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Früher kamen die Matrosen, die Fischer und die Huren. Wenn sie die Zeche nicht zahlen konnten, ließen sie etwas am Tresen zurück: eine ausgestopfte Robbe, einen Rettungsring oder das Gebiss eines Hais. Heute machen die Schiffe in den Containerterminals weit draußen fest. Die Haifisch Bar ist wie ein verblichenes Tattoo des alten Hamburger Hafens. In unserem Ebook sammeln wie 15 Geschichten aus der legendären Bar an der Wasserkante von Altona. Geschichten, die von der Romantik der Seefahrt erzählen, von der Toleranz des Hafens, von einer Sturmflut und natürlich von wilden Nächten. Wo ein Haifisch über der Tür hängt, ist kein Ponyhof drin. Über Jahre hinweg haben wir diese Geschichten gesammelt. Sie handeln von der Freundschaft alter Seeleute, einem stotternden Hans Albers, einem mutigen Lebensretter oder der Frau mit dem Leguan. Wenn der Hamburger Hafen das Tor zur Welt ist, dann ist die Haifisch Bar der Tresen der Welt.
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Seitenzahl: 34
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– Hamburg –
15 Geschichten vom Tresen der Welt
HAIFISCH BAR Hamburg.
15 Geschichten vom Tresen der Welt
Originalausgabe, Juni 2019
Alle Rechte vorbehalten
@2019 by Ankerherz Verlag GmbH, Hollenstedt
Autor: Stefan Kruecken, Hollenstedt
Fotografien: Claus Buse, Oliver Meiske, Axel Martens, Ankerherz
Gestaltung: Tom Möller, Föhr
Korrektorat: Transmit, Hollenstedt
Herstellung: Tom Möller, Föhr
Ankerherz Verlag GmbH, Hollenstedt
www.ankerherz.de
eISBN: 978-3-945877-30-2
Haifisch Bar – der Tresen zur Welt
Sturmflut
Eine Hure namens „Micky Maus“
Woodstock für Bürofachangestellte
Der blinde Herrmann
Wenn Hans Albers stottert
Letzter Hafen in der Heiligen Nacht
Die letzten Kräne des alten Hafens
Von der Freundschaft alter Seeleute
Der Lebensretter aus der Haifisch Bar
Käpt´n Chuck Norris
Die Nacht der Kasperschnitzer
Der Wolpertinger
Das kleine Schiffchen der großen Helden
Die Frau mit dem Leguan
Danksagung
Wenn der Hafen das Tor zur Welt ist, dann ist die Haifisch Bar der Tresen. Früher kamen vor allem Matrosen und Huren, heute sind es Geschäftsleute, Touristen, Straßenkehrer und manchmal auch ein Opernstar. Besuch in einer letzten Oase des Alten Hafens.
Die meisten Geschichten spielen tief in der Nacht und haben mit Alkohol zu tun, so ist das an der Hafenkante. Gert Schlufter, der Barbesitzer, 70, ein Mann mit kräftigen Armen und dem Slang von Sankt Pauli, erinnert sich an die Männergruppe, die sich in der Ecke gleich rechts im Nebenraum festtrank. Auf der Bank unter dem Gemälde, das ein Schiff in schwerer See zeigt, mit Öl gemalt. Es waren Fischdampferleute, finstere, tätowierte Kerle, nach wochenlanger, harter Arbeit zurück von See, mit dem Ziel, aufgestauten Druck abzulassen. Wofür ihnen nicht viel Zeit blieb, bis der Trawler wieder auslief.
Die Fischer gerieten in einen Streit. Wirt Gert hörte Schreie und einen dumpfen Schlag, dann war Ruhe. Als er um die Ecke kam, sah er den Tomahawk. Er steckte in einer Welle, in der Wand, in seinem Gemälde. „Ich habe nichts gesagt“, sagt Gert. „Was sollte ich auch sagen?“
Die Fischer waren ruhig, offenbar war es ihnen peinlich.
„Jetzt stell dich nicht an“, sagte einer, offenbar derjenige, der das Beil geworfen hatte. Er knallte mehrere Hundert-Mark-Scheine auf den Tisch. „Soll wohl reichen“, brummte er. „Und jetzt Bier!“
Hamburg, Altona, Große Elbstraße 128, gegenüber der alten Kräne, wo die großen Schiffe tuten: Die Haifisch Bar ist viel mehr als eine Kneipe, sie ist wie ein verblichenes Tattoo des alten Hafens. Wenn Hamburg das Tor ist, dann ist sie der Tresen zur Welt. Alle landen hier im Laufe einer Nacht: Manager und Werftarbeiter, japanische Touristen und Straßenkehrer. Hinter dem Tresen hängt eine gerahmte Galerie der Stars, die hier getrunken haben. Heidi Kabel, Götz George, Jan Fedder, allesamt aus der Abteilung „Schenk noch mal nach“. Vor Kurzem schaute Massimo Giordano vorbei, der Startenor aus Italien, bevor er in der Staatsoper „Tosca“ gab.
Direkt aus der Tür kann man beobachten, wie die großen Frachter mit mehr zehntausend Containern an Bord drehen, und dann abbiegen in die Terminals, weit weg von Sankt Pauli und der Haifisch Bar. Die Matrosen haben kaum eine Chance, in die Stadt zu kommen. In der Seemannsmission nebenan, in Torkelweite des Hais, übernachten immer mehr Touristen. Blohm+Voss, die alte Werft, baut wieder Stellen ab. Manche sorgen sich, dass aus dem arbeitenden Industriehafen eine Art Disneyland mit angeschlossenen Becken wird. Blau angeleuchtet von Künstlern, eine Bühne für viele Großfeiern und eines der beliebtesten Kreuzfahrtziele der Welt. Die Nachbarschaft ist schick geworden, viel Glas, viel Stahl, viel Latte macchiato.
Nur im Hai ist vieles noch wie früher, Klischee ahoi: Im Hai trinkt man Astra, isst Labskaus statt Sushi, und die Musikbox spielt Hans Albers, Freddy Quinn und Wolfgang Petry. Auch wenn es heute nicht mehr mechanisch schnarrt, wenn eine CD umspringt, sondern das neue Gerät Dateien abspielt. Als der alte Laser defekt war und nicht mehr repariert werden konnte, begannen die Schlagersänger zu stottern. Nun geht alles digital, so viel Moderne muss dann doch sein.