Handbuch Zusammenarbeit mit Eltern - Xenia Roth - E-Book

Handbuch Zusammenarbeit mit Eltern E-Book

Xenia Roth

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Beschreibung

Dieses Handbuch macht Mut. Es lädt ein, die Chancen einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen pädagogischen Fachkräften und Eltern immer wieder neu zu entdecken. Diese Zusammenarbeit aufzubauen und zu gestalten, ist eine herausfordernde Aufgabe. Mit Blick auf faire Bildungschancen für alle Kinder ist ihr eine hohe Aufmerksamkeit zuzugestehen. Die Bildung und Erziehung eines Kindes ist ohne oder gegen seine Familie nicht machbar. Studien belegen, dass dort, wo der Austausch zwischen Elternhaus und Kindertageseinrichtung funktioniert, auch die pädagogische Qualität insgesamt höher ist. Eine gelingende Zusammenarbeit mit den Eltern stärkt alle Beteiligten - auch die Fachkräfte.

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Seitenzahl: 422

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Überarbeitete Neuausgabe 2022

(4. Gesamtauflage)

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2010

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlaggestaltung: Verlag Herder

Umschlagabbildung: Barbara Mößner

Fotos im Innenteil:

S. 16: © Okasana Kuzmina/AdobeStock, S. 27: © auremar/AdobeStock;

S. 81: © Daniel Jedzura/AdobeStock; S. 99: © Rido/AdobeStock;

S. 165: © JackF/AdobeStock; S. 256: © Kiattisak/AdobeStock

ISBN Print 978-3-451-38937-5

ISBN EBook (PDF) 978-3-451-82641-2

ISBN EBook (EPUB) 978-3-451-82647-4

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Innentitel

Inhaltsverzeichnis

Informationen zum Buch

Impressum

Inhalt

Vorwort

1Auf einen Blick: Erkenntnisse aus Forschung und Wissenschaft

2Grundverständnis der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

2.1Eine Begriffsklärung: Elternarbeit oder Bildungs- und Erziehungspartnerschaft?

2.2Bildungs- und Erziehungspartnerschaft: Basis für gelingende Erziehungs- und Bildungsprozesse in der Kita

2.3Die pädagogische Fachkraft: verantwortlich für die Gestaltung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

2.4Voraussetzungen für ein Gelingen der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

2.4.1Respektvolle Haltung und Wertschätzung

2.4.2Orientierung an Transparenz

2.4.3Vorurteilsbewusste Haltung – auf dem Weg zu inklusivem Handeln

2.4.4Sensibilität für ethnische und soziale Kulturen

2.4.5Ressourcenorientierte Haltung

2.4.6Dialogische Haltung

2.4.7Bereitschaft zur Selbstreflexion

2.4.8Wissen um systemische Denk- und Arbeitsansätze

2.4.9Mindeststandards für die Zusammenarbeit mit Eltern

3Rechtliche Grundlagen der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

3.1Verankerung im Bundesrecht

3.2Für die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft bedeutsam das Sozialrechtliche Dreiecksverhältnis

3.3Der Betreuungsvertrag – rechtliche Basis für die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft in der Einrichtung

3.4Rechtliche Verankerung der Partizipation von Eltern – Grundlage der Ausgestaltung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

3.5Bildungspläne der Länder – Grundlagen für die pädagogische Gestaltung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

3.6Exkurs: Datenschutz in Kindertageseinrichtungen

3.7Im Vergleich: Rechtliche Grundlagen der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft in der Schule

4Erziehungs- und Bildungspartner

4.1Pädagogische Fachkräfte

4.1.1Pädagogische Fachkräfte als Gestalter der Partnerschaft

4.1.2Pädagogische Fachkräfte und ihre Biografie

4.1.3Exkurs: Pädagogische Fachkräfte – die besseren Eltern?

4.1.4Das Rollenverständnis von Eltern und pädagogischen Fachkräften

4.2Eltern

4.2.1Erwartungen der Eltern an die Kindertageseinrichtung

4.2.2Eltern sind vielfach gefordert

4.2.3»Doing Family« – Familie leben als aktive Herstellungsleistung

4.2.4Im Blick: Väter

4.2.5Im Blick: Eltern anderer Kulturen

4.2.6Exkurs: Eltern mit Fluchterfahrungen

4.2.7Eltern als Beobachtende und Mitgestaltende einer guten Qualität

5Bedeutsame Situationen der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

5.1Der gemeinsame Beginn

5.1.1Bindung und Bindungsverhalten – Bedeutung für die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

5.1.2Das Aufnahmegespräch

5.1.3Die Gestaltung des Übergangs: Sich vertraut machen

5.1.4Exkurs: Marte Meo

5.2Formen der Zusammenarbeit mit einzelnen Eltern

5.2.1Die Dokumentation der Bildungs- und Erziehungsprozesse des Kindes

5.2.2Das Entwicklungsgespräch

5.2.3Tür-und-Angelgespräche

5.2.4Hospitationen der Eltern

5.2.5Hausbesuche

5.2.6Die Beachtung der Religion

5.3Formen der Zusammenarbeit mit Gruppen von Eltern oder der Elternschaft als Ganzes

5.3.1Pädagogische Dokumentation

5.3.2Elternbefragungen

5.3.3Der Elternabend

5.3.4Gesprächskreise für Eltern

5.3.5Elternberatung und Familienbildung

5.3.6Exkurs: Die Kita als Familienzentrum

5.3.7Eltern für die Mitarbeit gewinnen

5.3.8Strukturelle Elternmitwirkung: Die gewählte Elternvertretung

5.4Elternbeschwerden sowie Konflikte zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften

5.4.1Beschwerdemanagement

5.4.2Konfliktgespräche

5.4.3 Auseinanderliegende Vorstellungen zum Bildungsverständnis

5.4.4Weitere konfliktanfällige Situationen

5.4.5Eltern für die Nutzung von Fachdiensten gewinnen

5.5Der Übergang in die Grundschule

5.5.1Das Schulwesen als staatlicher Auftrag

5.5.2Aspekte, die die Verschiedenheit von Kindertageseinrichtung und Schule begründen

5.5.3Die Orientierung am Kind verbindet die Systeme Kindertageseinrichtung und Schule

5.5.4Bedeutsame Aspekte für die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft bei der Gestaltung des Übergangs

6Kinder als Gewinner einer gelungenen Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

6.1Kinder als Spiegel einer gelungenen Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

6.2Kinder als Beteiligte der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

6.3»Um ein Kind zu erziehen, bedarf es eines ganzen Dorfes«

6.4Das Bild vom Kind: zum frühpädagogischen Bildungsverständnis

6.5Im Blick: Kinder unter drei Jahren

6.6Im Blick: Kinder mit Behinderung

6.7Im Blick: Kinderschutz

Literatur

Verwendete Abkürzungen

Art.

Artikel

Abs.

Absatz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

GG

Grundgesetz

SGB VIII

Achtes Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe)

OECD

Organisation for Economic, Cooperation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)

PISA

Internationale Schulleistungsstudie: Das Akronym »PISA« wird in den beiden Amtssprachen der OECD unterschiedlich aufgelöst – englisch als Programme for International Student Assessment (Programm zur internationalen Schülerbewertung) und französisch als Programme international pour le suivi des acquis des élèves (Internationales Programm zur Mitverfolgung des von Schülern Erreichten).

Gestaltungselemente

Zusammenfassung des Kapitels

Zu Beginn eines jeden Kapitels bietet die Zusammenfassung einen Überblick zum jeweiligen Inhalt und verhilft zu einer schnellen Orientierung.

Fragen zur Selbstreflexion

Diese Fragen dienen der Reflexion. Sie können auch den Austausch unter den Kolleginnen und Kollegen des Teams befördern oder eine Grundlage für ein Supervisionsgespräch sein.

Anregungen für die Praxis

Hier werden Vorschläge und Ideen angeführt, die als Anregung verstanden werden, die Inhalte des Kapitels in die eigene Praxis zu übertragen.

Praxisbeispiele

Diese sollen dabei helfen, die Bedeutung der theoretischen Zusammenhänge für die Praxis nachvollziehen zu können.

Hintergrund

Hier werden bestimmte Aspekte fokussiert, z. B. Daten, Zahlen, Fakten zu einem Themenfeld.

Vorwort

Es lohnt die Anstrengungen: Chancen der Zusammenarbeit entdecken

Dieses Handbuch möchte Mut machen. Es lädt ein, die Chancen einer Zusammenarbeit mit Eltern, im Ideal verstanden als Bildungs- und Erziehungspartnerschaft, zu entdecken, gegebenenfalls auch immer wieder neu. Es lohnt die Anstrengungen auf beiden Seiten, wohl wissend, dass diese Kooperation von den jeweiligen Bedingungen einer Kita einrichtungsspezifisch und von den dort zusammentreffenden Menschen individuell geprägt ist.

Kommen die Erwachsenen miteinander klar, sind die Kinder entlastet

Eine gelingende Zusammenarbeit zwischen den pädagogischen Fachkräften einer Kindertageseinrichtung und den Eltern bzw. den Sorgeberechtigten trägt entscheidend dazu bei, dass die Kinder sich frei und offen all den Dingen zuwenden können, die von ihnen entdeckt werden wollen und die ihnen die Kindertageseinrichtung bietet. Sie können sich frei zwischen den Welten des Elternhauses und der Kindertageseinrichtung bewegen. Die Kinder bringen Erlebtes von der einen Welt in die andere, mischen beides und setzen ihre eigene Welt zusammen. Gelingt den Erwachsenen eine gute Zusammenarbeit, dann müssen Kinder nicht darauf achten, ob Loyalitäten verletzt werden; sie brauchen auf die Erwachsenen nicht acht zu geben, denn die kommen miteinander zurecht. Die Erwachsenen übernehmen die Verantwortung dafür, dass es dem Kind gutgeht, und unterstützen es – auf ihre je eigene Weise – in seiner individuellen Entwicklung. Und: Die Erwachsenen beziehen das Kind in diese Zusammenarbeit mit ein – es ist nicht Objekt ihres Handelns, es ist beteiligt, seinem jeweiligen Alter entsprechend.

Es ist ausschlaggebend, dass pädagogische Fachkräfte die Herausforderungen annehmen, die sich in der Zusammenarbeit mit Eltern stellen, weil eine gelingende Kooperation für die Kinder ein Gewinn ist und bei allen Beteiligten die Zufriedenheit erhöhen und sich auf den anspruchsvollen Kita-Alltag entlastend auswirken kann. Doch vielfach wird diese Zusammenarbeit immer noch als Belastung, Anstrengung oder lästiges Anhängsel bei der Arbeit mit den Kindern erlebt.

Eine gute Zusammenarbeit, das Ziel einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft vor Augen, entsteht nicht von selbst. Als Bild hilft vielleicht hier das Gärtnern: Es geht darum, eine Saat zu legen, damit Partnerschaft keimen kann; es geht um Pflege und Düngung, vielleicht sogar um einen Zuschnitt, wenn der kritische Diskurs im Vordergrund steht – immer getragen von dem Ziel eines guten Wuchses bzw. zahlreicher Blüten oder Früchte. Im Blick habe ich als Autorin das eigenständige Wachsen aller Beteiligten, also das Bild eines bunten, eigenwillig wilden Gartens, und nicht das Biegen, Ziehen und Wachsen auf Spur und Linie.

Anstrengend darf es übrigens auch manchmal sein. Denn hier handelt es sich um Anstrengungen, die uns ein Stück kräftiger werden lassen. Das Arbeiten an gelingenden Bildungs- und Erziehungspartnerschaften stärkt die Beteiligten. Eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern aufzubauen und zu gestalten ist als eine Entwicklungsaufgabe anzusehen. Ihr ist mit Blick auf faire Bildungschancen für alle Kinder eine hohe Aufmerksamkeit zuzugestehen. Diese Entwicklungsaufgabe respektiert, dass die Bildung und Erziehung eines Kindes ohne oder gegen seine Familie nicht machbar ist. Studien legen nahe, dass dort, wo der Austausch zwischen Elternhaus und Kindertageseinrichtung funktioniert, auch die pädagogische Qualität insgesamt höher ist (Viernickel 2009, S. 62; Sylva & Taggart 2010, S. 9).

Achtsam sein: in der Haltung des Respekts, des Dialoges, des vorurteilsbewussten und kultursensiblen Handelns

Deshalb geht es in diesem Handbuch zuerst einmal um eine Haltung und ein beständiges Üben in dieser Haltung – eine Haltung des Respekts, des Dialoges, des vorurteilsbewussten sowie kultursensiblen und dem Menschen zugewandten Handelns. Sich mit einer solcher Haltung auseinanderzusetzen, einen bewussten Umgang zu pflegen und ein reflexives Sich-Üben in dieser Haltung – das ist der rote Faden dieses Buches. Auch das Verstehen der Bedeutung einer guten Zusammenarbeit, das Wissen um Hintergründe und Zusammenhänge, wissenschaftliche Erkenntnisse und Diskussionen stellen eine hilfreiche Grundlage für das eigene Handeln dar.

Übrigens: Die Arbeit an der eigenen Haltung unterstützt nicht nur gelingende Bildungs- und Erziehungspartnerschaften mit Eltern, es ist dieselbe Haltung, die im pädagogischen Alltag professioneller Frühpädagogik mit Kindern gefordert ist und die im persönlichen Alltag eines jeden Menschen wertvoll sein kann. Zum Gelingen von Bildungs- und Erziehungspartnerschaften trägt die Aneignung von Wissen ebenso bei wie die Selbstreflexion des eigenen Tun und Erlebens. Es geht um Herz, Sinn und Verstand.

Inhalte der einzelnen Kapitel des Handbuches

Die Forschung nimmt mit der Entwicklung frühpädagogischer Studiengänge und einer stärkeren Akademisierung des Feldes auch im Themenspektrum der Zusammenarbeit mit Eltern immer breiteren Raum ein. Deshalb werden in Kapitel 1 empirische Erkenntnisse und Forschungen vorgestellt, die für die Zusammenarbeit mit Eltern von grundsätzlicher Bedeutung sind und damit eine Basis für das Verständnis der folgenden Ausführungen darstellen. Die Zusammenarbeit mit Eltern wird von dem Grundverständnis geprägt, mit dem die pädagogischen Fachkräfte einer Kindertageseinrichtung den Eltern begegnen – diesem ist dann das Kapitel 2 gewidmet. Es beginnt mit einer ausführlichen Begriffsklärung: Elternarbeit, Zusammenarbeit oder Partnerschaft? Die Zusammenarbeit mit den Eltern ist nicht nur ein pädagogischer Anspruch, sie ist auch als rechtlicher Anspruch der Eltern verankert. Kapitel 3 gibt einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Kapitel 4 nimmt dann die Erziehungs- und Bildungspartner in den Blick. Zunächst geht es um die pädagogischen Fachkräfte als verantwortliche Gestalter der Partnerschaft. Es folgt eine Annäherung an die Gruppe der Eltern, die – ihrerseits vielfältig in unserer modernen Gesellschaft gefordert – selbst Erwartungen und Ansprüche an die Kindertageseinrichtung haben. Pädagogische Fachkräfte haben in vielfältigen Situationen des Kita-Alltags die Möglichkeit, die Zusammenarbeit mit den Eltern zu gestalten und zu vertiefen. Eine Auswahl bedeutsamer Situationen stellt Kapitel 5 vor. Hier wird anhand der ausgewählten Beispiele verdeutlicht, wie das Grundverständnis einer gelingenden Bildungs- und Erziehungspartnerschaft konkretisiert, umgesetzt und erfahren werden kann. Gewinner einer gelingenden Zusammenarbeit der pädagogischen Fachkräfte und der Eltern sind die Kinder. Sie sind aber nicht Objekte, über die hinweg von den Erwachsenen bestimmt wird. Es geht hier schwerpunktmäßig um eine Sensibilisierung, Kinder als Subjekte, als Beteiligte dieser Partnerschaft zu sehen und angemessen einzubinden. Herausgehobene Aspekte hierzu finden sich abschließend in Kapitel 6. Ein Handbuch ist zum Nachschlagen gedacht. Es muss also nicht von vorne nach hinten gelesen werden, lassen Sie sich von Ihrem Interesse leiten. Verweise im Text führen Sie weiter und zeigen Zusammenhänge mit den anderen Kapiteln auf.

Das Handbuch Elternarbeit soll ein Beitrag sein, die Verantwortlichen und Beteiligten vor Ort, in der Zusammenarbeit oder auf dem Weg dorthin, zu unterstützen. So richtet sich das Buch an pädagogische Fachkräfte in der Praxis oder in Ausbildung, Leitungen, Eltern und ihre gewählten Vertretungen, Trägerverantwortliche, Fachberatungen sowie an in der Fortbildung, Supervision oder im Coaching Tätige.

Mit der vorliegenden überarbeiteten Neuausgabe erfolgt zum einen eine Aktualisierung, die der Vielzahl an aktuellen Erkenntnissen aus Theorie und Praxis Rechnung trägt, seit der letzten Bearbeitung im Jahr 2014 zutage getreten sind. Zum anderen wurden zentrale Aspekte vertieft, so zum Beispiel die strukturelle Elternmitwirkung der gewählten Elternvertretung, und es wurden ganze Themenblöcke neu aufgenommen, wie etwa das Kapitel zur Forschungslage im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Eltern.

In diesem Handbuch werden bewusst die weibliche und männliche Form oder der besseren Lesbarkeit wegen neutrale Begriffe gewählt. Wir benötigen in der Frühpädagogik dringend eine stärkere Einbindung männlicher Erfahrungen, sei es durch männliche Fachkräfte, die Väter der Kinder oder andere männliche Personen, die sich in der Kindertageseinrichtung engagieren. Gerade in der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern ist die Genderthematik bedeutsam. Wird von Eltern gesprochen, dann sind andere Erziehungsberechtigte stets mitgedacht.

Eltern sind bildungsmächtige Personen

Die Familie ist die für Kinder entscheidende Bildungsstätte. Eltern sind entsprechend bildungsmächtige Personen. Mit dem Eintritt in die Kindertageseinrichtung öffnen sich Eltern und Kinder einem öffentlich verantworteten Erziehungs- und Bildungsangebot. Dies geschieht freiwillig oder die Lebensumstände machen es erforderlich. Oft können Eltern die Kindertageseinrichtung nicht frei wählen – äußere Bedingungen schränken die Wahl vielfach ein. Dabei hat insbesondere die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr die Position von Eltern gestärkt. Eltern haben fachpolitische Bedeutung.

Eltern und Kinder wünschen sich, dass sie willkommen sind. Es gehört zum professionellen Berufsverständnis pädagogischer Fachkräfte, die Gestaltung von Beziehungen zu lernen – ein Leben lang. Das Handbuch soll dieses professionelle Verständnis stärken, unterstützen und begleiten.

Gerald Hüther, Neurobiologe und als solcher vielfältig engagiert, die gewonnenen hirnphysiologischen Erkenntnisse in Handlungspraxis zu vermitteln, bringt immer wieder den Dreiklang »Einladen – Ermutigen – Inspirieren« zu Gehör (Denkwerk Zukunft 2013). Das bedeutet:

Das Gegenüber zu ermutigen zeigt die Ernsthaftigkeit der Einladung. Ermutigen bringt zum Ausdruck, dass die Fähigkeiten und Stärken des Gegenübers gesehen werden. Ermutigung heißt auch, sich auf die Herausforderungen eines gemeinsamen Entwicklungsprozesses einzulassen.

Eine ermutigende Einladung auszusprechen gelingt nur, wenn die einladende Person inspiriert ist, um mit Überzeugung tätig zu werden. Sie ist sich sicher, vielleicht getragen von einer Vision, dass es sinnvoll ist, sich auf neue Beziehungen und Entwicklungsprozesse mit anderen Menschen einzulassen.

Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, den Frohmut und die Zuversicht, immer wieder ermutigende Einladungen auszusprechen und anzunehmen – im Zuge der anspruchsvollen Herausforderung der Zusammenarbeit mit den Eltern und dem Ziel einer fruchtbaren Bildungs- und Erziehungspartnerschaft.

1Auf einen Blick: Erkenntnisse aus Forschung und Wissenschaft

Die Forschung hat mit der Zunahme frühpädagogischer Studiengänge und einer stärkeren Akademisierung des Feldes auch im Themenspektrum der Zusammenarbeit mit Eltern ein größeres Gewicht bekommen. In diesem Kapitel werden empirische Erkenntnisse und Forschungen vorgestellt, die für die Zusammenarbeit mit Eltern von grundsätzlicher Relevanz sind und damit auch bedeutsam für die folgenden Ausführungen.

Die zusammenfassende Aufbereitung, die angesichts der Vielzahl an Studien und Veröffentlichungen keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, soll neugierig machen und dazu einladen, sich mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen auseinanderzusetzen und in die eigene Arbeit zu integrieren. Dabei ist stets zu beherzigen, dass es »vollkommen legitim [ist] und sogar unverzichtbar, dass kreative Praktiker den Umkreis des Beforschten überschreiten und auch mit ihren eigenen Erfahrungen und plausiblen Vermutungen arbeiten. Selbst da, wo Erkenntnisse der Forschung verfügbar sind, müssen sie von Praktikern immer kritisch und differenziert auf ihr eigenes Handlungsfeld bezogen werden« (Sacher 2017, S. 15).

Zwei zentrale, durchaus verallgemeinerbare Kriterien sind für Eltern Zeugnis einer guten Qualität einer Kindertageseinrichtung :

»Eltern sind grundlegend daran orientiert, dass in der Kita eine sichere Betreuung und ›gute‹ Entwicklung ihres Kindes gewährleistet ist. Der Maßstab ist dabei ihre eigene (familien- bzw. milieuspezifische) Vorstellung von einer wünschenswerten Entwicklung ihres Kindes.

Zum anderen sind Eltern grundlegend daran orientiert, dass die Kita keine ›Black Box‹ ist. Vielmehr soll sie ihnen, wenn sie dies wünschen, Einblicke in den Kita-Alltag sowie die Erfahrungen und Aktivitäten ihres Kindes gewähren. Diese positive Orientierung an Transparenz kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein und sich auf verschiedene Aspekte der Kita beziehen« ( Nentwig-Gesemann & Hurmaci 2020, S. 63; vgl. Kapitel 4.1).

Kita-Qualität aus der Perspektive von Eltern

Nentwig-Gesemann und Hurmaci, die in ihrer Studie »Kita-Qualität aus der Perspektive von Eltern« Gruppeninterviews mit Eltern geführt haben, konnten diese beiden Kriterien als »einen verbindenden Kern von Elternwünschen an die Kita herausschälen, die man als Kernkriterien für gute Kita-Qualität aus Elternsicht bezeichnen kann« (ebd., S. 64).

Es kann jedoch keineswegs von den Eltern als homogener Gruppe ausgegangen werden. Denn neben diesen beiden zentralen elternübergreifenden Anforderungen konnte das Forscherteam weitere grundlegende Vorstellungen und Erwartungen herausarbeiten, die verschiedenen Eltern(gruppen) zugeordnet werden können, die sich stark voneinander unterscheiden. Drei Typen werden beschrieben:

Beim ersten Typus wird die Kindertageseinrichtung »als Ort der Persönlichkeitsentfaltung und der beiläufigen Förderung von Individualität sowie der wechselseitig anerkennenden Beziehungen betrachtet« (ebd., S. 63). Für diese Gruppe der Eltern ist wichtig, »dass Kinder in der Kita experimentieren, sich selbst entfalten bzw. selbst bilden können und zu selbstbestimmten Persönlichkeiten werden« (ebd.). Sofern in der Beziehung zwischen Eltern und Fachkräften wechselseitige Anerkennung und Vertrauen bestehen, akzeptieren diese Eltern(gruppen) auch sehr unterschiedliche einrichtungsspezifische Orientierungen und Ausrichtungen.

»Im Zentrum des zweiten Typus … steht, dass Kinder sich in der Kita optimal entwickeln und leistungs- bzw. konkurrenzfähig werden sollen. In einer Interessengemeinschaft, in der Eltern als Expert*innen ihrer Kinder anerkannt werden wollen, arbeiten Eltern und Fachkräfte an der optimalen Förderung des Kindes und können dabei sogar konkurrieren. Kita wird hier als Ort der Entwicklungs- und Leistungsoptimierung sowie Ausgestaltung eines Förderbündnisses betrachtet« (ebd.).

»Im Zentrum des dritten Typus elterlicher Qualitätsvorstellungen steht schließlich, dass das Kind in der Kita sicher betreut und gut erzogen wird« (ebd.). Die familienspezifischen Erziehungsstile sollen in der Kooperation gewahrt werden und den Eltern ist »stark daran gelegen, möglichst wenig Kontrolle und Einfluss bei der Erziehung und Bildung ihres Kindes zu verlieren. Kita wird als Ort der Dienstleistung mit primärem Betreuungs- und Erziehungsauftrag sowie der Trennung zwischen familiärer und öffentlicher Sphäre betrachtet« (ebd.).

Gelingensbedingungen

Auch die folgende Erkenntnis gibt Antwort auf die Fragen »Wann kann es zwischen Eltern und Fachkräften zu einer Form der Kooperation kommen, die von Dialog und Vertrauen geprägt ist, und welche Gründe kann es geben, warum dies nicht gelingt?« (ebd.). Dabei zeigt sich, dass die Zusammenarbeit mit Eltern und der Anspruch einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft eine herausfordernde Aufgabe darstellen, die vielfältigen Bedingungen unterliegt und deren Erfolg nicht garantiert ist:

Es erweist sich als entscheidend, ob Fachkräfte »durch ähnliche … Milieuerfahrungen geprägt sind (z. B. das Bildungsmilieu oder kulturell geprägte Vorstellungen von Erziehung)« (ebd.; vgl. auch Kapitel 2.4.4) »und ihre Perspektiven auf die Kinder und die Bedeutung von Kita ohnehin weitestgehend kongruent sind« (ebd.). Sind ein solches Einvernehmen und Vertrauen nicht gegeben, »liegt also keine habituelle Übereinstimmung von Fachkräften und Eltern vor, muss gemeinsam eine Grundlage für die Kooperation erarbeitet werden« (ebd.). Entscheidend ist in diesem Fall, ob es Fachkräften und Eltern dann gelingt, sich über »Fremdes, Irritierendes, Unverständliches etc. zu verständigen und damit Vertrauen diskursiv herzustellen und zu sichern« (ebd.).

Vier Forschungsperspektiven

Cloos (2018, S. 214 ff.) unterscheidet vier Forschungsperspektiven im Themenfeld der Zusammenarbeit mit Eltern. Zu diesen vier Studienperspektiven sind nachstehend beispielhafte, für die pädagogische Arbeit in der Kita zentrale Ergebnisse aufgeführt:

Forschungsperspektive: Zusammenarbeit mit Eltern aus Sicht der pädagogischen Fachkräfte

Hier prägen der Blick auf die pädagogischen Fachkräfte und damit verbunden die Professionalisierung frühpädagogischer Praxis die Forschungsperspektive; Studien hierzu finden sich bereits seit Beginn der 2000er Jahre (Cloos 2018, S. 214 ff.):

Eine bundesweite, repräsentative DJI-Studie, an der sich 1.634 Kindertageseinrichtungen im Jahr 2012 beteiligten (Peucker u. a. 2017, S. 224f.), hat gezeigt, dass Fachkräfte der Zusammenarbeit mit Eltern einen hohen Stellenwert attestieren (ebd., S. 212). Der persönliche Kontakt mit den Eltern, bei dem das Kind im Zentrum steht (Eingewöhnung und Einzelgespräche), ist den Befragten am wichtigsten. Institutionelle Formen der Zusammenarbeit haben einen weniger hohen Stellenwert; die gewählte Elternvertretung ist an Entscheidungen, die den Kern der Kita betreffen, nur in wenigen Kindertageseinrichtungen einbezogen (ebd.). Die meisten Einrichtungen erreichen mit ihren Anstrengungen zur Zusammenarbeit alle Eltern, jede fünfte Einrichtung kann jedoch einen Teil der Eltern nicht erreichen und begründet dies in der Mehrheit mit Desinteresse der Eltern; allerdings zeigt sich auch, dass der Großteil der Einrichtungen der Ansicht ist, dass die Belastung der Eltern dafür verantwortlich ist (ebd.). Im Durchschnitt gehen die Einrichtungen davon aus, dass sie etwa 40 Prozent der Väter erreichen (ebd.).

Handlungsleitende Orientierungen in Teams

Viernickel und Kolleginnen haben im Rahmen der Auswertung von 15 Gruppendiskussionen drei spezifische handlungsleitende Orientierungen aufseiten der Fachkräfte in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Familien (Viernickel u. a. 2013, S. 133) herausgearbeitet:

Wertekernbasierte Teams orientieren sich »an grundlegenden pädagogischen Werten und Leitbildern« und legen »sehr viel Wert auf partnerschaftliches Miteinander mit den Familien«; sie orientieren sich an den Bedürfnissen der Familien (ebd., S. 135).

Umsetzungsorientierte Teams wollen die Vorgaben der Bildungspläne gut erfüllen und dabei von den Eltern unterstützt und anerkannt werden. Die Fachkräfte sehen sich als Expertinnen und Experten, die Eltern beraten. Sie entwickeln eine »Abwehr gegen vermeintlich überhöhte Erwartungen von Eltern aus dem Leiden daran, schon den eigenen Ansprüchen im Alltag nicht genügen zu können« (ebd., S. 140).

Distanzierte Fachkräfteteams, »in denen das jeweilige Bildungsprogramm einen negativen Gegenhorizont darstellt« (ebd., S. 141), betonen, dass Eltern »anspruchsvoll und fordernd« (ebd.) sind und nehmen sie »eher als Gegner oder Konkurrenten denn als Partner wahr« (ebd.), fühlen sich nicht hinreichend wertgeschätzt und empfinden die Zusammenarbeit als Belastung. Die Autorinnen der Studie interpretieren die vorgenommene Abwertung der Eltern als ein »Ventil«, »über das die Fachkräfte Dampf ablassen und in dem ihre kollektive professionelle Verunsicherung zum Ausdruck kommt« (ebd., S. 143).

Die Studien der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WIFF) geben einen Einblick in die Kompetenzen, die sich die pädagogischen Fachkräfte in der Zusammenarbeit mit Eltern zuschreiben. Die Ergebnisse einer Fachkräftebefragung (Beher & Walter 2012, S. 24 ff.) zeigen, dass sich pädagogische Fachkräfte im Austausch über die Entwicklung des Kindes und allgemein in der Zusammenarbeit mit Eltern sicher fühlen. Allerdings gilt dies nicht in Bezug auf die Öffnung der Einrichtung für Familien und die Schaffung von Partizipationsmöglichkeiten bei der Zusammenarbeit mit Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen oder Eltern mit erzieherischen Problemlagen.

Forschungsperspektive: Die Zusammenarbeit aus Sicht der Eltern

Eine zweite Gruppe empirischer Studien hat die Perspektiven von Eltern auf die Zusammenarbeit zum Gegenstand (Cloos 2018, S. 214, 218f.):

Hier sind die zu Beginn dieses Kapitels vorgestellte Studie von Nentwig-Gesemann und Hurmaci (2020) und ihre Ergebnisse zu nennen. Eltern ist gemeinsam, dass sie eine sichere Betreuung wünschen, die, orientiert an den eigenen Vorstellungen, eine gute Entwicklung ihres Kindes gewährleistet. Ebenso erwarten sie, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, Einblicke in den Kita-Alltag sowie die Aktivitäten ihres Kindes. Deutliche Unterschiede finden sich bei Eltern im Hinblick auf die inhaltliche Ausgestaltung des Kita-Alltags. Während eine Gruppe von Eltern stärker die Selbstbildung des Kindes fokussiert, betont eine andere Gruppe die Entwicklungs- und Leistungsoptimierung und für eine dritte Gruppe ist es wichtig, dass der familienspezifische Erziehungsstil gewahrt bleibt und in der Folge die Kita stärker als Dienstleitungsangebot gesehen wird.

In der Studie EDUCARE von Betz und Eunicke (2017) zu Leitbildern guter Kindheit konnte herausgearbeitet werden, dass sich Eltern, die einem kompetenz- und persönlichkeitsorientierten Habitustyp zugerechnet werden und einem ressourcenstarken Milieu angehören, als Expertinnen und Experten verstehen, die wissen, was für ihre Kinder gut ist. Sie orientieren sich an der »individuellen und einzigartigen Persönlichkeit des eigenen Kindes … und [entwerfen] im Austausch mit der Kindertageseinrichtung Pläne für die aktuelle und zukünftige Förderung«. Demgegenüber stehen Eltern mit geringen sozialen und ökonomischen Ressourcen, die nicht den Bedürfnissen des Kindes folgen, sondern versuchen, den durch die Expertise der Fachkräfte abgesicherten institutionellen Vorgaben von Kindertageseinrichtung und Schule zu entsprechen (ebd., S. 223).

Forschungsperspektive: Wie werden Eltern angesprochen?

Weitere Studien widmen sich weniger der Frage der Umsetzung der Kooperation, sondern werfen einen kritischen Blick darauf, wie Eltern in der Zusammenarbeit adressiert werden (Cloos 2018, S. 214, 219 ff.):

Zuschreibungen der Fachkräfte gegenüber Eltern

In einer Zusammenschau verschiedener deutschsprachiger und internationaler Studien werden »typische Muster des Sprechens über Familie und Darstellungsweisen von Eltern« (Betz, de Moll & Bischoff 2013, S. 73 in: Cloos 2018) herausgearbeitet. Da ist einerseits von ressourcenstarken, aktiven Eltern, also Eltern, die bildungspolitischen Erwartungen entsprechen, andererseits von hilfsbedürftigen Eltern, die diesen nicht entsprechen können, die Rede. Studien zur Adressierung von Eltern zeigen auf, »dass bildungspolitisch eine Differenz zwischen Elterngruppen hergestellt wird, die einerseits mit hinreichenden Ressourcen ausgestattet für ihre Kinder vielfältige Bildungsangelegenheiten arrangieren bzw. primär zuständig sind oder auf Basis geringen sozialen und ökonomischen Kapitals bei der Bildung und Erziehung der Kinder als besonders unterstützungsbedürftig ›markiert‹ werden« (ebd., S. 221).

Eltern zugleich Adressaten der Förderung

Ergebnisse des Projektes »Bildung im Elementarbereich« der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), in dem unter anderem Elterngespräche aus fünf Kindertageseinrichtungen daraufhin analysiert wurden, »wie im Sprechen über das Kind von Fachkräften und Eltern Positionen als Verantwortliche vollzogen werden« (Mai & Thon 2018, S. 45), weisen darauf hin, »dass politische Diskurse zur Intensivierung des Bildungsauftrags der Kita verantwortliche Positionen für alle Beteiligte bereithalten, die im Doing Responsibility verhandelt werden« (ebd., S. 49). Doing Responsibility wird verstanden als »artikulatorische Praxis, durch die die soziale Ordnung der Verantwortlichkeit hergestellt wird«, also, wer sich in welcher Weise für die Bildung des Kindes verantwortlich fühlt, wie ein Zusammenwirken von Eltern und Fachkräften erfolgt. Die Forscherinnen konnten herausarbeiten, dass Fachkräfte sich in »Differenzdilemmata« (Thon & Mai 2018, S. 126 ff.) wiederfinden. Sprechen Fachkräfte mit Eltern über die Bildung ihrer Kinder, fordert die jeweilige Wirklichkeit der Familien naturgemäß heraus, Unterschiede, Differenzen, zu beschreiben, zum Beispiel die Milieuzugehörigkeit oder ein Migrationshintergrund (ebd., S. 122 ff.); zugleich soll dieses Sprechen über Differenzen nicht defizitorientiert sein (ebd., S. 126), denn die Eltern wollen für eine Zusammenarbeit zur Förderung ihres Kindes gewonnen werden. »Über die Etablierung eines pädagogischen Verhältnisses zu den Eltern, in denen diese neben den Kindern zu Adressat*innen pädagogischen Handelns werden, werden die Möglichkeiten erweitert, das Problem sozialer Ungleichheit pädagogisch zu bearbeiten. Indem auch die Eltern im Interesse des Kindes lernen, erkennen und reflektieren sollen, können die Fachkräfte sozusagen ›über Bande spielen‹, um die Chancen des Kindes zu verbessern. Damit erweitert sich der Bildungsauftrag der Kita auf die Eltern« (ebd.; vgl. auch Kapitel 5.3.5).

Asymmetrien in der Zusammenarbeit fordern die Reflexion des eigenen Handelns

In exemplarischen Analysen wurden von Cloos und Kolleginnen (2018) auf der Basis von erhobenen Teamgesprächen in Kindertageseinrichtungen Widersprüche in der Erziehungspartnerschaft zwischen Symmetrie und Asymmetrie bei der Positionierung von Eltern herausgearbeitet: »Zum einen besteht die Möglichkeit, die Spannung zwischen Kindertageseinrichtung und Elternbelangen einseitig, hierarchisch und asymmetrisch aufzulösen, indem Eltern in einer hierarchischen Ordnung ausschließlich als Empfangende z. B. von Ratschlägen platziert und diesen keine eigene Perspektive und auch keine Expertise über ihr Kind zugesprochen wird« (ebd., S. 220), oder die Fachkräfte sehen ihren primären Auftrag darin, sich völlig in den Dienst der Eltern zu stellen und deren Belange zu antizipieren im Sinne einer uneingeschränkten Dienstleistung (ebd., S. 68). Eine Dialogorientierung ist in beiden Fällen ebenso wenig rekonstruierbar wie der Anspruch, Eltern in Bewertungs- und Erziehungsprozesse einzubeziehen (ebd.).

»Demgegenüber finden sich Teamgespräche, in denen Eltern als Ebenbürtige positioniert werden; hier werden sie in ihrer ›Andersartigkeit‹ anerkannt« (ebd., S. 69). Symmetrie sei hier nur möglich, so Cloos, »weil die Sphären zwischen Familie und Kindertageseinrichtung klar getrennt und Verantwortlichkeiten nicht geteilt, sondern unterschieden wird und Eltern und Fachkräfte nicht konkurrieren« (ebd.). Damit findet jedoch auch kein »ebenbürtiger Diskurs oder ein ko-konstruktiver Dialog oder eine tatsächliche Zusammenarbeit« statt (ebd., S. 71). Cloos und Kolleginnen kommen zu dem Schluss, dass die in einer angestrebten Zusammenarbeit mit Eltern »eingelagerten Spannungsfelder … nicht reflexiv bearbeitet werden« (ebd.). »Vor dem Hintergrund der großen Erwartungen an pädagogische Praxis sollte damit auch in den Blick geraten, dass sie … immanente Spannungsfelder und Widersprüche zu ihrem Arbeitsgegenstand macht … und eine Reflexivität im Umgang mit den Spannungsfeldern, Widersprüchen und Paradoxien« (ebd.) einfordert.

Forschungsperspektive: Bildungs- und Erziehungspartnerschaft – Anspruch und Wirklichkeit

Weitere Studien erkunden Widersprüche zwischen dem Anspruch an eine Zusammenarbeit und dem konkreten Vollzug und reflektieren die damit verbundenen professionellen Herausforderungen (Cloos 2018, S. 214). Ergebnisse dieser Studien weisen zum Beispiel darauf hin, dass pädagogische Fachkräfte in Elterngesprächen den Eltern wenig Raum zum Sprechen und mitbestimmen geben und die Inhalte kontrollieren (ebd., S. 221 f.). Werden kulturelle Hintergründe nicht beachtet, verringern sich die Chancen für eine Elternbeteiligung (ebd., S. 222; vgl. auch Kapitel 2.4.4 & 4.2.5).

Betz und Kolleginnen sensibilisieren durch ihre Studien – z. B. die Auswertung der Bildungs- und Erziehungspläne der Länder (Betz & Eunicke 2017) oder die Analyse von Fachtexten (Betz u. a. 2017 a, b; 2019b, S. 87) – nachdrücklich, dass eine gute Zusammenarbeit mit Eltern oder das Ideal einer Erziehungs- und Bildungspartnerschaft nicht schon allein dadurch gegeben ist, wenn sie administrativ verordnet oder unhinterfragt sprachlich normativ gesetzt wird (Betz 2016, S. 6). Nachdrücklich weist Betz darauf hin, sich die Bedeutung von Dominanz- und Ungleichverhältnissen in der Zusammenarbeit mit Eltern bewusst zu machen (Betz u. a. 2019a, S. 174 ff.), wenn Eltern geschlechtsspezifische, ethnische oder soziale Identitäten zugeschrieben werden und entsprechend gehandelt wird. Es geht darum, sich der eigenen Macht als pädagogische Fachkraft in einer öffentlich verantworteten Einrichtung bewusst zu sein und den vielfältigen Erscheinungsformen des Machtmissbrauchs und seiner Versuchungen entschieden entgegenzutreten (vgl. Kapitel 2.4.3 und 2.4.4).

Eine bislang in Wissenschaft und Fachpraxis gleichermaßen wenig beachtete Perspektive, für die Betz und Kolleginnen sensibilisieren, ist die Rolle der Kinder in der Zusammenarbeit mit Eltern (Betz u. a. 2019a, S. 232; 2019 b, S. 19; vgl. Kapitel 6.2). Kinder sind Subjekte, auch in der Zusammenarbeit mit Eltern.

Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass zum konkreten Vollzug der Zusammenarbeit mit Eltern kaum tiefgehende empirische Studien vorliegen (Cloos 2018, S. 221), das gilt gleichermaßen für die tatsächlichen Wirkungen einer Zusammenarbeit. Der große konzeptionelle Freiraum, der den Fachkräften in Kindertageseinrichtungen gegeben ist, korrespondiert mit einer hohen fachlichen Verantwortung und bietet zugleich die Möglichkeit, die Zusammenarbeit mit Eltern vielfältig zu gestalten (Betz 2019a, S. 13).

Internationale Forschungsergebnisse

Ein Überblick zu Forschungsergebnissen aus internationaler Perspektive findet sich bei Pietsch u. a. (2010). Aus den gesichteten Studien, Konzepten und Projekten lassen sich folgende wirkungsvollen Elemente auf verschiedenen Ebenen herausfiltern (ebd., S. 75 ff.):

Systemebene: Bildungspläne sollten dazu dienen, die Zusammenarbeit zwischen pädagogischen Fachkräften und Eltern klar zu verankern.

Institutionelle Ebene: Eltern werden für die Zusammenarbeit in der Regel am besten in »integrierten Dienstleistungszentren« erreicht. Ein wichtiger Ausgangspunkt ist die Offenheit der Institution, die von vornherein den Eltern das Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt. Ein Leitbild gibt Orientierung für das Team und die Eltern. Ein hohes Maß an Flexibilität (Öffnungszeiten; die Möglichkeit, zeitnah Gespräche zu führen) und der Primat der Passgenauigkeit von Angeboten haben eine hohe Bedeutung. Spezifische Angebote sollten allen Eltern angeboten werden, damit keine Diskriminierungen entstehen. Offene Angebote sind wirkungsvoller als jene, die nur »auffällige« oder »schwierige« Familien ansprechen. Ein wirkungsvoller Faktor ist die Supervision der Fachkräfte.

Haltung der pädagogischen Fachkräfte: Wichtig sind Wertschätzung und Anerkennung der unterschiedlichen Familien und ihrer Form der Lebensbewältigung (ressourcenorientierte Sicht), zugleich das Angebot von Orientierung und konkreter Unterstützung. Dabei kann das Dilemma zutage treten, dass die Fachkraft auf der einen Seite über Wissen und Kompetenzen verfügt, andererseits die Familien zur Eigenverantwortung »empowern« soll; beständige Reflexion des eigenen Handelns und dabei die Reflexion eigener Familien- und Elternerfahrungen sind bedeutsam. Eine wichtige Voraussetzung ist das Zu-Gehen auf die Eltern (proaktives Handeln).

Ebene der Methoden: Die Studien zeigen, dass es keine »Wundermethoden« gibt, die für alle Eltern und Elterngruppen bedeutsam und wirkungsvoll sind. Eine Reihe von Arbeitsansätzen (Methoden) wird in den Studien als wirkungsvoll beschrieben, zum Beispiel werden Tür-und-Angelgespräche von den Eltern als Wertschätzung und hilfreich empfunden. Ein systematisierter, regelmäßiger, gut vorbereiteter Austausch über das Kind und seinen Entwicklungsstand spielt eine wichtige Rolle; diese Gespräche müssen von Gleichwertigkeit gekennzeichnet sein und möglichst ressourcenorientiert geführt werden.

Spezifische Zielgruppen: Faktoren, um sogenannte »schwer erreichbare Familien« zu gewinnen, sind unter anderem die Bekanntheit und Erreichbarkeit der Einrichtung (auch Kostenfaktoren), positive Erzählungen von anderen Eltern oder das Ansetzen an konkreten Lebenssituationen (Essen, Fahrdienste, Unterstützung bei Ämtergängen, Ausfüllen von Formularen). Transparenz des Vorgehens und der Ziele ist bei dieser Gruppe besonders wichtig, da durch negative Vorerfahrungen mit Behörden bzw. öffentlichen Institutionen oft Misstrauen herrscht.

Fragen zur Selbstreflexion

Welche Forschungserkenntnisse decken sich mit Ihren eigenen Wahrnehmungen und Erfahrungen, welche nicht?Gibt es Forschungserkenntnisse, die Anlass geben, Ihre eigene Praxis zu überdenken? Wenn ja, was sind Ihre nächsten Schritte?

Welche Beobachtungen und Erfahrungen machen Sie in Ihrer Praxis, die aus Ihrer Sicht bisher nicht oder nicht ausreichend vonseiten der Forschung und Wissenschaft in den Blick genommen wurden? Prüfen Sie, ob und welche Möglichkeiten Sie haben, Ihre Überlegungen weiterzugeben.

2Grundverständnis der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

Kinder, Eltern und pädagogische Fachkräfte sind sich gegenseitig ergänzende, unterstützende und bereichernde Konstrukteure kindlicher Bildungsbiografien. Verantwortlich für die Gestaltung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft sind die pädagogischen Fachkräfte. Sie schaffen die Grundlagen für den Austausch, den entsprechenden Rahmen, die Verbindlichkeit und die Struktur der Zusammenarbeit. Hinter der Herausforderung, die Beziehung und Zusammenarbeit mit den Eltern partnerschaftlich zu gestalten, steht der Anspruch an eine reflektierte innere Haltung der pädagogischen Fachkräfte. Dazu gehören Respekt und Wertschätzung des Gegenübers, Orientierung an Transparenz, eine vorurteilsbewusste und nicht-beurteilende Beziehungsgestaltung, ein ressourcenorientierter Blick, Sensibilität für ethnische und soziale Kulturen sowie die Bereitschaft zu Dialog, Diskurs und zur Selbstreflexion.

2.1Eine Begriffsklärung: Elternarbeit oder Bildungs- und Erziehungspartnerschaft?

Elternarbeit? Zusammenarbeit mit Eltern? Bildungs- und Erziehungspartnerschaft? Welcher Begriff trifft es am besten?

Fragen zur Selbstreflexion

Welchen Begriff verwenden Sie für die Zusammenarbeit mit Eltern? Vielleicht gebrauchen Sie auch mehrere?

Weshalb verwenden Sie diese Begrifflichkeit(en)? Haben Sie für sich eine Definition vorgenommen?

Verstehen alle im Team und die Eltern Ihrer Kindertageseinrichtung Ihren bevorzugten Begriff auf Anhieb?

Was verbinden die Kinder mit den von Ihnen und den Eltern verwendeten Begrifflichkeiten?

Welche Begriffe für die Zusammenarbeit mit Eltern finden sich in der Konzeption Ihrer Einrichtung?

Was ist für Sie zentral, wenn Sie an die Zusammenarbeit mit Eltern denken?

Mit der verwendeten Begrifflichkeit wird zugleich ein Inhalt oder ein Programm assoziiert, sowohl aufseiten der pädagogischen Fachkräfte als auch aufseiten der Eltern. Und sicherlich haben auch die Kinder Ideen, wenn Sie mit ihnen darüber sprechen, dass Fachkräfte und Eltern zusammenarbeiten. Es ist gut, sich damit auseinanderzusetzen, denn Assoziationen und Bilder, die Begriffe bei den Beteiligten heraufrufen, wirken sich auf ihr Verhalten und Handeln aus. Was für den einen inspirierend und wie eine Einladung klingt, führt beim anderen zu der Sorge, sich schützen zu müssen. Das gilt für alle Beteiligten: für Fachkräfte und Eltern – und die Kinder. Es geht also darum, sich mit den Inhalten und Assoziationen der verschiedenen Begriffe selbst auseinanderzusetzen, sie transparent zu machen, um dann diejenige Begrifflichkeit zu verwenden, die nützlich ist; den richtigen Begriff oder die richtige Definition gibt es nicht.

Begriffe und Definitionen: Elternarbeit

Auf den ersten Blick könnte man sagen: Früher hieß es Elternarbeit (vgl. auch Bernitzke & Schlegel 2004, S. 7 ff.), heute geht es um die Gestaltung einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft, heute wird Elternarbeit als Erziehungspartnerschaft verstanden (Dusolt 2018). Doch der Begriff der Elternarbeit wird auch weiterhin genutzt, hat aber eine Bedeutungsänderung in eine Richtung, die im Begriff der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft anklingt, erfahren.

Anhand von Definitionen aus früheren Veröffentlichungen zeigen Bernitzke und Schlegel (2004, S. 9f.), dass im Verständnis der Elternarbeit aus den 1980er Jahren eine eher belehrende Grundhaltung zum Ausdruck kommt (ebd., S. 9). Die Elternarbeit wurde überwiegend als Anhängsel der kindbezogenen Arbeit verstanden. Jedes Kind in der Kita hatte eben auch noch Eltern, die man ergänzend mit in den Blick nahm. Elternarbeit war so häufig nicht viel mehr als die verordnete Unterrichtung der Eltern über den Stand der Dinge (Bauer & Brunner 2006, S. 9): Termine der Kindertageseinrichtung, eher spontane unregelmäßige Rückmeldungen zur Entwicklung des Kindes, allgemeine Hinweise für alle Eltern. In diesem Sinne war traditionelle Elternarbeit über lange Zeit tatsächlich ein Stiefkind der Pädagogik. Schon der Begriff Elternarbeit lässt offen, ob die pädagogischen Fachkräfte an den Eltern arbeiten oder ob die Eltern für die pädagogischen Fachkräfte Einsatz zeigen. Elternarbeit als Engagement für die Einrichtung zeigte sich in diesem Sinne zum Beispiel in der Mitarbeit beim Sommerfest oder bei handwerklichen Einsätzen. Arbeiten die pädagogischen Fachkräfte dagegen ihrerseits mit oder an den Eltern, verweist dies deutlich auf eine asymmetrische Beziehung: Eltern werden zu Objekten einer Tätigkeit, die man an ihnen verrichtet. Im Begriff der Elternarbeit findet sich zudem der nicht selten zu beobachtende Wunsch der pädagogischen Fachkräfte, die Eltern zu erziehen, manchmal verbunden mit der unbewussten Hoffnung, den Kindern andere Eltern angedeihen zu lassen.

Eltern als Kunden

Eine gänzlich andere Perspektive findet sich im Verständnis von Elternarbeit, die Eltern als Kunden versteht und sich Anfang der 2000er Jahre entwickelt hat (Bernitzke & Schlegel 2004, S. 10 f.). »Elternarbeit in einem sozialen Dienstleistungsunternehmen zielt auf die Erhöhung der Kundenzufriedenheit ab; d. h. die Elternwünsche und Interessen werden erfasst und fließen in die Gestaltung des Betreuungsangebots ein« (ebd., S. 11); dies reicht hin zu »einer umfassenden Ausrichtung auf die Elternwünsche (›der Kunde ist König‹)« (ebd.). Während sich Anfang der 2000er Jahre, vor Einführung des Rechtsanspruchs ab dem ersten Lebensjahr, Kindertageseinrichtungen tatsächlich aufgrund zurückgehender Kinderzahlen einer Konkurrenz- und Wettbewerbssituationen gegenüber sahen, ist in einer Zeit, in der Eltern trotz bestehenden Rechtsanspruchs immer noch nicht selbstverständlich einen Betreuungsplatz erhalten, schon gar nicht zwischen unterschiedlichen Angebotsalternativen wählen können, dieses Verständnis von Elternarbeit jedoch eher selten anzutreffen.

Begriffe und Definitionen: Partnerschaft und Zusammenarbeit

Seit Anfang der 2000er Jahre findet sich verstärkt ein Verständnis von Elternarbeit, das »als elementarer Bestandteil der pädagogischen Arbeit … auf einer partnerschaftlichen, dialogischen Kooperation zwischen Eltern und der Einrichtung [beruht]« (ebd., S. 11). »Der Diskurs um Erziehungs- und Bildungspartnerschaften ist zwar neueren Datums«, schreibt Stange (2013, S. 26), »der dazu als Hintergrundfolie mitzudenkende reichhaltige Erfahrungsschatz der Elternarbeit in den Bildungsinstitutionen dagegen ist sehr alt.«

Die gemeinsame und zugleich geteilte Verantwortung rückt in den Vordergrund

»Mit dem Begriff der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft deutet sich ein Paradigmenwechsel an, da nicht mehr nur die einseitigen Aufgaben der Bildungsinstitutionen und ihres Personals in ihrem Bemühen um eine Einbindung der Eltern anklingen, sondern stärker die gemeinsam geteilte Verantwortung von Bildungseinrichtung und Eltern in den Vordergrund rückt. Vor allem betont dieser Begriff die Zieldimension von Kommunikation und Kooperation in der Elternarbeit, nämlich ein partnerschaftliches Verhältnis der Beteiligten, das sich durch vertrauensvolle Kooperation auszeichnet und Synergien schafft im gemeinsamen Bemühen um die Erziehung und Bildung der Kinder« (BMFSFJ 2021, S. 344 f.). Für Stange (2013, S. 27) ist »Erziehungs- und Bildungspartnerschaft … zunächst einmal schlicht eine besondere Ausprägung von Elternarbeit – nämlich deren positive Ausprägung. Der Begriff Erziehungs- und Bildungspartnerschaft verweist hier also auf die Zieldimension.« Zudem ist es »wichtig, dass neben den Eltern und der jeweiligen pädagogischen Bezugsinstitution noch eine Vielzahl weiterer Partner berücksichtigt wird: das gesamte sozialökologische Umfeld (der Sozialraum)« und weitere Organisationen und Personen, die im Bezug zu Kind und Familie stehen (ebd.). Der Begriff »Bildungs- und Erziehungspartnerschaft« bringt also das Ziel, den Anspruch an die Zusammenarbeit zum Ausdruck.

Bildungs- und Erziehungspartnerschaft – eine Zieldimension

Begegnung auf »Augenhöhe«?!

»Partnerschaft« beinhaltet zudem die Vorstellung einer grundsätzlichen Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung der Partner (Viernickel 2009, S. 60 f.); das ist damit gemeint, wenn es heißt, den Eltern »auf Augenhöhe« zu begegnen. Viele Eltern fordern heute mehr Mitsprache und sind aus unterschiedlichen Gründen an der frühen Förderung ihrer Kinder interessiert (Kobelt-Neuhaus 2011, S. 30 ff.). Eltern sind nicht Objekt des Handelns, sondern Beteiligte – auch, wenn die Art und Weise der Beteiligung eine weite Spannbreite zeigen können. Bei einer Begegnung auf Augenhöhe kann deutlich werden, dass manche Eltern eine enge Partnerschaft gar nicht wünschen, auch wenn sie sehr wohl an Informationen, einem Austausch und vor allem an gegenseitigem Respekt interessiert sind. Wieder andere Eltern zeigen überhaupt kein Interesse, dabei wäre es wünschenswert, mit ihnen im Interesse des Kindes in einen besseren Kontakt zu kommen. In diesen Fällen besteht die Anforderung, Zugänge zu den Eltern zu finden. Für die Zusammenarbeit mit Eltern ist, gerade wenn es um einen Kontakt auf »Augenhöhe« geht, der kulturelle Hintergrund bedeutsam. Ein gleichberechtigter Kontakt auf Augenhöhe ist von den Eltern erwünscht, die einen autonomieorientierten Hintergrund haben (vgl. Kapitel 4.2.5), da sie es gewohnt sind, auf diese Weise mit anderen Menschen zu kommunizieren. Für Eltern, die aus verbundenheitsorientierten Kulturkreisen kommen, kann dies irritierend sein, da sie keinen Kontakt auf Augenhöhe erwarten, sondern eher frühpädagogische Experten, die klare Aussagen treffen und quasi als Autoritätspersonen auftreten. (Borke & Keller 2014, S. 105 ff.).

»Zusammenarbeit« – das klingt sehr nüchtern, nach »Arbeit«, was es auch ist. »Partnerschaft« bringt zum Ausdruck, dass beide Seiten – Eltern und pädagogische Fachkräfte – »Partner« mit Blick auf die Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes sind. Das bedeutet, dass die »Bildungs- und Erziehungspartnerschaft« ganz unterschiedlich gestaltet sein kann, immer geht es um eine gute Zusammenarbeit mit den Eltern.

Immer geht es um eine gute Zusammenarbeit

Mit dem Begriff »Partnerschaft« wird die Beziehung zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften stärker in den Mittelpunkt gerückt (Prott & Hautumm 2004, S. 10 f.); sich partnerschaftlich verhalten, bedeutet

fair miteinander umzugehen,

Vertrauen zueinander zu haben,

sich der gemeinsamen Verantwortung bewusst zu sein.

Die Zusammenarbeit mit Eltern im politischen und fachlichen Diskurs

Die Zusammenarbeit mit Eltern und der Aufbau einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft haben im fachlichen und politischen Diskurs einen hohen Stellenwert. Dies spiegelt sich in vielfältigen Argumentationszusammenhängen wider, wenn es darum geht, die grundlegende Bedeutung der Familie zu benennen, den gestiegenen Stellenwert frühkindlicher Bildung herauszustellen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, präventiven Kindesschutz zu verfolgen oder ökonomische Betrachtungen hinsichtlich der Wirksamkeit erfolgreicher Familienbildung anzustellen (Cloos & Karner 2010; Stange u. a. 2013, S. 30 f.). Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Eltern wird bildungspolitisch als Standard gesehen.1 Es geht darum, wie das Verhältnis von familialer Erziehung und öffentlicher Kinderbetreuung mit Blick auf die Kinder gut gelingen kann (Cloos & Karner 2010; Liegle 2013).

Eine jahrzehntelange Zurückhaltung, die in der gesellschaftlichen Überzeugung bestand, dass sich Politik und Staat nicht in familiale Angelegenheiten einzumischen hätten, und wenn, dann nur im äußersten Fall der Kindeswohlgefährdung, ist in den vergangenen Jahren zunehmend aufgegeben worden (Berth 2011, S. 72 ff.). Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die ihnen obliegende Pflicht (Art. 6 Abs. 2 GG). Aufgabe der Gesellschaft und ihrer Institutionen ist es, Eltern zu unterstützen. Hier gründet das Ziel einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit. All dies geschieht zum Wohle der Kinder und im Hinblick auf eine höhere Chancen- und Bildungsgerechtigkeit (ebd., S. 172 ff.). Es geht darum, den pädagogischen Alltag so zu gestalten, dass bewusst wird, wie bedeutsam die Eltern für die Kinder sind. Der pädagogische Alltag im Rahmen einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft vermag von außen betrachtet möglicherweise gegenüber der traditionellen Elternarbeit keine auffällige Veränderung erfahren haben, aber die innere Haltung der Beteiligten zueinander hat sich wesentlich gewandelt (vgl. Kapitel 2.4).

Kritische Reflexion der Begrifflichkeiten erforderlich

Eine unreflektierte Verwendung dieses Begriffs verkennt, dass Eltern sich nicht gleich als Partner der pädagogischen Fachkräfte sehen können. Partnerschaft muss erst – auf Basis einer guten Zusammenarbeit – wachsen. Ebenso wird mit einer »Partnerschaft« schnell ein moralischer Anspruch verbunden. Es gehört zum Alltag in der Kindertageseinrichtung, dass manches Verhalten, auch wenn anders gemeint, von den Beteiligten als unfair erlebt wird. Vertrauen ist kein Selbstläufer. Eine vertrauensvolle Partnerschaft ist das Ergebnis eines längeren Prozesses und gemeinsam gegangenen Weges (Viernickel 2009, S. 61). Das schließt die Möglichkeit mit ein, dass es zwischen Eltern und Kindertageseinrichtung nicht zu einer Partnerschaft kommen kann.

Cloos und Kolleginnen (2020a, S. 40 ff.) zeichnen »Konturen« dieses Konzeptes, zu dessen Linien insbesondere Partnerschaftlichkeit, Ebenbürtigkeit und Ko-Expertentum gehören, aber auch die Hoffnung, gesellschaftsstrukturelle Problemlagen, wie soziale Ungleichheit, zu kompensieren (ebd., S. 41). Bildungs- und Erziehungspartnerschaft wird als ein »Professionalisierungsprojekt innerhalb des frühpädagogischen Feldes« (ebd.) betrachtet und »ist zugleich Ausdruck einer grundlegenden Transformation des Verhältnisses von öffentlicher und privater Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern« (ebd.). Entsprechend ergeben sich »immanente Wiedersprüche des Konzeptes« (ebd., S. 48), zum Beispiel »zwischen ExpertInnenstatus und Partnerschaft sowie zwischen Anerkennung und Intervention« (ebd.). Widersprüche gehören jedoch zum pädagogischen Alltag – zum Beispiel:

Eltern wünschen eine möglichst flexible Betreuung – den Kindern soll möglichst eine kontinuierliche Erfahrung mit den anderen aus ihrer Bezugsgruppe ermöglicht werden.

Eltern wünschen sich von der Kita eine gute Bildung für ihr Kind; vielleicht gerade dann, wenn sie bei sich selbst eigene Grenzen erfahren, ihren Kindern eine gute Bildung mitzugeben; zugleich tragen sie vielleicht die (berechtigte) Sorge mit sich, dass ein Bildungserfolg zu einer Entfremdung des Kindes von seiner Familie führt.

Es geht um die gemeinsame Anstrengung der Erwachsenen für das Kind

Das Konzept und der Begriff der »Zusammenarbeit« betonen, worum es geht: um die gemeinsame Anstrengung (Prott & Hautumm 2004, S. 11). Dies schließt das Gelingen gemeinsamen Handelns ebenso mit ein wie Fehlschläge und Misserfolge in der Zusammenarbeit. Pädagogische Fachkräfte und Eltern können Ziele und Aufgaben selbst bestimmen, miteinander festlegen und erfüllen. Zur Zusammenarbeit gehören auch Beteiligungsrechte der Eltern (ebd., S. 36). Eine solche Kooperation ermöglicht geteilte Erfahrung. Sie kann darin münden, dass die Zusammenarbeit als »Partnerschaft« von selbstbewussten Kooperationspartnern erlebt und gelebt wird.

Kobelt-Neuhaus (2011) macht verschiedene Formen der Partnerschaft aus, die sie folgendermaßen begrifflich fasst:

Erziehungspartnerschaft meint die gemeinsame Verantwortung von Eltern und pädagogischen Fachkräften für das Kind. Sie zeigt sich in einem dynamischen Kommunikationsprozess.

Bildungspartnerschaft bedeutet das Zusammenwirken von Bildungsorten, hier die Bildungsorte Kindertageseinrichtung und Familie. Dabei hat das gesamte sozialökologische Umfeld, der Sozialraum von Kindertageseinrichtung und Familie, auf dieses Zusammenwirken Einfluss (Stange u. a. 2012, S. 14 f.).

Kompetenzpartnerschaft beinhaltet, dass Familie und pädagogische Fachkräfte sich in ihren Kompetenzen ergänzen (kompensatorischer Ansatz), um den Kindern umfassend gerecht zu werden. Die Beteiligten bringen ihre Ressourcen in die Zusammenarbeit ein.

Elternarbeit mit dem Ziel einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

Welches Begriffsverständnis liegt nun diesem Handbuch zugrunde? Es geht um Elternarbeit in einem weiten Sinne der Themen und Facetten, die hier berührt sind, insbesondere aber getragen von dem Verständnis, dass es sich um »Arbeit« und nicht um etwas von vorneherein »Gegebenes« oder gar einen »Zustand« handelt. Ziel und Anspruch ist eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft, durchaus im Sinne eines Ideals, das Ansporn, aber nicht immer zu erreichen ist, und vor allem keinem festen Schema folgt, sondern von den Beteiligten im individuellen Fall oder einrichtungsspezifisch mit der Elternschaft als Ganzes erarbeitet und gestaltet wird. Im Kern geht es um eine kooperative Haltung gegenüber den Eltern.

Im Wissen um die geteilte Verantwortung für das Kind gestalten Kindertageseinrichtung und Eltern in gemeinsamer Abstimmung und in der Ausrichtung auf ähnliche Ziele die Erziehungs- und Bildungsthemen des Kindes, ohne dass damit die grundsätzliche Erziehungsverantwortung der Eltern infrage gestellt wird. Kooperation vollzieht sich somit auf der Grundlage eines gleichberechtigten Dialogs, selbst wenn dieser eher ein stummer ist.

Eine gelingende Bildungs- und Erziehungspartnerschaft ist für das Kind bedeutsam

Es geht darum, die Eltern so zu nehmen, wie sie sind. Ursächlich für diese Haltung ist das Wissen um die große Bedeutung der sich gegenseitig respektierenden Haltung von Eltern und pädagogischen Fachkräften für das Wohl des Kindes. Denn für das Kind sind die Eltern – wie immer sie sich ihm gegenüber auch verhalten mögen – die wichtigsten Personen. Ihre Eltern sind für Kinder existenziell: Sie haben ihm das Leben geschenkt. Auch in kritischen Eltern-Kind-Beziehungen, in denen das Kindeswohl gefährdet ist, geht es darum, die Beziehung zwischen Kind und Eltern durch Stärkung und Unterstützung der Eltern und deren Verantwortungsübernahme zu verbessern; die Trennung von Kind und Eltern ist ein erheblicher Eingriff in diese bedeutsame Beziehung, deshalb gut abzuwägen und daraufhin zu befragen, ob sich gelingende Wege der Elternstärkung finden lassen. Die Bindungsforschung belegt diese (lebens-)wichtige Beziehung. Eine gute Bindung zu den für das Kind bedeutsamen Menschen, in der Regel Mutter und/oder Vater, ermöglicht den Kindern, leichter und freier zu weiteren Personen Beziehungen einzugehen, zum Beispiel zu Großeltern, Nachbarn oder pädagogischen Fachkräften. Und für diese erweiterten Beziehungskonstellationen gilt: Kinder können sich umso freier ihre Welt zu eigen machen und diese erforschen, desto spürbarer die Erwachsenen an einem Strang ziehen oder sich zumindest respektieren und eine Kooperation anstreben. Die Kooperation der Erwachsenen miteinander, ihr gegenseitiger Respekt und ihre Wertschätzung wirken sich dergestalt positiv auf die Kinder aus, dass sie in Freiheit und Neugier der Welt begegnen, Erfahrungsschätze sammeln und von der Unterschiedlichkeit der Erwachsenen, die ihnen begegnen, profitieren können. Kurzum: Sie bleiben bildungsoffen. Die Kinder erfahren Bedingungen für eine ganzheitliche Bildung und Erziehung.

Elternarbeit mit dem Ziel, eine Erziehungspartnerschaft aufzubauen und zu gestalten, ist eine Entwicklungsaufgabe, die gerade im Hinblick auf faire Bildungschancen für alle Kinder eine lohnende Anstrengung ist (vgl. Kebbe & Reemen 2009, S. 122). Unter diesem Aspekt ist Elternarbeit bzw. eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern Arbeit an und mit den Kindern.

2.2Bildungs- und Erziehungspartnerschaft: Basis für gelingende Erziehungs- und Bildungsprozesse in der Kita

Ihren Bindungspersonen gegenüber reagieren Kinder besonders sensibel

Eltern sind die ersten und in aller Regel wichtigsten Bindungspersonen ihres Kindes. Damit sind die Eltern auch die wichtigsten Partner der Kindertageseinrichtung bei der Erziehung und Bildung der Kinder.

Jedes Kind reagiert auf individuelle Art und Weise auf jede einzelne Bindungsperson. Allen Bindungspersonen gegenüber ist es jedoch besonders sensibel. Auf der Seite der Erwachsenen wiederum hat jeder Erwachsene seinen ganz speziellen Zugang zum Kind und nimmt auf seine individuelle Art Einfluss auf das Bild, das sich das Kind von der Welt macht, indem er seine eigenen Erwartungen, Wünsche, Hoffnungen und Themen an das Kind heranträgt. Das Kind macht sich also nicht alleine ein Bild von der Welt, sondern es entwickelt sein eigenes Bild von der Welt in den für es wichtigen menschlichen Bezügen.

Erlebt ein Kind, dass seine Eltern respektiert werden, entwickelt es auch ein positives Bild von sich selbst

Die Wahrnehmung der Welt, eines Gegenstandes, einer Sache, eines Menschen wird mit geprägt von den persönlichen Beziehungen, in die ein Kind eingebunden ist. So ist Erziehung und Bildung als Prozess sowohl der sozialen Ko-Konstruktion zwischen dem Kind und den für es bedeutsamen Personen als auch der Erwachsenen untereinander zu verstehen (Kobelt-Neuhaus 2011, S. 120 ff.; Neumann 2010, S. 86 ff.). Es gehört daher zur Profession und der damit verbundenen Verantwortung, dass sich die pädagogischen Fachkräfte einer Kindertageseinrichtung zum einen bewusst sind, welche elementare Bedeutung Eltern und Herkunftsfamilie für das Kind haben, und zum anderen wissen, dass sie sich selbst mit ihrem eigenen Blick auf die Welt und ihrer Persönlichkeit in die Erziehung und Bildung der ihnen anvertrauten Kinder einbringen. In der Kindertageseinrichtung als Ort öffentlicher Erziehung und Betreuung muss die entscheidende Rolle der Bezugspersonen des Kindes beachtet werden: allen voran die Eltern und das familiale Umfeld, aber auch die fachliche Qualität und Persönlichkeitsbildung der pädagogischen Fachkräfte. Durch sie erfährt das Kind Respekt gegenüber seiner Person und damit für seine Identität. Je mehr das Kind erlebt, dass seine Eltern und die Kultur seiner Familie respektiert und geachtet werden, desto eher kann es ein positives Bild von sich und von sich in der Welt entwickeln. Dieses positive Bild bildet wiederum die Grundlage dafür, mutig und neugierig auf die Welt zuzugehen und sich diese zu erschließen – Basis jeglichen Bildungsgeschehens.

Kinder, Eltern und pädagogische Fachkräfte – Ko-Konstrukteure im Bildungs- und Erziehungsprozess

In einer gelingenden Bildungs- und Erziehungspartnerschaft sind Kinder, Eltern und pädagogische Fachkräfte sich gegenseitig ergänzende, unterstützende und bereichernde Konstrukteure kindlicher Bildungsbiografien. Die Grundlage hierfür liegt in der gegenseitigen Anerkennung und Wertschätzung. Dabei steht das Kind im Mittelpunkt; es ist Teil dieses Miteinanders.

Alle Akteure arbeiten an dem Projekt »Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes«. Sie sind integriert in eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Das Kind erlebt, dass Familie und Bildungseinrichtung gleichermaßen an seinem Wohl interessiert sind, einander wertschätzend begegnen und sich wechselseitig bereichern.

Die konkreten Formen der Kooperation zwischen Kindertageseinrichtung und Eltern bestehen dabei durchaus aus den klassischen Elementen der Elternarbeit wie Elterngespräche, Elternmitarbeit oder Elternabende, allerdings erfahren diese Formen mit der grundsätzlichen Haltung im Hinblick auf eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft eine neue Qualität in der Begegnung miteinander. Denn die Eltern sind Partner des Geschehens, ihre Gedanken und Ideen werden im Alltag der Kindertageseinrichtung berücksichtigt; sie sind Subjekte und nicht Objekte des Geschehens.