Gut gestimmt! - Marcel Hinderer - E-Book

Gut gestimmt! E-Book

Marcel Hinderer

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Beschreibung

Die eigene Stimmgesundheit fördern und situations- und personenbezogenes Sprechen lernen: Mit diesem Buch lernen pädagogische Fachkräfte vielfältige Übungen und Tipps zur Körperhaltung und Körperspannung, dem Atem und der Stimmlage sowie zur Stimmkraft kennen. Die Übungen und Gedanken können gut in den Alltag integriert werden. Der perfekte Ratgeber, um mit einer gesunden, unbelasteten Stimme frei zu agieren!

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Blickwinkel für pädagogische Fachkräfte

#Inspirationen#Atempausen#Impulse#Perspektiven#Reflexion#Vielfalt

Gut gestimmt!

Marcel HindererSieglinde Eberhart

Gut gestimmt!

Stimmtraining für Erzieherinnen

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2018

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Covermotiv und Grafiken Innenteil:

Uwe Stohrer unter Verwendung eines Motives

von fotolia / dip

Fotos: Harald Neumann, Freiburg

Gesamtgestaltung und Satz: Uwe Stohrer, Freiburg

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN 978-3-451-81464-8

INHALT

Zur Einstimmung

So wichtig ist die StimmeDie zentrale Bedeutung im pädagogischen Beruf

So bekommt die Stimme HaltKörperhaltung und Körperspannung

So bekommt die Stimme KraftZusammenspiel von Atmung und Stimme

So klingt die StimmeFunktions- und Wirkungsweise

So trainieren Sie Ihre StimmeÜbungen für Resonanz und Stabilität

So bleibt Ihre Stimme gesundHinweise zur Stimmpflege

So hat’s die Stimme leichterHinweise zu Artikulation, Pausen und Lautstärke

So erreichen Sie Ihr GegenüberSprechen als Mitteilung

Suchen und Finden

Kontaktadressen

Literatur

ZUR EINSTIMMUNG

Sie erleben tagtäglich, wie wichtig Ihre Stimme ist: Mit Ihrer Stimme schaffen Sie Stimmung. Eine gesunde, unbelastete Stimme macht auch Sie selbst gut gestimmt. Sie fühlen sich besser und handeln freier.

Gut, dass Sie sich nun intensiver mit diesem wichtigen – und wertvollen – Instrument befassen möchten. Sich mit seiner Stimme zu beschäftigen bedeutet, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Denn die Stimme ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit. Wenn Sie Ihre Stimme pflegen, kümmern Sie sich gleichzeitig um sich selbst. Indem Sie Ihrer Stimme etwas Gutes tun, tun Sie sich selbst Gutes. Und je besser es Ihnen geht, umso mehr Kraft haben Sie auch für Ihren verantwortungsvollen und immer wieder sehr fordernden Beruf.

Um sich „gut gestimmt“ zu fühlen, gibt es mehrere Ansatzpunkte: Sie können sich auf die stimmlichen Anforderungen des Tages vorbereiten, sich gewissermaßen einstimmen. Weiter ist es möglich, in der jeweiligen Situation selbst die Stimmbelastung zu reduzieren, und außerdem können Sie Sprechtechniken erlernen und Ihre Stimme trainieren.

Dieses Stimmtraining setzt nicht nur an der Kehle an. Die Stimme ist eine Körperfunktion, die sich aus dem Atem entwickelt. Der Atem wiederum ist beeinflusst von Körperhaltung und Körperspannung sowie emotionaler Verfassung. Aus purer Stimme wird Gesprochenes über die Lautgebung, die sogenannte Artikulation. Je deutlicher Sie artikulieren, desto mehr Stimmkraft können Sie sparen. Stimmtraining ist somit auch Training von Körper, Atmung und Artikulation.

Zu Beginn erfahren Sie, welche Körperhaltung einer entspannten Stimme zugutekommt und wie Sie bewusst Ihre Spannung regulieren können. Im folgenden Schritt wenden wir uns dem Atem zu, und Sie bekommen Antworten auf die Fragen, was die Voraussetzungen für einen frei fließenden Atem sind und wie Sie den Atem für eine stabile Stimme nutzen können. Anschließend wird dargestellt, wie sich die Stimme im Körper bildet, und Sie setzen sich damit auseinander, in welcher Stimmlage Sie am überzeugendsten wirken. Weiter lernen Sie kennen, wie Sie durch betonte Deutlichkeit, bewusste Pausensetzung und angepasste Lautstärke Ihre Stimme entlasten können.

Dieses Buch bietet Ihnen neben der notwendigen Portion Theorie eine Vielzahl an praktischen Übungen, die es Ihnen sowohl erleichtern, Ihre Stimme bewusst und passend zur Situation einzusetzen, als auch gut mit Ihrer Stimmkraft zu haushalten. Sie sind eingeladen, gleich beim Lesen erste Übungen auszuprobieren. Darüber hinaus machen wir in jedem Kapitel Vorschläge, wie Sie Übungen und förderliche Gedanken in Ihren Alltag integrieren können: zwischendurch, als gezielte Vorbereitung, im beruflichen Alltag.

Das Buch kann so zu einem persönlichen Begleiter, einem „Vademecum“ (wörtlich: Geh mit mir!), werden. Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre und der erfolgreichen praktischen Umsetzung.

Freiburg, im Dezember 2017

Sieglinde Eberhart & Marcel Hinderer

„WAS DIE ERZIEHERINNEN UND ERZIEHER IN DER KITA MEINER BEIDEN KINDER TAGTÄGLICH LEISTEN, KÖNNTE ICH NICHT. DEN GANZEN TAG STÄNDIG MIT MENSCHEN IN KONTAKT ZU SEIN, WÄRE MIR ZU VIEL …“

Christoph K., Wuppertal

„WENN ICH NACH HAUSE KOMME, MÖCHTE ICH NUR NOCH SCHWEIGEN.“

Sandra S., Erzieherin in Olten

„ICH BIN ERZIEHERIN GEWORDEN, WEIL ICH SEHR KOMMUNIKATIV BIN UND UNBEDINGT MIT MENSCHEN ZU TUN HABEN WOLLTE.“

Miriam W., Erzieherin in Weimar

„DIE STIMME IST VIEL GRÖßER ALS DIE VISUELLE ERSCHEINUNG EINES MENSCHEN.“

Rufus Beck, Schauspieler und Hörbuchsprecher

SO WICHTIG IST DIE STIMME

DIE ZENTRALE BEDEUTUNG IM PÄDAGOGISCHEN BERUF

Der Erzieher/innenberuf ist ein klassischer Sprechberuf. Als pädagogische Fachkraft kommunizieren Sie unentwegt. Sie begrüßen die Kinder und verabschieden die Eltern, Sie geben Tipps und Hinweise, trösten und schlichten Streit. Sie erklären den Kindern Spielregeln. Sie rufen die Kinder zusammen, wenn ein Spaziergang auf dem Programm steht. Sie erzählen Geschichten, Sie lesen vor, Sie erklären etwas, Sie regen mit steuernden Fragen zum Erzählen an, Sie leiten und moderieren. Sie kommentieren das kindliche und das eigene Tun, um die Kinder sprachlich anzuregen. Sie kommentieren die Handlungen beim Basteln, Zeichnen, Bauen, Spielen …, damit die Kinder die Begriffe hören und ihren Wortschatz erweitern. Sie wiederholen das von den Kindern Gesagte und ergänzen grammatische Formen, um ein korrektes sprachliches Modell zu geben.

Diese Situationen spiegeln lediglich Ausschnitte der direkten Kommunikation mit den Kindern. Die kurzen Unterhaltungen mit den Eltern zwischen Tür und Angel, die vereinbarten längeren und ausführlichen (Entwicklungs-)Gespräche und die Elternabende kommen noch dazu.

Ebenso die Gespräche im Team, mit Kolleginnen und Kollegen sowie Vorgesetzten oder auch Absprachen mit dem Träger, mit dem Kantinenbetreiber oder Caterer. Da kommt an einem Arbeitstag ganz schön viel zusammen. Und all das geht nur sprechend – also nicht ohne Ihre Stimme.

Das ständige Reden ist fordernd und anstrengend. Sie brauchen dazu Ausdauer und Energie. Die Stimme ist dabei stark beansprucht. Erkrankt sie, zum Beispiel an einer chronischen Heiserkeit, ist rasch auch die Psyche in Mitleidenschaft gezogen: Sie fühlen sich erschöpft und erleben die erzieherische Arbeit als Belastung. Das stellt natürlich nicht Ihre pädagogische Qualifikation infrage, trotzdem kann die Qualität der eigenen Arbeit unter einer übermäßigen Stimmbelastung oder Stimmerkrankung leiden.

Abgesehen von der puren Quantität des Sprechens, verlangt Ihr Beruf eine besondere Fähigkeit zur Kommunikation. Der Kontakt mit den Kindern und den Eltern ist ohne Ihr Einfühlungsvermögen nicht vorstellbar. Präsenz und Empathie sind notwendig, um die unterschiedlichen Kommunikationssituationen richtig einschätzen zu können und den Kindern über den Kontakt und die Bindung den nötigen Entwicklungsraum zu geben. Die Kinder lassen sich von Ihnen führen, weil sie Ihre Präsenz, die sich vor allem körperlich und stimmlich zeigt, unmittelbar erfahren. Die Eltern vertrauen Ihnen, und die Kinder vertrauen sich Ihnen an, weil sie Sie in der Kommunikation als einfühlend erleben.

Schließlich sind Sie durch besondere Situationen stimmlich herausgefordert. Wenn Sie im Freien nach den Kindern rufen oder eine große Gruppe anleiten, bewältigen Sie das nur mit einer Stimmkraft, die über das Maß eines normalen Gesprächs deutlich hinausgeht. Dafür ist Technik nötig. Wenn Sie wissen, wie Sie zum Beispiel die Kraft des Atems oder bestimmter Körpermuskeln nutzen können, schonen und unterstützen Sie damit Ihre Stimme.

Es ist also nicht übertrieben zu sagen, dass die Stimme existenziell für den Erzieher/innenberuf ist. Deshalb gehört es zum professionellen Handeln, auch das Instrument Stimme zu professionalisieren. Das bedeutet, die Stimme auszubilden, zu pflegen und sie gezielt zu nutzen. Mit einer geübten und bewusst eingesetzten Stimme tun Sie etwas für Ihre physische und psychische Gesundheit, fördern die eigene Freude an der Kommunikation, zeigen Präsenz und Führungsqualität und können die stimmlich anspruchsvollen Situationen leichter meistern.

HALTEN SIE EINEN MOMENT INNE

Überlegen Sie: Wie schätzen Sie die stimmlichen Anforderungen im Kita-Alltag für sich selbst ein? Was fällt Ihnen leicht? In welchen Bereichen könnten Sie Unterstützung gebrauchen?

SO BEKOMMT DIE STIMME HALT

KÖRPERHALTUNG UND KÖRPERSPANNUNG

„ICH WÜRDE IM MORGENKREIS AM LIEBSTEN STEHEN, DENN IM STEHEN KLINGT MEINE STIMME VIEL BESSER.“

Alara F., Erzieherin in Landau

„DIE NEUTRALE GRUNDHALTUNG IST EINE ENTSPANNTE UND NEUTRALE KÖRPERHALTUNG, AUS DER MAN SÄMTLICHE POTENZIALE SCHÖPFEN KANN.“

Andrea Latrisch-Karlbauer, Pantomimin

Die Körperhaltung beeinflusst den Klang der Stimme: Wenn Sie bequem auf dem Sofa liegen, klingen Sie anders als im Morgenkreis und wiederum anders als beim Joggen. Unabhängig von der Haltung und der Bewegung ist es die Spannung des Körpers, die den Klang verändert. Denn die Spannung der großen Muskeln führt zu einer Spannung der feineren Muskulatur, die an der Stimmgebung beteiligt ist.

Das Ideal ist die Balance zwischen Unter- und Überspannung: Ist der Körper eher lasch, klingt auch die Stimme schwach; sind Sie überspannt und voller überschüssiger Kraft, wird auch die Stimme eher angestrengt und druckvoll.

Diese Balance bedeutet auch, mit der eigenen Kraft und Energie ökonomisch zu haushalten. Das Sprechen erfordert selbstverständlich Stimmkraft und eine gewisse Körperenergie, ab einem bestimmten Maß aber ist die Energie verschenkt.

In kleinen Alltagssituationen können Sie ganz nebenbei überprüfen, wie leicht es Ihnen fällt, bewusst eine Balance zwischen Unter- und Überspannung herzustellen. Wenn Sie zum Beispiel den festsitzenden Deckel eines Marmeladenglases aufschrauben wollen, brauchen Sie Kraft – und zwar in den Fingern, Händen und Armen. Es nutzt jedoch nichts, auch noch die Zähne aufeinanderzubeißen und die Augenbrauen zusammenzuziehen. Auch bei der Stimmgebung ist eine ausgewogene und gezielt eingesetzte Muskelspannung wichtig.

PROBIEREN SIE ES GLEICH AUS!

Nehmen Sie Papier und Stift und schreiben Sie die folgenden beiden Sätze – von „Achten Sie …“ bis „…für Ihre Sitzhaltung“ – ab: Wenden Sie dabei nur die Kraft auf, die Sie brauchen. Selbstverständlich sind Muskeln der Hand und Finger aktiv, um den Stift zu halten und zu führen. Gleichzeitig brauchen Sie größere Muskeln für Ihre Sitzhaltung.

Machen Sie sich nun auf die Suche: Wo können Sie Spannung reduzieren? Begleiten Sie das Schreiben möglicherweise mit Lippenbewegungen? Könnten die Schultern lockerer sein? Ist es möglich, den Stift auch mit weniger Kraft zu halten? Haben Sie das Gefühl, Hals und Nacken sind entspannt? Sitzt der Kopf locker auf der Wirbelsäule?

Vermutlich gibt es die eine oder andere Stelle, an der Sie Kraft sparen können. Solche Fehlspannungen sind normal; bei aller Aufmerksamkeit können wir sie nicht gänzlich vermeiden. In einem Sprechberuf ist es aber wichtig, genau dafür ein Gespür zu haben, damit Sie sich nicht verausgaben: Wenn Sie zum Beispiel lauter sprechen als es sein muss, steigt die Spannung in der Kehle, und für Ihre Stimme und natürlich für Sie selbst wird es anstrengend.

DAS GEHT LEICHT ZWISCHENDURCH …

Nehmen Sie sich ein Mal am Tag bewusst vor, Ihre Körperspannung zu regulieren – am besten bei unbelasteten Alltagstätigkeiten: auf dem Fahrrad, beim Kaffeekochen, an der Bushaltestelle …

SPANNUNG IM STEHEN

Bei der folgenden Haltungsübung erfahren Sie, wie wenig Spannung Sie fürs Stehen eigentlich benötigen: Stellen Sie sich aufrecht hin, die Füße stehen etwa eine Fußlänge auseinander. Verlagern Sie das Gewicht auf beide Beine. Entspannen Sie die Zehen und die Kniegelenke. Das geht so: Drücken Sie die Knie durch und lösen Sie anschließend bewusst die Spannung in der Muskulatur der Kniekehlen. Die Beinmuskulatur trägt jetzt Ihr Gewicht.

In dieser Haltung ist die Bauchdecke locker, der untere Rücken beweglich, und Sie vermeiden ein Hohlkreuz. Die Schultern sind leicht und entspannt. Der Nacken wird entlastet.

Nehmen Sie die beteiligten Körperteile und -partien bewusst wahr und lösen Sie die Spannung, ohne die Aufrichtung zu verlieren. Dabei achten Sie vor allem auf Ihr Brustbein: Lassen Sie es nicht einsinken, sondern heben Sie es. Die Rückenmuskulatur hilft Ihnen dabei.

Daran schließt sich gleich die nächste Übung an:

DER STOLZKNOCHEN

Um sich groß, überzeugt und selbstbewusst zu zeigen (und zu fühlen), braucht der Oberkörper eine gewisse Spannung. Bauen Sie diese folgendermaßen auf, gerne auch vor dem Spiegel: Nehmen Sie den Stand aus der vorhergehenden Übung ein. Legen Sie die Fingerkuppen einer Hand mit sanftem Druck aufs Brustbein.

Stellen Sie sich vor, Sie wollten die Hand nach vorne oben schieben. Das tun Sie, indem Sie das Brustbein heben. Lösen Sie nun die Hand in einem großen Bogen mit einer würdevollen, stolzen Geste.

HALTEN SIE EINEN MOMENT INNE

Speichern Sie das Körpergefühl: Sie stehen aufrecht und wenden dafür nur die unbedingt nötige Kraft auf. Ihr Brustbein ist gehoben.

Wie fühlt es sich an?Können Sie diese Haltung leicht und rasch einnehmen?

PROBIEREN SIE ES GLEICH AUS!

Bewegen Sie sich, gehen Sie ein paar Schritte und wiederholen Sie dann die Übung hier. Finden Sie erneut einen guten Stand, richten Sie sich auf, balancieren Sie Ihre Spannung und zeigen Sie Ihren „Stolzknochen“.

Anschließend können Sie das folgende Gedicht sprechen und gleich hören, wie Ihre Stimme in dieser stolzen Haltung klingt:

ICH STEHE

MANCHMAL

NEBEN MIR

UND SAGE

FREUNDLICH

DU ZU MIR

UND SAG

DU BIST

EIN EXEMPLAR

WIE KEINES

JEMALS

VOR DIR WAR

DU BIST

DER STERN

DER STERNE

DAS HÖR ICH

NÄMLICH GERNE

Jürgen Spohn (1996, S.35)

DAS GEHT LEICHT ZWISCHENDURCH …