Heaven Official's Blessing - Light Novel, Band 02 - Mo Xiang Tong Xiu - E-Book

Heaven Official's Blessing - Light Novel, Band 02 E-Book

Mo Xiang Tong Xiu

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Beschreibung

Die Suche nach einem vermissten Himmelsbeamten führt Xie Lian in die gefährliche Geisterstadt. Dort trifft er natürlich auch auf ihren Herrscher, Hua Cheng. Doch das freudige Wiedersehen wird getrübt: Könnte sein Freund etwas mit dem Verschwinden zu tun haben? Hat er ihn zwar als charmanten San Lang schätzen gelernt und Zuneigung zu ihm gewonnen, eilt Hua Cheng jedoch ein schrecklicher Ruf voraus. Die Rettungsmission weckt böse Erinnerungen – und führt zu einer unerwarteten Begegnung mit einem Geist aus Xie Lians Vergangenheit …  Nach der Hitserie The Grandmaster of Demonic Cultivation die neue Light-Novel-Reihe von Mo Xiang Tong Xiu!

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Inhalt

Kapitel 16: Fragen über Xianle im Jile-Haus

Kapitel 17: Nächtliche Erkundung im Jile-Haus mit geborgtem Glück

Kapitel 18: Jile wird zu Erde und Fangxin kehrt zurück

Kapitel 19: Ein dämonischer Staatspräzeptor und das Blutbad beim Goldenen Bankett

Kapitel 20: Nanyang rast vor Wut und kämpft mit dem raffiniertenXuanheng

Kapitel 21: Überfall auf den Himmelspalast und eine kurze Begrüßung, die die Götter erschreckt

Kapitel 22: Die Würfel rollen um eines Einzigen Sicherheit willen

Kapitel 23: Was ist wahr und was ist falsch? Ein unlösbarer Konflikt

Kapitel 24: Im Nest des Menschenfressers - Geisterkönig gegen Himmelsbeamte

Kapitel 25: Suche nach der Vergangenheit und Rückkehr zum Berg Taicang

Kapitel 26: Ein flüchtiger Anblick von Schönheit auf der Shenwu-Allee

Kapitel 27: Eine verlorene rote Perle lockt ungewollt die Neidischen an

Kapitel 28: Aufsteigen ist menschlich, Fallen ist menschlich

Kapitel 29: Ein Rüpfel fischt nach dem Geld des Unsterblichen und trifft auf den Kronprinzen

Kapitel 30: Die goldene Statue stürzt um und der Rüpel begräbt das elende Kind

Kapitel 31: Ein Gott aus dem Himmel nimmt sich sterblicher Angelegenheiten an

Kapitel 32: Ein zufälliges Treffen im Reich der Sterblichen und im Regen gefundene Blumen

Kapitel 33: Ersehnter Regen, nachdem der Regenmeister seinen Hut verleiht

Kapitel 34: Die Stadttore schließen sich, Yong'an wird ausgesperrt

Kapitel 35: Chaos in Xianle und des Kronprinzen

Rückkehr ins Reich der Sterblichen

Kapitel 36: Der Kronprinz betritt das Schlachtfeld, um Yong'an zu bezwingen

Kapitel 37: Am Beizi-Hügel betritt der Kronprinz ein Dämonennest

Kapitel 38: Der goldene Körper widersteht dem Verlangen des Reichs der Zärtlichkeit

Kapitel 39: Aus der Erde des Buyou-Waldes entsteht die Gesichtskrankheit

Kapitel 16: Fragen über Xianle im Jile-Haus

Ein markerschütternder Schrei ließ Xie Lian beinahe das Herz stehen bleiben. Noch bevor er einen klaren Gedanken fassen konnte, war er auch schon losgelaufen. Draußen auf dem Weg erblickte er eine Gruppe unheimlicher Dämonen. Sie standen in einem Kreis und riefen:

»Wir haben ihn erwischt!«

»Schlagt ihn zusammen!«

»Scheiße! Alles Essen, das dieser kleine Drecksack mir geklaut hat, werde ich Stück für Stück aus ihm rauskratzen!«

Shi Qingxuan trat dazu. »Eure Hoheit, was ist hier los?«

Xie Lian gab keine Antwort. Er ging auf das Grüppchen zu. Erst langsam, dann immer schneller werdend, bis er schließlich rannte. Er drängte sich mit Gewalt an den Dämonen vorbei und sah, dass derjenige in der Mitte, auf den alle einschlugen, ein Junge war. Er war in Lumpen gekleidet und schien um die fünfzehn zu sein. Zusammengerollt lag er da und zitterte am ganzen Körper.

Obwohl er den Kopf zwischen den Armen verbarg, war zu erkennen, dass ein Verband in mehreren Schichten unordentlich darum gewickelt war. Der Verband und das Haar des Jungen starrten vor Dreck.

War das nicht der Junge, den Xie Lian am Yujun-Berg kennengelernt hatte? Der, der seitdem spurlos verschwunden war?

Es war nicht weiter verwunderlich, dass ihm in Lingwens Palast gesagt worden war, er sei nicht auffindbar. Wie hätte er in der Sphäre der Sterblichen gefunden werden können, wenn er ins Geisterreich geflohen war?

Die Dämonen, die Xie Lian zur Seite gestoßen hatte, waren außer sich vor Zorn, und schubsten ihn von sich. Währenddessen zerrte ein anderer an dem Verband um den Kopf des Jungen. »Dieser Lümmel ist wahrscheinlich noch hässlicher als ich! Seht doch, wie sehr er sich fürchtet, dieses Ding von seinem Gesicht zu nehmen …«

Lang Qianqiu kochte vor Wut. »Was macht ihr da?!«, rief er aus, trat vor und schob einige der Dämonen zur Seite.

Shi Qingxuan konnte ihn nicht aufhalten und so stand er nur da und wedelte mit seinem Fächer. »Qianqiu, wir hatten doch abgesprochen, nicht mehr unüberlegt zu handeln.«

Aber Qianqiu hatte schon unzählige der Dämonen gegen sich aufgebracht. »Wo zur Hölle kommst du Wurm denn her?«, brüllten sie, während sie einer nach dem anderen auf ihn losgingen.

»Windmeister, verzeiht«, rief Lang Qianqiu. »Es wird nicht wieder vorkommen.« Damit stürzte er sich in den Kampf.

Shi Qingxuan stand machtlos daneben und seufzte tief. »He, dich nehme ich nie mehr mit auf eine Mission!«

Danach blieb ihm nichts anderes übrig, als sich ebenfalls in die Schlägerei zu stürzen. Es war ärgerlich, dass sie keine Magie anwenden konnten und auf ihr göttliches Leuchten verzichten mussten. So waren sie gezwungen, mit Händen und Füßen zu kämpfen.

Xie Lian drängte gewaltsam einige Geister zur Seite, die noch immer auf den Jungen einschlugen. Er kniete sich neben ihn, um ihm aufzuhelfen. »Bist du verletzt?«

Als er Xie Lians Stimme hörte, erschauderte der Junge und sah voller Furcht zu ihm auf. Nun, da Xie Lian sein Gesicht sah, bemerkte er, dass der Verband, den der Junge um den Kopf trug, blutgetränkt war. Er erschrak beim Anblick des schwarz und rot gefleckten Stoffs. Er sah noch grauseliger aus als bei ihrer letzten Begegnung. Die Augen, die zwischen den Stoffstreifen zu ihm aufsahen, waren groß, leuchteten in tiefem Schwarz und waren ungewöhnlich klar. Xie Lian konnte in diesen mitternachtsschwarzen Augen seine Reflexion erkennen und die unermessliche Furcht, die darin lag.

Xie Lian hielt dem Jungen seine Hand hin. »Komm, steh auf. Alles wird gut.«

Der Junge schrie auf, stieß seine Hand beiseite, sprang auf und rannte davon.

Dieser Junge hatte die Gesichterkrankheit, das verband ihn untrennbar mit dem Königreich Xianle und sein bloßer Anblick hatte Xie Lians Herz erbeben lassen. Ein Gefühl der Unwirklichkeit hatte ihn überkommen. Der Stoß des Jungen kam so überraschend, dass sogar sein Bambushut zu Boden gefallen war. »Warte doch!«, rief er erschrocken.

Gerade als er ihm nachsetzen wollte, umringten ihn die Dämonen, die er zuvor von sich gestoßen hatte. Der Junge lief die belebte Straße hinunter und klein wie er war, würde er bald zwischen den Geistern nicht mehr auszumachen sein. Ruoye würde Schwierigkeiten haben, ihn in dieser Umgebung wiederzufinden. In seiner bedrängten Lage rief Xie Lian den anderen zu: »Meine Herren, ich überlasse das hier Euch! Wir trennen uns. Verwischt Eure Spuren und in spätestens drei Tagen kommen wir hier wieder zusammen!«

Ruoye glitt hervor und trieb die Dämonen, die Xie Lian bedrängten, zurück in das Handgemenge. Er bückte sich, hob seinen Bambushut auf und rannte in die Richtung los, in der der Junge verschwunden war.

Er zwängte sich mühsam durch das Gedränge auf der Straße und rief dabei die ganze Zeit Entschuldigungen.

Weil der Junge sich jahrelang in der Sphäre der Sterblichen versteckt gehalten hatte, stellte die Flucht für ihn keine Schwierigkeit dar. Kurz war sein Kopf zu sehen, dann sein Rücken, schließlich verschwand er ganz in der Menge und so entfernte er sich immer weiter.

Xie Lian wusste nicht, ob er es sich einbildete, aber die Straße wurde immer belebter, je weiter er kam. Menschen und Geister bildeten eine dichte Menge und es wurde immer schwieriger für ihn, überhaupt voranzukommen. Sein Geist war in solchem Aufruhr, dass er aus Versehen einige Verkaufsstände umwarf. »Das tut mir leid, entschuldigt!«, rief er hastig.

Doch so leicht ließen ihn die Geister nicht davonkommen. Einer schimpfte: »Was soll ich mit einer Drecksentschuldigung? Haltet ihn auf!«

Plötzlich spürte Xie Lian einen kalten Schauder an seinem Rücken und ihm war, als würde eine Hand nach ihm greifen. Sofort schlug er danach. »Wer ist da?«

Es war ein Tentakel, der nach ihm gegriffen hatte. Wie aus dem Nichts war er plötzlich aufgetaucht. Einige Geister umzingelten ihn und um sich herum hörte er ihre Stimmen, hohe und tiefe, zarte und raue. »Sieh mal an! Dem Bengel müssen wir wohl Manieren beibringen. Dann wird er es nicht mehr wagen, in der Geisterstadt Ärger zu machen!«

Eine dichte Masse an Dämonen und Geistern versperrte die Straße und Xie Lian befürchtete, den Jungen in der Menge zu verlieren. Er mühte sich, den Tentakel von sich zu schieben, und rief: »Hört mir zu, es tut mir wirklich leid. Ich wollte das nicht. Lasst mich erst jemanden suchen und später reden wir über eine Wiedergutmachung, einverstanden?«

Aber die Geister waren unerbittlich. »Das hättest du wohl gern!«

In all dem Geschiebe und Gedränge war der Junge nun endgültig verschwunden. Xie Lian war wie benommen. Er hätte nicht einmal mehr sagen können, was er eigentlich fühlte. Er war enttäuscht, dass der Junge ihm entwischt war, und gleichzeitig erleichtert darüber, dass der Albtraum wieder in weite Ferne gerückt war.

Plötzlich wurden die Geister um ihn herum unruhig. Die Menge teilte sich und gab den Weg frei, als wäre eine wichtige Persönlichkeit angekommen. Xie Lian kam wieder zu sich und erblickte eine große, schwarz gekleidete Gestalt, die durch die Gasse, die die Menge freigemacht hatte, direkt auf ihn zukam. Dabei sprach sie: »Macht keinen Ärger. Gebt ihn frei!«

Die schwarze Gestalt trug eine Maske, so wie die meisten Geister, die auf der Straße unterwegs waren. Sie zeigte ein eigenartiges Gesicht. Es sah aus, als würde es zum Lächeln gezwungen werden.

Die Menge raunte: »Das ist der Botschafter des abnehmenden Mondes!« Endlich ließen sie von Xie Lian ab. Offensichtlich handelte es sich bei dem Schwarzgekleideten um eine wichtige Persönlichkeit der Geisterstadt.

Kaum dass er Xie Lian erblickte, verneigte er sich vor ihm. »Seid gegrüßt. Chengzhu möchte Euch sehen.«

»Was, mich?« Xie Lian zeigte auf sich selbst.

Der Botschafter des abnehmenden Mondes fuhr fort: »Ja. Chengzhu erwartet Euch im Jile-Haus.«

Die Umstehenden zu allen Seiten sogen die Luft ein. »Chengzhu will ihn sehen? Habe ich richtig gehört? Chengzhu?«

»Im Jile-Haus? Das ist doch Chengzhus Allerheiligstes, nie zuvor hat er jemanden dorthin eingeladen!«

Einer, der aus einer anderen Straße dazugekommen war, rief aus: »Moment, ist das nicht der, der heute im Casino Chengzhu besiegt hat? Ich meine … der, dem der Meister etwas beigebracht hat?«

Unzählige Augenpaare waren nun auf Xie Lian gerichtet, sodass er seinen Bambushut tiefer ins Gesicht zog, um sich vor den Blicken zu schützen.

»Bitte hier entlang«, bat der Botschafter des abnehmenden Mondes.

Xie Lian nickte und folgte ihm.

Wieder teilte sich die Menge und bildete eine Gasse. Niemand wagte es, ihnen zu folgen, und nach dreißig Minuten hatten die beiden die belebte Straße hinter sich gelassen und steuerten einen abgelegeneren Teil der Stadt an.

Sie sprachen kaum kein Wort. Es kam Xie Lian vor, als könne der Botschafter des abnehmenden Mondes jeden Moment mit der Dunkelheit verschmelzen, und so blieb er dicht hinter ihm. Als seine Augen über die dunkle Gestalt des Botschafters glitten, entdeckte er etwas an seinem Handgelenk: einen ringförmigen, schwarzen, verfluchten Gegenstand.

Er war mehr als vertraut mit diesem Anblick.

Eine Fluchfessel!

Seine Augen wurden weit vor Schreck, doch er blieb still.

Gerade da sagte der Botschafter des abnehmenden Mondes: »Wir sind da.«

Xie Lian blickte auf und bemerkte erst da, dass er ans Ufer eines Sees geführt worden war. Auf der Wasseroberfläche konnte er unzählige Geisterlichter ausmachen, die miteinander spielten und sich gegenseitig jagten. Direkt am Ufer stand ein prächtiges, großes Haus.

Die himmlische Sphäre und die Sphäre der Geister hatten beide imposante Bauwerke. Aber während bei der Architektur des Himmels Würde und Pracht eine große Bedeutung zukam, lag in der Geistersphäre ein höherer Stellenwert auf betörender Flüchtigkeit. Selbst von den großen Schriftzeichen »Jile-Haus« an der Hauswand ging eine düstere Ausstrahlung aus.

Ein eigenartiger, bizarrer Gesang war aus dem Inneren zu hören. Er klang zart und sanft, anziehend und bezaubernd, als würde eine Vielzahl Frauen leise spotten und kichern, während sie zur Musik tanzten.

Den Klängen folgend betrat Xie Lian langsam und zögernd das Haus. Er hob einen Vorhang aus Perlschnüren an und sofort schlug ihm warme und stark duftende Luft entgegen. Er drehte den Kopf leicht zur Seite, um nicht vollkommen von diesem Geruch eingehüllt zu werden.

Die große Halle des Jile-Hauses war mit einem dicken weißen Teppich aus dem Fell irgendeines unbekannten Ungeheuers ausgelegt. Offensichtlich bestand er aus einem einzigen Stück. Viele schöne Frauen tanzten und sangen voller Inbrunst. Sie waren barfuß und in leichte Seidengewänder gehüllt. Betörend und verführerisch streckten sie dabei ihre Glieder. Von ihnen ging die Musik aus, die Xie Lian zuvor schon vernommen hatte.

Ungehemmt drehten sie sich, wie Rosen mit giftigen Dornen, die in der Tiefe der Nacht erblühten. Als sie sich Xie Lian zuwandten, warfen sie ihm verlockende Blicke zu. Sollte jemand unbedarft des Nachts eintreten und auf diese Szene stoßen, wäre es schwer zu sagen, ob er sie Furcht einflößend oder bezaubernd finden würde. Xie Lian jedenfalls blickte durch die Frauen hindurch, als er sich in der großen Halle umsah. Er hatte nur Augen für Hua Cheng, den er sofort am anderen Ende der Halle entdeckt hatte.

Dort stand ein riesiger Divan aus dunkler Jade, auf dem mehr als zehn Personen Platz gefunden hätten. Doch nun saß dort nur Hua Cheng. Die tanzenden Geisterdamen würdigte er keines Blickes, er starrte nur gelangweilt vor sich hin.

Direkt vor ihm stand ein kleiner, glitzernder Palast aus Gold. Er ähnelte auf den ersten Blick einem Gebäude aus der himmlischen Sphäre. Bei genauerem Hinsehen erkannte Xie Lian, dass er vollkommen aus feinster Goldfolie aufgebaut war, die Schicht um Schicht aufgetragen worden war. Hua Cheng hielt noch ein Stück Goldfolie in der Hand und drehte es gedankenverloren hin und her.

Ein Palast aus Goldfolie. Als Kind hatte Xie Lian dieses Spiel oft gespielt, damals im Palast von Xianle, genauso wie gewöhnliche Dorfkinder Häuser aus kleinen Steinen bauten. Schon in seiner Jugend hatte er gern alle möglichen Dinge gesammelt, egal was. Es entsprach seiner Natur, die Dinge beisammenzuhalten und sie nicht wieder zu zerstreuen. Hatte er etwas gebaut, wollte er es nicht wieder zerstören und niemand durfte es berühren. Am liebsten hätte er alles zusammengeklebt, damit es für immer erhalten bliebe. Als er noch klein war, war er jedes Mal verzweifelt, wenn eines seiner Bauwerke eingestürzt war. Es konnte ihn dermaßen verstören, dass er Nahrung und Schlaf verweigerte und der König und die Königin mit Engelszungen auf ihn einreden mussten, um ihn wieder zu beruhigen.

Der goldene Palast, den er nun vor sich sah, war aus Hunderten Schichten Goldfolie erbaut und unglaublich zerbrechlich, schon der leichteste Windhauch könnte ihn umwehen. Xie Lian musste immer wieder denken: Fall nicht um, fall nicht um.

Hua Cheng jedoch betrachtete sein Werk und auf seinem Gesicht zeigte sich ein strahlendes Lächeln. Er streckte einen Finger aus und tippte gegen die Spitze des goldenen Palasts – raschelnd fiel das ganze Bauwerk in sich zusammen.

Die Goldfolie lag überall auf dem Boden verteilt. Hua Cheng blickte vergnügt auf sein Werk, wie ein kleines Kind, das einen Turm aus Bauklötzen umgeworfen hatte. Achtlos warf er das Stück Goldfolie weg, das er noch in der Hand gehalten hatte. Dann sprang er auf. Die tanzenden Frauen machten ihm umgehend Platz und ihr Gesang verstummte.

Hua Cheng trat auf die verstreute Goldfolie, als er auf den Eingang zuging. »Großer Bruder, du bist gekommen und trittst nicht näher? Wir waren doch nur für kurze Zeit getrennt. Ist San Lang etwa schon ein Fremder für dich?«

Xie Lian ließ den Vorhang aus Perlschnüren los. »Vorhin in der Spielhölle, hast du so getan, als würdest du mich nicht kennen, San Lang.«

Hua Cheng stand inzwischen direkt vor ihm. »Lang Qianqiu war auch dort. Hätte ich nicht so getan, hätte ich dich in Schwierigkeiten gebracht.«

Das war knapp genug, dachte Xie Lian bei sich. Wahrscheinlich wusste Hua Cheng, dass auch Shi Qingxuan sich unter die Geister gemischt hatte. Er hatte also nichts zu verbergen. »Du bist klug und vorausschauend wie immer«, sagte er.

Hua Cheng erwiderte lachend: »Aber selbstverständlich. Sag, bist du heute nur gekommen, um mich zu sehen?«

Xie Lian schwieg. Hätte er gewusst, dass Hua Cheng hier war, hätte er wohl um einen freien Tag gebeten, um ihn besuchen zu können, das musste er sich eingestehen. Aber so war es nicht gewesen.

Hua Cheng erwartete keine Antwort. Er lächelte ihn an. »Ob du meinetwegen gekommen bist oder nicht – ich freue mich jedenfalls, dich zu sehen.«

Seine Worte erschreckten Xie Lian. Noch bevor er etwas entgegnen konnte, hörte er, wie die Frauen, die zu beiden Seiten standen, zu kichern anfingen.

Hua Cheng gab ihnen ein Zeichen und sie senkten eine nach er anderen den Kopf. Sie verließen umgehend die große Halle und die beiden blieben allein zurück.

»Komm, großer Bruder, setz dich hierher«, bat Hua Cheng.

Xie Lian sah ihn an, während er neben ihm herging. Lächelnd sagte er: »So siehst du also in Wirklichkeit aus?«

Hua Cheng hielt im Gehen einen winzigen Moment inne.

Xie Lian könnte sich auch getäuscht haben, meinte jedoch zu sehen, wie Hua Chengs Schultern sich etwas versteiften. Doch kurz darauf gab sich Hua Cheng wieder wie immer und antwortete: »Ich habe doch gesagt, wenn wir uns wiedersehen, zeige ich dir mein wahres Gesicht.«

Xie Lian lächelte ihn an. »Nicht schlecht«, sagte er aufrichtig.

Er hatte geradeheraus gesprochen, ohne eine Spur von Spott oder Mitleid in der Stimme. Hua Cheng lächelte zurück und diesmal blickte er ihn entspannt und offen an.

Sie gingen etwas weiter, da fiel Xie Lian plötzlich etwas sehr Wichtiges ein. Er nahm die silberne Kette vom Hals. »Übrigens, hast du das hier vielleicht vergessen?«

Hua Cheng warf einen Blick auf den Ring an der Kette und antwortete lächelnd: »Der ist für dich.«

»Was ist das?«

»Nichts Wertvolles. Du kannst ihn einfach tragen.«

Obwohl Hua Cheng so redete, wusste Xie Lian, dass dieser Gegenstand von unfassbarem Wert war. »Dann danke, San Lang.«

Hua Chengs Augen leuchteten, als er Xie Lian zusah, wie er die Kette mit dem Ring wieder um seinen Hals legte.

Xie Lian sah sich nach allen Seiten um. »Im Casino hast du gesagt, du gehst zum Jile-Haus. Ich dachte, das wäre ein Bordell. Aber das hier sieht eher nach einem Veranstaltungssaal aus.

Hua Cheng zog die Augenbrauen zusammen. »Großer Bruder, was redest du da? Ich gehe niemals ins Bordell.«

Xie Lian war überrascht. »Wirklich nicht?«

»Natürlich nicht.« Die beiden erreichten den Jadedivan und setzten sich nebeneinander. Hua Cheng fuhr fort: »Dieser Ort hier dient nur meinem Vergnügen. Es ist eine Art Residenz. Ich komme her, wenn ich nichts zu tun habe. Bin ich beschäftigt, kümmere ich mich nicht weiter darum.«

»Also ist es dein Zuhause.«

Hua Cheng verbesserte ihn: »Meine Residenz. Nicht mein Zuhause.«

»Gibt es da einen Unterschied?«, fragte Xie Lian.

»Aber sicher. Zuhause ist, wo die Familie ist. Lebt man allein, ist es kein Zuhause.«

Diese Worte rührten Xie Lians Herz. Wenn man es so betrachtete, hatte er schon seit über achthundert Jahren kein Zuhause mehr. Auch wenn in Hua Chengs Gesicht keine Spur von Einsamkeit zu erkennen war, dachte Xie Lian, dass sie beide sich in diesem Punkt vielleicht ähnelten.

Hua Cheng sprach weiter: »Selbst ein kleiner Ort wie der Puqi-Schrein ist tausendmal besser als diese Residenz, wenn er ein Zuhause ist.«

Xie Lian dachte genau so und antwortete lächelnd: »Du bist rührselig. Aber dass du diesen Ort hier mit meinem Puqi-Schrein vergleichst, beschämt mich.«

Hua Cheng musste lachen. »Warum solltest du dich schämen? Ehrlich gesagt, großer Bruder, dein Puqi-Schrein ist zwar klein, aber ich finde ihn gemütlicher als das Jile-Haus. Er ähnelt eher einem Zuhause.«

»Findest du wirklich?«, entgegnete Xie Lian mit warmer Stimme. »Wenn er dir gefällt, dann komm mich dort besuchen, wenn du möchtest. Meine Tür steht dir immer offen.«

Hua Cheng zog die Augenbrauen kraus. »Großer Bruder, wenn du das ernst meinst, werde ich in Zukunft gern darauf zurückkommen. Aber ich möchte dir nicht zur Last fallen.«

»Ganz bestimmt nicht. Und, San Lang, es gibt da etwas, um das ich dich bitten möchte. Aber ich weiß nicht, ob du Zeit dafür hast.«

»Worum geht es denn?«, fragte Hua Cheng. »Du kannst mir alles sagen, wenn du hier bei mir bist.«

»Als ich mich um diese Sache damals am Yujun-Berg gekümmert habe, ist mir ein Junge über den Weg gelaufen, der wahrscheinlich aus meinem Königreich stammt.«

Hua Cheng verengte die Augen, sagte aber nichts, also erzählte Xie Lian weiter: »Der Junge hatte große Furcht und lief davon. Ich habe lange Zeit erfolglos nach ihm gesucht. Aber heute, als ich durch die Straßen der Geisterstadt geschlendert bin, habe ich ihn wiedergesehen. San Lang, du bist der Herr über diese Stadt, kannst du mir vielleicht helfen, ihn zu finden? Sein Gesicht ist ganz mit einem Verband umwickelt. Er ist mir heute auf der Straße entkommen.«

Hua Cheng lächelte. »Gut, ich verstehe. Mach dir keine Sorgen, großer Bruder, warte nur ab.«

Xie Lian atmete erleichtert auf. »Ich danke dir vielmals.«

»Das ist schon in Ordnung. Aber sag, hast du Lang Qianqiu einfach so zurückgelassen?«

Wer weiß, in was für Schwierigkeiten Lang Qianqiu mich bringen würde, wenn er jetzt hier wäre, begriffsstutzig und stumpfsinnig, wie er ist. Besser, ich treffe ihn später erst wieder, überlegte Xie Lian. Ungezwungen sagte er: »Seine Hoheit Taihua hat vorhin in der Spielhölle Ärger gemacht, das tut mir leid.«

In Hua Chengs Lächeln lag ein Hauch von Verachtung. »Ach was, er ist nicht mal gut genug, um richtigen Ärger anzuzetteln.«

»Die Dinge, die er zerstört hat …«, setzte Xie Lian an, doch Hua Cheng fiel ihm lächelnd ins Wort: »Um deinetwillen werde ich auf Wiedergutmachung verzichten. Er kann gehen, wohin er will, solange er mir nicht mehr unter die Augen kommt.«

Xie Lian staunte. »Es macht dir nichts aus, wenn Götter überall in deinem Gebiet umherstreifen?« Hua Cheng konnte doch unmöglich so unerschrocken sein.

Dieser lächelte. »Du weißt es vielleicht nicht, großer Bruder, aber von dieser Stadt hier erzählt man sich in allen drei Sphären, sie sei ein Sündenpfuhl, eine Hölle der Unmoral, ein Ort, an dem Schurken aller Art das Sagen haben. Aber in Wirklichkeit wollen sie alle hierherkommen. Viele der Götter tun so, als würden sie diesen Ort verabscheuen, als sei er weit unter ihrer Würde – und dann verkleiden sie sich und kommen klammheimlich hierher, um irgendwelche zwielichtigen Geschäfte zu erledigen. Ich habe das schon zu oft gesehen. Wenn sie keinen Ärger machen, kümmere ich mich nicht weiter um sie. Wenn doch, werfe ich sie gleich alle auf einmal hinaus.«

»Seine Hoheit Taihua hatte nicht die Absicht, Ärger zu machen«, versicherte Xie Lian. »Aber als er dieses Casino gesehen hat, hatte er das Gefühl, einschreiten müssen. Er hat überstürzt gehandelt.«

»Er ist zu unerfahren«, bemerkte Hua Cheng nüchtern. »Wenn Menschen wählen können, ihr eigenes Leben um zehn Jahre zu verlängern oder das Leben ihres Feindes um zehn Jahre zu verkürzen, wählen alle, ohne zu zögern, Zweiteres. Darin sind sie sich alle gleich.« Er verschränkte die Arme und ergänzte: »Wenn selbst ein Narr wie Lang Qianqiu in die Göttersphäre aufsteigen kann, habt ihr wirklich ein Problem.«

Xie Lian rieb sich etwas schuldbewusst die Stirn. So kannst du das nicht sagen, dachte er bei sich, schließlich ist jemand wie ich … sogar dreimal aufgestiegen …

Er zögerte, bevor er weitersprach. »San Lang, ich weiß nicht, ob ich das sagen sollte, aber ich tue es dennoch. Dein Casino ist extrem gefährlich. Was, wenn etwas passiert?«

Ein Ort, an dem man um seine Söhne und Töchter, um die Lebenszeit irgendwelcher Menschen oder deren plötzlichen Tod wetten konnte – das war wirklich abgrundtief schlecht. Hinzu kamen die alltäglichen Schlägereien. Sollte das eines Tages aus dem Ruder laufen, könnte die himmlische Sphäre nicht mehr danebenstehen und beide Augen zudrücken.

Hua Cheng sah Xie Lian an und sagte: »Hast du Lang Qianqiu gefragt, warum er sich in diesen Streit eingemischt hat?« Dieser war etwas überrascht. Er wusste nicht, wo die Frage hinführen sollte. Hua Cheng fuhr fort: »Ich schätze, er hat dir erzählt, dass niemand eingeschritten wäre, hätte er es nicht getan.«

Er hatte es erraten. Offenbar hatte er Lang Qianqiu durchschaut.

»Ja, genau das hat er gesagt.«

»Gut, diesem Argument halte ich entgegen: Wenn ich den Laden nicht unter Kontrolle halte, wird es ein anderer tun. Und lieber ist mir, wenn ich es selbst tue.«

Xie Lian spürte, dass es keinen Sinn ergab, noch länger darüber zu sprechen. Also nickte er nur. »Ich verstehe.«

Obwohl Hua Cheng einen Hang zur Sentimentalität hatte, schien er ein größeres Interesse an Kontrolle und Macht zu haben, als Xie Lian gedacht hatte.

Hua Cheng fügte hinzu: »Dennoch weiß ich es zu schätzen, dass du dir Gedanken darüber machst, großer Bruder.«

In diesem Moment rief jemand an der Tür: »Chengzhu, ich habe ihn.«

Xie Lian blickte zur Tür und sah den Botschafter des abnehmenden Mondes leicht gebückt am Perlenvorhang stehen. In seinem Arm hielt er keinen anderen als den zerlumpten Jungen mit dem Verband.

Hua Cheng drehte sich nicht zu ihm um. »Bring ihn her.«

Der Botschafter des abnehmenden Mondes trug den Jungen in die Halle und setzte ihn sanft auf dem Boden ab. Xie Lian schielte unwillkürlich noch einmal auf das Handgelenk des Botschafters. Er wollte sehen, ob er wirklich eine Fluchfessel trug. Aber der Botschafter verneigte sich und zog sich zurück, kaum dass er den Jungen abgesetzt hatte. Außerdem gab es nun Wichtigeres, um das Xie Lian sich kümmern musste. Er bückte sich zu dem Jungen und tröstete ihn: »Du musst keine Angst haben. Das war meine Schuld letztes Mal, es wird nicht wieder vorkommen.«

In den Augen des Jungen standen Furcht und Verwirrung. Aber er hatte entweder keine Kraft mehr, um zu fliehen, oder er wusste, dass es von diesem Ort kein Entkommen gab. Er warf einen vorsichtigen Blick auf Xie Lian und sah dann das kleine Tischchen auf dem Jadedivan an.

Xie Lian folgte seinem Blick und entdeckte einen Teller voller praller, bunter Früchte. Offensichtlich war der Junge so lange auf der Flucht gewesen, dass er tagelang nichts mehr gegessen hatte. Xie Lian drehte sich zu Hua Cheng um, doch der sagte: »Nur zu, du musst nicht erst fragen.«

Xie Lian nahm sich keine Zeit für Höflichkeitsfloskeln, bedankte sich nur kurz, nahm dann den Obstteller und stellte ihn dem Jungen hin. Der riss ihm den Teller förmlich aus den Händen und begann sofort, sich den Mund mit Früchten vollzustopfen.

Es sah in der Tat so aus, als sei er am Verhungern gewesen. Selbst in den schlimmsten Zeiten, als er ausgehungert war wie ein streunender Hund, hatte Xie Lian niemals so geschlungen.

»Langsam«, mahnte er. Und nach einer kurzen Pause fragte er: »Wie heißt du?«

Der Junge aß weiter und gab dabei undeutliche Laute von sich. Es schien, als wollte er reden, könnte aber nicht. »Vielleicht hat er seit Jahren nicht mehr gesprochen und hat verlernt, wie es geht«, warf Hua Cheng ein.

Tatsächlich sprach der Junge kaum, selbst mit Xiao Ying hatte er nur wenige Worte gewechselt. Offenbar war es schon seit langer Zeit so. Xie Lian seufzte. »Kein Grund zur Eile.«

Das Obst auf dem Teller hatte der Junge in Windeseile restlos verschlungen. Xie Lian fiel wieder auf, wie fleckig der Verband war. Er überlegte kurz, dann sagte er sanft: »Du bist verletzt. Das sieht ernst aus. Ich möchte dir helfen. Darf ich mir das mal ansehen?«

Kaum hatte er ausgesprochen, trat wieder Furcht in die Augen des Jungen. Doch Xie Lian sprach weiter mit ruhiger, sanfter Stimme auf ihn ein, bis er ihn schließlich überredete hatte. Der Junge setzte sich ruhig hin. Aus seinem Ärmel zog Xie Lian ein Fläschchen mit Arzneipuder, dann ging er langsam ans Werk. Vorsichtig löste er den unordentlichen Verband.

Wie erwartet war das Gesicht des Jungen schlimm entstellt. Aber die schrecklichen Menschengesichter waren verschwunden, nur glatte rote Narben waren geblieben.

Als sie sich am Yujun-Berg begegnet waren, hatte der Junge Verbrennungen im Gesicht gehabt, aber keine blutenden Wunden. Er hatte wohl mit einem Messer die Menschengesichter, die durch die Krankheit auf seinem Gesicht erschienen waren, weggeschnitten, und davon die Narben zurückbehalten.

Xie Lians Hand zitterte, als er das Puder auf die Wunden auftrug. Hua Cheng packte sein Handgelenk und sagte: »Lass mich das machen.«

Xie Lian schüttelte den Kopf und löste sanft seine Hand aus Hua Chengs Griff. »Nein, das mache ich.«

Als vor achthundert Jahren diese Krankheit im Königreich Xianle ausgebrochen war, waren viele so verzweifelt gewesen, dass sie sich auf diese Art verstümmelt hatten. Es war buchstäblich die Hölle auf Erden gewesen. Einige waren ungeschickt mit dem Messer, schnitten zu tief und verbluteten. Andere, denen es gelang, die Gesichter abzuschneiden, litten ein Leben lang an den Verletzungen, die nicht verheilten.

Als Xie Lian dem Jungen einen frischen Verband anlegte, fiel ihm auf, dass sein Gesicht im Großen und Ganzen normal wirkte: es hatte eine schöne Form, die Nase war gerade und wohlgeformt und seine Iris waren von einem klaren Schwarz. Er war sicher einst ein gut aussehender Junge gewesen – doch nun war sein Äußeres so grausig anzusehen. Es erging ihm wie so vielen vor ihm. Zwar hatte er die schrecklichen menschlichen Gesichter weggeschnitten, aber sein eigenes Gesicht würde für immer gezeichnet sein.

Als Xie Lian ihm den neuen Verband angelegt hatte, fragte er mit zitternder Stimme: »Bist du … Kommst du aus Xianle?«

Mit großen Augen sah ihn der Junge an. Als Xie Lian die Frage wiederholte, schüttelte er den Kopf.

»Woher kommst du dann?«

Mit offensichtlicher Anstrengung brachte der Junge hervor: »Yong’an …«

Die Gesichterkrankheit war nur im Königreich Xianle ausgebrochen. Und doch kam dieser Junge aus Yong’an?

Xie Lian spürte, wie ihm schwarz vor Augen wurde. »Hast du jemals das Unheil in Weiß getroffen?«, platzte es aus ihm heraus. Das Unheil in Weiß. Der Ursprung aller Plagen. Das Zeichen allen Verderbens.

Er war der Albtraum aller Götter der letzten Generation, bevor der Blumensuchende Blutregen aufgetaucht war. Hätte Jun Wu ihn nicht eigenhändig ausgelöscht, würde das Grauen wohl bis heute andauern.

Dieser Supremus hatte stets ein schneeweißes Trauergewand mit wehenden Ärmeln getragen, dazu eine Maske mit einem halb weinend, halb lachendem Gesicht: die rechte Hälfte zeigte ein weinendes Gesicht, die linke ein lachendes. Wann immer er irgendwo aufgetaucht war, war dieser Ort dem Untergang geweiht und dazu verdammt, in Chaos zu versinken.

Während der letzten Schlacht vor dem Fall seines Königreichs hatte Xie Lian auf dem Wachturm der königlichen Hauptstadt gestanden. Das Gesicht von Asche beschmiert und von Tränen überströmt, hatte er ausdruckslos auf sein untergehendes Reich geblickt. Trotz seines verschwommenen Blicks hatte er deutlich die weiße Silhouette mit den wehenden Ärmeln ausmachen können, wie sie auf den Leichenfeldern außerhalb der Stadtmauern stand. Xie Lian hatte den Kopf gesenkt, um sie besser erkennen zu können. Da hatte der weiße Geist den Kopf gehoben, ihm in die Augen gesehen und ihm zugewunken.

Obwohl das schon Hunderte Jahre in der Vergangenheit lag, verfolgte das halb weinend, halb lachende Gesicht Xie Lian noch immer in seinen Albträumen.

Der Junge jedoch schien nicht zu wissen, wer »das Unheil in Weiß« war. Er sah Xie Lian mit ausdrucksloser Miene an. Doch plötzlich entfuhr ihm ein lauter Schrei. Xie Lian hatte, ohne es zu merken, nach seiner Schulter gegriffen und zu hart zugepackt. Erst als der Schrei ertönte, bemerkte er es, ließ den Jungen sofort los und entschuldigte sich bei ihm.

»Du bist erschöpft. Du solltest dich ausruhen«, sagte Hua Cheng mit leiser Stimme.

Kaum hatte er diese Worte gesprochen, traten zwei zierliche Frauen aus einer kleinen Tür an der Seite der großen Halle und nahmen den Jungen mit sich.

Der Junge wandte sich im Gehen immer wieder um und Xie Lian beruhigte ihn: »Hab keine Angst. Ich komme später zu dir.«

Als er fort war, wandte sich Hua Cheng an Xie Lian: »Setz dich erst mal hin und ruh dich ein bisschen aus. Denk nicht an ihn. Wenn du Fragen an ihn hast, habe ich Möglichkeiten, ihn zum Reden zu bringen.«

Ihn zum Reden zu bringen, das klang fürchterlich. »Nein, danke, ich komme schon klar. Wenn er nicht spricht, dann ist es so. Alles zu seiner Zeit.«

Hua Cheng setzte sich neben ihn. »Was hast du mit ihm vor?«

Xie Lian dachte einen Moment nach. Dann antwortete er: »Ich nehme ihn mit und behalte ihn vorerst bei mir.«

»Er ist ein Geist und kein Mensch. Vielleicht solltest du ihn hier in der Geisterstadt lassen. Mir macht es nichts aus, einen mehr durchzufüttern.«

»San Lang, ich danke dir. Aber … ich möchte ihn nicht nur mitnehmen. Ich habe Pläne für ihn.«

Die Geisterstadt war Hua Chengs Reich und er würde nicht zulassen, dass dem Jungen hier ein Haar gekrümmt wurde oder er auch nur einen Tag hungern musste. Aber das Wichtigste war, den Jungen anzuleiten, ihm zu helfen, seinen Geist zu ordnen, ihm wieder zu einer klaren Sprache zu verhelfen und ihm ein normales Leben zu ermöglichen. Die Geisterstadt war ein chaotischer Ort, sie war quirlig und hektisch und zog ein zweifelhaftes Publikum an. Für dieses Vorhaben war sie nicht geeignet. Xie Lian konnte sich auch nicht vorstellen, dass außer ihm selbst jemand die nötige Geduld für den Jungen aufbringen könnte. »Ich bin dir sehr dankbar, dass du ihn für mich gefunden hast, und möchte dir nicht noch mehr Umstände bereiten.«

Hua Cheng schien anderer Meinung zu sein, sagte allerdings nicht mehr viel dazu. »Du machst mir keine Umstände. Solange du hier bist, musst du mir nur Bescheid sagen, wenn du etwas brauchst, und du kannst gehen, wohin du willst.«

Plötzlich bemerkte Xie Lian eine sonderbare Veränderung an dem Krummsäbel, den Hua Cheng am Gürtel trug.

Er sah genau hin und staunte: Auf dem Griff des Säbels befand sich ein silbernes Auge. Es war aus wenigen einfachen, quadratischen Silberstücken gefertigt und doch sah es äußerst realistisch aus und wirkte, als sei es lebendig. Zuvor war das Auge zu einer dünnen Linie geschlossen gewesen, weshalb Xie Lian es nicht bemerkt hatte. Nun jedoch öffnete es sich und eine rubinrote Perle, die die Pupille darstellte, wurde sichtbar. Das Auge drehte sich nach allen Richtungen, wobei ein klackendes Geräusch zu hören war.

Hua Cheng hatte es auch bemerkt. »Großer Bruder, ich muss kurz gehen. Ich bin gleich wieder da.«

»Ist das ein Warnsignal?«, fragte Xie Lian. Hatten womöglich der Windmeister und Qianqiu in der Geisterstadt ihre wahren Gesichter gezeigt? Er stand auf. »Ich komme mit dir.«

Hua Cheng hielt ihn zurück. »Mach dir keine Sorgen. Es ist nicht Seine Hoheit Taihua. Warte hier auf mich.«

Seine Worte waren deutlich und Xie Lian konnte nicht darauf beharren, mit ihm zu gehen. Hua Cheng lief auf den Ausgang der großen Halle zu. Auf sein Zeichen hin öffnete sich der Perlenvorhang von selbst und fiel hinter ihm klimpernd wieder zu.

Xie Lian saß eine Zeit lang still auf dem Jadedivan. Dann dachte er wieder an das eigentliche Ziel seiner Reise und stand auf. Er ging zu der kleinen Tür, durch die die beiden Frauen mit dem Jungen verschwunden waren, trat hindurch und stand in einem kleinen Garten. Vor ihm lag ein orangeroter Gartenweg. Niemand war zu sehen.

Xie Lian überlegte gerade, in welche Richtung er gehen sollte, da huschte ein dunkler Schatten an ihm vorbei. Am Umriss erkannte er, dass es der Botschafter des abnehmenden Mondes war.

Sofort musste Xie Lian wieder an die Fluchfessel denken, die der Botschafter am Handgelenk trug. An der Art, wie er sich bewegte, war zu erkennen, dass er nicht entdeckt werden wollte. Xie Lian folgte ihm und gab sich alle Mühe, nicht das geringste Geräusch zu machen.

Er glitt an der Wand entlang in die Richtung, in die der Botschafter verschwunden war, und spähte dann vorsichtig um eine Ecke. Die Bewegungen des Botschafters waren schnell und geschmeidig und er sah sich fortwährend nach allen Seiten um, um nicht entdeckt zu werden.

Der Botschafter des abnehmenden Mondes ist doch San Langs Untergebener, wunderte sich Xie Lian. Warum schleicht er dann hier herum, als hätte er etwas zu verbergen?

Er vermutete, der andere habe vielleicht keine guten Absichten, und so schlich er ihm heimlich nach. Der Botschafter schlug immer wieder andere Wege ein, aber Xie Lian blieb ihm mit angehaltenem Atem auf den Fersen.

Sie umrundeten eine Kurve und erreichten einen breiten, überdachten Weg, der vor einer großen, prächtig verzierten Tür endete.

Wenn er sich jetzt umdreht, kann ich mich nirgendwo verstecken, dachte Xie Lian und just in diesem Moment blieb der Botschafter des abnehmenden Mondes abrupt stehen und wandte sich um.

Als er sah, dass der Botschafter stehen blieb, war Xie Lian klar, dass er in Schwierigkeiten war. Ruoye schnellte empor und wickelte sich mehrmals um einen der Holzbalken in der Decke über ihnen. Blitzschnell zog es Xie Lian in die Höhe und der klammerte sich an den Holzbalken.

Als der Botschafter des abnehmenden Mondes sich umdrehte, sah er nicht nach oben und konnte deshalb niemanden entdecken. Er wandte sich schließlich wieder um und ging weiter.

Doch so schnell wollte Xie Lian sich nicht geschlagen geben. Er hielt sich weiterhin an dem Dachbalken fest und schob sich geräuschlos Stück um Stück vorwärts. Dabei kam er sich vor wie eine Eidechse. Zu seinem Glück ging der Botschafter nicht mehr weit und blieb vor der großen Tür stehen. Xie Lian blieb, wo er war, und gab keinen Laut von sich.

Vor der Tür stand die Statue einer Frau. Sie sah bezaubernd schön aus. Xie Lian konnte aus seinem Versteck deutlich ihren runden Kopf erkennen. In ihren Händen hielt sie einen Teller aus Jade. Der Botschafter des abnehmenden Mondes machte keine Anstalten, die Tür zu öffnen, sondern wandte sich der Statue zu, hob die Hände, und warf etwas auf den Jadeteller. Ein klirrendes Geräusch war zu hören. Würfel, vermutete Xie Lian.

Das Geräusch hatte er heute schon viele Male gehört und so schnell würde er es nicht mehr vergessen. Er beobachtete, wie der Botschafter in den Teller griff, und konnte tatsächlich zwei Würfel in seiner Hand erkennen. Sie waren scharlachrot und beide zeigten sechs Augen.

Der Botschafter des abnehmenden Mondes steckte die Würfel wieder ein, öffnete die Tür und trat hindurch. Zu Xie Lians Erstaunen war die Tür nicht verschlossen und als sie hinter dem Botschafter wieder zufiel, hörte er keinen Riegel oder ein Schloss zuschnappen. Er wartete noch etwas, dann ließ er sich leicht wie ein Stück Papier zu Boden fallen und untersuchte mit verschränkten Armen die Tür.

Der Raum hinter der Tür schien nicht besonders groß zu sein und egal was der Botschafter dort tat, Xie Lian hätte erwartet, irgendwelche Geräusche von drinnen zu hören. Doch seit er eingetreten war, war kein Laut zu hören. Entschlossen hob Xie Lian eine Hand und drückte gegen den Türflügel.

Er stieß die Tür auf und blickte in einen Raum. Niemand war zu sehen. Xie Lian stellte fest, dass es ein ganz normales, eher luxuriös eingerichtetes Zimmer war. Der Raum war so spärlich möbliert, dass es unmöglich einen Geheimgang geben konnte.

Xie Lian schloss die Tür wieder, wandte sich der Frauenstatue zu und betrachtete nachdenklich den Jadeteller in ihren Händen.

Es schien, als läge das Geheimnis hier, in dem Jadeteller und den beiden Würfeln.

Die Tür war verschlossen, jedoch nicht durch ein Schloss oder einen Riegel, sondern durch Magie. Um sie zu öffnen, brauchte man einen magischen Schlüssel oder eine Zauberformel. Nur wenn man zwei Sechsen würfelte, offenbarte sich der eigentliche Durchgang.

Dass Xie Lian in diesem Moment jedoch zwei Sechsen würfeln würde, war absolut undenkbar. Er konnte nichts tun, außer seufzend die Tür zu betrachten. Er lief noch einige Male auf und ab, dann kehrte er um und ging zurück. Als er ein Stück gegangen war, blieb er abrupt stehen. Eine große, ganz in Rot gekleidete Gestalt kam direkt auf ihn zu. An ihrer Hüfte trug sie einen langen silbernen Krummsäbel – es war Hua Cheng.

Mit verschränkten Armen trat er an Xie Lian heran. »Großer Bruder, ich habe dich schon gesucht.«

Er sah genau aus wie zuvor, als er die große Halle verlassen hatte. Nur den Säbel hatte er aus der Scheide gezogen. Er hielt ihn an seiner Seite und mit jedem Schritt erklang ein bedrohliches Klirren. Das silberne Auge am Griff von Eming war wieder geschlossen.

Xie Lian fasste sich und sagte: »Ich wollte nach dem Jungen sehen. Ich wusste ja nicht, dass dein Haus so groß ist. Ich habe mich verlaufen.«

Eigentlich wollte er Hua Cheng sagen, was er gesehen hatte. Die Worte hatten ihm schon auf der Zunge gelegen, doch er hatte sie sich doch verkniffen.

Er war in die Geisterstadt gekommen, um einen vermissten Himmelsbeamten zu finden. Nichts Verdächtiges durfte ihm entgehen. Es war nicht ausgeschlossen, dass der Vermisste in genau diesem Raum festgehalten wurde.

Es wäre das Beste, zunächst eine Möglichkeit zu finden, durch diese Tür zu gelangen. Sollte sich herausstellen, dass diese beiden Angelegenheiten nichts miteinander zu tun hatten, würde er Hua Cheng sofort von dem eigenartigen Verhalten seines Untergebenen berichten. Und wenn sich das Gegenteil zeigte …

Sie gingen gemeinsam zurück zur großen Halle. Auf dem Weg sagte Hua Cheng: »Wenn du den Jungen sehen willst, schicke ich jemanden, der dich zu ihm bringt. Du musst nicht selbst nach ihm suchen.«

Dass Xie Lian etwas zu verbergen hatte, ließ seine Stimme noch kleinlauter werden. »Ähm … Hast du dich so schnell um die Angelegenheit kümmern können?«

»Alles erledigt. Nur der übliche Abschaum, Mistkerle, die sich selbst blamieren.«

Die Art, wie er »Abschaum« sagte, kam Xie Lian sehr vertraut vor. »Hat Qi Rong, der Grüne Geist, Ärger gemacht?«, vermutete er.

Hua Cheng lachte. »Genau. Ich habe dir doch gesagt, alle sind scharf auf mein Gebiet. Qi Rong will schon seit vielen Jahren die Geisterstadt für sich haben. Aber alles, was dieser Abschaum zustande bringt, ist, vor Neid und Gier zu brennen. Ständig schickt er Grüppchen von noch nutzloseren Kreaturen hierher, um Unheil anzurichten. Es ist immer dasselbe Spiel. Kein Grund zur Sorge. Ich möchte dir gern etwas zeigen. Kommst du mit mir, großer Bruder?«

»Natürlich«, antwortete Xie Lian erfreut.

Sie schritten durch mehrere Korridore und Hua Cheng führte Xie Lian zu einer hoch aufragenden Halle.

Die Tür schien aus Stahl zu bestehen. Sie bot einen wirklich Furcht einflößenden Anblick. In sie waren die Abbilder von schrecklichen Unwesen eingraviert. Als Hua Cheng näher trat, wichen die Ungetüme zur Seite und öffneten das Portal. Noch bevor Xie Lian eingetreten war, schlug ihm der Geruch von Mordlust und Tod entgegen. Die Adern an seinem Handrücken traten hervor und Ruoye machte sich sprungbereit.

Doch als er blinzelnd in die Halle blickte und erkannte, worum es sich handelte, fiel mit einem Mal alle Anspannung von ihm ab. Wie von selbst trugen ihn seine Beine ins Innere.

An den Wänden der Halle hingen alle Arten von Waffen und Kriegsgerät: Messer, Schwerter, Speere, Schilde, Peitschen und Hämmer – es war eine Waffenkammer.

Es gab wohl kaum einen Mann, dem beim Betreten einer Waffenkammer wie dieser nicht das Herz höhergeschlagen hätte. Xie Lian war da keine Ausnahme. Seine Augen waren vor Aufregung geweitet und er strahlte übers ganze Gesicht. Das letzte Mal, dass sich ihm ein solcher Anblick geboten hatte, war in Jun Wus Waffenkammer gewesen.

Sein Gesichtsausdruck blieb ruhig wie zuvor, doch seine Stimme zitterte vor Aufregung. »Darf ich … darf ich die Waffen anfassen?«

»Nur zu, großer Bruder«, sagte Hua Cheng lachend.

Xie Lian streckte die Hand aus und betastete voller Begeisterung die unzähligen Waffen und das Rüstzeug. Er konnte sich kaum davon losreißen. »Das … das sind alles Meisterstücke! Dieses Schwert hier ist fantastisch! In einem Kampf allein gegen viele Gegner würde es seine wahre Stärke zeigen. Und dieses! Nein, warte, dieser Säbel hier …«

Hua Cheng lehnte an der Wand und sah zu, wie Xie Lian mit vor Aufregung gerötetem Gesicht die Waffen befühlte. »Und, großer Bruder, was denkst du?«

Xie Lian war so in die Betrachtung der Waffen vertieft, dass er sich gar nicht umdrehen wollte. »Wie meinst du das? Was soll ich denken?«

»Gefällt es dir?«

»Ja!«

»Gefällt es dir wirklich?«

»Ja, sehr!«

Hua Cheng lachte verstohlen, aber Xie Lian bemerkte es nicht. Sein Herz schlug schneller, als er eine vier Fuß lange, bläulich und kalt schimmernde Klinge aus ihrer Scheide zog und vor Begeisterung aufschrie. Hua Cheng fragte ihn: »Hast du etwas gefunden, das dir besonders gefällt?«

Xie Lian strahlte ihn an. Er konnte seine Begeisterung für die Waffen noch immer nicht im Zaum halten. »Ja, habe ich! Mir gefällt alles besonders gut!«

»Du hast keine gute Waffe, deswegen wollte ich dir eine schenken. Eine, die dir besonders gut gefällt«, sagte Hua Cheng. »Aber da du so schwärmst, wie wäre es, wenn ich sie dir alle schenke?«

Eilig entgegnete Xie Lian: »Nein, nein, das musst du nicht. Ich habe keine Verwendung für diese Art von Waffen.«

»Wirklich? Aber großer Bruder, ich sehe doch, dass du diese Schwerter magst.«

»Ich mag sie, aber ich muss sie nicht besitzen. Ich habe seit vielen Jahren keine Waffe mehr getragen. Es macht mich froh, wenn ich sie nur ansehen kann. Und ich hätte auch gar keinen Platz für so viele Waffen.«

»Das ist doch das geringste Problem. Ich schenke dir einfach die ganze Waffenkammer.«

Xie Lian dachte, es sei ein Witz, und grinste. »Wie soll ich denn einen so großen Raum mitnehmen?«

»Du musst ihn nicht mitnehmen. Ich schenke dir auch den Boden, auf dem er steht. Dann kannst du die Schwerter ansehen, wann immer du willst.«

»Nein, das geht nicht. Eine Waffenkammer muss gereinigt werden, die Waffen brauchen Pflege. Es täte mir leid, sie zu vernachlässigen.« Mit äußerster Vorsicht stellte er das Schwert zurück in die Halterung und erzählte sehnsüchtig: »Früher besaß ich eine Waffenkammer wie diese, aber sie wurde niedergebrannt. All diese Waffen sind kostbare Schätze, San Lang, halte sie in Ehren.«

Hua Cheng erwiderte: »Auch dieses Problem lässt sich lösen. Wann immer ich Zeit habe, werde ich dir helfen, die Waffenkammer zu pflegen, wie wäre das?«

Xie Lian musste lachen. »Im Traum käme ich nicht auf die Idee, den König der Geister zu bitten, für mich zu kehren und zu putzen.«

Plötzlich hörte Xie Lian in seinem Kopf wieder die Warnung, die Jun Wu ausgesprochen hatte, als er ihn auf diese Mission geschickt hatte: »Der Krummsäbel Eming hat eine verfluchte Klinge, eine Klinge, die Unheil bringt. Um eine solche Klinge zu schmieden, sind ungeheuer grausame Opfer nötig und die Entschlossenheit, Blut zu vergießen. Berührt sie nicht und lasst Euch nicht von ihr berühren. Es könnte unvorstellbare Folgen haben!«

Er zögerte zunächst, fragte dann aber doch: »San Lang, keine dieser Waffen reicht an den Krummsäbel Eming heran, nicht wahr?«

Hua Cheng zog die linke Augenbraue hoch. »Oh, großer Bruder, du hast von meinem Krummsäbel gehört?«

»Ja, es gibt Gerüchte.«

Hua Cheng lachte. »Bestimmt erzählt man sich nichts Gutes. Hat man dir erzählt, mein Krummsäbel sei in einem bösen, blutrünstigen Ritual geschmiedet worden? Mit Menschenopfern?«

Wie immer hatte er ins Schwarze getroffen. »Nun ja«, antwortete Xie Lian. »Schließlich wird über alles und jeden viel getratscht. Man sollte nicht alles glauben. Vielleicht wird mir ja die Ehre zuteil, den legendären Krummsäbel Eming zu Gesicht zu bekommen.«

»Du hast ihn doch schon gesehen.«

Er ging ein paar Schritte auf Xie Lian zu und sagte leise: »Hier, das ist Eming.«

Das Auge des Krummsäbels, der an seinem Gürtel hing, knirschte, als es sich in Xie Lians Richtung drehte. Vielleicht bildete er sich das nur ein, aber Xie Lian kam es vor, als würde sich das silberne Auge ganz leicht verengen.

Kapitel 17: Nächtliche Erkundung im Jile-Haus mit geborgtem Glück

Xie Lian beugte sich also vor und grüßte den Säbel. »Guten Tag.«

Als es die Grußworte hörte, zog das Auge sich noch mehr zusammen, bis es die Form einer Sichel annahm und aussah, als würde es lächeln. Das Auge war ausgesprochen lebhaft, es drehte sich nach links, dann nach rechts und wirkte gar nicht wie eine bloße Verzierung, sondern eher wie ein lebendiges, menschliches Auge.

Hua Cheng schmunzelte. »Er mag dich, großer Bruder.«

Xie Lian sah auf. »Meinst du wirklich?«

Hua Cheng zog die Augenbrauen hoch. »Ja. Wenn er jemanden nicht mag, ist er zu faul, ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Und es kommt selten vor, dass Eming jemanden mag.«

Xie Lian lächelte Eming erfreut an. »Danke.« Dann, wieder an Hua Cheng gewandt, sagte er: »Ich mag ihn auch.«

Als er diese Worte sprach, blinzelte das Auge wie wild und der Krummsäbel an Hua Chengs Hüfte begann plötzlich zu zittern.

»Nein!«, tadelte Hua Cheng mit strenger Stimme.

»Was ist denn?«, fragte Xie Lian.

»Nein.«

Eming erzitterte erneut, als wolle er am liebsten Xie Lian entgegenspringen.

»Sagst du zu ihm Nein?«, wunderte sich Xie Lian.

»Ja«, sagte Hua Cheng ernst. »Er möchte von dir gestreichelt werden, aber ich erlaube es ihm nicht.«

Xie Lian grinste. »Und warum nicht?« Er streckte seine Hand aus. Emings Auge weitete sich, als würde es ihn voller freudiger Erwartung anblicken. Ich kann ihn nicht dort streicheln, sonst tue ich dem Auge weh,überlegte Xie Lian. Er ließ die Hand sinken und strich ein paarmal sanft der Länge nach über die Klinge. Das Auge schloss sich zur Hälfte und erzitterte noch stärker als zuvor. Es sah aus, als würde es hochzufrieden die Berührung genießen.

Es fühlte sich seltsam an, die Waffe zu streicheln. Xie Lian war die Art Mensch, zu der Tiere sich hingezogen fühlten. Wann immer er ein Kätzchen oder einen kleinen Hund streichelte, schlossen die Tiere auf die gleiche Art halb die Augen und kamen zur Ruhe, während sie sich auf seinen Schoß kuschelten und vor Wonne schnurrten oder schnaubten. Niemals hätte er sich vorstellen können, dass er einmal einen kalt glänzenden silbernen Krummsäbel streicheln würde – und nicht bloß irgendeinen, sondern keinen Geringeren als die legendäre verfluchte Klinge – und dass es sich anfühlen würde, als streichle er einen Hundewelpen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass dies eine blutdurstige und unheilbringende Klinge sein sollte.

Von Anfang an hatte er dieses Gerede nicht für bare Münze genommen. Und nun, da er es mit eigenen Augen gesehen hatte, hakte er diese üble Nachrede gedanklich als unglaubwürdig ab. Ein so kluges und liebenswertes Geisterwesen konnte unmöglich aus einem blutrünstigen und grausamen Ritual hervorgegangen sein.

Die beiden verbrachten noch einige Zeit in der Waffenkammer und unterhielten sich über die Vorzüge berühmter Schwerter und legendärer Klingen. Hinterher war Xie Lian so glücklich und beseelt, dass er Hua Chengs Hand ergriff, als sie auf dem Rückweg zum Jile-Haus waren.

Auch der Junge wurde wieder in die große Halle gebracht. Er war frisch gebadet und trug saubere Kleidung und einen neuen schneeweißen Verband. Sein Gesicht war noch immer vollkommen verhüllt, dennoch sah er verändert aus, frisch und erholt. Er war schmal und zierlich und eigentlich sollte ihm die ganze Welt offenstehen – doch in seinem momentanen Zustand, wie er in gebückter Haltung dastand und sich nicht traute aufzusehen, wirkte er bemitleidenswert. Xie Lian fasste ihn am Arm und setzte sich mit ihm hin. »Fräulein Xiao Ying hat mich mit ihren letzten Worten gebeten, mich um dich zu kümmern, und ich habe es ihr versprochen. Aber ich muss dich fragen, was du selbst willst. Möchtest du mir von heute an auf dem Weg der Kultivierung folgen?«

Der Junge sah ihn eine Weile lang schweigend an, als könnte er nicht glauben, was er soeben gehört hatte: dass jemand ihn aufnehmen und auf den Weg der Kultivierung bringen würde. Er blickte Xie Lian zögernd und zugleich erwartungsvoll an.

»Meine Lebensbedingungen sind nicht die allerbesten«, fuhr dieser fort, »aber ich kann dir versichern, dass du nicht mehr fliehen oder dich verstecken musst. Du musst kein Essen mehr stehlen und du wirst nicht mehr geschlagen werden.« Während er sprach, bemerkte er nicht, dass Hua Cheng neben ihm den Jungen aus zusammengekniffenen Augen mit einem kalten und berechnenden Blick fixierte.

»Wenn du dich nicht an deinen Namen erinnern kannst, geben wir dir einen neuen«, sagte Xie Lian mitfühlend.

Der Junge überlegte und erwiderte dann: »Ying.«

Xie Lian vermutete, dass er mit diesem Namen Xiao Ying gedenken wollte. Er nickte und sagte: »Gut. Das ist ein guter Name. Du kommst aus Yong’an. Der Name deines Volkes ist Lang, also trägst du ab heute einen neuen Namen: Lang Ying.«

Der Junge nickte zögerlich. Xie Lian schloss daraus, dass er das Angebot, künftig bei ihm zu bleiben, akzeptierte.

Das Mahl wurde eröffnet. Es war ein kleines Festessen, das Hua Cheng eigens für Xie Lian hatte vorbereiten lassen, aber es war so opulent und aufwendig, dass es einem großen Bankett für einige Dutzend Gäste in nichts nachstand. Unzählige grazile Frauen brachten Teller aus Jade und servierten die feinsten Köstlichkeiten: guten Wein, frische Früchte und die verschiedensten Häppchen. Mit anmutigen Schritten liefen sie entlang der Seiten der großen Halle, um eine nach der anderen am Jadedivan haltzumachen und die Speisen auf ihren Tellern darzubieten. Lang Ying sah nur zu und wagte nicht, sich etwas zu nehmen. Erst als Xie Lian ihm einige Teller direkt vors Gesicht hielt, traute er sich, etwas zu essen.

Als Xie Lian ihm zusah, kam ihm plötzlich eine vage Erinnerung. Vor seinem inneren Auge sah er einen anderen Jungen, dessen Gesicht ebenfalls verbunden war. Er war vollkommen verdreckt und kniete auf der Erde. In den Händen hielt er eine Schüssel, aus der er Essen in sich hineinstopfte.

Gerade da trat eine zierliche Frau in einem lila Kleid aus Seide heran, um ihnen Wein zu servieren. Hua Cheng schenkte Xie Lian etwas ein und sagte: »Großer Bruder, trinkst du ein Glas?«

Xie Lian war völlig in Gedanken, also nahm er das Glas an und führte es an seine Lippen. Erst als er den ersten Schluck genommen hatte, merkte er, dass es Wein war. Sofort war er wieder in der Gegenwart und sah gerade, wie die Frau, die den Wein serviert hatte, ihm hinter Hua Chengs Rücken bedeutungsvoll zuzwinkerte.

Schnell wollte er den Wein wieder ausspucken. Aber er hatte ihn schon geschluckt und so kam nichts mehr heraus. Dennoch musste er würgen und hustete ununterbrochen. Lang Ying bekam einen Schreck und ließ seinen Kuchen auf den Tisch fallen. Xie Lian versuchte keuchend und hustend, ihn zu beruhigen »Es ist alles gut, alles gut.«

Hua Cheng klopfte ihm leicht auf den Rücken. »Was ist denn? Schmeckt dir der Wein nicht?«

»Das ist es nicht«, erklärte Xie Lian hastig. »Der Wein ist sehr gut. Mir ist nur plötzlich eingefallen, dass mein Kultivierungsweg keinen Alkohol gestattet.«

»Oh? Wie unaufmerksam von mir. Wegen meiner Gedankenlosigkeit hast du dein Gelübde gebrochen.«

»Es ist nicht deine Schuld. Ich habe selbst nicht daran gedacht.«

Er massierte sich die Naselwurzel, drehte sich um und warf unauffällig einen Blick zur Mitte der Halle. Die Frau, die den Wein eingeschenkt hatte, lief auf die Tür zu und hatte ihm den Rücken zugewandt. Ihr Körperbau war zierlich und zart, ihr Gang anmutig und verführerisch. Hua Cheng schenkte Xie Lian seine ungeteilte Aufmerksamkeit und war ganz in ihr Gespräch vertieft. Die schönen Frauen würdigte er keines Blickes. Aber Xie Lian kannte das Gesicht, auf das er soeben einen Blick erhascht hatte. Es gab keinen Zweifel: Die verführerische hübsche Frau mit dem Weinkrug konnte niemand anders sein als der Windmeister Qingxuan.

Um ins Jile-Haus zu gelangen, hatte der Windmeister wieder die Gestalt einer Frau angenommen. Diese Entdeckung erschreckt Xie Lian so sehr, dass er am liebsten nach mehr Wein verlangt hätte, um den Schock zu überwinden.

Hua Cheng ahnte nicht, was in Xie Lian vorging, und plauderte fröhlich mit ihm. »Ich dachte immer, Kultivieren bedeutet, ein unbeschwertes und fröhliches Leben zu führen. Wo liegt der Sinn darin, wenn einem alles Mögliche verboten ist? Was denkst du?«

Xie Lian hatte schnell wieder zu seiner inneren Ruhe zurückgefunden und antwortete, als sei nichts gewesen: »Das hängt ganz davon ab, welchen Kultivierungsweg man wählt. Manche Schulen messen dem keine Wichtigkeit bei. Aber mein Weg der Kultivierung verbietet Alkohol und jede Art von Ausschweifung. Alkohol ist gelegentlich und in Maßen akzeptabel, Ausschweifungen sind strengstens verboten.«

Bei den Worten »strengstens verboten« zog Hua Cheng die rechte Augenbraue hoch. Es war schwer zu erkennen, ob seine Miene Freude oder Abschätzigkeit ausdrückte.

»Und noch etwas ist verboten«, fuhr Xie Lian fort, »und zwar Zorn. Bei den großen Dramen, die sich zum Beispiel in einem Casino tagtäglich abspielen, kann leicht Zorn entstehen. Deshalb sollten solche Orte gemieden werden. Nur wer gelernt hat, seinen Geist so unter Kontrolle zu halten, dass er ungerührt von Gewinn oder Verlust in sich ruht, muss das Glücksspiel nicht aufgeben.«

Hua Cheng lachte laut auf. »Dann wundert es mich nicht, großer Bruder, dass du im Casino mitwetten wolltest.«

Xie Lian war es nach einigem Hin und Her gelungen, das Gespräch auf das Thema Wetten zu lenken. »Wo wir gerade dabei sind, San Lang, deine Wettmethoden sind fantastisch, ja sogar übernatürlich.«

»Ach was, ich habe einfach nur Glück.«

Beim Gedanken an sein eigenes Glück versetzte es Xie Lian einen kleinen Stich, Hua Cheng so reden zu hören. »Lach mich bitte nicht aus, San Lang, ich bin wirklich neugierig: Gibt es wirklich eine bestimmte Technik beim Würfeln?«

Es musste einfach so sein, sonst hätte Hua Cheng im Casino nicht immer genau das gewürfelt, was er gebraucht hatte. Und der Botschafter des abnehmenden Mondes hätte nicht mit solcher Leichtigkeit zwei Sechsen würfeln können. Hua Cheng lächelte. »Wie käme ich dazu, dich auszulachen? Natürlich gibt es eine geheime Technik. Aber sie kann nicht an einem Tag erlernt werden und nicht jeder, der sie lernt, beherrscht sie auch.«

Das war ungefähr die Antwort, die Xie Lian erwartet hatte. Hua Cheng fuhr fort: »Aber es gibt auch einen schnelleren Weg. Ich versichere dir, großer Bruder, damit wirst du nur noch Glück im Spiel haben.«

»Und wie?«

Hua Cheng hielt ihm die rechte Hand hin. Die, an der er das rote Band um den Mittelfinger trug. Xie Lian konnte deutlich erkennen, dass das Band auf dem Handrückens zur Form eines Schmetterlings verknotet war.

»Gib mir deine Hand«, sagte Hua Cheng.

Xie Lian wusste nicht, wozu das gut war, aber er folgte der Aufforderung und streckte ihm seine Hand entgegen. Hua Chengs Hand fehlte Wärme, doch eisig war sie auch nicht. Er drückte Xie Lians Hand und hielt sie für eine Weile fest, dann lächelte er ihn an und legte ihm zwei Würfel in die Handfläche. »Probier es mal.«

Xie Lian stellte sich mit aller Kraft zwei Sechsen vor und ließ die Würfel rollen. Und tatsächlich zeigten beide Würfel sechs blutrote Augen.

Erstaunt fragte er: »Was ist das für ein Trick?«

»Das ist kein Trick. Ich habe dir etwas von meinem Glück geborgt.«

»Also kann Glück von einem auf den anderen übertragen werden, genau wie spirituelle Kraft?«

»Natürlich!«, antwortete Hua Cheng lächelnd. »Wenn du das nächste Mal mit jemandem spielen willst, dann komm vorher einfach zu mir. Ich kann dir so viel Glück borgen, wie du willst. Dein Gegner wird so hoch verlieren, dass er die nächsten hundert Jahre nicht mehr gegen dich wetten wird.«

Die beiden würfelten noch unzählige Male und schließlich war Xie Lian überzeugt, dass es unfehlbar funktionierte. Schließlich sagte er, er sei etwas müde. Hua Cheng ordnete zunächst an, dass ein Schlafplatz für Lang Ying hergerichtet werden solle, dann führte er Xie Lian persönlich in ein Gästezimmer.

Als Hua Cheng sich durch den Korridor entfernte, sah Xie Lian seiner roten Silhouette noch einen Augenblick nach, bevor er die Tür schloss. Er setzte sich an den Tisch und stützte den Kopf in die Hände. Hua Cheng war so fürsorglich und besonnen, was Xie Lians schlechtes Gewissen nur verstärkte.

Hua Cheng behandelt mich gut. Ich hoffe, dass diese Sache nichts mit ihm zu tun hat. Wenn der Vorfall geklärt ist, werde ich ihm alles erklären und mich bei ihm entschuldigen.

Kaum hatte er den Entschluss gefasst, da hörte er an der Tür jemanden rufen. »Hoheit … Hoheit … Kronprinz …«

Sofort öffnete er die Tür und die Person, die nach ihm gerufen hatte, schlüpfte durch den Türspalt. Es war Shi Qingxuan in seiner weiblichen Gestalt.

Er trug noch immer das Gewand der Geisterkellnerinnen, ein leichtes, aufreizendes Kleid, das in der Taille eng gebunden war. Kaum war er eingetreten, warf er sich auf den Boden und verwandelte sich zurück in seine männliche Gestalt. Er hielt sich die Hände vor die Brust und rief: »Ich ersticke! Ich ersticke! Verdammt, ich ersticke in diesem Ding!«

Xie Lian schloss die Tür und als er sich umdrehte, sah er vor sich einen Mann, der sich in einem lasziven lila Kleid auf dem Fußboden wälzte und wie wild am Ausschnitt und dem Taillenband zerrte. Xie Lian konnte das nicht mit ansehen und hielt sich die Augen zu. »Windmeister … Windmeister! Könnt Ihr nicht wieder Eure weiße Robe tragen?«

»Ich bin doch nicht wahnsinnig! Ich laufe doch nicht in der dunklen Nacht in einer weißen Robe herum, wie eine wandelnde Zielscheibe!«

Nun ja … In Eurer jetzigen Aufmachung seid Ihr noch auffälliger,dachte Xie Lian bei sich.

Er kniete sich neben ihn. »Windmeister, warum habt Ihr Euch hier eingeschlichen? Wir hatten doch abgemacht, uns erst in drei Tagen wiederzutreffen.«