Hamm-Saga - Norbert Klugmann - E-Book

Hamm-Saga E-Book

Norbert Klugmann

0,0
0,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die tun nix, die wollen nur spielen! Ein Hamburger Mietshaus voll resoluter Rentner entpuppt sich als Vorhof zur Hölle. Wer Glück hat, wird vertrieben, und wer Pech hat, muss bleiben. »Das ist unerhört«, plusterte sich der Lehrer auf. »So etwas habe ich noch nie erlebt.« »Kein Wunder«, murmelte Oma auf dem Balkon. »Erst dreizehn Jahre Schule, danach sechs Jahre Universität und danach wieder rein in die Schule. Was willst du da erleben?« »Ich mach das nicht weg«, erklärte in seiner ruhigen Kiebigkeit der Hausmeister. »Das gehört nicht zu meinen Aufgaben.« »Soll ich das etwa wegmachen?«, rief der Lehrer fassungslos. »Wenn es Sie stört«, sagte der Hausmeister und ging. Bei dieser nachbarschaftlichen Grundsatzdiskussion geht es wohlgemerkt nicht um das Verdauungsendprodukt einer dahergelaufenen Töle, nein, ein herrenloser Toter will beseitigt werden. Der liegt eines schönen Morgens im Hinterhof, und keiner der Anwohner rührt einen Finger. Bis auf den alten Engelbrecht, der wie jeden Tag seine Schießübungen macht, und Oma, die dann doch irgendwann die 110 wählt. Sehr zu ihrem Unmut, schließlich ist laut Hausordnung ein jeder für die Entsorgung seiner Leichen selbst verantwortlich ... »Hamm-Saga« ist der dreiunddreißigste Band der Kurzkrimi-Reihe hey! shorties – Vorsicht, bissig!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 72

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Norbert Klugmann

Hamm-Saga

Copyright der eBook-Ausgabe © 2014 bei Hey Publishing GmbH, München

Originalausgabe © 2003 by Hamburger Abendblatt in der Reihe Schwarze Hefte erschienen, herausgegeben von Volker Albers

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung: FinePic®, München

Autorenfoto: © privat

ISBN: 978-3-95607-080-8

Hamm-Saga ist der dreiunddreißigste Band der Krimireihe hey! shorties. Jede Folge ist in sich abgeschlossen. Eine Auflistung der bereits erschienenen Titel befindet sich am Ende dieses eBooks (bitte hier klicken).

Besuchen Sie uns im Internet:

www.heypublishing.com

www.facebook.com/heypublishing

Hamm-Saga

Die tun nix, die wollen nur spielen! Ein Hamburger Mietshaus voll resoluter Rentner entpuppt sich als Vorhof zur Hölle. Wer Glück hat, wird vertrieben, und wer Pech hat, muss bleiben.

»Das ist unerhört«, plusterte sich der Lehrer auf. »So etwas habe ich noch nie erlebt.«

»Kein Wunder«, murmelte Oma auf dem Balkon. »Erst dreizehn Jahre Schule, danach sechs Jahre Universität und danach wieder rein in die Schule. Was willst du da erleben?«

»Ich mach das nicht weg«, erklärte in seiner ruhigen Kiebigkeit der Hausmeister. »Das gehört nicht zu meinen Aufgaben.«

»Soll ich das etwa wegmachen?«, rief der Lehrer fassungslos.

»Wenn es Sie stört«, sagte der Hausmeister und ging.

Bei dieser nachbarschaftlichen Grundsatzdiskussion geht es wohlgemerkt nicht um das Verdauungsendprodukt einer dahergelaufenen Töle, nein, ein herrenloser Toter will beseitigt werden. Der liegt eines schönen Morgens im Hinterhof, und keiner der Anwohner rührt einen Finger. Bis auf den alten Engelbrecht, der wie jeden Tag seine Schießübungen macht, und Oma, die dann doch irgendwann die 110 wählt. Sehr zu ihrem Unmut, schließlich ist laut Hausordnung ein jeder für die Entsorgung seiner Leichen selbst verantwortlich …

»Hamm-Saga« ist der dreiunddreißigste Band der Kurzkrimi-Reihe

1

Das Söhnchen der neuen Nachbarin sah den Mann zuerst.

»Mama, Mama, da liegt ein Mann und ist ganz schlapp.«

Das Söhnchen lief auf den Körper zu und umrundete ihn.

»Mama, Mama, guck doch mal.«

Die Mama traute dem Frieden nicht und näherte sich nur zögernd. Währenddessen rüttelte das Söhnchen bereits an dem Mann herum.

»Mama, der Mann will nicht aufwachen.« Rüde griff das Kind ins Haupthaar des Manns und drehte sein Gesicht auf die der Frau zugewandte Seite. Der Schrei der Mutter gellte durch den Innenhof. Zwei Tauben stiegen hoch, drehten eine Runde und landeten wieder.

Die Frau schrie erneut, und das Söhnchen sagte mit nachdenklicher Stimme: »Dummer Mann, will nicht aufwachen.«

»Ein Toter«, rief die Mutter und biss in den Rücken ihrer linken Hand. Dann blickte sie die Reihe der Balkone am Haus entlang. »Ein Toter!«, rief sie gurgelnd.

Über der grellgrünen Plastik-Brüstung des zweiten Balkons im Hochparterre von Nummer 14 erschien der Kopf von Oma. Sie erfasste die Lage mit schnellem Blick. »Diesmal ist die Wagnersche dran.«

Augenblicklich erschien über einer Balkonbrüstung in der Reihe über ihr der Kopf eines Mannes von vielleicht siebzig. Er blickte auf den liegenden Mann, das nunmehr weinende Söhnchen sowie die handrückenbeißende Mutter. Dann verschwand sein Kopf hinter der Balkonbrüstung, und wenige Sekunden darauf ertönte sein nicht unsympathischer Bariton:

»Ich wette eine Flasche Apfelkorn, dass die Wagnersche den Schwanz einzieht.«

Bevor Oma reagieren konnte, hatte sich schon Manuele eingemischt. Der grauhaarige, wie verschimmelt aussehende Italiener oder Spanier blickte über die Balkonbrüstung und verschwand wieder. Dann rief er: »Das macht der Hausmeister weg.«

Irgendwo lachte eine weibliche Stimme kurz und intensiv auf. »Der Hausmeister«, murmelte Oma über ihrer Stopfarbeit. »Ausgerechnet der.«

Sie sagte noch mehr, aber ihre Worte gingen unter im hysterischen Kreischen der Mutter: »Ein Toter! Meingott, ein Toter!«

Das Söhnchen suchte Schutz hinter einem Bein der Mutter. Er weigerte sich, den Oberschenkel loszulassen, hielt ihn eisern umklammert, so dass sich die Mutter, obwohl sie zweifellos geplant hatte, den Innenhof zügig zu verlassen, merkwürdig klumpfüßig davonschleppte.

Mit einem Seufzen legte Oma ihr Stopfzeug zur Seite und stand auf.

»Die Wagnersche ist dran«, rief sie in den Innenhof. »Ich möchte nicht erleben, dass wieder einer der Herren meint, den Kavalier raushängen lassen zu müssen wie beim letztenmal.«

»Ging das gegen mich?«, meldete sich Paul und lehnte nun auf der Brüstung.

Oma wurde bei seinem Anblick das Herz weit.

»Ach Paul«, sagte sie und rührte verlegen mit dem Zeigefinger das Öl im Tupper-Töpfchen um, wo sie traditionell Bolzen und Gelenk ihrer Parabellum badete.

Paul lachte mit funkelnagelneuen Zähnen. Die Lücke rechts oben war beim nächsten Termin dran, Oma freute sich schon darauf.

Die Dolden der mächtigen Kastanien standen auch in diesem Jahr wie eine Eins. Die ersten Rosen dufteten, der Rasen machte sich, abgesehen von dem vielen Klee, ganz gut. Links sah er mickrig aus. Das lag an Nummer 16, der Schatten des Hauses verdunkelte ab zwölf Uhr diese Seite. Jetzt war es erst elf, und der Tote lag in der Sonne. Sein Gesicht hatte er Oma zugewendet. Die Wunden waren schlecht verheilt, das Haar war fettig, die Unterarme zerkratzt oder zerschnitten.

»Ob die Junge jetzt wegzieht?«, kam es hoffnungsvoll von Balkon eins im Hochparterre. Frau Portas, steil onduliert und angezogen wie Sonntag, kaute schon wieder Toblerone. Ständig kaute die Frau Toblerone. Dabei kam sie schon mit dem Abbeißen nicht klar, saute sich jedesmal unheimlich ein.

»Ich finde die gar nicht schlecht«, rief Paul.

»Ach du«, rief Oma, »weil du ein Lustmolch bist.«

»Ich muss füttern gehen«, rief Paul und blickte auf seine Uhr.

»Du verwöhnst sie«, rief Oma. »Noch nicht Mittag und schon wieder Füttern. So züchtet man sich Tyrannen heran.«

Paul verschwand ins Innere der Wohnung. Oma wusch sich die Hände. In diesem Moment knallte es im Innenhof. Natürlich Engelbrecht. Hatte das Vogelhäuschen zwischen den Balkonen verfehlt und nur ein weiteres Stück Putz heruntergeholt. Aber Engelbrecht war glücklich, stand mit dem Kleinkalibergewehr auf seinem Balkon und winkte, als er Oma bemerkte, mit erhobener Waffe zu ihr hinüber.

»Üben«, rief Oma, und Engelbrecht lachte.

Gegen dreizehn Uhr fiel Oma in ihr Nachmittagsloch. Die Stunden zwischen Mittagessen und den Gerichtsshows kamen sie jedesmal schwer an. Und heute war kein Tag wie jeder andere. Der Tote im Hof ärgerte sie mehr, als sie sich eingestehen wollte. Er lag nun bereits drei Stunden dort. Nur noch seine Schuhe ragten in die Sonne. Und wo war die Wagnersche? Nicht zu sehen war die Wagnersche. Diese Fähigkeit, sich auf Kommando unsichtbar machen zu können, hatte Oma schon immer aufgeregt. Gut, die Wagnersche backte einen formidablen Guglhupf; und sie war eine Autorität im Erzeugen von Kurzschlüssen. Der Auszug der letzten Jungen in Nummer 14 zweite Etage war allein ihr Verdienst gewesen.

Durch das Behandlungszimmer ging Oma Richtung Isolierraum. So perfekt das Kabäuschen seinerzeit von Paul isoliert worden war, so ärgerlich war es, dass der Raum kein Fenster besaß. Oma öffnete die Tür zum Behandlungszimmer und versuchte, die verbrauchte Luft zu ignorieren, die aus dem Kabäuschen drang. Seufzend ließ sie sich in den ledernen Behandlungsstuhl sinken. Sie schmiegte den Schädel ins Kopfteil, schloss die Augen. Sofort war der Raum erfüllt mit dem Summen von Alexanders Bohrer. Wie gerne war dieser Mann Zahnarzt gewesen; wie sicher hatte er seine Arbeit noch mit zweiundsiebzig ausgeführt; und wie ungerecht war dieser schreckliche Autounfall, den der verbrecherische Kleinwagen, der sich partout nicht überholen lassen wollte, an Alexander begangen hatte.

»Ach, mein Liebling«, entfuhr es Oma. Sie hatte sich nach Alexanders Tod mit keinem Mann mehr eingelassen. Dabei hatten die Kandidaten vor ihrer Tür Schlange gestanden. Paul zum Beispiel. Aber Paul liebte jüngere Frauen. Deshalb war er auch immer so freundlich zu den Frauen der jungen Paare, wenn sie ins Haus oder in die Nachbarschaft einzogen. Gut, nach der ersten einschlägigen Begegnung mit Paul abends in der Grünanlage war das Thema gegessen. Danach grüßten die jungen Frauen selten zurück; und wenn Paul mit neckischem Gesicht eine Hand auf seinen Hosenstall legte und damit auf das Treffen in den Anlagen anspielte, wendeten sich die jungen Frauen brüsk ab. Manchmal begannen sie auch zu weinen. Das war besser als nichts, aber Oma fand, dass es elegantere Methoden gab, um die Jungen zum Wohnungswechsel zu veranlassen.