Handbuch der Strategien - Ralph Scheuss - E-Book

Handbuch der Strategien E-Book

Ralph Scheuss

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Beschreibung

Dieses einzigartige Nachschlagewerk vereint die bedeutendsten Strategie-Denker aus Europa, Asien und den USA mit ihren wichtigsten Ideen und Konzepten für erfolgreiches Business. Das Buch bietet einen fundierten und praxistauglichen Überblick von den Strategie-Klassikern bis zu den neuesten strategischen Denkansätzen und Handlungsempfehlungen weltweiter Experten aus Wissenschaft, Beratung und Unternehmenspraxis. Damit skizziert es ein kompaktes Gesamtbild der aktuellen internationalen Strategiediskussion. Diese 3. Auflage beinhaltet zudem einen umfassenden, direkt einsetzbaren "Strategie-Check", der den Fokus auf die strategischen Kernfragen legt, die zur Gestaltung der Unternehmenszukunft relevant sind. "Praktisch, kompakt und übersichtlich." Handelsblatt "Eine Guided Tour durch die bunte Welt der Strategien." Acquisa

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Ralph Scheuss

Handbuch der Strategien

240 Konzepte der weltbesten Vordenker

Campus VerlagFrankfurt/New York

Über das Buch

»Praktisch, kompakt und übersichtlich.« Handelsblatt

Dieses einzigartige Nachschlagewerk vereint die bedeutendsten Businessdenker aus Europa, Asien und den USA mit ihren wichtigsten Ideen und Strategien. Es ordnet die neuesten strategischen Denk- und Handlungsempfehlungen weltweiter Experten aus Wissenschaft, Beratung und Unternehmenspraxis in das Gesamtbild der internationalen Strategiediskussion ein. Die komplett überarbeitete Neuauflage bietet einen schnellen Zugang zu den strategischen Schlüsselthemen, die für das eigene Unternehmen wichtig sind.

Vita

Dr. Ralph Scheuss hält drei akademische Abschlüsse der Universität St. Gallen. Er vertiefte sein Know-how an amerikanischen Universitäten, ist Mitglied der World Future Society, der Strategic Management Society, der International Society for Professional Innovation Management sowie akkreditierter Berater des Institute of Management Consultants in New York. Als international tätiger Wettbewerbsstratege führt ihn seine Tätigkeit in die aggressivsten Business-Zonen der Welt, wo er zusammen mit Führungskräften und Unternehmern Strategien und Geschäftsimpulse für mehr Innovation, Dynamik und Wachstum entwickelt. Dr. Ralph Scheuss veröffentlichte mehrere Bücher zu strategischen Fragen.

www. scheuss.com

Inhalt

Bemerkungen zur 3. Auflage

Merci!

Strategie-Basics: Grundsätzliches

Welt der Strategien: Eine Einordnung

Strategie-Begriff: Was ist Strategie?

Strategisch Navigieren: Von der Zukunft aus Gegenwart gestalten

Strategie-Konzepte: Evolution des strategischen Denkens

Strategieschulen: Perspektiven führender Denkschulen

Strategisches Fundament: Werte als Orientierungsbasis

Fokusebenen: Blickwinkel von Strategien

Strategische Analyse: Die richtigen Fragen stellen

Strategische Planung: Die richtige Arbeitsmethodik

Zielsysteme: Shareholder Value versus Stakeholder Value

Shareholder Value

Stakeholder Value und Shared Value

Strategisches Verhalten: Anpassen oder Gestalten

Strategischer Fit: Wenn alles zusammenpasst

Strategisches Dehnen: Über die Gegenwart hinausdenken

Strategic Intent: Die Zukunft visionär gestalten

Strategisches Fenster: Raus aus der Komfortzone

Strategie-Palette: Übersicht in der Welt der Strategien

Marktstrategien: Hebel der Marktbearbeitung

»4P«-Strategien: Formel professioneller Marktbearbeitung

»7P«-Strategien: Erweiterung der Marktbearbeitung

»4C«-Strategien: Konsequent kundenorientiert handeln

Produktlebenszyklus: Strategierezepte aus dem Lehrbuch

Profit Pools: Erfolgsquellen aufspüren und erschließen

Manövrieroptionen: Strategien für Marktpositionen

Normstrategien: Aus der Rezeptkiste der Berater

PIMS: Welche Erfolgsfaktoren bringen Gewinn?

Erfahrungseffekte: Denn »Größe« gewinnt

Boston-Portfolio: Fragezeichen, Sterne, Cash-Kühe, arme Hunde

McKinsey-Portfolio: Marktattraktivität nutzen, Wettbewerbsstärke aufbauen

ADL-Portfolio: Strategie-Tipps entlang des Lebenszyklus

Wettbewerbsstrategien: Auf Vorsprung getrimmt

Vorsprung: Die Nase vorn im Wettbewerb

Differenzierungsstrategien: Wettbewerbsvorteile schärfen

Strategische Gruppen: Positionierung im Wettbewerb

Fünf-Kräfte-Modell: Die Wettbewerbsintensität gestalten

Porters Strategiematrix: Generische Vorsprungsstrategien

Porters Wertkette: Dem Wettbewerbsvorteil auf der Spur

Outpacing: Konkurrenten überholen

Flüchtiger Vorsprung: Kurzfristvorteile rasch nutzen

Ressourcenstrategien: Spitzenleistung durch Kernkompetenzen

Kernkompetenzen: Vorsprung durch exzellente Leistung

Baummodell: Strategische Wurzeln des Geschäfts stärken

Kernkompetenzen-Portfolio: Zur Kompetenzführerschaft

Dynamic Capabilities: Fähigkeit zur Agilität aufbauen

Mix der Strategieansätze: Wettbewerbs- und Ressourcenstrategie in Kombination

Wachstumsstrategien: Feuern aus allen Zylindern

Wachstumsstrategien: Mehr, mehr und mehr

Ansoff-Matrix: Produkt-/Markt-Basisstrategien

»Strategische Lücke« – kombinierte Wachstumsstrategien

Expansion: Entlang der Wurzel wachsen

Hidden Assets: Wachstum in versteckten Feldern

Rezeptmultiplikation: Erfolgsformeln wiederholen

Diversifikation: Neue Felder bestellen

Optimal strategisch diversifizieren

Multiplikation: Sub-Contracting, Lizenzierung, Franchising

Vernetzung: Allianzen, Joint Ventures, Mergers & Acquisitions

Long-Tail-Strategie: Wachstum durch Kleinzeug

Fitmacher-Strategien: Auf Bestform getrimmt

Deming-Zyklus: Qualität ist nie Ergebnis, sondern immer Prozess

Benchmarking: Vergleichen, um die Besten zu überholen

Reengineering: Radikalkur für mehr Effizienz

Lean Management: Dem ökonomischen Prinzip folgen

Geschäftsprozessmanagement: Vom Schlankheitsdenken zum Management der Wertschöpfung

Asiatische Strategien: Mit kleinen, aber konsequenten Schritten

Japanische Strategien: Vom Produktfokus zum Prozessfokus

»7S«-Modell: Erfolgsfaktoren der Spitzenunternehmen

Ohmaes »3C«: Das strategische Dreieck

Theorie »Z«: Die Ost/West-Synthese

Toyota Management System: Wenn »gut« zu wenig ist

Hoshin Kanri: Strategie mit der Kompassnadel

Bootstrapping: Grenzenloses Business, grenzenloses Lernen (Kopieren)

Dynamische Strategien: Strategie in einer komplexen Welt

Geschäftsdynamik: Neue Welt, neues Denken

Strategische Frühaufklärung: Gestern Prognosen, heute Szenarien

Strategische Wendepunkte: Paranoide gewinnen

Veränderungsdynamik: Allzu viel ist schädlich

Timing-Strategien: Der frühe Vogel frisst den Wurm, aber…

Systemische Strategie: Lenken bei Komplexität

Greiner-Modell: Evolutionäre und revolutionäre Phasen

Strategisch Lernen: Langfristig erfolgreich

Strategische Fitness: Zwischen Bürokratie- und Chaosfalle

Bricoler: Im Bastelmodus Zukunft gestalten

Patching: Kurz, treffend, knackig

Strategischer Wandel: Zur Veränderung provozieren

XLR8: Mehr Agilität dank dualer Struktur

Innovationsstrategien: Erneuerung schafft Fortschritt

Innovation: Mehr als gute Ideen

Schumpeter: Innovation durch kreative Zerstörung

Kondratieff-Zyklen: Auf den langen Wellen reiten

Skunk Works: Inkubator für radikale Innovationen

Innovationsmuster: Inkrementelle oder radikale Neuerung

Inkrementelle Innovation: Emsig in kleinen Schritten vorwärts

Radikale Innovation: Suche nach großen Sprüngen

S-Kurve: Typisches Innovationsmuster

Innovationspfade: Produkt- oder Prozessinnovation?

Innovationsgewinn: Lohnen sich Innovationen?

Technologische Innovation: Kluft mangelnder Akzeptanz

Disruptive Innovation: Wenn Spitzenleistungen behindern

Open Innovation: Demokratisierung innovativer Prozesse

Co-Creation: Interaktive Wertschöpfung

Crowd Sourcing: Die Ideen der Massen

Sticky Information: Klebriges Know-how nutzen

User Innovation: Entwicklung der Innovation vor Ort

Lead-User: Spitzennutzer als Innovationstreiber

Innovatortyp: Pionier versus Multiplikator

Innovationsarchitektur: Teile- oder Logik-Erneuerung

Geschäftsmodellinnovation: Operation am Herzstück

Kooperative Strategien: Partnerships zur Wertschöpfung

Spieltheorie: Von Nullsummen- und Win-Win-Spielen

Value-Networks: Kooperation in der Wertschöpfung

PARTS-Modell: Kooperatives Konkurrieren

Parenting: Mutter-Tochter-Beziehungen

Glokale Strategien: Business in flacher Welt

Internationalisierungsstrategien: Grenzen überwinden

Outsourcing-Strategien: Schwächen verkaufen, um Stärken auszubauen

Flache Strategien: Orchestrieren des globalen Geschäfts

Boden der Pyramide: Strategien für prosperierende Schwellenmärkte

World 3.0: Strategien in einer semi-globalisierten Welt

Wertstrategien: Ökonomischen Werten auf der Spur

Kundennutzen: Austausch von Werten

Wertschöpfungsprozesse: Werte erstellen

Value Disciplines: Disziplinen der Wertschöpfung

Value Migration: Der Wertschöpfungswanderung folgen

Wertschöpfungsarchitektur: Chancen an Branchengrenzen

Value Innovation: Strategien für Blaue Ozeane

Markträume: Suchpfade zur Erweiterung der Marktgrenzen

Strategieprofil: Kundennutzen im Wettbewerbsvergleich

Strategieprofil: Wettbewerbskriterien transparent gemacht

Kundennutzenkarte: Aufspüren von Nutzeninnovationen

Beziehungsstrategien: Management der Kundendistanz

Cluetrain-Manifest: Thesen für verstärkte Kundenrechte

One to one: Customer-Relationship-Strategien

Loyalitätsstrategien: Sind alte oder neue Kunden attraktiver?

Mass Customizing: Wahlfreiheit dank Choiceboards

Mindshare-Strategien: Management der Aufmerksamkeit

User Experience Strategy: Inszenierung mit Strategie

Infotech-Strategien: Auch für andere Branchen?

Avantgarde-Strategien: Strategien für verrückte Zeiten

»Ver-rückt«: Strategie in turbulenten Zeiten

Hyper-Wettbewerb: Brutalisierung des Geschäfts

Strategische Intuition: Geistesblitze fördern

Turbulenzen: Strategisch oder spontan handeln?

Aktives Warten: Lauernd auf dem Sprung

Jamming: Strategie als Set simpler Regeln

Business not as usual: Wilde Zeiten, wilde Strategien

Strategy Execution: Engagiert den Kurs steuern

Strategieumsetzung: Wie aus Zielen Resultate werden

3-Boxen-System: Strategie in Balance

MbO-System: Konsequente Strategieumsetzung

Strategiefragen: Umsetzung konkretisieren

Balanced Scorecards: Systematisch steuern

Strategy Maps: Mit der Strategie-Landkarte auf Kurs

Strategic Alignment: Strategiefokussiertes Unternehmen

Regenerationskompetenz: Geheimnisse der Spitzenfirmen

Strategiekritik: Warum Strategie schlecht funktioniert, aber notwendig ist

Strategie im Alltag: Zwischen Lust und Frust

Geschäftsparadigma: Den wahren Gegner erkennen

Stolpersteine: Hindernisse auf dem Weg zum Erfolg

Stolpersteine der Strategie-Entwicklung

Stolpersteine der Strategie-Umsetzung

Ausblick: Zukunft der Strategie

Revolutionär: Echte Strategien sind radikal

Aktivisten statt Verwalter: Das Ende der Regentänze

Strategie-Check: Zukunftsthemen finden

Was bietet der Strategie-Check?

Wie setzt man den Strategie-Check ein?

Check I: 10 Strategische Schlüsselfragen

Check II: Strategie-Verständnis

Check III: Marktstrategien

Check IV: Normstrategien

Check V: Wettbewerbsstrategien

Check VI: Ressourcenstrategien

Check VII: Wachstumsstrategien

Check VIII: Fitmacher-Strategien

Check IX: Asiatische Strategien

Check X: Dynamische Strategien

Check XI: Innovationsstrategien

Check XII: Kooperative und »glokale« Strategien

Check XIII: Wert-, Beziehungs-, Avantgarde-Strategien

Anmerkungen

Literatur

Register

Bemerkungen zur 3. Auflage

Hoffnung ist keine Strategie.

Rudy Giuliani, Ex-Bürgermeister von New York City

Das »Handbuch der Strategien« hat sich zu einem Standard- und Nachschlagewerk im Strategischen Management entwickelt. Strategie ist heute aktueller denn je. Gerade in einem unsicheren, ungewissen und sich rasch ändernden Umfeld ist die aktive Gestaltung und Sicherung der Unternehmenszukunft eine besondere Herausforderung. Pfannenfertige Strategieempfehlungen, welche für alle Arten und alle Größen von Unternehmen sowie für jegliche Geschäftssituation erfolgreiche Resultate garantieren, sind eine Illusion. Es kann sie nicht geben. Einzig das fundierte strategische Denken und das konsequente, aber auch wendige Handeln führen zu den gewünschten Erfolgen in der harten Wettbewerbslandschaft von heute.

Es freut mich, nun die dritte, aktualisierte Neuauflage vorzulegen. Das Buch wurde umfassend überarbeitet, aktualisiert und thematisch erweitert. Es folgt aber nach wie vor seiner ursprünglichen Leitidee: auf kompaktem Raum einen umfassenden Einblick in die Welt der aktuellen Strategiekonzepte aus Europa, Asien und den USA zu bieten.

Business ruht nie: Die einzige Konstante ist die Veränderung. Dies gilt besonders für das Strategische Management: Neue Strategietypen entstehen, Herkömmliche werden obsolet, frische Denkansätze erschließen neue geschäftliche Horizonte und auch die Art und Weise, wie Strategien entwickelt werden, hat sich in den letzten Jahren markant verändert. Diese Neuauflage trägt dem Rechnung: Strategiekonzepte, Schlüsselgrafiken, Quellenangaben für weitere Vertiefungen sowie der Strategie-Check sind auf dem neuesten Stand. Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit des Buches und zum raschen Nachschlagen wurde der Strategie-Check an das Ende des Buches gesetzt und graphisch hervorgehoben.

Das Handbuch der Strategien erfüllt eine Brückenfunktion zwischen den oft komplizierten strategischen Theorien und den konkreten Anforderungen praktischer Problemlöser. Mögen viele diese Brücke nutzen.

Merci!

Viele haben mich auf dem spannenden Weg des Recherchierens begleitet und mich bei manchem Streckenabschnitt durch ihre wertvollen Impulse inspiriert. Hierfür bedanke ich mich bei den Professoren der Universität St. Gallen, Professor Dr. Cuno Pümpin und Professor Dr. Dr. h.c. mult. Hans Ulrich, die beide in mir das Feu Sacré für das faszinierende Strategie-Thema entfachten. Der eine öffnete mir die Türen zur Strategie über das Marketing-Management und sein Konzept der Strategischen Erfolgspositionen (SEP). Mit dem anderen konnte ich das Thema des strategischen Managements in turbulenten Geschäftskonstellationen unter einer ganzheitlichen, vernetzenden Perspektive diskutieren. Ebenso danke ich meinen amerikanischen Lehrern. Professor Dr. William Ouchi (University of California, Los Angeles) schärfte mir den Blick für die strategischen Erfolgsrezepte der asiatischen Herausforderer. Professor Dr. Larry Greiner (University of Southern California, Los Angeles) zeigte mir, dass Strategien, Strukturen und Prozesse zusammengehören. Er wies auch darauf hin, dass mit jeder getroffenen strategischen Wahl gleichzeitig immer auch bestimmte Nachteile einhergehen, mit denen man schon frühzeitig rechnen sollte. Der Kommunikationswissenschaftler Professor Dr. Paul Watzlawick (Palo Alto Gruppe, Stanford University) brachte in herausfordernden Diskussionen meine Vorstellung der objektiven Erkenntnis ins Wanken, indem er überzeugend darlegte, dass unser Erkennen immer subjektiv ist. Auch Strategien entspringen dem subjektiven Denken, dessen sollte man sich bewusst sein. Last but not least wies Professor Dr. Warren G. Bennis (University of Southern California, Los Angeles) mich darauf hin, dass Strategien weniger von Managern punktgetreu realisiert als von echten Leadern mitreißend ins Unternehmen getragen werden.

Inspirationsquelle waren auch die zahlreichen Führungskräfte, die ich in spannenden Strategie-, Change- und Dynamisierungsprojekten begleiten durfte. Sie zeigten mir, dass nicht die Instrumente, Methoden, Systeme oder Strukturen die wichtigsten Komponenten des strategischen Managements darstellen, sondern dass es das spezifische Business-Know-how und das besondere Engagement der Beteiligten sind.

Am Gelingen dieses Buchs hat auch der Campus Verlag einen wesentlichen Anteil. Die Campus-Crew, allen voran Frau Selina Hartmann, hat sich diesem Titel mit ihrer professionellen und freundschaftlichen Sorgfalt angenommen, die das Selbstverständliche übertrifft. Für die gute und herzliche Zusammenarbeit bedanke ich mich ganz besonders.

Ralph Scheuss, im Frühjahr 2016

St. Gallen und Los Angeles

Strategie-Basics: Grundsätzliches

Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht darin, dass man neue Länder sucht, sondern dass man mit frischen Augen sieht.

Marcel Proust

Welt der Strategien: Eine Einordnung

Der Strategiebegriff ist schillernd. Selbst Lexika widersprechen sich in ihren Definitionen. Manchmal ist nur »Wichtiges« gemeint, dann wieder nur langfristiges, planvolles Handeln oder schlicht die Chefsache. Strategie ist das Gegenteil von »aus dem Bauch heraus« handeln. Es geht darum, den zukünftigen Erfolg (so gut es geht) voraus zu konzipieren, um die Entwicklung des Unternehmens, eines Produkts, einer Kampagne oder einer Restrukturierung zu steuern. Wer nicht weiß, wohin er will, wird sein Ziel kaum je erreichen, auch wenn er mit doppelter Anstrengung daran arbeitet. Wer nicht weiß, welche Ziele er verfolgt, erkennt weder Fortschritt noch Rückschritt. Strategien sind die Denk- und Handlungswerkzeuge, mit denen man den Pfad in eine erhofft erfolgreiche Zukunft gestaltet.

Strategie und Management gehören eng zusammen. Die beiden sind zwei Seiten derselben Medaille. Ohne Management bleibt Strategie bestenfalls eine clevere Idee. Umsetzung ist nur durch engagiertes Management möglich. Professionelles Management ist die optimale Nutzung des Vorhandenen. Die Strategie bündelt die Kräfte hingegen auf das Mögliche.

Das strategische Management ist eine »unreife« Wissenschaft. Es gibt kaum dominante, d.h. weitherum akzeptierte Theorien und nur einen erstaunlich geringen Konsens unter Wissenschaftlern und Führungskräften, was wohl die ideale Strategie für eine bestimmte Konstellation sei. Damit kann von Anfang an mit einer weiterverbreiteten Illusion aufgeräumt werden: Der Leser findet die passende Idealstrategie auch in diesem Buch nicht. Doch dafür erhält er eine enorme Fülle an strategisch wertvollen Ideen, Konzepten und Impulsen. Dieses Strategien-Handbuch eröffnet einen Tour d’Horizon durch die Welt des modernen, zeitgemäßen strategischen Managements. Es wirft dabei einen Blick sowohl in die wissenschaftliche Welt der Forschung und Lehre wie auch in die praktische Welt der Führungskräfte und Berater.

Studiert man das Feld des strategischen Managements, so findet man zwei grundsätzlich divergierende Welten. Die einen konzentrieren sich auf die Suche und das Verkünden von Rezepten, wie man ein Business erfolgreich gestalten und entwickeln sollte. Sie sagen, was man wann, warum und in welcher Form zu tun habe. Diese Vertreter konzentrieren sich auf Instrumente, Checklisten, Schemen und Rezepte. Sie nähren die Illusion, dass man mit Plänen, Konzepten, Methoden und »Strategien« die Herausforderungen und das Marktgeschehen »in den Griff bekommt«. Die anderen hingegen fokussieren sich auf die Werkzeuge des strategischen Denkens, um das Verständnis für die Wirkungszusammenhänge durch eine gezielte Reflexion strategisch relevanter Themen zu schärfen. Sie erschließen daraus Chancen- und Gefahrenfelder, entwerfen attraktive Zukunftsmodelle, schaffen innovative Ansätze für neue Produkte, Prozesse oder Strukturen oder kreieren unkonventionelle Geschäftsimpulse zur Sicherung ihres zukünftigen Geschäfts. Die heutige Businesswelt ist alles andere als simpel. »Simple« Lösungen oder »sichere« Erfolgskonzepte können in turbulenten Zeiten äußerst gefährlich werden. Gefragt sind heute weniger »pfannenfertige« Lösungen, wie sie oft von »Gurus« angepriesen werden, sondern professionelle strategische Fragestellungen, die zum kreativen Erkunden attraktiver Businessoptionen anregen. Ganz in diesem Sinn präsentiert das vorliegende Buch eine breite Fülle strategischer Themen als Impulsgeber.

Vorsicht ist im praktischen Umgang mit den dargestellten Ideen, Konzepten und Strategieempfehlungen geboten, da die meisten von ihnen »kontextblind« sind. Das heißt, sie wurden nicht für ein spezifisches Unternehmen, für eine spezifische Geschäftskonstellation, für eine spezifische Wirtschaftsbranche oder für einen spezifischen Zeitpunkt entwickelt. Diese strategischen Ideen und Konzepte können daher nicht eins zu eins für die Strategie-Entwicklung im eigenen Geschäft kopiert werden. Strategiefindung ist kein »Copy &-Paste«, sondern bedarf einer engagierten, kreativen Auseinandersetzung mit den möglichen strategischen Optionen und nutzbaren Ressourcen. Die vielen vorgestellten Ideen, Konzepte und Strategien sind aber hervorragend zum Reflektieren des eigenen Geschäftsmodells geeignet. Denn es gilt: »Gewinnen im Wettbewerb« ist in erster Linie eine Frage des Vorsprungs im Kopf.

Erfolgreiche Strategien müssen nicht immer logisch und rational sein, sondern sie sind oft paradox oder gar absurd. Gerade besonderer Mut, hohe Risikofreude, kreative Überraschung oder außerordentliches Engagement können äußerst gewinnbringend sein: Wie konnte es die einst kleine japanische Firma Honda mit ihren kleinen Fahrzeugen und Motoren es überhaupt wagen, die gigantischen amerikanischen Autokonzerne anzugreifen? Wie konnte sich die Kosmetikfirma Body Shop zu einem Global Brand und attraktiven Franchisekonzept mausern, obwohl die ausgebildete Lehrerin Anita Roddick im britischen Brighton eigentlich nur den Umsatz ihres eher schlecht als recht laufenden Hotel- und Restaurantbetriebs nebenbei auffrischen wollte?

Strategien sind, und dies ist in einer globalen Wirtschaftswelt besonders relevant, vom kulturellen Hintergrund geprägt. So herrschte über Jahrzehnte in westlichen Unternehmen die Strategiedoktrin, dass eine hohe Produktqualität nur in hohen Preissegmenten möglich sei. Unternehmen mussten sich in dieser traditionellen Denkhaltung entscheiden, entweder innovativer Premiumhersteller mit entsprechend höheren Kostenstrukturen und höheren Preisen oder Volumenhersteller mit einem gerade noch genügenden Qualitätsniveau und günstigeren Angeboten zu sein. Doch die Erfolge der asiatischen Strategen verwerfen dieses Entweder-oder-Denken. Die Asiaten haben uns mit ihren preiswerten und hervorragenden Angeboten eines Besseren belehrt.

»Gute« Strategien erkennt man immer erst im Nachhinein. Ihnen vorausgegangen ist aber oft ein über das Konventionelle hinausgehendes Denken. Dies belegen Erfolgsstorys wie Ikea, Apple, Microsoft, Dell, Amazon, Google, Nike, McDonald’s oder Swatch.

Strategie-Begriff: Was ist Strategie?

Die etymologische Wurzel des Begriffs »Strategie« liegt im Griechischen. »Strategòs« heißt Allgemeinherrschaft und setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: »stratos« steht für Armee, Heer oder Volksmenge und »-agein« für Führen, Treiben oder in Bewegung setzen. »Strategòs« bezeichnete im antiken Griechenland um etwa 550 vor Christus den Heeresführer. Zu beachten ist, dass der »Strategòs« nicht nur ein cleverer Stratege, also ein smarter Denker ist, der es versteht, seine vorhandenen Ressourcen optimal für seine Absicht zu nutzen, sondern auch jemand, der andere vorwärtstreibt, anfeuert, begeistert und eine Organisation in Bewegung setzen kann.

Die militärische Strategie, so wie sie Anfang des 20. Jahrhunderts verstanden wurde, ist die Lehre von der Auseinandersetzung mit dem Gegner und der Führung der eigenen Truppenbestände. Die strategische Kriegslehre heckt keine detaillierten Schlachtpläne aus, sondern legt die Grundregeln des Verhaltens in der Auseinandersetzung fest. Erst sehr viel später kam der Begriff in der Politik an, wo er die Kunst der Staatsführung umschrieb. In die Betriebswirtschaftslehre fand der Strategiebegriff auf breiter Basis anfangs der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts in den Arbeiten zur Spieltheorie von John von Neumann und Oskar Morgenstern Eingang.

Fragt man heute, was eigentlich »Strategie« ist, so bekommt man so viele Antworten, wie man Wissenschaftler oder Führungskräfte dazu befragt. Gängige Definitionen sind »eine Vision der Zukunft«, »das bessere Geschäftsmodell«, »die Verknüpfung von internen Fähigkeiten mit den Chancen des Marktes«, »die Neuerfindung des Geschäfts«, »unsere Kernkompetenzen zur Bewältigung der Herausforderungen«, »die gemeinsam getragene Vorstellung der Geschäftszukunft« oder einfach »die Hingabe ans Geschäft«. Wer hat recht? – Alle.

Die Führungsriege von Unternehmen steht seit Jahren unter einem gewaltigen »Etikettenstress« in Managementfragen: Was müssen sie heute nicht alles unternehmen, um ihre »Professionalität« zu belegen? Ein erfolgsorientiertes Management lässt es sich nicht nehmen, die »neuesten« Managementkonzepte sofort anzuwenden: Sie »entzücken ihre Kunden mit One-to-one-Management«, »setzen auf nachhaltige Qualität dank Kanban und Six Sigma«, »engagieren ihre Mitarbeiter durch Empowerment«, »organisieren flexibel und situativ mit neuesten Projekttools«, »restrukturieren radikal zur Steigerung der Gesamteffizienz und Reduktion der Komplexität«, »zerstückeln ihre Wertschöpfungskette mit Outsourcing«, »verstärken ihren Marktauftritt dank Kooperationen zur Ausschöpfung von Synergien«, »erfinden sich immer wieder neu«, »nutzen Best Practices und Benchmarking, um aufzuholen« oder »setzen auf ein radikales Innovationsmanagement ihrer Produkte, Prozesse, Strukturen und Technologien«. Doch bringt diese »Aktionitits« wirklich immer den gewünschten Fortschritt? – Eine Antwort erübrigt sich.

Andere Führungskräfte leiden unter der enormen Dynamik der Veränderungen. Ihre Lösung beschränkt sich häufig auf Widerstand und Ablehnung. Sie sträuben sich gegen das Neue und behaupten lautstark, dass die neuesten Strategieansätze nichts als alter Wein in neuen Schläuchen seien. Dies mag wohl in Einzelfällen zutreffen, gilt aber sicher nicht für das Gros der neuen, frischen Ideen. Viele dieser strategischen Konzepte sind bei genauerer Betrachtung weder Wortspielereien noch knackige Etiketten zu banalen Sachverhalten, sondern zeitgemäße Denkwerkzeuge, um die gewaltige Komplexität der rasanten Geschäftsdynamik »griffiger« fassen zu können.

Strategie wurde über Jahrzehnte hinweg entweder als der Gral für erfolgreichere Geschäfte hochgejubelt oder als »Wolkenschieben für schöneres Wetter« verteufelt. Beides ist unproduktiv. Manch eine Führungskraft spricht frustriert und despektierlich vom »Visionszeugs«, »Strategietheater« oder »wieder mal ’ne strategische Übung«. Doch wer sich mit dem Gedankengut des strategischen Managements auseinandersetzt, hält ein äußerst leistungsfähiges Instrument der aktiven Zukunftsgestaltung in den Händen. Er befasst sich mit dem Wesen seines Geschäfts: mit Produkten, Kunden, Märkten, Innovation, Wachstum, Wettbewerb sowie mit seiner Positionierung und Profilierung in der Businesslandschaft. Strategiefindung hilft, das »Big Picture« der sich rasant verändernden Geschäftswelt ganzheitlich zu erfassen und dies für seine spezifischen Geschäftsabsichten zu nutzen.

Häufig wird im allgemeinen Sprachgebrauch ein Plan mit der Strategie verwechselt. In der Planung steht die Analyse, das heißt das detaillierte Auseinandernehmen von Problemen, im Zentrum, während beim strategischen Denken genau der umgekehrte Denkprozess gefordert ist, nämlich die Synthese, welche die einzelnen Teile zu einem sinnvollen Ganzen zusammenfügt. Strategie ist somit engagierte Gestaltung der Zukunft für das gesamte Unternehmen und seine Geschäfte. Aspekte der Strategie sind:

Strategie ist auf die zukünftige Entwicklung des gesamten Unternehmens und/oder seiner verschiedenen Geschäfte ausgerichtet.

Strategie ist zukunftsorientiert. Sie will Zukunft gestalten.

Strategie bestimmt den Geschäftsfokus und die Business-Ziele.

Strategie bestimmt die Positionierung des Geschäfts im Wettbewerb.

Strategie bestimmt die materiellen, personellen und finanziellen Ressourcen, nutzt und pflegt diese.

Strategie fusst auf Werten, Einstellungen, Interpretationen, Erwartungen und Machtkonstellationen.

Strategie ist nachhaltig, das heißt, sie wird in der Regel nicht von einzelnen Ereignissen grundlegend beeinflusst.

Für die beiden Betriebswirte Horst Steinmann und Georg Schreyögg beantwortet Strategie drei grundlegende Fragen:1

In welchen Geschäftsfeldern ist das Unternehmen tätig?

Wie wird der Wettbewerb in diesen Geschäften bestritten?

Worin besteht die längerfristige Kompetenzbasis für den Geschäftserfolg?

Der Harvard-Strategie-Professor Michael Porter sieht eine Strategie als »eine in sich stimmige Anordnung von Aktivitäten, die ein Unternehmen von seinen Konkurrenten unterscheidet«.2 Damit rückt er vom Konzept der Planbarkeit des Tuns ab und streicht die Differenzierung gegenüber anderen Unternehmen und Angeboten sowie das Erreichen von ganz spezifischen Wettbewerbsvorteilen heraus. Porter unterscheidet zwischen dem Operativen (operational effectiveness) und dem Strategischen (strategic effectiveness): Das Operative will vergleichbare Leistungen besser als die Konkurrenten erfüllen, d.h. produktiver, effizienter, rascher, einfacher oder schneller sein. Doch dies genügt zur nachhaltigen Erfolgssicherung heute keineswegs. Hier kommt nun Strategie ins Kalkül: Sie fokussiert sich darauf, ganz besondere Leistungen (Innovationen, Alleinstellungsmerkmale) auf eine spezifische, besondere Art für den Kunden zu erbringen. Beides zusammen führt zum Erfolg.

Henry Mintzberg, der prominente Management- und Strategieprofessor der McGill University in Montreal, gilt als Querdenker im Management. »Strategie« ist für Mintzberg nicht in einem einzigen Begriff zu fassen. Er definiert den Strategiebegriff mit seinen »Five P’s«:3

Eine Strategie ist ein »Plan«, der die Zukunft des Unternehmens mit einer klaren Handlungsabsicht definiert. Dieser strategische Plan legt die Ziele und Wege zu ihrer Erreichung fest. Ob diese Absichten je zu Resultaten werden, lässt sich erst im Rückblick feststellen.

Strategie ist auch ein Muster (»Pattern«), welches sich aus dem längerfristigen Verhalten in Retrospektive erschließt. Die Strategie umfasst dann sämtliche Entscheidungs- und Verhaltensmuster, die zur heutigen Positionierung des Unternehmens führten.

Strategie ist aber auch eine »Position«, welche ein Unternehmen im Wettbewerbs- und Marktumfeld einnimmt. Erfolgreiche Unternehmen suchen immer wieder nach besonders attraktiven Markt- und Wettbewerbskonstellationen (Nischen), die strategisch zu erschließen sind.

Eine Strategie kann für Mintzberg aber auch die übergeordnete »Perspektive« des Geschäfts sein. Diese Perspektive bestimmt, wie das Geschäft und das Umfeld vom Management interpretiert werden.

Und zuletzt können Strategien auch den Charakter einer List, eines Tricks (»Ploy«) oder einer Masche haben, um lästige Wettbewerber auszumanövrieren.

Henry Mintzberg vergleicht Strategie mit dem Segeln: Das Boot nutzt Winde, wird durch Strömungen abgetrieben, hat mit der Wetterlage zu kämpfen und muss immer wieder seine Segel neu ausrichten und die Ruderpinne anpassen. Das Segelboot ist das Unternehmen. Der gewählte Kurs entspricht der Strategie. Der Kapitän bestimmt nicht nur den idealen Kurs und steuert das Boot, sondern nutzt dazu auch Kartenmaterial, Logbuch, Sextant, GPS, Radar und andere technische Geräte, um seinen Standort und die Richtung während der Reise immer wieder zu bestimmen. Die Attraktivität des Marktes entspricht dem Wind. Je mehr er bläst, umso einfacher lassen sich die gesteckten Ziele erreichen. Es ist aber nicht der Wind, der den Kurs bestimmt, sondern der Kapitän durch das Setzen der Segel und Ausrichten des Ruders. Mintzbergs dynamische Strategiebetrachtung im Sinn des Navigierens passt gut als Metapher zur heute existierenden dynamischen Businessrealität.

Sprechen wir von Strategie, stellt sich die Frage, welche Strategieform gemeint ist (Abbildung 1). Mintzberg unterscheidet fünf Strategieformen4: Die realisierte Strategie (realized strategy) ist das Ergebnis des Strategieprozesses im Rückblick. Grundlage dafür ist die von der Führungscrew beabsichtigte Strategie (intended strategy), von dem sie aber tatsächlich nur einen Teil bewusst beherzt (deliberate strategy). Auch im Tagesgeschäft ergeben sich spontane Strategie-Chancen (emergent strategy), die aktiv zu nutzen sind. Als Restgröße bleiben die nicht-realisierten Strategieteile übrig.

Abbildung 1: Mintzbergs Strategieformen – Über welche Strategie spricht man?

Der Management-Vordenker Gary Hamel, internationaler Strategie-Wissenschaftler und Topberater, propagiert ein frisches Strategieverständnis:5 »Das Zeitalter des Fortschritts hatte voller Hoffnungen begonnen und endet nun beängstigend. […] Uns war im Business die Erlösung von der Langeweile versprochen worden – wir bekamen die Fabrik der Angestellten. Uns war die Selbstbestimmung versprochen worden – wir bekamen Hochglanzbroschüren zur Unternehmenspolitik. Man versprach uns, zu einem lohnenden Ziel beizutragen – wir erhielten die Tyrannei der Quartalsziele. Uns lockte aktive Mitwirkung – wir bekamen endlose Meetings, deren Form die Inhalte zermalmte. Statt eines Ventils für unsere Kreativität bekamen wir Reengineering. Wir wurden ständig als Mitarbeiter bezeichnet, waren aber so entbehrlich wie verschlissene Maschinen. Das Zeitalter des Fortschritts hat die physische Belastung reduziert, aber dafür unseren Geist betäubt. Wir stehen heute an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter: dem Zeitalter der Revolution.« Diese Geschäftsrevolution erfordere frische Strategien, die einen echten Wandel provozieren. Wer nur die Gegenwart optimiert, handelt nicht strategisch. Wer Strategien entwirft, muss immer auch die Spielregeln des eigenen Business hinterfragen, um bestehende Denkhorizonte zu sprengen. Zeitgemäße Strategien sollen frische Energien freisetzen und nicht Freiräume unnötig begrenzen. Die Herausforderungen des modernen strategischen Managements sind somit umrissen: Das strategische Management hat die Aufgabe, zukunftssichernde und zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen und weichenstellende Maßnahmen zur aktiven Zukunftsgestaltung zu lancieren.

Die widersprüchlichen Trends, die ungewisse Prognostizierbarkeit von Marktentwicklungen, das schwer abschätzbare Wettbewerberverhalten oder das hohe Risiko von neu lancierten Produkten verdeutlichen die Schwierigkeit der strategischen Aufgabenstellung. Das Vorhersagen der Businesszukunft ist heute in unserer zappeligen Geschäftswelt schier unmöglich. Nur die intensive Auseinandersetzung mit strategischen Fragen erschließt die Komplexität und Dynamik, um darin Orientierung zu finden. Zudem verfügt modernes strategisches Denken über eine wertvolle Werkzeugbox, um die zentralen Führungs- und relevanten Zukunftsfragen für erfolgreiches Business zu identifizieren, sie zu strukturieren, Handlungsalternativen zu entwerfen und daraus die notwendigen Massnahmen abzuwägen. Ein so verstandenes strategisches Management wird dadurch zu einem wirkungsvollen, erkenntnisgewinnenden Lernprozess, bei dem man gedanklich die geschäftliche Zukunft skizziert, Etappenziele bestimmt, Ressourcen mobilisiert und die Marschrichtung ins Unternehmen umfassend kommuniziert. Dieser Lernprozess ist »gelenkte Evolution«6.

Strategien sind etwas Ganzheitliches, sie setzen Einzelheiten, Komponenten, Aussagen oder Ergebnisse zu einem erstrebenswerten »Big Picture« zusammen. »Gute« Strategien skizzieren schärfere, aussagekräftigere und chancenreichere Zukunftsbilder als schlechte. Wirklich bahnbrechende Strategien, wie sie beispielsweise Ikea, Apple, Microsoft, Google oder Starbucks verfolgen, setzen sogar an den »Rules of the Game« an und verändern die traditionelle Geschäftslandschaft selbst.


Strategisch Navigieren: Von der Zukunft aus Gegenwart gestalten

Strategisches Management ist die Königsdisziplin im Management. Strategisches Management ist Kunst, Handwerk und Wissenschaft zugleich. Kunst in dem Sinne, dass in die strategische Arbeit viel Kreativität, Intuition, Glück und Herzblut einfließen. Handwerk in dem Sinne, dass professionelles Verständnis, methodische Vorgehenskenntnisse, Verfahren und Instrumente nutzbringend eingesetzt werden, und Wissenschaft in dem Sinne, dass Strategien in einer wissenschaftlichen Perspektive erforscht werden.

Strategisches Management ist das Navigieren des Unternehmens aus heutiger Perspektive in eine erstrebenswerte Zukunft. Dabei ist das Skizzieren der erstrebenswerten Zukunft immer nur ein erster Schritt. Strategische Entscheide werden nicht für die Zukunft gefällt, sondern immer für die Gegenwart. Strategie beantwortet die Schlüsselfrage: Was muss (heute) alles getan werden, um morgen mit nachhaltigem Erfolg dabei zu sein?

Abbildung 2: Management -Führungsebenen und Steuerungsgrößen

Auf welche Orientierungsgrößen fokussiert sich das strategische Management? Viele Führungskräfte meinen, dass mit einer »smarten Strategie« ein Gewinnsprung erzielt werden kann. Dies mag der Fall sein, liegt aber nicht im primären Fokus. Nicht die operativen Erfolgsgrößen wie Gewinn, Deckungsbeitrag, ROI (Return on Investment) oder andere Renditekennzahlen stehen im Zentrum der strategischen Arbeit, sondern die wichtigen Lenkungsgrößen für zukünftiges Geschäft. Diese steuern dann die finanziellen, operativen Kennzahlen im Voraus. Nicht der Erfolg von heute interessiert, sondern das morgen Mögliche, Machbare und Erreichbare. Orientierungsgröße für das strategische Management ist das strategische Erfolgspotenzial.7 Es bezeichnet alle aufgebauten Kompetenzen und Fähigkeiten eines Unternehmens, aus denen in Zukunft der Erfolg nachhaltig resultieren soll. Sie ermöglichen es dem Unternehmen, im Vergleich zur Konkurrenz überdurchschnittliche, operative Resultate (z.B. Umsatz, Marktanteil, Gewinn, Deckungsbeitrag, Cashflow) zu erzielen.

Strategische Erfolgspotenziale dienen der Vorsteuerung der Erträge von morgen (Abbildung 2, insbesondere Steuerungsgrößen). Diese Erfolgspotenziale sind die Quellen für die in Zukunft zu erwartenden Erträge. Somit steht nicht die Maximierung des heutigen Gewinns oder die Sicherstellung genügender Liquidität im Zentrum der strategischen Bemühungen, sondern die »Vorsteuerung« der für das Unternehmen zentralen Erfolgsgrößen von morgen. Nicht der Erfolg selbst, sondern der Aufbau, die Sicherung und die Ausschöpfung attraktiver Erfolgsquellen zählen für das Geschäft von morgen. Für den Praktiker und Wissenschaftler Aloys Gälweiler8 ist ein Erfolgspotenzial nicht nur eine Unternehmensstärke oder eine Kernkompetenz, sondern »das gesamte Gefüge aller jeweils produkt- und marktspezifischen erfolgsrelevanten Voraussetzungen, die spätestens dann vorhanden sein müssen, wenn es um die Erfolgsrealisierung geht«. In dieser Betrachtung ist strategisches Management auf den Aufbau, die Entwicklung und Nutzung von Erfolgspotenzialen ausgerichtet.

Das von Cuno Pümpin entwickelte Konzept der Strategische Erfolgsposition (SEP) wird hier synonym zu Erfolgspotenzial verwendet.8 Eine strategische Erfolgsposition ist eine Fähigkeit, die es einem Unternehmen erlaubt, längerfristig überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen.

Strategie-Konzepte: Evolution des strategischen Denkens

Bereits im Jahr 1912 bot die Harvard University den weltweit ersten Kurs zum Thema »Business Policy« an. Dies ist die Geburtsstunde des strategischen Managements. Doch das Thema Strategie ist viel älter: Seit Menschengedenken versuchen wir die Zukunft zu ergründen, setzen wir uns Ziele und verfolgen diese für uns wichtigen Anliegen mit besonderem Nachdruck. Schon die Urmenschen mussten sich im harten Wettbewerb behaupten, konkurrierten sie doch mit anderen Clans und wilden Tieren oft um dieselbe Beute. Cleverness und List waren schon damals oft strategisch erfolgreicher als Faustkeil und Speer.

Das systematische Studium moderner Unternehmen und ihrer strategischen Ausrichtung wurde erst spät wissenschaftlich entdeckt. Und noch viel später, erst in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, begannen die ersten großen US-Konzerne wie General Motors, General Electric oder AT&T, eigene strategische Abteilungen zu etablieren. Der Durchbruch des strategischen Managements kam in der Aufbruchsphase nach dem Zweiten Weltkrieg. In den rasanten Wachstumsperioden der Nachkriegsjahre und den darauf folgenden Konsumwellen wurden strategische Fragen zu einem wichtigen Thema für die Unternehmensführung. Die Entwicklung des strategischen Denkens der neueren Geschichte erfolgte in folgenden fünf Phasen:

Phase der »finanziellen Planung und Budgetierung«

In den 50er-Jahren des letzten Jahrhundert fanden sich Unternehmen einem stabilen Geschäftsverlauf und überschaubaren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gegenüber. Dies ist die Zeit des Wiederaufbaus. Die Führung nutzte das Instrumentarium der finanziellen Planung und Budgetierung, um den Geschäftsverlauf zu steuern. Dies waren die ersten Schritte, das Unternehmen nicht nur aus der Retrospektive (und aus dem »Bauchgefühl« heraus) in die Zukunft zu führen. Der »Blick nach hinten« in die Vergangenheit genügte nicht mehr für eine optimale Steuerung der finanziellen, materiellen und personellen Mittel. Die Finanzinstrumente mit ihrer Soll/Ist-Planung halfen, finanzielle Größen wie Erlöse, Kosten und Mittelbedarf für die nächste Rechnungsperiode vorauszukalkulieren.

Phase der »Langfristplanung«

Die 60er-Jahre waren geprägt durch einen enormen Wachstumsboom. Diese stabile Aufwärtsphase prägte die Wirtschaft über Jahre. Die Ansprüche und Anforderungen der Kunden an Unternehmen wuchsen im Gleichschritt mit dem Wohlstand. Auch die Konsumgewohnheiten wurden immer differenzierter und komplexer. Grundsätzlich verlief aber die wirtschaftliche Entwicklung linear, so dass sich die Markt- und Geschäftsentwicklungen »extrapolieren« ließ. Extrapolation heißt, die Entwicklung der Zukunft auf der Basis der vergangenen Entwicklungen fortzuschreiben. Die Steuerung des Unternehmens bedurfte in dieser Phase einer langfristig orientierten, mehrjährigen Planung, um Kapazitäten, Finanzen und andere Ressourcen für die kommenden (meist fünf bis zehn) Jahre zu sichern.

Phase der »strategischen Planung«

In den 70er- und Anfang der 80er-Jahre schockte die Ölkrise die Wirtschaft. Sie zeigte, wie fragil die Entwicklungen geworden waren. Damit galt es, auch die strategischen Steuerungsinstrumente anzupassen. Die 70er-Jahre sind charakterisiert durch Turbulenzen, Umbrüche, Konjunkturschwankungen und technologische Sprünge. All dies erschwerte die Planung zur Optimierung des Geschäfts. Die Steuerungsfähigkeit konnte durch die Fortschreibung der Vergangenheit in die Zukunft (Extrapolation) nicht mehr gewährleistet werden. Einerseits waren längerfristige Ziele anzusteuern, um auch größere Investments zu realisieren, und andererseits war es notwendig, kurzfristig flexibel und situativ auf Markt- und Kundenveränderungen zu reagieren. Die strategische Planung richtete ihren Blick daher insbesondere auf die Umwelt- und Marktentwicklungen. Chancen und Risiken galt es frühzeitig zu entdecken und in die strategischen Überlegungen einzubeziehen. Neue strategische Werkzeuge waren geboren: Portfolio-Methodik, Szenario-Technik und Langfristplanung. Auch die Strukturen der Unternehmen wurden immer komplexer und vielschichtiger. In dieser Epoche waren die divisionale Struktur und Matrixorganisation in aller Munde. Durch divisionale Strukturen ließen sich spezifische Angebote für bestimmte Teilmarktsegmente entwickeln. Die Unternehmensstrategie folgte dieser Entwicklung und wurde nach dem »Puppe-in-der-Puppe-Prinzip« durch Marktsegment-Strategien, sogenannte strategische Geschäftsfelder, ergänzt.

Phase des »strategischen Managements«

In den 90er-Jahren verschärfte sich der Wettbewerb auf einer globalen Skala rasant weiter. In vielen Branchen herrschte ein rauer Verdrängungswettbewerb. Unternehmen hatten sich stärker um ihre Profilierung im Markt zu kümmern. Differenzierung wurde zum Losungswort der Stunde. Dies konnte nur durch den Aufbau und die Nutzung unternehmensspezifischer Kernkompetenzen bewerkstelligt werden. Dies erlaubte es Firmen, in gleichen Märkten differenzierte Wettbewerbsvorteile auszuspielen. Parallel dazu erlebten Marktforschungs- und Prognoseinstitute einen Boom.9 Sie halfen durch Kundenbefragungen und -beobachtungen, möglichst frühzeitig zu erkennen, was Kunden wünschen. Trendbetrachtungen wie diejenigen von Alvin Toffler (Der Zukunftsschock), Herman Kahn (The Coming Boom) und John Naisbitt (Megatrends) wurden zu Kultbüchern strategisch interessierter Führungskräfte. Aber auch in anderen Feldern der strategischen Arbeit wurden in dieser ungewissen Periode frische Denkansätze, Konzepte und Instrumente entwickelt. Vor allem der von Professor Hans Ulrich begründete St. Galler Ansatz der vernetzenden, integrierenden Managementlehre warf ein bis dahin ungewohntes, mehrdimensionales Licht auf die Bereiche Management, Mitarbeiterführung und Strategie. Sein Ansatz forderte die Führungskräfte auf, sich der Dynamik und Komplexität aktiv und engagiert zu stellen. In dieser Ära hatten die Unternehmen auch einen wachsenden Bedarf an modernem Management-Know-how. Dies führte zu einem weltweiten Boom des Strategie-Consultings, welches einerseits theoretische Einsichten, Instrumente und Methoden praxistauglich machte und anderseits selbst wichtige Impulse an die Strategie- und Managementlehre zurückgab. Doch der Strategie-Euphorie folgte die Ernüchterung. Man merkte, dass nicht die Strategieformulierung die größte Herausforderung war, sondern deren praktische Umsetzung. Denn erst wenn möglichst viele Führungskräfte und Mitarbeitende die strategischen Absichten »verinnerlichen«, das heißt am »gleichen Strang« und »in die gleiche Richtung ziehen«, entfaltet das Unternehmen den notwendigen strategischen Schub.

Phase der »strategischen Initiativen«

Wie die obigen Phasen zeigen, bestimmt die Markt- und Wettbewerbsdynamik das strategische Denken. Es ist damit ein Reflex der strategischen Herausforderungen. Die Businessturbulenzen haben sich weiter verschärft. Die Globalisierung, die Öffnung und Deregulierung vieler Märkte und insbesondere der Boom der Informations- und Kommunikationstechnologien sind wesentliche Treiber der Dynamik. Scott McNealy, Chairman und Mitgründer der Sun Microsystems Computer in Kalifornien, brachte das heutige Strategieverständnis auf der Application Developer Conference 2006 in Kalifornien auf den Punkt. Er meint, dass in unserer zappeligen und global vernetzten Businesswelt das traditionelle Planungsverständnis ausgedient habe. Planungshorizonte von zehn Jahren machen für die Mehrheit der Geschäfte keinen Sinn mehr, ja selbst Fünf-Jahres-Rhythmen sind für viele strategische Absichten schon fragwürdig. Strategie ist daher in der modernen Auffassung keine Frage des Zeithorizonts mehr, sondern der anzupackenden Zukunftsthemen. Sogar schon der bekannte Strategieexperte Igor H. Ansoff, der die Basis des modernen Strategiekonzepts entwarf, empfahl bereits Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts für eine Businessära mit hohen Diskontinuitäten (Brüchen) und Turbulenzen ein »Strategic Issue Management« (Management strategisch relevanter Themen).10 Dieses konzentriert sich auf die Wahrnehmung und Handhabung von Chancen und Risiken, die sich oft aus »schwachen Signalen« (Trendentwicklungen) ergeben. Selbstverständlich sind die strategischen Methoden und Instrumente nicht gänzlich obsolet. Ganz im Gegenteil. Doch ihre Zweckmäßigkeit und ihr Einsatz sind differenzierter im Lichte der neueren umwälzenden Entwicklungen zu interpretieren.

Seit den ersten Jahrzehnten des neuen Jahrtausends sind Unsicherheit und Ungewissheit ein fester Bestandteil der Führung und Strategiefindung. Die Globalität und hohe Veränderungsdynamik unseres Business sind heute Fakt. Viele Geschäftsprozesse sind weltweit miteinander entwicklungs-, produktionstechnisch, finanziell und know-how-mäßig engmaschig verknüpft. Selbst Ursprungsbezeichnungen wie »Made in Germany«, »Made in Switzerland« oder »Made in EU« haben von ihrem einst hohen Stellenwert eingebüsst. Wie schweizerisch ist Nestlé noch? Wie deutsch ist die Deutsche Bank? Nicht nur die großen Konzerne verstehen sich als heute als Global Player, sondern auch viele mittelständische Unternehmen sind weltweit erfolgreich. Für globale Unternehmen ist ein »Made by Audi« oder »Designed by Apple in California« heute bedeutender als der Länderbezug. Produkte werden in Europa geplant, in Asien mit Rohstoffen aus Afrika hergestellt und von amerikanischen Fondsgesellschaften finanziert. Die offene, global vernetzte Wirtschaft kombiniert sich mit rasender Geschwindigkeit weltweit neu. Damit verschieben sich auch die tektonischen Platten der Macht. Die Vorrangstellung der westlichen Geschäftswelt, angeführt von den USA, verliert gegenüber den rasant aufholenden Emerging Markets Asiens und Südamerikas. In einem derart turbulenten Umfeld hat sich auch das strategische Management neu auszurichten: Globale Strategien, Outsourcing, Offshoring, multikulturelles Management, dynamische Agilitätskompetenzen oder Geschäftsprozessvernetzung werden zu neuen zentralen Themen.

Strategieschulen: Perspektiven führender Denkschulen

Mintzberg, Ahlstrand und Lampel identifizieren zehn Schulen des strategischen Denkens.11 Diese Schulen zeigen, dass das strategische Denken stark vom jeweiligen Bezugsrahmen im Kopf desjenigen abhängt, der gerade die Strategie entwickelt. Alle verschiedenen Betrachtungsweisen haben ihre Berechtigung. Und alle weisen auf spezifische Schwerpunkte hin, wodurch aber immer zugleich auch wieder andere Aspekte ausgeblendet werden. Trotzdem ergeben sie einen interessanten Tour d’Horizon zu den Strategie-Perspektiven.

Designschule: Strategie als bewusster, konzeptioneller Prozess

Diese Betrachtung vertritt die Ansicht, dass sich die besten Strategien in einem logischen Prozess Schritt für Schritt entwickeln lassen. Dafür wurden Strategiemodelle und Vorgehens-Checklisten entworfen.12 Die interne Situation des Unternehmens wird mit der externen Situation der Umwelt (und der Märkte) verglichen. Diese Betrachtung bringt Chancen und Gefahren ans Licht. Die Geschäftsleitung formuliert daraus ihre Strategien im Rahmen eines »logisch-schrittweisen« Vorgehens. Die Strategie beabsichtigt, die internen Stärken eines Unternehmens mit den Chancen in der Umwelt in Einklang zu bringen. Die Designschule wurzelt in den 70ern und ist bis heute weit verbreitet. Vor allem die Gilde der Berater hat eine Fülle an Vorgehensschemen zur Strategieentwicklung und Strategiedurchsetzung entwickelt und mit Erfolg vermarktet.

Planungsschule: Strategie als formale Planung

Die Strategien sind in der Planungsperspektive das Ergebnis eines durchstrukturierten Planungsprozesses.13 Die Planungsschule ist mit der Designschule verwandt. Sie empfiehlt, bei der Strategieentwicklung einem methodisch strukturierten Vorgehen zu folgen. Die Planer liefern eine Schritt-für-Schritt-Methodik mit klaren Arbeitspaketen, die von der Situationsanalyse, Strategieformulierung, Strategieumsetzung bis zum strategischen Controlling führen. Der Prozess der Strategieentwicklung wird durch ein Arsenal an Methoden und Verfahren unterstützt.

Positionierungsschule: Strategie als Positionierung

Strategie soll sich auf die Positionierung im Markt konzentrieren. Daher steht die Branchenentwicklung im Fokus. Bei diesem marktorientierten Ansatz, der stark auf den Arbeiten von Michael Porter von der Harvard University beruht, fragt sich der Stratege, wie man seine Stellung innerhalb einer attraktiven Branche oder in einem spezifischen Markt ausbauen kann. Der Strategieansatz geht davon aus, dass die Attraktivität der Branche ausschlaggebend für den Geschäftserfolg ist. Die Perspektive der Positionierungsschule ist wettbewerbsorientiert: Wie lässt sich Vorsprung erringen? Hierzu bietet die Positionierungsschule auch klare Strategiealternativen an. Firmen können sich durch die drei Strategieoptionen – Kostenführerschaft, Differenzierung oder Fokussierung – im Wettbewerb positionieren.14 Die Positionierungsschule zeichnet sich dadurch aus, dass sie das strategische Verhalten auf umfangreiche empirische Analysen stützt. Sie wird auch als Marktdoktrin (market based strategy) bezeichnet.

Ein erfolgreiches Unternehmen hat drei Strategie-Fragen zu beantworten:

Welche Branchen oder Märkte sind für das Unternehmen ausgesprochen attraktiv? Welcher Markt bietet die attraktivsten Renditen?

Wie positionieren wir uns markant im Vergleich zu den anderen Anbietern in diesen Märkten? Welche Strategie verfolgen wir: Nutzen wir die Kostenführerstrategie mit den geringsten Kosten und besten Angebotspreisen, die Differenzierungsstrategie als Spezialitätenanbieter oder fokussieren wir uns auf Nischen in diesem Geschäft?

Wie lassen sich für alle anderen Unternehmen die Eintrittsbarrieren in diesen Markt erhöhen, um die eigene Stellung zu verteidigen?

Unternehmerische Schule: Strategie als Vision

Die Vision einer starken Führungskraft gibt der Unternehmensentwicklung Richtung und Energie. Der Ansatz steht im krassen Gegensatz zur Planungsschule. Er lehnt umfassende Analysen ab und betont Unternehmertum, Intuition, persönliches Engagement und Durchsetzungskraft. Vor allem Start-ups, kleinere und mittlere Unternehmen oder Nischenakteure basieren ihre Strategie auf einer »smarten Geschäftsidee« und engagiertem Unternehmertum.15 Der Erfolg vieler Unternehmer oder CEOs mit starken Visionen bestätigt diese Sichtweise.

Kognitionsschule: Strategie als Denkübung

Diese Schule erforscht, wie Führungskräfte Informationen verarbeiten und daraus ihre Schlüsse zur Beantwortung strategischer Fragen ziehen. Die Strategen entwickeln Modelle, Bezugsrahmen und Diagramme, um die geistigen Denkprozesse zu veranschaulichen.16 Der Verstand des Strategen entscheidet in dieser Optik über den Erfolg oder Misserfolg einer Strategie. Entschieden wird meistens logisch-rational. Dieser neuere Ansatz brachte für die Praxis bisher wenige nutzbringende Erkenntnisse.

Lernschule: Strategie als Lernprozess

Der lernorientierte Ansatz betrachtet die Unternehmensentwicklung in einer längerfristigen Optik.17 Es wird untersucht, was funktioniert, was nicht und welche Schlussfolgerungen das Management daraus gezogen hat. Die Lernschule sucht nach den »Lessons learned«, also nach den Einsichten für die Zukunft. Lernen findet im gesamten Unternehmen statt und nicht nur im Kopf des CEO. Man spricht auch vom organisatorischen oder institutionellen Lernen. Das Lernen zeigt sich in den Routinen, die das Unternehmen zu seiner Aufgabenerfüllung nutzt. Diese Schule geht davon aus, dass erfolgreiche Firmen einen Know-how-Vorsprung nutzen.

Machtschule: Strategie als Macht zur Durchsetzung

Strategie muss im Unternehmen nach innen und nach außen durchgesetzt werden. Dieser Ansatz konzentriert sich auf die Verhandlungs- und Machtprozesse.18 Die Machtschule hat keine große praktische Bedeutung.

Kulturschule: Strategie als kollektiver Prozess

Die Kulturschule sieht die Strategiebildung als einen sozialen Prozess des gegenseitigen Austauschs.19 Durch Kommunikation einigt man sich auf einen gemeinsamen Weg in die Zukunft. Mittels Sozialisation (Anpassung des Individuums an das Kollektiv) lernt der Einzelne die Grundvorstellungen des Unternehmens, seines Geschäfts, der Branche und des Marktes kennen. Die Strategie ist die gemeinsam getragene Zukunftsperspektive. Daraus werden firmenspezifische Kernkompetenzen aufgebaut und Ressourcen genutzt, um Wettbewerbsvorteile zu etablieren. Diese Schule heißt auch ressourcenbasierte Sichtweise der Strategie (resource-based view). Der geschickt eingesetzte Mix aus Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kompetenzen sowie aller verfügbaren Mittel (Ressourcen) führen zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen.

Ökologische Schule: Strategie als Reaktion

Wie verändert sich das Umfeld? Welche Konsequenzen hat dies für die Strategiefindung? Das Management wird in diesem Ansatz als eher passiv und reaktiv agierend betrachtet. Die strategische Führung reagiert auf die Entwicklungen in Markt und Wettbewerb.20 Es gibt keinen besten Weg, um ein Unternehmen zu führen, sondern alles ist von der jeweiligen Situation abhängig. Diese Schule nutzt Evolutionstheorien für ihre Interpretationen des Unternehmensgeschehens (zum Beispiel natürliche Selektion oder Nischenbesetzung). Dieser Ansatz hat nur eine geringe Bedeutung.

Konfigurationsschule: Strategie als ideales Muster

Für jede Situation in Markt und Wettbewerb sowie in der Entwicklungsdynamik eines Unternehmens gibt es eine ideale Konstellation.21 Die Strategie muss immer zu einem bestimmten Muster aus Eigenschaften, Situationen und Handlungsformen passen. In dieser Schule werden die Ansätze der anderen Schulen eingebaut. Eine Start-up-Strategie passt nicht zu einem Großkonzern, der global agiert. So sucht diese Schule nach ganzheitlichen Konfigurationen (Mustern, Formen), die zueinander passen.

Strategisches Fundament: Werte als Orientierungsbasis

Das Fundament jeder Strategiearbeit sind die Werthaltungen der Führungskräfte, Unternehmer, Eigentümer und Mitarbeitenden. Diese Werthaltungen beeinflussen ihre Wahrnehmung, die Entscheidungsfindung und Realisierung von Maßnahmen. Häufig veröffentlichen die Unternehmen ihre zentralen Werte in aufwändig gestalteten Leitbildern, Führungsgrundsätzen oder Corporate-Identity-Dokumenten. Diese wichtigen Werthaltungen, Einstellungen und Überzeugungen bezeichnet der St. Galler Managementprofessor Hans Ulrich auch als Managementphilosophie.22 In welchen Dokumenten lässt sich die Managementphilosophie eines Unternehmens erschließen?

Leitbild – Wie präsentiert sich das Unternehmen ganzheitlich?

Das Leitbild skizziert die langfristige Zielvorstellung des Unternehmens. Da es ein öffentliches Papier ist, können seine Maximen von allen Interessierten auch überprüft werden. Dadurch hat das Leitbild den Charakter eines »Grundgesetzes oder einer Verfassung«. Leitbilder wurden durch das Vordringen der angelsächsischen Begriffe Vision und Mission in den letzten Jahren verdrängt. Das »Mission Statement« hat in vielen Unternehmen seine Funktion eingenommen.

Vision – Wohin soll sich das Unternehmen entwickeln?

Die Vision skizziert, wo sich das Unternehmen in den kommenden Jahren sieht. Es ist eine Idealvorstellung der Zukunft des Unternehmens, die als Leitstern wirken und der Entwicklung Richtung geben soll.

Mission – Wem dient das Unternehmen? Welche Leistung erbringt es?

Die Mission umschreibt den Zweck des Unternehmens. Sie soll Orientierungspunkt oder Richtschnur für das Handeln der Mitarbeiter sein. Sie bietet den Mitarbeitenden Sinn für ihr Tun. Eine Mission legt dar, was das Unternehmen ist, was es tut und wofür es steht.

Werthaltungen – Wofür stehen wir ein?

Die Werte zeigen, welche »Leidenschaften« ein Unternehmen hat und wie es Empathie, Wärme, Verständnis und Vertrauen schafft.

Führungsgrundsätze – Nach welchen Prinzipien arbeiten wir?

Die Führungsgrundsätze beschreiben die Richtlinien der Führung und die Regeln für die Zusammenarbeit unter den Mitarbeitenden.

Identität – Wer sind wir?

Die Corporate Identity (Unternehmensidentität) repräsentiert die Ganzheit aller Eigenschaften eines Unternehmens. Sie beruht auf der Vorstellung, dass Unternehmen wie Personen wahrgenommen werden und selber auch handlungsfähig sind. Die Identität soll den einzigartigen Charakter des Unternehmens profilieren. Sie spielt daher in der Unternehmenskommunikation eine wichtige Rolle.

Motto – Was gilt nun?

Das Motto bringt einen Leitgedanken auf den Punkt. Manche Unternehmen nutzen das Motto zur Motivation der Mitarbeiter in Form eines anregenden Slogans oder »Schlachtrufs«.

All diese Dokumente und ihre Inhalte bilden das Fundament für die konkrete Strategieentwicklung. Oft sind sie in der Praxis eher »Motivationsaufhänger« oder »Imagegestalter« für Mitarbeitende, Geschäftspartner, die Öffentlichkeit und Kunden. Zudem überlappen sie in ihren Inhalten und sind untereinander auch nicht eindeutig abgrenzbar. Alle skizzieren einen anzustrebenden Idealzustand und bleiben im Vagen stehen. Im Gegensatz dazu ist die Strategie handlungsorientiert, konkret, auffordernd und griffig.

Fokusebenen: Blickwinkel von Strategien

Die Unternehmensstrategie (Corporate Strategy) beschreibt die alles übergreifende strategische Zukunftsausrichtung eines Unternehmens. Sie befasst sich mit der Positionierung der Geschäfte im Wettbewerb, der Profilierung und Differenzierung, der Vernetzung mit Partnern und mit der Ausrichtung auf bestimmte Branchen und Märkte.

Die Businessstrategie (Business Strategy, Geschäftsfeldstrategie) hingegen ist produkt-/marktbezogen. Ihr Blickfeld ist das konkrete Geschäft für bestimmte Zielgruppen oder Marktsegmente. Hier spielt die Konkurrenzsituation für strategische Überlegungen eine wichtige Rolle. Daher muss sie folgende Fragen beantworten: Wie erringen wir nachhaltige Wettbewerbsvorteile gegenüber den anderen Anbietern in den Geschäftsfeldern? Und wie können wir dem Kunden einen möglichst hohen Wert mit unseren Produkten und Dienstleistungen bieten? Unter einem Geschäftsfeld wird eine Produkt-Markt-Kombination verstanden. Werden die strategischen Geschäftsfelder auch in der Organisationsstruktur des Unternehmens verankert, so nennt man diese organisatorischen Einheiten dann strategische Geschäftseinheiten (SGE).

Der Strategiebegriff wird heute (fast schon) inflationär genutzt. So entwickelt und verfolgt praktisch jeder organisatorische Bereich seine eigene »Funktionsstrategie«. So findet man Marketingstrategien, Finanzstrategien, Forschungs- und Entwicklungsstrategien, Logistikstrategien oder Personalstrategien. Sie alle beziehen sich auf zeitlich abgesteckte, meist kurz- oder mittelfristige Planungen für eine Abteilung. Alle organisatorischen Bereiche leisten ihre Beiträge zur übergeordneten Stoßrichtung und verfolgen daraus abgeleitet wichtige spezifische Zielsetzungen und umfassende Maßnahmen. Alle funktionalen Strategien haben sich aber konsequent an der übergeordneten Unternehmens- und der Businessstrategie auszurichten, da sie aus der Gesamtperspektive betrachtet jeweils nur ein Mittel unter vielen anderen zu deren Umsetzung darstellen.

Strategische Analyse: Die richtigen Fragen stellen

Ausgangslage jeder strategischen Arbeit ist eine umfassende Innen- und Außenbetrachtung, die durch eine Unternehmensanalyse und Umfeldanalyse erfolgt. Ein Unternehmen, das sich mit dem Thema seiner strategischen Positionierung in Markt und Wettbewerb sowie mit der Gestaltung seiner längerfristigen Zukunft befasst, hat seine internen Stärken und Schwächen zu beurteilen. Ebenso unerlässlich ist die Außenbetrachtung, der Blick in die Situation auf den Beschaffungs-, Absatz- und Substitutionsmärkten, sowie die Interpretation von politischen, gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen für die Geschäftstätigkeit.

Die Harvard Business School entwickelte den »SWOT«-Bezugsrahmen, der eine große praktische Verbreitung erlangt hat.23 Die SWOT-Analyse stellt vier zentrale Fragen: Die ersten beiden zur Unternehmensanalyse, die zweiten beiden zur Umfeldanalyse. Sie lauten:

Sfür Strengths: Auf welchen Stärken setzt unser Business?

Wfür Weaknesses: Welche Schwächen hemmen die Entwicklung?

Ofür Opportunities: Welche attraktiven Chancen sind auszumachen?

Tfür Threats: Welche Gefahren könnten die Entwicklung behindern?

Dieses Basiswerkzeug zur Bestimmung der strategischen Ausgangslage bietet auf eine einfache Art eine übersichtliche Zusammenstellung der firmeninternen Stärken/Schwächen und der firmenexternen Chancen/Gefahren (Abbildung 3). Bei der Umfeldanalyse werden Marktentwicklungen, aber auch rechtliche, gesellschaftliche, technologische oder ökologische Trends für die Geschäfte des eigenen Unternehmens bewertet. Die Unternehmensanalyse beruht auf einer Selbsteinschätzung der eigenen Strategien, Strukturen, Systeme und Prozesse. Als Beurteilungsmaßstab werden die eigenen Leistungen mit denjenigen der führenden Konkurrenten verglichen um eine »objektivere Einschätzung« zu gewährleisten. Zwei zentrale Folgefragen ergeben sich: (1) Welche Umfeldchancen lassen sich mit den verfügbaren Unternehmensstärken besonders nutzen? (2) Wie können die vorhandenen Stärken eingesetzt werden, um Umfeldgefahren frühzeitig zu begegnen?

Abbildung 3: SWOT-Analyseraster

In den Anfängen des strategischen Managements konzentrierten sich Strategen besonders auf die Beseitigung von Schwächen. Auch heute noch herrscht in manch einem Unternehmen eine wahre Sucht nach »Selbstkasteiung«: Es werden Schwächen mit großer Akribie gesammelt sowie umfassende Maßnahmenkataloge daraus abgeleitet, um die festgestellte Situation zu verbessern. Doch diese Verbesserungen führen nicht immer zu merklichen strategischen Fortschritten, sondern oft nur zu einem Mitziehen mit einem Mittelmass, einem Status quo oder mit der Konkurrenz. Die Energien und Ressourcen des Managements und der Beschäftigten können effizienter und effektiver genutzt werden.24 Zuerst sind die Geschäftschancen ins Zentrum zu rücken, und dann sind die vorhandenen Stärken sukzessive immer weiter auszubauen. Erst in der Folge kommen die Schwächen ins Spiel: Dabei sind vor allem diejenigen Schwächen anzugehen, welche auf dem Weg in die Zukunft behindern.

Einschätzung

Die SWOT-Analyse ist ein bewährtes Instrument. Es bieten sich heute aktuellere, differenziertere Konzepte für die Analyse und die Positionierung des Geschäfts an.25 Zeitgemäße SWOT-Ansätze drehen die Reihenfolge der Fragestellungen um auf TOWS, um besonders zu betonen, dass bei erfolgreichen Strategien Markt- und Umfeldentwicklungen im Vordergrund zu stehen haben. Die strategische Zukunftsgestaltung einzig auf einer klassischen SWOT-Analyse aufzubauen gilt heute als überholt. Wer es verpasst, die Einschätzung der Gegenwart und der Zukunft realitätsnah zu erfassen, vergibt sich Chancen. Die strategische Analyse hat ergebnisoffen, trendbezogen, kunden- und wettbewerbsorientiert sowie vor allem selbstkritisch zu erfolgen. Eine professionell und selbstkritisch realisierte SWOT-Analyse ist ein »Reality Check« für das Unternehmen.

Strategische Planung: Die richtige Arbeitsmethodik

Viele Wissenschaftler, Berater und Unternehmensplaner haben zu diesem Thema eine Fülle an Vorgehensschemen und Phasenmodellen entwickelt. Betrachtet man die vielen Vorgehensvorschläge nebeneinander, so verwischen sich die Unterschiede, und man stellt fest, dass die Begriffsetiketten immer wieder gleiche Inhaltsschritte benennen.

Folgende Phasen lassen sich bei der strategischen Planung grundsätzlich unterscheiden (Abbildung 4):

»Strategische Ausgangslage«

In der ersten Phase werden die Daten und Informationen zur Strategieentwicklung zusammengetragen. Wo steht man? Dies ist der Zeitpunkt, in dem man seine strategische Performance mit denen der Konkurrenten vergleicht, aber auch mit den Anforderungen und Wünschen der Kunden und mit den gesteckten Zielen. Häufig eingesetzte Instrumente sind die SWOT-Analyse oder Porters »Fünf-Kräfte-Schema«. In dieser Phase werden die konkreten strategischen Fragen und Herausforderungen für das Geschäft entwickelt.

»Strategieformulierung«

Die Strategieformulierung befasst sich mit der Frage: »Was gibt es in Anbetracht der Ausgangslage zu tun?« Hier werden die strategischen Fragen der strategischen Ausgangslage beantwortet: Vor welchen attraktiven und welchen negativen Entwicklungen steht unser Business? Was muss getan werden? Welche attraktiven Geschäftschancen sehen wir? Was wollen wir erreichen? Was müssen wir dafür alles unternehmen?

»Strategieimplementierung« (Umsetzung, Realisierung, »Alignment«)

Die Realisierung konzentriert sich auf das Herunterbrechen der strategischen Globalziele auf die organisatorischen Einheiten und Schlüsselpersonen. Die Umsetzung der Strategie geschieht mithilfe von Programmen, Initiativen, Budgets, Maßnahmenplänen und umfassender Kommunikation an die Betroffenen. Auch die benötigten Ressourcen (Personal, Maschinen, Zeit, Finanzen) sind zu bestimmen.

»Strategie-Controlling« (Aktualisierung, Evaluation, Strategierevision)

Hier wird verglichen, ob die Strategieziele zu den gewünschten Ergebnissen geführt haben und Fortschritte werden bewertet. Betrachtet man die Planung zirkulär, startet hier der gesamte Prozess erneut.26

Abbildung 4: Strategieplanung – Modell der Harvard University27

Zielsysteme: Shareholder Value versus Stakeholder Value

Shareholder Value

Es gibt kaum eine Zielgröße, die seit den 80er-Jahren so viel Aufmerksamkeit bekommen hat wie der Shareholder Value. Diskussionen über seinen Stellenwert im Bereich der strategischen Führung werden heute noch kontrovers in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft geführt.

Wörtlich heißt Shareholder Value »Aktionärswert« (Aktionärsvermögen, Unternehmenswert, Marktkapitalisierung). Er ist, präziser formuliert, der Marktwert des Eigenkapitals eines Unternehmens. Mathematisch ist er die Summe aller diskontierten Zahlungsströme (Eingänge/Ausgänge) abzüglich des Fremdkapitalwerts. Zum gleichen Ergebnis gelangt man, indem man alle gegenwärtigen und zukünftig erwarteten Gewinne und Ausschüttungen aufaddiert.

Dieser Wert wird von Führungskräften, Investoren und Finanzfachleuten als einer der Schlüsselindikatoren für den Erfolg des Managements interpretiert. Eine erfolgreiche Führungsarbeit erhöht den Aktien- beziehungsweise Unternehmenswert und kann so einfach auf eine einzige Kennzahl (Aktienrendite) reduziert werden. Insbesondere die Vertreter des Value-based-Managements fordern, dass sich die Unternehmensleitung bei all ihren Aktivitäten mit Vorrang auf die Erhöhung des Unternehmenswertes zu konzentrieren habe. Der Shareholder Value klärt den Unterschied zwischen rentablen und unrentablen Geschäften. Damit liefert er auch eine einfache strategische Handlungsregel: Geschäfte, welche den Shareholder Value reduzieren, sind abzustoßen; Geschäfte, die ihn erhöhen, sind nachhaltig auszubauen.

Alfred Rappaport, der das Konzept in den 80er-Jahren als Leitstern für eine professionelle Unternehmensführung propagierte, fordert, dass die Dividenden (oder der Aktienkurs) die Kosten für das Fremdkapital übertreffen müssen.28 Der Eigentümer eines Unternehmens geht höhere Risiken ein als derjenige, der in festverzinsliche Anlagewerte (zum Beispiel: Bonds) investiert. Wird dieses Zusatzrisiko nicht besonders entschädigt, wäre es sinnvoller, die investierten Mittel abzuziehen und die frei werdenden Mittel direkt im Kapitalmarkt anzulegen.

Radikal handelnde Finanzspezialisten trimmen Unternehmen nach dem Shareholder-Value-Konzept. So realisieren sie kurzfristig Höchstrenditen, was natürlich auf Kosten der längerfristigen Substanz eines Unternehmens geht. Radikalkuren können zur Auflösung ganzer Abteilungen, zur Knebelung von Zulieferern, zur Unterlassung notwendiger Investitionen, zur Reduktion von Forschungs- und Entwicklungsbudgets oder zur Veräußerung von später benötigten Substanzwerten für Erweiterungen und Wachstum führen. Ein einseitig nach dem Shareholder Value geführtes Unternehmen unterliegt der Versuchung seine strategische Zukunft auf Spiel zu setzen.

Stakeholder Value und Shared Value

Ein Unternehmen, das heute offen zugibt, gewinnorientiert zu handeln, macht sich verdächtig. Es setzt sich dem Vorwurf aus, eigennützig, ja rein kapitalistisch zu handeln und seiner sozialen Funktion für das Gemeinwohl nicht nachzukommen. Eine Alternative zum (zu) eng renditeorientierten Shareholder Value ist der »Stakeholder-Ansatz« (Anspruchsgruppen-Ansatz) und der »Shared Value-Ansatz«.

Stakeholder sind interessierte Kreise, die an der längerfristigen Entwicklung des Unternehmens interessiert sind. Hierzu gehören Anspruchsgruppen wie Mitarbeiter, Kapitalgeber, Lieferanten, Handelspartner, Gewerkschaften oder Kunden, aber auch die Kommune oder der Staat. Die strategische Ausrichtung konzentriert sich nicht nur auf die Interessen der Eigentümer oder Anteilseigner, sondern trägt den multiplen Ansprüchen im Umfeld des Unternehmens Rechnung. Das strategische Management muss es verstehen, die Interessen der verschiedenen Anspruchsgruppen in Einklang mit der Geschäftsentwicklung zu bringen. Dies bedingt eine längerfristig orientierte, umsichtige Führung, welche in Balance mit dem sozialen, ökonomischen, technologischen und ökologischen Umfeld steht.

Das »Shared-Value-Konzept«, welchem sich nicht nur Nestlé verpflichtet hat, sondern auch andere multinationale Konzerne, wurde durch den Harvard-Professor Michael Porter lanciert.29 Gemäß seiner Auffassung sollte sich der Zweck eines Unternehmens nicht im Erzielen eines Gewinns erschöpfen, sondern in der Erbringung »gesellschaftlicher Werte« (Shared Values). Beispiele dafür sind die Bemühungen Coca-Colas um einen haushälterischen Umgang mit Wasser, Vodafones Angebot sehr günstiger Mobiltelefone für weniger zahlungsfähige Kunden oder Wal-Marts Bestrebungen zur Reduktion von Verpackungsmaterial und Abfall.

Strategisches Verhalten: Anpassen oder Gestalten

Strategischer Fit: Wenn alles zusammenpasst

Für den Strategieexperten Igor H. Ansoff ist es eine Erfolgsvoraussetzung, die zentralen Elemente eines Unternehmens auf seine strategische Ausrichtung zu koordinieren. Passen beispielsweise die Strukturen und Prozesse nicht zur beabsichtigen Strategie, dann ist eine wirkungsvolle Umsetzung per se ausgeschlossen. Analog gilt dies auch für die Kulturseite: Stehen die Führungskräfte und Mitarbeitenden nicht hinter der strategischen Ausrichtung, wird eine erfolgreiche Umsetzung kaum möglich. Ansoff spricht hier von einem »unternehmensinternen strategischen Fit« (internal strategic fit) als unbedingte Erfolgsvoraussetzung für eine effektive Strategieumsetzung.

Dieser interne Fit allein genügt für den nachhaltigen Strategieerfolg aber noch nicht. Was fehlt? Die Strategie muss selbstverständlich auch zu ihrem Umfeld passen und im Markt entsprechende Wirkungen entfalten. Beim »unternehmensexternen strategischen Fit« (external strategic fit) wird die Abstimmung der Strategie mit dem Markt und dem allgemeinen Umfeld angesprochen. Das Wichtigste aber ist, dass die Strategie zu den Kundenwünschen, der Marktentwicklung und dem allgemeinen Umfeld des Unternehmens passt. In der Sprache von Ansoff hat eine Strategie daher »doppelt zu passen«. Jede Strategie ist darauf zu überprüfen.

Strategisches Dehnen: Über die Gegenwart hinausdenken

Strategie muss in sich rasch verändernden Märkten den Charakter eines »Gummibands« haben. In einem dynamischen Umfeld heißt strategisches Denken, über das heutige Business hinauszudenken. Man hat sich bei strategischen Fragestellungen auch mit Entwicklungsalternativen (Szenarien) auseinanderzusetzen: Was könnte alles eintreten? Welche Chancen wären möglich anzupacken? Welche Zukunftsoptionen hat das Business in einer umfassenden Perspektive? Die Strategie-Denker Hamel und Prahalad sprechen hier vom »strategischen Dehnen« (strategic stretch), dem über das heute Existierende Hinausdenken.30

In der Vorstellung des »Strategic Stretch« hat sich Strategie nicht nur an den heute vorhandenen Möglichkeiten, wie den jetzigen Stärken, nutzbaren Fähigkeiten und vorliegenden Ressourcen zu orientieren. Das strategische Denken soll durch die heutige Situation nicht eingeengt werden. »Dehnt« man die Strategievorstellung, so gilt es das Alltägliche, Gewohnte und Normale zu überwinden, um einen echten strategischen Sprung zu machen. Google, Toyota, Sony, IBM, Fujifilm oder Amazon sind Erfolgsbeispiele für Unternehmen, die über das Normale in ihrer Branche hinwegdachten. Sie alle haben sich von innen heraus umfassend verändert und neue Positionen im Wettbewerb eingenommen. Ihr Strategic Stretch entfachte zudem eine hohe innere Motivation der Führungscrew und der Mitarbeitenden. So waren sie in der Lage, selbst etablierte Wettbewerber von ihren dominanten Positionen zu verdrängen (Beispiel: Honda gegen GM). Dank ihrer konsequenten Ausrichtung aller Aktivitäten an maximaler Effizienz (Produktivität) schafften sie es, Marktführer zu überholen, auch wenn diese über größere finanzielle Mittel verfügten. Hamel und Prahalad sprechen hier von einer strategischer Hebelwirkung (strategic leverage), da die Strategie dazu führt, dass die notwendigen Ressourcen und Fähigkeiten frühzeitig etabliert und strategiefokussiert genutzt werden. Das Unternehmen muss sich also nicht nur an seine Märkte und sein Umfeld anpassen (Fit), sondern insbesondere neuere Entwicklungen, interessante Trends und attraktive Innovationen aufgreifen. Strategie muss »vorausdenken« (Stretch) und die vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen im Sinne der neuen strategischen Ambition mit immer höherer Effizienz und Effektivität nutzen (Leverage).

Strategic Intent: Die Zukunft visionär gestalten

Mit dem Konzept des »Strategic Intent« (strategische Absicht) empfehlen die beiden Strategieexperten, eine wirklich radikale Zukunftsvision für das Geschäft zu entwerfen.31 Diese soll eine Zukunft des Geschäfts skizzieren, wie sie heute für das Unternehmen noch nicht existiert, aber durchaus im Bereich des Möglichen liegen könnte. Der »Strategic Intent« soll ein großer Schritt für die Zukunft des Business werden. Diese Sichtweise zwingt das Management und die Entscheidungsträger, über ihren Geschäftsalltag und das Gewohnte hinauszudenken. Diese Vision soll wie ein unwiderstehlicher Traum wirken, der den inneren Antrieb beflügelt.

Das Konzept des »Strategic Intent« führt die oft zu bunten Imagebroschüren verkommenen Vision- und Mission-Statements vieler Unternehmen wieder zurück auf ihren eigentlichen Zweck. Ihre Inhalte sollten echt, originär, knackig und griffig sein (und nicht nur vage, unverbindliche Aussagen enthalten). Die beiden Strategen legen damit den Finger auf eine der Wunden des strategischen Managements, welches in vielen Chefetagen zu einem unliebsamen Ritual verkommen ist. In manchem Unternehmen ist die Prozedur der Strategieentwicklung wichtiger geworden als sein Inhalt. Strategien müssen wieder origineller werden. Strategien benötigt man nicht zur Zukunftssicherung, sondern vor allem zur Gestaltung einer attraktiven Zukunft.

Strategisches Fenster: Raus aus der Komfortzone

Menschen brauchen Routinen (Gewohnheiten) zur Bewältigung des Alltags. Führungskräfte machen davon keine Ausnahme, vor allem dann, wenn sie mit ihren bisherigen Strategien erfolgreich unterwegs sind. »Was soll man schon ändern, wenn’s gut läuft?« kann eine gefährliche Aussage sein. Gerade wenn man sich in einer derartigen Komfortzone befindet, kann dieses Verhalten geschäftsgefährdend sein. Langfristiger und nachhaltiger Erfolg führt zur strategischen Bequemlichkeit: Man glaubt, aus einer Position des Siegers jederzeit rasch und konsequent handeln zu können.

Die Schweizer Uhrenindustrie ist ein gutes (negatives) Beispiel, wie Veränderungen zwar erkannt, ihre negativen Konsequenzen aber von den Führungskräften, die es sich in der strategischen Komfortzone bequem machten, heruntergespielt wurden. Diese Fehlinterpretation führte in den 70er-Jahren beinahe zum Kollaps der gesamten Schweizer Uhrenindustrie. Billige Digitalzeitmesser aus Fernost überschwemmten in der »Quarzkrise« die Welt, obwohl das Patent zuerst den Schweizern angeboten wurde. Das gesamte damalige Geschäftsmodell der schweizerischen mechanischen Uhren wurde durch die asiatischen Elektronikzeitmesser revolutioniert.

Strategische Bequemlichkeit in der Komfortzone des Erfolgs zeigte auch der amerikanische Kodak-Konzern. Seine marktbeherrschende Stellung im Film- und Fotobusiness ist Vergangenheit. Viel zu lange begriff die Kodak-Geschäftsleitung nicht, dass Filmrollen und Papierbilder ihre goldenen Zeiten hinter sich haben. »Bits und Bytes können doch Papierbilder nicht ersetzen!«, dachten sich die Entscheider. Doch das analoge Fotogeschäft schrumpfte bis zur Marginalie, und Kodak verpasste den boomenden Markt des digitalen Fotogeschäfts. Diese strategische Blindheit aufgrund vermeintlicher Stärke und Marktdominanz behindert die Innovationsdynamik. Sie würgt selbstreflektierende, selbstkritische und kreative Ideen ab. Und sie bremst die Bereitschaft sich auf den Wandel einzulassen. Der einstige Chefstratege von General Electric und Professor für strategisches Management, Noel Tichy, empfiehlt, dass man sich in im Voraus festgelegten Perioden der ungeschminkten Realität stellen soll, um Risiken abzuwenden und um frische Geschäftschancen nicht zu verpassen.32

Strategische Führung ist kein einmaliger Akt, bei dem man einmal einen strategischen Plan entwirft und sich dann um dessen Realisierung kümmert. Strategie ist ein Prozess. Steht eine Strategie, so kann diese nicht ohne laufende Adaption über Jahre immer weiter verfolgt werden. Je nach Markt, Konkurrenzsituation und Geschäft unterliegen auch aktuelle Strategien dem permanenten Zerfall (strategic decay).33 Daher sind sie in Bezug auf ihre Aktualität und Relevanz immer wieder kritisch zu hinterfragen. Zudem ist der Stress des Tagesgeschäfts für viele Führungskräfte heute dermassen hoch, dass die wichtigen, aber längerfristigen und daher leicht verschiebbaren Strategiethemen oft viel zu lange liegenbleiben.

Gary Hamel ist in seinen Arbeiten diesem strategischen Zerfall auf der Spur. Der Zerfall von Strategien führt seines Erachtens dazu, dass suboptimale, nicht mehr passende oder gar obsolete Strategien zu lange in Unternehmen gültig bleiben. Jede noch so brillante Geschäftsidee unterliegt einem Alterungsprozess. Strategien verlieren ihren Biss und ihr Drehmoment, führen zu schlechteren Geschäftsergebnissen und nutzen die Ressourcen (Personen, Zeit, Material, Finanzen) suboptimal.

Um dem strategischen Zerfall entgegenzutreten, empfiehlt Gary Hamel, drei Fragen zu stellen, welche das Ablaufdatum einer Strategie besiegeln:34

Trotzt die Strategie den aktuellen Herausforderungen der Wettbewerber, indem sie auf eigene nachhaltig wirksame Wettbewerbsvorteile setzt? Ist sie noch die Basis für außerordentliche finanzielle Erfolge?

Sinkt die Aktualität und Bedeutung der Strategie aufgrund eines neuen politischen, sozialen, technologischen oder ökologischen Prozesses?

Verlangsamt sich die positive Entwicklung der Schlüsselkennzahlen, die den strategischen Fortschritt messen (key performance metrics)?

Werden alle drei Fragen mit »ja« beantwortet, ist es höchste Zeit für eine umfassende Strategieaktualisierung (Strategie-Update, Strategy-Review).

Jede Strategie ist nur während einer bestimmten Zeitperiode passend. Derek Abell, Strategieexperte und Professor am IMD, einer führenden Business School im schweizerischen Lausanne, spricht hier vom »strategischen Fenster« (strategic window).35