispiel: Die katholische Kirche darf für die Besetzung der Stelle in einer Kindertageseinrichtung nur Bewerber berücksichtigen, die der katholischen Kirche angehören.

§ 10 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters

Erlaubt ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters, wenn diese objektiv und angemessen durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Der Sinn dieser Regelung liegt darin, den Arbeitnehmer möglichst lange und früh in Arbeit zu bringen, um so den Staat zu entlasten.

In § 10 AGG sind sechs Fallbeispiele aufgeführt, die jedoch nicht abschließend sind und grundsätzlich weitere Ausnahmen zulassen.

So ist zum Beispiel eine Ungleichbehandlung wegen des Alters zulässig wenn es um die Festlegung von Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung oder beruflicher Bildung geht mit dem Ziel, Jugendliche in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Auch können in Sozialplänen Regelungen bezüglich möglicher Abfindungen nach Alter gestaffelt werden.

Darüber hinaus ist eine Ungleichbehandlung erlaubt, wenn diese dem Nachteil einer bestimmten Personengruppe entgegengewirkt.

Beispiele:

Auch hier passt das Beispiel, in Sozialplänen eine nach Lebensalter gestaffelte Abfindungsregelung vorzusehen.

Bei der Einstellung werden schwerbehinderte Personen bevorzugt berücksichtigt.

Während des laufenden Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber die Pflicht, alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligung seiner Arbeitnehmer zu ergreifen (vgl. § 12 AGG). Um diesen Schutz durchzusetzen könnte der Arbeitgeber bei Zuwiderhandlung Abmahnungen oder Kündigungen aussprechen, oder die betreffenden Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens versetzten. Vorbeugend könnten den Mitarbeitern entsprechende Fortbildungen und Schulungen angeboten werden. Die Schutzpflicht des Arbeitgebers umfasst auch die Bewahrung der Mitarbeiter vor Diskriminierung durch Dritte.

Kommt es dennoch zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung, haben die Beschäftigten gemäß den §§ 13 – 16 AGG unterschiedliche Rechte, die sie geltend machen können.

§ 13 AGG Beschwerderecht bei Benachteiligung

Der Arbeitgeber muss zur Aufnahme von möglichen Benachteiligungen eine entsprechende Stelle im Betrieb einrichten, bei welcher betroffene Arbeitnehmer dies anzeigen können. Eine Form- oder Fristvorgabe für eine solche Beschwerde gibt es nicht. Liegt eine Beschwerde vor, ist diese vom Arbeitgeber zu prüfen und das Ergebnis dem Arbeitnehmer mitzuteilen.

§ 14 AGG Leistungsverweigerungsrecht bei (sexueller) Belästigung

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine (sexuelle) Belästigung gegenüber einem Arbeitnehmer zu unterbinden. Ergreift der Arbeitgeber trotz der ihm bekannten Belästigung keine entsprechenden Maßnahmen, kann der Arbeitnehmer unter Fortzahlung seines Arbeitsentgeltes die Arbeitsleistung verweigern. Die Dauer der Verweigerung ist dabei abhängig von der Zeitspanne, die der Arbeitgeber benötigt, um die Belästigung zu beseitigen. Eine solche Leistungsverweigerung setzt allerdings die Verhältnismäßigkeit zwischen der Schwere der Belästigung und der Verweigerung voraus. Daher sollten sich Arbeitnehmer in einem solchen Fall vorab juristisch beraten lassen, um ihren Anspruch auf Zahlung des Entgelts nicht zu verlieren.

§ 15 AGG Schadensersatzanspruch

Trifft für eine Benachteiligung den Arbeitgeber ein Verschulden, ohne dass hierfür ein Rechtfertigungsgrund vorliegt, kann der Arbeitnehmer gegen ihn Schadensersatzansprüche geltend machen (§ 249 BGB). Der Anspruch berechnet sich nach der Höhe des entstandenen Schadens.

Neben dem Schadensersatz hat der Arbeitnehmer auch einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Entschädigung. Dies gilt für den Schaden, der kein Vermögensschaden ist (sog. Schaden wegen Verletzung der Ehre).

Bisher ist von der Rechtsprechung keine Höchstgrenze für Schadensersatz oder Entschädigung definiert worden. Nähere Konkretisierungen gibt es bisher nur durch die bereits getroffenen Urteile. So haben die Gerichte entschieden, dass es bei nachgewiesener Benachteiligung im Bewerbungsprozess keinen Schadensersatz in Höhe des entgangenen Lohnes bis zum Renteneintritt gibt, sondern ein Betrag in Höhe von maximal drei Monatsgehältern als üblich angesehen wird. Der Anspruch auf Beschäftigung kann dagegen nicht eingeklagt werden.

Um Ansprüche auf Schadensersatz oder Entschädigung geltend zu machen gilt für den Arbeitnehmer eine Frist von zwei Wochen. Zudem muss der Anspruch schriftlich erhoben werden.

§ 16 AGG Maßregelungsverbot

Nimmt ein Arbeitnehmer eines der genannten Rechte in Anspruch ist es dem Arbeitgeber verboten, diesen aus diesem Grund zu benachteiligen.

1.1.1 drittes Geschlecht

Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG 1BvR 2019/16 vom 10.10.2017) sind die bisherigen Regelungen im Personenstandsrecht mit den grundgesetzlichen Anforderungen nicht vereinbar. Dies begründet das Gericht damit, dass neben dem Eintrag „weiblich“ oder „männlich“ keine dritte Möglichkeit besteht, ein Geschlecht eintragen zu lassen. Nach Auffassung der Richter schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) aber auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Zudem verstößt das geltende Personenstandsrecht gegen das Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 3 GG), wenn die Eintragung eines anderen Geschlechts als „männlich“ oder „weiblich“ nicht möglich ist. Daher muss bis zum 31.12.2018 eine Neuregelung hierzu geschaffen werden. Aus diesem Grund hat das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf beschlossen, der neben den Möglichkeiten „männlich“ oder „weiblich“ als dritte Geschlechtsoption „divers“ vorsieht. Diese Gesetzesänderung muss bis Ende 2018 in Kraft gesetzt werden.

Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf das Arbeitsrecht. So muss in Stellenausschreibungen nun ebenfalls ein drittes Geschlecht ergänzt werden. Die bisher übliche Formulierung des Jobtitels mit der Ergänzung „(m/w)“ reicht nicht mehr aus. Vielmehr muss das dritte Geschlecht mit aufgeführt werden.

Dies könnte durch den Zusatz „(m/w/d)“ für „männlich / weiblich / divers“ erfolgen. Eine andere Möglichkeit wäre, die Stelle komplett geschlechtsneutral zu bezeichnen, z. B. „Kaufmännische Leitung“.

Unklar sind zurzeit die Auswirkungen auf andere arbeitsrechtliche Regelungen wie z. B. die Betriebsratswahlen. Nach § 15 Abs. 2 BetrVG muss nämlich bei der Wahl das prozentuale Verhältnis von Frauen und Männern im Unternehmen gewahrt bleiben. Inwieweit nach dem nun vorliegenden Urteil alle Geschlechter Berücksichtigung finden müssen, ist vom Gesetzgeber zeitnah zu klären.

2. Personalauswahl

Eingehende Bewerbungen durchlaufen meist ein der zu besetzenden Stelle entsprechendes Auswahlverfahren. Dies kann in Form einer Online-Testung, eines Assessment-Centers oder eines Vorstellungsgespräches erfolgen. Neben dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sind dabei weitere Punkte zu beachten. So müssen die Bewerbungsunterlagen sicher aufbewahrt und nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens zurückgeben werden. Für Initiativbewerbungen gilt, dass diese nur zurückgeschickt werden müssen, wenn der Bewerber einen entsprechenden Rückumschlag beigefügt hat.

Werden personenbezogene Daten der Bewerber elektronisch erfasst sind diese nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zu löschen, sobald sie für die Erfüllung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind. Der Zweck von Daten aus Bewerbungsunterlagen ist die Suche nach passenden Kandidaten für eine Stellenausschreibung. Ist der Kandidat ungeeignet oder die Stelle besetzt, entfällt der Zweck, die Daten sind somit zu löschen.

Die Aufbewahrungszeit von Bewerbungsunterlagen im Unternehmen sollte sechs Monate nicht überschreiten. Dieser Richtwert ergibt sich daraus, dass der abgelehnte Bewerber derzeit eine Benachteiligung im Bewerbungsverfahren innerhalb zwei Monaten nach seiner Ablehnung geltend machen muss. Eine Klage muss innerhalb von drei Monaten nach dem schriftlich geltend gemachtem Anspruch erhoben werden (§ 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 15 AGG).

2.1 Onlinetests

Da nicht alle Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden können, wird oft als Vorauswahl eine Onlinetestung durchgeführt.

Onlinetests sind standardisierte Testungen, deren Auswertungen elektronisch und somit zeitsparend vorgenommen werden können. Der Bewerber kann den Onlinetest von zu Hause aus durchführen, er erhält hierfür entsprechende Zugangsdaten vom Unternehmen.

Durch Onlinetests können Unternehmen eine sogenannte Negativselektion vornehmen, d. h. es werden Bewerber identifiziert, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zur ausgeschriebenen Stelle passen würden. Der Anteil der potentiell geeigneten Bewerber, die im Anschluss zu einem weiteren Auswahlverfahren eingeladen werden, steigt hingegen. Hierdurch wird der zeitliche und personelle Aufwand für die nachfolgenden Auswahlentscheidungen also gesenkt. Im Gegensatz zur Negativselektion steht der Begriff „Positivselektion“ für die Entscheidung, welcher Kandidat tatsächlich eingestellt wird. Onlinetests selber liefern keine Entscheidung, sondern zusätzliche Informationen, um frühzeitig eine bessere Auswahl treffen zu können. Onlinetests sind nur zulässig, wenn der Bewerber vorab über die Testbedingungen und den Testinhalt aufgeklärt wurde und seine Einwilligung hierzu erteilt hat. Allerdings führt eine Einwilligung des Bewerbers nicht dazu, dass der Arbeitgeber jeglichen Inhalt abfragen dürfte. Vielmehr unterliegen diese Tests den von den Gerichten entwickelten Grundsätzen zum Fragerecht des Arbeitgebers (siehe Kapitel 1.2.3.1). Abgefragt werden dürfen also nur Themen, die für die auszuübende Tätigkeit relevant sind. Fragen nach der gesundheitlichen Situation sind ebenfalls nur zulässig, wenn dies für die Tätigkeit von Bedeutung ist. Persönliche Eigenschaften müssen ebenfalls einen konkreten Bezug zur Tätigkeit aufweisen.

Die Daten, die durch den Test erhoben werden fallen unter die datenschutzrechtlichen Regelungen (vgl. Kap. E).

2.2 Assessment-Center

Die gängigste Vorgehensweise innerhalb eines Auswahlverfahrens ist das Assessment-Center (AC) (engl. assessment „Beurteilung“). Ein AC besteht aus einem Gremium, dass in einem Personalauswahlverfahren unter mehreren Bewerbern diejenigen ermitteln soll, die den gestellten Anforderungen am ehesten entsprechen. Die Bewerber erhalten im AC verschiedene Aufgaben und werden im Umgang und der Lösung dieser bewertet. Das AC kann die Personalabteilung firmenintern stellen, durch eine externe Beratungsfirma unterstützten oder vollständig besetzten lassen.

Auch die hier erhobenen Daten unterliegen den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes.

2.3 Vorstellungsgespräch

Wird ein Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen trägt der Arbeitgeber gem. § 670 BGB die Fahrtkosten (Ersatz von Aufwendungen). Die Erstattung der Fahrtkosten erfolgt allerdings nicht automatisch, sondern vielmehr dann, wenn der Bewerber diesen Anspruch geltend macht.

Im Vorstellungsgespräch selber sind Bewerber und Arbeitgeber verpflichtet, sich gegenseitig umfassend über alle Umstände aufzuklären, die für die Ausübung der zu besetzenden Stelle wichtig sind.

2.3.1 Fragerecht Arbeitgeber

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner ständigen Rechtsprechung festgehalten, dass der Arbeitgeber über ein Fragerecht verfügt, wenn er für das Arbeitsverhältnis ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung dieser Frage hat. Das Interesse an einer Antwort muss dabei stärker sein, als das im Grundgesetz verankerte Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Die Auskunftspflicht des Arbeitnehmers endet also regelmäßig dort, wo ohne sachlichen Grund seine Persönlichkeit berührt werden würde (Art. II GG, § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG).